Destiny von Indy (Prince of Yago) ================================================================================ Kapitel 6: Gone --------------- „WAIT!“ Noch bevor er seine Hand ausstrecken konnte, war die zierliche Silhouette, die er in den Schatten erkannt hatte, bereits ins Nichts verschwunden. „Come back here!“ Er versuchte sich zu erinnern, was der Wachtrupp gesagt hatte, dem er nur mit halbem Ohr zugehört hatte. „Are you Farah?“ Keine Antwort. Keine Regung in der Dunkelheit. Sie konnte noch nicht weit sein, aber trotz seiner Wolfsaugen hatte der Yagono Probleme, Genaueres auszumachen. Er legte seine Hand auf den kalten Stein der uralten Mauer, die er selbst aus seiner Gegenwart noch kannte. Sie war zur inneren Stadtmauer geworden und die Stadt war um sie herum gewachsen, aber es war die gleiche Mauer, auf die er als Kind immer zu klettern versucht hatte. Und er war genauso erfolglos gewesen, wie heute. Hektisch, um die einzige Spur nicht zu verlieren, die er hatte, glitten seine Fingerspitzen über kleine Ritzen, aus denen der Mörtel bröckelte, über nichtssagende Risse in den kunstvollen Steinen mit den altyagonischen Mustern – und schließlich... versanken die in einer Nische. „Qué...?“ Gerade steckte er den ganzen Arm hinein, weil sie sich als zu eng für seinen Oberkörper entpuppte, als er auch schon den Schmerzensschrei unterdrücken musste. „Wenn du mir zu nahe kommst, beiß' ich nochmal!!“, drohte eine zittrige, weibliche Stimme aus dem nirgendwo. Etwas an dieser Ankündigung ließ Elijah seinen Arm zurückziehen. Nicht, dass er glaubte, dieses Mädchen könne ihm irgend etwas anhaben (ihrem ängstlichen Tonfall nach zu urteilen, glaubte sie das selbst nicht), aber irgend etwas war komisch. Und zwar, dass sie nicht Yagowha gesprochen hatte, sondern Basic. „Eyleane?!“ Aus der Nische in der Wand kam eine kleine Gestalt gerade zu herausgestürzt, als sie die Stimme des Eindringlings erkannte. „Eli! Der Macht sei Dank! Ich dachte schon, ich wäre ganz alleine und du einer dieser Soldaten! Sie sind überall und immer hinter mir her!“ Der Wortschwall wurde nur von ihrem gelegentlichen Schluchzen unterbrochen und der Yagono wartete lieber bis sie sich etwas beruhigt hatte, bevor er das Wort an sie richtete. „Sie behaupten, ich wäre eine Sklavin und gehöre irgend so einem Prinzen. Sie halten mich für eine Prinzessin namens Farah... Ich hatte solche Angst, als sie sagten, dieser Prinz käme heute Nacht, da habe ich einen Bogen gestohlen und bin weggelaufen.“ „It's alright, I'm here now“, erwiderte Elijah nur und streichelte dem aufgelösten Mädchen einmal kurz über den Kopf, bevor er ihr mit einer Handbewegung zu verstehen gab, von nun an lieber leiser zu sprechen. „And that prince you were talking about is probably Logan.“ „Logan? Ist er auch hier?“ Eyleane war sichtlich verwirrt und Elijah musste gestehen, dass er das auch wäre, wenn er so wie sie aufgewacht wäre: Mit sehr knappen, nordyagonischen, rotgoldenen Gewändern, die Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden und barfuß, nur mit Goldringen an Händen und Füßen. Na schön, Elijah wäre noch viel verwirrter gewesen, aber auch nur, weil ihm dieser Frauenfummel ganz sicher nicht stehen würde. „I'll tell you, what I know so far, but I'll make it short“, seufzte er und berichtete dem Mädchen von den Geschehnissen bisher, von ihren Mutmaßungen und dem wahnwitzigen Plan, in den Palast von Vilar Azair einzubrechen, um die Prinzessin und ihren Leibwächter zu suchen. Was er ihr verschwieg war jedoch sein Grund dafür; statt ihr zu erzählen, dass sie womöglich die Geschichte ändern und die Familie Kaminaga entthronen würden, behauptete er, dass es schlichtweg darum ginge, dass Tali ziemlich überzeugend dafür argumentiert hatte, dass Prinzessin Tamina samt Anhang womöglich zu ihrer Gruppe der unfreiwillig Zeitreisenden gehörte. „Wir müssen Stix, Logan und Tali helfen!“, rief Eyleane sofort, noch bevor der Mann ganz geendet hatte. „Wer weiß, was sie mit ihnen machen. Verräter werden doch bestimmt schwer bestraft, ob sie jetzt Prinzen sind oder nicht! Eli, worauf wartest du denn?“ Mit bedauerndem Gesichtsausdruck schüttelte der Angesprochene den Kopf. „Traitors are executed. Even in nowadays. But the best way to help them is keeping to the plan and rescuing as much of our group as we can. The more we are, the greater the possibility to save them. We've got the whole central-yagonian empire against us, if we walk in there and tell them to free Garsif, Taz and Bys!“ Einen Moment hielt er inne, nachdem er das gesagt hatte. Die plötzliche Erkenntnis erschreckte ihn, dass er gerade ohne zu Zögern nicht nur gelogen hatte, sondern seine Pläne, Salomé zu stürzen, über das Leben dreier seiner Kameraden stellte. Dass Ayana wieder leben könnte, seine Fehler ungeschehen gemacht würden, war ein so überwältigendes Gefühl, dass er dafür ohne mit der Wimper zu zucken seine Seele verkauft hätte. Aber die Seele von drei anderen Sikar, die sich auf ihn verließen? Nein, das konnte er nicht tun. Aber was war die Alternative? Die Front der Belagerer durchbrechen und zusammen mit Eyleane gegen ein ganzes Heer antreten? „Also zuerst diese andere Prinzessin finden und hoffen, dass sie eine von uns ist?“ Eyleane war nicht gerade begeistert von dem Gedanken, so lange mit der Rettung ihrer Freunde – insbesondere Logan – zu warten. Und Elijah mittlerweile auch nicht mehr. Was mit seiner Frau geschehen war, bereute er bis heute – aber er hatte keine Lust, das selbe noch einmal bei seinen Freunden durchleben zu müssen, weil er sich einem Hirngespinst hingegeben hatte. „No matter who she is, she has got the city of Vilar Azair on her side. We need someone like that to turn against King Sharaman.“ Und sie würden gleichzeitig Ayana retten. Das war die einzige Möglichkeit. Und die beste obendrein. Elijahs Entschluss war gefasst. Das Mädchen schluckte. Egal wie hart es sein mochte, es war tatsächlich ihre einzige Hoffnung, wenn man es so betrachtete, das sah sie ein. „Was müssen wir tun?“ „We have to get into the city. Cross the wall.“ Mit dem Kopf machte er eine Bewegung zu den Mauern, in deren Schutz sie sich gerade vor den Wachen versteckten, die noch immer irgendwo nach der entlaufenen Farah suchen mussten. Eyleanes Augen wurden groß. „Da drin? Da war ich vorhin.“ „WHAT?!“, entfuhr es dem Dungaa, obwohl er genau wusste, wie wichtig es gerade jetzt war, still und unauffällig zu bleiben. „How the Sith did you get in there?!“ Sie deutete auf den Spalt, in den Elijah eben seine Hand gesteckt hatte und aus dem Eyleane herausgekrochen war, als sie seine Stimme erkannt hatte. „Das Loch geht durch die Mauer durch. Ganz.“ Mit wachsender Begeisterung betastete und besah Elijah die kleine Lücke in der Wand, als ob sie ein Neugeborenes wäre, das jetzt alle Aufmerksamkeit seines Vaters brauchte. Aber die Informationsausbeute war ernüchternd: Er würde nie – niemals! - durch diesen Spalt passen. Und wenn er sich noch so quetschte. „'Tschuldigung, dass ich dir in die Hand gebissen habe“, nuschelte das Mädchen neben ihm aus heiterem Himmel, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und sah betreten zu Boden, als beichte sie ein Kapitelverbrechen. „Qué? Ah, si, si. Are you sure you fit in there?“ „Natürlich, ich komme doch gerade da raus!“ „Okay, listen. I need you to sneak in there and find something to get me across the wall, too. A way up the wall, so you can let down a rope or anything. Can you do that?“ Eyleanes Tonfall war unsicher, aber doch nicht völlig mutlos. „Ich kann's versuchen.“ Und schon war das Mädchen in der Nische verschwunden. Elijah konnte nur hoffen, dass alles gutging. Wer wusste schon, was hinter diesen Mauern geschah? „Was habt Ihr zu Eurer Verteidigung zu sagen?“ Mit dem Kopf leicht geneigt, ein Bein über die Lehne seines Throns geworfen betrachtete er einen Apfel, den er kurz an seinem goldblauen Hemd abwischte, bevor er einen laut knackenden Bissen nahm. König Sharaman war alles andere als an seinen beiden abtrünnigen Söhnen interessiert. Deshalb übernahm der Großwesir das Verhör. Nizam. Tali hätte ihm am liebsten das Gesicht umgestaltet, aber das würde ihre Lage wohl auch nicht besser machen. „What I gotta say? That I'm not a fucking prince. And I don't give a SHIT if you believe me.“ „Du bist also nicht Garsif?“ „No, I'm not Garsif“, spie sie ihm entgegen und hätte ihm sicher auch einen Kinnhaken verpasst, wenn er nicht zu weit weg gewesen wäre. „I'm not even a guy, you fucking idiot!“ Logan hatte augegeben, Tali beruhigen zu wollen. Er stand nur da, zwischen den Wachen und sah den Wesir an, da er von dem König nicht viel zu erwarten hatte. Nizam aber würdigte ihn keines Blicks. Wahrscheinlich nahm er sich erst Prinz Taz vor, wenn er mit Garsif fertig war, schätzte Logan. Sharamans Schwert stand unbeachtet in der Ecke. Sollte alles aus dem Ruder laufen, wusste er, was er zu tun hatte. Er hoffte, dass es nicht dazu kam. Nizam trat einen Schritt näher zu Tali und musterte sie noch abfälliger als zuvor. „Eine Frau? Tatsächlich.“ Seine Stimme knarrte wie eine alte Tür. Türen sind zum Zuschlagen da, dachte die Kopfgeldjägerin. „Wer Ihr auch seid. Ein Verräter seid Ihr in jedem Fall.“ „You can't betray someone you've never been loyal to. Let us go and find your fucking princes yourself!“ „Ihr habt eine ziemlich lose Zunge. Vielleicht sollte man sie Euch abschneiden.“ „Fuck you!“ „Es ist genug, Tali“, schaltete sich Logan ein. Er zweifelte nicht daran, dass Nizam seine Warnung wahr machen würde. Die Kopfgeldjägerin sah Logan nicht an und er sie auch nicht, und doch war er sich sicher, dass ihr Blick in diesem Moment Bände sprach. Er konnte es ihr nicht verdenken. Aber die Situation war schlimm genug, auch ohne dass sie sich mit dem Großwesir anlegte, der ihr Schicksal in der Hand hatte. „Und Ihr“, wandte sich besagter Yagono jetzt doch an den Mann, den er für Taz halten musste. „seid Ihr auch kein Prinz?“ Darauf wusste Logan keine Antwort. Machte es überhaupt einen Unterschied, ob er nun die Wahrheit sagte, oder log? Das Wasser stand ihnen bereits bis zum Hals. „Ich bin kein Verräter“, antwortete Logan ruhig. „Das entscheidet Ihr nicht“, entgegnete Nizam. „Oh, so YOU just walk around calling us traitors if you want to? You know what? I don't give a fuck about what you say! Fuck you!“ Nizam verzog den Mund zu einem blutleeren Strich. Logan war sich nicht sicher, ob es ein Lächeln oder ein Zeichen der Empörung war. Es kam ihm vor, als dauerte diese Sekunde, in der seine Lippen beinahe verschwanden, eine Ewigkeit und ein seltsames, flaues Gefühl schoss sein Rückgrat hinauf, bis in seinen Kopf. Am liebsten hätte er geschrien, noch bevor der Großwesir den Befehl gab. „Tötet sie.“ „NEIN!“ Logan machte einen Schritt und lehnte sich nach vorne. Aber er war nicht sicher, ob er nach dem Schwert des Königs greifen, oder Tali mit sich reißen wollte. Und diese Sekunde des Zögerns machte die Entscheidung unwichtig. Der Säbel eines Dungaas ragte aus ihrer Brust, als sie gerade die Faust gehoben hatte, um sich zu wehren. Ungläubig starrten Tali und Logan auf die silberne Metallspitze, von der unendlich langsam ein zähflüssiger roter Tropfen auf den Boden fiel. Noch bevor sein Verstand überhaupt wieder richtig denken konnte, hatte Logan schon das Schwert in der Hand und schwang es über dem Kopf. Jetzt sprang sogar König Sharaman auf. Nizam hob den Stab, den er bei sich hatte, als habe er Angst, dass Logan auf ihn losgehen könnte, doch das einzige, was der noch tun konnte, war zu fliehen. Die Klinge riss mühelos ein Loch in die dicke Zeltwand und Logan stürzte hindurch als wäre der Teufel persönlich hinter ihm her. Er wollte Tali nicht zurücklassen, aber es war zu spät. Das wusste er. Er konnte nichts tun, als um sein Leben rennen und hoffen, dass Stix noch lebte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)