Behind Closed Doors von Fairytale_x3 (can you find the truth?) ================================================================================ Kapitel 4: haunted ------------------ Kapitel 4: haunted Als Daniel den Wagen am Straßenrand vor dem Haus der Wasilenkos parkte, spürte Sarah, wie das Unbehagen in ihr aufkeimte, das sie jedes Mal ergriff, wenn es darum ging Todesnachrichten an Angehörige zu übermitteln. Aus einem ihr unerklärlichen Grund war es heute noch stärker. Sie wusste nichts über die Eltern, konnte nicht abschätzen, wie sie reagieren würden. Aber sie wurde das Gefühl nicht los, dass diese Familie versuchte ein Bild nach außen zu wahren, welches sie in keinster Weise verkörperte. Der Vorgarten wirkte zu gepflegt, der gepflasterte Weg zur Haustür zu sauber, sogar der Rasen war gemäht und es schien, als hätte man ihn mit einer Nagelschere bearbeitet, so gleichmäßig war er. Alex´ Informationen zufolge, mussten sie erst vor wenigen Stunden von einer Geschäftsreise zurückgekehrt sein. Sarah fragte sich, ob sie sich keine Gedanken darüber machten, wieso ihre Tochter nicht anwesend war. Das Klacken, das zu vernehmen war als Daniel seine Tür öffnete, riss sie abrupt aus ihren Gedanken. „Wartest du auf etwas Bestimmtes?“ „Was? Nein, ich war in Gedanken, tut mir leid.“ Beschämt senkte sie den Kopf, um die Röte, die sich auf ihre Wangen schlich, zu verbergen und stieg aus. Er nickte und gemeinsam liefen sie den kleinen gepflasterten Weg entlang. Er betätigte die Klingel und Sarah zählte in Gedanken die Sekunden bis von innen Schritte zu vernehmen waren und die Tür einen Spalt geöffnet wurde. Zum Vorschein kam eine zierliche blonde Frau, die ihnen irritiert entgegen blickte. „ Ja bitte?“ „Jacksonville Beach Police. Detective Carter, das ist meine Kollegin, Detective Miller. Wir würden Ihnen gerne einige Fragen stellen. Es geht um Ihre Tochter.“ Daniel hielt seinen Ausweis auf Sichthöhe und die Frau studierte ihn eingehend, bevor sie zustimmte und sie eintreten ließ. „Wenn Sie mir bitte folgen.“ Sie ging in das geräumige Wohnzimmer des Hauses. „Nehmen Sie Platz, ich gebe meinem Mann Bescheid.“ Mit diesen Worten verließ sie für einen Augenblick den Raum und Sarah nutzte diese Zeit, um sich umzusehen. Wie sie feststellte, war das Wohnzimmer sehr gepflegt, genau wie der Garten und der Teil des Hauses, den sie bis jetzt zu sehen bekommen hatte. An der Wand hingen mehrere Gemälde und Skulpturen schmückten die Regale, die Sarah auf sündhaft teuer schätzte. Bevor sie die Gelegenheit bekam sich noch weiter umzusehen, betrat Mrs. Wasilenko, gefolgt von ihrem Mann, das Wohnzimmer. Der ältere Mann nickte den beiden zur Begrüßung zu und setzte sich mit seiner Frau auf das Sofa, welches Sarah und Daniel gegenüber lag. „Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?“ Der sachliche Ton, den er anschlug, ließ Sarah stutzen. Hatten sie noch keine Nachrichten gehört? Oder sich Gedanken darüber gemacht, wo sich ihr Kind befinden könnte? „Es geht um ihre Tochter“, begann Daniel mit gedämpfter Stimme. Auch wenn er nicht zum ersten Mal eine Todesnachricht an Angehörige überbrachte, fiel es ihm schwer. Mrs. Wasilenkos Gesicht nahm augenblicklich besorgte Züge an. Ihr Mann blieb, zu Daniels und Sarahs Verwunderung, völlig emotionslos. „Was ist mit ihr?“ Die Mutter versuchte ihre Fassung zu wahren und ihre Besorgnis nicht zu zeigen, doch Sarah sah, was in ihr vorging. Sie machte sich Vorwürfe. Ohne zu wissen, worum es ging, machte sie sich bereits Vorwürfe? Sarah blieb keine Zeit, sich darüber größere Gedanken zu machen. „Es tut mir leid Ihnen das mitteilen zu müssen, aber Ihre Tochter wurde Opfer eines Gewaltverbrechens.“ Sie wartete auf die Reaktionen der Eltern, die vollkommen unterschiedlich ausfielen. Während Elenas Mutter entsetzt die Hand vor den Mund schlug und sich ihre Augen allmählich mit Tränen füllten, blieb ihr Vater regungslos sitzen. „Sie ist tot“, fügte sie nach einer Weile des Schweigens hinzu und blickte betreten zur Seite. Sie hasste es Todesnachrichten zu überbringen. Unangenehme Stille kehrte ein, einzig das leise Wimmern Elenas Mutter war zu vernehmen. Ihr Mann hatte seinen Arm um ihre bebenden Schultern gelegt, seine Miene blieb unverändert. Es schien Sarah, als tat er diese Geste rein aus Anstand, um vor Daniel und ihr nicht negativ aufzufallen. Eine Fiktion wie das Grundstück. „Sie können sie noch sehen, zur Identifikation“, erklärte Daniel, nach einem Blick zu Sarah, die dankbar war, dass er das Gespräch übernahm. Mr. Wasilenko zeigte sich einverstanden. „Wann?“ „Sobald sie von der Gerichtsmedizin freigegeben wurde.“ „Gut. Gibt es außerdem noch Dinge zu besprechen?“ Diese Gleichgültigkeit ließ Daniel stutzen. Der Mann tat, als rede er vom Wetter, nicht über seine Tochter, die Opfer eines Verbrechens geworden war. „Sie war schwanger. Wussten Sie das?“ Herausfordernd blickte Sarah den Eltern entgegen. Mrs. Wasilenkos Gesicht verzog sich zu einer entsetzten Mine. „Nein, sie hatte nichts erzählt.“ „War sie oft allein zuhause?“ Die Mutter nickte. „Wir versuchten es auf ein Minimum zu beschränken, in der Regel war einer von uns beiden zu Hause. Manchmal war es nicht zu vermeiden.“ „Hatte sie einen Freund?“ „Sie brachte vor einiger Zeit einen Jungen mit nach Hause. Ich glaube, er hieß David.“ „David und weiter?“ „Das weiß ich nicht mehr. Edwards oder so ähnlich.“ Daniel spürte wie sein Handy in seiner Hosentasche zu vibrieren begann und verließ mit einem entschuldigenden Blick den Raum. Im Flur angekommen, blickte er auf das Display und zog verwirrt die Stirn in Falten, als er sah wer anrief. „Trish? Was gibt’s? Du weißt doch, dass du mich auf der Arbeit nur im Notfall anrufen sollst.“ Im Hintergrund war lautes Rauschen zu vernehmen, sodass er Mühe hatte seine Schwester richtig zu verstehen. Ihre Stimme, die sich vor Aufregung überschlug, machte es nicht besser. „Wo seid ihr? Im Wald?“ Nervös lief er den Flur auf und ab. Irgendetwas schien nicht zu stimmen. „Trish? Ich hör dich schlecht, du musst deutlicher reden.“ Sein Herz begann schneller zu schlagen und seine Fingerknöchel traten weiß unter seiner Haut hervor, so fest umklammerte er das kleine Telefon und presste es sich ans Ohr, um sie besser verstehen zu können. „Was? Okay, ihr seht jetzt zu, dass ihr da raus kommt. Wir treffen uns bei Natasha, da seid ihr, oder?“ Das Adrenalin jagte durch seine Adern und versetzte seinen Körper in höchste Alarmbereitschaft. „Okay. Dann bis gleich.“ Er beendete das Gespräch und ging hektisch ins Wohnzimmer zurück. „Sarah, wir müssen gehen. Ich erklär es dir auf dem Weg. Mr. Und Mrs. Wasilenko? Sie entschuldigen uns. Wir melden uns, sobald Ihre Tochter von der Gerichtsmedizin freigegeben wurde.“ Sarah sah ihn verwundert an, doch er gab ihr mit einem kurzen Blick zu verstehen, dass sie darüber nicht hier sprechen würden. Sie verabschiedete sich von dem Ehepaar, da sie merkte, wie eilig es Daniel hatte und verließ mit ihm das Haus. „Los beeilt euch, ich will raus hier.“ Natasha lief, Beauty hinter sich her ziehend, voran und drängte ihre Begleiterinnen zum schneller Gehen. Nicht nur, dass sie momentan Angst hatte nicht mehr heraus zu finden, es zog ein Gewitter auf und die hasste sie. Davor hatte sie sich als Kind gefürchtet und diese Angst nie überwunden. Lena drehte den Kopf nervös nach hinten und zur Seite. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass sie jemand beobachtete. Das Grollen wurde lauter und der Wind nahm zu. Durch das Rauschen der Bäume war es unmöglich, einen vermeintlichen Verfolger zu hören, was Lena beunruhigte. Natasha kämpfte mehr mit ihrer Angst vor Gewittern, die sie daran hinderte, rational zu denken, Trish dagegen schien dasselbe wie sie selbst zu empfinden. Die Tatsache, dass sie sich mitten im Wald befanden, abseits jeglichen Weges, machte es nicht besser. Lediglich ein kleiner Trampelpfad führte sie durch den Wald, der stark verwachsen und kaum erkennbar war. Die einkehrende Dämmerung erschwerte ihnen die Suche nach dem richtigen Weg zusätzlich. Durch das Gestrüpp und die dichten Baumkronen drang kaum noch Helligkeit in den Wald und außer dem schwachen Leuchten ihrer Handydisplays, besaßen sie keine Lichtquellen. Natasha folgte ihren beiden Freundinnen abwesend und versuchte ihre Angst zu unterdrücken, indem sie an etwas Schönes dachte. Dabei vergaß sie auf den Weg zu achten und stolperte über eine verdeckte Baumwurzel. Mit einem entsetzten Aufschrei fiel sie nach vorne und schrammte sich dabei das Knie auf dem unebenen Untergrund auf. „So eine Scheiße!“, fluchte sie wütend, als Lena ihr auf die Beine half und sie sich den Dreck von den Klamotten klopfte. „Alles okay?“ „Ob alles okay ist? Wir befinden uns hier in diesem beschissenen Wald und du fragst mich ob alles okay ist? Nein, gar nichts ist okay! Ich will raus hier bevor es anfängt zu regnen! Und endlich nach Hause in mein warmes Bett und meine Ruhe, verdammt!“ Zum Schluss wurde ihre Stimme immer lauter und hysterischer und Lena hörte deutlich die Angst in ihren Worten mitschwingen. „Jetzt beruhig dich wieder. Glaubst du, uns macht es Spaß hier zu sein? Ich hasse Insekten und nicht richtig sehen zu können, wo sich welche befinden, freut mich auch nicht, aber du musst versuchen einen klaren Kopf zu bewahren.“ Lenas beruhigende Worte verfehlten ihre Wirkung weitgehend, trotzdem nickte Natasha einstimmend. „So kommen wir nicht weiter, wir sollten uns erst einmal orientieren“, mischte sich Trish in das Gespräch der beiden und stemmte die Hände in die Hüften. Natasha schüttelte entschieden den Kopf. Wenn sie etwas nicht wollte, dann noch länger in diesem Wald bleiben. „Das ist nicht unser einziges Problem“, ergänzte Lena. „Ich habe die ganze Zeit schon das Gefühl, dass uns jemand beobachtet. Entweder wir bewegen uns im Kreis oder er folgt uns. Außerdem haben wir alle diesen Schrei gehört.“ „Geht mir genauso. Ich dachte erst, ich bilde es mir ein, aber Lena hat Recht. Lasst uns dem Pfad weiter folgen, ich denke er führt uns zurück auf den richtigen Weg, durch das Gestrüpp zu laufen bringt uns nicht weiter.“ Widerwillig gab Natasha den Argumenten ihrer Freundinnen nach und folgte ihnen weiter durch den verwachsenen Weg. Endlose Minuten vergingen bis sie sich auf einem festen Schotterweg befanden und wenig später am Waldende ankamen. Erleichtert atmeten sie auf, als sie sich auf der Straße befanden. Zu allem Überfluss begann es zu regnen, sodass sie nach kurzer Zeit durchnässt waren. Als Daniel und Sarah wenig später im Wagen saßen hielt sie es nicht mehr aus. „Was ist los?“ „Trish hat angerufen. Sie war mit zwei Freundinnen im Wald, mit dem Hund spazieren, als sie jemanden schreien hörten, es klang nach einer Mädchenstimme.“ „Was?“ Sarah war das Entsetzen darüber ins Gesicht geschrieben und Daniel wusste, dass sie in diesem Moment dasselbe dachte, wie er. „Ja. Ich habe gesagt, sie sollen den Wald umgehend verlassen. Wir treffen uns bei Natasha daheim. Ich weiß, wo sie wohnt.“ „Denkst du…?“ Er unterbrach sie mitten im Satz: „Ich weiß es nicht, Sarah. Ausschließen können wir es nicht. Wichtig ist jetzt, dass die drei heil zurück kommen. Sobald wir mehr wissen, geben wir Alex Bescheid.“ „Willst du das nicht lieber gleich tun?“ „Nein, das kann jetzt warten.“ „Aber dann wird er sauer. Wie jedes Mal.“ Betrübt drehte sie den Kopf von ihm weg, in der Hoffnung, er erkannte ihren inneren Seelenschmerz nicht. Sie hatte es sich nicht ausgesucht, sich gerade in ihren Chef zu verlieben. „Sarah, tu mir bitte den Gefallen und lass das nicht zu sehr an dich heran. Ich weiß, wie du fühlst, aber glaube mir, wenn ich sage, dass er diese Gefühle nicht erwidern wird. Du machst dich damit kaputt und das möchte ich nicht.“ Fest presste sie die Lippen aufeinander und nickte schwach. Sie wusste, dass er Recht hatte, auch wenn sie diese Tatsache verletzte. Umso dankbarer war sie, dass sie das Haus der Barikovs erreichten und das Gespräch damit endete. Daniel parkte den Wagen auf dem Hof, direkt hinter Keith’s und stieg hastig aus. Sarah wusste, wie wichtig ihm seine Schwester war und sie konnte verstehen, was momentan in ihm vor ging, obwohl sie keine Geschwister hatte. Sie folgte ihm zur Haustüre, die kurz nach dem er geklingelt hatte von einem blondhaarigen Jungen geöffnet wurde. Im Gegensatz zu Daniel, hatte Sarah keine Ahnung wer ihr gegenüber stand. „Ivan, hallo. Ist Trish zurück?“ „Hallo. Nein, die sind bereits eine Weile weg, wieso?“ „Können wir das drinnen besprechen? Das ist meine Kollegin Sarah.“ Sie lächelte ihm entgegen und reichte ihm die Hand, die er kurz schüttelte. „Klar, kommt rein“, fügte er hinzu und ließ die beiden eintreten. Gemeinsam gingen sie durch das Innere des Hauses in den Garten und Sarah war überrascht, wie stilvoll die Räume eingerichtet waren. Im Garten saßen zwei weitere Jungen, die ihnen irritiert entgegenblickten, als sie auf die Terrasse traten. Darunter erkannte sie den schwarzhaarigen Jungen, der am Tatabend bei Trish gewesen war und vermutete, dass es sich um Keith handelte. „Daniel? Was machst du hier?“ Seine Stimme klang verwundert, ansonsten normal. Sarah fragte sich, ob Daniel übertrieben hatte, als er davon erzählte, dass Keith ihn nicht sonderlich gut leiden konnte. „Trish hat angerufen. Sie meinte, sie seien im Wald mit dem Hund und hätten jemanden schreien gehört. Es klang nach einem Mädchen. Sie sind auf dem Weg hier her“, erklärte er knapp und versuchte seine eigene Nervosität zu verbergen, während er sich auf den von Ivan angebotenen Stuhl setzte. „Und da willst du jetzt hier rumsitzen und warten? Vergiss es, ich geh sie suchen.“ Keith erhob sich von seinem Stuhl und wollte bereits durch die Terrassentür verschwinden, als Sarah sich zu Wort meldete und ihn damit aufhielt. „Hör auf mit dem Blödsinn. Jetzt blindlinks drauf loslaufen bringt überhaupt nichts. Damit hilfst du ihnen auch nicht.“ Er schien einen langen Moment über Sarahs Worte nachzudenken, schüttelte den Kopf und lief ins Haus. Ivan seufzte genervt, erhob sich und folgte ihm mit schnellen Schritten. „Keith, lass den Scheiß, Mann!“, brüllte er wütend. „Wenn du meinst hier dumm rumsitzen zu können, dann ist das deine Sache, Ivan. Ich tue das mit Sicherheit nicht!“, schrie Keith hitzig zurück. „Sie hat aber recht. Du kommst jetzt wieder mit raus, kapiert?“ Er stellte sich demonstrativ vor die Haustür, um Keith den Weg zu versperren. Dieser blickte grimmig zurück und machte keine Anstalten kehrt zu machen. „Falls du es vergessen haben solltest, befinden sich meine Schwester und meine Freundin gerade in derselben Situation. Denkst du Patrick und mir ist das egal? Oder Daniel vielleicht? Hör doch nur einmal auf das, was andere sagen und versuch nicht immer direkt mit dem Kopf durch die Wand zu laufen.“ Keith blickte ihm zornig entgegen, gab dann aber nach und folgte Ivan zurück in den Garten. Daniel sah die Wut in Keiths Augen und seufzte auf. Er konnte verstehen, dass er nicht tatenlos dasitzen wollte. Warten hatte noch nie zu seinen Stärken gehört. Ivan und Patrick schienen genauso wenig begeistert von der Idee zu sein und wenn er ehrlich war, passte es ihm selbst nicht, seine Schwester bei dem Regen draußen umher irren zu lassen. „Ich rufe sie jetzt an und frage, wo sie sich befinden. Wenn sie noch zu weit weg sind, hole ich sie mit dem Auto, in Ordnung?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, suchte er in seiner Jackentasche nach seinem Handy und wählte die Nummer seiner Schwester. Es tutete einige Male, bis sich am anderen Ende der Leitung jemand meldete. „Trish? Ich bin’s. Wo seid ihr jetzt?“ Nervös spielte er mit dem Reißverschluss seiner Jacke. „Wir sind aus dem Wald draußen und noch ungefähr einen Block entfernt.“ „Gut, dann bis gleich, beeilt euch.“ Er legte auf und steckte sein Handy zufrieden weg. „Sie sind auf dem Weg, noch einen Block entfernt.“ „Sehr gut. Wir sollten uns vielleicht nach drinnen begeben, es fängt gleich an zu regnen“, nickte Sarah erleichtert und erhob sich von ihrem Platz. Gemeinsam verstauten sie die Polster und den Sonnenschirm im Haus und räumten den Tisch ab. Wenig später setzte ein starker Platzregen ein. Keith folgte jeder von Daniels Bewegungen mit dem Auge. Es machte ihn nervös, wie er unruhig im Raum hin und her lief. Konnte er das nicht lassen und sich einfach setzen wie alle andern auch? Er machte sich schließlich auch Sorgen und musste sich deswegen nicht so aufführen. Er ließ den Blick durch den Raum schweifen, beobachtete Sarah, die nervös die Tischdecke zerpflückte, Ivan, der es bevorzugte Löcher in die Wand zu starren und seine Arme fest verschränkt hielt, um nicht wie Sarah an etwas herum zu spielen. Weiter zu Patrick der unruhig mit dem Fuß auf und ab wippte, was er immer tat, wenn er aufgewühlt war und gelangte letztendlich wieder zu Daniel, der noch immer seine Runden durch das Wohnzimmer drehte. Es vergingen weitere Minuten, die Keith wie Stunden vorkamen, ehe das Drehen eines Schlüssels im Schloss zu vernehmen war und die drei wenig später triefend nass vor ihnen im Wohnzimmer standen. Alle Blickte richteten sich sofort auf sie und Daniel war der Erste, der reagierte. „Da bist du ja!“ Keith beobachtete, wie Daniel seine Schwester in seine Arme zog und sie fest an sich drückte, dabei schien es ihm egal zu sein, ob ihre durchnässte Kleidung auch ihn nass machte. Er drückte sie ein Stück von sich und begutachtete sie. Keith tat es ihm vom Sofa aus gleich, doch außer ein paar Kratzern und der verschmutzten Kleidung waren keine Blessuren zu erkennen, was ihn beruhigte. Sie drehte den Kopf zu ihm und warf ihm einen kurzen Blick zu, den er liebevoll erwiderte, bevor er sich erhob, auf sie zu ging und sie umarmte. „Mach das bitte nie wieder. Ich hab mir Sorgen gemacht.“ „Tut mir leid, aber uns geht’s gut. Wir würden uns nur gerne erst einmal umziehen, wie du siehst, sind wir alle triefend nass“, erklärte sie, die Umarmung erwidernd. Keith nickte zustimmend und löste seine Arme von ihren nassen Körper, dann verließ sie mit Natasha und Lena den Raum. Er überlegte, ob er Daniel um ein Gespräch bitten sollte oder nicht. Sein schlechtes Gewissen begleitete ihn schon den ganzen Tag. Aus diesem Grund trat er auf den Älteren zu, der ihn fragend ansah. „Kann ich kurz mit dir reden, bitte?“ Er rechnete mit einem ‚nein‘, doch Daniel erhob sich zustimmend und folgte ihm aus dem Raum. Leise schloss Keith die Küchentür und drehte sich dem Älteren zu, der in erwartungsvoll musterte. Musste er ihn so ansehen? Es war schon schwer genug für ihn, sich dazu zu überwinden. „Ich wollte mich bei dir entschuldigen. Für gestern. Ich war sauer, weil du Trish das erzählt hast.“ „Und das ist ein Grund so zu reagieren?“ „Nein. Deswegen tut es mir leid.“ Beschämt blickte er zu Boden und wartete darauf, was Daniel sagen würde. „Vergessen wir es. Aber überleg dir das in Zukunft, bevor du handelst. Irgendwann ist auch meine Geduld am Ende.“ Er sah überrascht auf. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Daniel die Sache so schnell vergessen würde. „Ja, versprochen.“ „Gut.“ Daniel drehte sich um und ging zurück. Keith sah ihm einen kurzen Augenblick hinterher, schüttelte über sich den Kopf und folgte ihm in das Wohnzimmer, in dem sich die Mädchen frisch umgezogen eingefunden hatten. Er bemerkte, dass Trish ihn fragend ansah, als er hinter Daniel die Küche verließ. Er gab ihr zu verstehen, dass es sich erledigt hatte und setzte sich dann zu ihr auf das Ledersofa, wo er sie in seine Arme zog. „Also, jetzt erzählt. Was ist vorgefallen?“ Daniel blickte durch die Runde, bis sein Augenmerk auf seiner Schwester haften blieb. Sie sah zurück und ihr Blick sprach Bände. Wenn sie die Möglichkeit hätte, würde sie schweigen, sein drängender Gesichtsausdruck ließ dies aber nicht zu und sie begann widerwillig zu erzählen. Immer wieder stockte sie dabei und nestelte nervös an ihrem Oberteil. Sie kam sich beinahe so vor wie bei dem Verhör vor zwei Tagen, mit dem einzigen Unterschied, hier mit vertrauten Personen zu reden. Fest umklammerte sie Keiths Hand, die auf ihrer Hüfte ruhte. Inständig hoffte sie, dass sie ihr glauben und sie nicht als verrückt abstempeln würden, weil sie sich verfolgt gefühlt hatte. Einige Male wurden ihre Aussagen von Lena ergänzt, was sie ein wenig entspannen ließ. „Habt ihr jemanden gesehen?“, fragte Sarah, die einen kleinen Block und einen Stift in der Hand hielt, auf den sie sich Notizen schrieb, nachdem Trish ihre Erzählung beendet hatte. Lena schüttelte den Kopf. „Nein, aber wir hatten die ganze Zeit das Gefühl, dass uns jemand folgt, beziehungsweise uns beobachtet.“ „Bis ihr wieder hier gewesen seid?“ „Nein, nur im Wald, nachdem wir diesen verlassen hatten nicht mehr.“ „Und wo ihr euch ungefähr befunden habt, wisst ihr nicht?“ Erneut ein Kopfschütteln. Sarah seufzte resigniert auf. „Denkt ihr, ihr würdet die Stelle wieder finden, wenn es nötig wäre?“ „Ja, ich denke schon. Wir sind vom geschotterten Weg abgekommen, aber es gab ein Pfad und wir sind an einem Forsthäuschen vorbei gekommen. Das war kurz bevor wir weiter entfernt Schritte gehört haben“, erklärte Natasha, die bis dahin still dagesessen und Beauty am Hals gekrault hatte, die zu ihren Füßen lag. Sarah schrieb auf ihrem Block mit und warf Natasha einen zufriedenen Blick zu. „Gut, wir werden jetzt unseren Chef darüber informieren.“ „Mehr geschieht nicht?“ Trish starrte ihrem Bruder ungläubig entgegen und wandte den Blick dann weiter zu Sarah, die zaghaft den Kopf schüttelte. „Erst einmal nicht, davon gehe ich zumindest aus. Es könnte sich um Jugendliche handeln, die dort rumgealbert haben. Wegen eines vermeindlichen Mädchenschreis wird der Wald nicht durchsucht. Wenn sich jemand bei der Polizei meldet, werden wir uns der Sache genauer annehmen. Es wäre besser, ihr geht jetzt nach Hause und versucht zur Ruhe zu kommen. Für den Fall, dass sich etwas ergibt, werden wir es euch wissen lassen.“ Sarah klappte den kleinen Notizblock zu, schob ihn in ihre Jackentasche und erhob sich. „Soll ich dich mit heim nehmen?“, fragte Daniel seine Schwester, die den Kopf schüttelte. „Danke. Ich bleibe bei Keith. Wir gehen jetzt auch besser“, erklärte sie. „Wir sehen uns die Tage.“ Sie verabschiedeten sich von einander und verließen gemeinsam das Haus. Erschöpft stellte Trish ihre Tasche auf dem Boden ab, als sie Keiths Zimmer erreicht hatten und begann darin nach Schlafklamotten zu suchen. Dabei spukten ihr immer wieder die gleichen Gedanken durch den Kopf. Hatte sie wirklich jemand beobachtet? Oder gar verfolgt? Oder hatten ihnen ihre Sinne einen Streich gespielt und das Erlebte war Einbildung? Und auch wenn sie es nicht wollte, wurde sie das Gefühl nicht los, dass dieses Mädchen etwas mit Elenas Tod zu tun hatte. Was wenn sie die nächste war? Als sie daran dachte wurde ihr kalt. Das durfte nicht sein. Ergeben seufzte sie auf und entledigte sich ihrer Klamotten. Daniel würde die Sache aufklären, mit Sicherheit. „An was denkst du?“ Keiths Stimme brachte sie zurück in die Realität. „Ich habe mir gerade die Frage gestellt, ob Elena kein Einzelfall war. Ob das Mädchen ein potenzielles nächstes Opfer sein könnte.“ Keith schüttelte den Kopf und schloss sie in seine Arme. „Das ist Polizeisache. Belaste dich nicht unnötig mit solchen Fragen. Sarahs Vermutung ist die Wahrscheinlichste.“ „Und wenn nicht? Wenn Sarah nicht Recht hat und es längst zu spät ist, wenn sich die Polizei der Sache annimmt?“ „Trish, bitte. Sie wissen, was sie tun. Wenn es Zusammenhänge zwischen Elena und diesem Mädchen gibt, werden sie rechtzeitig einschreiten. Das sollte nicht deine Sorge sein, okay?“ Widerwillig stimmte sie zu und er gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Ich bin kurz im Bad.“ Als er das Zimmer verlassen hatte, wandte sie sich dem großen Fenster zu und blickte ratlos nach draußen. Das Gewitter hatte sich verzogen und der Himmel war sternenklar. Am Horizont sah man die letzten Strahlen der Sonne, die mittlerweile fast vollkommen von der Dunkelheit verschluckt wurden. Sie erblickte eine Person auf der gegenüberliegenden Straßenseite, schenkte ihr aber keine größere Beachtung. Lediglich der Hut und die, in die Hosentaschen geschobenen, Hände, wirkten auffallend. Durch die groß gewachsene und korpulente Statur, vermutete Trish einen Mann mittleren Alters. Schnell wandte sie den Blick auf die Häuser, als der Mann zu ihr blickte. Es gehörte sich nicht, andere Leute so zu beobachten. Nebenbei ließ sie den Tag in Gedanken Review spielen und schauderte leicht, als sie an den gehörten Schrei dachte. Heftig schüttelte sie den Kopf, um die unangenehmen Erinnerungen verschwinden zu lassen. Sie schloss die Arme um sich selbst und atmete tief durch, doch das beklemmende Gefühl verließ sie nicht. Als ihr bewusst wurde, wieso, begann sie zu frösteln. Sie fühlte sich beobachtet, das war der Grund. Sie blickte erneut zu dem Mann, der unter der Laterne auf der anderen Straßenseite stand und schnappte hörbar nach Luft. Er starrte unentwegt zu ihr hinauf. to be continued… by Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)