Venia Legendi Eudaimonía von KaethchenvHeilbronn (Die Erlaubnis zu lehren wie man glücklich ist) ================================================================================ Kapitel 21: ------------ „Soll ich dich stützen?“ „Nein, es geht. Nach dem Essen bin ich gestärkt. Tut fast nichts mehr weh.“ Skeptisch betrachtet Alexander den Jungen, wie er sich doch mit einiger Mühe die Treppen zum Parkplatz hinabkämpft. Er persönlich ist nicht so überzeugt davon, dass das Frühstück in der Cafeteria des Krankenhauses solche Wunder wirken kann… „Hast du dir die Tabletten mitgeben lassen?“ „Ja, alles eingesteckt, noch bevor die Polizisten da waren.“ „Gut.“ Alexander hält Heinrich die Beifahrertür auf. Bevor der Kleine protestieren könnte, schnallt er ihn an. Als Alexander auf dem Fahrersitz Platz nimmt, betrachtet er seinen Studenten eindringlich. „Wir sollten zu dir nachhause, wenigstens das Nötigste schon mal mitnehmen. Vor allem neue Kleider; das, was du jetzt trägst, ist sogar zerrissen.“ Heinrich lacht. „Ihr Hemd sieht aber auch nicht besser aus.“, meint er und deutet auf das angetrocknete Blut. „Oh.“ Es ist sicherlich für beide seltsam, als sie in den ruhigen, verlassenen Hausflur treten. „Eigentlich wollte ich gar nicht mehr herkommen.“, flüstert Heinrich, als wenn er sich davor fürchtet, laut zu sprechen. Sie vermeiden es, das Wohnzimmer zu betreten, und machen sich auf den Weg nach oben. Heinrichs Zimmer sieht so aus, wie er es Montagabend verlassen hat, als sein Vater nach ihm gerufen hat. Unter seinem Schreibtisch holt Heinrich einen Korb hervor. „Hier tun wir am Besten alles rein.“, meint er und beginnt seine Sachen zusammenzusuchen. Er packt seinen Laptop ein, sein Mäppchen und einige weitere Sachen vom Schreibtisch, das Bild auf seinem Nachttisch, auf dem er in den Armen seiner Mutter zu sehen ist… Dann durchforstet er seinen Kleiderschrank, wirft Alexander einige Sachen zu. „Da, halten Sie mal kurz. Und das noch. Und…“ Der Professor versucht zu ignorieren, dass auch einige Unterhosen in seinen Armen landen. „Meinst du nicht, das reicht erstmal?“, fragt er, als er schon fast nicht mehr alles heben kann, und Heinrich zeigt sich tatsächlich gnädig. Schließlich sammelt er noch einige Sachen aus dem Bad zusammen und wirft sie in den Korb, mit dem er unterm Arm hinter Alexander das Haus wieder verlässt. Nachdem er abgeschlossen hat, widersteht er dem Drang, den Schlüssel fortzuschmeißen. Es liegen noch einige wertvolle Bücher in seinem Zimmer. Alexanders Wohnung ist die einzige im dritten Stock: Geräumig, modern eingerichtet, hell durch die schrägen Dachfenster, und ziemlich unordentlich. „Entschuldige bitte, wie’s hier aussieht. Ich hatte nicht mit Besuch gerechnet.“, meint Alexander verlegen und begibt sich mit dem Wäscheberg Heinrichs erst einmal in sein Schlafzimmer. Sein Student folgt ihm und betrachtet mit einer Mischung aus Begeisterung und Schüchternheit das ungemachte Bett. „Das…Ihr Bett ist ja riesig!“ Alexander geht auf diesen Kommentar sicherheitshalber nicht ein. „Ist vielleicht etwas ungeschickt, aber hier im Kleiderschrank hab ich als einziges noch Platz für deine Sachen. Ist das okay?“ „Was? – Ja ja, natürlich. Ich bin nur Gast, das bestimmen Sie. Darf ich gleich einräumen?“ Alexander nickt. „Ich werd derweil mal schauen, ob ich dir mein Büro zu einem Schlafplatz umfunktionieren kann.“ Und ob er noch eventuelle Peinlichkeiten entfernen kann. Damit macht sich Alexander auf den Weg durch den Flur, wo er damit beginnt, die dreckige Wäsche vom Wochenende aufzusammeln und in die Waschmaschine im Bad zu stopfen. Gleich im Bad angekommen, macht er auch dort Klarschiff. Dann läuft er noch prüfend durch Küche und Wohnzimmer, wo er kurz grübelt, ob er den Schwulenporno, den er einmal von einer Wochenendbekanntschaft aus Spaß geschenkt bekommen hat und der jetzt zwischen den anderen DVDs im Schrank steht, verstecken soll, entschließt sich letztendlich doch dagegen. Sein Büro ist noch der mitunter ordentlichste Raum, da er sich dort auch ziemlich selten aufhält. Da seine Vormieter ein Ehepaar mit dreizehnjähriger Tochter waren, steht immer noch das Bett im Zimmer, auf dem sich Alexanders Akten stapeln. Er räumt die Ordner in den Schrank, wo sie eigentlich hingehören, und bringt auch den Schreibtisch in Ordnung. Kaum hat er Decke und Kissen vom Sofa geholt und aufs Bett geschmissen, ruft Heinrich nach ihm: „Herr Professor Humboldt, wo sind Sie?“ Alexander hätte dem Jungen schon längst das Du angeboten, müsste er nicht so gut es geht Distanz wahren – und würde ihn nicht jedes Mal ein wohliger Schauer überkommen, wenn der Kleine ihn so nennt. Alexander wirft sich das Handtuch über den Kopf und reibt sich die Haare trocken. Normalerweise würde er jetzt so das Bad verlassen und sich im Schlafzimmer neue Sachen raussuchen, aber Heinrich will er das lieber nicht antun. Also schlüpft er in seinen Bademantel, um sich auf den Weg zu machen, während sein Student gerade damit beschäftigt sein müsste, sich im Büro einzurichten. Nachdem Alexander sich eine Jeans und ein T-Shirt angezogen und das blutverschmierte Hemd im Waschbecken eingeweicht hat, will er doch mal nach dem Kleinen schauen. „Heinrich? Du bist so still, was…“ Ein zärtliches Lächeln legt sich auf sein Gesicht, als er das Büro betritt: Heinrich liegt schlummernd auf dem Bett, der Korb steht ausgeräumt auf dem Boden. Er kann verstehen, dass der Junge so geschafft ist. Alexander kann nicht anders und kniet sich zu ihm, um das schlafende Gesicht betrachten zu können. Er hört Heinrich leise atmen, sein Mund ist leicht geöffnet, einige schwarze Haarsträhnen fallen ihm in die langen Wimpern. Ein Engel. Oder Schneewittchen. „Ich werd dir helfen, Kleiner.“, flüstert Alexander, hebt eine Hand, um die zarte Wange zu berühren, nimmt sie doch wieder zurück. „Wir werden nicht aufgeben, bis dein Prinz dich irgendwann wachküsst. Versprochen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)