Venia Legendi Eudaimonía von KaethchenvHeilbronn (Die Erlaubnis zu lehren wie man glücklich ist) ================================================================================ Kapitel 30: ------------ „Oh, Alex, bitte!“ Alexander sieht kopfschüttelnd zu seinem Freund auf, der aufs Bett gestiegen ist und mit einer seiner Krawatten herumfuchtelt. „Heinrich, ich kenn Michael gut. Da muss ich keinen Anzug anziehen für das Treffen.“ „Aber, schau! Ich hab auch ein Hemd an!“ Einen unachtsamen Moment später hat Heinrich ihm die Krawatte um den Hals geschmissen und zieht ihn an der Schlinge nun zu sich. „Du siehst doch so gut aus im Anzug…“ „Hm, na ja, dann bind mir eben die Krawatte…“ Die Kanzlei liegt im Erdgeschoss einer kleinen Doppelhaushälfte. Michael Haas, Rechtsanwalt, steht auf dem Klingelschild. Sie treffen sich in Michaels Büro, das sich seit Alexanders letztem Besuch ziemlich verändert hat. „Hallo, Michi.“ „Alex, willkommen.“ „Das ist Heinrich.“ „Guten Tag, Heinrich – ich darf dich doch duzen?“ „Gerne“, meint der Junge und reicht dem Anwalt die Hand. Er trägt einen dunklen Anzug, seine Haare sind kurz und dunkel, seine Augen blau. Er sieht nett aus, wirkt etwas jünger als Alexander. „Da hat sich aber einiges verändert.“, stellt Alexander fest und tritt ans Fenster, das jetzt doppelt so groß ist, wie zuvor. „Ja, wirkt heller und freundlicher so, nicht?“ Alexander nickt und betrachtet den ordentlich bepflanzten Garten. Da hat sich einer wohl einen Gärtner geleistet… „Nehmt doch Platz.“, meint Michael, und die beiden setzen sich an die eine Seite des Holztisches, der schon mit einigen Unterlagen beladen ist. „Ist Frau Kleist noch nicht da?“, fragt Alexander. „Nein.“, meint Michael und sieht auf die Uhr. „Sind ja noch drei Minuten. Wollt ihr was trinken?“ „Ein Wasser, bitte.“ „Für mich auch.“, meint Heinrich. Michael stellt gerade vier Gläser und die Flasche auf dem Tisch ab, da klingelt es. „Ah, das muss sie sein.“, vermutet er und läuft zur Tür. Als der Anwalt die Frau ins Büro geleitet, erhebt sich Alexander und Heinrich springt auf, um seiner Mutter in die Arme zu fallen. „Mama! Wie geht es dir?“ Die Frau lacht leise und streicht ihrem Sohn über den Kopf. „Mir geht es gut. Und dir?“ Heinrich nickt. „Bestens.“ „Das ist schön.“, meint sie, und er lässt sie los. „Setzen Sie sich, Frau Kleist. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?“ „Vielen Dank.“, sagt sie, als sie Heinrich gegenüber Platz nimmt und begeistert hinaus in den grünen Garten schaut. Michael bleibt am Tisch stehen und sieht sie ein paar Sekunden abwartend an. „Ah“, macht sie plötzlich und lacht nervös. „Entschuldigen Sie. Wasser, bitte. Ich bin…ich bin etwas verwirrt zurzeit.“ „Verständlich.“, meint Alexander. „Ah, guten Tag, Herr Humboldt! Tut mir Leid, dass ich Sie einfach ignoriert habe, tut mir wirklich– “ Alexander lacht nur und nimmt ihre Hand zur Begrüßung entgegen, bevor er sich wieder hinsetzt. „Nicht schlimm, nicht schlimm.“, versichert er und stellt fest, dass sie diese liebreizenden Aufmerksamkeitsdefizite anscheinend an ihren Sohn vererbt hat. Während Alexander Heinrich das Blatt zuschiebt, auf dem Michael schon einmal sein Anklageplädoyer grob formuliert hat, schenkt dieser Frau Kleist, die neben ihm sitzt, Wasser nach. „Haben Sie einen Anwalt, Frau Kleist?“, fragt er. Sie schüttelt den Kopf, wodurch einige ihrer schwarzen Haare aus der Klammer am Hinterkopf rutschen. „Nein, mein Mann hat das alles immer geregelt, wissen Sie…“ „Kein Problem.“, meint Michael und lächelt die Frau an. „Wenn Sie nichts dagegen haben, werde ich auch Sie vertreten. Wenn es Ihnen Recht ist.“ „Ja, ja, das…Das wäre nett, danke.“ Ihr Lächeln ist genauso schüchtern, wie das von Heinrich manchmal. „Muss ich da nicht…irgendwas ausfüllen und unterschreiben?“, fragt sie vorsichtig, während ihre Finger mit ihrem Glas spielen. Obwohl sie zuhause wohl immer die ganze Arbeit machen musste, sind ihre Finger grazil und gepflegt. Michael lacht sanft. „Ja, Sie müssen was unterschreiben, aber das machen wir später, oder?“ Sie nickt. „Seid ihr fertig?“, fragt er nun Alexander und Heinrich, die noch über das Schreiben gebeugt sind. „Soeben.“, meint Alexander und schaut abwartend zu seinem Freund, der auch Sekunden später den Kopf hebt. „Das ist gut.“, stellt Heinrich fest. „Kompliment.“ „Danke.“, lacht Michael. „Das ist mein Job. Also ist alles in Ordnung?“ Die beiden nicken. „Gut, dann lesen Sie sich das bitte auch noch durch, Frau Kleist.“, bittet Michael und wendet sich dann Heinrich und Alexander zu. „Wollt ihr beide eine Aussage machen?“ „Ja.“ „Mhm.“ „Dann sollten wir besprechen, was ihr sagt. Und wie ihr euch verhaltet, wenn Herrn Kleists Verteidiger etwas fragt – was meistens nur provokativer Unsinn ist, aber das sei mal dahingestellt. Besonders du Heinrich, darfst dich nicht zu unnötigen Aussagen hinreißen lassen.“ Mit großen Augen schaut der Junge zwischen Michael und Alexander hin und her. „Was soll denn das schon wieder heißen?!“, meint er, und es hätte beleidigt gewirkt, wenn er nicht dabei grinsen würde. „So. Dann hätten wir das geklärt, oder?“, fragt Michael in die Runde. Alle drei nicken. „Gibt es noch Fragen?“, will er wissen, als er die Unterlagen zusammenräumt. „Ähm, ja.“, fängt Frau Kleist an. „Ich hätte…“ Sie schaut kurz zu Heinrich, bevor sie zu Michael aufschaut. „Ich möchte mich von meinem Mann scheiden lassen. Können Sie das für mich regeln?“ Alexander schaut genauso erstaunt wie Michael, aber Heinrich klatscht in die Hände. „Mama, das ist toll!“ Frau Kleist lächelt erleichtert. „Ich bin froh, dass du damit einverstanden bist, Heinrich.“, meint sie. Michael heftet die Unterlagen in einen Ordner. „Ja, ich…ich helfe Ihnen gerne. Ich bin sozusagen Experte auf diesem Gebiet.“ Als Frau Kleist ihn nur fragend anschaut, ergänzt er mit einem schiefen Lächeln: „Ich bin selbst geschieden. Seit drei Jahren.“ „Oh, das tut mir Leid.“ Michael lacht und setzt sich wieder neben sie. „Das muss Ihnen doch nicht Leid tun. Hätte meiner Ex-Frau auch nur ab und zu etwas Leid getan, hätten wir die Ehe vielleicht noch retten können.“ „Haben Sie Kinder?“ „Nein, zum Glück nicht.“ Frau Kleist nickt abwesend. „Gut“, meint Michael. „Dann machen wir gleich einen Termin aus, wann wir uns noch mal treffen, oder?“ „Ja. Ja, bitte.“, stimmt sie zu und streicht sich eine Strähne zurück hinters Ohr. „Ihr seid entlassen.“, meint Michael und sieht zu Alexander und Heinrich auf, bevor er seinen Organizer aus der Jacketttasche holt. „Darf ich noch kurz mit Ihnen reden, Frau Kleist?“, fragt Alexander, als er aufsteht. „Oh. Ja. Selbstverständlich.“ „Können wir raus in den Garten, Michi?“ „Ja, grad den Hebel runter, du weißt ja.“ Etwas zögerlich schiebt Frau Kleist ihren Stuhl zurück, und Michael steht auf, um ihr Platz zu machen. Sie lächelt ihn schüchtern an, bevor sie Alexander nach draußen folgt. „Der Garten ist schön, nicht?“ „Oh ja. Da hat sich Michael richtig Mühe gegeben. Als ich das letzte Mal hier war, hat er es noch vermieden, seinen Klienten mehr als das Büro zu zeigen.“ Sie nickt, und Alexander bleibt stehen. „Frau Kleist“ „Ja?“ „Ich möchte Ihnen sagen, dass…Na ja, Sie haben ja gehört, was Ihr Mann von mir behauptet hat, und Sie haben sicherlich auch gehört, was ich ihm zuvor über mich gebeichtet hab.“ Alexander merkt, wie sich ihre Wangen leicht röten und sie seinem Blick ausweicht, und das ist ihm Antwort genug. „Ich wollte Ihnen sagen, dass ich…mit Ihrem Sohn…zusammen bin.“ Plötzlich sieht sie wieder zu ihm auf. Ihre Augen strahlen. „Sie sind…?! Sie können seine – sein Interesse also erwidern?!?“ Alexander lächelt etwas verlegen. „Ja, das kann ich. Das habe ich schon, und deshalb wollte ich wissen, ob es Sie nicht stört, wenn…na ja, Heinrich ist zwar erwachsen, aber…“ „Ich danke Ihnen!“ Etwas überrumpelt stellt Alexander fest, dass die Frau nach seinen Händen gegriffen hat. „Sie haben meinen Sohn glücklich gemacht, ich danke Ihnen tausendmal dafür!“ „Sie…dafür müssen Sie mir nicht danken“, meint Alexander mit einem Lächeln, total überwältigt und drückt ihre Hände fest in seinen. Ihn überkommt wieder der Drang, ihr einen Kuss auf die Stirn zu geben, aber er unterlässt es. „Sie sind eine wunderbare Frau.“, sagt er nur. „Und irgendwann wird das auch ein Mann erkennen, der fähig dazu ist, Sie zu lieben.“ Nachdem man sich von Michael, und Heinrich sich ausgiebig von seiner Mutter verabschiedet hat, verlassen sie die Anwaltskanzlei. „Tut mir Leid, dass ich dich so lange mit Michael alleine gelassen hab.“, meint Alexander und schließt das Auto auf. „Och, nicht schlimm.“, entgegnet Heinrich mit einem Grinsen. „Er hat mich schon nicht angeknabbert.“ „Zu seinem Glück!“, bemerkt Alexander drohend und steigt ebenfalls ein. Heinrich grinst nur. „Was hast du denn mit ihm geredet?“, will Alexander wissen, bevor er den Motor startet. „Hm, ich hab ihm gesagt, dass er meine Mutter nicht unglücklich machen soll, sonst bekommt er es mit mir zu tun.“ Alexander schaut den Jungen erstaunt an. „Nicht wirklich?!“ „Doch. Ich find ihn richtig nett, er Mama auch, und sie ihn ebenfalls, ich seh das.“ Alexander nickt. „Gut, wenn du meinst. Wir werden das weiter verfolgen, ja?“ „Aber bitte!“ Alexander schließt die Haustür und schmeißt den Schlüssel auf die Kommode. Gleich greifen seine Hände nach der Krawatte, aber Heinrich hält ihn sofort auf. „Halt!“, ruft er und packt Alexanders Handgelenke. Mit einem verschmitzten Lächeln sieht er zu seinem verwirrten Freund auf. „Was denken Sie denn, Herr Professor, wieso ich Ihnen die Krawatte gebunden hab?“ „Öhm…“ „Ich will sie Ihnen natürlich auch wieder ausziehen.“ „Ah…“ „Aber als allerletztes.“ -------------------- So, ich glaub das muss für die nächsten vier Tage reichen, da ich ab morgen im Prüfungsstress bin ^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)