Behind Closed Doors von Fairytale_x3 (can you find the truth?) ================================================================================ Kapitel 5: doomed ----------------- Kapitel 5: doomed Misstrauisch beobachtete Daniel die Auseinandersetzung zwischen Sarah und Alex. Nun, wenn man es genau nahm, war es eher Alex, der auf Sarah einredete. Die Blonde gab ab und an ein Nicken von sich, aber schwieg die meiste Zeit. Ein Gespräch, wie es beinahe täglich ablief. Egal, was es war, Sarah konnte es ihm nicht recht machen, er hatte immer etwas an ihrer Arbeit auszusetzen. Und wenn etwas schief lief, war sie die Erste, die verantwortlich gemacht wurde. „Wie oft habe ich euch beiden Gehirnakrobaten eigentlich schon gesagt, dass ich zu informieren bin, bevor ihr auf eigene Faust loszieht?“, wetterte er mit lauter Stimme. Daniel blieb, im Gegensatz zu Sarah, die den Kopf einzog und verschüchtert die Schultern zuckte, völlig unbeeindruckt. „Das Erste, was ihr zu tun habt, bevor ihr irgendetwas unternehmt, ist mir Bescheid geben. Verstanden?“ Doch mit dem Nicken der beiden war es nicht getan. „Und du, Sarah“, er wandte sich der Blonden komplett zu und blickte ihr mit funkensprühenden Augen entgegen, als wolle er sie erdolchen. „Du bist hier die Frau. Sei ein einziges Mal vernünftig. Deine auflehnende Art hat hier nichts zu suchen, kapiert?“ Alex Kopf lief puterrot an, je länger er sich in Rage redete. Getroffen starrte Sarah auf den Boden. Daniel wusste, dass sie in diesem Moment mit den Tränen kämpfte. „Ich habe gefragt, ob du mich verstanden hast.“ „Ja.“ „Gut. Dann könnt ihr jetzt gehen.“ Daniel wandte sich bereits zum Gehen, als Sarah sich erneut ihrem Chef zuwandte. „Mehr unternehmen wir nicht? Außer warten?“ „Jetzt hör mir mal zu, Schätzchen. Wenn wir wegen jedem Furz rennen würden, hätten wir viel zu tun. Und dafür ist mir meine Zeit zu kostbar. Ein Mädchenschrei im Wald, das ist kein Grund für ein Polizeiaufgebot. Was hast du an der Polizeischule eigentlich gelernt, außer Däumchen drehen?“ Seine Rede, die er noch hatte weiterführen wollen, wurde von Molly unterbrochen, die nachdem sie geklopft hatte, das offen stehende Büro betrat. „Entschuldigen Sie die Störung, aber vor kurzem ging ein Anruf von einer Spaziergängerin ein, die im Wald eine Mädchenjacke gefunden hat, an der sich Blut befand. Die Kollegen von der Spurensicherung sind bereits vor Ort und gerade meldete eine Frau eine Vermisstenanzeige.“ Sarah war sich sicher, in Alex Gesicht einen Moment Verwirrung zu sehen. Diese verschwand allerdings genauso schnell, wie sie gekommen war und machte dem gewohnt beherrschten Gesichtsausdruck Platz. „Gut. Daniel und ich fahren dort hin.“ „Und ich?“ Sarah blickte ihm hoffnungsvoll entgegen. Er schnaubte verächtlich: „Du nimmst dir die Vermisstenanzeige vor. Und danach kannst du mit Elenas Akte weiter machen, es kamen neue Dokumente an. Falls du es vergessen haben solltest, starb vor zwei Tagen ein junges Mädchen und wir wissen nicht, ob sie das einzige Opfer war.“ Daniel warf Alex einen missbilligenden Blick zu, den dieser gekonnt ignorierte und verließ ohne ein Wort des Abschieds den Raum. „Soll ich dich nachher mit nach Hause nehmen?“, fragte Daniel seine Kollegin, die, mit ihrer Fassung ringend, aus dem Fenster starrte. Es verletzte sie unglaublich tief, ständig als fünftes Rad am Wagen behandelt zu werden, dass keinen Respekt verdient hatte. „Klar“, murmelte sie zurück, ohne den Blick abzuwenden. „Daniel!“ Alex‘ ungeduldige Stimme hallte durch den Gang ins Büro und der Angesprochene seufzte hörbar auf. „Ich muss los. Wir reden später.“ Er strich ihr im Gehen kurz über den Arm und verließ schnellen Schrittes das Büro des Chiefs, um diesem nach draußen zu folgen. In ihm brodelte es gefährlich vor Wut. Er mochte seine Kollegin mehr als ihm lieb war und dass sein Vorgesetzter oftmals so respektlos mit ihr umging, passte ihm überhaupt nicht. Molly, die mittlerweile wieder ihren Platz hinter dem Tresen eingenommen hatte, blickte Alex mit einem anklagenden Blick hinterher. Einige Kollegen schüttelten missbilligend den Kopf. Es war kein Geheimnis, dass Sarah zu Alex‘ Lieblingsopfern zählte und es damit nicht leicht hatte – trotzdem sagte niemand etwas. Keiner wollte seinen Zorn auf sich lenken. Schweigend ließ sich Sarah auf den Ledersitz des Büros fallen, schmiss die beiden Mappen, welche sie bei Molly abgeholt hatte, nachdem Alex und Daniel gegangen waren, auf den Schreibtisch und schlug die Erste auf. Abwesend überflog sie die Informationen, ihre Gedanken kreisten dabei um ihren Chef, gegen den sie eine unglaubliche Wut in sich trug. Sie fühlte sich absolut ungerecht behandelt und hegte den großen Drang ihm all ihre Gefühle ins Gesicht zu schreien. Wie sehr sie ihn liebte. Wie es sie verletzte, dass er sie so behandelte. Wie wütend sie über sein Verhalten war. Völlig egal welche Konsequenzen ihr Handeln für sie haben würde. Nach wenigen Zeilen schlug sie die Mappe mit einem wütenden Aufschrei wieder zu und wippte unruhig mit ihrem Fuß auf und ab, die Uhr an der gegenüberliegenden Wand anstarrend. Fest biss sie sich auf die Lippen, um einen Schluchzer zu unterdrücken und wischte sich schnell mit dem Handrücken über die Augen, um die aufkommenden Tränen zu verbergen. Sie hasste es, wenn ihr vor Wut die Tränen kamen und Molly hatte ihre Ohren überall. Sie wusste um Sarahs Seelenleid und auch wenn sie es gut meinte, war sie die Letzte, mit der Sarah im Augenblick reden wollte. Ein letztes Mal wischte sie sich über die Augen, dann schlug sie die Mappe erneut auf und riss sich zusammen. Immerhin war der Fall von höchster Priorität und diese Vermisstenanzeige hing womöglich mit Elena Wasilenko zusammen. Sie schlug die Mappe mit der Vermisstenanzeige erneut auf und studierte die darinliegenden Informationen genau, anschließend witmete sie sich Elenas Akte. Sie überflog die ersten Dokumente, darunter die Bilder der Obduktion und der dazugehörige Abschlussbericht, den sie schon kannte. Dann kamen die neuen Dokumente, die erst heute eingetroffen waren. Das Schreiben der Schule, die Elena bereits am vorherigen Freitag als unentschuldigt gefehlt gemeldet hatte und die Mitteilung an ihre Eltern. Sarah stutzte. Scheinbar hatte Elena in den letzten Wochen häufig die Schule geschwänzt, ohne, dass ihre Eltern etwas dagegen unternommen hatten. „Merkwürdig, davon haben sie uns gar nichts erzählt“, dachte sie bei sich und blätterte weiter. Bei einem Bericht von Elenas Frauenärztin blieb sie hängen. „Das ist ja äußerst interessant“, murmelte sie vor sich hin, während ihre Augen über die Zeilen flogen und sie wichtige Sätze markierte. Als sie umblätterte fielen ihr einige Ultraschallbilder entgegen. Sie nahm sie an sich und besah sich die Daten genauer. „16. Schwangerschaftswoche.“ Entsetzt riss sie die Augen auf, als sie das Datum der letzten Ultraschalluntersuchung mit dem des Berichtes verglich und sich bewusst wurde, was das zu bedeuten hatte. Die Fahrt verlief schweigend. Daniel bevorzugte es demonstrativ aus dem Fenster zu blicken und somit jede Basis für ein Gespräch direkt im Keim zu ersticken. In seinen Gedanken war er bei Sarah, um die er sich sorgte. Als sie wenig später die Boulevard Street erreichten, konnte man bereits von Weitem die Leute der Spurensicherung in ihren weißen Anzügen sehen, daneben mehrere Streifenpolizisten, die die Umgebung absperrten. Alex parkte den Wagen am Straßenrand und stieg gemeinsam mit Daniel aus. „Guten Abend. Chief Jenkins, mein Kollege Detective Carter“, begrüßte Alex den diensthabenden Officer, der ihm die Hand schüttelte. „Bringen Sie uns bitte zum Fundort.“ Der Mann mittleren Alters nickte bestätigend und führte die beiden in den Wald, dessen geschotterten Weg sie nach kurzer Zeit verließen, um sich durch das Dickicht zu zwängen. Mittlerweile war es absolut dunkel und der Weg ohne Taschenlampen nicht passierbar. Nach einem knapp zehnminütigen Fußmarsch erreichten sie die Fundstelle, die von großen Scheinwerfern beleuchtet wurde. Die Spurensicherung hatte begonnen, den Fundort großräumig abzusperren und die Fundstücke sicherzustellen. Alex nahm die Plastiktüte, in der sich eine Jeansjacke befand, die der Größe nach zu urteilen einem Mädchen gehörte, und begutachtete sie im Scheinwerferlicht. „Am Kragen und an der Schulter befinden sich Blutspritzer. Vermutlich stumpfe Gewalteinwirkung am Kopf. Anders sind die Spritzer nicht zu erklären, sonst weist die Jacke keine oberflächlichen Merkmale auf.“ Daniel leuchtete die nähere Umgebung ab und suchte am Boden nach Fußspuren. „Hier müssen sie lang gelaufen sein, das Gestrüpp ist zur Seite gebogen. Höchstwahrscheinlich handelte es sich um zwei Personen. Der Untergrund ist lehmig und die Profile der Schuhe gut erkennbar.“ Er winkte die Spurensicherung zu sich, die den Boden erst fotografierte und die Abdrückte dann mit Gips ausgoss. „Schickt die Jacke ins Labor, ich will eine Blutprobe und Fotos morgen früh auf dem Schreibtisch haben. Und der Wald ist ab sofort Sperrgebiet. Niemand kommt unbefugt hier rein, bis alle Spuren gefunden sind. Wir können nicht eingrenzen wie weit sie durch den Wald führen“, erklärte Alex an den Officer gewandt, nachdem er die Plastiktüte mit der Jacke zurück zu den Fundstücken gelegt hatte. Der Angesprochene nickte und gab die Anweisungen per Funk an seine Kollegen außerhalb des Waldes weiter. „Daniel, wir gehen.“ Der Jüngere erhob sich aus seiner gebeugten Haltung und gemeinsam mit dem Officer verließen sie die Fundstelle und saßen wenig später im Wagen. Auf der Fahrt zurück drehten sich Daniels Gedanken erneut um Sarah. Er hoffte für sie, dass sie es geschafft hatte, in der kurzen Zeit Informationen über die vermisste Person zu bekommen, ansonsten hätte Alex den nächsten Angriffspunkt und das wollte er ihr um jeden Preis ersparen. Nachdem Alex den Wagen abgestellt hatte, stieg Daniel aus und lief die wenigen Treppen bis zum Eingang hinauf. Sarah lehnte am Tresen und unterhielt sich mit Molly, die Mappe lag vor ihr. Scheinbar schien sie auf ihn zu warten, sie wirkte nervös und ungeduldig. Als sie die Schritte auf dem Parkett wahrnahm, drehte sie den Kopf in seine Richtung und ein Anflug von Freude war auf ihrem hübschen Gesicht zu erkennen, welches im nächsten Moment wieder durch einen gekränkten verdrängt wurde, als Alex hinter ihm eintrat. Bevor er die Möglichkeit hatte, etwas zu ihr zu sagen, ergriff sie die Initiative und ging samt der Mappe auf Alex zu: „Hier, die wichtigsten Informationen habe ich zusammengefasst. Lesen kannst du ja wohl selbst. Wenn es dem Herrn genehm ist, würden wir jetzt gerne nach Hause. Schönen Abend noch, Molly.“ Sie drückte ihm die Mappe in die Hand und lief an ihm vorbei, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen. Auf dem Hof angekommen, sah er sie vor seinem Wagen stehen und schloss diesen auf, worauf sich die Blonde direkt auf dem Beifahrersitz nieder ließ und die Tür zu schlug. Daniel nahm neben ihr Platz und beäugte sie genauestens, doch sie drehte demonstrativ den Kopf von ihm weg. „Sarah, was ist los?“ „Später“, wich sie ihm knapp aus. Mit einem Seufzen startete er den Motor und lenkte den Wagen aus der Einfahrt, um Sarah nach Hause zu fahren. Als er auf ihre Hofeinfahrt fuhr, kam zum ersten Mal Regung in die junge Frau. „Möchtest du noch auf einen Kaffee mit reinkommen?“ Diese Frage überraschte ihn, er konnte sich nicht erinnern, wann er Sarahs Wohnung das letzte Mal von innen gesehen hatte, doch er stimmte nickend zu und folgte ihr wenig später in ihre Wohnung. Der Flur war in einem hellen Orange gestrichen und eingerahmte Urlaubsbilder schmückten die Wände. Sarah entledigte sich ihrer Schuhe und legte ihren Schlüssel auf das gläserne Sideboard. „Geh schon mal ins Wohnzimmer, ich komme gleich“, damit verschwand sie in der Küche und er machte sich daran, das Wohnzimmer zu suchen. All zu groß war die Wohnung nicht und da zwei der Zimmertüren verschlossen waren, blieb nur noch ein Zimmer links von ihm übrig. Er zog sich seine Schuhe aus und ging dann in den angrenzenden Raum. Die Wände waren in einem Gelbton gehalten und in der Ecke stand eine Lampe, die gedimmtes Licht an die Decke strahlte, als er den Lichtschalter betätigte. Nach dem er sich umgesehen hatte, ließ er sich auf dem großen Ecksofa nieder und wartete, bis Sarah wenig später den Raum mit zwei Tassen Kaffee betrat und ihm eine davon reichte. Sie ließ sich auf dem kleineren Teil des Sofas nieder und starrte in ihre dampfende Tasse. Das Gelesene beschäftigte sie und sie stritt mit sich, ob sie Daniel davon erzählen sollte oder ob sie noch warten sollte, bis Alex mit ihnen darüber sprach. Vorsichtig nippte sie an ihrem Kaffee, dann wanderte ihr Blick zur Wand. Ihren Partner, der neben ihr saß und sie nachdenklich musterte, hatte sie längst vergessen. Daniel beobachtete sie einen langen Moment, bis er zu dem Entschluss kam, dass sie kein Gespräch beginnen würde. „Also, jetzt sag, was ist los?“ Sie schreckte aus ihren Gedanken und blickte ihn fragend an. „Was soll sein?“ Er verdrehte die Augen und seufzte auf. „Ich weiß genau, dass dich Alex' Worte vorhin nicht kalt gelassen haben. Das hat so ziemlich jeder mitbekommen.“ Damit hatte er ihren wunden Punkt erwischt, er konnte förmlich sehen, welche Emotionen innerlich abliefen. „Und wenn schon. Ich kann es nicht ändern, immer überflüssig zu sein.“ „Sarah. Das ist Quatsch. Jeder schätzt deine Arbeit.“ „Ja, Daniel. Jeder. Jeder außer Alex!“ Tränen stiegen ihr in die Augen und ließen sie wässrig schimmern. Schnell wischte sie sie davon. Sie wollte nicht wegen ihrem Chef weinen, das hatte er nicht verdient. Anklagend blickte sie zu ihm und wollte damit verhindern, dass er sah, wie sehr es sie schmerzte. Betreten blickte er zur Seite. Er wusste nicht, wie viele Tränen sie bereits für ihren Chef vergossen hatte, aber keine einzige war er wert. Zumindest in Daniels Augen. „Ich möchte lediglich einmal, ein einziges verdammtes Mal, ein Lob aus seinem Mund hören und nicht Beleidigungen und Erniedrigungen. Wieso hasst er mich so?“ Die Tränen fanden ihren Weg über ihre Wangen und benetzten ihr dunkelblaues Oberteil. „Du denkst, er hasst dich?“, stutzte Daniel. „Ich denke es nicht. Es ist so. Wenn es nach ihm ginge, bräuchte ich überhaupt nicht mehr kommen. Es wäre egal!“ „Ach Sarah.“ Er wusste sich nicht anders zu helfen, weshalb er sie in seine Arme zog und ihr beruhigend über den Rücken strich. Es dauerte einige Zeit, bis das Beben ihrer Schultern nachließ und sie sich aus seinen Armen löste. Beschämt drehte sie den Kopf zur Seite und wischte sich mehrfach über das Gesicht. „Entschuldige, ich wollte dir nicht deine Zeit mit meinen Problemen stehlen.“ „Blödsinn. Du weißt, dass du jederzeit mit mir reden kannst.“ Sie lächelte ein wenig und nickte zustimmend. „Danke Daniel, das bedeutet mir sehr viel.“ „Kein Problem. Aber jetzt sollte ich langsam nach Hause, damit du ins Bett kommst, es ist bereits kurz nach zehn.“ Er erhob sich und Sarah tat es ihm gleich. Sie begleitete ihn zur Tür und verabschiedete sich mit einer kurzen Umarmung, ehe Daniel sich auf den Weg nach Hause machte. Unentwegt sah sie zur Straße herunter, auf deren gegenüberliegenden Seite noch immer dieser mysteriöse Mann stand und zu ihr herauf starrte. Es fröstelte sie am ganzen Körper und ein Zittern durchzog sie. Dennoch konnte sie den Blick nicht abwenden. Vollkommen gefesselt von der Situation, bemerkte sie nicht, wie Keith den Raum betrat. „Schatz? Alles okay?“ Heftig zuckte sie zusammen und fuhr herum, die Augen weit aufgerissen vor Schreck, das Gesicht kreidebleich. „Trish!“ Mit wenigen großen Schritten ging er durch den Raum und fasste sie an den Schultern. „Da… Da unten steht ein Mann.“ Er zog irritiert eine Augenbraue in die Höhe und schüttelte leicht den Kopf, dann sah er an ihr vorbei auf die Straße und ließ den Blick suchend umher wandern. Die Straße war verlassen und leer. „Schatz, da unten steht niemand.“ „Er starrt die ganze Zeit zu mir rauf“, flüsterte sie mit panikerstickter Stimme zurück. Er sah ein weiteres Mal nach unten, schüttelte verwirrt den Kopf und zog sie vom Fenster weg. „Die Straße ist verlassen, Schatz.“ Besorgt musterte er ihr bleiches Gesicht. „Aber gerade stand er dort noch!“ Trotzig verschränkte sie die Arme vor der Brust und sah vorwurfsvoll zu ihm auf. Die plötzliche Stimmungsänderung überraschte ihn, dennoch versuchte er die Situation zu entschärfen und streichelte ihr sanft über die Wange. „Das war heute alles ein bisschen viel. Komm, wir gehen runter und dann trinkst du einen Tee und beruhigst dich.“ Ihren Protest ignorierend zog er sie mit sich aus dem Zimmer. In der Küche angekommen, setzte sie sich an den Tisch und beobachtete ihren Freund, wie er Wasser aufsetzte, als seine Mutter den Raum betrat. „Trish, Liebes, wie geht es dir?“ Ann Robinson war eine hübsche Frau mittleren Alters mit langen, dunkelbraunen Haaren und denselben dunklen Augen. Trish lächelte matt zurück. Jetzt zu lügen, wäre unvorteilhaft, Ann bemerkte jede Lüge. „Nicht so. Die letzten Tage waren anstrengend.“ Bemitleidend nickte die Ältere. „Ja, ich habe es in der Zeitung gelesen. Armes Mädchen. Dein Bruder ist an dem Fall beteiligt, oder?“ „Hm. Aber wir sprechen nicht viel darüber.“ Dankend nahm sie die heiße Tasse Tee entgegen, die Keith ihr reichte, bevor er sich neben sie setzte. „Natürlich. Aber zerbreche dir darüber nicht deinen schönen Kopf. Du konntest nichts dafür.“ Bevor sie weiter sprechen konnte, wurde sie von dem Geräusch der ins Schloss fallenden Haustür unterbrochen. „Das wird Andrew sein, er musste heute länger in der Klinik arbeiten.“ Trish nickte verstehend. Andrew war Kinderarzt und Chirurg im städtischen Krankenhaus und zählte zu den besten Ärzten der Umgebung. Mit Kindern konnte er unglaublich gut umgehen. Seine knappen 50 Jahre sah man ihm nicht an. Und im Gegensatz zu seiner Frau und seinen Kindern, hatte er dunkelblondes Haar und grüne Augen. Mit einem Lächeln betrat er den Raum und begrüßte seine Frau mit einem Kuss. „Hallo“, sagte er dann in die Runde und ging zum Kühlschrank, um sich sein Abendessen warm zu machen. „Wo ist Mandy?“ „Auf einem Geburtstag, das weißt du doch. Sie kommt morgen gegen Vormittag zurück.“ „Stimmt, das hätte ich beinahe vergessen. Momentan ist einfach zu viel los im Krankenhaus. Morgen wird es auch spät, wir haben noch eine Besprechung nach Schichtende.“ Ann seufzte auf: „Ist in Ordnung, dann gehe ich mit Sandra in die Theatervorstellung.“ „Tut mir leid. Ein anderes Mal.“ Er setzte sich ebenfalls an den Tisch und begann mit dem Essen. „Gehen wir hoch? Ich bin müde.“ Trish erhob sich von ihrem Platz, nachdem Keith eingestimmt hatte, stellte ihre Tasse in die Spüle und wünschte seinen Eltern eine gute Nacht, ehe die beiden die Küche verließen. Ein schmerzhaftes Pochen drängte sich unaufhörlich in ihren Verstand und ließ sie gequält aufstöhnen. Das Erste, was sie wahrnahm, als sie langsam zu sich kam, war vollkommene Finsternis, durchzogen von flimmernden Lichtern. Sie blinzelte einige Male, die Lichter verschwanden, die Dunkelheit vor ihren Augen dagegen blieb. Nachdem das schummrige Gefühl aus ihrem Kopf gewichen war, setzte sie sich vorsichtig auf und fasste sich an die Stelle, von welcher der Schmerz ausging. Ruckartig zuckte sie zurück, als ein scharfes Stechen ihre Schläfe durchzog. An ihrer Hand klebte eine Flüssigkeit, die eisenhaltig roch und sie verzog angewidert das Gesicht. Sie hasste den Geruch von Blut, er löste Übelkeit in ihr aus. Ihr Magen begann zu rebellieren und sie presste beide Hände auf ihren Bauch, um den Drang sich übergeben zu müssen zu unterdrücken. Nachdem das Übelkeitsgefühl verschwunden war, wanderten ihre Hände vorsichtig über den Boden und anschließend die Wand entlang, um den faserigen Untergrund zu befühlen. Das Material und die muffige, abgestandene Luft im Raum erinnerten sie an eine alte Hütte, wie ihr Grandpa eine besaß. Als sie versuchte aufzustehen, sank sie sofort zurück auf den Boden, da die Schwäche durch ihre Gliedmaßen schoss und ihre Beine lähmte. Nach zwei weiteren erfolglosen Versuchen beließ sie es dabei und versuchte stattdessen auf sich aufmerksam zu machen, indem sie um Hilfe rief. „Hallo? Kann mich jemand hören?“, schrie sie, so laut es ihre trockene Kehle zuließ. „Ich bin hier!“ Sie horchte in die einkehrende Stille, eine Antwort bekam sie nicht. Sie brüllte, solange bis ihre Stimme abbrach und nichts als ein heißeres Krächzen ihre Kehle verließ. Dann gab sie es auf. Es hörte sie ja doch niemand. Fest zog sie die Beine an ihren Körper, schlang die Arme darum und bettete ihren Kopf auf ihre Knie. Der pfeifende Wind verursachte ein leises Knarren und sie zuckte erschrocken zusammen. Angespannt lauschte sie und ihr Herz begann schneller zu schlagen als es erneut knarrte, dieses Mal um einiges lauter. Dann plötzlich Stille. Erleichtert stieß sie die Luft aus ihren Lungen und schloss die Augen, als etwas mit großer Wucht von außen gegen die Wand knallte. Mit einem Schrei fuhr sie hoch und drückte sich noch fester gegen die Wand, als ein zweiter Knall folgte. Panik begann in ihr zu lodern, züngelte ihren Körper entlang wie Flammen, die unbarmherzig alles zerstörten, was ihnen in den Weg kam und lähmte ihren Körper. Angestrengt rang sie nach Luft. Das Knarren wurde lauter, das Schlagen immer schneller, ihr Herz begann zu rasen und das Blut rauschte in hoher Geschwindigkeit in ihren Ohren. „Aufhören!“, schrie sie verzweifelt und presste sich die Hände fest an den Kopf, um die Geräusche auszublenden, die sich vermischten und schmerzhaft in ihren Ohren dröhnten. „Bitte. Aufhören.“ Das anfängliche Schreien ging fließend in Wimmern über. Allmählich fanden Tränen der Verzweiflung ihren Weg über ihre Wangen und benetzten ihre Jeans, dabei wiegte sie ihren Oberkörper vor und zurück, den Blick ziellos ins Leere gerichtet. Eine ganze Weile saß sie dort und versuchte sich selbst zu beruhigen, als von draußen Schritte zu vernehmen waren. Gespannt horchte sie auf und wagte es sich nicht zu atmen. Das Ächzen des Holzes unter dem Gewicht der Person näherte sich ihr unaufhaltsam. Sie spürte, wie ihr Herz wild zu schlagen begann und ihr eigener Herzschlag drohte das Geräusch zu übertönen. Angestrengt lauschte sie, versuchte das Rauschen des Blutes in ihren Ohren zu überhören und konzentrierte sich auf die Schritte. Panisch schnappte sie nach Luft, als ein Schlüssel im Schloss gedreht und die Tür knarrend aufgeschoben wurde. to be continued... by Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)