Venia Legendi Eudaimonía von KaethchenvHeilbronn (Die Erlaubnis zu lehren wie man glücklich ist) ================================================================================ Kapitel 84: ------------ Als Heinrich gewaschen und mit einem Handtuch um die Hüfte wieder ins Schlafzimmer kommt, liegt Alexander immer noch im Bett. „Fauler Sack…“, murmelt der Junge, so, dass sein Freund noch nicht einmal behaupten kann, er meine es nicht ernst. Trotzdem grinst er den Jungen an, als dieser den Schrank öffnet, um sich was zum Anziehen rauszusuchen. „Und? Wieder sauber?“ Heinrich lässt sein Handtuch fallen. „Kannst ja nachschauen.“ Alexander beobachtet tatsächlich interessiert den Hintern des Jungen, während der sich nach einem Shirt streckt. Als sich Heinrich eine Unterhose anzieht, darüber eine Jeans und so das Objekt der forschenden Blicke verbirgt, kann Alexander wieder denken. „Erzählst du deiner Schwester eigentlich von unseren Fortschritten?“, fragt er. Heinrich dreht sich zu ihm herum und sieht ihn mit einem strafenden Blick an. „Erzählst du’s deinem Bruder?!“ Alexander lässt sich zurück in die Kissen sinken. „Das mit Wilhelm ist doch was vollkommen anderes…Dem wird schon schlecht, wenn ich das Wort Sex im Zusammenhang mit mir erwähn…oder generell erwähn…“ „Naja, da ist Ulli schon ein bisschen anders, aber du kannst dir vorstellen, dass eine Lesbe sich auch was Schöneres vorstellen kann, als über das Sexleben zweier Männer aufgeklärt zu werden.“ „Du musst ja nicht ins Detail gehen.“, kommt es von Alexander. „Du willst also, dass ich ihr davon erzähl?!?“ „Neiin!“, entgegnet der Ältere, „Ich meinte nur: Du könntest mit ihr ja drüber geredet haben, oder mit ihr drüber reden, nur nicht so…“ „Soll ich jetzt mit ihr drüber reden, oder nicht?“ „Du sollst gar nichts.“ Heinrich seufzt. „Gut.“, probiert er es noch einmal, „Nur für den Notfall: Darf ich mit ihr über unser Sexleben reden?“ „Ja.“ Auf Heinrichs Gesicht legt sich ein Lächeln. „Nur nicht mit diesem…Typ von der Uni da…“ Alexander fuchtelt mit seiner Hand in der Luft herum. „Tim.“ „Ja, genau.“, meint er, „Mit dem nicht.“ „Abgemacht. Ich geh dann, okay? Bin so um Sechs wieder da.“ Alexander hebt sich, das Gesicht halb im Kopfkissen, eine Hand ans Ohr. „Was? Du bist zum Sex wieder da? Ist gut.“ „Oh, du…!“ Der Ältere schreit auf, als ihm Heinrich in die Seite zwickt und sich auf ihn schmeißt. „Halt, ich bin noch nicht geduscht!“, versucht sich Alexander zu verteidigen, was aber wenig hilft. Schließlich kommt der Junge auf der Bettkante zur Ruhe und streicht seinem Freund, der noch nackt auf der Matratze liegt, durch die Haare. „Ich kann dich mal besuchen kommen, im Café, was hältst du davon?“, schlägt Alexander mit einem Lächeln vor und sieht zum anderen auf. Heinrichs Augen weiten sich. „Was?! Nein! Du – du hast genug hier zuhause zu tun! Mit dem Bett würd ich mal anfangen. Und Einkaufen musst du auch noch.“ „Aber damit bin ich doch nicht bis heute Abend beschäftigt.“, wiederspricht der Ältere. „Nein, aber…ist doch blöd. Wir sollten mal zusammen ins Café gehen, wenn ich nicht bedienen muss, okay? Dann kann ich mich nämlich zu dir setzen und muss nicht laufend rumspringen. Ist doch viel gemütlicher.“ „Ist doch nicht schlimm“, meint Alexander mit einem anzüglichen Grinsen, „Ich lass mich gerne von dir bedienen.“ „Hättest du wohl gerne.“, entgegnet Heinrich nur, bevor er sich erhebt, „Also, ich muss dann. – Und wehe du kommst vorbei. Ein anderes Mal, okay?“ „Okay.“, gibt sein Freund nach, doch als der Junge die Tür öffnen will, steigt Alexander aus dem Bett. „Halt, Moment.“, sagt er mit einem liebevollen Lächeln und fasst nach Heinrichs Wangen. Er gibt ihm einen zärtlichen Kuss. „Ich wollt dir noch sagen, wie unheimlich gut mir das heute Nacht gefallen hat. Wirklich.“ Der Junge wird rot. „M-mir auch…“, antwortet er verlegen, küsst seinen Freund noch einmal schüchtern, bevor er sich von ihm losmacht. „Dann bis heute Abend.“ „Bis heute Abend. Viel Spaß bei der Arbeit.“ Heinrich dreht sich nochmal um. „Dir auch viel Spaß bei der Hausarbeit.“ Als Heinrich bei Ulrike im Café ankommt, wird er schon sehnlichst erwartet. „Heinrich! Endlich!“, begrüßt ihn Ulrike mit einer kurzen Umarmung, bevor sie ihn sofort in die Küche schiebt. „Wir machen gleich auf!, zieh dich um, zieh dich um!“ „Jaja“ „Nix da „Jaja“! Umziehen!“ „Ja, doch…aber– “ Mit hochgezogenen Augenbrauen dreht sich Ulrike zu ihm um. „Was?“ „Kannst du mir helfen…?“ Auf ihr Gesicht legt sich ein sanftes Lächeln und sie läuft auf Heinrich zu. „Na, mein kleines Brüderchen, immer noch so unselbstständig wie früher.“, kichert sie und wuschelt ihm durch die Haare. Um halb Sieben betritt Heinrich das Haus. Er ist ein wenig erschöpft, als er die Treppen hinaufläuft. Der Job ist doch anstrengender, als er gedacht hat… Am Morgen war ja noch nicht so viel los, aber dann…! „Oh, hi!“ Ein wenig überrascht schaut Heinrich auf und stellt fest, dass er beinahe mit der jungen Frau aus dem Stock über ihnen zusammengestoßen wäre, wenn diese genauso wenig aufgepasst hätte, wie er. „Ah, hi, äh, Nicole! Wie geht’s?“, grüßt er ein wenig unbeholfen zurück. „Och, eigentlich gut.“, entgegnet sie, „Wenn man davon absieht, dass ich wieder mal Single bin…“ „Oh, das tut mir Leid.“, meint Heinrich, aber sie winkt nur ab. „Ein Idiot. Wir wollten zusammenziehen, aber dann hat ihn mein Bruder mit ner anderen wild knutschend in der Bahn gesehen.“ „Oh, das ist…“ Nicole geht nicht auf seinen Einwurf ein, sondern blickt ihn ernsthaft interessiert an. „Sag mal“, fängt sie an, „Ist das bei euch auch so, dass es gleich immer zu Sache gehen muss? Ich mein – Ist es nicht verständlich, dass, wenn man sich gerade mal zwei Monate kennt, nicht gleich bereit zu allem ist?!“ „Ä-ähm…“, gibt Heinrich ein wenig verlegen von sich, „Also, ich kann dir da schlecht weiterhelfen, weil…bei mir war das nochmal ne Sache für sich. Uns ist sozusagen was dazwischengekommen, bevor…und dann hat’s seine Zeit gedauert, bis ich mich wieder bereit dazu gefühlt hab.“ „Siehst du!“, ruft Nicole triumphierend, „Und?! Er hat dir deine Zeit gelassen, oder?!?“ „Ja, das…das hat er…“ Wütend klatscht die junge Frau in die Hände. „Jaha, und dieser Arsch will natürlich alles gleich! Weißt du, was er zu mir gesagt hat?! Wenn ich mich nicht von ihm ficken lassen will, soll ich ihm wenigstens mal einen blasen! Kannst du dir das vorstellen?!?“ Heinrich öffnet seinen Mund, weiß aber nicht, was er dazu sagen soll. „Gut, ich bin kein Teenie mehr, aber ich – das muss ein Trauma sein! Ein Kindheitstrauma! Und dieser scheiß-Nachbar ist schuld! Immer, immer ist er nackt in seinem Garten rumgerannt! Und wen schickt mein kleiner Bruder rüber, um den Ball zu holen?! – Mich! Gott, mir wird jetzt noch übel, wenn ich an damals denk! – Ich mein, er hat mich nicht angefasst oder so, aber schon der Anblick…! Ich war Zwölf!!!“ Ein wenig überfordert schließt Heinrich das weinende Häufchen Elend in die Arme, klopft ihr unbeholfen auf den Rücken. „Das…das wird schon…“, versucht er ihr gutzuzureden. „Das wird nie meeehr was…!“, schluchzt sie, „Ich bin vierundzwanzig und kann keine Schwänze sehen…! Ich werd als alte Jungfer sterben, ich seh’s schon kommen…“ „Nein, du…du brauchst bloß deine Zeit, das…das wird bestimmt irgendwann einer verstehen, wirklich…“ Nicole zieht ihre Nase hoch und richtet sich räuspernd wieder auf. Ein wenig verlegen wischt sie sich über die Augen. Ihre Schminke ist verlaufen. Irgendwoher kennt Heinrich diese Augen… „D-danke.“, sagt sie leise und schenkt ihm ein Lächeln. „Nichts zu danken.“, entgegnet er. Sie hebt eine Hand, um ihm zuzuwinken. „Bis dann.“ „Ja, bis dann.“ Heinrich bleibt noch stehen und sieht ihr nach, wie sie die Treppen hinunterläuft und schließlich im Stock weiter unten verschwindet. Er seufzt, bevor er den Wohnungsschlüssel aus seiner Hosentasche kramt und aufschließt. In der Wohnung empfängt ihn ein verlockender Essensgeruch. Tomatensoße. „Alex?“ Aufgeregt stellt Heinrich seine Schuhe ab, bevor er in die Küche läuft. Dort erwartet ihn ein gedeckter Tisch und ein Alexander mit einer „Kiss the cook“-Schürze um. „Guten Abend, mein Schatz.“ Heinrich weiß nicht, was er sagen soll, kommt stattdessen der auf der Schürze abgedruckten Aufforderung nach und gibt seinem Freund einen Kuss. „Du bist so süß, Alex…“ „Ich weiß.“ Heinrich wird noch verlegener, als Alexander ihm den Stuhl zurückschiebt und ihn Platz nehmen lässt, bevor er das Licht herunterdreht, sodass die Kerze in der Mitte des Tisches mehr zur Geltung kommt. Alexander zieht sich noch die Schürze aus, dann setzt er sich seinem Freund gegenüber. „Guten Appetit.“, wünscht er. „Danke. Dir auch.“ Heinrich getraut sich fast nicht, das Kunstwerk aus mit Basilikum und Petersilie schön hergerichteten Spaghetti zu zerstören, aber er hat Hunger und die Nudeln mit Soße riechen unheimlich lecker… „Und?“, fragt ihn Alexander, nachdem er ein paar Bissen genommen hat. „Wunderbar.“ „Ist jetzt nichts Besonderes, nur… - Der Rehbraten und die fünfstöckige Torte sind mir vorhin leider misslungen.“ Heinrich muss grinsen. „Ich brauch keinen Rehbraten und keine Torte, das hier reicht vollkommen aus. Du bist der beste Koch, den ich kenne.“ Alexander muss schmunzeln. „Ich gehe richtig in der Annahme, dass du deine Mutter unter dem Begriff „Köchinnen“ führst…?“ „Jap.“ „Danke.“ „Okay, aber du bist – auch die Köchinnen einbegriffen – definitiv der attraktivste Koch, den ich kenne.“ Alexander wendet sich grinsend wieder seinem Essen zu. Nachdem der Professor auch den Abwasch gemacht hat, setzt er sich zu seinem Freund, der es sich auf dem Sofa bequem gemacht hat. Er schlingt seine Arme um den Jungen und zieht ihn an sich. „Und? Wie verlief dein erster Arbeitstag?“, fragt er. „Anstrengend.“, antwortet Heinrich und schmiegt sich an die Brust des anderen, „Aber lustig.“ „Lustig?“ „Ja, schon.“ „Wieso das denn?“ Der Junge gibt ihm als Antwort nur einen Kuss. Erst will Alexander gegen diese Behandlung protestieren, aber dann stellt er fest, dass er eigentlich doch nichts dagegen hat. Heinrichs Finger fahren durch seine Haare, gleiten seine Schläfen entlang, bis sich die Hände schließlich an seine Wangen legen, als der Junge mit geschlossenen Augen und einem Seufzen von seinen Lippen ablässt. „Ich hab schon öfters drüber nachgedacht.“, flüstert Heinrich. „Über was?“, fragt Alexander ebenso leise. „Was hättest du gemacht, wenn…wenn die beiden Typen damals nicht von diesem Anwalt auf mich angesetzt gewesen wären und…und mich wirklich vergewaltigt hätten?“ Heinrich merkt, wie sich Alexanders Finger an seinen Seiten in sein Shirt krallen. Er hat die Augen immer noch geschlossen, aber er weiß, mit was für einem Blick ihn sein Freund in diesem Moment wohl bedenkt. Alexanders Stimme bebt, als er antwortet. „Ich hätte die beiden so qualvoll umgebracht…“ Da öffnet Heinrich plötzlich seine Augen. „Wirklich?“, fragt er, „Begehst du dann nicht das gleiche Unrecht?“ Alexander weicht seinem Blick aus. „Michael hätte mich dazu überredet, sie anzuzeigen.“ Der Junge nickt. Zwingt den Älteren dazu, ihn wieder anzusehen. „Und wenn du…Sagen wir die beiden wären mit dem Richter verwandt oder so, und du hättest dein Recht nicht erhalten. Was würdest du dann tun?“ „Dann würde ich sie wohl doch qualvoll umbringen. Und mich selbst dann auch.“ Mit einem leichten Lächeln sieht er Heinrich an. „Während Michael wohl diesem Richter den Stuhl angezündet hätte, und zur Not auch den Obersten Gerichtshof.“ Bevor sein Freund noch weitere Fragen stellen kann, gibt er ihm einen Kuss auf die Stirn. „Aber zum Glück ist das alles nie passiert und wird auch nicht passieren.“, meint er. Heinrich grinst ihn an. „Doch.“ Alexander wirft ihm einen äußerst geschockten Blick zu, weshalb er schnell ergänzt: „Fiktiv! Ich glaub ich werd da was schreiben…“ Alexanders Gesichtsausdruck wechselt zu erstaunt. „So?“ „Mhmm!“, entgegnet Heinrich, während er an dem Hemdkragen des Älteren herumspielt, „Über einen Michael Haas…Kohlhaas, dessen Rechtsgefühl gebrochen wurde und er es versucht mit allen Mitteln wiederherzustellen. Was hältst du davon?“ Alexander zieht den Jungen zu sich auf den Schoß. „Darf ich’s lesen, wenn du fertig bist?“ „Aber sicher.“, antwortet Heinrich und lässt sich von seinem Freund küssen. ---------- „Michael Kohlhaas“ ist eine Novelle von Kleist. Die Handlung ist im Original fast die gleiche, nur waren es da Pferde, die für die Feldarbeit missbraucht wurden^^ ...Was haltet ihr von Nicole? XD Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)