Es wird immer da sein... von Asme (...ob du willst oder nicht...) ================================================================================ Kapitel 1: ... es ruft nach dir. -------------------------------- Es wird immer da sein Immer wieder. Diese lauten Schläge, die mich zusammenzucken ließen. Jeder sah nach vorne. Keiner wagte es seinen Blick von der gepeinigten Gestalt vor sich zu nehmen. Es war eine öffentliche Demütigung. Jeder sollte sehen, was mit Verrätern passierte. Im Takt der Trommel fielen die Peitschenhiebe auf die nackte Haut. Der Rücken des Mannes war aufgeplatzt und das Blut lief in Strömen aus den Wunden. Ich wusste, dass ich genauso enden würde, wenn ich mich nicht zusammen ries. Doch ich hielt es nicht aus. All dieses Leid zu sehen, all diese Toten Körper. Sie verfolgten mich bis in die Nacht. Immer wieder wachte ich schweißüberströmt und schreiend auf. Mitten in der Nacht. Und jedes Mal war mein Gesicht von den Tränen nass. Es war widersprüchlich. Ich hatte sie schließlich umgebracht. All diese Menschen, die wie ich ein Leben gehabt hatten. Und doch konnte ich mich nicht zusammenreißen, wenn ich an sie dachte. Ich hatte es mir nicht ausgesucht. Niemand hatte mich gefragt. Außerdem war ich jung gewesen. Sehr jung, gerade mal 15 Jahre. Und doch bin ich freiwillig mitgegangen. Sie unterbreiteten mir den Vorschlag, sagten ich solle kämpfen. Mein Vaterland verteidigen. Es war bereits beschlossen. Und doch war ich damals so stolz darauf gewesen. Ich war noch ein Kind. Wusste nicht, was es hieß Menschen zu töten. Und doch bin ich ihr gefolgt. Diesem Klang, der in meinen Ohren schlug. Immer wieder. Sie rief nach mir. Sie rief nach all diesen Unschuldigen Kindern, die im Angesicht des Krieges erwachsen werden würde. Sie rief nach all diesen Kindern, die nie wieder zurückkehren würden. Der Klang schallt immer noch in meinen Ohren. Immer wieder hörte ich die Schläge. Diese Schläge die im Einklang auf Haut trafen. Auf den menschlichen Rücken des Deserteurs, und auf die tierische Membran der Trommel. Sie waren sich doch gar nicht so unterschiedlich. Beide Substanzen, waren nur unnütze Dinge mit denen man spielte. Dinge, die man ohne zu zögern austauschen würde, würden sie ihrem Dienst nicht mehr nachkommen. Durch die lauten Schreie, des Mannes vor uns, zusammenzuckend, wurde der Junge neben mir, von unserem Führer angerufen, ebenfalls nach vorne zu treten. Mitleidig schaute ich ihn an. Jeder wusste was nun kommen würde. Der Junge schien neu zu sein. Seine Haut war noch hell und wies nicht die üblichen Kratzer und Verschmutzung auf, die sich nach spätestens vier Wochen einstellen würden. Es war ein Vergehen, wenn man während einer Strafung eines anderen irgendeine Gefühlsregung zeigte. Ob es nun Mitleid war oder hämische Belustigung. Es war egal. Während solch einer Prozedur durfte sich niemand rühren. Wer es doch tat, musste sich wenig später selbst unter der Peitsche finden. Ich hatte schon an meinem ersten Tag bemerkt, dass es nicht war, wie alle behaupteten. Dass der Glanz und der Ruhm, des Soldatentums mit dem Tod und größten Schrecken verbunden waren. Niemand, der es nicht selbst erlebt hatte, konnte fühlen, was man durch machte, wenn man sich selbst einer geladenen Waffe gegenüber sah. Niemand, der es nicht selbst erlebt hatte, konnte wissen, was es bedeutete auf einem Schlachtfeld zu stehen. Niemand konnte wissen, wie man sich fühlte, wenn neben einem die Kameraden zum ewigen Schlummer zusammensackten. Getroffen und von kaltem Blei durchlöchert zu Boden gingen. Doch ich habe schon all das erlebt. Und als ich mich das erste Mal einem der feindlichen Bataillons gegenübersah, konnte ich nicht anders und folgte den lauten Schlägen in die Schlacht. Damals war ich besessen von dem Gedanken, zu siegen. Tötete diese Menschen. Und doch kann ich es immer noch nicht verstehen. Ich kann nicht verstehen, warum ich das tat. Warum ich all diese Menschen getötet hatte. Ich wurde nachts nur allzu oft an meine Besessenheit erinnert. Dann sah ich mich selbst, wie ich unter den Rufen der Trommel Männer erschoss, und Frauen ertränkte. Ich sah die Angst in ihren Augen und die zu einem hämischen Grinsen entstellte Fratze meines eigenen Gesichts. Dann hatte ich ebenfalls Angst bekommen und wieder über meine Beweggründe nachgedacht. Doch nie kam ich zu einem zufriedenstellenden Ergebnis. Ich hatte mir auch schon oft vorgenommen zu gehen. Einfach wegzurennen. Das Schlachtfeld zu verlassen und in irgendeinem Dorf neu anzufangen. Und doch hatte ich es nie getan. Ich wusste tief in mir, dass ich niemals von diesen Lauten wegkommen würde. Niemals würde ich ihrer Versuchung wiederstehen können. Und ich musste zugeben, dass ich es genoss. Ich hatte Angst vor mir, und oft fasste mich das Grauen, und doch erwachte jedes Mal das Monster in mir. Sobald ich sie hörte erwachte es. Und dann tötete es. Und ich musste zugeben, dass ich es genoss. Eigentlich wollte ich all das nicht. Und doch kam ich nicht davon. Würde es den immer da sein? Würde mich dieses Verlangen, denn niemals loslassen? Ich wusste es nicht. Ich hatte Angst vor mir, und dem was ich tat. Hatte Angst vor den Konsequenzen meiner Gedanken. Wenn jemand erfahren würde, was in mir vorging, mit welchen Gedanken ich spielte, würde ich der nächste unter der Peitsche sein. Denn das Monster steckte in mir. Ich wusste dass ich nicht wegrennen konnte. Die Schreie und der Schlag der Trommel würden mich niemals loslassen. Das Monster würde wieder erwachen, wenn es gerufen wurde. Wäre es nicht leichter es zu beenden? Für immer in eine erlösende Stille zu gleiten? Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Alles war verwirrend und dunkel. Doch… Ja. Wahrscheinlich wäre es besser, endlich zu gehen… -ENDE- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)