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Rache ist blutig

OS zu der Serie K11
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Rache ist blutig

Kapitel: Rache ist blutig
 

Mit voller Wut feuerte der Mann seine Jacke auf den Stuhl. Er raufte sich die kurzen Haare und ließ sich dann erschöpft auf den Stuhl an seinem Schreibtisch sinken.

„Lass den Kopf nicht hängen. Wir kriegen das Schwein und finden ihn wieder.“

Die Worte seines Kollegen, welche ihn wohl trösten sollten, verfehlten ihre Wirkung gewaltig.

Es war alles schief gegangen. Gerrit Grass wusste nicht auf wen er mehr sauer sein sollte. Auf sich oder diesen alten Herrn, der es ja eigentlich nur gut gemeint hatte.

Der Brünette rieb sich über die müden Augen. Hoffentlich ging es seinem jüngerem Kollegen noch gut.

„Wir sollten jetzt überlegen, wie wir weiter verfahren“, sagte Alexandra Rietz.

Sie schien die Einzige der Truppe zu sein, die die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben hatte und vor allem noch die nötige Motivation hatte weiter zu machen.

Beneidenswert fand Gerrit. Die blonde Frau ließ sich so schnell nicht entmutigen.

„Ob sich der Entführer noch mal meldet?“, warf Michael Naseband ein.

„Ja. Kann passieren, wir sollten auf jeden Fall eine Telefonüberwachung schalten, inklusive Handy- bzw. Telefonortung. Dadurch könnten wir ihn finden.“

„Wenn er Robert nicht schon getötet hat, nach der missglückten Lösegeldübergabe“, mischte sich nun Gerrit mit ein.

Alexandra, welche kurz nur Alex genannt wurde, und Michael sahen ihn etwas mürrisch an.

„Etwas mehr Optimismus, wenn ich bitten darf. Solange keine Leiche vorhanden ist, lebt Robert noch.“

Alex begann sich den Hörer zu greifen, um sogleich die nötige Technik anzufordern.

„Sein wir doch mal ehrlich. Wie groß ist schon die Wahrscheinlichkeit, dass der Täter noch mal anruft hier? Ich will mir gar nicht ausmalen, was er mit ihm macht.“

Der Brünette umschloss sein Gesicht mit seinen Handflächen.

Plötzlich spürte er wie zwei Hände sich in seine Schulter bohrten. Kurz darauf wurde er leicht, aber bestimmend geschüttelt.

„Gerrit, komm mal wieder zur Besinnung. Wir machen uns genauso Sorgen um Robert, wie du. Aber Pessimismus bringt uns jetzt wirklich nicht weiter“, rief der glatzköpfige Kommissar ihn zur Vernunft.

Er holte hörbar Luft und schloss kurz die Augen um sich zusammeln, während Michael ihn wieder los ließ.

„Ihr habt ja Recht.“

Gerrit blinzelte leicht und begann dann an seinem Computer zu arbeiten. Doch mit seinen Gedanken, war er nicht bei der Sache. Immer wieder schwenkten sie zu dem Tag wo alles begonnen hatte bis hin zum heutigen.
 

Ein Brief war im Kommissariat eingegangen. Adressiert an das K11. Der Inhalt war ein Erpresserschreiben und ein Foto. Ein Foto, auf dem ein bewusstloser, gefesselter Robert Ritter zu sehen war. Der Hintergrund auf dem Bild sah sehr verdreckt aus. Ein altes Gebäude, dachten die Drei erst. Doch davon gab es nicht grade wenige hier.

Der Entführer verlangte 100.000 Euro und gab ebenfalls das Übergabedatum und den Ort an.

Sie hatten alles zusammen. Das umliegende Gelände wurde von Polizisten in Zivilkleidung umstellt und überwacht. Michael hatte die Tasche voll Geld in den Mülleimer fallen lassen. Sowie es gewünscht worden war.

Doch dann kam dieser alte Mann, der seine Neugier nicht zügeln konnte, und griff in den Mülleimer, holte die Tasche heraus, öffnete sie und fand das Geld. Dann ging er schnellen Schrittes hinter Michael her und begann laut nach der Polizei zu rufen. Die Geldübergabe war gefloppt.
 

Die Computermaus begann leise zu knacken. Das Geräusch riss Gerrit aus den Gedanken. Seine Hand hatte begonnen sich durch die Wut zur Faust zu ballen und damit der Computermaus einen leichten Schaden zugefügt.

Es hatte lange gedauert, bis er es sich eingestanden hatte. Gerrit fühlte mehr, als nur freundschaftliche Gefühle für seinen jüngeren Kollegen. Dessen Entführung hatte ihm das schmerzhaft bewusst gemacht.

Er blickte auf und stellte fest, dass er gedanklich wohl ziemlich lange weggetreten war. Denn einige Techniker hatten bereits alle Telefone im K11 verkabelt und auch im Sekretariat, da dort die Anrufe zuerst ankamen und dann zu den jeweiligen Abteilungen durchgestellt wurden, da nur Mitarbeiter bzw. enge Familienangehörige die Durchwahlnummern besaßen.

„Gerrit, würdest du vielleicht, wenn es dir nicht zu viele Umstände macht, die Computermaus von deinen Aggressionen erlösen?“, fragte einer der Techniker.

„Oh, ja natürlich.“

Der Brünette kannte den jungen Techniker, sein richtiger Name fiel ihm nur nicht ein. Die meisten hatten ihn Freak getauft. Er behandelte Geräte wie Mitmenschen. Aber jedem das seine, hatte sich Gerrit gesagt.

Das Klingeln des Telefons schreckte alle Anwesenden kurz auf.

„Grass, K11“, meldete sich Gerrit.

Er hatte mit der Stimme von der Sekretärin gerechnet, doch stattdessen hörte er eine stark verzehrte, aber dennoch deutliche Männerstimme reden. Sofort stellte er auf Lautsprecher und legte den Hörer auf den Schreibtisch, sodass alle mithören konnten.

„Das war ja nun wirklich bedauerlich heute, mein lieber Herr Grass“, sprach die Stimme am anderen Ende.

„Hören Sie zu, der Mann hat uns dazwischen gefunkt. Wir können einen neuen Ort abmachen. Sie kriegen das Geld“, begann Alex mit dem Anderem zu reden.

„Was ist mit unserem Kollegen?“

Die Ungeduld war deutlich aus Gerrits Stimme heraus zu hören. Er stemmte die Hände auf die Tischplatte und holte tief Luft, während er mit den Augen den Hörer fixierte. So als könne er den Anrufer auf diese Weise ins Büro beamen.

Der Andere lachte spöttisch auf.

„Nein, meine Dame, ich muss Sie enttäuschen. Sie haben es verbockt. Es gibt keine zweite Chance. Was ihren Kollegen angeht…“

Der Anrufer schwieg und ein Knacken war in der Leitung zu hören, dann ein Knistern, als ob etwas aus einer Hülle geholt wurde.

„Was haben Sie vor?“

Die Stimme von Robert war leise zu vernehmen. Sie klang schwach und Panik schwang in ihr mit. Zwischen dem Eingang des Briefes und der Übergabe hatten drei Tage gelegen. Was Roberts schwach klingende Stimme erklären konnte. In Gerrit kochte der blanke Hass hoch, er schluckte schwer um ihn zu ersticken.

Dann ein Klatschen. Ein Schmerzenschrei, welcher sich aus Roberts Kehle befreit hatte.

„Rob!“, schrie der brünette Kommissar und rückte mit dem Kopf näher an den Hörer ran.

Wieder war ein Lachen am anderen Ende zu vernehmen.

„Ihr Kollege wird für ihr Versagen leiden und bestraft werden.“

Ein erneuter Schrei, welcher auf ein Klatschen folgte.

„Lassen Sie das. Hören Sie auf!“

Auch Alex trat näher ans Telefon, auch wenn ihre Aufforderung wenig Beachtung finden würde, das wusste sie.

„Ha, ha. Sie machen sich lächerlich. Hey Kleiner, ich gewähre dir einen letzten Abschiedsgruß an deine Freunde vom K11.“

Der Hörer wanderte durch die Luft und man hörte ein schweres Atmen.

„Rob?“

Nach einem erneuten Atemzug sprach der Vermisste: „Gerrit, Alex, Michael?“

„Ja“, antworteten die Drei.

„Holt mich hier raus. Bitte, findet mich.“

Das Flehen des jüngeren Kommissars war deutlich raus zu hören.

„Wo bist du?“

Doch Michael bekam keine Antwort mehr darauf. Das gleichmäßige Tuten des Telefons signalisierte, dass der Anrufer die Verbindung beendet hatte.

„Scheiße!“

Die Faust von Gerrit knallte hart und kraftvoll auf die Tischplatte, sodass einige freiliegende Kugelschreiber vom Tisch rollten.

„Beruhig dich.“

Alex strich Gerrit über die Schulter, während Michael hoffnungsvoll zu den Technikern blickte.

Einer sah nach wenigen Minuten vom Bildschirm auf und sagte: „Bingo. Wir haben ihn. Der Anruf kam von einem leerstehenden Fabrikgebäude im Süden der Stadt. Vielleicht eine halbe Stunde mit dem Auto von hier entfernt, wenn man schnell fährt.“

„Dann nichts wie los.“

Der Brünette schien wie ausgewechselt, griff nach seiner Jacke und steckte eine Zweitpistole in das Beinhalfter, welches er seit einiger Zeit trug.

„Ich informiere das SEK.“

„Das dauert zu lange, Alex. Wir müssen jetzt los!“

„Gerrit, ohne das SEK ist das zu risikovoll, wir wissen noch nicht mal, was uns dort erwartet.“

„Ich werde nicht auf das SEK warten!“

„Dann nehm’ die wenigstens mit und sei vorsichtig“, sagte Michael und warf ihm eine Kugelsichere Weste zu.

Diese wurde von Gerrit sogleich übergezogen, eher er sich die Jacke anzog. Dann verschwand er schnellen Schrittes aus dem Büro.

„Hoffentlich geht das gut, Alex. Mach dem SEK Druck. Wir dürfen ihn nicht zu lange alleine lassen.“

Die blonde Kommissarin nickte.
 

Mit Blaulicht war Gerrit durch die Straßen gerast. In Gedanken schon lange beim Fabrikgebäude und dem Erbauen von Plänen wie er vorgehen sollte.

Nach zwanzig Minuten, in denen er auf sämtliche Verkehrsregeln und Tempolimits aufgrund des Blaulichts gepfiffen hatte, erreichte er seinen Zielort.

Er stieg aus und ließ die Autotür zu fallen.

Das vor ihm stehende Gebäude war riesig. Es würde nicht einfach sein Robert schnell darin zu finden. Doch er würde alles geben. Ein letztes Mal holte er tief Luft, dann öffnete er so geräuschlos wie möglich einen Seiteneingang und tastete sich hoch konzentriert voran.

Die Räume der Fabrik waren groß und ihre Fenster waren allesamt eingeschlagen. Vermutlich von gelangweilten Jugendlichen, spekulierte Gerrit.

Grade wollte er die Treppen hochgehen um in den zweiten Stock zu gelangen, da registrierte sein rechtes Auge am Rande eine Tür, die im Vergleich zu den Anderen fast geschlossen war. Nur einen Spalt breit stand sie offen. Gerrits Hand umfasste die Waffe fester. Er ging auf die Tür zu, blieb vor ihr stehen und lauschte.

Stille.

Dann öffnete er leise mit der einen Hand die Tür.

Er erkannte einen Kopf, das Gesicht starrte an die Decke. Der dazugehörige Körper war an einen Stuhl gefesselt.

`Robert! ´, schoss es ihm durch den Kopf.

Er trat in den Raum ein und stand dann neben seinen Kollegen, dessen Augen immer noch die Decke ansahen. Seine Augen waren ausdruckslos. Das lebendige Funkeln war gewichen. Statt diesem hatte sich ein matter Schleier über Pupille und Iris gelegt.

Roberts T-Shirt war zerrissen von Peitschenhieben und Blut durchtränkt. Auf der Stirn des jungen Kommissars prangerte ein Einschussloch.

Er war zu spät.

Gerrit kämpfte mit den Tränen. Die Pistole sank an seine Seite. Obwohl er wusste, dass man an einem Tatort nichts großartig berühren durfte, so ertrug er dennoch nicht diesen Anblick. Er schloss die Augenlider von Robert mit seiner freien Hand.

Trauer und Zorn lieferten sich einen Kampf in seinem Inneren und richteten ein Gefühlschaos an.

„Ich kann verstehen, wieso du in ihn verliebt warst. Er hat… hatte eine sehr geschickte Zunge. Ein exzellenter Liebhaber. Schade, dass er so früh sterben musste.“

Gerrit erstarrte. Im nächsten Moment weiteten sich seine Augen, als sein Gehirn die nun unverzehrte Stimme einem Gesicht zu ordnen konnte.

„Du!“

`Daher kam der Anruf gleich zu unserem Büro. Er hatte die Durchwahlnummer. Ich hatte sie ihm gegeben. ´

„Na wie schön, dass du mich noch an meiner Stimme erkennen kannst. Leg deine Waffe auf den Boden und schieb sie mit dem Fuß zur Tür. Dann darfst du dich ganz langsam umdrehen. Ich bin bewaffnet und glaube mir, ich zögere nicht abzudrücken.“

Die Stimme des Anderen war ernst.

Gerrit kam, wenn auch nur ungern, der Aufforderung nach, dann drehte er sich um. Er sah in das süffisant grinsende Gesicht seines Ex-Freundes Ben Kaiser.

„Wieso?“, fragte Gerrit ihn.

„Wieso? Weil du mich verlassen hast wegen ihm.“

Er nickte mit dem Kopf in Roberts Richtung und fuhr dann fort: „Du hast mich gegen einen Jüngeren ausgetauscht. Ich hab euch gesehen in der Bar. Wie du ihn angeguckt hast. Mit demselben Blick hast du mich sonst immer angesehen.“
 

„Wie lange noch?“, fragte Alex und rutschte unruhig auf dem Beifahrersitz umher.

„Fünf Minuten, dann sind wird da.“

Michael bog um die nächste Ecke. Hinter ihnen folgten zwei Kleintransporter vom SEK und ein Krankenwagen.

Vor ihnen bauten sich bereits die Umrisse der Fabrik auf. Michael drückte das Gaspedal noch mehr durch.
 

„Nur eins hast du vergessen Gerrit. Mich verlässt man nicht! Niemals!“

Die Stimme vom Ben hallte durch die leeren Räume. Seine Augen funkelten auf und seine Gesichtszüge verzogen sich zu einer wahnsinnig wirkenden Fratze.

„Ich habe mich von dir nicht wegen Rob getrennt, sondern weil du dich verändert hast. Merkst du es denn nicht?“, begann Gerrit auf ihn einzureden.

„Nein, dass ist nicht wahr. Aber jetzt, da er unserem Glück nicht mehr im Wege steht, können wir wieder von vorne anfangen.“

Ben streckte Gerrit die Hand entgegen. Plötzlich hörten sie Sirenen, welche immer näher kamen.

Sein Ex-Freund sah abgelenkt zum Fenster hinaus. Gerrit nutzte die Chance und beugte sich zu seinem Beinhalfter hinab und zückte seine Zweitwaffe. Er entsicherte sie und richtete sie auf den überraschten Ben.

Dieser grinste sogleich wieder und sprach: „Hätte mich auch gewundert, wenn du nur eine bei dir gehabt hättest. Dann hast du sicher auch eine Kugelsichere Weste an.“

„Ich werde niemals zu dir zurückkehren.“

„Dann musst du sterben, so schwer es mir auch fällt.“
 

Endlich erreichten Alex und Michael das Fabrikgelände. Sie hielten neben Gerrits Dienstwagen. Auch das SEK stieg nun aus seinen Transportern.

„Okay, die Vorgehensweise ist klar. Wir gehen rein.“

Alex deutete zu der offen stehenden Seitentür.

Zwei SEK-Beamte gingen voran und prüften kurz die Sicherheit. Doch noch bevor Alex und Michael durch die Tür schreiten konnten, ließ ein wilder Schutzwechsel das Gebäude erzittern.

„Gerrit, Robert!“, schrie Alex und gemeinsam mit Michael und dem SEK stürmten sie in das Gebäude.

Während die Beamten des SEKs die Seitenräume sicherten, hielten Alex und Michael auf den Raum neben der Treppe zu. Ein Bild des Grauens bot sich ihnen, als sie den Raum vollständig betraten.

Überall war Blut.

Robert war tot. Der Entführer auch und Gerrit hatte Wunden an Arm und Bein, sowie eine stark blutende Wunde in der Hals-Schulter Region.

„Der Notarzt schnell!“, schrie die blonde Kommissarin.

„Gerrit, was ist passiert?“, fragte Michael seinen Kollegen welcher stark zitterte.

„Er… war mein Ex-Freund…“, sagte er nach Luft schnappend, „…hat unsere Trennung nicht ver-… verkraftet. Hat Robert… als Konkurrenz gesehen.“

Die Sätze kamen abgehackt und mühsam hervor. Gerrits Atem begann unregelmäßig zu gehen. Erst schnell, dann langsamer. Dann wieder schneller und schließlich immer langsamer.

Als der Notarzt endlich kam, durchfuhr ein letztes Zucken den Körper des brünetten Kommissars. Sein Blick richtete sich zur Decke und das Glänzen in den Augen wich dem matten Schleier.
 

~~Ende~~



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