Venia Legendi Eudaimonía von KaethchenvHeilbronn (Die Erlaubnis zu lehren wie man glücklich ist) ================================================================================ Kapitel 25: ------------ Alexander stellt das Weinglas auf dem Tisch ab – Heinrich hat dieses Mal eine Cola bekommen. „Ich räum ab.“, sagt der Professor grinsend und schiebt die zwei Pappbecher zusammen, in denen vorhin der asiatische Lieferservice das Essen gebracht hat. Heinrich schüttelt den Kopf, als Alexander stolz die beiden Becher in den Abfalleimer wirft. „Wir sollten am Wochenende mal was Gescheites zusammen kochen.“, schlägt der Junge vor. „Bist du da nicht bei deinem Freund?“ „Hm, vielleicht.“ Heinrich macht sich auf den Weg ins Wohnzimmer. „Ich will heute Abend eine DVD gucken, geht das?“ Alexander folgt ihm. „Ja, wieso nicht.“ „Dann such ich mir eine aus!“, verkündet Heinrich und kniet sich vor den DVD-Schrank. Alexander setzt sich erstaunlich ruhig aufs Sofa, dabei ärgert er sich jetzt schon, dass er diese unsägliche DVD doch nicht weggeschafft hat… „Oh, Sie haben alle Stirb langsam?!“ „Jap.“ „Finden Sie den auch so gut, wie alle anderen behaupten?“ „Naja, so berauschend sind die Filme wirklich nicht, wie alle immer tun.“ Heinrich nickt eifrig. „Vor allem sieht der Typ nicht gut aus.“ Alexander muss lachen. „Oh, was ist denn– “ Na, bitte. Es musste so kommen. „Ah“ Unsicher blinzelnd sieht Heinrich zu seinem Professor auf, die DVD mit dem alles erklärenden Cover in der Hand; seine Wangen färben sich gleichmäßig rötlich. Alexander räuspert sich. „Ein Schwulenporno. Hab ich geschenkt bekommen.“ Er lacht nervös. „Hört sich jetzt so an, als müsste ich mich rechtfertigen.“ Heinrich versucht, Alexander in die Augen zu sehen. „Nein, das…das müssen Sie nicht.“, meint er nervös. „Haben Sie…das schon mal angeschaut?“ „Ja, ich geb zu, ich war neugierig.“ „Und?“ Alexander lacht. Er darf jetzt nichts Falsches sagen, was sie wieder in so eine eigentlich zu vermeidende Situation bringen könnte. „Sagen wir’s so: Ich kann ihn dir weiterempfehlen, schlage aber für heute Abend was anderes vor.“ Das ist gut gelungen. Heinrich nickt und stellt die DVD wieder zurück in den Schrank. „Oh, dann schauen wir einen Indiana Jones!“ „Hm, das ist gut.“ Glücklich nimmt der Junge die DVD aus der Hülle. „Ich liebe diese Filme.“ Alexander will einen Kommentar dazu machen, irgendetwas mit dem Altersunterschied zwischen Harrison Ford und Heinrichs Schulfreund, aber da klingelt das Telefon. „Oh, entschuldige.“ Er steht auf und nimmt ab. „Humboldt?“ Es ist Frau Körner, die unten im Erdgeschoss wohnt. Sie ist eine liebe alte Frau, ruft öfters mal bei ihm an, wenn etwas ist. Alexander hilft ihr gerne, obwohl sie schon einmal die Polizei alarmiert hat, als sie beobachtet hat, dass ein kräftiger Mann in Lack und Leder zu ihm in die Wohnung ist. (War mal so ne Phase von ihm damals…keinen weiteren Kommentar…) Die Sache jedenfalls war zwar etwas peinlich, aber konnte geklärt werden. Frau Körner glaubt so heute immer noch, dass sie ihn wirklich vor einem Schläger bewahrt hatte… Alexander legt auf und wendet sich Heinrich zu. „Das war die ältere Frau, aus dem Erdgeschoss. Sie braucht kurz Hilfe, ich bin gleich wieder zurück.“ „Okay.“ „Du kannst ja schon mal die DVD einlegen und von mir aus auch schon anfangen.“ Heinrich nickt ihm lächelnd zu, bevor Alexander sich den Wohnungsschlüssel in die Hosentasche steckt und sich auf den Weg nach unten macht. Es war die Waschmaschine, die komisch geblinkt hat. Frau Körner hat ihm erzählt, dass ihr Enkel ihr immer so neue Geräte anschleppt, ihr aber nie richtig erklären würde, wie man diese bedient. Nachdem Alexander ihr mitgeteilt hat, dass das rote Licht Ablauf reinigen anzeigt, eben diesen gesucht und gereinigt hat, steht er nun bei ihr im Bad und wäscht sich die Hände. „Sie können sich die Kekse mitnehmen, die im Wohnzimmer stehen.“ „Ach, das ist nicht nötig.“, winkt Alexander ab. Sie will ihm immer etwas aufschwätzen. „Als Dank, Junge. Bitte nehmen Sie sie mit. Wenn Sie nichts Süßes mögen, ich glaub ich hab irgendwo auch noch einen selbstgebrannten Schnaps von meinem Mann…“ „Na gut, ich nehme die Kekse. Aber es wäre wirklich nicht nötig gewesen.“ Also verlässt Alexander nun mit der Schachtel Kekse in den Händen die Wohnung der wieder glücklichen Witwe. Als er die Treppen hinaufläuft, fragt er sich, ob Heinrich wohl gerne Kekse isst. Bei ihm stehen sie immer nur herum. Vor seiner Wohnungstür angekommen, fischt er in seiner Tasche nach dem Schlüssel. Das hat jetzt doch etwas länger gedauert. Bestimmt hat der Junge schon angefangen. Aber nicht schlimm, er kennt den Film ja schon fast auswendig. Als er die Tür öffnet, will er gerade ankündigen, dass er etwas mitgebracht hat, aber da stellt er fest, dass die Geräusche, die soeben verstummt sind, nicht wirklich zu einem Indiana Jones Film gepasst haben. „Heinrich?“ Er betritt das Wohnzimmer, wo der Junge panisch und mit hochrotem Kopf mit einer DVD-Hülle hantiert. „Du hast doch nicht…“ Alexander muss grinsen. „E-es tut mir Leid, ich wollte nur…“, stammelt Heinrich. Kaum hat er die peinliche DVD zurück in den Schrank gestellt, legt er die Hände krampfhaft in den Schoß. „Schon gut.“, meint Alexander und zwingt sich dazu, aufzuschauen. „Ich…ich geh unsere Gläser holen. Du kannst ja dann die richtige DVD einlegen.“ Damit verschwindet Alexander in der Küche. Er stellt die Keksdose auf dem Tisch ab und atmet erst einmal richtig durch. Der Kleine hat ausgesehen, als wolle er weinen, so peinlich ist ihm das. Alexander hätte ihn nur zu gerne da vom Boden aufgehoben und ihn fest an sich gedrückt. Er versucht sich zu erinnern, was Heinrich wohl gesehen hat. Wenn er von Anfang angefangen hat, dann…in fünfzehn Minuten…? Aber Alexander fällt nur noch ein, beim Anschauen enttäuscht darüber gewesen zu sein, dass es zwei große, muskulöse Männer waren, die diese Sachen miteinander taten. Gar nicht sein Typ…Und wohl schon gar nicht Heinrichs Typ. Ob das, was sein Student da gesehen hat, ihn wohl eher verschreckt hat? Als Alexander mit den Gläsern und der Keksdose wieder das Wohnzimmer betritt, läuft der Vorspann zu Indiana Jones. Heinrich sitzt in der äußersten Ecke des Sofas und seine Wangen glühen immer noch. „Hey, es ist nicht schlimm, Heinrich.“, meint Alexander und lächelt ihn an. „Du musst dich nicht dafür schämen. Ich hab doch gesagt, ich empfehl ihn dir weiter.“ Als er dem Jungen zuzwinkert, legt sich endlich ein zaghaftes Lächeln auf dessen Gesicht. Heinrich seufzt. „Der Film geht immer viel zu schnell rum.“ Alexander grinst seinen Studenten an. „Besonders die Szene auf dem Schiff, hm?“ Heinrich verdreht die Augen. „Wenn diese blöde Frau nicht wäre, hätten Sie vielleicht sogar Recht.“ Alexander schlägt die Beine übereinander und legt einen Arm auf der Sofalehne ab. Er spricht, ohne nachzudenken. „Darf ich fragen, wie dir die ersten fünfzehn Minuten gefallen haben?“ Heinrich weiß sofort, dass sein Professor nicht den Indiana Jones Film meint. „Na ja…“, fängt der Junge verlegen an. Er kratzt sich an der Nase und vermeidet den Blickkontakt. „Ich wollte nur fragen, weil…“, fängt Alexander an. „Weil, ich nehme an, durch deinen Vater…Du hast noch nicht so viel Erfahrung, hm?“ Heinrich zieht seine Beine hinauf aufs Sofa. „Eher…gar keine.“, nuschelt er. „Aber…“ Alexander schaut den Jungen abwartend an. „Aber ich weiß, dass ich…der…“ Zögerlich sieht Heinrich zu seinem Professor auf. „Also, dass ich der Eromenos wär. Auch wenn…man sagt ja, dass es wehtun soll, am Anfang…Ist das so?“ Alexander braucht eine Weile, bis er antworten kann. Ihm ist gerade erst klar geworden, was „gar keine“ bedeutet. „Das…Ja.“, sagt er schließlich nickend. „Ich war…Moment…ich glaub, ich war damals Siebzehn und hab dem Typen weismachen können, dass ich Neunzehn sei. Es tut weh am Anfang, aber wenn dein Partner es richtig macht, dann legt sich der Schmerz mit der Weile und dann fühlt es sich richtig gut an. Natürlich tut dann danach vielleicht eine Weile das Sitzen weh, oder du merkst es beim Laufen…aber das ist nur beim ersten Mal so extrem.“ Heinrich nickt verhalten. Alexander lächelt ihn an. „Ich hoff, ich hab dir jetzt keine Angst gemacht. Dein Freund wird schon liebevoll mit dir umgehen.“ Anders als ich, denkt Alexander. „Meinen Sie?“ „Ja, sicher. Wenn er auch nur ein bisschen an Männern interessiert ist, wirst du mit ihm zusammenkommen. Und es ist wohl das Beste, wenn du dein erstes Mal mit einem Gleichaltrigen hast, der dich liebt.“ Heinrich nickt wieder. Alexander weiß, dass es immer schwieriger wird, Abstand von dem Jungen zu halten, aber immer wichtiger. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)