Unsterblich von Flordelis (My Immortal ~ Eternal Chronicles) ================================================================================ Kapitel 46: Weiterleben ----------------------- Leana war überrascht, wie angenehm einfach es gewesen war, die Shinken zu teilen, wie Tokimi es gewünscht hatte. Aber es war ungewohnt, zu sehen, wie 'Shoubi' und 'Gyouten', die Shinken, die sie schon so lange kannte, sich nun in den Händen einer gänzlich anderen Person befanden, einer, die nichts mit diesen Schwertern zu tun hatte. An ihren Hüften befanden sich nur noch die Kopien der entsprechenden Waffen, die immer noch machtvoll waren, aber längst nicht mehr so stark wie zuvor. Dennoch, so hatte Tokimi ihnen versichert, sollte es genügen, um allen Feinden die Stirn zu bieten. Sie standen auf einem Feld, abseits der Burg Nakahara, wo niemand außer ihnen war und wo – laut Yoris Aussage – auch niemand vorbeikommen würde, da es abgesperrtes Gelände war. Eos hatte Pläne für dieses Stück Land gehegt, so viel wusste er, aber worum genau es sich dabei handelte, wusste er nicht und Zetsu war genauso ratlos, da ihm diese Erinnerung fernblieb. Bei ihnen befanden sich auch ihre Shinjuu. Asake stand neben Zetsu, so weit entfernt wie möglich von Leana und vor allem Isolde, die ihm offenbar immer noch zu viel Respekt einflößte, selbst nach den zwei Tagen, in denen er sie hatte kennen lernen können. Aber sie hoffte immer noch, dass sich das geben würde, wenn sie mehr Zeit miteinander verbrachten. Kobayashi, Yori und Ylva standen zusammen, als wären sie Freunde, obwohl die junge Inugami die anderen beiden nicht einmal kannte. Leana konnte sich auch nicht vorstellen, dass sie sich angenähert hatten, aber vielleicht schätzte sie das Mädchen auch einfach falsch ein. Fuu stand ein wenig abseits von den anderen, als gehöre er eigentlich gar nicht zu ihnen und wolle auch kein Teil dieser Gruppe sein. Genau genommen fühlte Leana sich so, als würde der Magier sie alle von außen zu beobachten versuchen und dabei auf eine bestimmte Reaktion warten, die allerdings ausblieb, da keiner von ihnen etwas sagte. „Dann ist das wohl unser Abschied“, sagte Fuu, nachdem die Gruppe eine Weile schweigend zusammengestanden hatte, als wollte er die weiteren Ereignisse anstoßen. Tokimi nickte. „Das ist richtig.“ Statt mit der Verabschiedung fortzufahren, wandte Zetsu sich den drei Einheimischen zu. „Yori, Kobayashi, werdet ihr hier zurechtkommen?“ Warum genau er das fragte, wusste Leana nicht so recht, aber sie schob es auf Eos' Erinnerungen – immerhin wusste Zetsu am besten, dass er sofort vergessen werden würde, sobald er diese Welt verließ und normalerweise vergaß er im Gegenzug auch alle anderen, weswegen es ihn nicht mehr kümmerte, wie sie zurechtkamen. In diesem Fall war es aber anders. Kobayashi klopfte sich mit der Faust gegen die Brust. „Aber sicher. Wir regeln das hier alles schon.“ „Ihr müsst euch keine Gedanken machen“, stimmte auch Ylva gut gelaunt zu, obwohl sie nicht einmal etwas damit zu tun hatte. „Yashi-san und Yori-san kriegen das hin und ich helfe ihnen dabei, bis ich wieder nach Hause fahre.“ Isolde lachte leise, während Leana leise, aber durchaus zufrieden seufzte. „Das tust du bestimmt.“ „Wir werden euch nicht vergessen“, sagte Yori, bekam darauf von Zetsu aber keine Reaktion. Leana nickte dem früheren Berater zu, statt ihn darauf hinzuweisen, dass sich niemand an Eternal erinnerte, sobald sie fort waren. „Wir euch auch nicht.“ Sie bemerkte Zetsus Blick zu ihr aus den Augenwinkeln, ging aber nicht darauf ein. Stattdessen kniete sie sich vor Ylva und tätschelte deren Kopf, worauf die Inugami zufrieden lächelnd mit dem Schwanz wedelte. „Pass auf, dass du nicht wieder von bösen Männern geschnappt wirst, ja?“ Ylva nickte sofort enthusiastisch. „Jawohl! Du dann aber auch!“ Nachdem Leana ihr das bestätigt hatte, erhob sie sich wieder und ignorierte Zetsus fragenden Blick, der offenbar wissen wollte, wann und wie sie von bösen Männern geschnappt worden war. Sie wandte sich Tokimi zu, die mit einem sanften Lächeln darauf gewartet hatte, dass der Abschied zu seinem Ende kam. „Laut meinen Visionen wird es eine Weile dauern, bis wir uns wiedersehen. Ich hoffe, ihr werdet bis dahin eine gute Zeit erleben und mit weniger schlimmen Eternal zu tun haben.“ „Das hoffe ich auch“, sagte Zetsu seufzend. „Sei du auch vorsichtig. Besonders während du mit unseren Shinken unterwegs bist.“ Nachdem Tokimi genickt hatte, sahen sie zu Fuu hinüber, der sein übliches Lächeln zur Schau trug. „Von mir müsst ihr euch eigentlich nicht verabschieden“, sagte er, „ich treffe euch ohnehin bald wieder, da bin ich mir sicher.“ „Wenn du uns dann noch mehr Ärger bringst, kannst du aber auch sofort wieder verschwinden“, erwiderte Leana. „Langsam reicht es wirklich.“ Fuu versicherte ihnen gut gelaunt, dass er darauf achten würde. Erst als Zetsu sie nun wieder ansah, erwiderte Leana seinen Blick, wobei ihr ein wohltuender Schauer durch den ganzen Körper fuhr. Endlich würde sie wieder allein mit ihm und ihren Shinjuu sein können, alles war gut und sie war entschlossen, diesen Zustand so bald nicht mehr enden zu lassen. Als Zetsu ihre Hand nahm, öffnete Isolde einen Spirit Corridor, dessen wirbelnde Farben Leana zuletzt gesehen hatte, als sie in diese Welt gekommen war. Damals, vor einer gefühlten Ewigkeit, als ihr das Leben noch düster und trostlos erschienen war. Nun würde sie dieses Portal allerdings nutzen, um dort, wo auch immer sie landen würde, einen neuen, besseren Lebensabschnitt zu beginnen – und das tat sie auch sofort, indem sie gemeinsam mit Zetsu darauf zuging, ohne auch nur noch einen Blick zurückzuwerfen. Ylva wedelte aufgeregt mit dem Schwanz, während sie das betrachtete, was sie vor sich sehen konnte. Es war ein normaler Wolf, der erste, den sie traf, seit sie auf diesem Kontinenten war, auf dem sie eigentlich Menschen hatte treffen wollen. Aber einen Artgenossen zu sehen, war ihr doch wesentlich angenehmer, nachdem sie mit so vielen verschiedenen Menschen aneinandergeraten war. Die einzigen, guten Personen, an die sie sich erinnerte, waren General Kobayashi und dessen Assistent Yori, die beide für den Präfekten arbeiteten. Dieser war allerdings ein finsterer Mann, den Ylva nicht mochte, weswegen sie schließlich beschlossen hatte, sich von ihren menschlichen Freunden zu verabschieden und den Rückweg nach Hause anzutreten. Nun war ihr aber dieses Wesen begegnet, das ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich zog – und ihm ging es wohl umgekehrt genauso. Der Wolf näherte sich ihr mit langsamen Schritten und betrachtete sie mit geneigtem Kopf. Für einen Moment blickten sie sich nur schweigend an, dann stieß der Wolf ein leises Heulen aus. Dies sorgte allerdings nur dafür, dass Ylva ratlos ihre Stirn zerfurchte. „Arooo? Ich versteh deinen Akzent nicht, kommst du von dem Wolfsrudel aus dem Norden?“ Darauf folgte keine Antwort von ihrem Gegenüber, aber zumindest legte er sich hin, was ihr sagte, dass er sie nicht angreifen würde – und das würde ihr die Gelegenheit geben, sich mit ihm anzufreunden. Also glättete sich ihre Stirn wieder. Sie setzte sich und begann dann damit, diesem Wolf davon zu erzählen, dass sie sich gerade auf dem Heimweg befand und dort all ihren Freunden von ihren Erlebnissen mit Kobayashi und Yori berichten würde. „Sitzt du schon wieder hier?“ Kobayashis Stimme durchschnitt die bis dahin angenehme Stille, in der Yori den Sternenhimmel betrachtet hatte. Er wandte den Kopf, um zu beobachten, wie der General sich den Weg über das unsichere Dach bahnte und stellte dabei erneut fest, wie wenig grazil der Ältere war. Neben Yori blieb der Mann wieder stehen, so dass der Berater den Kopf in den Nacken legen musste, um sich weiter mit ihm zu unterhalten. Doch Kobayashi blickte gar nicht zu ihm hinunter, sondern sah ebenfalls in den Nachthimmel hinauf – aber Yori wusste genau, dass er nicht dasselbe sehen konnte wie er. Tatsächlich kratzte der General sich an der unrasierten Wange, wobei ein unangenehmes Geräusch entstand. „Ich verstehe wirklich nicht, was du an diesen leuchtenden Teilen so toll findest.“ Auch wenn er wusste, dass es aussichtslos war, deutete Yori auf einen besonders hellen Stern, ehe er seine Erklärung begann: „Da, siehst du? Das muss eine andere Welt sein.“ „Und?“ Zumindest das Konzept der naheliegenden Welten war ihm also weiterhin nicht unbekannt. „Ich stelle mir gern vor, dass Leana und Zetsu dort sind.“ Und damit auch Eos, die Frau, die er so sehr bewundert und für die er seine gesamte Freizeit aufgegeben hatte. Ohne sie fehlte für ihn einfach etwas. Aber Kobayashi – „Von wem redest du da?“ – wusste von nichts mehr. Bei Ylva war es genau dasselbe gewesen und auch alle anderen, die er nach Eos gefragt hatte, wussten nichts mehr von ihr. Jeder schwor bei seinem Leben, dass der jetzige Präfekt schon immer ein solcher gewesen war. Also hatte Yori es inzwischen aufgegeben und dachte lieber selbst an Eos zurück, so lange er das noch konnte. „Es ist nicht so wichtig“, sagte er. „Was führt Euch hierher, General Kobayashi?“ „Da fragst du noch? Ich wollte dich holen kommen, weil der Rest der Mannschaft gerade anstößt und du gehörst da immerhin dazu.“ Yori musste lächeln, als er das hörte und erhob sich dann tatsächlich aus seiner Position. „Vielen Dank, General.“ Zufrieden klopfte Kobayashi ihm auf die Schulter und wandte sich dann ab, um bereits vorauszugehen. Ehe er ihm folgte, blickte Yori noch einmal in den Himmel hinauf. Er wusste nicht, warum er der einzige war, der sich an all die Geschehnisse rund um die Eternal erinnerte, aber er würde dafür sorgen, es niemals zu vergessen. In seinem Inneren würde Eos immer weiterleben. Mit diesem Gedanken im Kopf, folgte er schließlich Kobayashi, um sich den Feierlichkeiten anzuschließen und zumindest an diesem Abend einmal nicht daran zu denken, dass er die Präfektin vermisste. Zetsu und Leana betrachteten ebenfalls den Sternenhimmel, wenngleich ihrer vollkommen anders aussah, da sie sich in einer Welt befanden, die weit entfernt von Yoris waren. Großartig Sterne betrachten konnten sie allerdings nicht, denn im Moment erfüllten leuchtende Farben den Himmel, die begleitet wurden von einem lauten Knallen, wann immer die Raketen explodierten. Leana genoss diesen Moment, hauptsächlich deswegen, weil sie eng an Zetsu geschmiegt dasitzen konnte. Ein gestürzter Baumstamm war vielleicht nicht die bequemste Sitzgelegenheit, aber solange sie diesen Platz mit ihrem Ehemann teilen konnte, war jeder Ort perfekt. Sie besaß allerdings keinen Blick für das stattfindende Feuerwerk, ganz anders als Zetsu, der fasziniert in den Himmel starrte. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt nur ihm, sie nahm jedes noch so kleine Detail, den Schimmer seiner Augen und seines Haars im wechselnden Licht, in sich auf, als würde sie ihn zum allerersten Mal sehen. Erst als das Feuerwerk schließlich endete und den Himmel dunkel zurückließ, wandte Zetsu sich ihr mit einem Lächeln wieder zu. „Gefällt dir, was du siehst?“, fragte er amüsiert. Die Röte kroch ihr den Nacken herauf, aber es war ihr in diesem Moment vollkommen gleichgültig, schon deswegen, weil er es nicht sehen konnte. „Aber ja, so wie immer.“ Zetsu zog sie noch ein wenig näher zu sich. „Es gibt dennoch keinen Grund, mich dauernd anzustarren. Ich werde dich ab sofort nicht mehr allein lassen. Nie mehr. Das habe ich dir doch versprochen.“ „Ich weiß ... aber du faszinierst mich einfach immer wieder“, erwiderte sie. „Deswegen folge ich dir auch durch alle Welten, durch die du gehen willst~.“ „Und ich bin sehr froh darum, dass du das tust. Ich würde es gar nicht anders haben wollen.“ Damit beugte er sich zu ihr herunter und küsste sie zärtlich, etwas, das sie so lange vermisst hatte und deswegen nun umso mehr genoss. Eine ganze Ewigkeit, nur für sie beide, das war das einzige, was sie wollte, dieser Wunsch war ihr erfüllt worden und nun würde sie niemals wieder zulassen, dass sich daran etwas änderte, egal was sie dafür tun musste. Egal, was uns noch bevorsteht ... er und ich, für immer und ewig. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)