Venia Legendi Eudaimonía von KaethchenvHeilbronn (Die Erlaubnis zu lehren wie man glücklich ist) ================================================================================ Kapitel 76: ------------ Heinrich kommt sich reichlich komisch vor, als er um Eins den Seminarsaal betritt. Es ist das erste Mal, dass er bei Alexander im Philosophiekurs sitzt, seit…ja, seit sie zusammen sind. Und das fühlt sich eben seltsam an, weil…weil er so viel über seinen Professor weiß, so viel Intimes – sehr Intimes – so vieles zwischen ihnen passiert ist, das…das einfach nicht in einen Seminarsaal gehört…! „Hey, ähm, Heinrich…?“ Aufgeschreckt sieht der Junge zu Tim hinunter. „Du darfst dich auch gerne setzen.“ „Oh.“ Peinlich berührt nimmt Heinrich neben dem Rothaarigen Platz. Dritte Reihe. Viel zu weit vorne. „Ist was?“, fragt Tim besorgt, was Heinrich dazu veranlasst, sich anzustrengen, weniger nervös zu wirken. „Nein, alles Bestens.“, antwortet er so gelassen wie möglich, da in dem Moment Alexander den Raum betritt. Außer ihnen sitzen noch drei Studentinnen in der ersten Reihe, die zwei Idioten aus Physik ganz hinten. Klar, dass bei dieser geringen Anzahl an Teilnehmern Alexanders Blick sofort zu seinem Freund wandern. Schnell wendet der Professor seinen Blick wieder ab und wirft ein allgemeines „Guten Tag.“ in den Raum, bevor er auch schnell anfängt, den Studenten vorzutragen, was sie diese Woche alles nachzuholen haben. „Der sagt ja gar nichts dazu, dass wir letzte Woche nicht da waren.“, stellt Tim leise in Richtung Heinrich fest. Dieser versucht überzeugend zu wirken, als er „vermutet“, dass der Professor wohl schon darüber Bescheid wisse, schließlich sei der Universitätsleiter sein Bruder. „Echt?!“, zischt Tim erstaunt, „Trotzdem hätte er sich uns vorstellen können, oder?“ „Naja“, fängt Heinrich an, „Mich kennt er ja schon – also, ich hatte ja auch den normalen Kurs Philosophie bei ihm. Vielleicht denkt er, du warst da auch schon dabei.“ Heinrich sieht, wie Tim nickt und etwas erwidern will, jedoch wieder seinen Mund schließt und auf seinen Block starrt. Als Heinrich nach vorne schaut, entdeckt er den Grund dafür: Alexander, der ein wenig mahnend zu ihnen herübersieht. Heinrich kann nur schwer dem Drang widerstehen, seinem Freund die Zunge rauszustrecken. – Was hier vollkommen unangebracht wäre. Alexander fasst sich wieder und redet weiter, was Heinrich dazu animiert, ihm vielleicht lieber mal zuzuhören. Es geht um Sigmund Freud, soviel bekommt er mit, bevor seine Gedanken wieder abschweifen und ihn Alexanders Stimme einmal mehr einlullt. Wie viele Stunden saß er schon bei ihm im Seminar und hat dieser Stimme gelauscht, an diesen Lippen gehangen, diese großen Hände bewundert, wenn sie nach der Kreide griffen – und immer nur konnte er sich heimlich wünschen, wie die Stimme einmal seinen Namen hauchen würde, die Lippen ihn einmal küssen und die Hände ihn einmal berühren würden… Der Junge hat ein seliges Lächeln auf dem Gesicht, als er sich bewusst macht, dass all diese Wünsche tatsächlich in Erfüllung gegangen sind. Heinrich wird erst aus seiner Trance gerissen, als er Tim neben sich leise kichern hört. Fragend schaut er ihn an. Der Rothaarige beugt sich grinsend zu ihm herüber. „Da du mir vorhin anvertraut hast, auf welches Geschlecht du stehst, darf man da annehmen, dass du ein klein wenig Gefallen an unserem Philosophieprofessor gefunden hast?“ Heinrich kann nicht verhindern, dass er wohl etwas rot wird. „Ja, schon.“, antwortet er ebenfalls mit einem Grinsen. „Was sagt denn dein Freund dazu?“, kommt es scherzhaft von Tim. Heinrich zuckt nur mit den Schultern und versucht nicht allzu verräterisch dabei auszuschauen. „Naja“, fängt der Rothaarige aber völlig unvoreingenommen an, „Er sieht ja nicht schlecht aus.“ Heinrich ist etwas überrascht über diese Aussage und kann den anderen erst mal nur erstaunt anschauen. „Was?!“, lacht Tim leise, „Auch Mann darf doch mal zugeben, wenn ein anderer gut aussieht, oder?“ „J-ja, natürlich.“, fasst sich Heinrich schnell wieder, „Besonders bei Professor Humboldt.“ „Mhmm…“, kommt es von Tim, der seinen Blick wieder zu Alexander wandern lässt, „Was meinst du, wie alt er ist?“ „Ende Dreißig…?“, versucht Heinrich unwissend zu klingen, aber nichts völlig Falsches zu sagen. „Hm“, gibt der Rothaarige von sich, ohne dass seine Augen den Professor verlassen, „Eigentlich sieht er doch jünger aus.“ Heinrich weiß nicht so Recht, ob ihm unwohl sein soll, oder ob er Gefallen an der Sache finden soll, dass er hier jemanden sitzen hat, mit dem er von Alexander schwärmen kann. Da Tim ihm gerade einen anspornenden Blick aus seinen Rehaugen zuwirft, entscheidet er sich für Letzteres. „Was lässt ihn denn jünger aussehen?“, hakt Heinrich also leise nach. „Die Muskeln.“, kommt es gleich von Tim, „Er sieht dadurch so sportlich aus.“ „Seine Stimme macht ihn älter.“, kontert Heinrich. „Du findest also seine Stimme sexy?“ „Oh, ja…“ „Wart’s ab, bis wir zu Freuds Sexualtheorie kommen, dann sagt diese sexy Stimme so perverse Sachen, dass ich Angst um deine Selbstbeherrschung hab.“ Heinrich muss lachen, was ihnen wieder einen mahnenden Blick von Alexander einbringt. „Hätt gar nicht gedacht, dass du so versaut bist.“, flüstert er Tim zu. „Sieht man mir nicht an, hm?“, entgegnet dieser grinsend. Heinrich verspürt den Drang, ihm zu sagen, was für perverse Dinge er diese sexy Stimme schon tatsächlich hat sagen hören, aber er besinnt sich noch rechtzeitig wieder und schließt seinen Mund. „Wir sollten lieber zuhören.“, sagt er stattdessen, „Vielleicht geht’s ja schon um die Sexualtheorie.“ Den Rest der Stunde verbringen die beiden tatsächlich damit, dass sie nicht nur Alexanders Stimme lauschen, sondern auch auf den Inhalt achten. Als der Professor die Stunde, wie fast immer, fünf Minuten vor Schluss für beendet erklärt, sind die zwei Idioten aus Physik die ersten, die den Raum verlassen – ohne Heinrich oder Tim noch mal blöd anzumachen. Letzterer nimmt Heinrich am Arm, was diesen ein wenig erstaunt. „Komm, wir sollten uns doch die Unterlagen von letzter Woche besorgen.“, meint er, „Die Mädels da vorne sehen aus, als wenn sie immer fleißig mitschreiben.“ „N-nein, warte.“, hält ihn Heinrich auf und zieht den Rothaarigen zu sich. „Die sind nicht viel besser, als die Typen aus Physik. Halten mich auch für nen Freak und sind blöde Zicken.“ Tim muss von oben auf ihn herabgrinsen, da er so nah bei ihm steht. „Du magst bloß keine Frauen, gib’s zu.“ Als Heinrich etwas zu lange nichts erwidert, weiten sich Tims Augen und sein Grinsen wird breiter. „Oder“, beginnt er, „du willst unbedingt den Professor danach fragen.“ Heinrich klopft ihm anerkennend auf die Schulter. „Du hast es erfasst.“, antwortet er und zieht Tim am Arm mit sich, als er hinunter zu Alexander läuft, der gerade seine Sachen zusammenpackt. Auf der letzten Stufe dreht sich Heinrich kurz nochmal zum Rothaarigen um, um ihm ein vorfreudiges „Sieh und staune.“ ins Ohr zu flüstern, bevor er auf Alexander zugeht, der die beiden schon skeptisch auf ihrem Weg zu ihm herunter beobachtet hat. „Herr Professor Humboldt?“, beginnt Heinrich mit einem zuckersüßen Lächeln auf dem Gesicht und stellt sich, seinen Ordner im Arm, vor Alexander auf die Zehenspitzen. „Ähm, ja?“ „Wir beide sind heute ja das erste Mal in Ihrem Kurs gewesen. Ein schönes erstes Mal übrigens. Hat uns sehr gefallen.“ An dieser Stelle lässt er seine Wimpern flattern, was Alexander noch mehr irritiert. „Jetzt wollten wir Sie fragen, ob Sie uns vielleicht die Unterlagen von letzter Woche zukommen lassen wollen, damit wir den Stoff nachholen können.“ Alexander muss sich erst ein wenig sortieren, bevor er antworten kann. „Äh, ja! Ja, natürlich. Ich…ich müsste die Sachen noch in meinem Büro haben, wenn du also…wenn ihr mitkommen wollt.“ „Gerne.“, antwortet Heinrich, und als Alexander noch einmal nickt, um dann seine Tasche zu nehmen und den Raum zu verlassen, folgen die beiden ihm. Der Professor führt die beiden Studenten den Gang entlang, den Heinrich schon kennt. Er war ja bereits einmal bei Alexander im Büro. Wie schrecklich naiv er damals gewesen war. Tatsächlich war das erste, was er dachte, als der Professor ihn nach der Physikstunde angesprochen hatte, dass sich jetzt, in diesem Büro, all seine Wünsche erfüllen würden. Klar, dass er sich diese „unsittlichen“ Gedanken sofort hat ausreden müssen. Alexanders Räuspern, als er den Büroschlüssel in seiner Hosentasche sucht, bringt Heinrich wieder ins Hier und Jetzt zurück. Gerade hat der Professor den Schlüssel gefunden, da schlägt sich Tim an die Stirn. „Ach, verdammt!“, gibt er von sich, „Jetzt hab ich meinen Block im Saal liegen lassen. Ich geh ihn schnell holen – Wir sehen uns dann draußen, Heinrich, okay? Bis nächstes Mal, Herr Humboldt.“ Damit macht der Rothaarige sich aus dem Staub. Alexander schließt hastig die Tür auf und ist darauf bedacht, sie auch schnell wieder hinter Heinrich zu schließen. Mit einem äußerst verwirrten Gesichtsausdruck sieht er seinen Freund an. „Was sollte da– “ Weiter kommt er nicht, denn da hat Heinrich seine Hände um seinen Hals geschlungen und küsst ihn stürmisch. „Mmmh – hnnnrch…! – Heinrich, nicht!“ Außer Atem blickt Alexander auf seinen Studenten herab und sieht dabei ein wenig wütend aus. Um sich zu beruhigen läuft er zu seinem Schreibtisch, wo er sich erst einmal hinsetzt. „W-was…?! Heinrich, erklär mir bitte, was das hier soll!“ Gleichsam verwirrt und unschuldig blickt Heinrich den Älteren an. „Was…was meinst du?“ Alexander streckt seinen Arm fassungslos in die Richtung aus, in die Tim verschwunden ist. „Wer ist dieser Junge?“ „Tim.“, antwortet Heinrich immer noch ein wenig irritiert und läuft auf seinen Freund zu, „Er hat neu hier an der Uni angefangen und muss auch die Examina nachholen, weil er ne lange Zeit im Krankenhaus war.“ „Du kennst ihn seit heute Morgen und erzählst ihm von uns?!?“ Heinrich seufzt erleichtert auf. Darum geht es dem Älteren also. „Nein.“, fängt er ruhig an, „Ich hab ihm natürlich nicht davon erzählt.“ Jetzt ist Alexander verwirrt. „Nicht? Und…was gab’s dann da laufend zu kichern?“ Heinrich muss grinsen. „Wir haben uns über deine Vorzüge unterhalten.“ Alexander braucht eine Weile, bis er darauf etwas erwidern kann. „Er ist auch schwul?“, kommt es schließlich von ihm. Heinrich schüttelt den Kopf. „Nein, ich denk nicht. Er findet’s nur lustig, mit mir über so was zu reden.“ „Also weiß er aber, dass du schwul bist?“ „Ja.“, antwortet Heinrich wie selbstverständlich, „Ich glaub, das hast du mal zu mir gesagt, dass man seine Freunde diesbezüglich nicht belügen soll.“ „Ja, das hab ich mal – Ihr seid Freunde?“ Heinrich verdreht die Augen. „Ja, soweit man das behaupten kann, wenn man sich nen Vormittag lang kennt und der andere für einen schon zwei Mal dummen Kommentaren kontragegeben hat.“ „Ja, sorry.“, meint Alexander und fährt sich durch die Haare, „Ich…ich hab dich halt noch nie so mit jemandem gesehen.“ Mit einem Lächeln sieht er zu Heinrich auf. „Ich freu mich für dich, echt. Jeder braucht nen guten Freund.“ Heinrich kann hierauf nur nicken. Irgendwie hat er das Gefühl nicht ganz zu verstehen, wo jetzt Alexanders Problem liegt… „Und wieso ist er eben so „unverhofft“ abgehauen?“, lässt ihm sein Freund mit seiner nächsten Frage keine Zeit zum Nachdenken. Heinrich muss kurz lachen. „Ich hab ihm gebeichtet – besser gesagt, er hat es mir angesehen, dass ich auf dich steh. Und jetzt meint er wohl, es wär vorteilhafter, wenn ich alleine mit dir im Büro bin.“ „Aaaah…“, kommt es amüsiert von Alexander. „Apropos.“, unterbricht Heinrich sein Grinsen, „Ich bin schon viel zu lange hier, wie soll ich ihm das denn erklären?! Such mir schnell die Unterlagen raus…!“ „Oh, verdammt, stimmt!“, fällt es auch Alexander ein und er beeilt sich, die Kopien und seine Notizen vom letzten Mal rauszusuchen. „Bis gleich am Parkplatz.“, verabschiedet sich Heinrich hastig und drückt seinem Freund noch schnell einen Kuss auf die Lippen, bevor er sein Büro verlässt. Schon an der nächsten Ecke wartet Tim im Gang auf ihn. „Und?“ Die Rehaugen sehen ihn erwartungsvoll an, als er die Unterlagen entgegennimmt. Heinrich bemüht sich, entzückt dreinzublicken. Da er Tim nicht anlügen will, belässt er es bei einem „Ein Gentleman genießt und schweigt.“. Tim erwidert sein breites Grinsen. „Ey, das war echt der Hammer von dir! „Das erstes Mal“…! Zum Schießen! Ich musst mich so beherrschen, nicht loszulachen…“ „Tja, ich bin eben Profi.“ Als sie draußen auf dem Campus sind, bleibt Tim stehen. „Hey, sag mal…“ Plötzlich sieht er ihn so ernst an. „Würdest du deinen Freund für ihn verlassen?“ Heinrich senkt seinen Kopf. „Das…die Frage ist schwierig zu beantworten, weißt du…“ Tim nickt. Heinrich kann nicht ganz einschätzen, ob er den anderen jetzt enttäuscht hat. „Sehen wir uns morgen in Mathe?“, fragt der Rothaarige schließlich mit einem Lächeln. „Ja, auf jeden Fall.“, entgegnet Heinrich erleichtert. Tim winkt ihm noch zu, als er zur Bahn läuft. Sofort macht sich Heinrich dann auf den Weg zum Professorenparkplatz. Er achtet darauf, möglichst unauffällig zum schwarzen Jeep hinüberzulaufen, in dem Alexander schon auf ihn wartet. „Na, hat er dich gehen lassen?“, begrüßt ihn der Ältere. „Ja, grad so.“, antwortet Heinrich nur. Um ein anderes Thema aufzugreifen, aber auch, weil er sich darüber wirklich schon Gedanken gemacht hat, erwähnt er seine Mutter. „Wollen wir nicht meine Mutter und Michael mal fragen, ob wir sie besuchen können?“ „Oh, ja, das ist eine gute Idee.“, findet Alexander. „Ich ruf sie gleich mal an, wenn wir zuhause sind, ja?“, schlägt Heinrich vor. Sein Freund stimmt ihm zu. „Du weißt schon, dass sie zusammen sind, oder?“, hakt der Junge nach. Alexander muss ein wenig grinsen. „Ja, Michi hat’s mir erzählt. Es ist also so gekommen, wie du’s schon bei ihrem ersten Treffen vorausgesagt hast.“ Auch Heinrich muss schmunzeln. „Was hat er denn erzählt?“, fragt er nach. „Ach“, fängt Alexander an, „Er hat mir vorgeschwärmt, wie gutmütig und liebreizend und herzensgut deine Mutter ist – Was sie auch wirklich ist. Und was für eine Angst er hat, dass er einen Schritt zu weit gehen könnte, zu dem sie vielleicht noch gar nicht bereit ist, und dass er sie so verliert.“ „Hm.“, meint Heinrich, „Ich kann’s irgendwie auch nicht so einschätzen, wie weit Mutter dazu bereit ist, so schnell was Neues anzufangen. Aber sie klang glücklich am Telefon, als sie mir davon berichtet hat.“ „Das ist doch schon mal was.“, entgegnet Alexander. „Naja, wir werden’s dann ja sehen.“, kommt es von Heinrich mit einem vorfreudigen Lächeln. ---------------------- Sorry, war übers Wochenende weg und hatte kein Internet, deshalb geht’s jetzt erst weiter^^ - aber dafür ist mir in dieser Zeit die Idee für eine neue FF gekommen! Wieder mit Alex und Heinrich (komm einfach nicht von den beiden los XD), aber im 19. Jhd., also ihrer Zeit etwas näher. Alex ist wieder Baron von Humboldt – aber keine Angst, nicht das Gleiche, wie in meinem Doujinshi^^ - also, falls Interesse besteht, schau ich, was ich aus dieser Idee machen kann :) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)