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Dance with me

Naruto & Sasuke
von

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Diese verfluchten Missverständnisse

Prolog:
 

Liebe/r Leser/in,

erstmal herzlichen Glückwunsch, dass du dich freiwillig dazu entschieden hast, Opfer meiner Fanfiction zu werden!
 

» Untersteh' dich, jetzt einfach nach unten zu scrollen und meine unendlich wichtige Ansprache zu überspringen! «


 

Nach vier Monaten ist mir nun endlich einmal aufgefallen, dass meine Fanfiction überhaupt keinen Prolog besitzt. Tja, den hat sie nun immer noch nicht, weil Animexx meine Art von Prolog entschieden unterbindet, aber dennoch gebe ich euch hier ein paar wichtige Informationen zur Story, die euch die Entscheidung erleichtern sollen, ob diese Fanfic euren Ansprüchen und Wünschen entspricht oder eben nicht.

Zuerst einmal möchte ich klären, was dich im Laufe dieser FF und auch der Fortsetzungen erwartet: Es erwarten dich viel Drama, Perversionen, Romantik, Kitsch, sowie kontrastreiche Brutalität, was ich mit noch mehr grottigen Witzen und schlechten Sprüchen markant abrunden werde. Dazu kommen nervige Cliffhanger (die jedoch immerhin ein wenig Spannung erzeugen), nicht immer nachvollziehbare Gedankengänge der Autorin, gefolgt von komischen, aber lustigen OoC-Nebencharakteren und zunehmend maßloseren Übertreibungen.

Im Laufe des Lesens wirst du vermutlich des Öfteren denken: "Hey, jetzt mach' aber mal 'nen Punkt und übertreib' nicht so krass."

An dieser Stelle rufe dir immer wieder meinen folgenden Ratschlag in Erinnerung: Bleib ruhig, es kommt sowieso noch viel krasser.

Ich möchte hier anmerken, dass ich bereits für mich selbst erkannt und akzeptiert habe, dass nicht alles, was in dieser FF geschieht einem 'normalen' Leben entspricht. Das soll nicht heißen, es sei alles gänzlich unrealistisch. Dennoch bediene ich mich bewusst dieser überzogenen Dramatik und zwar wild verstreut über die gesamten vier Teile hinweg. Ihr fragt euch jetzt sicher, warum das so ist. Dabei ist die Antwort ebenso simpel wie einfach: Ich will Spannung erzeugen und euch nicht in Langeweile ertrinken lassen, so dass ihr irgendwann zurecht denkt: "Hey, Mädel. Alles schön und gut, aber da hab' ich doch Besseres zu tun, als mir das alltägliche Leben von Sasuke und Naruto in unendlicher Ausführung durchzulesen."

Weil mal ehrlich: Ein normales (und langweiliges) Leben, das hat doch der Großteil von uns jeden Tag. Da ich mich persönlich zu diesen Menschen zähle, möchte ich sowas nicht auch noch in Geschichten lesen! (Schon gar nicht in meiner eigenen.)
 

Trotz meiner bewusst kritischen Haltung gegenüber meines eigenen Werkes, halte ich es dennoch für lesenwert, da es prinzipiell in abgewandelter Form den groben Verlauf des Originals widerspiegelt, natürlich mit meiner dazugehörigen Eigeninterpretation. Und auch die Charaktere werden eine gewisse - hoffentlich erkennbare - Entwicklung durchmachen. Außerdem ist das Ziel dieser FF nicht wie bei vielen anderen, nur den Verlauf zu einer Beziehung der beiden Protagonisten zu beschreiben. Sprich: Charakter X und Y eiern erstmal geschätzte zehn Jahre aneinander vorbei, bis sie schließlich glücklich vereint zusammen kommen und damit ist die Geschichte zu Ende.

Wenn ihr so etwas lesen wollt, dann seid ihr hier definitiv an der falschen Adresse!
 

Falls ihr mit dem Genannten jedoch leben könnt und noch immer vorhabt in die finsteren Tiefen meiner Geschichte abzutauchen, dann wünsche ich euch nun ganz viel Spaß bei meiner Fanfiction 'Dance with me', die ich euch auch nach bestem Wissen und Gewissen schmackhaft machen werde!
 

Liebe Grüße,

eure sissyphos :-)
 

PS: Ich bin gerade dabei, die komplette Fanfiction von vorne bis hinten zu überarbeiten!

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Der Frühling ist endlich angebrochen und verzaubert die Welt wie jedes Jahr mit Wärme und dem Gesang der Vögel, die ihre Rückkehr aus dem Süden zum Besten geben. Die Sonne steht zu dieser Uhrzeit bereits hoch oben am Himmelszelt und durchleuchtet die Bäume, die ihr Winterkleid allmählich abwerfen und die Umgebung wieder mit Farbe füllen.

In dieser Zeit, die mich an den kürzlich gelesenen, grässlichen, Roman “Frühlingserwachen” erinnert, gehe ich durch den Korridor, auf dem Weg zu meinem Klassenzimmer. Zu solch früher Stunde, hört man nur seine eigenen Schritte in den langen Gängen widerhallen. Hier ist keine Menschenseele.

Es ist still, so wie jeden Morgen.

Für mich ist es unmöglich, später in der Schule aufzukreuzen. Ansonsten begegne ich nämlich den Mädchen, die mich vergöttern. Ihre entzückten Schreie, ihr Gekreische, ihre augenklimpernden Liebesbeteuerungen, wenn sie mich nur ansehen - sind am frühen Morgen einfach wie Gift.

Natürlich besitzt dieses vermeintliche Übel auch seine guten Seiten. Schließlich genieße ich mein Ansehen und die Aufmerksamkeit, die man mir schenkt, auch ein Stück weit. Ohne sie, wäre ich nicht ich.

Das Licht wird durch den Bewegungsmelder ausgelöst. Noch ein paar Schritte folge ich dem Gang des Korridors, dann sehe ich dieses Geschenk des Himmels auf mich zutänzeln: Sakura Haruno. Das mit Abstand hübscheste Mädchen der gesamten Schule. Auch sie ist, wie jede andere, hoffungslos in mich verliebt. Trotz ihrer offensichtlichen Gefühle für mich, will ich nichts überstürzen. Denn je länger man auf etwas wartet, desto mehr respektiert und schützt man es, wenn man es schließlich besitzt. Darauf hoffe ich zumindest. Wir würden das perfekte Paar abgeben.

Nun ertönen auch hinter mir Geräusche von Schritten. Von dem Radau lasse ich mich nicht beirren, schreite grinsend und zieltstrebig auf das zierliche Mädchen zu, das ebenfalls in meine Richtung sieht und lächelt. Sie beschleunigt zunehmend ihr Tempo. Anscheinend kann sie es gar nicht abwarten, mich wiederzusehen, dabei sind seit unserem letzten Treffen nur wenige Stunden vergangen.

"Hallo, Sa -", setze ich zur Begrüßung an, doch da ist sie schon an mir vorbeigelaufen. Verwirrt und zugleich überrascht folgt ihr mein Blick und macht schließlich schockiert die laufende Realität auf zwei Beinen aus: Sasuke Uchiha. Der große, schlanke und schwarzhaarige Schönling der Schule.

Schmerzlich wird mir bewusst, dass alles vorige mal wieder nichts weiter, als reines Wunschdenken gewesen ist: Dass ich geschätzt werde, dass ich Ansehen genieße und vor allem, dass sich Sakura für mich interessiert. Das alles versuche ich mir nur einzureden. In Wahrheit beachtet sie mich nicht einmal. Was für eine bittere Pille, echt jetzt!

Meine Augen verfolgen die Situation haargenau. Sakura drückt sich an seine Brust, während sich hinter ihm eine kreischende, verliebte Mädchenmeute bildet. Meine Meute!

“Wollen wir nicht mal zusammen ausgehen?", säuselt meine Traumfrau, die für mich bestimmten Worte und streicht ihm mit dem Finger über die Brust.

"Nein, danke", ist seine knappe, schroffe Antwort.

Was fällt dem Kerl ein, mein Mädchen mit diesen Worten einfach abzuspeisen?

Dieser durchtrainierte, talentierte, gutaussehende, verdammte Streber, der zudem noch mein bester Freund ist! Oh, wie ich ihn hasse. Dieser aufgeblasene Wichtigtuer! Meint, er sei besser, als der Rest. Ein Sasuke Uchiha hat es ganz anscheinend nicht nötig, mit anderen auf vernünftige, respektvolle Art zu sprechen, geschweige denn in vollständigen Sätzen zu antworten.

Und, obwohl ich mich tagtäglich über ihn aufrege, ihn verfluche und verhöhne, verbindet uns doch unsere geteilte Leidenschaft schon seit Jahren miteinander: Unsere unbeschreibliche Leidenschaft für das Tanzen. Dieses Gefühl der Freiheit, das man nur dabei empfindet, lässt sich mit keinen Worten annähernd treffend beschreiben. Aber es lässt mein Herz höher schlagen und meine Seele aufatmen, so viel kann ich mit Bestimmtheit sagen.

Die meiste Zeit rede ich zwar schlecht von ihm, aber natürlich ist das alles nur Show. Eigentlich mag ich ihn sehr.

Dieses Wort “sehr” artete in den vielen Jahren, die wir bereits aneinander kleben, zunehmend aus. Manchmal überkommt mich in seiner Nähe sogar ein derartiges Herzklopfen, wie ich es sonst nur bei Sakura empfinde. Dann, wenn ich seine unergründlichen Augen gedankenverloren in meine blicken, ihn dabei durch seine leicht geöffneten Lippen atmen sehe, dann überkommt mich etwas Unbekanntes. Ein Gefühl, das ich seit Monaten noch im selben Moment verdränge, sobald es an die Oberfläche dringen will. Er ist mein bester Freund und der soll er auch bleiben, für immer.

Mein bester Freund.

Mein bester Freund!

Verneinend schüttle ich den Kopf: Anderes Thema, sofort. Wir zwei sind zusammen in einer Tanzgruppe, unter der Leitung von Kakashi Hatake. Im Gegensatz zu unserem Lehrer, steht das Tanzen für uns jedoch an erster Stelle. Ihm ist sein Buch allem Anschein nach um einiges wichtiger. Sonst würde er es nicht ständig während des Unterrichts lesen. Der Kerl regt mich manchmal dermaßen auf – wenn er nicht einen Kopf größer wäre als ich, hätte ich meinem Ärger schon des Öfteren mit einem Faustschlag Platz gemacht. Nun ja, zumindest ist er ein wahrer Meister, wenn es um Moves beim Breakdancen geht.

In dieser Beziehung, Tanzen, gibt es zwischen Sasuke und mir einen gravierenden Unterschied: Er macht Breakdancen nur nebenbei. Hauptsächlich tanzt er den sogenannten Modern Dance. Ich habe absolut keine Ahnung, was sich genau dahinter verbirgt. Ich weiß nur, dass es sich dabei um eine Form von Ausdruckstanz handelt, so Wikipedia. Verdammte Scheiße, obwohl wir seit Jahren beste Freunde sind, habe ich noch keine einzige seiner Aufführungen besucht. Klar, man kann jetzt sagen: “Boah, du scheiß bester Freund, Wannabe!” Aber mal im Ernst: Welcher Mensch auf diesem Planeten möchte sich ballettähnliches Rumgehopse – noch dazu von seinem langjährigen, besten Saufkumpanen – reinziehen?

Wenn ich ihn ansehe und ihn mir beim Ausdruckstanz vorstelle, dann erscheint in meinem Kopf jedes Mal das Abtörnerbild schlechthin: Ein tanzender Sasuke, der in ein viel zu enges Tutu gehüllt wurde und komische, verstörende Bewegungen macht. Und dann reicht's mir auch schon wieder. Echt jetzt, das muss ich mir nicht geben. Irgendwo hört die Freundschaft dann auch mal auf und hier ist ganz entschieden Ende im Gelände, ich neige nicht zur Selbstverstümmelung.

Nein, ich möchte mein momentanes Bild von ihm echt nicht zerstören. Schließlich ist er ein ausgezeichneter Breakdancer, den ich in dieser Beziehung sogar bewundern kann. In allen anderen zwar auch, aber vor allem in dieser. Seine Bewegungen wirken nie grob, sondern perfekt ausbalanciert. Er tanzt anders, als der Rest. Irgendwie leidenschaftlicher und doch gewissermaßen erzwungen.

"Morgen Naruto", begrüßt er mich, als er und sein Fanclub direkt vor mir stehen. Doch mein Geist ist noch nicht vollständig anwesend, der sitzt noch Zuhause und zieht sich die halbverdorbene Milch rein. Statt eine Antwort abzugeben, grübelt mein Hirn angestrengt weiter.

Ihn einmal bei diesem Ausdruckstanz zu sehen, würde alles zunichte machen. Ernst nehmen könnte ich ihn dann nicht mehr. Und damit wäre unsere Freundschaft zerstört. Obwohl er mich manchmal ziemlich stresst, ist mir unsere Verbindung doch extrem wichtig. Na ja, ist auch nicht gerade so, als würde ich von Freundschaftsanfragen erschlagen. Eigentlich besteht mein engerer Freundeskreis nur aus...Sasuke. O Gott, scheiße ist das armselig.

Abgesehen davon, verpasse ich mit Sicherheit nichts. Was tanzt man denn schon beim Ausdruckstanz? Schwanensee? Sasuke bei Schwanensee? Das wäre allenfalls ein Fall für Youtube – und auch damit wäre die Freundschaft buchstäblich am Arsch.

"Ist alles okay mit dir?", will Sasuke wissen, der anscheinend noch mein, von der Vorstellung des Tutus, verzerrtes Gesicht vor sich hat.

Blinzelnd und kopfschüttelnd grinse ich: "Alles easy!" und verpasste ihm einen freundschaftlichen Hieb gegen die Schulter, um mich herum wird es daraufhin lauter.

"Er ist so ein Vollidiot."

"Warum gibt Sasuke sich immer noch mit dem ab?"

“Das macht Sasuke nur, weil er so ein guter Kerl ist. Echt ein Traumtyp.”

"Totaler Versager."

Das höre ich die Mädchen tuscheln, aber ich ignoriere es gekonnt. Darin bin ich geübt, ist für mich auch nichts Neues mehr. Weder ihre abweisenden Blicke, noch ihr Gerede – altbekannte Scheiße.

Nur eine Frage hat mich lange Zeit beschäftigt: Warum mögen sie mich nicht?

Vielleicht, weil ich das genaue Gegenteil von Mr. Supertoll bin. Wenn überhaupt, bin ich hier nur Mr. Superdepp.

Aber das macht mir schon lange nichts mehr aus. Ich habe mich mit dieser Tatsache abgefunden und das Tanzen vorgeschoben. Es gibt mir ein Ziel und eine Bestimmung. Das lässt mich den Rest um mich herum, die ganzen Blamagen und den Spott, fast vollständig vergessen.

Irgendwann werde ich der Beste der Besten sein. Das ist mein Traum. Den ganzen Leuten, die mich heute belächeln, werde ich schon noch zeigen, wo der Hammer hängt. Wenn ich erst einmal berühmt bin, werden sie mich respektieren. Sie werden mir nachlaufen und mich mehr vergöttern, als sie Sasuke jemals vergöttert haben. Aber dann wird es zu spät sein. Dann werde ich ihnen die kalte Schulter zeigen. Und diesen Moment, wenn ich sie mit niederschmetternder Ignoranz strafen kann, werde ich genießen. Vielleicht werde ich dafür sogar ein Tagebuch anlegen. Nur für diesen einen Tag, der mein Leben grundlegend verändern wird.

Im Hintergrund ertönt plötzlich das scheppernde und ohrenbetäubende Geräusch der Schulklingel.

"Nah, lass' uns zum Unterricht gehen, Sasuke. Was haben wir zuerst?", meine ich und setze meine müden Beine in Bewegung. Das letzte Training steckt mir noch immer in den Knochen.

"Mathe", entgegnet er, während er neben mir hergeht und ihn weiter die Mädchen, einschließlich Sakura, wie Schmeißfliegen umschwärmen. Auch er hat gelernt zu ignorieren, nur anders als ich.

"Mathe", wiederhole ich würgend.

"Fangen wir nicht heute mit einem neuen Thema an?", frage ich weiter, um das Gespräch aufrecht zu erhalten. Ich weiß, wie schnell ein Gespräch mit Sasuke Uchiha zum Scheitern verurteilt ist und sich in Schweigen verliert.

Um das ständige: "Saaasukeeee", noch übertönen zu können, muss ich verflucht laut sprechen, fast schreien. Wie alt sind die Weiber noch gleich? Hm, Zwölf? Ach, nein, stimmt, wir schreiben ja bald das Abitur. Vielleicht ist es doch nicht so beschissen, unbeliebt zu sein, wie ich glaube. Aber im Prinzip hat alles seine guten Seiten, wenn man nur lange genug danach sucht.

Vielleicht soll und will man nicht unbeliebt sein. Aber davon, jemand wie Sasuke sein zu wollen, kann man eigentlich auch nur abraten. Denn, wenn das so weitergeht, wird er spätestens mit Dreizig an einem Tinitus oder, noch schlimmer, an Taubheit leiden. Wer beliebt sein will, muss leiden.

"Glaub schon", antwortet mein Freund schließlich, während wir das Klassenzimmer betreten. Gähnend nehmen wir auf unseren Stühlen Platz. Sasuke stemmt das Gesicht gelangweilt in die Hände, ich lasse mich einfach über den Stuhl hängen und lege den Kopf in den Nacken.

Für einen Moment haben wir unsere wohlverdiente Ruhe, genießen sie und vermissen sie schon, bevor sie überhaupt vorbei ist.

"Warum darfst du eigentlich neben Sasuke sitzen?", höre ich plötzlich die liebliche Stimme meiner Angebeteten schimpfen – Tschüss Windstille, drohender Sturm ahoi.

Schlaftrunken sehe ich auf und blicke in ihre wunderschönen grünen Augen, die mich zornig anfunkeln.

"Ich sitz doch schon ewig hier", entgegne ich, vielleicht eine Spur zu unverschämt.

"Das heißt noch lange nicht, dass das auch so bleiben muss!", fährt sie mich an und schlägt demonstrativ mit der flachen Hand auf den Tisch, der unter ihrer Wucht erzittert.

"Doch", wirft Sasuke ein, wodurch eine Diskussion mit mir überflüssig wird.

"Aber Sasuke", beginnt sie und beugt sich zu ihm herüber, während sie mich wieder wie gewohnt ignoriert, "wäre es nicht viel angenehmer, wenn ich neben dir sitzen würde? Und nicht dieser Trottel!"

Aufgrund der Beleidigung verziehe ich mein Gesicht, bleibe aber still und lausche. Ja, ja, Selbstverstümmelung ist nicht mein Ding, was?

"Warum sollte es das sein?", will er wissen und seine schwarzen Augen scheinen Sakura nahezu zu verzehren. Will er sie bloßstellen? Das soll er nicht. Ein einfaches "nein" hätte doch auch gereicht.

Sakura sieht ihn einen Moment verdutzt und verwirrt an. Mit dieser Frage scheint sie nicht gerechnet zu haben.

"Na, das ist doch offensichtlich", beginnt sie ein wenig unsicherer, "ich bin zum Einen ein Mädchen. Zum Anderen bin ich viel intelligenter als er. Ich wäre also besser für Partnerarbeiten geeignet. Zusammen würden wir immer die Höchstpunktzahl erreichen."

Allmählich redet sie sich in Ekstase. Es scheint ihr zu gefallen, sich selbst mit mir zu vergleichen. Und vor allem scheint sie zu wissen, dass der Uchiha großen Wert auf nicht nur gute, sondern sehr gute Noten legt. Aber ob er dafür Hilfe braucht? Das mag er, so wie ich ihn kenne, mehr als Beleidigung auffassen. Doch Sasuke hört dem, was sie zu sagen hat, widerspruchslos zu und wartet geduldig ab, dass sie endlich die Klappe hält.

"Außerdem bin ich viel hübscher als er. Gut, ich bin ja auch ein Mädchen. Aber ich bin überzeugt, dass ich besser tanze. Das machst du doch so gern, Sasuke. Wir könnten zusammen tanzen. Und ich rieche nebenbei auch angenehmer, liegt an meinem neuen Parfum, weißt du? Das sind alles Vorzüge, die nur ein Mädchen hat!"

"Ist das so?", fragt er, als er glaubt, sie sei fertig und sieht sie mit diesem unverkennbaren Sasuke-Uchiha-Blick an, durchdringend und eisig.

"Ja, das ist so", bestätigt sie grinsend und sichtlich von sich selbst überzeugt.

"Er bleibt trotzdem hier sitzen", meint er schließlich und senkt den Blick. Das eindeutige Zeichen, dass das Gespräch für ihn beendet ist.

Das ist es zwangsweise auch, denn Sakura hat, obwohl sie anscheinend will, keine Gelegenheit mehr zu widersprechen, denn unser Lehrer Umino tritt genervt ein.

Niedergeschlagen geht sie zu ihrem Platz zurück und setzt sich. Die arme Sakura. Gerne hätte ich sie jetzt getröstet. Warum muss er auch immer so schrecklich gemein sein?

Unfassbar, dass die Mädchen darauf stehen. Auf eine so gemeine, abweisende Art, die Sasuke zu Tage bringt.

Er benimmt sich ihnen gegenüber gerade so gefühlvoll wie ein Eisklotz. Und dennoch ist er der beliebteste und begehrteste Typ der Schule. Das ist alles andere, als fair und logisch.

Ich versuche zu allen nett und freundlich zu sein und bekomme zum Dank die fiesen Sprüche an den Kopf geworfen. Er benimmt sich wie das letzte, arrogante Arschloch und wird dafür von den Mädchen vergöttert, während die Jungs ihn cool finden. Von Eifersucht fehlt hier nahezu Spur, unfassbar, an anderen Schulen würde es Mord und Totschlag geben. Nicht so bei uns, anstatt ihn fertig zu machen, versuchen die Kerle sein Geheimnis zu lüften, wie er so gut bei dem weiblichen Geschlecht ankommen kann.

Aber Sasukes Antworten auf diese Fragen, sind allesamt nicht sonderlich aussagekräftig und insgesamt zu knapp. Mit einem: "Ist halt so" oder "weiß ich doch nicht", kann man nunmal nicht besonders viel anfangen.

Das, was hier abläuft, passt eindeutig in die Kategorie verkehrte Welt. Die Schule kann doch nicht ausnahmslos von hirnlosen Zombies regiert werden!

"Morgen", murmelt Herr Umino schlaftrunken, den wir alle nur Iruka nennen, während er seine Tasche auf dem Lehrerpult ablegt und einige Mappen und Bücher herauskramt.

Iruka ist ein netter Mensch, auch wenn man ihn schnell zur Weißglut treiben kann. Vor allem, wenn man seinem Unterricht nicht folgt. Markant ist die lange Narbe, die über seinen Nasenrücken verläuft und erst auf den Wangen endet. Ansonsten ist er groß und bindet sein langes, braunes Haar immer zu einem Zopf zusammen.

Männer mit langen Haaren sind mir zwar etwas suspekt, aber ich gewöhne mich allmählich an diesen Anblick. Eigentlich auch unvermeidlich, wenn man bedenkt, dass einige der Breakdancer, die ich kenne, Rastalocken tragen. Und meist nicht nur Schulterlange, sondern Haare bis zum Arsch.

"Morgen", murmelt und gähnt die Klasse ungleichmäßig. Manche sagen auch gar nichts. Zu denen gehört zum Beispiel Sasuke.

"Kommst du heute zum Training?", flüstere ich dem Uchiha zu.

Seine schwarzen Augen funkeln mich an. So, als sei das die falsche Frage gewesen.

"Muss ich sehen. Hab viel zu tun", entgegnet er und richtet seinen Blick wieder geradeaus zur Tafel.

"Na ja, Kakashi hat nach dir gefragt. Du warst ja gestern schon nicht da", versuche ich zu erklären. Er soll nicht meinen, mir persönlich liege etwas an seiner Anwesenheit.

"Wie gesagt: Hab viel zu tun", wiederholt er nur, ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen.

Mit einem langgezogenen Seufzen muss ich einsehen, dass ein Gespräch aussichtslos ist. Dieser elende Streber hat einfach keine Lust auf ein Pläuschchen und will vermutlich lieber dem Unterricht folgen, als sich mit mir zu unterhalten.

Iruka kritzelt währenddessen etwas an die Tafel, dem ich nicht wirklich folgen kann. Könnte daran liegen, dass ich die Lehrbücher nach der Schule allenfalls dazu benutze, um meine Kamera höher zu stellen, wenn ich mich bei meinen Moves filme.

"Wir beginnen heute mit dem Thema Analysis", schwafelt er dazu.

Augenblicklich muss ich grinsen und wende mich wieder zu meinem Freund.

"Nah, Sasuke! Warum betont er denn "Anal" so stark?", versuche ich zu flüstern, verschlucke mich aber laut glucksend bei diesen Worten. Irukas Blick spüre ich stechend auf mir, ignoriere das Gefühl jedoch gekonnt.

"Weil es so ausgesprochen wird, Idiot", grummelt Sasuke, der meine Anspielung anscheinend überhaupt nicht lustig findet. Wie kann man nur so einen Stock im Arsch haben? Schlimm, werd mal locker, Mr. Obercool.

Beleidigt richte ich meine Augen wieder Richtung Tafel und betrachte die Gleichungen, die Iruka in Windeseile anschreibt.

"Kann einer von euch erklären, womit sich die Analysis befasst?", wirft Iruka in den Raum und in seinem Unterton schwingt die Befürchtung mit, dass es sowieso niemand kann.

Meine Antwort hätte sich auf irgendwelche Pornos mit Analverkehr bezogen und es juckte mir regelrecht in den Fingern, mich zu melden und meinen Senf zu dem Thema abzugeben. Ich selbst hätte mich in die Ecke geschmissen vor Lachen – gut, in der Ecke wäre ich vermutlich tatsächlich gelandet, nicht nur im übertragenen Sinn.

Und wie erwartet meldet sich keiner, mit Ausnahme des wandelnden Wikipedias, unter dem Decknamen: Sasuke Uchiha.

"Ja, Sasuke", nickt Iruka ihm lächelnd zu. Von dem Uchiha kann man nunmal nur gute Antworten erwarten, nicht so unreife wie von meiner Person.

"Also die Analysis ist erstmal aus den Grundlagen von Leibniz und Newton entwickelt worden. Ich will nicht zu viel vorgreifen, deshalb halte ich mich kurz: die Analysis befasst sich mit Grenzwerten von Folgen und Reihen. Außerdem mit Funktionen von komplexen Zahlen und deren Stetigkeit, Integration und Differenzierbarkeit. Da die Differenzialrechnung einer der wesentlichen Bestandteile der Analysis ist und wir damit bereits begonnen haben, nehme ich an, dass wir mit ihr fortfahren werden", erklärt Sasuke nüchtern, während er sich in seinem Stuhl zurücklehnt.

Alle sind sprachlos, jedes Mal aufs Neue. Manchmal frage ich mich, warum er überhaupt noch zur Schule kommt. Er kann alle Themen, bevor wir sie in der Schule überhaupt auf dem Programm haben.

Während sich Iruka über seine Antwort freut und die anderen tadelt, sich ein Beispiel an Sasuke zu nehmen, wende ich mich zu Besagtem und flüstere ihm ein schockiertes: "Woher weißt du das alles?", ins Ohr.

"Mein Bruder bringt es mir bei", entgegnet er und verschränkt die Arme vor der Brust.

Sein Bruder Itachi? Der Itachi, den ich in den vergangenen zwei Jahren, aufgrund seines Studiums, nur ein paar Mal gesehen habe, sollte die Zeit finden, ihm all das beizubringen?

Das ist ja ulkig. Bildlich kann ich mir nur allzu gut vorstellen, wie die beiden noch bis spät in die Nacht in Sasukes Zimmer hocken und wild diskutierend büffeln. Irgendwie passt das zu dieser merkwürdigen Tänzerfamilie.

Schon seine Großmutter hat getanzt. Seine Mutter und sein Vater genauso. Itachi ist diesem Beispiel ebenfalls gefolgt. Und soweit ich weiß, ist er ein hervorragender Tänzer und der Stolz der Familie. Also tanzt Sasuke natürlich auch, um die Tradition fortzusetzen. Und darauf legt man Zuhause auch großen Wert. Zumindest sprechen sie über nichts anderes, wenn man mit ihnen gemeinsam an einem Tisch sitzt.

Und natürlich über Sasukes und Itachis Noten. Was mir auffällt, ist, dass die beiden immer miteinander verglichen werden. Es ist wie ein andauernder Wettbewerb, richtig strange. Na ja...Künstler eben.

Aber worüber sich Familien ansonsten – unter normalen Verhältnissen – so unterhalten, kann ich nicht beurteilen. Und ob das einzige Thema der Uchihafamilie nun normal oder ungewöhnlich ist, kann ich eigentlich auch schlecht sagen. Wenn man selbst keine Ahnung hat – und die habe ich in diesem Fall wirklich nicht – sollte man einfach mal geschmeidig die Fresse halten.

Meine Eltern kamen, soweit ich weiß, damals bei einem tragischen Autounfall ums Leben. Nur ich, der damals zweijährige Naruto Uzumaki, überlebte dieses Unglück. Eigentlich wollte man mich im Heim lassen, aber ich konnte mich, als ich älter wurde, schließlich durchsetzen. Bis ich Sechszehn war, kam deshalb täglich eine ältere Frau vorbei, um nach dem Rechten zu sehen. Dass ich auch nicht die Küche in Brand stecke oder solche Späße.

Nur durch diesen Kompromiss konnte ich auch weiterhin Zuhause leben und wie alle anderen Kinder zu einer normalen Schule gehen.

Doch diese ältere Frau, ich meine ihr Name war Schmitz, bekam ich so gut wie nie zu Gesicht. Manchmal hatte ich das Gefühl, sie wolle mich überhaupt nicht treffen.

"Naruto!", schreit eine wütende Stimme und im darauffolgenden Moment knallt ein harter Gegenstand gegen meinen Kopf, reißt mich aus meinen Gedanken und beinahe auch vom Stuhl.

"Ich hoffe, das entzieht dich deiner Träumereien! Sasuke muss sich schließlich auf den Unterricht konzentrieren können!", brüllt Iruka, der mir soeben eines seiner Lehrbücher um die Ohren geknallt hat.

Während ich mir die schmerzende Stirn reibe und leise vor mich hin grummle, lacht der Rest der Klasse laut auf. Auch Sasuke kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.

Was meint Iruka damit, dass sich Sasuke nicht auf den Unterricht konzentrieren kann? Und warum hören diese Idioten nicht mehr auf zu lachen? So lustig war das Ganze nun auch wieder nicht.

“Naruto! Das wirst du mir büßen, einfach Sasuke so veträumt anzustarren! Das ist ja nicht zum Aushalten mit dir!", tobt Sakura, während sie von ihrem Stuhl aufspringt und mit dem Zeigefinger auf mich weist.

Was redet sie denn da für einen Bullshit? Ich habe doch gar nicht - oh, verdammte Scheiße.

"Setz dich wieder, Sakura", hat Iruka inzwischen gefordert, um mit seinem Unterricht ungestört fortfahren zu können.

Wenn ich genauer darüber nachdenke, habe ich meinen Blick tatsächlich nicht von ihm abgewandt, als ich in Gedanken versunken bin.

Aber das war bloß ein Missverständnis.

"Das ist ein MIssverständnis!", brülle ich plötzlich, obwohl längst wieder alles still ist, die Sache war längst vergessen.

Alle sehen mich verwundert und überrascht an, bevor sie erneut in schallendes Gelächter ausbrechen.

Warum muss so was immer mir passieren?

"Du machst dich nur noch mehr zum Deppen, Naruto. Setz dich hin", wendet Sasukes unbeeindruckte und gelangweilte Stimme ein. Als ob ich das nicht selbst wüsste.

Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich, genau wie Sakura zuvor, von meinem Stuhl aufgesprungen bin, und meine Hände auf den Tisch geschlagen habe, was mit Sicherheit einen ohrenbetäubenden Lärm ausgelöst hat.

Was für eine peinliche Nummer. Was für ein Tag.

Und die Zeit will auch nicht richtig vergehen. Die Sekunden verstreichen gerademal in einem gefühlten Minutentakt, während ich mir weiter das Geschwafel von Iruka anhöre, von dem ich sowieso nicht viel verstehe.

Das Einzige, was ich noch will, ist es, meinen Heimweg anzutreten und mir die Decke über den Kopf zu ziehen, bis ich am Abend endlich wieder tanzen könnte. Nach all den peinlichen Ereignissen, die ich mir mal wieder geleistet habe, brauche ich dringend Abwechslung. Aber darauf kann ich eigentlich auch nicht wirklich hoffen. Schließlich sind Shikamaru und Kiba nicht nur in meiner Klasse, sondern ebenfalls Teil meiner Tanzgruppe.

Und Sasuke genauso! Wenn er kommt, dann ist alles vorbei. Dann muss ich mich einer Tortur unterziehen, von der mich auch das Tanzen nicht mehr ablenken kann.

Aber er hat ja glücklicherweise momentan eine Menge zu tun. Das hat er schließlich zweimal betont. Dann findet er sicherlich nicht die Zeit, noch zu so später Stunde unserem Training beizuwohnen. Niemals. Niemals! Aber andererseits, um mich zu blamieren, dafür findet er doch eigentlich immer die Zeit.

Vielleicht wäre es besser, selbst heute Abend nicht zum Training zu gehen und sich allein im Zimmer zu verkriechen. Aber, nein! Blödsinn! Bullshit!

Ich werde mich doch nicht einfach wie ein ängstlicher Hund verstecken. Ich werde mich stellen und ihnen zeigen, dass mich ihr Gelaber nichtmal ansatzweise interessiert. An mir werden sie sich die Zähne ausbeißen!

Ja, wie gesagt, ich neige nicht zur Selbstverstümmelung.

Party? - Nein, danke!

Endlich hörte ich das erlösende Geräusch der Schulklingel. Mal wieder hatte ich mich in Irukas Unterricht zu Tode langweilen müssen. Er erzählte mir nichts Neues und teilweise auch Inkorrektes, aber man korrigierte einen Lehrer nunmal nicht einfach so. Zumindest nicht derart krass. Deshalb hörte ich irgendwann einfach nicht mehr richtig zu und konzentrierte mich stattdessen auf andere Dinge wie zum Beispiel die Wandfarbe oder die verzweifelten Gesichter der anderen Schüler, die anscheinend überhaupt nichts verstanden. Eine absolut hoffnungslose Klasse. Wie die ihr Abitur schaffen wollten, war mir schleierhaft.

Immerhin war Naruto zwischendurch für einen Lacher gut. Schließlich hatte er es längst aufgegeben, auch nur zu versuchen, dem Unterricht zu folgen, geschweige denn ihn zu verstehen.

Obwohl er eigentlich gar nicht so blöd war wie er sich präsentierte. Wenn er wollte, konnte er ziemlich schnell begreifen und schlussfolgern. Aber er war nunmal herausragend faul. Und das brach ihm das Genick.

"Sasuke, bleib bitte noch einen Moment", meinte Iruka, während er die Tafel wischte und wir uns alle von unseren Stühlen erhoben.

Eigentlich war ich ziemlich im Zeitdruck, aber wenn es wichtig war, dann musste ich mir die Zeit eben nehmen. Auch wenn mein Vater davon sicher nicht begeistert war.

"Bis Morgen", grinste Naruto mir krampfhaft zu und entfernte sich mit schnellen Schritten.

"Bis später", rief ich hinterher und er wäre aufgrund dessen beinahe gestolpert.

Er war schon komisch. Vorhin hatte er noch ein paar Mal nachgehakt, ob ich heute zum Training erscheinen würde und jetzt versuchte er es anscheinend gekonnt zu überspielen.

"Ich warte auf dich, mein Schnuckelchen!", rief mir nun Sakura noch lächelnd hinterher, bevor sie wie alle anderen verschwand. Das hatte mir gerade noch gefehlt.

Genervt atmete ich aus und ging auf das Lehrerpult zu. Geduldig wartete ich, bis Iruka mit seiner Reinigung fertig war und begutachtete währenddessen mäßig interessiert die vielen verschiedenen Stifte, die wild verteilt auf dem klobigen Tisch lagen.

Lächelnd wischte er sich schließlich den Schweiß von der Stirn, ließ sich auf seinen Stuhl sinken und legte zunächst die verstreuten Utensilien ordentlich an ihren rechtmäßigen Platz zurück.

"Also, worüber ich mit dir reden wollte, Sasuke", begann er, während er mich durchdringend ansah und dann laut aufseufzte.

"Ist etwas mit meiner Leistung nicht in Ordnung?", fragte ich direkt verwundert.

"Nein, nein, mit deiner ist alles bestens", winkte er ab und ließ mich aufatmen. Für einen Moment hatte ich tatsächlich daran gezweifelt. Obwohl das eigentlich absurd war. Schließlich war ich in jedem Fach Klassenbester.

"Gerade deshalb, wollte ich ja mit dir sprechen", murmelte er und zog eine Mappe hervor, die er aufschlug und grob mit den Augen überflog.

Hatte ich etwa eine Empfehlung für eine Eliteschule bekommen? Das wäre ja hervorragend! Meine Eltern würden sicher stolz sein und ich könnte endlich mein ganzes Talent entfalten und dort gezielt fördern lassen. Ein leichtes Lächeln legte sich bei diesem Gedanken auf meine Lippen und ließ Iruka jedoch nur den Kopf schütteln.

"Es geht um Naruto", meinte er und machte damit all meine Hoffnungen und Träume schlagartig zunichte. Vor blanker Enttäuschung biss ich mir auf die Unterlippe, um ein genervtes Stöhnen zu unterdrücken. Naruto, na klasse!

"Geht es dir nicht gut?", wollte Iruka wissen, der anscheinend mein angespanntes Gesicht falsch interpretierte.

"Alles okay", murmelte ich, während mein Blick zu Boden sank. Seinetwegen stand ich also hier und musste mir später eine Standpauke meines Vaters anhören. Na warte, Naruto! Was hast du jetzt wieder angestellt, Trottel?

"Na gut, also ich wollte dich um etwas bitten, Sasuke. Narutos Noten sind insgesamt...schlecht. Ich kann es nicht anders sagen. Und so wie ich das sehe, seid ihr doch miteinander befreundet, oder nicht? Vielleicht könntest du ihm ja ein wenig Nachhilfe geben. Es wird sonst schwierig für ihn werden. Also das Jahr zu überstehen, verstehst du?"

Irukas Stimme klang bei diesen Worten ziemlich bedrückt. Und ich wusste, dass er Naruto eigentlich sehr mochte. Deshalb wollte er ihm auch helfen, wenngleich es während des Unterrichts häufig den Anschein machte, er würde den Uzumaki absichtlich bloßstellen. Aber das entsprach absolut nicht der Wahrheit.

Und ich, selbst wenn er der größte Vollidiot aller Zeiten war, wollte natürlich genauso wenig, dass er die Schule nicht schaffte. Schließlich war er mein bester Freund.

Außerdem war es mit Sicherheit nicht leicht für ihn, so ganz ohne Eltern zu leben. Erschwerend kamen seine Schulprobleme hinzu, die bestimmt auch nicht von ungefähr rührten.

Aus diesem Grund nickte ich Iruka zu und gab ihm somit mein Einverständnis.

"Das ist sehr vorbildlich von dir, Sasuke", lächelte mein Lehrer und ich war mir sicher, dass sich das Ganze auch positiv auf meine eigenen Noten auswirken würde. Also zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

"Das war's dann auch eigentlich. Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast. Ich wünsche dir noch einen angenehmen Tag", erlöste mich Iruka endlich mit einem aufgesetzten Lächeln.

"Wünsche ich Ihnen auch", erwiderte ich, als ich das Klassenzimmer bereits mit einem Bein verlassen hatte und schließlich die Tür hinter mir zuzog.

Jetzt musste ich mich aber beeilen.

Gerade, als ich mich in Bewegung setzen wollte, ließ mich eine kreischende, schrille Stimme urplötzlich in mir zusammenfahren und vor Schock beinahe umkippen.

"Saaasukeeee", rief sie und ich ahnte bereits, wer mich da so enthusiastisch rief. Es waren also doch nicht nur leere Worte gewesen.

"Sakura", versuchte ich zu lächeln und sah dieses nervige Mädchen, das Naruto aus mir unerklärlichen Gründen so anhimmelte, auf dem dreckigen Boden sitzen und auf den Bücherstapel neben sich weisen.

Dramatisierend zog sie auch noch einen Schmollmund und starrte mich hilfsbedürftig aus ihren großen, grünen Augen an. Ja, Hilfe brauchte sie tatsächlich. Aber nicht meine, sondern Professionelle.

"Kannst du mir vielleicht helfen?", säuselte sie und ich wollte direkt verneinen und ihr sagen, dass ich keine Zeit habe. Schon gar nicht für so einen inszenierten Quatsch.

Aber leider machte mir meine gute Erziehung einen dicken, fetten Strich durch die Rechnung, da ich ihr fast automatisch mit einem "Ja" mein Einverständnis gab.

Was war ich eigentlich für ein Vollidiot? Wenn ich überhaupt noch vor Sonnenuntergang Zuhause ankam, würde mich mein Vater einen ganzen Kopf kürzer machen.

Aber jetzt war es zu spät, denn Sakura war bereits freudig aufgesprungen und hing mir wie eine Klette am Arm. Was außerdordentlich praktisch war, wenn man einen Berg Bücher schleppen sollte.

Mit dem Stapel beladen, taumelte ich durch die Gänge, bis sie schließlich: "Halt, hier ist es schon", sagte. Betont langsam schloss sie nun ihren Spind auf und ich verlor allmählich die Geduld. Mit einem Fuß klopfte ich genervt und ungeduldig auf den Boden, während sie mir in aller Seelenruhe ein Buch nach dem anderen abnahm.

"Sakura, ich muss -", setzte ich noch freundlich an, doch sie unterbrach mich einfach frech: "Bin ja gleich fertig", murmelte sie und grinste mir dieses falsche Grinsen entgegen.

Mühsam verkniff ich mir ein Grummeln, versuchte mir meine Wut nicht anmerken zu lassen, während ihre Finger immer wieder rein zufällig meinen Arm und meine Hand streiften. Und dann wartete ich. Und wartete. Und wartete, bis mir beinahe die Arme abfielen.

"Sakura, ich muss wirklich - ", startete ich einen neuen Versuch, doch auch dieser misslang.

"Sofort, mein Munkelchen", säuselte sie und zwinkerte mir zu. In diesem Moment konnte ich mir einen abgenervten Gesichtsausdruck nicht mehr verkneifen, woraufhin sie ihr Tempo doch tatsächlich beschleunigte.

"Das war's schon!", lachte sie, während sie ihr Fach zuschloss.

Na endlich.

"Gut, wir sehen uns dann Morgen", nuschelte ich nur noch beiläufig, als ich mich bereits umgedreht und in Bewegung gesetzt hatte.

"Warte doch! Wollen wir nicht zusammen nach Hause gehen? Ich wohne doch nur ein paar Häuser weiter!", rief sie mir hinterher und ging im nächsten Moment auch schon im Gleichschritt neben mir.

Diese Frau war echt nicht zum Aushalten. Eigentlich würden sie und Naruto zweifellos das perfekte Paar abgeben. Dann könnten sie sich gegenseitig auf die Nerven gehen und einen Wettbewerb daraus veranstalten.

Hauptsache dieses grausige, anhängliche Mädchen ließ mich endlich in Ruhe!

"Könnten wir, aber ich hab's wirklich eilig, weißt du?", versuchte ich erneut mein Glück mit ruhiger Miene. "Ach, das macht gar nichts! Ich kann total schnell gehen!", lachte sie und ging demonstrativ schneller.

Womit hatte ich das eigentlich verdient?

Aber diskutieren brachte ohnehin nichts. Also Augen zu und durch. Und bloß das Beste daraus machen.

Wir bogen in eine Straße ein, an dessen Rand überall die Blumen aufblühten und das Ende des trostlosen Winters bekanntgaben. Wenigstens dieser Anblick konnte mich ein wenig ablenken.

Tief sog ich die frische Luft in meine Lungen ein und freute mich auf heute Abend. Wenn ich endlich wieder zum Training erscheinen konnte. Sogar auf diesen Vollidioten und die ganzen anderen Deppen, einschließlich meines Trainers, freute ich mich.

Ja, trotz der ganzen Schwierigkeiten, war dies ein guter Tag.

"Saaaasukeee", ertönte neben mir wieder die schrille Stimme und erinnerte mich daran, dass eben doch nicht alles perfekt war. Wenn jetzt ein Auto käme - nein, so sollte ich nicht denken.

"Was?", fragte ich kurz angebunden. Eigentlich hatte ich absolut kein Interesse an einem Gespräch. Vor allem nicht mit ihr. Momentan hatte ich schließlich - nicht zuletzt ihretwegen - ganz andere Sorgen. Dafür genügte ein Blick auf meine Armbanduhr. Schon in dreizig Minuten begann mein Tanztraining. Und zu allem Übel, war das auch noch die Generalprobe vor unserer Aufführung am Freitag in zwei Tagen.

"Warum gibst du dich mit diesem Naruto ab?", wollte sie wissen und mit einer derartigen Frage hatte ich tatsächlich nicht gerechnet.

Sie sah mich an, als wäre er ein Schwerverbecher und ich der Böse, der ihn zuhause versteckte.

"Keine Ahnung. Einfach so. Wieso fragst du?", gab ich deshalb schnell zur Antwort und richtete meinen Blick wieder geradeaus auf die Straße. Es war Gott sei Dank nicht mehr weit.

"Ich finde, er ist ein totaler Trottel!", entgegnete sie und stemmte, wie ich aus dem Augenwinkel erkannte, die Hände in die Hüfte.

"Das hast du schonmal angedeutet, ja", stimmte ich zu, obwohl 'angedeutet' deutlich untertrieben war. Schließlich sprach sie von Naruto nie Gutes. Das Einzige, was sie konnte, war, ihn zu beleidigen und schlecht zu machen. Ihre maßlose Oberflächlichkeit kotzte mich einfach nur an.

Eigentlich müsste sie das auch wissen. Schließlich hatte ich es ihr in der Vergangenheit des Öfteren gesagt. Aber wie man unschwer erkennen konnte, schien sie darauf nicht allzu viel gegeben zu haben.

"Es ist doch aber auch so! Er verhält sich wie der letzte Heckenpenner, ist strohdoof und faul noch dazu! Und das Widerlichste ist ja noch, dass er anscheinend auf mich steht. Bei dem Gedanken läuft es mir eiskalt den Rücken hinunter!", schimpfte sie und demonstrierte mir ein Würgen.

Wie ironisch. Das Gleiche könnte ich schließlich über sie sagen.

"Ist das so?", fragte ich stattdessen. Meine Standardfloskel, wenn mich etwas überhaupt nicht interessierte und mir absolut gleichgültig war. Bei Sakura kam sie also häufiger zum Einsatz.

"Ja, das ist so! Und außerdem - "

"Wir sind da", unterbrach ich sie und revanchierte mich damit für die Male zuvor, in denen sie mich nicht ausreden ließ.

"Also dann, bis morgen, Sakura", meinte ich noch und ging auf meine Haustür zu. Im Fenster erkannte ich sogleich eine schemenhafte Gestalt, die mich beobachtete. Bei ihrem Anblick atmete ich prophylaktisch tief ein.

"Tschüss, Hasilein!", rief sie mir hinterher. Was sie dann tat, wusste ich nicht, aber ich hoffte, dass sie weiterging.

Bevor ich die Türklinke herunterdrückte, hielt ich noch einen Moment inne, sammelte all meinen Mut zusammen und trat dann betont leise ein.

Doch wie erwartet, war das Erste, was ich sah, mein Vater, der mit verschränkten Armen und Zornesfalten im Gesicht vor mir stand.

"Weißt du eigentlich wie spät es ist?", fuhr er mich beängstigend ruhig an.

Ich senkte nur schuldbewusst den Blick und nickte stumm.

"Du brauchst gar nicht wegzuschauen! Freundchen, ausgerechnet heute, wo du Generalprobe hast, da musst du zu spät kommen", brummte er mit seiner rauen Stimme und mir wurde schlagartig unwohl zumute.

"Es tut mir -", begann ich entschuldigend.

"Spar dir das. Setz' lieber deinen Arsch in Bewegung und steig' ins Auto. Ich fahr' dich", unterbrach er mich jedoch direkt. Auf meine Entschuldigungen hatte er noch nie viel Wert gelegt. Nicht mehr Wert, als ich auf Sakuras Gebrabbel und ihre dazugehörigen Liebesgeständnisse legte.

Abermals nickte ich stillschweigend, machte auf der Stelle kehrt und eilte wieder aus dem Haus, während mir meine Mutter noch ein liebes: "Bis heute Abend, mein Schatz!", hinterher rief.

Dass ich absolut nichts im Magen hatte, musste mir jetzt egal sein.

Schnellen Schrittes eilte ich zum Wagen, dicht von meinem Vater gefolgt, und stieg ein.

Viel zu schnell fuhr er daraufhin aus der Einfahrt heraus und sauste mit einem beunruhigenden Tempo los. Gerade so, als gäbe es keinen Straßenverkehr und keine Regeln, die man beachten musste.

"Du hast deine Klamotten im Studio?", wollte er plötzlich wissen. Seine Stimme klang wie immer rau und kühl. Und selbst bei dieser banalen Frage schwang seine allzeit präsente Gleichgültigkeit mit.

"Ja", bestätigte ich und schaute dabei aus dem Fenster, auf die an uns vorbeiziehenden Bäume und Sträucher.

"Gut", meinte er. Dann war es wieder still zwischen uns.

"Habt ihr eure Englischklausur schon wiederbekommen?", fragte er nach einiger Zeit, in seinem Unterton lag aber reines Desinteresse.

"Haben wir", gab ich zur Antwort und kniff die Augen zusammen. Ich wollte es ihm nicht sagen.

Das befürchtete: "Und?", folgte trotzdem und forderte eine Erklärung. Meine Erklärung.

"Ein A habe ich geschrieben", erwiderte ich nach kurzem Überlegen, ob ich nicht doch lieber lügen sollte.

"Itachi hat immer ein A+ in Englisch gehabt", war das Einzige, was ihm dazu einfiel.

Und es war genau das, womit ich gerechnet hatte.

Und dafür hasste ich meinen Bruder. Genauso wie meinen Vater.

Glücklicherweise kam Itachi durch sein Tanzstudium nicht mehr oft nach Hause. Oder vielleicht war gerade das das Problem?

Nach geschätzten zehn Minuten, in denen mein Vater ununterbrochen das Gaspedal durchdrückte und alle anderen mit lautem Gehupe warnte, ihm bloß nicht in den Weg zu kommen, kamen wir schließlich mit quietschenden Reifen an meiner Tanzschule an. Ich würde noch gerade pünktlich sein.

"Danke", murmelte ich und stieg aus. Ohne eine Antwort oder ein "Tschüss" fuhr er einfach weiter.

Und ohne mich weiter daran zu stören, weil es eh zur Gewohnheit geworden war, ging ich geradewegs auf das Gemäuer zu. Es war ein altes Barockgebäude und riesengroß. Die mit Abstand beste und erfolgreichste Tanzschule in ganz Konoha.

Diese Schule duldete in ihrem Perfektionswahn weder Fehler, noch zu spät kommen. Und da ich absolut keine Lust auf eine dieser furchtbaren Strafarbeiten hatte, rannte ich in Windeseile los, kam nur Sekunden später am Empfang an, wo mir die Dame, die meine Eile anscheinend bemerkte, nur kurz zunickte und ich überhetzt meinen Weg zu den Kabinen fortsetzte.

In der Umkleidekabine angekommen, schloss ich mein Fach Nr. 124 auf, zog die riesige Tasche heraus und kleidete mich in den schwarzen, engen Stoff, sowie die schwarzen Schuhe und die weiße Maske ein.

In Gedanken ging ich währenddessen noch einmal sämtliche Schritte durch. Dachte daran, was ich beim letzten Mal falsch gemacht hatte und eigentlich bis heute üben sollte.

Aus der Umkleide gelangte ich in einen langen Flur, der nur zwei weitere Türen besaß. Die Linke führte in den Raum, in dem das Licht und die Effekte geregelt wurden, die andere auf die Bühne.

Ich nahm natürlich die Rechte.

"Gerade noch rechtzeitig, Sasuke", rief mir Madame Anko Mitarashi gleich entgegen, als ich eintrat.

Dann sah ich auch schon Hinata Hyuuga, die mir aufgeregt zuwinkte. Sie war ein wirklich liebes und schüchternes Mädchen und zudem noch meine Tanzpartnerin. Wir verstanden uns soweit ganz gut. Irgendwie waren wir sogar miteinander befreundet, wobei sie auf unsere platonische Freundschaft mehr Wert legte, als ich es tat. Trotzdem war sie mir sehr sympathisch, das konnte und wollte ich auch gar nicht leugnen.

"Ja, dann fangt mal direkt an, wir haben schließlich nicht den ganzen Tag Zeit", grummelte meine Tanzlehrerin, verschränkte die Arme vor der Brust und beobachtete das folgende Spektakel aus der ersten Reihe.

Ich ging in die Mitte der Bühne, drehte mich mit dem Rücken zum Publikum, ließ mich auf meine Knie niedersinken und wartete auf das Einsetzen der Musik.

Leise vernahmen meine Ohren den langsamen und doch rhythmischen Klang, beinah automatisch reagierten meine Arme darauf und rissen sich nacheinander im Takt nach oben und wieder nach unten.

Es folgte meine Solo-Tanzeinlage und zu meinem Glück, unterbrach mich Anko dabei nicht. Aber mein Körper bewegte sich auch völlig selbstständig. Sobald ich einen Schritt ausführte, lief bereits der nächste in meinem Kopf ab. Das war die Kunst, die man besitzen musste, um tanzen zu können.

Dann betrat Hinata tänzelnd die Bühne. In diesem Moment musste sich mein Körper verkrampfen. Schließlich erzählten wir eine Geschichte, der die Zuschauer bei unserer Premiere folgen können sollten.

Wir tanzten miteinander. Die Musik spielte etwas Beruhigendes. Dann plötzliche Stille. Die Musik wandelte sich. Rhythmus setzte ein. Trommeln ertönten.

Nun mussten wir die Kräfte spüren, die uns auseinander rissen. Die Tragik. Das Verlangen nacheinander. Zwei Hände, die sich berühren wollen und doch nicht erreichen.

"Stop!!", brüllte Anko und sprang mit Gepolter von ihrem Stuhl auf. Wir hielten inne. Die Musik verstummte kurz darauf.

"Hinata! Was soll denn das werden? Du willst zu ihm! Du vermisst ihn! Verlangen! Begierde! Trauer! Das sollst du vermitteln. So wie du dich präsentierst, hast du höchstens einen guten Putzlappen verloren!", rief sie entsetzt und schüttelte den Kopf.

Ankos Vergleiche waren immer wieder faszinierend.

"Ah, merde!", entrutschte es ihrer Stimme und ließ mich unter meiner Maske grinsen. Ihre französischen Ursprünge setzten sich bei Fehlern jedes Mal durch.

"T-Tut mir leid", stotterte Hinata daraufhin, senkte den Kopf und ich bemerkte an ihrer Stimme, dass sie den Tränen nahe war. Für Hinata war es alles andere, als gut, von einer so energischen Tanzlehrerin unterrichtet zu werden. Ihr raubte es den letzten Nerv, wenn sie angeschrien wurde.

Ich hingegen war es sowieso gewohnt. Also konnte ich über Ankos verhältnismäßig sanfte Wutausbrüche nur schmunzeln.

"Das Ganze nochmal von vorne! Vite!", brüllte sie und nahm mit einem Knall wieder auf ihrem Stuhl Platz. Ich sollte mich lieber konzentrieren. Sonst platzte ihr noch der Kragen.

Und so probten wir stundenlang. Erst, als wir hintereinander zwei Durchgänge perfekt inszeniert hatten, meinte Anko gnädig, dass es genug sei.

Völlig erschöpft schlenderten wir daraufhin von der Bühne und ich besuchte zuerst die Dusche, dann zog ich mir frische Kleidung an, gab mein Kostüm am Empfang ab, damit es nochmal gewaschen werden konnte und schaute auf die Uhr: 19 Uhr. In einer halben Stunde begann das einstündige Breakdancetraining.

Eigentlich war mein Körper zwar am Ende, aber jetzt konnte ich wenigstens das machen, was mir gefiel. Dazu gehörte dieses protzige Tanzstudio nicht unbedingt.

Außerdem verspürte ich auch nicht gerade das Verlangen, nach Hause zu gehen und mir dort die Standpauke anzuhören, für die heute Mittag die Zeit gefehlt hatte.

Deshalb zog ich mein Handy aus der Tasche, wählte unsere Nummer und hoffte inständig, dass meine Mutter abhob.

"Uchiha?", ertönte die liebliche Stimme meiner Mutter am anderen Ende und ließ mich erleichtert aufatmen.

"Ich bin's", entgegnete ich.

"Ah, Sasuke!", erkannte sie meine Stimme gleich freudig, "Wie geht's dir? Wie war das Training? Wir hatten ja heute Mittag keine Zeit uns zu unterhalten."

"Gut und gut", erwiderte ich, "ich wollte nur Bescheid sagen, dass ich noch nicht nach Hause komme." Geduldig wartete ich auf ihre Antwort. Im Hintergrund hörte ich Gepolter.

"Ja, das ist vermutlich auch besser, mein Schatz", meinte sie leise, als dürfe es sonst keiner hören.

"Ich bin so gegen 22 Uhr zuhause, Mum. Bis später", erklärte ich noch und legte dann auf, nachdem auch sie sich verabschiedet hatte.

Draußen war es, wie ich nach dem Verlassen des Gebäudes feststellte, bereits dunkel geworden. Der Tag neigte sich dem Ende zu und trotzdem hatte ich heute noch keine fünf Minuten für mich gehabt. Aber das würde ich nun endlich nachholen können und diese Erkenntnis zauberte mir ein leichtes Lächeln auf die Lippen.

Langsam schritt ich nun zielstrebig durch die Straßen und entschied mich schließlich dafür den Bus zu nehmen, da Kakashis Schule in der Innenstadt lag.

Ich stieg also ein, bezahlte und verließ den Bus auch bereits an der zweiten Station wieder. Von hier aus waren es nur noch wenige Meter zu Fuß.

Die frische Abendluft erfasste mich auf meinem Weg über den asphaltierten Bürgersteig und kühlte meinen noch immer heißen Körper ein wenig ab. Mein Magen rumorte dabei fürchterlich. Wann hatte ich das letzte Mal gegessen? Vor ungefähr zehn Stunden, schoss es mir durch den Kopf. Und das ausgerechnet an einem so anstrengenden Tag.

Dann erkannte ich das absolut heruntergkommene Haus, das mein Herz postwendend höher schlagen ließ. Hier hatte ich viele gute Erinnerungen gesammelt und meine eigentliche Leidenschaft für das Tanzen entdeckt. Und das, obwohl ich schon Jahre vorher zu tanzen begonnen hatte. Aber damals mehr aus Zwang und Tradition, als aus purem Spaß daran. In unserer Familie gehörte Modern Dance nunmal einfach dazu. Und dem hatte ich mich wohl oder übel fügen müssen. Aber ich tat es auch mit einem gewissen Ehrgeiz, um mich meinem Vater endlich zu beweisen.

Knarrend öffnete ich nun die Tür, die mich in meine wohl verdiente Freiheit führte, ging langsamen, genießenden Schrittes den dunklen Flur entlang und trat in die hell erleuchtete Umkleidekabine ein.

Vier Augenpaare funkelten mich sogleich an.

"Ah, der Uchiha ist auch da! Naruto hat dich schon vermisst!", lachte der braunhaarige Kiba neckisch und hatte gleich darauf Narutos Gürtel im Gesicht.

Schmunzelnd ging ich auf sie zu und stellte meine Sporttasche ab. Es tat gut in einer so lockeren Umgebung sein zu können. Hier konnte ich endlich abschalten. Den ganzen anderen Stress wenigstens für eine kurze Zeit vergessen.

Auch Gaara aus Sunagakure war heute hier. Er hatte allerdings das Pech, dass er nicht jedes Mal zum Training erscheinen konnte. Dafür war der Weg einfach zu weit. Doch da Kakashis Schule die einzig Sinnvolle in der Umgebung war und uns Gaara zudem alle irgendwie mochte, auch wenn er es uns nicht wirklich spüren ließ, hatte er sich trotz der Umstände für eben dieses Tanzstudio entschieden.

"Ist Kakashi schon da?", fragte ich rhetorisch nach, um die Stimmung etwas aufzulockern.

"Dreimal darfst du raten!", antwortete Shikamaru grinsend.

"Womit wird er sich wohl heute entschuldigen?", lachte nun auch Naruto.

"Na, ist doch ganz klar: Entweder hat er sich auf seinem 'way of life' verirrt oder auf seinem 'way of the ninja'", grunzte Kiba.

Tatsächlich sprach Kakashi so gut wie nur mit Anglizismen. Keine Ahnung, ob er das nun cool fand oder er nicht anders konnte, aber er tat es ganz einfach. Und was er mit seinem merkwürdigen 'way of the ninja'meinte, wusste auch niemand so recht. Obwohl er mit seiner Maske, die von seinem Kinn bis hoch zu seinen Augen verlief, schon ein wenig an einen Ninja erinnerte.

Er setzte sie nie, wirklich niemals ab. Und deshalb gab es auch die wildesten Theorien, was er darunter versteckte. Von wulstigen Lippen, bis hin zu riesigen Narben, war alles vertreten.

Wieder zog ich mich um. Dieses Mal musste ich mich aber nicht in einen hautengen Anzug zwängen, sondern in eine luftige Hose und ein weites ärmelloses Shirt. Dazu noch Turnschuhe und ein paar Schweißbänder - fertig.

Während wir auf Kakashi warteten, betraten wir schon mal die große Halle mit dem riesigen Spiegel, der eine ganze Wandlänge einnahm und quietschten mit unseren Schuhen freudig nervend über den Boden.

Gaara nahm derweil auf einer der Bänke Platz und streckte seinen Körper.

"Hey, yo, Sasuke!", rief Kiba, während er einen Arm um meine Schulter legte und mich angrinste.

"In zwei Tagen", säuselte er.

"Was ist dann?", wollte ich wissen und dachte an meine Aufführung.

"In - zwei - Tagen!", wiederholte er betont langsam.

"Lass' den Scheiß, Kiba", grummelte Shikamaru daraufhin und verschränkte die Arme.

"In zwei Tagen gibt Sakura die Party! Und rate mal, wen ich für sie einladen soll?", schwärmte er.

O Gott, bitte nicht. Das musste ein Alptraum sein.

Ich sah ihn nur aus dem Augenwinkel an und sagte nichts. Meine anfänglich gute Laune sank binnen weniger Sekunden schier auf den Nullpunkt.

"Ja, dich, du Dummerchen!", lachte er und verpasste mir einen freundschaftlichen Hieb gegen die Schulter.

"Und? Kommst du?", fragte er kurz darauf und schien sich meiner Antwort ziemlich sicher zu sein.

"Nein", erwiderte ich, entgegen seiner und der Erwartung der anderen.

Sie sahen mich verständnislos an. Aber das war mir egal. Eine Party mit und bei dieser Furie? Dann konnte ich auch gleich von einer Klippe runterspringen. Käme letztendlich das Gleiche bei raus.

"Party? Bei Sakura?", meldete sich nun auch Narutos Stimme zu Wort und drängte sich zwischen uns.

"Also ich bin ja mal sowas von dabei!", verkündete er im Schwärmerton.

"Ja, äh", begann Kiba und Shikamaru beendete seinen Satz mit einem: "Ganz toll."

Ihre Begeisterung ließ äußerst zu wünschen übrig. Naruto hingegen freute sich wie ein kleines Kind. Anscheinend überlegte er schon, was er anziehen sollte, so nachdenklich wie er dastand.

Dann ging plötzlich die Tür auf, entriss uns all unserer Gedanken und zog schlagartig die gesamte Aufmerksamkeit auf sich.

"Moin, Jungs. Sorry, hab' mich auf meinem 'way of life' verirrt", murmelte Kakashi mehr beiläufig und schlurfte gähnend herein.

Eigentlich konnte man es sich sparen, darauf etwas zu erwidern, trotzdem riefen Naruto, Shikamaru und Kiba gleichzeitig und anklagend: "Sie sind zu spät, Kakashi!"

Aber er lachte nur. Das war ja schließlich nichts Neues.

Er schaltete sogleich die Musik ein und schrie: "It's your turn! Wir fangen direkt an! Dann zeigt mir mal ein paar Freezes, Jungs! Aber der Reihe nach!"

Ich ging als Erster nach vorne und demonstrierte gleich den schwierigsten der Freezes: Den sogeannten Air chair, wobei ich mit einer Hand horizontal auf dem Boden stand und sich mein Ellenbogen auf dem Rücken befand.

Kakashi nickte mir anerkennend zu, ich ging ab und Naruto kam nach vorne und präsentierte gerade mal den Basisfreeze: Den Baby Freeze. Auch er stand dabei horizontal mit einer Hand auf dem Boden. Allerdings befand sich sein Ellbogen der Standhand nur in der Beckengegend. Und das machte den gelenkigen Unterschied.

Für Shikamaru, Kiba und Gaara blieben noch der Air Freeze und der Hollowback zum Vorführen, die sie jeweils etwas variierten.

Auch ihnen nickte Kakahi zu und freute sich anscheinend über die Fortschritte, die wir allmählich machten.

Er schaltete die Hip Hop-Musik wieder aus und stellte sich vor uns.

"Yo, nice, Jungs. Bedenkt immer die Goldene Regel, wenn ihr jemals alleine oder auch mit mehreren öffentlich auftreten solltet. Naruto! Was ist die Goldene Regel?", rief er und wies demonstrativ mit dem Finger auf ihn.

Alle sahen ihn an, doch Naruto kratzte sich nur grübelnd am Kopf und lachte.

"Niemals mit vollem Magen tanzen?", fragte er zögerlich.

Oh Mann, wie konnte man so etwas Einfaches nicht wissen?

"Äh, yo, das auch...", gab Kakashi nur mit großen Augen zurück.

"Aber eigentlich geht es darum, never ever, wirklich niemals, Moves zu wiederholen! Keep it in your mind!", ergänzte er und sah einmal bedeutsam in die Runde.

"So, heute üben wir nochmal den Airtwist. Der sieht nämlich bei den meisten von euch noch echt...abgefuckt aus. Also, let's go!", rief er und klatschte dabei auffordernd in die Hände. Dann holte er sein kleines, schmutziges Buch hervor und begann darin zu lesen.

Bei diesem Powermove geht es darum, eine vollständige Umdrehung um die eigene Körperachse hinzulegen. Dabei steht man sozusagen in einem schrägen Handstand und springt eine Umdrehung in der Luft, um wieder auf den Händen zu landen.

Und das, muss ich zugeben, ist gar nicht so einfach wie es aussieht. Zumindest, wenn man es, so wie ich, perfekt machen will.

Das übten wir nun die ganze, volle Stunde und fanden uns später erschöpft in der Umkleide wieder. Und mein Magen knurrte wie eine Art Musikersatz. Zumindest genauso laut und mit unterschiedlichem Rhythmus.

"Hey, Naruto", begann ich, als ich gerade meine Sachen wieder in der Tasche verstaute.

Er sah mich erwartungsvoll an und blinzelte.

"Kann ich vielleicht noch mit zu dir kommen? Wir müssen noch was besprechen", meinte ich und sah in seine weit geöffneten Augen. Vermutlich befürchtete er, dass es etwas mit seiner überaus peinlichen Nummer von heute Morgen zu tun hatte.

"Klar, wenn's sein muss", erwiderte er und packte ebenfalls seine Klamotten ein.

Daraufhin pfiff plötzlich Kiba los und Shikamaru meinte nur zu mir: "Also ich würde an deiner Stelle nicht alleine mit ihm nach Hause gehen."

Beide begannen gleich darauf zu lachen und klopften sich gegenseitig auf die Schulter. Gaara schüttelte nur den Kopf und ich betrachtete die beiden stillschweigend, während sich Naruto sichtlich beherrschen musste.

Nun war es langsam auch wieder gut. Wie konnte man sich ewig an so einer Lappalie aufhalten? Ein Spruch war ja ganz lustig. Der zweite auch noch. Aber dann driftete es so langsam ins Lächerliche ab.

Wenige Minuten später verabschiedeten wir uns von unserem Trainer und voneinander und gingen schließlich getrennter Wege. Naruto und ich nahmen den Bus und kamen erst nach einer guten halben Stunde bei ihm zuhause an.

Seine Wohnung hatte etwas Heruntergekommenes und dennoch Gemütliches an sich, obwohl es mehr als unordentlich darin war.

Ich würde ja nicht in einem solchen Saustall leben wollen, aber wenigstens war die Küche, in der wir Platz nahmen, größtenteils sauber.

Auf dem Weg hierher hatten wir nicht sonderlich viel gesprochen. Anscheinend gingen ihm die Worte der anderen noch immer durch den Kopf.

Wir saßen nun gemeinsam an einem kleinen Tisch mit gerade mal zwei Stühlen, in diesem nur spärlich erleuchteten Raum. Die eine Lampe war schon seit mindestens einem Jahr kaputt und

Naruto hatte inzwischen das Gesicht in die Hände gestemmt und starrte gedankenversunken geradewegs an mir vorbei an die weiße, kahle Wand.

"Hast du vielleicht was zu Essen da?", wollte ich wissen, während ich eine Hand an meinen Bauch legte und versuchte ihn damit zum Schweigen zu bringen.

Der Uzumaki sah mich einen Moment an, als wisse er nicht, wovon ich spreche. Doch dann erhob er sich mit einem Satz und einem gemurmelten "Klar" von seinem Stuhl und öffnete eine Schranktür, aus der er eine Dose Ravioli hervorholte.

"Hast du auch noch was anderes da?", fragte ich frech weiter. Ravioli gehörte nun wirklich nicht zu meinen Leibspeisen. Viel zu fettig und insgesamt zu ungesund.

Mit einem einfachen Brot oder einem Apfel hätte ich mich schon zufrieden gegeben.

"Leider nicht", entgegnete er grinsend und zuckte mit den Schultern.

Er ernährte sich also tatsächlich nur von dem Zeug.

Ohne meine Antwort abzuwarten, holte er einen Teller hervor und kippte diesen Dosenfraß darein. Schon allein der Anblick verdarb mir den Appetit.

Dann kam das Ganze auch noch in die Mikrowelle und wurde auf zwei Minuten gestellt.

Schließlich stellte er mir einen dampfenden Teller, ein Glas Wasser und einen Löffel vor die Nase und nahm wieder vor mir Platz.

Viel zu lange stocherte ich in diesem Zeug herum, denn als ich endlich probierte, war es fast kalt. Mein Magen knurrte immer noch. Also schnell runter mit dem Fraß und gründlich nachspülen.

"Na, dir scheint's ja zu schmecken, so wie du schlingst!", freute sich Naruto grinsend.

Völlig falsch, aber auch egal. Kauen, schlucken. Kauen, schlucken. Kauen, schlucken.

Dann griff ich eilig nach dem Glas und kippte mir das Wasser in den Hals.

"Warum bist du denn nun eigentlich hier?", fragte er vorsichtig und räumte den Teller ab.

"Weil ich dich noch fragen wollte, ob du Interesse an Nachhilfe hast", murmelte ich eher gleichgültig und lehnte mich in dem Stuhl zurück. Kurz streckte ich die schmerzenden Beine, dann sah ich wieder zu Naruto.

Dieser blickte mich verwirrt an.

"Nachhilfe? Worin?", wollte er verdattert wissen.

"In so ziemlich allen Schulfächern, die mir einfallen", erwiderte ich und reagierte nicht weiter auf seinen gekränkten Schmollmund.

"Und wie komme ich zu der Ehre, dass mir das Genie Sasuke Uchiha helfen will?", witzelte er, während er den Teller nur noch in die Spüle donnerte. Dass er nicht zerbarst war alles. Ansonsten machte es nur einen ohrenbetäubenden Lärm, der durch den sonst so stillen Raum hallte.

"Iruka hat mich drum gebeten", entgegnete ich nur wahrheitsgemäß und ließ meinen Blick in die Leere schweifen.

"War ja klar, dass du mich sonst nich fragen würdest", schmollte er und ich verdrehte daraufhin die Augen. Er ließ sich mit einem Knall vor mir auf den Stuhl plumpsen und starrte mich an. Obwohl er genau wusste wie sehr ich das hasste. Oder gerade deshalb.

"Lass' den Kinderkram", forderte ich mit genervter Stimme. Auf so einen Quatsch hatte ich nun wirklich keine Lust mehr. Entweder er benahm sich wie ein erwachsener Mann oder ich war schneller wieder weg, als er 'Sorry' sagen konnte.

"Schon gut, schon gut", murmelte er und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Ich denk' mal darüber nach, aber hätten wir das nicht auch morgen besprechen können?", entgegnete er kurz darauf und ich blickte verlegen zu Boden.

Klar, hätten wir das. Aber einerseits wollte ich nicht nach Hause und andererseits hatte ich auch tierischen Hunger.

"Mir erschien es wichtig", meinte ich stattdessen und starrte ihn nun ebenfalls an.

Er schien es zwar zu schlucken, doch daraufhin breitete sich eine bahnbrechende Stille zwischen uns aus und ich hörte nur noch das Tropfen dieses verfluchten Wasserhahns, den er nicht richtig zugedreht hatte.

Tropf.

Tropf.

Tropf.

Das Geräusch trieb mich in den Wahnsinn.

"Nah, Sasuke. Warum kommst du eigentlich nicht mit zu Sakuras Party?", unterbrach er schließlich diese nervtötende Stille und übertönte damit auch dieses grässliche Geräusch.

"Weil ich zuvor noch einen Auftritt und danach keine Lust mehr auf Party habe. Vor allem nicht mit Sakura", entgegnete ich dennoch leicht gereizt.

"Was hast du gegen sie?", horchte er auf und durchbohrte mich nahezu mit seinen Blicken.

"Nichts", sagte ich deshalb. Mit ihm darüber zu diskutieren brachte so viel wie immer wieder gegen eine Wand zu laufen, obwohl zwei Meter weiter eine Tür war. Es war mühselig, sinnlos und versprach keinen Erfolg.

"Sie ist doch so ein wundervolles Mädchen! Sie ist hübsch und intelligent und total liebenswürdig!", schwärmte er.

Er, der von ihr nur die kalte Schulter gezeigt bekam.

Und mir kam es so vor, als würde er sich genau das, was er eben gesagt hatte, immer wieder einreden, damit er es schlussendlich selbst glauben konnte. Vielleicht versuchte er damit die bittere Realität zu verdrängen, dass Sakura eben nicht annährend so wundervoll war, wie er sie sich vorstellte.

"Wenn sie über dich doch nur halb so gut reden würde wie du über sie. Sie kann dich nicht leiden, Naruto", glitt es völlig unüberlegt über meine Lippen. Weil ich nicht wollte, dass er sich etwas vormachte.

Sein Blick sank zu Boden, während er niedergeschlagen ein: "Weiß ich doch", murmelte.

Das war eindeutig der falsche Weg.

"Tut mir leid, ich wollte nicht - ", versuchte ich mich zu entschuldigen, doch er verhinderte es mit einem freudig gelächelten: "Ist schon okay."

Dieses bekannte, falsche Lächeln, das jegliches Nachhaken unterband.

Eigentlich wollte ich ihm doch nur die Realität zeigen. Er verrannte sich in etwas, das nunmal nicht existierte. Und das wusste er. Und genau deshalb verletzten ihn meine Worte.

Die Wahrheit traf ihn wie ein Schlag.

Warum war ich nur so ein verdammt schlechter, bester Freund?

Die Premiere

Nun war es soweit. Der Tag der Entscheidung war gekommen. Heute würde sich zeigen wie viel ich gelernt hatte und was es bewirken konnte.

Vor allem, was es bei meinen Eltern auslöste. Sie sollten stolz auf ihren Sohn sein können. Deshalb würde ich alles geben.

All mein Können.

All meine Leidenschaft.

Nur für diesen einen Moment. Nur für meinen Vater. Für seine Anerkennung. Für seine Liebe?

Noch wenige Augenblicke bis zum Auftritt. Die Bühne war dunkel und ich wartete wie auf heißen Kohlen. Zu meinem Bedauern musste ich feststellen, dass ich nervös war. Keine gute Voraussetzung zum Tanzen.

Tief atmete ich ein. Und wieder aus. Leicht angespannt schloss ich die Augen.

Dann ging das Licht an. Ich hörte die Menge tuscheln und trat auf die Bühne. Wie bei unserer Probe drehte ich mich mit dem Rücken zum Publikum und sank auf meine Knie nieder.

Ich konzentrierte mich. Versuchte die Nervosität zu verdrängen und meinen Körper frei von allem zu machen.

Dann setzte leise die Musik ein. Nun ging es los. Jetzt durfte mir kein Fehler mehr unterlaufen. Alles musste perfekt sein.

Mein Körper wurde schlagartig steif wie ein Brett. Die Arme lösten sich krampfhaft von ihrer Position. Glitten in die Höh', sanken wieder herab. So wie es sein musste. Der Anfang musste unästhetisch und unnatürlich wirken. Völlige Individualität. Die Schritte liefen in meinem Kopf ab wie ein Film.

Aber, war ich denn selbst überhaupt so individuell wie ich mich präsentierte?

Rhythmus. Hinata betrat die Tanzfläche.

Eigentlich tanzte ich nur für ihn. Nur für meinen Vater, Fugaku Uchiha. Er war der Grund, mein Antrieb, sein Lob mein einziges Ziel.

Nur einmal wollte ich ihn sagen hören: "Das hast du gut gemacht." Denn das tat er nie.

Er lobte mich nicht. Stattdessen trieb er mich mit seiner Abweisung und Gleichgültigkeit nur weiter an. Er trieb mich an meine Grenzen. Und nicht nur an die Physischen.

Alles steckte ich in diesen einen Tanz. Es war vielleicht meine letzte Chance, mich endlich zu beweisen.

Ich fing Hinata auf. Ruhige Musik. Wir tanzten miteinander. Dann der abrupte Wechsel: Die Musik gewann an Tempo, zunehmend an Klangfarbe.

Wieder unsere Hände, die sich voneinander entfernten. Das Verlangen. Die Begierde. Nicht loslassen, sondern erreichen wollen. Ich griff nach Anerkennung. Nach seiner Anerkennung. Und dieses Streben verlieh meinen Bewegungen mehr Ausdruckskraft. Es trieb mich weiter voran.

Solange ich denken konnte, hieß es immer nur: Itachi hier, Itachi da.

Itachi kann dies besser und Itachi kann das besser.

Nimm dir ein Beispiel an deinem Bruder.

Hör' auf das, was Itachi dir sagt.

Befolge seine Ratschläge.

Lerne von ihm.

Denke wie er.

Bewege dich wie er.

Sei wie er.

Und trotzdem, konnte ich es nicht. Wie ich mich dabei fühlte, war schon immer nebensächlich gewesen.

Aber jetzt war endlich der Moment gekommen, in dem ich im Mittelpunkt stehen konnte.

Ich wollte derjenige sein, über den man sprach. Über den mein Vater in hohen Tönen sprach! Mit dem er prahlte, den er schätzte und respektierte. Das wollte ich. Nicht mehr und nicht weniger.

Einmal das Gefühl haben, von ihm geliebt zu werden.

Meine Mutter tat es.

Aber mein Herz verlangte schon immer nur nach seiner Liebe. Weil ich sie nicht besitzen konnte.

Dafür gab ich alles auf.

Meine Freunde.

Meine Freizeit.

Meinen freien Willen.

Und letztendlich auch meine Individualität.

Brachte meinen Körper an seine Grenzen, um ihm zu gefallen. Und weiter. Immer weiter. Doch es war nicht genug. Niemals genug.

Ich kämpfte und lernte. Versuchte mit Itachi gleichzuziehen.

Aber es war niemals genug.

Niemals gut genug.

Ich war immer schlechter, als er. Vielleicht, weil es mir nicht gefiel. Weil ich es hasste. Ich hasste diese Art von Tanzen wie die Pest.

Oder vielleicht, weil ich eben doch nicht hart genug an mir arbeitete.

"Zu wenig Disziplin", würde mein Vater sagen.

Und vielleicht hatte er recht.

Aber vielleicht auch nicht.

Der Tanz ging zu Ende. Wir sanken gemeinsam nach fast dreißig Minuten der stetigen Konzentration auf die Erde nieder. Symbolisierten den gemeinsamen Tod.

Meine Glieder schmerzten. Mein Körper brannte fürchterlich. Aber ich hatte es geschafft.

Und ich war mit mir zufrieden. Ich war sogar stolz auf mich.

Das Publikum stand auf und applaudierte unaufhörlich.

Meine Augen schweiften nervös durch den Saal, machten meine Mutter aus, die bereits in der ersten Reihe saß und euphorisch Beifall klatschte. Auch sie hatte sich erhoben. Ein Lächeln umspielte meine Mundwinkel hinter der stickigen Maske.

Vielleicht hatte es sich doch endlich ausgezahlt. All die Strapazen. Das, was ich dafür aufgegeben hatte. Keine Zeit, ein normales Leben zu führen.

Ich führte bloß ein Leben, geprägt von Anstrengung, Ehrgeiz und Enttäuschung. Ein trostloses Leben. So unerfüllt und leer. Aber ich wusste, was diese Leere füllen konnte.

Wer in der Lage war, mein Leid zu beenden.

Dann sah ich mit Herzklopfen neben sie.

Meine Augäpfel weiteten sich. Mein Blick versuchte diese dunkle Gestalt zu durchdringen.

Ich sah ihn an.

Voller Erwartung.

Voller Anspannung.

Und schließlich - voller Enttäuschung.

Zutiefst gekränkt. Ernüchtert. Endlich begreifend.

Er applaudierte nicht. Sah mich nicht einmal an.

Plötzlicher Schmerz - das Gefühl zu fallen.

Die Bühne verdunkelte sich. Wir verbeugten uns. Verließen mit langsamen Schritten gemeinsam die Bühne.

Mein Körper zitterte. Mit jedem Schritt, den ich tat, hatte ich das Gefühl plötzlich zusammenzubrechen. Aber ich blieb standhaft. Zwang mich weiterzugehen. Versuchte mir meinen Schmerz nicht anmerken zu lassen.

Es war einfach niemals genug. Ich war zu schlecht.

Nichts weiter, als eine billige Kopie Itachis.

Niemals mehr und niemals weniger. Ich würde ihn nicht erreichen. Egal wie sehr ich mich bemühte.

Aber war es das wirklich alles wert? Sollte das etwa mein Leben sein?

Um etwas Aussichtsloses kämpfen?

Einem Hirngespinst nachjagen?

War ich denn wirklich so blöd?

So blind vor Ehrgeiz?

Nein, ich wollte so nicht sein.

Ich hasste diese Art von Tanz doch. Und ich hasste meinen Vater. Genauso wie er mich hasste.

Warum sollte ich es also weiter ertragen? Das war doch sinnlos. Es war immer sinnlos gewesen.

Ich quälte mich nur selbst.

Seit Anbeginn versuchte ich ihm nahe zu sein, obwohl keine Nähe zwischen uns möglich war. Die Frage nach dem warum, stellte ich mir schon lange nicht mehr. Auch sie war sinnlos.

So wie es jetzt war, war alles sinnlos. Mein Handeln, mein Streben, mein Leben. Ja, mein ganzes Sein hatte keinen Sinn.

Ich war nur ein Schatten meiner selbst.

Ich wollte eine eigene Persönlichkeit. Nicht die, die er mir vorgab.

Denn nur er traf die Entscheidungen. Und ich befolgte sie widerstandslos.

Er zog die Fäden. Ich folgte ihm. Stellte keine Fragen.

Er gab vor, was gut und schlecht war.

Er gab vor, wie ich zu sein hatte.

Er war meine Persönlichkeit.

In diesem Moment wurde mir schlagartig klar, dass nur ich allein in der Lage sein konnte, mein Leiden zu beenden.

Auf seine Hilfe brauchte ich nicht zu hoffen.

Ich musste die Fäden endlich selbst in die Hand nehmen.

Die Zeit war gekommen, einen Schlussstrich unter diesem Elend zu ziehen. Noch einmal ganz von vorne anzufangen. Ein neues Leben. Mehr Freiheiten. Weniger Zwang.

Und deshalb fasste ich einen bedeutsamen Entschluss: Niemals wieder würde ich seine Marionette sein. Von nun an, wollte ich die Individualität beweisen, die ich in den letzten 18 Jahren für ihn in den Hintergrund gedrängt hatte.

Es war genug.

Endgültig genug.

Deshalb sollte dieser Uchiha Sasuke, wie man ihn bis jetzt kannte, auch endgültig tot sein. Auf dieser Bühne mitsamt seiner Hoffnung gestorben. Er existierte nicht mehr. Zumindest sollte er nicht mehr existieren. Daran müsste ich arbeiten. Es würde schwierig werden.

Und aus diesem Grund, würde ich noch heute Abend damit beginnen.

Und ich wusste genau, wer mir dabei helfen konnte.

Folgenschwere Party

Widmung: Patrick

Der freut sich bestimmt, dass ihm ein Kapitel zu einer Shonen-Ai Story gewidmet wird, tehe. Pech gehabt, Kumpel! ;-)
 

Nochmal für alle: WICHTIG (bevor ich hier noch zerrupft werde^^): die verwendeten Begriffe wie zum Beispiel "Emomusik" in Bezug auf Metalmusik, haben nichts mit meinen persönlichen Ansichten zu tun, nur mit denen, die ich den Charakteren zuordne...ich selbst bin eingeschweißter Metal-/Rockfan, also bitte LASST MICH LEBEN :D

__________________________________________________________________________
 

Verdammt! Es war bereits kurz nach Acht. Spätestens in einer halben Stunde steppte bei Sakura der Bär und das wollte ich auf gar keinen Fall verpassen. Schon gar nicht, weil man nach einer weiteren halben Stunde, mit dem unter dem Tisch liegenden Großteil, eh nichts mehr anfangen konnte.

Eilig durchwühlte ich meinen Badezimmerschrank: Haarbürste, Haargel, Haarspray, Deo, Zahnbürste, altes Kaugummi - was machte das denn hier?

Na, egal: Wo zum Teufel war mein Aftershave abgeblieben?

Tatsächlich besaß ich nur ein Einziges. Aber das roch dafür so gut, dass man auch gar nichts anderes mehr tragen wollte.

Und mit diesem Wunderzeug würden mir die Mädels sicherlich scharenweise zu Füßen liegen!

Also schob ich ungeduldig alles zur Seite. Es krachte und schepperte, als die Dosen zu Boden fielen. Glücklicherweise war ich bereits angezogen. Eine lockere Jeans, ein schwarzes Muskelshirt mit der absolut coolen Aufschrift 'Bad Boy' und weiße Sneakers erfüllten ihren Zweck.

So konnte ich mich gut bewegen, fühlte mich wohl und sah obendrein noch gut dabei aus.

Drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

Tja, da sollte nochmal einer behaupten, von mir könne man nichts lernen.

Plötzlich klirrte etwas zu Boden.

Oh nein!

Oh doch...

Da lag mein Wunderwasser in Scherben auf den kalten Fliesen. So ein Mist. Was sollte ich denn jetzt machen? Kurz blickte ich mich einmal forschend um, nur um mich zu vergewissern, dass sich auch wirklich kein schamloser Beobachter in meine Wohnung eingeschlichen hatte, der mich auf irgendeine Weise bloßstellen könnte. Dann hob ich bedrohlich langsam den Zeigefinger, zögerte noch einen Moment und vergrub ihn schließlich tief in der Pfütze aus Aftershave.

Hastig kleckste ich mir das Zeug auf den Hals und blickte mich immer wieder wie ein Schwerverbrecher um. Reine Vorsichtsmaßnahme!

Dann klingelte es urplötzlich an der Tür und vor Schock riss ich beide Arme in die Luft, als habe mich die Polizei soeben auf frischer Tat ertappt und das Haus bereits mit einem Sondertrupp umstellt. Frei nach dem Motto: Ich bin unschuldig, bitte erschießen Sie mich nicht!

Im nächsten Moment wurde mir dann bewusst, was ich eigentlich tat und wie bescheuert ich dabei gerade aussehen musste. Entsetzt fasste ich mir mit der sauberen Hand an die Stirn und beschloss für mich selbst, weniger Fernsehen zu gucken.

Wieder schellte es.

"Ja doch!", brüllte ich und stampfte genervt aus dem Badezimmer direkt durch den Flur.

Erneut klingelte es. Jetzt sogar mehrmals hintereinander.

Mir platzte gleich der Kragen.

Wer auch immer da stand: Er hatte nun ein Problem. Die Wut des Naruto Uzumaki würde auf ihn niederschmettern und seinen Arsch durch die ganze Straße treten!

Wie ein Wahnsinniger packte ich die Türklinke, riss die Tür mit einem beeindruckenden Ruck auf und schrie völlig entnervt: "WAS?!"

Nun blickten direkt zwei schwarze Iriden in meine.

Ich blinzelte.

Für einen Moment war es ganz still.

Dann drückte Sasuke provokant erneut auf die Klingel und starrte mich dabei weiter durchdringend an.

Ich verzog den Mundwinkel. Hustete einmal unbeeindruckt auf.

"Was willst du hier?", grummelte ich und verschränkte die Arme vor der Brust, während ich ihn musterte und mich gegen den Türrahmen lehnte.

Irgendetwas stimmte hier nicht.

Irgendetwas stimmte hier aber mal sowas von ganz und gar nicht.

Mein Blick schweifte immer wieder über seinen Körper.

Auf und ab.

Und auf und ab.

Und dann sah ich es: Andere Klamotten.

Nicht in dem Sinne, dass er jeden Tag das gleiche Oberteil trug, sondern gewöhnlich immer den gleichen, langweiligen Stil.

Und selbst darin sah er fantastisch genug aus, um alle Mädchen- und Jungenblicke auf sich zu ziehen. Meinen eingeschlossen.

Aber das hier.

Das war eindeutig zu viel für meine Nerven.

Sasuke trug tatsächlich eine enge, verwaschene Jeans, weiße Sneaker, genau wie ich, dazu ein teures Ed-Hardy-Shirt mit der Aufschrift 'Love kills' und eine dunkle Lederjacke. Diese Tänzerfamilie konnte es sich anscheinend leisten.

Außerdem waren seine Haare perfekt frisiert und ein mild-herber Geruch seines Aftershaves stieg mir in die Nase. Das Zeug roch allein schon teuer.

Alles in allem sah er verdammt sexy aus - ungelogen.

Mir wurde etwas wärmer.

Doch ich verdrängte das aufkommende Gefühl direkt.

"Na ja, du gehst doch zu Sakuras Party", meinte er plötzlich und riss mich aus meinen Gedanken.

Das war ja nicht zum Aushalten. Wenn er so mitging, dann konnte ich eigentlich auch gleich zuhause bleiben. Denn der Einzige, der mich noch bemerken würde, wäre der Barkeeper, bei dem ich mich sinnlos und voller Frust betrank.

Spitzenklasse! Das versprach ein angenehmer, erfüllter Abend zu werden.

"Ich wollte gerade los", murmelte ich leicht angesäuert und zog hinter mir die Tür zu.

"Super, dann können wir ja zusammen gehen", erwiderte er und ging im Schnellschritt neben mir.

Also tatsächlich - !

"Warum willst du auf einmal doch hin? Willst du mir die Braut ausspannen?", brummte ich und ballte unmerklich eine Faust.

Er sah mich nur verwirrt an.

"Wenn du mit Braut Sakura meinst - keine Sorge, sie ist ganz dein. Aber heute Abend beginnt mein neues Leben."

Nun war ich der, der verwirrt drein starrte.

"Neues Leben? Was meinst du damit?", hakte ich nach und konzentrierte mich dann wieder auf meinen Fußmarsch, der mich geradewegs über die Hauptstraße führte.

"Nun, na ja", er stockte und schien zu überlegen.

Sasuke Uchiha musste niemals über seine Worte nachdenken. Was war hier plötzlich los?

"Lass dich einfach überraschen!", grinste er mir nun verschmitzt zu, wie ich aus dem Augenwinkel erkannte.

Ja, er grinste.

Und noch dazu verschmitzt.

So, das reichte endgültig.

Wo hatten diese Aliens den echten Sasuke versteckt und was hatten sie mit ihm gemacht?

"Das ist ja gruselig", schauderte ich, als wir an der ersten dunklen Gasse vorbei gingen, die mein Unbehagen nur noch weiter verstärkte.

"Was?" Sasuke sah verdattert aus. Das Lächeln schwand.

"Dass du grinst! So, so freudig, ohne, dass du über jemanden lachst."

"Du findest es gruselig, wenn ich grinse?", fragte er ungläubig nach und zog dabei eine Augenbraue hoch.

"Und wie", stammelte ich, während es mir eiskalt den Rücken hinunterlief.

Ein Sasuke Uchiha grinst nicht auf diese Weise. Das brachte mein bisheriges Weltbild völlig ins Schwanken.

"Du bist echt ein Freak, Naruto", schnaubte er und verdrehte genervt die Augen.

Meiner Meinung nach, war hier grad nur einer von uns beiden der Freak. Und ich war es jedenfalls nicht.

Erst dieses Outfit.

Dann das Gestottere.

Und zuletzt dieses Grinsen!

Schmiedete er etwa...Mordpläne?

Grundgütiger! Das erklärte alles. Und ich Depp bemerkte es erst jetzt! Was sollte ich tun? Weglaufen? Schreien? Nein, jetzt war sowieso alles zu spät. Ich war längst involviert.

"Naruto?"

Ich wollte doch noch nicht sterben! Ich musste noch eine Frau kennenlernen, heiraten und meine Gene an die nachfolgende Generation weitergeben. Verdammt, was sollte ich bloß tun?

"Naruto."

Hilfe holen? Nein, bestimmt hatte er Komplizen. Das würde also nichts bringen. Sie würden mich einfangen und dann quälen. Informationen aus mir herauspressen. Mit fiesen Mitteln wie Waterboarding. Vielleicht sollte ich einfach mitspielen und hoffen, dass alles gut ausging. Zumindest für mich.

"NARUTO!", brüllte er schließlich und verpasste mir einen harten Schlag gegen den Kopf.

Vor Schmerz grummelte ich laut auf, sparte ich mir aber einen Kommentar, als ich seinen finsteren Blick sah.

"Ich wollte dich noch etwas fragen", begann er mit genervtem Unterton, doch die Wut schwand gleich darauf aus seinem Gesicht und wurde durch einen unergründlichen Ausdruck in seinen Augen ersetzt.

Jetzt würde er mich fragen, ob ich ein Geheimnis für mich behalten und ein paar Leichen in meiner Gefriertruhe verscharren könne. Dabei besaß ich noch nicht einmal eine, die groß genug war.

"Kann ich vielleicht heute Nacht bei dir bleiben?", fragte er stattdessen und senkte den Blick. War ihm diese Frage etwa unangenehm?

Vielleicht war es auch nur eine billige Alibi-Frage.

"Klar, aber warum?", versuchte ich ihn gekonnt zum Reden zu bringen.

Doch anstatt überrascht oder verwirrt zu reagieren, begann er daraufhin nur nervös auf seiner Unterlippe herumzukauen. Das war eine Angewohnheit von Sasuke, die man eigentlich nur selten bei ihm sah. Da er allgemein betrachtet so gut wie nie nervös war.

"Weil ich ein paar Meinungsverschiedenheiten mit meinem Vater habe", murmelte er schließlich und schluckte die Worte direkt hinunter.

Gerade, als ich tief Luft holen wollte, um eine neue Verhörfrage zu kontern, unterbrach er mich schon: "Frag bitte nicht weiter."

Sein Blick war für mich undefinierbar. Aber auf jeden Fall nicht gespielt.

Vielleicht guckte ich ja doch zu viel Fernsehen.

Deshalb beschloss ich, es auf sich beruhen zu lassen und mich wieder auf andere, wichtigere Dinge zu konzentrieren. Wie zum Beispiel die bevorstehende Feier.

Und je näher wir Sakuras Haus kamen, desto lauter wurde auch die Musik, die uns entgegendröhnte.

Die Party sollte, soweit ich wusste, in einem großen Zelt hinter ihrem Haus stattfinden. Mit allem Drum und Dran. Ein Barkeeper sollte da sein, wie man hörte richtig laute Musik, eine riesige Tanzfläche und obendrein noch eine kreisende Discokugel für das richtige Feeling.

Auf diesen Abend freute ich mich seit zwei Tagen ununterbrochen.

Und dann, als wir nur noch wenige Meter entfernt waren, kam Sakura, nur von einem Hauch von Stoff bedeckt und in hohen Absätzen, freudig auf uns zugeklackert.

Und natürlich blieb sie nicht vor mir, sondern vor Mr. Supertoll stehen.

"Saaasukeee", schrie ihre liebliche Stimme. Warum rief sie nicht endlich einmal meinen Namen?

Aber Sasuke schien davon auch alles andere, als begeistert zu sein.

"Wie schön, dass du hier bist, mein Schnuckelchen", säuselte sie und hakte sich bei ihm ein.

Ähm, hallo? Ich war auch noch da.

Aber sie bemerkte mich überhaupt nicht. Sie bemerkte mich nie.

Vielleicht sollte ich allmählich der Wahrheit ins Gesicht sehen: Sie konnte mich, genau wie Sasuke sagte, nicht ausstehen. Für sie war ich nicht mehr, als Luft.

Und zwar miefige, stinkige Luft.

Damit sollte ich mich abfinden. Eigentlich hatte ich es doch immer gewusst.

"Du siehst richtig heiß aus, mein Schatzilein!", schnurrte sie, aber er sagte nichts.

Für ihn, war sie ebenfalls Luft.

Und das brachte mich zum Grinsen. Das geschah ihr ganz recht!

Wenn ich schon nicht von ihr beachtet wurde, dann sollte sie genauso wenig von dem, den sie liebte, beachtet werden.

Wie gut, dass Sasuke in der Beziehung immer noch der Alte war. Daran würde sich wohl auch hoffentlich nie etwas ändern.

Wir gingen derweil durch den dicht bewachsenen, aber von teuren Zierpflanzen bedeckten Garten. Die Musik wurde dabei immer lauter.

Dann sah ich auch endlich die anderen Gäste, während ich wie ein Anhängsel neben den beiden herging.

Das waren fast ausnahmslos mir bekannte Gesichter.

Ich folgte Sasuke und seiner persönlichen Klette einfach stillschweigend und stellte fest, dass er direkt auf die aufgebaute Bar zusteuerte.

Das bunte Licht tanzte durch den Raum. Die Musik dröhnte. Einige tanzten.

Mein Freund schüttelte sich von Sakura los, nahm auf einem Hocker Platz und meinte nur: "Bacardi-Cola." Ich setzte mich rechts, Sakura links neben ihn.

War das etwa sein neues Leben? Das Alkoholikerdasein? Na dann, herzlichen Glückwunsch.

Wer ging schon auf eine Party, um direkt auf die Bar zuzusteuern und erstmal, ohne jemanden zu begrüßen oder mit jemandem zu sprechen, Alkohol zu bestellen? Eigentlich wusste ich nicht einmal, dass er überhaupt trank.

Zumindest hatte ich ihn noch nie besoffen erlebt.

Das sollte sich dann wohl heute ändern.

Nun standen auch Ino und ein paar andere, knapp bekleidete Mädels, um uns herum und betrachteten Sasuke.

Sie tuschelten. Sie kicherten.

"Er sieht so gut aus."

"Ja, total sexy."

"Wie gerne wäre ich seine Freundin."

"Ich liebe ihn!"

Ich verdrehte die Augen. Genau wie Sasuke.

Bei den Weibern konnte man sich eigentlich nur besaufen.

"Bier", sagte ich deshalb zum Barkeeper und bekam wenig später ein volles Glas zugeschoben.

Nach meiner Theorie war ich also auch ein Alkoholiker. Schließlich bestellte ich ebenfalls zuerst.

"Noch einen", sagte Sasuke kurz darauf und bekam wieder sein Mixgetränk vor die Nase gestellt, nachdem er auch sogleich griff.

"Sasuke, Sasuke, Sasuke!", rief Ino im Schwärmerton.

Ganz langsam, fast in Zeitlupe, bewegten sich seine Augen in ihre Richtung, während er das Glas an den Mund ansetzte.

"Wen findest du von uns am hübschesten?", kicherte sie und die Mädels warteten voller Anspannung und Aufregung auf seine Antwort.

"Keine Ahnung", murmelte er direkt unbeteiligt und stellte dabei sein Glas wieder auf den Tresen.

"Siehst du!", gackerte Sakura.

"Er findet uns alle hübsch!", rief eine andere freudig.

"Genau!"

"Er kann sich nicht entscheiden!"

Dann ließen sie für einen Moment von ihm ab und tuschelten wieder untereinander, natürlich über ihn.

"Nervt dich das nicht?", wollte ich wissen.

"Rate doch einfach mal", erwiderte er und lächelte gequält.

"Warum sagst du's ihnen dann nicht?", fragte ich weiter und nahm einen Schluck Bier.

Das verstand ich nämlich wirklich nicht. Wenn es ihn doch selbst nervte, warum sagte er dann nie was?

Und auch dieses Mal zuckte er nur ratlos mit den Achseln und schwieg.

Selbst schuld.

"Sasuke, Sasuke, Sasuke!", brüllte Ino wieder und ich holte tief Luft.

Er hingegen reagierte überhaupt nicht auf ihr Gekreische. Stattdessen schien er über irgendetwas zu grübeln. Aber auch das konnte sie nicht davon abhalten, einfach loszuplappern.

"Du bist doch so ein hervorrangender Tänzer! Wie wäre es, wenn du uns etwas vortanzt?", flötete sie und die anderen Mädchen kreischten voller Vorfreude laut auf.

Ich konnte mir selbst denken, was für Gedanken ihnen dabei durch den Kopf gingen.

"Zu der Musik? Sicher nicht", murmelte er nur und stemmte sein Gesicht gelangweilt in eine Hand.

Im Hintergrund dudelte irgendetwas von Katy Perry. Na ja, war ja auch eine von Mädchen arrangierte Party.

"Ähhh, wir haben auch noch andere Musik!", wandt Sakura sogleich aufgeregt ein, die in seinen Worten wohl eine gewisse Chance sah, dass er überhaupt tanzen würde.

Schnell lief sie zu der riesigen Musikanlage, wo auch Choji mit einer Chipstüte bewaffnet stand, der sich eigentlich um das Einlegen von CD's und auch um die Auswahl der Musik kümmern sollte, aber stattdessen nur damit beschäftigt war seine Chips zu vertilgen.

Mit einem Stapel CD's beladen, kam sie wieder bei uns an und legte diesen schnaufend auf dem Tresen ab. Völlig unbeeindruckt schweiften seine Augen über die vielen Platten. Dann griff er mit einer gelangweilten Handbewegung nach einer Zufälligen und überflog die Titel grob.

Alle beobachteten ihn gespannt. Als würde von seiner Entscheidung das Wohl der gesamten Bevölkerung abhängen. Es war unfassbar, was sie für einen Wirbel um ihn machten.

Nun hielt er eine CD fest und ich bemerkte ein leichtes, ironisches, beinah sarkastisches Lächeln auf seinen Lippen.

"Ihr wollt also, dass ich für euch tanze, ja?"

"Oh jaaa, biiiiiittee", riefen sie im Chor und schienen absolut hin und weg zu sein. Sakura musste sich allein bei der Vorstellung an Ino festhalten.

"Wisst ihr was? Ich singe sogar für euch", meinte er mit einem wirklich hinreißenden Lächeln. Das war zu viel für eines der Mädchen. Sie verlor das Gleichgewicht und musste von den anderen aufgefangen werden.

"Lied acht und dreizehn", murmelte er nur noch, während er sich von seinem Hocker erhob und Sakura die CD in die Hand drückte, die gleich darauf eilig zu Choji stürmte und ihm mit wild umherwirbelnden Handbewegungen deutlich machte, schleunigst die Lieder abzuspielen.

Sasuke sah noch einmal zu mir.

Und ich hatte plötzlich das Gefühl, er würde mir zuzwinkern, aber vielleicht hatte er auch nur etwas im Auge.

Jedenfalls ging er dann, noch aufrecht und völlig normal, auf die Tanzfläche. Er schien also, wenn überhaupt, nur leicht angetrunken zu sein. Aber das genügte wohl, um ihn ein wenig aufzuheitern.

"Weg da, weg da!", schrie Sakura und scheuchte alle übrig gebliebenen Gäste wie Vieh von der Tanzfläche. Sasuke stand nun lässig in der Mitte, fuhr sich durch sein schwarzes Haar und wartete.

Was würde jetzt wohl kommen?

Ich muss zugeben, dass ich ziemlich gespannt war.

So etwas sah man schließlich nicht alle Tage, dass ein eingeschweißter Miesepeter plötzlich die Tanzfläche betrat und damit jegliche Aufmerksamkeit auf sich zog.

Während ich es mir gemütlich auf diesem viel zu harten Hocker machte, setzte leise die Musik ein. Der Sound von Gitarren ertönte.

Whispering voices in my head, sounds like they're calling my name, erklang nur wenige Sekunden später ruhig die Stimme des Interpreten, die Sasuke mit seiner rauen Gesangsstimme fast übertönte. Er hatte, entgegen dem, was ich erwartet hatte, ein unfassbar lautes, aber doch irgendwie angenehmes Organ, das diese Worte melancholisch vor sich hin säuselte.

Das konnte ja wohl nicht wahr sein.

Sang er etwa gerade eine Ballade für die Mädchen?

A heavy hand is shaking my bed.

I'm waking up and I feel the strain.

Ich sah zu der versammelten Meute, der Sasuke sich zugewandt hatte und die anscheinend geradewegs im siebten Himmel schwebte.

Meine Zähne knirschten.

Das konnte er mir nicht antun!

Dieser Idiot!

Nie hatte er Wert auf ihre Aufmerksamkeit gelegt. War das also sein neues Leben? Wurde er zu einem Womanizer?

I'm feeling pushed again.

Die Stimme wurde plötzlich lauter. E-Gitarre und Schlagzeug setzten ein.

Ich horchte auf. Meine miese Laune wurde von dem dröhnenden Klang der verzerrten Gitarre zur Seite gedrängt.

I'm feeling pushed again.

Pushed again? Das klang nicht wirklich nach einem Liebeslied.

Why should I go where everyone goes?

Why should I do what everyone does?

Er sang es, als wäre es sein Song. Als hätte er ihn geschrieben. Und bis jetzt passte der Text auch wie die Faust auf's Auge zu Sasukes angeblich neuer Lebenseinstellung.

Aber Tanzen konnte man momentan noch nicht wirklich erkennen. Das war mehr im Takt mitwippen.

I don't like it when you get too close.

Dabei wies er mit einer kurzen Handbewegung und einem finsteren Blick direkt auf Sakura.

Ich musste schmunzeln.

Er würde mich also doch nicht hängen lassen.

I don't want to be under your thumb.

Einige Jungs hatten sich bereits nach vorn gedrängt und jubelten Sasuke zu.

Warum?

War ich hier der Einzige, der dieses blöde Lied nicht kannte?

I'm feeling pushed again, pushed again.

Lauter. Aggressiver. Mehr Rhythmus.

I'm feeling pushed again,

PUSHED AGAIN!!

Geschrei. Ich flog beinah vom Hocker. Die Jungs grölten. Und Sasuke brüllte die Worte aus tiefster Seele.

Why can't you just leave me alone?

Aber was zum Teufel machte er da? War das etwa dieses...Headbanging?

Ich nahm lieber noch einen Schluck Bier.

Das Ganze war ein Anblick zum Wohle meiner Seele.

Sakuras blödes Gesicht zu sehen. Denn dieses Lied galt schließlich ganz besonders ihr, aber natürlich auch den anderen nervigen Furien.

Endlich bekamen die ihr Fett weg. Und zwar genau von der Person, die sie so vergötterten.

Solitude is a faithful friend.

Turn the lights off - I'm not home!

Can't you see

I don't need your help?

Das war zwar überhaupt nicht meine Musik, aber der Text gefiel mir trotzdem und deshalb wippte ich beim einsetzenden Gitarrensolo auch ein wenig mit dem Kopf mit und amüsierte mich weiter über Sakuras fassungslose Visage.

Es gab also doch noch einen Gott. Alter Mann, du hast was gut bei mir!

I get confused when YOU start to talk.

Und Sasuke konnte seinen Frust bei diesem Lied auch endlich einmal rauslassen.

Damit war er nun endgültig sowas wie ein Held für das männliche Geschlecht. Er war der Einzige, der sich so etwas Dreistes leisten konnte, ohne dafür von Sakura rausgeschmissen zu werden. Eigentlich konnte er sich alles leisten. Und endlich begann er, dieses Privileg auch gebührend auszunutzen.

So gefiel er mir. Er sollte öfters trinken.

I'm feeling pushed again, feeling pushed again.

Why can't you just leave me alone?

Der Song neigte sich dem Ende zu und ich war schon ganz gespannt auf den nächsten.

"Noch'n Bier", meinte ich zum Barkeeper und er grinste mir zu. Ihm schien die Show auch zu gefallen.

Sasuke war einfach nur cool.

Die Jungs applaudierten, grölten, als sei es ihr eigener Verdienst und auch die Mädchen, denen das Lied nicht galt, jubelten ihm zu.

Am liebsten hätte ich Sakura mit einem richtig breiten Grinsen ausgelacht.

Dann den Arm um meinen coolen Freund gelegt und ihr vor die Füße gespuckt.

Aber nun setzte auch schon das nächste Lied ein und riss mich aus meinen miesen Plänen, die ich schmiedete.

Der Song begann mit lauten, markanten Basstönen und natürlich dem Rhythmus vorgebenden Schlagzeug.

It's just one of those days,

When you don't wanna wake up.

Everything is fucked,

Everybody sucks!

Wieder umspielte ein verheißungsvolles Grinsen meine Mundwinkel. Dieses Lied begann schon aggressiv. Und aus Sasukes Mund Worte wie "fucked" oder "sucks" zu hören, das war schon mehr als makaber.

Immer war er der vorbildliche Schüler. Besuchte keine Partys, lernte fleißig, schrieb nur gute Noten, war der Liebling aller Lehrer und tat nur, was Mami und Papi sagten.

Und genau dieser Kerl stand nun hier vor allen Leuten auf der Bühne und beleidigte aus voller Kehle seine Gastgeberin und einige Gäste.

Und heimste dafür auch noch Applaus ein.

Wir lebten in einer verrückten Welt.

Aber diese gefiel mir.

You don't really know why,

But you want justify.

Rippin' someone's head off!

No human contact,

And if you're interact,

Your life is on contract!

Your best bet is to stay away motherfucker!

It's just one of those days!!

Über das Wort "motherfucker" musste ich lachen. Irgendwie passte diese Musik zu Sasuke. Und irgendwie auch nicht.

Jedenfalls kannte er den Text in- und auswendig. Das musste wohl bedeuten, dass er diese Musik auch zuhause hörte.

Ich schien nicht sonderlich viel über ihn zu wissen.

Ich wusste nichts über seinen wahren Musikgeschmack, wusste nichts über seinen heißgeliebten Modern Dance, besuchte keine seiner Aufführungen.

Ich nippte an meinem Bier.

My suggestion is to keep your distance,

'Cause right now I'm dangerous!

We've all felt like shit.

And been treated like shit!

Er hingegen schien alles über mich zu wissen.

Meine Interessen, mein Musikgeschmack, er wollte mir sogar bei der Schule helfen.

Irgendwie war mein Verhalten nicht besonders vorbildlich.

Die nächste Aufführung, die würde ich mir definitiv ansehen. Gestern in der Schule meinte er, er würde am Dienstag das erste Mal für die Nachhilfe vorbeikommen. Dann könnte ich ihn fragen.

Diese aggressiver werdende Musik riss mich jedoch aus meinen Gedanken.

I'll skin your ass raw.

And if my day keeps goin' this way I just might break somethin' tonight...

Seine Stimme wurde zunehmend bedrohlicher, aggressiver.

Dann sah ich mit einem Mal seinen wahnsinnigen Blick und sein angespanntes Gesicht.

Er sang sich in Ekstase.

I'll skin your ass raw!

And if my day keeps goin' this way I just might

BREAK YOUR FUCKIN' FACE TONIGHT!!

GIVE ME SOMETHIN' TO BREAK!!

Und mit diesem Satz stürmte er auf die vor Angst laut aufkreischende Mädchenmenge zu.

Das bedeutete für mich: Alarmstufe rot!

Mit einem Satz sprang ich von meinem eh ungemütlichen Hocker auf, sprintete auf Sasuke zu und packte ihn noch gerade rechtzeitig mit einem gebrüllten: "Schluss mit der Emo-Mucke!" an der Schulter und riss ihn etwas grob zurück.

Wütend grummelte er auf, ließ sich aber mitziehen.

Die Jungs grölten noch immer. Der Rest war vor Schock verstummt.

Choji legte schnell irgendeinen lustigen Partyhit ein und die Menge beruhigte sich wieder.

Währenddessen drückte ich Sasuke auf einen Hocker und nahm neben ihm Platz.

Der Alkohol tat ihm anscheinend doch nicht so gut wie ich dachte.

"Whisky", murmelte er direkt und der Barkeeper, der die Situation verfolgt hatte, sah mich erwartungsvoll an.

Einerseits war es fahrlässig ihm noch mehr Alkohol zu geben und sicherlich auch ungesund. Beinah eine Bedrohung für den Rest.

Aber andererseits wollte ich auch unbedingt wissen wie sich das Ganze weiterentwickelte. Ob er immer unausstehlicher wurde und wir letztendlich die Polizei rufen müssten oder ob er sich nicht sogar zu einem lustigen und netten Zeitgenossen entwickelte.

Aufgrund dieser selbstsüchtigen Neugierde nickte ich dem Barkeeper zu, der Sasuke daraufhin zwar einen Jack Daniel's einschenkte, dabei aber nur mit dem Kopf schüttelte.

Dann saß plötzlich Gaara neben Sasuke und rüttelte aufgeregt wie ein kleines Kind an seiner Schulter. Entnervt wanderten Sasukes Augen in seine Richtung und der gruselige Blick genügte, damit der andere von ihm abließ.

"Äh, Sasuke, sau geil!", begann Gaara daraufhin etwas schüchtern, fing sich aber sogleich wieder.

"Ich wusste gar nicht, dass du auf Rock und Metal stehst!", grinste der Rothaarige.

"Tja, gibt so einiges, das ihr nicht wisst", war Sasukes schroffe und absolut typische Antwort darauf, ehe er sich wieder seinem Whisky widmete.

"Ja, na ja, erzähl doch mal! Was hörst du so am liebsten? Hast 'ne Lieblingsband?"

Als ob sich Sasuke auf so ein Gespräch einlassen würde. Das war doch unter seinem Niveau, sich über so einen belanglosen Schwachsinn zu unterhalten.

Dachte ich jedenfalls, denn er tat es dennoch. Und zwar ziemlich euphorisch. Dafür stellte er sogar seinen Whisky beiseite.

"Also es gibt viele Bands, die ich aus der Musikrichtung gut finde. Wie man eben gehört hat, mag ich Limp Bizkit, dann noch Disturbed und Slipknot gefällt mir auch."

"Krass! Slipknot find ich auch geil. Aber am besten ist immer noch der Klassiker: Metallica!", wandt Gaara ein und nun entflammte zwischen den beiden ein hitziges Gespräch über die besten Metal-, Punk- und Rockbands überhaupt. Da hatten sich ja zwei Emobrüder gefunden.

Das waren Themen von denen ich absolut keine Ahnung hatte.

Aber ich wollte trotzdem mitreden.

"Also Dark Roses[1] find ich auch nicht schlecht", meldete ich mich nun zu Wort und hoffte, damit ihre Aufmerksamkeit wenigstens für einen Moment auf mich zu ziehen. Das war momentan nunmal die einzige Band, die mir einfiel, die überhaupt irgendetwas mit Rock zu tun hatte.

Ihre Aufmerksamkeit hatte ich jedenfalls. Denn sie blickten mich beide absolut entgeistert an, als ob ich von einem anderen Planeten käme oder soeben Alice Schwarzer mit Jessica Alba verglichen hätte.

"Ja, äh", fand Sasuke schließlich seine Stimme wieder, "ich steh' nich so auf Boygroups. Man merkt, dass du keine Ahnung hast, Naruto", grinste er und Gaara erwiderte es.

Lachten sie etwa über mich?

"Oh Mann, die Musik geht mir ganz schön auf die Nerven", beschwerte sich der Uchiha nun, nachdem er sein Glas geleert hatte und meinte damit vermutlich die Musik, die unaufhörlich im Hintergrund spielte.

"Es ist immer das Gleiche. Bei Popmusik geht es nur um Liebe und Sex."

Er hielt kurz inne.

"Um das eine mehr, um das andere weniger", fügte er grinsend hinzu.

"Aber was mich am meisten aufregt: Die Typen, die davon singen, sind meist noch nicht einmal so alt wie ich. Ich meine, wie dämlich ist das denn?"

Gaara nickte ihm bestätigend zu.

"Noch einen Bacardi bitte", meinte er zum Barkeeper.

"Ich meine, zu so einem Scheiß kann man doch unmöglich tanzen."

Das war mein Einsatz.

"Das sagst du nur, weil du es nicht kannst", provozierte ich und verschränkte grinsend die Arme vor der Brust.

Seinen darauffolgenden, eiskalten Blick versuchte ich so gut es ging zu ignorieren.

"Soll das eine Herausforderung sein?", zischte er.

"Wenn du es so nennen willst."

"Als ob ich zu solch einer Simpel-pimpel-Musik nicht tanzen könnte!", murrte er und fühlte sich anscheinend wirklich gekränkt. Daran war dann wohl mal wieder der Alkohol schuld.

"Hier! Halt die!", murmelte er und drückte mir seine Lederjacke grob in die Hand.

Das momentane Partylied neigte sich gerade dem Ende zu, als Sasuke die Tanzfläche betrat. Allmählich bemerkte ich eine leichte Unsicherheit in seinem Gang.

Der Alkohol schlug also endlich zu.

Das könnte demnach lustig und interessant werden.

Auch Gaara erhob sich schließlich und ging zurück zu seinen anderen Emofreunden.

Aber darauf achtete ich nicht weiter, denn jetzt setzte das nächste Lied mit leicht elektronischem Sound ein.

Natürlich richteten sich wie auch zuvor, alle Blicke auf Sasuke, der langsam begann mit der Musik mitzuwippen.

I'll take you home if you don't leave me at the front door.

Musste es denn ausgerechnet dieses Lied sein?

Your body's cold, but girl we're getting so warm.

Tonight you're falling in love.

Sein Körper bewegte sich langsam im Takt zur Musik. Es war unmöglich, die Augen von ihm abzuwenden.

Und aufgrund seiner Gestik war es auch ganz witzig ihm zuzusehen.

Zumindest bis das Lied richtig los ging und der Refrain einsetzte.

Now if she does it like this, will you do it like that?

Now if she touches like this, will you touch her right back?

Now if she moves like this, will you move her like that?

Shake, shake, shake, shake, uh shake it.

Shake, shake, shake, shake, uh shake it.

Was um alles in der Welt machte er da plötzlich mit seiner Hüfte? Er ließ sie kreisen. Bewegte sie im Einklang mit dieser verstörenden Musik.

Ich musste schlucken. Meine Augen unfähig, zur Seite zu sehen. Mein Puls raste.

Klar bekam man vom Tanzen einen geilen Arsch. Und dass Sasuke einen besaß, war nicht zu bestreiten. Aber war es auch legal, eben diesen als sexuelle Waffe gegen Wehr- und Hilflose einzusetzen?

Und wenn man seine übertriebene, ins Lächerliche ziehende Gestik mal ganz außer Acht ließ und sich wirklich nur auf seine Beine und Hüfte konzentrierte, dann war das Ergebnis...Sex pur.

Augenblicklich lief ich knallrot an.

Gott, ich glotzte meinem besten Freund auf den Arsch!

Hoffentlich hatte das keiner bemerkt.

"Y.M.C.A.!", rief Sasukes lautes Organ plötzlich zwischen den Gesang des Interpreten.

Alle lachten und ich konnte nicht anders, als mit einzustimmen. Wenngleich auch ein wenig erzwungen. Die Situation war mir überaus peinlich.

Aber auch dieser Song ging nun zu Ende und Sasuke kam grinsend auf mich zugetänzelt.

"Na, wie war ich?", schnaubte er, als er mir seine Jacke wieder abnahm.

Schon das zweite Mal in Folge lief ich puterrot an. Diese Frage stellte man noch nach ganz anderen Aktivitäten, als Tanzen. Verdammt, warum knüpfte ich überhaupt solche Bezüge?

Daran, dass ich ihm aufgrund meiner Verstörtheit keine Antwort gab, schien er sich jedoch nicht sonderlich zu stören, denn er nahm ganz einfach wieder neben mir Platz, sowie einen kräftigen Schluck von seinem Bacardi.

Diese Aktion schien etwas in mir wachgerüttelt zu haben. Nur momentan konnte ich noch nicht genau zuordnen, was es war, dass er aus seinem Schlummer erweckt hatte.

"Was für ein beknacktes Lied", lachte er und ich sah direkt zu ihm.

Sah ein paar Strähnen, die ihm verschwitzt ins Gesicht fielen.

"Jetzt bist du dran, Naruto! Ich habe zu deiner Musik getanzt, jetzt musst du zu meiner tanzen", schmunzelte er und blickte mir durchdringend in die Augen.

Ich konnte seinem Blick kaum standhalten. Nicht nachdem ich ihm völlig ungeniert auf den Hintern gestarrt hatte.

"Wieso sollte das meine Musik sein?", murmelte ich ablenkend und wandt unauffällig den Blick zur Seite.

"Weil ich mal einen Blick auf deinen Mp3-Player geworfen habe", lachte er, "was da noch so alles drauf ist, sollte ich hier lieber nicht erzählen."

"Sasuke!", rief ich schockiert, doch er nippte nur an seinem Getränk und grinste schadenfroh.

Dann wandt er sich den verbliebenen CD's zu und überflog wie zuvor gelangweilt die Titel der Interpreten. Währenddessen schweiften meine Augen unkontrolliert über sein makelloses Gesicht.

"Also wir haben hier zur Auswahl: Papa Roach, Metallica, Limp Bizkit und Slipknot."

Meine Ohren nahmen seine Stimme nur noch unterbewusst wahr. Meine Augen hingegen verschlangen alles von ihm. Seinen fahlen Hautton, seine pechschwarzen Augen, die direkt erwartungsvoll in meine blickten, und seine blutroten Lippen, die sich immer wieder einen Spalt öffneten und mich dabei völlig in ihren Bann zogen.

"Also, wen willst du?"

"Dich", säuselte ich gedankenversunken.

Nur eine Millisekunde später schreckte ich aus meinem tranceähnlichen Zustand hoch und mir wurde zwangsweise bewusst, was ich gesagt hatte, als ich in seine weit geöffneten, verwirrten Augen blickte.

Mein Hirn arbeitete auf Hochtouren.

Ich musste mir jetzt ganz schnell etwas einfallen lassen. Und zwar etwas verdammt Gutes.

"Dich lass ich entscheiden", brabbelte ich hastig.

"Ich lass dich entscheiden", wiederholte ich und zwang mich zu grinsen.

Noch immer schockiert starrte er mich an.

"Ach, weißt du...lassen wir das doch einfach und ersparen wir uns die Blamage", winkte er ab und verzog nachdenklich das Gesicht.

Hoffentlich dachte er nicht über das nach, was ich befürchtete.

Das war ja wirklich zum Haare ausraufen. Warum spielten ausgerechnet jetzt meine Hormone verrückt? Und warum gerade bei ihm?

Mir gefiel doch einfach nur die Art und Weise wie er seinen Körper bewegte. Nicht mehr und nicht weniger. So faszinierend, so schwungvoll und leidenschaftlich, so... voller Erotik.

Nein, nein, nein! Keine Erotik!

Ach, es war zwecklos sich etwas vorzumachen. Am liebsten wäre ich soeben über ihn hergefallen. Hätte ihm die Kleider vom Leib gerissen und ihn hier auf dem kalten, harten Boden und vor allen Leuten genommen.

Mein Körper prickelte lustvoll bei diesem Gedanken.

Aber was war auch schon Ungewöhnliches dabei, dass ich Sex mit meinem besten Freund wollte?

Die Frage beantwortete ich mir selbst, indem ich mir verloren an die Stirn fasste.

Viel ungewöhnlicher und schlimmer noch, als diese Tatsache, war allerdings, dass ich nicht nur mit ihm schlafen, sondern ihn auch küssen und sanft berühren wollte. Dass ich alles an ihm erkunden wollte.

Und das ging weit über meine Vorstellung von bloßem Sex hinaus.

Was war nur los mit mir?

Wieder schweifte mein Blick zur Seite und machte augenblicklich Sasuke aus. Ich sah seinen flachen Bauch, an dem sein weißes Shirt klebte und ihn nur noch wie eine zweite Haut umhüllte.

Mein Herz pochte wie wild in meiner Brust, als ich schließlich wieder sein Gesicht betrachtete.

Hatte ich mich etwa urplötzlich...in ihn verliebt? Oder war es gar nicht so urplötzlich, wie ich glaubte? Wenn ich ehrlich blieb, hatte ich ihn schon eine ganze Weile mit anderen Augen betrachtet. Zumindest erschien mir das nach dieser Aktion so.

Mein Atem stockte.

Und dieses, mein Objekt der Begierde, würde heute Nacht bei mir sein. In meinem Haus. In meinem Zimmer. Halbnackt, allein und betrunken.

Was sollte ich bloß tun?

Den Gedanken verdrängen oder es riskieren und mich ihm annähern?

Ich meine, so schwierig konnte es doch nicht sein, einen Sturzbetrunkenen rumzukriegen. Dann wüsste ich, was ich wollte. Bloß heißen Sex oder gar eine innige Liebesbeziehung mit meinem bislang lediglich besten Freund.

"Ey, du Homo. Glaubst ich merk' nich, dass du mich die ganze Zeit so anstarrst, oder was?", blökte mir mein schöner Freund nun pampig entgegen.

Ich vergaß, dass es Sasuke war, den ich ins Bett kriegen wollte.

Ich sollte also lieber mit Bedacht handeln.
 

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Natürlich sind die Songtexte nicht mein geistiges Eigentum :>

© by Die Toten Hosen

© by Limp Bizkit

© by Metro Station (lol...)

[1] Da ich schon zwei Fastmorddrohungen aufgrund des Bandnamens der da vorher stand bekommen habe, nun ein selbst ausgedachter Name :D Wenn es irgendeine Band mit diesem Namen gibt, dann war das absolut keine Absicht !!

Eine Nacht mit dir

Draußen war es schon lange still und dunkel. Die Bürgersteige bereits hochgeklappt. Nur hier drinnen dröhnte noch immer diese ohrenbetäubende Musik, obwohl einige Gäste längst das Weite gesucht hatten.

Doch der unermüdliche Sasuke stand nach geschätzten 100 Litern Whisky intus, schon wieder auf der Bühne und tanzte sich die Seele und mir den Verstand aus dem Leib.

Ich hingegen saß nämlich seit Stunden an dieser gottverdammten Bar und war nur noch dazu in der Lage, ihm beim Tanzen zuzusehen. Seinen Bewegungen zu folgen, die mit der Zeit zunehmend hemmungsloser wurden.

Allerdings war diese Musik, die ich eigentlich mochte, mittlerweile genauso kotzerbärmlich wie der Geschmack meines Biers. Nahezu eine Folter, wenn man auf den Text hörte.

Von I know you want me, you know I want cha bis let's have some fun, this beat is sick, I wanna take a ride on your Disco Stick, war alles vertreten.

Sasuke hatte recht. Bei Popmusik ging es tatsächlich nur um Sex. Der Begriff "poppen" war also ganz klar von "Popmusik" abgeleitet worden. Das ergab für mich und mein Bierglas nun endlich einen Sinn.

Aber der Schwarzhaarige bekam von all dem nicht mehr viel mit. Auch davon nicht, dass Sakura, hinterlistig wie sie war, vermutlich absichtlich diese Musik abspielte, um ihn für sie gefügig zu machen.

Denn je unanständiger die Musik wurde, desto näher kam sie ihm. Und das ließ mich kochen vor Wut.

Meine Finger drückten sich näher an das Glas meines Biers. Krallten sich beinahe daran fest. Diese verdammte Frau! Auf seine vorige Drohung schien sie nicht allzu viel Wert gelegt zu haben. War es für sie nur eine Art Scherz gewesen? Diese Durchgeknallte.

"Sakura ist ganz schön heiß, ne?", brabbelte plötzlich Shikamarus Stimme neben mir.

Langsam wanderten meine Augen in seine Richtung, blickten eiskalt in seine.

Er ignorierte es. Sah noch einmal zur Tanzfläche.

"Oder beobachtest du Sasuke?", grinste er belustigt und meine Halsschlagader pulsierte augenblicklich wilder.

"Nein, verdammt! Und jetzt halt endlich dein verfluchtes Maul!", schrie ich völlig außer mir und starrte ihn finster an. Meine Beherrschung war auf dem Nullpunkt.

Weil ich heiß auf meinen besten Freund war und eben diesen nicht haben konnte. Und davon, meinen Blick wieder auf die Tanzfläche zu richten, auf der Sakura sich immer näher an Sasuke heranschlängelte, wurde meine Laune auch nicht gerade besser.

"Mann, beruhig dich, Naruto. Das ist eigentlich alles nur ein Scherz. Aber so wie du dich aufführst, könnte man glatt meinen, du wolltest wirklich was von ihm."

Dieser Idiot. Was wusste er denn schon?

Ich atmete einmal tief durch. Es war mir bewusst, dass ich ziemlich gereizt war.

Aber als mein Blick erneut zur Tanzfläche schweifte, um Sasukes schöne, beruhigende Gestalt zu betrachten, da war ich schlagartig nicht mehr gereizt. Sondern fuchsteufelswild.

Da wagte es tatsächlich jemand, seine Hände an Sasukes Hüfte zu legen. Und es handelte sich dabei wider Erwarten nicht um Sakura. Noch einmal atmete ich tief durch. Zählte langsam von eins bis zehn. Drei, acht, zehn!

Was zu viel war, war zu viel.

Die Party war jetzt vorbei.

Doch noch ehe ich aufspringen konnte, hatte sich Sasuke bereits zu dieser aufdringlichen Person umgedreht und selbst aus dieser Entfernung erkannte ich, wie ihm das Blut in den Adern gefror.

"Du...!", schrie mein traumhafter Freund mit einer wirklich angepissten Stimme, holte im nächsten Moment aus und noch ehe ich mich versah, lag Sai auch schon keuchend auf dem Boden und hielt sich die blutende Nase - ein astreiner Schlag.

Sai war ein Junge aus der Parallelklasse und sah mit seinem bauchfreien Shirt ohnehin schon ziemlich schwul aus, aber dass er wirklich ernst machen würde, das hätte ich nicht gedacht.

Jedenfalls war es nun eindeutig, dass Sasuke kein Freund von offensiven Anmachen war. Gut zu wissen.

"Niemand grabscht meinen Arsch an, du Homo!", brüllte der Uchiha mit eiskaltem Blick und rieb sich über seinen Handrücken.

Ich grinste. So ist's richtig, Sasuke. Lass' dir bloß nichts gefallen!

Aber Moment mal.

Niemand beinhaltet doch auch mich, oder? Ach, verflixt.

"Sorry, aber ich dachte halt du wärst..." Sais gefühllose Stimmte stockte.

"Ich wäre was?!", schrie Sasuke mit vor Zorn auffunkelnden Augen.

Alles war still. Jeder beobachtete diese Situation. Eine bedrohliche Atmosphäre breitete sich aus und man konnte die Anspannung beinahe mit den Händen greifen.

Sai überlegte noch einen Moment.

Er konnte doch nicht so dämlich sein?

"Na ja, schwul halt", meinte er ruhig und lächelte ausdruckslos.

Er konnte nicht nur. Er war es auch.

Dieses eine Wort war der Stein des Anstoßes.

Von Sasukes Alkoholpegel war momentan nicht mehr viel zu erkennen. Aber, obwohl ich es nicht sehen konnte, wusste ich, dass die Ader an seiner Schläfe gerade wie wild pulsierte und er kurz vor der Eskalation stand.

Da war er: der Todesblick.

Niemand nannte Sasuke Uchiha schwul. Schon gar nicht einer, der ihm soeben an den Hintern gefasst hatte.

Und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, dass plötzlich bedrohlich Blitze aus seinem Körper schossen.

"Sag' das nochmal!", schrie er und gerade, als er sich auf den am Boden Liegenden schmeißen wollte, hielt ihn glücklicherweise Kiba zurück, der schnell genug reagierte.

"Lass' mich los! Ich mach' den Kerl kalt!"

Aber das war gar nicht mehr nötig.

Denn um Sai versammelte sich eine äußerst aufgebrachte und wütende Mädchenmenge.

"Sai, wir haben ein Wörtchen mit dir zu reden", grummelte Sakura ziemlich laut und schlug sich demonstrativ in die eigene Handfläche.

Die anderen Mädchen nickten ihr bestätigend zu, dann packten sie den armen Kerl und schleppten ihn hinaus.

Hinaus in die bitterkalte Abendluft.

Hinaus in sein Grab.

Den würde ich nie wieder sehen, dessen war ich mir sicher.

Und ich hatte fast so etwas wie Mitleid mit ihm. Aber eben nur fast.

"Na ja", ergriff nun Shikamaru wieder das Wort, während seine Augen dem schreienden Sai folgten.

"So dämlich bist selbst du nicht. Außer du hegst Selbstmordgedanken. Dann wäre es eine gute Alternative, einfach Sasuke anzugraben."

Ich schluckte. Er hatte recht.

Vielleicht sollte ich es doch lieber sein lassen? Schließlich hing ich an meinem Leben. Hielt ich jedoch an meinen schmutzigen Gedanken fest, hing es lediglich an einem seidenen Faden. Und es war nur eine Frage der Zeit, bis Sasuke oder sein rasender Fanclub ihn durchtrennten. Was für eine bitterböse Situation.

Fast flehend und hoffend sah ich noch einmal zu dem Uchiha. Doch seine Augen strahlten noch immer nichts weiter als pure Mordeslust aus. Ohje...in was war ich da bloß hineingeraten?

War ich in einen Irren verliebt?

"Naruto!!", brüllte mir mein betrunkener, aber wunderschöner Freund plötzlich entgegen und wies mit dem Finger auffordernd in meine Richtung. Sofort schreckte ich aus meinen Gedanken auf, die sich problematischerweise alle nur um ihn drehten und hielt verdutzt den Atem an.

"Viel Spaß", grinste Shikamaru.

Verzweifelt warf ich meinem sarkastischen Kumpel noch einen bösen Blick zu, ehe ich mich wieder Sasuke widmete. Abermals schluckte ich und erhob mich widerwillig von meinem Hocker.

Ich schritt auf ihn zu und je näher ich ihm kam, desto mehr nahm ich seinen glasigen, verschwommenen Blick wahr.

"Mir reicht's. Wir gehen", bestimmte er brummig und gerade, als er sich hoch erhobenen Hauptes in Bewegung setzen wollte, musste ich ihn auch schon festhalten. Stehen und tanzen im Sinne von mitwippen ging gerade noch, aber alleine laufen, das war heute Nacht nicht mehr drin.

Stützend zog ich seinen linken Arm um meine Schulter und ging langsam mit ihm auf den Ausgang zu. Was für ein Abend. Niemals hätte ich es für möglich gehalten, dass er sich so extrem gehen lassen würde. Eigentlich passte dieses Verhalten überhaupt nicht zu ihm. Aber vielleicht war das hier auch mehr Sasuke, als jemals zuvor. Vom fanatischen Miesepeter zur freizügigen Rampensau. Ein interessanter Wandel.

Wenn das schon im Bereich des Möglichen lag, warum dann nicht auch eine Veränderung hinsichtlich seiner Sexualität?

Betrachtete man es aus dieser Perspektive, war es wenigstens nicht mehr absolut abwegig oder absurd, dass er sich irgendwann ändern würde. Schließlich geschahen immer wieder Wunder. Man musste nur ein wenig nachhelfen.

"Tschüss, ihr Loser!", verabschiedete er sich viel zu laut und mit einem süffisanten Lächeln auf den Lippen vom Rest der Partygäste. Oh Mann, was für ein Abgang. Irgendwie freute ich mich schon darauf, ihm von all dem, was an diesem Abend passiert war, zu erzählen. Wobei ich natürlich entscheidende Aspekte wie die Tatsache, dass ich mich in ihn verliebt hatte, strategisch klug verschweigen würde.

Vorsichtig tasteten wir uns nun durch den dunklen Garten. Setzten immer einen Fuß vor den anderen. Das Gras war rutschig. Es musste also inzwischen geregnet haben.

"Wohin gehen wir jetzt überhaupt?", lallte mein schöner, nach Alkohol stinkender Freund vor sich hin. Er sprach mich überhaupt nicht direkt an.

"Zu mir. Du wolltest bei mir übernachten. Vergessen?", murmelte ich und sah fragend zu ihm. Aber er antwortete mir nicht. Vielleicht hatte er nicht einmal mitbekommen, dass ich etwas sagte.

Und dass er jetzt so betrunken und völlig am Ende war, war ganz allein meine Schuld. Schließlich war ich derjenige gewesen, der ihm immer mehr Alkohol nachschenken ließ.

Meine linke Hand umfasste fest sein Handgelenk, zog seinen Arm weiter um mich. Vorsichtig und unmerklich streichelte ich entschuldigend mit dem Daumen über seine warme Haut.

Selbstverständlich wäre ich am liebsten in die nächste Gasse eingebogen, hätte ihn gegen die Wand gedrückt und leidenschaftlich geküsst. Mein Herzschlag ging allein bei dem Gedanken daran schneller. Außerdem war doch niemand mehr hier. Die Straße war leer. Wir waren allein.

Lediglich in einigen heruntergekommenen Kneipen, die man besser nicht besuchte, brannte noch Licht.

Aber trotzdem wollte ich warten. Zumindest bis wir uns bei mir Zuhause innerhalb der geschützten vier Wände befanden.

Sich in dieser Gegend und besonders um diese Uhrzeit noch auf offener Straße aufzuhalten, war einfach zu gewagt. Vor allem, wenn man selbst bereits angetrunken oder, wie Sasuke, völlig zugelaufen war.

Außerdem würde es vielleicht nicht nur bei einem einfachen Kuss bleiben, wenn wir uns in meiner warmen, gemütlichen Wohnung befanden. Das schuf eine ganz andere Atmosphäre. Und meine Fantasie war diesbezüglich sowieso grenzenlos.

Zudem verspürte ich neben meinen lüsternen Träumen auch ein wenig Angst und Respekt vor ihm, wenn ich daran dachte, was mit Sai, aufgrund seines offensiven Flirtversuchs, geschehen war.

Aber anstatt weiter über diesen Vorfall und vor allem darüber, was er mit mir machen würde, nachzudenken, sah ich lieber wieder in seine Richtung. Das spärliche Licht der Straßenlaternen genügte allerdings nicht, um ihn näher zu betrachten. Sein Gesicht war zu dunkel. Ich erkannte nichts darin.

Erst jetzt wurde mir bewusst, dass er seit Minuten kein Wort mehr mit mir wechselte. Dass er weder grölte, noch lachte oder wütend auf alles und jeden war. Dass er nur den Kopf gesenkt hielt. Und dass er sich bis jetzt noch kein einziges Mal übergeben hatte. Sein Magen hielt eine ganze Menge aus.

Aber es war auch nicht mehr weit. Mit langsamen Schritten schlenderten wir durch die Straßen. Sasuke hustete. Dann war es wieder still.

Das Einzige, was ich hörte, waren unsere Füße, die über den nassen Boden schlurften.

Vielleicht sollte ich es heute Nacht doch nicht darauf ankommen lassen. Ich seufzte. Das war ein ziemlich großes Opfer. Aber für ihn würde ich es bringen. Und natürlich auch für meine eigene Sicherheit.

Ich steckte momentan in einem ganz schönen Zwiespalt: sollte ich meinem Verlangen nachgeben oder wollte ich doch lieber leben bzw. überleben?

Schließlich standen wir vor meiner Haustür, an der wir vor Stunden gemeinsam losgezogen waren. Ich schloss auf und wir traten ein.

Mit einer geschickten Handbewegung schaltete ich das Licht im Flur an. Dann steuerten wir auch schon auf mein Schlafzimmer zu. Meine Finger kribbelten. Schnell und unbeherzt ließ ich ihn los. Er taumelte kurz, fand dann aber das Gleichgewicht wieder und seine schwarzen, unergründlichen Augen machten mein Bett aus.

Davor hielt er inne und sah mich plötzlich stillschweigend an. Mit einem geheimnisvollen Blick, den ich einfach nicht zuordnen konnte oder möglicherweise auch gar nicht wollte. Konnte es vielleicht eine Art Einladung sein?

Völlig von diesem Gedanken eingenommen, vergaß ich, vielleicht auch mithilfe meines Alkoholkonsums, mein keusches und von Angst geprägtes Vorhaben und ging auf ihn zu, während sein Blick unentwegt auf mir ruhte. Er wollte mich, genauso wie ich ihn wollte. Ich wusste es. Es musste so sein.

Nur deshalb hatte er Sai abgewiesen.

Meine ganzen Befürchtungen waren mit einem Schlag vergessen. Scheiß auf leben.

Was war schon ein Leben ohne Liebe wert?

Nichts.

Aber ein Leben war es wert, für die brennende Liebe geopfert zu werden.

Zumindest für die brennende, heiße Liebe mit Sasuke.

Sanft drückte ich seinen liebreizenden Körper auf mein Bett nieder und legte mich direkt und ohne Umwege einfach auf ihn. Ich konnte ihn endlich spüren. Seine Muskeln. Seine noch immer ruhige Atmung. Nie zuvor war und wollte ich ihm auf diese Weise nahe sein. Aber jetzt war plötzlich alles anders. Meine Gefühle für ihn bereits stärker, als sie es für Sakura jemals waren oder sein könnten.

Vorsichtig legte ich eine Hand auf seine Brust. Vergrub meine Finger tief in diesem hinderlichen Stoff. Ich konnte es kaum erwarten, seine nackte Haut berühren zu dürfen. Seine Stimme, die in meinem Kopf wie das ruhige und besinnliche Läuten von Glocken klang, dabei leise meinen Namen wispern zu hören.

Ich schluckte. Mein Körper brannte vor Liebe, Neugierde, Vorfreude, aber auch vor purer Lust. Mein Blick hingegen schweifte ausschließlich über seine perfekten Gesichtszüge und fokussierte letztendlich seinen Mund.

Als ich mich tiefer zu ihm herab neigte, um endlich von seinen sinnlichen Lippen zu kosten, verzogen sich diese zu einem belustigten Grinsen. Ich hielt inne.

"Naruto, du Homo", gluckste seine traumhafte Stimme, "ich bin's: Sasuke. Nicht Sakura!", lachte er und hielt mich an den Schultern fest.

Für einen Moment erstarrte ich. Er dachte also, ich würde ihn verwechseln? Wie absurd...

Zumindest brachten mich seine Worte auf den Boden der Realität zurück. Wir waren Freunde. Mehr nicht.

Der Alkohol war daran schuld. Er vernebelte mein Hirn, sowie meinen Sinn für die Wirklichkeit und vor allem mein Urteilungsvermögen.

Aber was sollte ich sagen? Die Wahrheit, dass es keine Verwechslung war?

Nein, er wollte diese Nähe nicht. Jedenfalls jetzt noch nicht. Daran würde sich wohl auch durch ein Geständnis momentan nichts ändern. Außerdem wollte ich ihn keinesfalls verlieren. Weil es einfach nur verdammt gut tat, ihn zu berühren.

Wenn ich mich um ihn bemühte, dann würde er meine Liebkosungen mit Sicherheit irgendwann dulden. Diese Hoffnung blieb mir.

Würde ich ihm jetzt sagen, was ich für ihn empfand, dann blieb mir vermutlich nichts.

Vielleicht würde er meine Worte durch den Alkohol vergessen.

Aber das Risiko, dass er es nicht tat, war immer noch da. Und meiner Meinung nach viel zu groß, als dass ich es Hals über Kopf eingehen würde. Dafür war er mir zu wichtig.

Nicht nur, weil ich hoffnungslos in ihn verliebt war, sondern auch, weil er mein einziger, richtiger Freund war. Schon von Kindesbeinen an. Seine Zuneigung, von welcher Art auch immer, war für mich wie ein kostbarer Schatz, den ich wie meinen Augapfel behüten musste.

"Stimmt", grinste ich deshalb gespielt überrascht, "du hast hier überhaupt nichts." Dabei griff ich mit beiden Händen fest in den Stoff, knetete ihn beinah, wo sich normalerweise die Brüste einer Frau befanden.

Obwohl mich dieser Unterschied überhaupt nicht störte. Sasuke hatte ganz andere, für mich viel bedeutendere Vorzüge. Dafür musste ich nur einmal sein atemberaubendes Gesicht betrachten.

Er erwiderte mein Grinsen. Anscheinend glaubte er mir.

Verräterisch lange, blieb ich noch auf ihm liegen, bis ich mich schließlich langsam erhob und seinen Körper betrachtete, der noch immer in einer einladenden Pose auf meinem Bett ruhte.

Doch dann richtete sich auch Sasuke auf und der Zauber war mit einem Mal vorbei. Meine einzige Chance wie eine Seifenblase zerplatzt. Vielleicht war ich doch nicht so mutig, wie ich es gerne sein wollte.

Er stand nun direkt vor mir, schien mich aber überhaupt nicht mehr richtig wahrzunehmen. Dann zog er sich plötzlich seine Jacke, sowie das Shirt aus und ließ beides einfach zu Boden fallen. Einen Moment lang sah ich ihm verwirrt dabei zu, doch dann, als sein nackter Oberkörper entblößt wurde, wandt ich direkt verlegen den Blick zur Seite.

Warum tat er das jetzt?

Ach ja, richtig: er war müde, wir waren beide Männer, die sich nichts voneinander weggucken konnten und das eben war nichts weiter, als ein blödes Missverständnis gewesen.

Wie konnte ich das bloß vergessen.

"Ich hol' die Luftmatratze und dein Bettzeug", stammelte ich puterrot im Gesicht vor mich hin und verschwand erst einmal aus diesem verwunschenen Zimmer.

Als ich mit besagten Utensilien zurückkehrte, stockte mir der Atem: Sasuke lag bereits zugedeckt in meinem Bett.

Seufzend nahm ich zur Kenntnis, dass wohl nun zwangsweise ich derjenige war, der auf der harten Matratze die Nacht verbringen musste. Obwohl mein Bett eigentlich breit genug für zwei Personen war.

Ein zufriedenes, erheitertes Lächeln umspielte meine Mundwinkel.

Vielleicht war es momentan noch nicht möglich, dass er meine Liebe erwiderte, aber musste mich das davon abhalten, ihm nahe zu sein? Er merkte es ja schließlich gar nicht, wenn er schlief.

Und sobald wir morgen aufwachten, würde ich einfach genauso überrascht wie er reagieren und alles auf den übermäßigen Alkoholkonsum schieben.

Das war eine brilliante Idee.

Leise legte ich die Luftmatratze beiseite und schlich auf Zehenspitzen mitsamt der Bettdecke und einem Kopfkissen auf Sasuke zu.

Beides legte ich an Ort und Stelle auf dem Bett ab und während ich mir meine Kleidung abstreifte, betrachtete ich sein schlafendes Gesicht, das in meine Richtung gewandt war.

Wenn er schlief, wirkte er so ruhig, so lieblich, beinah verletzlich und erweckte in mir das unstillbare Verlangen, ihn in meine Arme zu schließen und ihm zu versichern, dass alles gut sei.

Vorsichtig legte ich mich nun neben ihn. Mein Gesicht war seinem so nahe, dass ich seinen heißen Atem auf meiner erröteten Haut spüren konnte.

Das Licht im Flur, das ich glücklicherweise vergessen hatte auszuschalten, erhellte mein Schlafzimmer wenigstens soweit, dass ich sein Gesicht näher betrachten und genauer erforschen konnte.

Doch schnell genügte mir sein bloßer Anblick nicht mehr.

Ich wollte mehr.

Viel mehr.

Auch wenn ich mich damit auf mehr als dünnem Eis bewegte, streckte ich bedächtig, aber gierig, eine Hand nach ihm aus und streichelte liebevoll mit den Fingerkuppen seine Wange entlang. Dabei strömte eine angenehme Wärme durch meinen Körper. Mich durstete es schier danach, Zärtlichkeiten aller Art mit ihm auszutauschen. Aber Sasuke regte sich nicht. Haarsträhnen hingen verspielt in sein völlig entspanntes Gesicht. Und nun wusste ich endlich, dass sich seine Haut genauso anfühlte wie sie aussah: samtweich.

Mein Blick fixierte seine leicht geöffneten, geschwungenen Lippen, deren Lieblichkeit mich beinah magisch in ihren Bann zog.

Fast automatisch bewegte sich mein Daumen zu seinem Mund und zeichnete sanft die Konturen seiner Lippen nach. In diesem Moment schrien meine eigenen förmlich danach, sich mit seinen zu einem leidenschaftlichen, betörenden Kuss zu vereinigen.

Diesen Ausdruck der Liebe wollte ich unbedingt mit ihm teilen.

Doch plötzlich verzog Sasuke verstimmt das Gesicht und ich riss augenblicklich und völlig erschrocken meine Hand zurück. Schloss schnell die Augen, um meinen Schlaf vorzutäuschen, sollte er jetzt aufwachen. Mein Herz hämmerte vor Aufregung wild gegen meine Brust, während ich weiter das Kribbeln in meinen Fingern verspürte, die ihn soeben berührt hatten.

Es rumpelte einmal, dann war es urplötzlich wieder still.

Langsam und behutsam, öffnete ich meine Augen einen Spalt weit und stellte erleichtert fest, dass er sich lediglich auf die andere Seite gedreht hatte.

Unsere gemeinsame Zeit war also zum Glück noch nicht vorbei.

Ich sah nun vor mir seinen nackten Rücken und glaubte, dass es sich gut anfühlen musste, ihn in meine Arme zu schließen und fest an mich pressen. Seine hitzige Wärme an meiner Brust kribbeln zu spüren.

Dieser träumerische Gedanke bewegte mich dazu, näher an ihn heranzurücken, meinen Körper sanft gegen seinen zu drücken und vorsichtig einen Arm um ihn zu legen.

Diese Zweisamkeit erweckte in mir den Eindruck eines wahrhaftigen Liebespaares.

Nein, ich wollte wirklich nicht nur Sex von ihm.

Ich wollte ihn vor allem wieder lachen sehen. Durch mich sollte er Freude erleben. Und ich wollte ihn glücklich machen. Für immer. Ich würde ihm mein Herz schenken, wenn ich es nicht bereits getan hatte. So wie ich mir seines wünschte.

Mein Gesicht schmiegte ich in sein weiches, pechschwarzes Haar, während ich seinen himmlischen Duft tief in mir aufnahm.

Seine Erscheinung war so lieblich wie die eines Engels. Seine Haut, so zart wie die einer wohlig duftenden Blume. Und sein kontrastreiches Wesen, so leidenschaftlich und rebellisch wie das eines wilden Tieres.

Alles an Sasuke war unnachahmlich.

Alles an ihm zog mich in seinen Bann.

Er verzauberte regelrecht meine Sinne.

Meine kalte Hand streichelte seinen nackten Bauch entlang und ließ diesen unter meinen Berührungen erzittern. Aber er wachte nicht auf, drückte sich nur fröstelnd näher an mich. Diese Geste raubte mir den Atem.

Und sie animierte mich dazu, meine Hand weiter über seinen Körper schweifen zu lassen und sie schließlich in seinen Boxershorts zu versenken, um, in Gedanken vertieft, die weiche Haut seines wohlgeformten Hinterns zu liebkosen.

Diese Berührung entlockte dem Schlafenden ein wohliges Seufzen und ließ mich bei seinem Klang vor Erregung erschaudern.

Wovon träumst du gerade, Sasuke?

Und an wen denkst du dabei?

Meine Hand glitt aus seiner Unterhose, umschloss wieder liebevoll und schützend seinen nackten Oberkörper.

Auch meinem Mund entfloh nun ein ernüchtertes Seufzen: an mich sicher nicht.

Aber das machte eigentlich nichts. Solange ich nur bei dir sein konnte.

Diese Nacht mit dir, war Geschenk genug für mich. Sie war wie ein Segen und gab mir die Kraft, die ich brauchte, um um dich zu kämpfen.

Deine Liebe war von nun an mein Traum. Genauso wie es mein Traum war, Ruhm, Reichtum und vor allem Anerkennung durch das Tanzen zu erlangen. Und ich würde all das erreichen.

All das, was jeder andere, als unmöglich beschreiben würde. Aber ich war schon immer eine Kämpfernatur gewesen. Auch wenn mich Außenstehende manchmal als einen hoffnungslosen Träumer und Optimisten bezeichneten.

Ja, vielleicht war ich ein Träumer.

Und vielleicht auch ein hoffnungsloser Optimist.

Aber was blieb mir sonst auch?

Alles andere war überhaupt nicht lebenswert.

Ich wollte lieber unentwegt an die guten Dinge im Leben denken, als an die Schlechten, die doch längst im Überfluss vorhanden waren.

Auch wenn viele meiner Gedanken einen träumerischen, gar utopischen Urspung hatten.

Ich wollte sie nicht aufgeben.

Genauso wie ich dich nicht aufgeben wollte.

Ich hätte es auch längst nicht mehr gekonnt. Selbst wenn ich wollte.

"Ich liebe dich", hauchte ich nun leise in sein Ohr.

Und solange ich es dir nicht von Angesicht zu Angesicht sagen konnte, würde ich es dir bei jeder Gelegenheit, im Schlaf, beteuern.

Würde dir etwas von meinem Optimismus abgeben, von dem du viel zu wenig besaßt. Dir den Glauben an das Gute in den Menschen zurückgeben.

Ich wollte dir die Kälte aus den Augen nehmen.

Dich auf deinem Weg in dein neues Leben begleiten und tatkräftig unterstützen.

Auch wenn ich nicht wusste, wie es aussehen sollte.

Und obwohl ich nicht einmal viel über dein Bisheriges wusste.

"Ich liebe dich", flüsterte ich wieder.

Mit diesen wenigen Worten, würde ich dich langsam an meine Gefühle gewöhnen. Dir hoffentlich jegliche Angst vor ihnen nehmen.

"Ich liebe dich so sehr, Sasuke", wiederholte ich wispernd, während ich sein Ohr sanft küsste.

Hoffte, dass meine Worte zu ihm durchdrangen.

Dass er sie wahr nahm.

Dass sie sein Herz wenigstens ein Stück weit berührten.

Kurz darauf drehte er sich abermals um.

Ein wunderschönes, sanftes Lächeln lag dabei auf seinen Lippen, das mir alle meine Zweifel nahm.

Schlafend drückte er sich an mich, ließ mein Herz unbemerkt höher schlagen und er legte zaghaft einen Arm um meinen Körper. So wie ich es zuvor bei ihm getan hatte.

Und ich tat es wieder.

In diesem Moment wusste ich, warum ich Sasuke so verlangend, beinah schmerzlich liebte.

Von neuen Gefühlen umgeben, schloss ich glückselig die Augen, strich dem Mann, den ich seit dieser Nacht mehr begehrte, als alles andere auf dieser wundersamen Welt, besonnen über den Rücken und war dankbar dafür, dass es ihn gab. Und dafür, dass ich in seiner Nähe sein durfte. Dass ich ein Teil seines Lebens war.

Vielleicht hatte unsere Liebe eine Chance.

Auch wenn sie einzig und allein auf meinem Optimismus aufbaute.

Aber ich musste mir dringend eine bessere Strategie einfallen lassen, um dich zu erreichen, Sasuke.

Momentan wusste ich einfach viel zu wenig über dich.

Das musste ich schleunigst ändern. Deshalb würde ich mir etwas überlegen, um dir unauffällig nahe sein zu können. Die Nachhilfe war in dieser Hinsicht ein guter Anfang.

Ganz langsam musste ich mich vortasten. Und ich würde geduldig auf deine Liebe warten. Wenn es sein musste, auch für immer. Solange ich nur bei dir sein konnte.

Deine Nähe war mein einziger Halt. Sie war alles, was ich brauchte.

Erst jetzt wurde mir bewusst, wie unbeschreiblich wichtig du mir warst. Wie wichtig du schon immer für mich warst.

Entgegen jeglichem Sinn und Verstand vergötterte ich dich. Du warst schon immer bei mir. Du hast mich anerkannt und respektiert. Ganz anders, als der Rest. Der Rest, um den ich bislang kämpfte.

Ich habe dich nur um deine Beliebtheit beneidet, ohne zu merken, was dein Sein für mich bedeutete.

Vielleicht habe ich dich schon immer geliebt.

Vielleicht habe ich mir diese Gefühle nicht eingestehen wollen oder war mir sogar gar nicht richtig bewusst über ihre Tragweite.

Aber vielleicht war es auch nur eine Art Wunder.

Schicksal? Zufall?

Mir war es gleich.

Denn ganz egal, warum ich es tat, ich würde niemals aufhören an unsere Liebe zu glauben.

Denn immerhin war es mein Glaube, den mir niemand nehmen konnte.
 

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Die Minisongauszüge sind mal wieder nicht von mir xD

© by Pitbull

© by Lady Gaga
 

PS: Dickes Sorry, dass das nun so übertrieben schnell mit Narus Liebeserkenntnis ging, das haben ja schon einige angemerkt...aber für den Storyverlauf war es einfach relativ unerheblich, da jetzt noch 'nen Aufstand über zig Kapitel von zu machen :>

Sesam, öffne dich!

Seit Stunden regnete es unaufhörlich. Der Regen prasselte gegen die Fensterscheibe, prallte auf den gerade aufblühenden Boden nieder und tauchte die Umgebung insgesamt in ein tristes Grau.

Ich saß auf meiner Fensterbank und sah hinaus. Den noch immer schmerzenden Kopf lehnte ich gegen die Scheibe und versuchte mich daran zu erinnern, was auf der Party geschehen war.

In meinem Zimmer war es dunkel. So mochte ich es am liebsten. Seltsamerweise beruhigte mich die Dunkelheit. Dabei fürchten sich die meisten Menschen doch so sehr vor ihr.

Ich belächelte mich selbst. Was für überflüssige Gedanken.

Von dem Zeitpunkt an, als Naruto und ich auf der Party ankamen, ich erinnere mich an kreischende, nervende Mädchen, bis zu dem Moment, als ich in seinen Armen aufwachte, hatte ich einen kompletten Blackout. Und die Tatsache, dass ich halbnackt in den Armen und zudem noch in dem Bett meines besten Freundes lag, beunruhigte mich schon ein wenig.

Zumindest genug, um ihn mit einem lauten Schrei und einem Kinnhaken unsanft zu wecken. Ich musste schmunzeln. Im Nachhinein hatte ich vielleicht doch ein bisschen überreagiert.

Aber wenn das Erste, was man sieht, Narutos schlafendes Gesicht ist, dann kann man es eigentlich als normal bezeichnen, loszuschreien.

Was nicht heißen soll, er sei hässlich, sondern viel mehr die Art und Weise wie er schläft, die versetzt vermutlich selbst einen hartgesottenen Seemann in Angst und Schrecken.

Weil er sein Gesicht im Schlaf bis zur gänzlichen Unkenntlichkeit verzieht.

Naruto - der Schrecken der sieben Weltmeere.

Wieder musste ich grinsen.

Gähnend streckte ich meine Beine in die Länge. Ich war selbst heute, einen Tag später, noch todmüde. Es war Sonntag und an meinem momentanen Zustand konnte ich gut abschätzen, dass wir die Feier nicht vor Mitternacht verlassen hatten.

Weil, auch wenn ich viel getrunken hatte, so kippte ich mir das Zeug doch noch lange nicht binnen weniger Stunden sinn- und haltlos in den Kopf hinein. Mit Sicherheit hatte ich stundenlang herumgesessen, ein wenig getrunken und die Gesamtmenge an Alkohol war dann letztendlich zu viel gewesen.

Oder etwa doch nicht?

Verflucht! Das war ja zum Haare ausraufen. Ich konnte mich an absolut gar nichts erinnern. Nie wieder Alkohol bis zum Blackout. Nie, nie wieder!

Mein dröhnender Kopf forderte nun aber in Erfahrung zu bringen, was ich so alles im Rausch erlebt und miterlebt hatte, während mir mein ungutes Bauchgefühl riet, dass ich es lieber gar nicht wissen wollte.

Plötzlich klopfte es an der Tür und ich riss verschreckt den Kopf herum.

Langsam öffnete sie sich, ließ zuerst einen Lichtstrahl aus dem Flur hinein, dann streckte meine Mutter ihren Kopf zu mir.

Erleichtert atmete ich aus. Hatte ich jemand anders erwartet?

"Hallo, mein Schatz", begrüßte sie mich mit ihrem bekannten, bezaubernden Lächeln auf den Lippen. Ich liebte sie sehr.

"Hi, Mum", lächelte ich zurück.

Sie trat ins Zimmer und sah sich um.

"Es ist so dunkel hier. Soll ich nicht das Licht einschalten?"

"Nein, danke. Ich mag das so", erwiderte ich.

"Na gut. Das Essen ist gleich fertig, Sasuke", meinte sie nun, während sie mein Zimmer bereits mit einem Bein wieder verlassen hatte.

"Alles klar, ich komme sofort", lächelte ich erneut.

Dann ging die Tür zu und mein Lächeln schwand augenblicklich.

Sehnsüchtig schweifte mein Blick noch einmal nach draußen, begutachtete das kühle Nass.

Ich seufzte, erhob mich schließlich und ging hinunter in die Küche.

Auf dem Weg dorthin betrachtete ich die vielen teuren Bilder, darunter sogar ein paar Ikonen, die verschnörkelten und bemalten Vasen, die überall in unserem Haus zu finden waren.

Für mich dienten sie lediglich als Statussymbol. Repräsentierten unseren Wohlstand. Ich hasste diesen Prunk. Ich bevorzugte das Schlichte und Unauffällige.

Vielleicht gerade deshalb, weil ich diesen verzierten Krimskrams jeden verdammten Tag zwangsweise angucken musste. Und das ging mir ziemlich auf die Nerven.

Natürlich hätte ich alles an Ort und Stelle zerschmettern können, aber das traute ich mich nun auch wieder nicht. Obwohl der Gedanke an manchen Tagen ziemlich reizvoll war.

Vor allem, wenn ich mal wieder einen anstrengenden Tag mit Sakura, Ino und Co. hinter mir hatte. Dann verspürte ich einfach nur noch das dringende Bedürfnis nach Zerstörung. Irgendwas an die Wand zu donnern, das mit einem lauten Knall aufschlägt und in tausend Teile zerspringt. Unsere hässlichen Vasen schrien nahezu danach, genau für diesen Zweck geopfert zu werden.

Aber wie gesagt: Ich traute mich nicht.

Als ich in die Küche trat, wusste ich auch wieder warum, als ich merkwürdigerweise meinen Vater auf seinem Stammplatz sitzen sah und unterdrückte gerade noch rechtzeitig ein entnervtes Seufzen. Sonst hatte er doch Sonntags immer Dienst.

Nach seiner Tänzerkarriere hatte er die Polizeilaufbahn eingeschlagen und die musste zum Glück auch Sonntags arbeiten. Und das in vielerlei Hinsicht.

Warum er gerade diesen Beruf gewählt hatte, wusste ich nicht genau. Vielleicht, weil auch sein Vater, also mein Großvater, früher ein Polizist mit Leib und Seele war.

Soweit ich wusste, war mein Vater damals als Tänzer ziemlich erfolgreich gewesen, viel unterwegs und dort hatte er auch meine liebe Mutter kennengelernt. Als sie mit Itachi schwanger war, wollten sie wahrscheinlich ein geregeltes Einkommen und einen festen Wohnsitz haben.

Das war mit seinem derzeitigen Beruf allerdings nicht möglich und deshalb trat er in die Fußstapfen meines Großvaters, noch bevor dieser an Krebs verstarb.

Vielleicht versuchte er nun in uns seinen geplatzten Traum zu verwirklichen. Oder viel mehr in Itachi, der ja letztendlich der Auslöser dafür war.

"Was stehst du denn da so blöd in der Gegend rum, Sasuke?", begrüßte mich mein Vater auch direkt herzlich. Aber auch das war nichts Neues und demnach kein Grund eingeschnappt zu sein.

"Setz' dich doch. Es gibt heute Rote Bete, Kartoffeln und dazu ein großes Stück Fleisch", lächelte meine Mutter mir entgegen. Auch ihr Lächeln war eigentlich nichts Ungewöhnliches. Sie war einfach der genaue Gegensatz zu meinem Vater.

Ich nickte und nahm stillschweigend neben Fugaku Platz.

Sie stellte uns gut gefüllte Teller vor die Nase und wir begannen zu essen, während meine Mutter eine einzelne Kerze auf dem Tisch anzündete.

Ich mochte Kerzen, auch wenn das kitschig erscheinen mag. Dieses tanzende und besinnlich flackernde Licht, beruhigte mich genauso wie die nächtliche Dunkelheit.

Am liebsten mochte ich beides zusammen. Aber ich hatte nie einen Grund Kerzen anzuzünden.

Kerzen entzündete man für eine gemütliche Atmosphäre. Meistens zu zweit. Selten allein.

"Sasuke", sprach mich mein Vater wieder an und ich sah direkt zu ihm, legte Messer und Gabel beiseite. Er empfand es als unhöflich, weiterzuessen, wenn er sprach.

"Du hast doch am Freitag deine nächste Aufführung, oder?"

Dass er mich danach fragte, war mehr als ungewöhnlich. Sonst informierte sich meine Mutter und gab es schließlich an ihn weiter. Plötzlich hoffte ich wieder. Keine Ahnung worauf.

"Ja, die Fortsetzung der Letzten. Es werden doppelt so viele Gäste erwartet", verkündete ich stolz, versuchte damit vermutlich seine Bewunderung zu erlangen und verfiel somit in altbekannte Muster, die ich eigentlich hinter mir lassen wollte.

"Schön, aber gerade darüber wollte ich mit dir sprechen. Weißt du, Itachi hat an dem Tag seine Premiere in Kirigakure. Die erste Aufführung der Universität in diesem Jahr, die deine Mutter und ich keinesfalls versäumen dürfen."

Ich senkte resigniert den Blick, hoffte jetzt nur noch darauf, dass ich nicht zu bestürzt drein schaute.

"Du wirst verstehen, dass das sehr wichtig ist." Seine Stimme war ernst. Sie forderte Verständnis.

"Natürlich", erwiderte ich und nickte.

"Gut", meinte er noch und aß dann weiter. Für ihn bedarf es keiner weiteren Worte.

Mir war schlagartig der Appetit vergangen. Ich saß einfach nur da und wartete darauf, dass ich aufstehen konnte. Meine Mutter schien meine Bestürzung zu bemerken.

"Wie wäre es denn, wenn du zu Itachi fährst und ich stattdessen zu Sasukes Aufführung gehe? Ich glaube nicht, dass Itachi etwas dagegen hat, wenn wir ihm die Situation schildern", schlug sie kompromissbereit vor.

Ich lächelte hoffnungsvoll. Meine Mutter war wirklich wundervoll.

Dann hörte ich Geschirr neben mir klirren.

"Nein, Mikoto, das geht nicht. Der Junge braucht die Unterstützung von uns beiden. Es ist das erste Mal, dass er vor mehr als tausend Leuten auftritt. Ich weiß noch, wie nervös ich damals war, aber meine Eltern hatten nie die Zeit, sich das anzusehen. Und wie du weißt, hat das sehr an meinem Selbstbewusstsein genagt. Er soll nicht das Gleiche durchmachen. Das würde seiner Karriere nur im Weg stehen."

"Aber du hast nunmal nicht nur einen Sohn, Fugaku", murmelte sie und räumte die Teller ab.

"Nun hör' aber auf, Mikoto! Sasuke schafft das schon alleine. Nicht wahr?"

Erwartungsvoll, beinah drohend sah er mich an.

Ich nickte.

"Sicher."

"Siehst du und jetzt hör' auf, mich hier so schlecht darzustellen. Das ist ja schon fast unverschämt! Sowas muss ich mir von meiner eigenen Frau nicht bieten lassen", murrte er und wischte sich ordnungsgemäß den Mund mit einer Serviette ab.

"Kann ich aufstehen?", wollte ich monoton wissen. Meine Finger zitterten etwas. Bestimmt war mir nur kalt. Der Ofen war schließlich noch aus.

"Darfst du", erlaubte mir mein Vater und winkte ab.

Abrupt erhob ich mich und verließ die Küche mit schnellen Schritten.

"Ich geh' noch zu 'nem Freund", rief ich, während ich mir meine Jacke aus der Garderobe nahm und die Schuhe anzog.

"Viel Spaß!", entgegnete meine Mutter.

"Spätestens um 22 Uhr bist du zuhause!", war der immer gleiche Abschiedsgruß meines Vaters.

Ich schlug die Tür zu und stand im Regen. Mit der Kapuze meiner Jacke verbarg ich sowohl meine Haare, als auch meinen gekränkten Gesichtsausdruck. Dann machte ich mich langsam und mit geneigtem Kopf auf den Weg.

Vermutlich würde es niemand bemerken, hätte ich in jenem Moment geweint.

Aber rumheulen brachte mich auch nicht weiter.

Es machte nichts ungeschehen und veränderte auch nichts. Lediglich meine beschissene Situation rief es mir in Erinnerung. Machte mir selbst bewusst, wie sehr ich unter dem Verhalten meines Vaters litt und wie sehr es mich runterzog.

Und genau deshalb weinte ich nicht. Zwecklos. Ich war ja kein kleines Kind mehr. An das letzte Mal konnte ich mich sowieso nur noch vage erinnern.

Ich glaube, ich war damals sieben Jahre alt und beim Spielen ziemlich böse gefallen. Ja, da hatte ich geheult. Und zwar lange und bitterlich. Itachi hatte mich getröstet und Huckepack zum Arzt getragen. Fugaku war sauer, weil mein Bruder deshalb nicht zum Training gehen konnte. Seitdem habe ich meine Tränen unterdrückt.

Warum auch weinen, wenn es niemanden gab, der die Tränen trocknen konnte?

Plötzlich lief jemand gegen mich. Oder ich gegen jemanden. Jedenfalls prallte ich mit einer anderen Person zusammen.

"Verflucht nochmal! Können Sie nicht besser aufpassen, wo Sie -"

Die Frau stockte, als ich aufsah.

Sie war groß und schlank.

Außerdem hatte sie langes, blondes Haar, das ihr nass ins Gesicht hing und tiefblaue Augen. Sie war definitiv hübsch.

Und sie lief rot an, als ich ihr in die Augen blickte. Das war nicht zu übersehen. Innerlich seufzte ich.

"Ich meine, ähh - ist schon gut", plapperte sie heraus, ihre Gesichtsfarbe wurde noch dunkler, dann drängte sie sich an mir vorbei und eilte davon.

Ich sah ihr nach, bis sie schließlich im dichten Regen verschwand.

Vielleicht war es eine Frau, die mir fehlte. Jemand der mich liebte, genauso wie ich ihn. Aber Liebe war nunmal weder zu erzwingen, noch käuflich. Zumindest keine ehrliche Liebe. Man konnte auch nicht gezielt nach ihr suchen. Wenn, dann fand sie einen. Oder eben nicht.

Und bei mir traf momentan eher das oder eben nicht zu.

Wobei momentan vielleicht auch der falsche Ausdruck ist.

Zwar war ich bereits in den Genuss der körperlichen Liebe gekommen, aber ich hatte mich noch nie wirklich verliebt. Eigentlich auch nicht unwirklich. Und das, obwohl ich ein erwachsener Mann bin.

Vielleicht habe ich einfach noch nicht die Richtige getroffen.

Aber vielleicht lag es auch ganz allein an mir und meiner Einstellung, dass ich niemanden fand, der zu mir passte.

Die Zeit verging wie im Flug, während ich in Gedanken vertieft durch die Straßen schritt.

Durch dunkle Gassen, die bei einbrechender Dunkelheit Tabu-Orte waren. Das war allseits bekannt und so ziemlich jeder hielt sich daran. Keiner wollte auf die Gestalten treffen, die hier nachts ihr Unwesen trieben. Einmal hatte ich Bekanntschaft mit solchen Kerlen gemacht. Eigentlich hatte ich nur Glück gehabt, dass ich so verdammt schnell laufen kann. Die hätten kurzen Prozess mit mir gemacht. Und an dem kaltblütigen Ausdruck in ihren Augen konnte ich erkennen, dass sie ohne zu zögern töten würden.

Ich fragte mich, warum Menschen existierten, die so etwas taten. Aber vermutlich gab es überhaupt keine richtige Antwort darauf. Vielleicht taten sie es aus Langeweile. Vielleicht aus Spaß oder auch aus purem Frust, weil sie unzufrieden mit sich selbst und der Welt waren.

Von mir aus konnten sie sich das eigene Leben nehmen, wenn doch alles so furchtbar ungerecht und scheiße war. Interessierte mich herzlich wenig, aber andere, unbekannte und vor allem unschuldige Menschen für ihr Schicksal verantwortlich zu machen, das ging mir nicht in den Schädel. Das würde ich weder verstehen noch jemals akzeptieren können.

Irgendjemand musste endlich mal etwas gegen diese Kriminellen unternehmen. Aber wer sollte diese Aufgabe schon übernehmen und vor allem: Wie sollte man gegen diese Verbrechen vorgehen? Letzten Endes waren es juristisch betrachtet überhaupt keine Verbrechen irgendwo rumzustehen. Erst wenn man handelte, dann machte man sich strafbar. Nur dann war es meist leider schon zu spät.

Auf einmal stand ich auch schon vor Narutos Haustür und klingelte. Den Weg kannte ich anscheinend fast im Schlaf. Aber Schluss jetzt mit diesen Gedanken. Schon den ganzen Tag saß ich nur blöd rum und dachte über Gott und die Welt nach.

Es gab doch auch gute Dinge im Leben. Eines davon lebte hier in dieser wüsten Wohnung.

Ich musste plötzlich grinsen, als ich wieder Narutos beknackten Gesichtsausdruck vor meinem geistigen Auge sah. Schlafend noch bescheuerter, als ohnehin schon.
 

Es klingelte. Immer wieder dieses Ding Dong.

Ding Dong, Ding Dong.

Ging das schon wieder los?

Fluchend und mit meiner Fünf-Kilo-Hantel beladen, steuerte ich auf diese nervtötende Tür zu. Man hatte mich soeben bei meinem Krafttraining gestört. Was so viel heißt wie: Achtung! Ich bin bewaffnet, also geh' mir gefälligst nicht auf den Zeiger. Das schien diese Missgeburt von Klingelfritz aber nicht sonderlich zu interessieren, weshalb ich ihr gleich mit voller Wucht meine Hantel in die Fresse schlagen und mich somit bei diesem nichtsahnenden Würstchen für Sasukes Kinnhaken bedanken würde. Jener Schlag hatte nämlich einen richtig schönen, riesigen blauen Fleck hinterlassen und war von mir nur halbherzig mit einer kühlenden Creme, die bereits jenseits des Verfallsdatums lag, verarztet worden. Durch meine Schlamperei und Lustlosigkeit tat es demzufolge noch tierisch weh und machte mich nur noch wütender. Meine Hand schrie nach Rache! An wem auch immer.

Irgendjemand zog ja bekanntlich immer die AK. Und heute war es eben der, der zur falschen Zeit an meiner Haustür stand. Tja, shit happens.

Ding Dong, Ding Dong, Diiiiiiiiiiing Dooooooooooooong.

Dieser Klingelscheiß ging mir allmählich ganz schön auf meine sonst strapazierfähigen Nerven.

Nun erreichte ich endlich die erlösende Klinke und öffnete die Tür ein wenig zu schwungvoll. Beinah hätte ich mich damit selbst K.O. geschlagen.

"WAS?!", schrie ich dennoch direkt, wollte schon die Hantel heben, doch als ich Sasuke sah, glaubte ich plötzlich ein Déjà-Vu zu haben.

Er lachte. "Immer wieder lustig."

"Wie schön, dass wenigstens einer von uns beiden seinen Spaß hat", meinte ich ironisch, während ich meine bewaffnete Hand wieder sinken ließ.

Ich war zwar noch ziemlich wütend, aber mein Puls beruhigte sich aufgrund der Person, die mich besuchte.

"Find' ich auch", entgegnete mein schwarzhaariger, völlig durchnässter Freund.

Oh Mann, wie unhöflich. Er stand im Regen und ich bat ihn nicht einmal herein.

Man könnte meinen, meine Eltern hätten mir nichts beigebracht.

"Willst du reinkommen?", fragte ich deshalb nachträglich höflich, aber zugleich auch ein wenig eingeschnappt.

"Gern", murmelte er, während er eintrat. Er hing seine Jacke an der Garderobe auf und drehte sich zu mir. Mir fiel auf, dass er wieder die gleiche, langweilige Kleidung trug: Einen schwarzen Pullover, darunter ein weißes Hemd, dessen Kragen herausstand und eine dunkle Jeans.

Es wunderte mich, dass er überhaupt andere Kleidung besaß, als diese.

"Gut siehst du aus", grinste er und ich bemerkte, dass sein Blick auf meiner unschönen Wunde ruhte.

"Ja, vielen Dank nochmal", grummelte ich. Was sollte ich denn bloß morgen in der Schule erzählen?

Dass es eine wilde Schlägerei gab und ich mich mit drei Kerlen gleichzeitig prügeln musste? Ja, das würde mir bestimmt jeder abkaufen.

Aber es verwunderte mich, dass Sasuke nach so kurzer Zeit wieder bei mir auftauchte, nachdem er sich gestern so zügig und völlig schockiert verabschiedet hatte. Eigentlich befürchtete ich, dass er mich nun bis auf Weiteres meiden würde. Anscheinend glaubte auch er allmählich, dass es allein die Schuld des Alkohols war, dass wir eng aneinandergekuschelt geschlafen hatten.

Sonst wäre er schließlich nicht wiedergekommen.

Oder war etwas passiert?

Der Gedanke daran ließ mich nicht los.

"Warum bist du hier?", fragte ich nun vorsichtig, versuchte kläglich die Frage mehr beiläufig erklingen zu lassen.

Er ging an mir vorbei und erst, als er mir vollständig den Rücken zuwandt, meinte er: "Kann ja nicht schaden, wenn wir heute schon mit der Nachhilfe beginnen. Du hast es immerhin nötig."

Ich ignorierte seine Beleidigung und trat näher an ihn heran. Das war mit Sicherheit nicht der Grund, weshalb er hier war. Aber hatte es einen Sinn weiter nachzufragen? Da konnte ich eigentlich auch genauso gut gegen eine Wand anreden.

Als er meine Schritte hörte, drehte er sich wieder zu mir. Ich sah in seine kalten, schwarzen Augen und stellte fest, dass sein Blick auf meiner Hantel ruhte.

"Du hast trainiert?"

"Jep", grinste ich und versuchte meine Besorgnis um ihn zu verdrängen. Wenn er reden wollte, würde ich ihm immer zuhören. Das müsste er wissen.

Oder sollte ich es ihm sicherheitshalber nochmal anbieten?

"Nah, Sasuke."

Die Worte verließen nur mühsam meine Lippen. Es durfte einfach nicht zu besorgt klingen. Schließlich sollte er keinen Verdacht schöpfen.

"Hm?", machte er verwundert und blinzelte.

Für einen Moment war ich mir nicht mehr sicher, ob ich das Richtige tat.

"Ist irgendwas? Du siehst nicht besonders gut aus."

Ich versuchte zu lächeln. Aber es gelang mir nicht richtig. Ich machte mir wirklich Sorgen um ihn. Denn er sah noch unglücklicher und träger aus, als sonst. Obwohl das schwierig zu steigern war.

Vielleicht war es bloß eine weitere Nebenwirkung des Alkohols? Ich hoffte es.

"Nein, alles bestens", nuschelte er nur und wandt den Blick ab.

Nicht sehr überzeugend. Ich wusste zwar, dass Frauen so ablehnend reagierten, damit man nachfragte und sich übermäßige Sorgen bereitete, aber Sasuke war nunmal keine Frau.

Deshalb war es mit diesem Satz wohl ganz eindeutig, dass er mir keine Auskunft über seine Probleme erteilen wollte.

"Wenn du mal reden willst, bin ich für dich da", bot ich vielleicht eine Spur zu fürsorglich an und legte ihm dabei freundschaftlich eine Hand auf die Schulter.

Es fiel mir schwer, ihn nicht zu umarmen. Bei Sasuke verspürte ich einfach dieses dauerhafte Bedürfnis, genau das zu tun.

Und vielleicht brauchte er das auch. Aber er wollte es nunmal nicht.

"Danke, es geht schon", murrte er und schlug meine Hand beiseite.

Ich seufzte. Er war wirklich ein schwieriger Fall.

Vielleicht konnte ich ihn ja irgendwie aufheitern. Zumindest würde ich mein Glück versuchen.

Also folgte ich ihm erstmal stillschweigend in die Küche und nahm ihm gegenüber Platz. Die schwere Hantel legte ich neben mir auf dem Fußboden ab.

Es regnete noch immer.

"Womit wollen wir anfangen?"

Er hatte überhaupt keine Lust zu lernen. Das hörte ich allein an seiner Tonlage.

Demzufolge musste ein ablenkender Witz her.

"Wie wär's mit Französisch?", grinste ich.

"Du hast doch gar kein..."

Er stockte und sah mich direkt finster an.

"Haha, wie witzig."

Ich lachte, aber auch seine Miene hellte sich etwas auf, was er allerdings so gut wie möglich zu verbergen versuchte.

Mein Blick schweifte durch das Zimmer. Überall standen benutzte Teller und Gläser herum. Insgesamt ziemlich unaufgeräumt. Er hielt mich sicher für schlampig.

Das Schlimme war, dass er damit auch recht hatte. Ich konnte mich einfach nie zum Aufräumen aufrappeln. Stets zog ich das Motto: "Was du heute kannst besorgen, das verschiebe stets auf morgen!" zu Rat.

Tja, und danach lebte ich regelrecht.

"Du, Naruto?"

Er hatte sein Gesicht in eine Hand gestemmt, nuschelte die Worte nur so vor sich hin und sah starr aus dem Fenster hinaus. Beinah sehnsüchtig. Vielleicht mochte er den Regen.

"Was denn?"

Seine schwarzen Augen huschten regelrecht in meine Richtung, blickten durchdringend in meine. Unsicherheit lag darin.

"Ist wirklich nichts passiert? Ich meine, ähm, zwischen uns?"

Eine kurze Pause folgte.

"Und was...ist überhaupt auf der Feier passiert? Wenn ich's nicht bald erfahre, werde ich noch wahnsinnig. Ich kann mich an absolut gar nichts erinnern."

Eine leichte Röte stieg mir ins Gesicht. Diese Frage kam so plötzlich, obwohl ich, seit er gestern neben mir aufgewacht war, unentwegt mit ihr rechnete. Zwischen uns war zwar nicht viel passiert, aber bei mir doch so einiges. Schließlich hatte ich mich Hals über Kopf in ihn verknallt.

Außerdem war mir allein diese Frage unangenehm und das vertiefte den rötlichen Schimmer auf meinen Wangen.

Aber er konnte sich anscheinend an rein gar nichts erinnern. Und das ärgerte mich wiederum. Völlig umsonst hatte ich meine Gefühle gezügelt. Alles hätte ich mit ihm machen können, er würde es ja doch nicht mehr wissen.

So eine verdammte Scheiße.

"Nein, ich, ähm..."

Die Worte verließen stockend meinen Mund.

Was stotterte ich denn jetzt so rum? Obendrein klang meine Stimme auch noch heiser.

Eilig räusperte ich mich. Da hatte ich doch sonst keine Probleme mit.

"Es ist nichts passiert. Du hast bloß ziemlich wild auf der Party getanzt."

"Ziemlich heiß und wild und vor allem so sexy, dass man dich gleich auf Händen ins Bett tragen wollte", dachte ich zwar im selben Moment, sprach es aber natürlich nicht aus. Freie und unabhängige Gedanken konnte man nunmal nicht kontrollieren. Das stand einfach nicht in meiner Macht.

"Niemals", prustete er.

Für ihn war es wohl nur ein blöder Scherz.

Das war meine Chance, aus dieser bislang unangenehmen Situation zu entkommen. Das Gespräch drehte sich viel zu sehr um ihn und mich.

Jetzt würde ich ihn schocken.

Meine Rache für den Kinnhaken.

"Doch und zwar nicht nur irgendwie, sondern so."

Bei diesen Worten erhob ich mich blitzschnell von meinem Stuhl, drehte mich einmal im Kreis, ließ meine Hüfte dabei betont langsam kreisen und säuselte dazu: "Shake, shake, shake, shake, uh shake it."

Aufziehen und in den Wahnsinn treiben, gehörten definitiv zu meinen Stärken.

Voller Vorfreude auf seinen entgeisterten Blick plumpste ich wieder auf meinen Stuhl.

Doch er war weder schockiert, noch verärgert oder verwundert, sondern, entgegen meiner Erwartung, einfach nur amüsiert. Und das überraschte wiederum mich.

"So scheiße hat das bei mir sicher nicht ausgesehen", stichelte er mit seinem bekannten süffisanten Lächeln.

Aber das letzte, vernichtende Wort hatte immer noch ich.

"Stimmt. Bei dir hat's nur schwul ausgesehen", schmunzelte ich triumphierend.

Jetzt guckte er zeitgleich verwundert, schockiert und verärgert.

Sieg!

Bevor er mir an die Gurgel gehen konnte, sprach ich besser zügig weiter, um ihm keine Zeit zum Ausflippen zu gewähren. Und nach meinen folgenden Worten, sollte ich besser schnellstmöglich ins Badezimmer flüchten und die Tür verriegeln.

Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

Und deshalb quatschte ich munter im Plauderton drauf los.

"Du willst doch wissen, was noch so passiert ist. Ich erzähl's dir, Sasuke: Also, als du so hinreizend getanzt hast, hat Sai die Gunst der Stunde genutzt und seine Hände absolut begierig an deine Hüfte gelegt."

Jetzt musste ich einfach nur noch abwarten. Das würde ein Selbstläufer werden.

Innerlich brodelte jedoch die Wut in mir auf, sobald ich nur an diesen Kerl dachte, der Sasuke angefasst hatte. Ich musste unbedingt einen Streit mit ihm provozieren, um ihm nachträglich eine reinzuhauen.

Aber jetzt diente er erstmal dazu, meinen Freund aufs Äußerste zu reizen.

Und der lief gerade kreidebleich an.

"Und was hab' ich dann gemacht?", stammelte er. Anscheinend wollte er es lieber gar nicht wissen. Schien ja nicht sehr überzeugt von seiner Selbstbeherrschung zu sein.

"Na ja", begann ich geheimnisvoll, tat so, als wüsste ich nicht, wie ich die schreckliche Wahrheit formulieren sollte.

Ein wenig Nervenkitzel musste ja auch mal sein.

"Kurz und knapp: Du hast wild rumknutschend mit dem Bauchfrei-Man in einer Ecke gestanden und später hatte ich große Mühe, dich mir vom Leib zu halten. Deshalb lagen wir auch in einem Bett. Ich konnte dich einfach nicht abwimmeln."

Meine Stimme klang entsetzt und ich rundete das Ganze mit einem wehmütigen Seufzen ab. Ich spielte meine Rolle wirklich gut.

Sasukes Pupillen weiteten sich erwartungsgemäß. Er brauchte wohl noch etwas Zeit, um diese Worte zu verarbeiten.

Dann glitt seine Hautfarbe von einem angenehmen kreidebleich, in ein zartes leichenblass.

Treffer, versenkt!

Bevor er mir noch in Ohnmacht fiel, und er war ganz anscheinend kurz davor, korrigierte ich mich lieber: "War nur'n Scherz, Mensch."

Völlig verstört sah er mich an.

"Das mit dem Tanzen stimmt, der Rest war erstunken und erlogen. Na ja, Sai hat dir wirklich an den Hintern gefasst, aber dafür hast du ihm auch ganz schön die Fresse poliert und deine Fangirls haben ihm den Rest gegeben."

Ich erschauderte bei dem Gedanken an diese Furien.

Plötzlich packte mich Sasuke grob am Kragen und zog mich zu sich über den Tisch. Sein Gesicht war meinem ziemlich nah. Er sah verdammt angepisst aus.

"Mach' das nie wieder", schnaubte er und funkelte mich aus seinen dunklen Augen bedrohlich an.

Oje, da war er wieder: Der Todesblick.

Aber ich lächelte nur, um ihm keine Angriffsfläche zu bieten.

"Nah, Sasuke, wenn du einen Kuss willst, kannst du's mir auch anders sagen."

Gleich darauf hatte ich seine Hand im Gesicht und er lehnte sich entnervt aufseufzend wieder zurück, während ich mir grinsend mein zerknittertes Hemd glatt strich und ihn dabei ansah.

Irgendwie war es ziemlich süß, wenn er immer gleich so ausflippte. Er erinnerte mich dann an ein kleines, mürrisches Kind, das aber das rote und nicht das blaue Förmchen haben wollte.

Und wenn ich genauer darüber nachdachte, musste ich selbst ziemlich bescheuert sein, das als niedlich zu bezeichnen. Fand ich es auch dann noch so süß, wenn er mich irgendwann mal tatsächlich attackierte?

Er kaute währenddessen auf seiner Unterlippe herum. Das tat er nur, wenn er nervös war.

"Weißt du was? Sei froh, dass ich vergangene Nacht nichts anhatte", grummelte er.

Ich blinzelte.

Ja, war ich auch. Brauchte er mir nicht zu sagen.

Mein Grinsen wurde breiter und ich stemmte mein Gesicht entzückt in beide Hände.

Er bemerkte das.

"So meine ich das nicht!!", brüllte er und entweder lief er schlagartig vor Zorn oder Scham knallrot an. Vielleicht war es auch eine Spur von beidem.

Daraufhin entfloh seinem Mund noch irgendetwas Unverständliches und er verschränkte die Arme vor der Brust.

"In meiner Hosentasche trage ich immer zur Sicherheit ein Taschenmesser mit. Man weiß ja nie, wer oder was einem so auf offener Straße begegnet. Ich hätte dich damit im Suff abstechen können."

Meine Augen weiteten sich.

Er schleppte ein Messer mit sich herum?

Da hatte ich ja nochmal verdammt Glück gehabt.

Draußen stürmte es allmählich. Der Regen prasselte heftiger.

Wieder blickte ich in sein angespanntes Gesicht. Was wohl in ihm vorging? Wollte er mich vor sich selbst warnen? Oder was sollte diese Aussage? Machte er sich etwa Sorgen um mich?

Zumindest sah er deprimiert aus.

Aber dafür musste es doch einen Grund geben. An seinem Hätte-würde-könnte-Mordversuch lag es sicher nicht.

"Hörst du eigentlich nur diese Emo...äh, Metalmusik?"

Wie gerade aus dem Tiefschlaf erwacht, sah er mich mit seinen matten Augen an. Anscheinend hatte ich ihn aus tiefgründigeren Gedanken gerissen. Wenn ich sie doch nur lesen könnte. Das würde es sehr viel einfacher machen, Sasuke näherzukommen. Zumindest auf eine Distanz von unter hundert Metern. Im Moment waren wir geschätzte fünf Kilometer voneinader entfernt.

"Woher weißt du, dass ich sowas höre?"

Stimmt ja, sein Gedächtnisverlust.

"Geraten", log ich.

Ich hatte einfach keine Lust, lang und breit eine ohnehin überflüssige Erklärung abzuliefern.

"Hörst du nie Liebeslieder? Balladen?", fragte ich weiter.

Sein anfänglich leicht offenstehender Mund verzog sich zu einem flüchtigen Lächeln.

"Warum interessiert dich das?"

"Antworte einfach", forderte ich mit ernster Miene und fesselte ihn mit meinem Blick.

"Kommt drauf an. Ich höre schon Lieder, die die Liebe thematisieren, aber wenn du von schnulzigen Softi-Songs sprichst, dann ist die Antwort ein klares nein."

Es war genauso, wie ich befürchtet hatte.

War doch klar, dass man auf Dauer von dieser ewig düsteren und pessimistischen Musik runtergezogen wurde.

Aber es musste auch irgendeinen triftigen Grund dafür geben, überhaupt solche Teufelsmusik zu hören.

"Hast du schlechte Erfahrungen gemacht?"

Fragend sah er mich an.

"Womit?"

"Mit der Liebe", entgegnete ich.

Seine Pupillen verengten sich wieder, wenige Sekunden später wandt er verärgert den Blick ab und verriet mir somit, dass ich genau ins Schwarze getroffen hatte.

"Was geht dich das an?"

Seine Stimme klang unterdrückt, aber gereizt. Ich hörte seinen schweren Atem und sah seine Finger ein wenig zittern. An der Kälte konnte es nicht liegen. Es war mollig warm in meiner Wohnung.

Außerdem spürte ich förmlich seine Anspannung. Selbst auf diese Distanz.

In diesem Moment wusste ich nicht recht, wie ich mich nun verhalten sollte. Ob ich weitere Fragen stellen oder das Thema auf sich beruhen lassen sollte.

Vielleicht brauchte er jemanden, der mit ihm darüber sprach. Und bei Sasuke musste man in so ziemlich jeder Hinsicht den ersten Schritt machen. Nur selten ging etwas von ihm aus.

Vielleicht wünschte er sich insgeheim, dass ich nicht locker ließ und er sich so den Schmerz, der sein Herz belastete, von der Seele reden konnte.

Aber vielleicht war dies auch gerade der falsche Weg.

Vielleicht hatte er eine traumatische Erfahrung gemacht, die mich wirklich nichts anging. Die in ihm alte Erinnerungen weckte. Vielleicht war er deshalb so...verschlossen und gefühlskalt.

Hin- und hergerissen senkte ich den Kopf. Rang mit mir selbst. Mit meinem Verantwortungsbewusstsein und Gewissen, aber auch mit meinem Egoismus, der einfach nur alles über ihn wissen wollte.

Erschwerend kam die pure Neugierde hinzu, die fordernd und begierig an mir nagte. Auch sie wollte alles wissen.

Aber da war noch etwas anderes...Dieses Gefühl, das mir die Gewissheit gab, dass er an seinen Erfahrungen zu leiden hatte und dass ich ihm helfen musste. Ich wollte doch für ihn da sein. Schließlich interessierte ich mich für ihn. Auch für seine Probleme. Würde ich jetzt einen Rückzieher machen, könnte er meinen, er wäre mir egal.

Das wiederum könnte letztendlich der Auslöser dafür sein, dass er sich mir niemals anvertrauen würde. Ich wollte mich einfach nicht noch weiter von ihm entfernen, als ohnehin schon.

Wahrscheinlich waren Minuten vergangen, seitdem das letzte Mal etwas gesagt wurde, aber das hinderte mich nicht daran, ohne Umwege direkt an das vergangene Thema anzuknüpfen.

"Geht es um eine Frau?", begann ich leise.

Es dauerte einen Moment. Stillschweigend und vorsichtig betrachtete ich Sasuke. Alles, was ich wollte, war irgendeine Reaktion.

Kaum merklich schüttelte er den Kopf. Aber er konnte mir nicht in die Augen sehen.

Was konnte es sonst sein? Gedanklich ging ich alle erdenklichen Möglichkeiten durch und entschied mich schließlich für eine, die mir besonders naheliegend erschien.

"Hat es vielleicht etwas mit deiner Kindheit zu tun?", fragte ich langsam weiter. Vermutlich strömten, während ich sprach, unsagbar viele Gedanken durch seinen Kopf und verglichen seine Erinnerungen mit dem, was ich in Betracht zog.

Wieder war es ganz still zwischen uns. Dieses Mal länger.

Dann sah er plötzlich auf, unsere Blicke trafen sich und für einen Moment strahlten seine Augen einen derartigen Schmerz aus, den ich noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte. Den ich überhaupt noch nie gesehen hatte.

Doch nur einen Augenblick später war sein Ausdruck wieder leer und undurchdringbar. Seine Gefühlswelt wie ein Buch mit sieben Siegeln.

Den Schlüssel hatte nur er. Wenn er ihn nicht längst die Toilette runtergespült hatte.

"Hör' auf damit, Naruto. Spiel' nicht den Psychologen", murmelte er völlig monoton.

Es war derart paradox, dass ich es kaum glauben konnte. Seine Angst, seine Trauer, seinen Schmerz, all das hatte ich in seinen Augen gesehen und mir mit Sicherheit nicht nur eingebildet.

Aber kaum drei Sekunden später, war er wieder ganz anders. Total verschlossen, desinteressiert, gleichgültig und genervt.

Als ob es nichts Besonderes sei. Nichts weiter, als ein belangloses Thema.

Und das zeigte mir nur noch mehr, wie ernst die Lage war. Er versuchte es zu überspielen, seine Gefühle zu unterdrücken, aber es gelang ihm nicht richtig. Weil es zu sehr schmerzte.

Und ich würde ihm jetzt vermutlich auch weh tun. Aber nur so konnte ich ihm helfen.

"Es hat etwas mit deiner Familie zu tun, stimmt's?"

Meine Stimme war nur noch ein Flüstern.

Die ganze Uchiha-Familie war mir schon immer suspekt vorgekommen. Nicht nur deshalb, weil sie alle fanatische Tänzer waren, sondern auch die Art und Weise, wie man miteinander umging, gefiel mir nicht. Sein Vater schien ein ziemlich rechthaberischer und für mich auch unausstehlicher Kerl zu sein. Denn er hatte jedes Mal seine helle Freude daran, Sasuke herumzukommandieren, wenn Besuch da war.

Dann musste er aufräumen, hier nochmal helfen, da nochmal eben sauber machen.

Nein sagen, war nicht drin. Dann war buchstäblich die Hölle los.

Und seine Mutter konnte sich auch nicht durchsetzen. Sie sagte zwar zwischendurch ihre Meinung zu seinem Verhalten, doch sobald er ihr widersprach, war sie auch schon wieder still. In mir erweckte es den Eindruck, sie habe Angst vor ihrem eigenen Ehemann. Und die überspielte sie mit ihrem immerwährenden, falschen Lächeln.

Tja und Itachi war im Gegensatz zu Sasuke der Sonnenschein der Familie. Immer wurde in hohen Tönen von ihm gesprochen. Wenn ich da war, musste ich mir das ununterbrochen anhören.

Deshalb trafen wir uns auch meistens bei mir.

Wenn aber zur Abwechslung mal von Sasuke die Rede war, dann immer nur in Bezug auf oder im Vergleich zu Itachi.

Wie sein Vater sich verhielt, wenn sie unter sich waren, konnte ich nicht wissen und Sasuke verlor auch nie ein müdes Wort darüber. Er sprach nie schlecht über seinen Vater.

Ich begriff einfach nicht, was da verkehrt lief.

"Was weißt du denn schon, Naruto...", riss mich seine leise, gebrochene Stimme aus meinen Gedanken. Er klagte mich an.

Wieder suchte ich seinen Blick.

Und ich sah seine Gefühle.

Zum ersten, aber vielleicht auch zum letzten Mal.

Sein Kopf war geneigt, seine Augen nur einen Spalt weit geöffnet und seine Mundwinkel zuckten. Sein Gesicht wirkte insgesamt schmerzverzerrt.

Etwas in seinen Augen glitzerte.

Waren das Tränen? Weinte er?

Seine Hände ruhten zu Fäusten geballt auf dem Tisch, zuckten dabei unaufhörlich. Zu meiner Erschütterung musste ich feststellen, dass sein ganzer Körper bebte.

Es war zu viel gewesen. Er hielt dem Druck nicht stand.

Und er war weder dazu in der Lage, seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen, noch sie vollständig zu unterdrücken. Das war es wohl, was ihn so fertig machte. Anscheinend wusste er nicht, wie er sich verhalten sollte.

Sein Vater gehörte mit Sicherheit zu der Sorte von Menschen, die der Ansicht waren, Männer seien das starke Geschlecht und dürften deshalb niemals weinen. Das sei schwächlich.

Und vermutlich tat er es aus diesem Grund auch nicht.

"Sasuke...ich kann mir denken, wie du dich fühlst", wisperte ich, während ich seinen zitternden Körper betrachtete.

"Halt die Klappe!", schrie er sofort nach Luft japsend auf.

"Was weißt du denn schon, Naruto?", wiederholte er vorwurfsvoll und sprang wütend und fluchtartig von seinem Stuhl auf. Er stolperte, fand aber direkt sein Gleichgewicht wieder.

"Du hast doch noch nicht einmal eine Familie! Also erzähl mir nicht, du wüsstest, wie ich mich fühle. Du weißt nichts! Nichts über mich, nichts über meine Familie und schon gar nichts über meine Gefühle!"

Mit diesen Worten stürmte er davon. Eine Vase wäre seiner Wut mit Sicherheit zum Opfer gefallen, hätte ich eine besessen.

Das, was er gesagt hatte, saß tief. Die Tür knallte. Dann war es plötzlich wieder still.

Noch immer ruhte ich auf meinem Stuhl. Draußen tobte mittlerweile ein Unwetter.

Ohne, dass ich mir selbst darüber bewusst wurde, holte ich aus und schlug mit aller Kraft und geballter Faust auf die hölzerne Tischplatte.

Sie zitterte kurz. Genauso wie Sasukes Körper zuvor.

Nur ich erzeugte in meiner Wohnung Geräusche. Sonst war alles still. Still und einsam. Einsam und leer. Leer und kalt.

Meine müden Augen erkannten dunkle Flecken in dem hellen Holz.

Ich weinte anscheinend.

Wenigstens konnte ich es. Das unterschied mich von Sasuke. Und vielleicht war es ein Segen, weinen zu können. Es befreite mich auf eine gewisse Weise und nahm mir Stück für Stück die schwere Last von den Schultern.

Mir fiel überhaupt nicht auf, wie viel Zeit verging, während ich einfach nur da saß und darauf hoffte, dass der Schmerz nachließ.

Der Schmerz, den ich sonst so gut verbergen konnte. Alles kochte in mir hoch. Obwohl ich damals erst zwei Jahre alt gewesen war, konnte ich mich noch lebhaft an jenen Tag erinnern, an dem mich meine Eltern für immer verlassen hatten.

Mit langsamen, schweren Schritten ging ich über die knarrenden Dielen, geradewegs in mein Schlafzimmer hinein.

Von meinem Nachtschrank nahm ich das Familienfoto, das ich sonst immer in Richtung Wand drehte, um mir nicht ständig dieses Ereignis in Erinnerung zu rufen. Ganz weglegen konnte ich es jedoch nicht. Das brachte ich nicht fertig. Dafür hing ich zu sehr an meinen Eltern, die mir eigentlich völlig fremde Menschen waren. Ich hatte nicht das Glück gehabt, sie richtig kennen zu lernen.

Mit dem Bild in den Händen, setzte ich mich auf mein Bett und betrachtete es mit einem leichten, traurigen Lächeln auf den Lippen. Als ich ihre strahlenden Gesichter sah und vor allem meine Mutter, die mich stolz in ihren Armen hielt, wusste ich, dass ich sie sehr gemocht hätte.

Langsam schloss ich meine Lider. Wenn ich nicht noch mehr Tränen vergießen wollte, dann durfte ich jetzt nicht mehr hinsehen.

Und das wiederum verband mich mit Sasuke. Wir trugen beide einen tiefen Schmerz in unseren Herzen. Auch deshalb wollte ich den Grund für seine Trauer erfahren.

Vielleicht hätte er sich unter anderen Umständen ganz anders entwickelt. Dann wäre er jetzt sicher, auch ohne Alkoholeinfluss, ein richtig netter, fröhlicher junger Mann.

Aber vielleicht war es noch nicht zu spät, etwas zu verändern.

Vielleicht konnte ich ihm eine Stütze und er meine fehlende Familie sein.

Zusammen könnten wir den Schmerz zwar nicht vollständig beseitigen, aber immerhin auf ein erträgliches Maß lindern.

"Sasuke...", flüsterte ich sehnsüchtig, während mein Körper erschöpft auf mein Bett niedersank.
 

Stunden später, wurde ich von meinem piependen Handy, das sich in meiner Hosentasche befand, plötzlich geweckt.

Erschrocken fuhr ich ruckartig nach oben. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich wohl eingeschlafen war.

Dann bemerkte ich auch endlich den Übeltäter, der mich meinen Träumen entrissen hatte und zog ihn murrend aus meiner Tasche.

Meine Augen weiteten sich überrascht - eine SMS von Sasuke.

Ich atmete tief durch. Hoffentlich waren ihm nicht noch mehr Beleidigungen eingefallen.

Aber auch auf die Gefahr hin, dass es so war, entschied ich mich, die Nachricht zu lesen.
 

Hi Naruto,

was ich eben gesagt habe, war nicht richtig. Tut mir leid.

Ich wollte dir Bescheid sagen, dass ich die nächsten Tage nicht in die Schule komme.

Die Nachhilfe verschieben wir.

Muss' noch viel für die Vorführung am Freitag um 17 Uhr proben.

Die ist am Stadtrand, in Madame Anko Mitarashis Tanzschule. Ziemlich großes, altes Barockgebäude.

Ich würd' mich freuen, wenn du auch kommst.

Danach hab' ich eine Überraschung für dich.

Als Entschuldigung sozusagen.
 

Sasuke
 

Diese Nachricht war wie Balsam für meine Seele. Ich las sie wieder und wieder. Bedingungslos nahm ich seine Entschuldigung an und mir wurde bewusst, dass ich mich alleine mit ihm treffen würde. Und zwar abends. Für mich war es wie ein Date. Ein Date mit Sasuke! Dem wahrscheinlich heißesten Typen der ganzen Stadt. Quatsch, des ganzen Landes!

Schmerzlich und doch mit einem süßlichen Nachgeschmack, schlug mir mein Herz bei dieser Erkenntnis erst hoch bis zum Hals, um mir danach tief in die Hose zu rutschen. Zu seiner Aufführung wollte ich ja ohnehin gehen, aber was hatte es mit dieser Überraschung auf sich?

Ohne, dass ich es wirklich wollte, tauchten Bilder von einem, in ein Netzhemd und enge Hotpants gehüllten Sasuke in meinem Kopf auf. Diese Vorstellung lenkte mich von meinen Erinnerungen ab und der Schmerz in meinem Herzen, wurde augenblicklich durch einen wohligen zwischen meinen Schenkeln ersetzt.

"Lass mich dir zeigen, wie leid es mir tut", säuselte er mit seiner äußerst verführerischen Stimme in meinen Gedanken und lag in ihnen auch bereits splitternackt auf mir.

Resigniert schüttelte ich den Kopf. Das waren bloß Träume.

Aber was um alles in der Welt, wollte er mir wirklich schenken?

Ich malte mir alles Mögliche aus.

Von einem betörenden Kuss mitsamt einer romantischen Liebeserklärung, bis hin zu einer einfachen Tafel Schokolade.

Aber letzteres würde Sasuke mit Sicherheit nicht noch extra in einer Nachricht erwähnen. Das müsste ihm ja letztendlich selbst peinlich sein.

Also was hast du dir für mich überlegt, Sasuke?

Die ganze Nacht über, ließ mich dieser Gedanke daran nicht mehr los. Ich war aufgeregt und gespannt, wie ein kleines Kind vor seinem ersten Schultag.

Gleichzeitig quälte mich der Gedanke, dass ich ihn nun für eine ganze Schulwoche nicht mehr sehen würde. Volle fünf Tage musste ich ohne ihn auskommen.

Wie sollte ich das bloß überstehen?

Dann kam mir plötzlich eine ziemlich gute Idee in den Sinn.

Mit einem fiesen Grinsen auf den Lippen, kroch ich unter meine Bettdecke und öffnete langsam den Reißverschluss meiner Hose.

Druck ablassen!

Die Überraschung

Sanft küsste mich meine Mutter auf die Stirn und strich mir sehnsüchtig über die kalte Wange.

"Pass' gut auf dich auf, mein Schatz", flüsterte sie und küsste mich noch einmal. Ich kam mir vor wie ein Fünf-jähriger.

Jetzt trat auch mein Vater an mich heran.

"Um Punkt 23 Uhr sind hier die Lichter aus. Keine Partys und schon gar kein Frauenbesuch, dass das klar ist, Freundchen."

Fugaku starrte mich mahnend an und ich erwiderte seinen finsteren Blick. Das war er nicht gewohnt. Deshalb wollte er gerade Luft holen, um mir zu drohen, mich zu bekehren oder was auch immer, doch meine Mutter bemerkte rechtzeitig die dicke, schwüle Luft, die uns umgab.

"Komm, Fugaku. Wir sind spät dran!"

Sie packte ihn am Arm und steuerte auf die Ausgangstür zu. Er hielt dabei einen Koffer in der Hand, ließ sich aber, wenn auch widerwillig, mitziehen.

"Es ist genug Essen im Kühlschrank, Sasuke! Wir sind morgen Abend wieder da", lächelte sie mir zu und verschwand mit meinem mürrischen Vater aus der Tür.

"Der Bengel stellt doch nur alles auf den Kopf! Nichts als Flausen hat er im Kopf. Den kann man keine fünf Minuten alleine lassen. Er ist ganz anders, als Itachi", hörte ich meinen Vater von draußen murren.

"Beruhige dich, Fugaku", wandt meine Mutter ein.

Dann entfernten sich ihre Schritte. Ich hörte einen Motor starten.

Aber auch dieses Geräusch verstummte nach kurzer Zeit und ließ mich zurück.

"Fick dich, Arschloch", murmelte ich und starrte ins Leere.

"Die heutige Vorführung ist nur für dich."

Meine Wut stand mir bei diesen Worten deutlich ins Gesicht geschrieben.

Aber es half nichts: Ich musste los.

Und ich freute mich auf heute Abend. Sowohl auf meinen Auftritt, als auch auf Naruto.

Diese Gedanken beruhigten mich ein wenig.

Ich stellte mir seinen Gesichtsausdruck vor, wenn ich ihm mein Geschenk präsentierte und musste augenblicklich lächeln.

Er war immerhin mein bester Freund. Und besten Freunden machte man von Zeit zu Zeit Geschenke. Vor allem, wenn man sie vorher bis aufs Blut gekränkt hatte.

Wenn ich nur daran dachte, was ich zu ihm gesagt hatte, würde ich mich am liebsten selbst ohrfeigen.

Einem Waisenkind vorzuwerfen, er könne sich nicht in meine Lage versetzen, weil er überhaupt keine Familie habe, das passte eigentlich nicht zu mir.

Ich flippte doch sonst nicht so aus.

Aber er hatte mich ziemlich provoziert. Auch wenn das keine Entschuldigung für mein Verhalten war. Man löste keine Probleme, indem man Gleiches mit Gleichen vergalt.

Das wusste ich. Und dennoch tat ich es. Immer wieder.

Hoffentlich würde er zu meiner Aufführung kommen und mir vergeben.

Er war zwar ein totaler Idiot, aber allein die Vorstellung an ein Leben ohne ihn, nahm mir die Luft zum Atmen. In gewisser Weise war er alles, was ich hatte.

Doch Naruto war der felsenfesten Überzeugung, er sei in meinen Augen ausschließlich ein Trottel.

Ein dümmlicher, aufdringlicher Kerl, der einem nur ein Klotz am Bein ist.

Vielleicht dachte er sogar, ich würde mich nur aus Mitleid mit ihm abgeben.

Aber das war weiß Gott nicht der Fall.

Ich mochte ihn - sehr sogar. Auch wenn ich ihm stets das Gegenteil an den Kopf warf. Merkte er es denn nicht von selbst, wie viel er mir bedeutete? Er war schließlich der Einzige, der mich von meinen eigenen Problemen ablenken konnte und das, obwohl er selbst genug davon hatte.

Er gab mir so vieles: Er schenkte mir sein Lachen, auch wenn ihm überhaupt nicht danach zumute war. Er war für mich da, auch wenn ich ihn ständig abwies. Er hörte mir zu, auch wenn es nur Beleidigungen meinerseits waren.

Und was tat ich für ihn?

Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, dann tat ich überhaupt nichts.

Seufzend schlurfte ich durch den Flur, nahm meine gepackte Tasche vom Boden auf und verließ das stille, leere Haus.

Draußen schien inzwischen nach mehreren Regentagen wieder die Sonne. Die ersten Vögel sangen ihre Lieder, während mir der Wind eine frische Brise zukommen ließ.

Der Frühling war wundervoll. Alles erwachte zu neuem Leben und ließ das Trübsinnige, Graue weit hinter sich.

Nachdenklich schritt ich durch die Straßen und steuerte die Haltestelle an, von der aus ich mit dem Bus nur zwanzig Minuten bis zur Tanzschule brauchte.

Was sollte ich tun, wenn er nicht kam?

Der Gedanke war nahezu unerträglich. Dann wäre alles vorbei. Aber verübeln könnte ich es ihm dennoch nicht. Was ich getan hatte, war eigentlich nicht wieder gutzumachen. Wenn er mir verzieh, dann nur aufgrund seiner maßlosen Gutherzigkeit.

Aber ich könnte ihm andernfalls auch nicht ewig hinterher telefonieren oder nachlaufen. Das wäre mir einerseits viel zu unangenehm und irgendwie erschien mir eine solche Reaktion andererseits auch äußerst unangebracht.

Es lag nun bei Naruto, ob er unserer Freundschaft noch eine zweite Chance gab.

Und ich würde jede seiner Entscheidungen respektieren. Immerhin das war ich ihm schuldig.

Der Bus hielt nun mit quietschenden Reifen vor mir an und ich stieg ein, als sich die Tür ruckelnd öffnete. Seine besten Tage hatte dieses Transportmittel auf jeden Fall schon hinter sich.

Ich nahm auf einem Fenstersitz Platz und schaute auf die an mir vorbeiziehenden Häuser und Bäume. Neben mich setzte sich ein bäuchiger Mann mittleren Alters und las in seiner Zeitung.

Er rümpfte die Nase und kaute gebannt auf seinen Fingernägeln herum, während er die Seiten mit den Augen verschlang.

Hoffentlich würde ich niemals so enden. Aber dafür war mir meine Erscheinung eigentlich auch zu wichtig, als dass ich mich ernsthaft vor solch einem Ende fürchten musste.

Allerdings nicht aus dem Grund, dass ich die Blicke des anderen Geschlechts auf mich ziehen wollte, sondern ganz einfach aus reinem Selbstwertgefühl.

Und wenn ich den stinkenden Typ neben mir so betrachtete, dann wusste ich, dass meine Einstellung auch nicht unbedingt verkehrt war.

Als der Bus an meiner Haltestelle zum Stehen kam, zwängte ich mich an dem dicken, hässlichen Kerl vorbei und mein Hintern streifte dabei versehentlich seinen überdimensionalen Bauch.

Ein eiskalter Schauer lief mir postwendend den Rücken hinab: E-kel-haft!

Doch er hustete bloß und las unbeirrt in seiner Zeitung weiter.

Das war definitiv die widerlichste Erfahrung der Woche. Nein, des ganzen Monats.

Dieses Gefühl von Fett, das sich an meinen Körper drückte, ließ einfach nicht mehr nach. Es verfolgte mich den ganzen Weg zur Tanzschule.

Immer wieder durchzog mich ein Schauer und ich ging automatisch schneller, als könne ich das Gefühl damit abschütteln.

Nachdem ich mich am Empfang gemeldet hatte, nahm ich eine weitere Tasche aus meinem Spind und ging nun mit insgesamt zwei Taschen beladen in meine Umkleidekabine.

In der einen befanden sich mein viel zu enger, schwarzer Anzug und die weiße Maske für den Auftritt, in der anderen hatte ich Ersatzkleidung, Deo und Narutos Geschenk. Zumindest einen Teil davon.

Das Deo nahm ich schon mal heraus.

Eilig streifte ich mir nun die Kleidung ab und strich mir noch viel eiliger den Ekel von meiner nackten Haut. Dann benutze ich den Deodorant, zwängte ich mich anschließend in mein Kostüm hinein und betrachtete das Ergebnis im Spiegel.

Das Ding war schon sehr figurbetonend - in meinem Kopf tauchten zeitgleich Bilder von dem dicken Kerl in diesen Klamotten auf.

"IGITT!", entfloh es meinem Mund, vielleicht eine Spur zu laut.

Denn daraufhin klopfte es plötzlich an der Tür.

"Bist du das, Sasuke? Ist alles okay?", sorgte sich eine leise Frauenstimme.

"A-alles okay, Hinata", murmelte ich und fasste mir an die Stirn. Da hatte ich mir ja eine wundervoll peinliche Aktion geleistet. Mutierte ich allmählich zu einem Narutodouble oder was war mit mir los?

"Kann ich reinkommen?"

"Sicher", entgegnete ich kleinlaut und hörte nur Sekunden später eine Tür, die sich öffnete und zudem sich nähernde Schritte.

Ich drehte mich zu ihr und wir belächelten für einen Moment den Aufzug des anderen.

"Wir haben noch eine gute Stunde Zeit bis es losgeht. Komm', Sasuke. Ich mach' dir heute deine Haare und die Maske."

Sie verwies mit dem Finger auf den Ausgang der Umkleide.

"Du?", fragte ich verwundert nach. "Macht das sonst nicht immer diese ältere Dame?"

"Ja", stimmte sie mir zu, "aber die ist heute leider krank und ich kann das schließlich auch."

Ich nickte ihr zu und gerade, als wir uns in Bewegung setzten, um den Raum zu verlassen, hielt Hinata auch schon wieder inne und starrte gebannt auf meine offenstehende Tasche.

"Ist das für deine Freundin?", flüsterte sie lächelnd.

Verwundert blickte ich ihr über die Schulter und erstarrte im selben Moment.

"Nein, das ist nicht...ich meine..."

Ich fand nicht die richtigen Worte.

Überrascht betrachtete mich Hinata aus dem Augenwinkel. Derartige Unsicherheiten und Stottereien war man einfach nicht von mir gewohnt.

"Geht mich ja auch eigentlich nichts an", meinte sie und nahm mir damit die schwere Last zu antworten von den Schultern. Sakura hätte mich jetzt bis zum Erbrechen ausgequetscht wie eine Zitrone.

"Ich dachte nur, na ja, weil es so hübsch verpackt ist."

Ich blinzelte nachdenklich.

O Gott, sie hatte recht.

Vielleicht sollte ich es Naruto lieber doch nicht geben. Er könnte alles missverstehen, einen völlig falschen Eindruck von mir bekommen und mich letzendlich auslachen.

Das wollte ich mir selbst eigentlich ersparen. Weil, wenn er erst einmal begonnen hatte, sich über jemanden lustig zu machen, dann hörte er auch so schnell nicht wieder auf damit. Das konnte man vergessen.

Wenige Minuten später fand ich mich schließlich in unserem Maskenraum wieder und saß auf diesem harten Stuhl, während Hinata begann mein Gesicht einzupudern.

Gott, wie ich das hasste.

Was war ich denn? Ein Püppchen?

Aber durch das Scheinwerferlicht war diese Tortur nunmal unumgänglich, andernfalls sah man auf der Bühne aus wie ein Zombie.

Hätte ich für die komplette Vorstellung diese absolut hässliche Maske - sie erinnerte mich ein wenig an eine Skulptur aus unserem Haus - tragen müssen, so wäre mir das Pudern erspart geblieben.

Aber leider musste ich die Maske bereits kurz nach Beginn abnehmen bzw. dramatisch zu Boden fallen lassen, obwohl das im Dunkeln sowieso niemand sehen konnte. Aber was Anko wollte, das bekam Anko auch. Und zwar widerspruchslos. Da legte ich mich lieber mit dem Teufel höchstpersönlich an.

Die letzte Vorführung hatte mit dem gemeinsamen Tod des Liebespaares geendet und die Heutige setzte das Ganze nun sozusagen in den Tiefen der Unterwelt fort.

Und da brauchte man schlichtweg keine Masken mehr. Meinte zumindest meine Tanzlehrerin.

Das Stück erinnerte mich stark an einen grottigen Abklatsch von Romeo und Julia, mit einem nachfolgenden Anhängsel, damit überhaupt so etwas Ähnliches wie Eigeninitiative gezeigt wurde.

Und für so einen an den Haaren herbeigezogenen Schwachsinn trainierte ich unentwegt. Wirklich fantastisch investierte ich meine wertvolle Zeit.

"Gehst du heute Abend eigentlich auch zu Shikamarus Party?", fragte Hinatas leise Stimme, während sie behutsam mein Haar kämmte.

Sie klang immer, als würde sie gleich anfangen zu weinen - ein wirklich zerbrechliches Mädchen.

"Denke schon", erwiderte ich.

Sie hielt inne mit dem Kämmen.

"Kommt...kommt Naruto dann auch mit?"

Ihr Gesicht war allein bei diesen Worten puterrot. Das erkannte ich im Spiegel.

"Denke schon", wiederholte ich lächelnd.

Ihr schien bei meinen Worten ein Stein vom Herzen zu fallen. Allein die Möglichkeit, dass er kam, ließ sie auf Wolke Sieben schweben.

"Hinata, streng dich heute an", murmelte ich.

"Das tu' ich doch immer", lächelte sie und fuhr mit ihrer Prozedur fort.

"Ja, aber heute ganz besonders. Ich hab' nämlich Naruto zu unserer Vorführung eingeladen."

Vor Schreck fiel ihr beinah die Bürste aus der Hand.

Ich sah zu ihr auf. Sie war völlig schockiert.

"Was hast du denn?", fragte ich besorgt.

"N-nichts. Das kommt nur so...so plötzlich", stammelte sie und ihr Blick glitt in die Leere.

Nachdenklich betrachtete ich ihre zittrigen Finger, die mich schmerzlich an mich selbst erinnerten. Ihr Herz musste vor Aufregung beinah aus der Brust springen.

"Warum sagst du's ihm nicht endlich?"

"W-was denn?"

Sie antwortete direkt, obwohl sie bis eben noch tief in Gedanken versunken war. Es war eindeutig, dass sie bereits wusste, worauf ich hinaus wollte.

"Na, dass du ihn liebst", stellte ich nüchtern fest.

"Tu' ich gar nicht...", widersprach sie überflüssigerweise.

Dass sie bis über beide Ohren in ihn verknallt war, sah selbst ein Blinder. Obwohl es einfach unvorstellbar war, dass dieses zerbrechliche, schüchterne Mädchen in diesen aufgedrehten Kerl verliebt war.

Andererseits zogen sich Gegegensätze ja bekanntlich an.

Aber Naruto, dieser naive Dummkopf, hatte bis jetzt noch nicht die Spur von ihren Gefühlen bemerkt. Und das, obwohl sie ihn tagtäglich verträumt ansah, in seiner Gegenwart rot anlief und zu stottern begann.

Er war wirklich ein Idiot.

So etwas musste einem doch irgendwann mal auffallen.

"Soll ich vielleicht mit ihm darüber sprechen? Ich bin schließlich sein bester Freund. Ich werd's natürlich nicht allzu offensichtlich machen, obwohl Naruto das höchstwahrscheinlich auch nicht peilen würde", bot ich an und überging einfach die Tatsache, dass sie ihre Liebe zu ihm verleugnete.

"Oh, würdest du das für mich tun? Das ist aber lieb von dir, Sasuke", hauchte sie glücklich und gab somit zu, dass ich goldrichtig mit meiner Vermutung lag. Ich hatte wohl urplötzlich in ihr die Hoffnung geweckt, ihm irgendwann doch noch nahe kommen zu können. Nur so konnte ich mir ihren plötzlichen Sinneswandel erklären.

Eigentlich war ich ja kein Freund von Verkupplungsaktionen, aber Naruto musste man einfach zu seinem Glück zwingen. Er konnte sowieso von Glück reden, dass sich eine so wundervolle Frau wie Hinata es war, für ihn interessierte. Verdient hätte er ja eher ein Sakuramonster, das ihn auf Trab hielt.

Aber nein, um das Sakuramonster durfte ich mich ja kümmern.

"Kein Problem, Hinata", murmelte ich und drückte meinen Kopf gegen die Lehne. Irgendwie hatte ich ein ungutes Gefühl bei der Sache.

Mein Magen verkrampfte sich auf einmal, aber ich wusste einfach nicht warum. Bekam ich etwa plötzlich Lampenfieber?

Es war ähnlich dem Empfinden, das ich bei dem Kerl im Bus verspürt hatte. Nur anders. Irgendwie...erdrückender.

Dann klopfte mir Hinata mit einem Mal auf die Schulter.

"Wir haben noch zwanzig Minuten. Die sollten wir für Dehnübungen nutzen, Sasuke", meinte sie und ich erhob mich im selben Moment. Das war eine gute Idee.

Doch ich hielt noch ein letztes Mal inne und blickte Hinata mit einem wehleidigen, entschuldigenden Blick an.

"Es tut mir leid", murmelte ich dazu und ging dann an ihr vorbei.

"Was meinst du?", rief sie mir im Flüsterton hinterher.

"Das wirst du noch verstehen."

Danach wechselten wir bis zu Beginn der Vorführung kein Wort mehr miteinander.
 

Kacke! Hoffentlich war ich noch nicht zu spät dran, um eingelassen zu werden.

Meine Augen fixierten den Zeiger meiner Armbanduhr, während ich wie von einer Hummel gestochen in dieses große, alte Barockgebäude stürmte, von dem Sasuke gesprochen hatte.

Viel zu lange hatte ich vor dem Spiegel verweilt, letztendlich die Zeit vergessen und gerade noch rechtzeitig den letzten Bus erwischt, der mich hier vor 17 Uhr ankommen ließ.

Mir war einfach nichts eingefallen, was ich anziehen konnte. Ich war absolut kein Anzugtyp, aber in Jeans und T-Shirt konnte ich hier definitiv auch nicht aufkreuzen.

Deshalb trug ich nun ein schlichtes, weißes Hemd, welches ich nicht bis oben hin zuknöpfte, dazu eine schwarze Leinenhose und hatte eine lässig, mehr als Accessoire dienliche Krawatte umgebunden.

Und um dieses Kunstwerk zusammenzustellen, hatte ich beinah eine volle Stunde gebraucht. Nicht wie sonst: Schrank auf, Klamotten raus, anziehen, tschüss!

"Krieg' ich noch 'ne Karte?", rief ich völlig erschöpft der älteren Dame am Empfang ins Gesicht.

Sie sah mich aus ihren großen, ernsten Augen an.

"Sie sind spät", stellte sie fest.

"Ich weiß."

Aber das war nicht die Frage.

Ihre Augen huschten über den Computerbildschirm.

"Ganz hinten ist noch ein Platz frei", meinte ihre gleichgültige Verkäuferstimme.

"Nehm' ich", schnaufte ich. Mein Puls kam allmählich wieder auf dem Normalpunkt an.

Mensch, so schnell war ich lange nicht gerannt.

"Das macht dann hundert Euro."

"Bitte", fügte sie als Höflichkeitsfloskel hinten an.

Hundert Euro?!

Sasuke zu sehen war aber ganz schön teuer.

Für das Geld bekam ich woanders ganz andere Dienste.

Ich seufzte. So viel Bargeld schleppte ich nicht mit mir herum. Nie, um genau zu sein.

"Kann ich auch mit Karte bezahlen?"

Sie nickte und ich begann in meiner Hosentasche herumzuwühlen, kramte schließlich mein Portemonnaie heraus und gab ihr das Stück Plastik in die Hand.

Sie begutachtete es.

Zu lange wie mir schien.

Dann sah sie auf eine Liste, die neben ihr lag.

Stimmte etwas nicht? War etwas mit meiner Karte nicht in Ordnung?

"Ach, Herr Uzumaki", stellte sie nüchtern fest.

"Ja", bestätigte ich und fragte mich gleichzeitig, was das Ganze sollte. Sie brauchte doch nur die Karte in das blöde EC-Gerät zu stecken, ich tippte meine Geheimzahl ein und fertig.

Aber nein, stattdessen spielten wir ein lustiges Ratespielchen.

"Sie sind also Herr Naruto Uzumaki?"

"Ja", wiederholte ich etwas pampig. Die Vorstellung fing in wenigen Minuten an. Ich hatte absolut keine Zeit für derartigen Quatsch.

"Für Sie ist reserviert worden. Saal B, Reihe A, Platz 24", murmelte sie und gab mir meine Karte mitsamt einer Eintrittskarte zurück.

"Ah", machte ich nur verwundert.

War das etwa bereits die Überraschung?

Nein, die sollte ich ja erst nach der Vorführung bekommen.

Hundert Euro waren verdammt viel Geld. Und die bezahlte er einfach so für mich? Beinah unglaublich.

"Die Vorstellung beginnt in drei Minuten", brummelte die Frau und sah mich etwas finster an.

Sie wollte wohl, dass ich verschwand.

Und kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, setzte ich mich auch schon in Bewegung, ging durch zahlreiche Flure, immer auf der Suche nach Saal B. Auf dem Weg dorthin begegnete ich keiner Menschenseele. Die Gänge waren wie leergefegt.

Dann fand ich Saal A und wie erwartet, auch gleich dahinter Saal B.

Ein Mann in einem schwarzen Anzug mit Fliege öffnete mir die Tür, als ich die Karte vorwies und ich nickte ihm lächelnd zu. Er reagierte zwar nicht darauf, trotzdem verspürte ich plötzlich ein mulmiges Gefühl in der Magengegend und kam mir hier irgendwie fehl am Platze vor.

Alles war so schick und prunkvoll. Es erinnerte mich an Sasukes Zuhause. Ich passte einfach nicht hierher.

Der Saal war noch dunkel.

Nur vereinzelt brannten ein paar Lichter.

Leise tuschelnde Menschen.

Der Saal war gigantisch.

Hierin war Platz für mehrere hundert Personen. Und es war randvoll.

Die Bühne vorne größer, als jede Kinoleinwand, die ich je gesehen hatte.

Die Sitze mit rotem Samt überzogen. Der Holzboden knackte bei meinen Schritten leicht unter meinen Füßen. Obwohl der Saal voller Geräusche war, erregte ich anscheinend Aufmerksamkeit, denn immer wieder warf man mir musternde Blicke zu. Zu kurz, um sie einem Gefühlszustand zuzuordnen.

Ich zwängte mich an den Leuten vorbei, die im Durchschnitt doppelt so alt wie ich selbst waren.

Jeder Mann, den meine Augen erhaschten, trug einen Anzug, jede Frau ein Abendkleid.

Sie schielten zu mir herüber. Für einen Moment waren sie still, wenn ich an ihnen vorbei ging, dann tuschelten sie angeregt weiter.

Ich fühlte mich unwohl in ihrer Gegenwart. Eine solche Gesellschaft war ich einfach nicht gewohnt. Weder die Menschenmenge, noch die Art, die sie zu Tage brachten.

Durch ihren bloßen Anblick, ihre Gestik, glaubte ich sie zu kennen. Jeden einzelnen von ihnen. Obwohl diese Annahme völlig absurd war. Schließlich erhaschte ich ihre Gestalten nur für einen winzigen Augenblick.

Und doch, passten sie in ein gewisses Muster. Ihre offensichtliche Oberflächlichkeit in ein simples Schema, in das ich sie hineinpresste. Genauso wie sie mich.

Und das störte mich.

Ich nahm auf meinem Sitz Nummer 24 in der ersten Reihe Platz.

Wieder Gemurmel. Getuschel.

Parfum stieg mir von allen Seiten in die Nase.

Um die hochgelegene Bühne besser einsehen zu können, ließ ich mich tief in meinen Sessel versinken und legte den Kopf in den Nacken.

Lauteres Getuschel. Gemurmel.

Jemand tippte mir von der Seite zaghaft auf die Schulter.

Mein Blick wanderte in die Richtung aus der die Berührung des Übeltäters stammte.

"Sir - ", meinte der grauhaarige Mann nur und seine Augen glitten stillschweigend an mir herab.

Nur dieses eine Wort aus diesem Mund genügte.

Ich betrachtete seinen gepflegten Schnauzer. Die dicke, große Brille, die auf seiner Nase ruhte und die goldene Kette, an der ein Anhänger in Form eines Kreuzes baumelte - Weißgold, wie mir schien.

"Sir", wiederholte er kurz darauf, dieses Mal dringlicher und fordernder.

Aber immer noch höflich.

Solche Leute ließen niemals ihre Maskerade fallen.

Ich hasste ihn, ohne ihn zu kennen.

Dann öffnete sich plötzlich und wie von Geisterhand der ebenfalls rote Vorhang. Dahinter befand sich keine Kulisse. Wozu also ein Vorhang?

Doch wenn ich mich umsah und das Publikum betrachtete, dann leuchtete es mir ein, warum hier, entgegen jeglichem Zweck ein Vorhang auf- und zugezogen wurde.

Eine Frau mit einem Mikrofon in der Hand trat auf die Bühne. Sie trug ein schwarzes Abendkleid - also keine Tänzerin.

Tanzte Sasuke eigentlich allein? Oder in einer Gruppe?

Nicht einmal das wusste ich.

"Meine sehr geehrten Damen und Herren", begann die Frau mit einem leicht französischen Akzent.

"Ich, Madame Anko Mitarashi, Leiterin und Besitzerin dieser Tanzschule, freue mich recht herzlich, Sie heute Abend zu unserer zweiten Aufführung von 'mon premier amour' begrüßen zu dürfen. Es geht um eine Liebe, die sich alle Chancen verspielte und dennoch bis in den Tod andauerte. Nun folgt der zweite Part und sie werden erleben, was es bedeutet, wirklich zu lieben.

Lassen Sie sich verzaubern und genießen Sie dieses unvergessliche Erlebnis!

Einen herzlichen Applaus für unsere beiden Darsteller: Sasuke Uchiha und Hinata Hyuuga!"

Alle applaudierten und ich stimmte mit ein.

Madame Anko Mitarashi verließ die Bühne, die sich daraufhin noch einmal verdunkelte.

Sasukes Tanzpartnerin war also Hinata.

Die Scheinwerfer gingen an.

Nun setzte langsam die Musik ein: Trommeln ertönten und ich fühlte mich direkt an das tänzelnde Lagerfeuer von Eingeborenen versetzt.

So rhythmisch, aber gleichzeitig auch bedrohlich erklangen diese Töne aus den Lautsprechern.

Sasuke betrat von links, Hinata von rechts die Bühne.

Beide sahen in ihren Kostümen absolut skuril aus. Ihre Anzüge erinnerten mich an eine schwarze, zweite Haut, wobei sie ihre athletischen Körper gut zur Geltung brachten. Außerdem trugen sie weiße Masken, die ihre Gesichter vollständig verdeckten. Aber immerhin kein rosafarbenes Tutu!

Innerlich seufzte ich jedoch laut auf. Eigentlich hatte ich gehofft, stundenlang unbemerkt Sasukes Antlitz betrachten zu können. Nun musste ich mich wohl oder übel mit seinem Körper zufrieden geben.

Und dieser führte synchron mit dem von Hinata, zuckende, ruckelnde Bewegungen aus. Beinah wie Untote näherten sie sich der Mitte und somit auch dem jeweils anderen, doch noch ehe sie sich erreichten, fielen beide schlagartig zu Boden.

Trommelschlag.

Kurz nach oben zuckende Körper, als habe man ihnen eine Defibrillation in den Rücken geschossen.

Dann lagen sie wieder reglos auf der Erde.

Wieder ein lauter, markanter Trommelschlag.

Diese Szenerie wiederholte sich insgesamt dreimal, bevor die Bühne schwarz wurde. Es knackte laut, als würde etwas zerbrechen.

Leise setzte diese besinnliche, ruhige Klaviermusik ein. Meine Augen starrten wie gebannt auf die noch immer dunkle Bühne.

Der Scheinwerfer richtete sich nun einzig und allein auf Sasuke.

Langsam regte er sich im Einklang der Musik, während ich endlich sein Gesicht betrachten konnte. Die Maske lag zebrochen auf dem Boden.

Seine Augen strahlten etwas Ähnliches wie Pein und Angst aus. Aber nicht vor lauter Konzentration oder Anstrengung, sondern weil er sich mitten im Geschehen befand.

Sasuke schien diese Rolle, die er spielte, wirklich zu leben. Er verkörperte sie nicht nur, für diesen Auftritt war er diese fiktive Person.

Ich war fasziniert, als ich seine melancholischen, gleichmäßigen Bewegungen sah. Auf mich wirkte es, wie eine Auferstehung - eine Wiedergeburt in einer anderen Welt.

In einer Welt ohne Masken.

Diese Kunst war atemberaubend, wunderschön, unabhängig von Sasukes Aussehen, und sie überwältigte mich beinah.

Dass ich mich für etwas so, in meinen Augen, Kitschiges und Mädchenhaftes begeistern konnte, war mir fremd.

Doch noch ehe der Scheinwerfer auf Hinata umschwenken konnte, setzte plötzlich und abrupt die Musik aus. Sasuke erhob sich dabei völlig ungeschmeidig von der Erde und bildete einen riesigen Kontrast zu dem, was ich eben gesehen hatte. Die Ästhetik war wie verpufft.

Und dann setzte plötzlich eine ganz andere Musikrichtung ein. Ich hörte den mir wohlbekannten Beat - das war Hip Hop.

Gehörte das zur Vorstellung? Anscheinend, denn es wurde ohne Einwände abgespielt und rein gar nichts dagegen unternommen.

Aber Hinata stand völlig reglos dar. In einer Ecke. Sie war wie erstarrt. Das widersprach allerdings meiner Theorie, dass dieser Wandel zur Vorführung gehörte.

Inzwischen befand sich Sasuke mir gegenüber auf der Bühne und schien durch uns alle hindurch zu sehen. Er wartete auf den richtigen Moment - auf seinen Einsatz.

Und dieser kam schneller, als den meisten lieb war: Mein Freund begann unerwartet mit einem einfachen Six Step. Dabei stützte er sich mit den Händen auf dem Boden ab und vollführte eine Reihe von einzelnen, schnellen Schritten, die sich um seine eigene Achse bewegten.

Danach folgten weitere unglaubliche Moves - sogar Eigenkreationen.

Ein breites Grinsen umspielte meine Mundwinkel.

Es sah einerseits völlig kurios aus, in diesem Aufzug zu breakdancen, aber andererseits bekam das Ganze dadurch auch eine komplett neue Note. Das hier war absolut einzigartig und vor allem mutig.

Denn je länger seine Moves andauerten, desto lauter wurde die Menge und begann wie wild zu tuscheln. Sie fragten sich genauso wie ich, ob das hier noch zur eigentlichen Vorführung gehörte.

Aber Sasuke zog ungehindert sein Ding durch. Ihn interessierte überhaupt nicht, was um ihn herum geschah. Und seine Bewegungen sahen verdammt gut aus. Noch viel besser, als beim Training!

Dafür war er also fünf Tage zuhause geblieben. Nicht für diesen Modern Dance.

Ich sah noch einen ziemlich langatmigen Backspin, bei dem er sich auf dem Rücken drehte, ehe die Musik genauso ruckartig wieder aussetzte, wie sie gekommen war und Sasuke blieb mit allen Vieren von sich gestreckt auf dem Boden liegen - symbolisierte den Tod! Den Tod in der Unterwelt! Wie paradox.

Ich musste mir ein Lachen verkneifen.

Stattdessen sprang ich auf, vergaß völlig meine Umgebung, und jubelte ihm einfach nur zu.

"Sau geil, Sasuke!", schrie ich und hob meine Faust in die Höh', während ich ihm einmal lautstark zupfiff.

Neben mir ging das unüberhörliche Gemurmel und Getuschel wieder von vorne los.

Mein schwitzender Freund blieb vor dem Publikum stehen und ich glaube, nur weil er sah, dass ich aufgestanden war, lächelte er. Ja, er lächelte mir zu.

Dann verbeugte er sich halbherzig und ging ohne ein weiteres Wort von der Bühne.

Das war das Beste, was ich jemals gesehen hatte.

Diese Kombination aus Modern Dance und Breakdance war total unsinnig. Und doch war dieses Aufeinandertreffen von absoluten Gegensätzen, außergewöhnlich und zugleich spannend. Man verstand nicht warum, aber es war etwas Neues, Aufregendes und man wollte mehr davon sehen - ich zumindest.

Und in diesem Moment kam mir wie aus dem Nichts eine Idee.

Eilig sprang ich von meinem Platz auf. Ich musste sofort zu ihm! Sasuke, du bist brilliant!
 

Mein Atem ging schwer. Unregelmäßig. Stockend.

In meiner Umkleide war es stickig. Fast genauso, wie auf der Bühne. Schnaufend saß ich auf der Bank und starrte ungläubig die Decke an.

Ich hatte es tatsächlich getan.

Das, worauf ich seit annährend einer Woche hinarbeitete und wofür ich die Schule zurückgestellt hatte. Das, was ich mich sonst niemals trauen würde.

Das war der erste Schritt.

Der erste Schritt in meine Zukunft.

Ich sollte mich gut fühlen. Ich sollte jubeln. Ich sollte mich freuen.

Aber ich tat es nicht. Weil ich es nicht konnte.

Stattdessen fühlte ich mich unwohl, mir war beinah elend zumute. Aber warum?

Warum konnte ich ihm einfach nicht entkommen?

Nahezu wie ein Parasit nagte er an mir. Er war hartnäckig, aber schon bald würde ich ihn los sein. Und zwar für immer. Da war ich mir sicher.

Erleichtert atmete ich aus.

Ich hatte es tatsächlich getan!

Der Schweiß rann mein Gesicht herunter. Erschöpft lehnte ich meinen Kopf gegen die kalte, rauhe Wand.

Tut mir leid, Hinata, aber ich musste es tun. Ich hoffe, du vergibst mir.

"Sasuke, Sasuke, Sasuke!", schrie eine mir wohl bekannte Stimme die Worte, die mich ansonsten so nervten. Im nächsten Moment wurde die Tür aufgeschlagen und ein keuchender Uzumaki starrte mich mit einem breiten Grinsen auf den Lippen an.

"Naruto", murmelte ich und lächelte ihm zu.

Er kam auf mich zugestürmt und wir klatschten sogleich die Hände ab.

"Das war echt 'ne Nummer! Du warst super!", grinste er bis über beide Ohren und nahm neben mir Platz.

"Danke, aber wie hast du mich überhaupt so schnell gefunden?"

Das war die Frage, die mich momentan am meisten beschäftigte.

Er blinzelte und überlegte einen Moment lang.

"Ach, das war nicht so schwierig. Ihr habt ja überall Schilder dran", grinste er wieder.

"Erzähl doch mal, wie - ", begann er gleich darauf, doch wir wurden urplötzlich von einem ohrenbetäubenden Lärm unterbrochen und schreckten auf. Es klang, als würde neben uns eine Bombe hochgehen.

"Merde, merde, merde!", schrie eine weitere bekannte Stimme.

Ich stellte mich mental schon mal auf das Bevorstehende ein.

Dann schlug die Tür bereits zum zweiten Mal auf, doch jetzt hielt sich meine Freude sichtlich in Grenzen. Mit hochrotem Kopf stand Anko in der Tür.

Man hätte einen Countdown zählen können. Das würde eine beachtliche Explosion geben - ein Vulkanausbruch war heiße Luft dagegen.

"SASUKE!", schrie sie und ich blickte ihr desinteressiert ins Gesicht. Genau die Reaktion, die sie von mir nicht sehen wollte. Sie hasste es, nicht ernst genommen zu werden.

Naruto erschrak bei ihrem Anblick. Sie sah nicht nur aus wie eine Furie, sie war auch eine.

Und es war mir gleich, was sie mir vorwerfen wollte. Ich hatte mein Ziel erreicht. Auch wenn ihr das nicht passte.

"Was sollte der Scheiß? Kannst du mir das vielleicht mal verraten? Weißt du eigentlich, wie peinlich das für mich war, vor die Leute zu treten und zu behaupten, wir hätten ein paar 'technische Schwierigkeiten'?"

Sie war außer sich. Es war ein Wunder, dass sie mir nicht an die Gurgel ging.

Vielleicht wusste sie, dass sie den Kürzeren ziehen würde.

"Nicht mein Problem", entgegnete ich.

"Nicht dein Problem? Sag' mal, was fällt dir eigentlich ein, hä?! Hast du sie noch alle?"

Ihre Finger verkrampften sich und bohrten sich nahezu in den Türrahmen hinein. Es knackte.

Ich antwortete nicht darauf. Das war sowohl sinnlos, als auch niveaulos. Also nein, danke - nicht mit mir.

"Du hast unsere Aufführung sabotiert! Und du hast nicht nur mich, sondern auch Hinata in aller Öffentlichkeit bloßgestellt! Du hast uns in den Dreck gezogen! Das Prestige meiner Tanzschule beschmutzt! Und das wird Konsequenzen haben! Das schwöre ich dir, so wahr ich hier stehe!", brüllte sie hinterher und versuchte mich zu provozieren - erfolglos.

Sie übertrieb maßlos.

"Ist ja auch nicht sonderlich schwierig, wenn ihr hier alles offen rumstehen lasst und nichts kontrolliert. Ihr hättet die Vorführung auch einfach unterbrechen können", meinte ich ruhig.

Narutos Augen schweiften verzweifelt hin und her. Mal betrachteten sie gebannt Anko, dann wieder mich.

"Ja, genau! Und dann, du Klugscheißer?! Dann wäre es genauso vorbei gewesen!"

"Dann beschweren Sie sich doch nicht", schnaufte ich. Sie nervte und langweilte mich allmählich mit ihren schwammigen Vorwürfen. Sie war selbst schuld, wollte es sich aber nicht eingestehen und dafür hatte ich geradezustehen. So sah's nämlich aus.

"Ich...", stockte sie. Ihre Gesichtsfarbe glich mittlerweile der einer Tomate. Da fiel mir ein, dass ich ziemlichen Hunger hatte.

"Ich -!", brüllte sie wieder, doch nichts folgte.

Komm' zum Punkt, Alte. Das sollte wohl der letzte klägliche Versuch werden, mich zu schockieren.

"Ich werde deine Eltern darüber in Kenntnis setzen!"

Sie verspottete mich mit ihrem Tonfall und wies demonstrativ mit dem Finger auf mich, während sie mich wie ein Vieh betrachtete, das geschlachtet werden sollte.

Zum ersten Mal stockte ich und sah ihr direkt ins Gesicht.

Mein Freund bemerkte meine plötzliche Unruhe.

"Sasuke...", murmelte Naruto neben mir.

Ich spürte, wie er mir eine Hand auf die Schulter legte. Aber ich nahm es nicht mehr wirklich wahr.

"Na und? Interessiert mich doch nicht", grummelte ich kühl und senkte wieder den Blick.

Jetzt würde es also wirklich losgehen.

Nun würde sich zeigen, wie viel mir meine Individualität und Unabhängigkeit bedeutete. Ob sie mir das, was mir bevorstand, auch wert war.

"Na fein!", pampte Anko.

"Bis das geklärt ist, brauchst du hier nicht mehr aufzutauchen!"

"Hatte ich sowieso nicht vor. Obwohl es eigentlich schade ist. Schließlich hat das Publikum heute zum ersten Mal richtige Kunst und richtigen Tanz gesehen! Den einzig Wahren!", schmunzelte ich genauso spöttisch.

Sie funkelte mich aus ihren dunklen Augen an.

"Hüte dein Zunge, Sasuke! Auch meine Geduld hat ihre Grenzen!"

"Sie hat recht", flüsterte mir Naruto besorgt zu. Aber ich hörte nicht auf ihn.

Stattdessen provozierte und verhöhnte ich sie mit schier endlosem Enthusiasmus weiter.

"Es war mir nicht bewusst, dass Sie überhaupt so etwas wie Geduld besitzen", grinste ich.

Einen Moment lang sah sie mich fassungslos aus ihren tiefen, weit geöffneten Augen an.

"Du ignoranter, respektloser Bengel! Sieh zu, dass du Land gewinnst! VITE!", brüllte sie schließlich und knallte mit voller Wucht die Tür zu. Ich hörte sie davonstampfen und atmete erheitert durch.

Auch wenn mir gleichzeitig ein dicker Kloß im Hals steckte.

Einen weiteren Moment war es ganz still.

"Alles okay bei dir, Sasuke?"

Seine blauen Augen huschten vorsichtig in meine Richtung.

"Ja, sicher", lächelte ich matt.

Mein Lächeln glich mehr einem misslungenen Ablenkungsmanöver. Ich hatte einfach keinen Bock, mich lang und breit mit ihm über meine Probleme zu unterhalten. Er stellte zu viele Fragen. Und das passte mir ganz einfach nicht in den Kram.

"Sie ist ganz schön ausgeflippt. Du hast es übertrieben."

In seiner Stimme lag kein Vorwurf. Es war lediglich eine Feststellung.

Meine Feststellung in jenem Moment war, dass mein Anzug widerlich an meinem verschwitzten Körper klebte und ich mich dadurch zunehmend unwohler fühlte.

"Mag sein, aber jetzt ist es ohnehin zu spät."

Ich drehte mein Gesicht zu ihm, sah ihm direkt in die Augen. Er sah bedrückter aus, als ich es war.

"Du brauchst dir keine Sorgen zu machen."

Er wandt sofort den Blick ab und starrte zu Boden.

Solche verlegenen Reaktionen kannte ich gar nicht von ihm. Aber momentan war mir deren Ursache auch relativ egal. Ich musste mich dringend waschen. Das war erstmal das Wichtigste.

"Gehen wir dann zu dir? Für dein Geschenk und so", fragte ich, obwohl es eigentlich klar war. Lediglich der Höflichkeit halber.

Seine Antwort war ein stummes Nicken.

"Kann ich dann auch bei dir duschen? Ich glaube, wenn ich das hier erledige, dann frisst mich Anko auf", witzelte ich.

Erst jetzt bemerkte ich, dass seine Gesichtsfarbe beinah genauso tiefrot war, wie Ankos zuvor.

"Was ist? Geht's dir nicht gut, Naruto?"

Er schreckte hoch, als habe er geträumt.

Manchmal war er schon ein komischer Kerl.

"Äh, nein, n-nichts", murmelte er und stand etwas holprig auf.

Auch ich erhob mich, nahm meinen schwarzen Parka-Mantel, sowie meine Tasche aus dem Spind und zog mir zügig die Jacke und meine Schuhe über.

"Gehst du so?", fragte Naruto perplex.

"Ja, ich will hier weg", entgegnete ich und das entsprach sogar der Wahrheit.

"Aber das sieht aus, als hättest du 'ne Leggins an", murmelte er gedämpft, verstummte beinah.

Ich trat einmal mit dem Fuß auf den Boden, um richtig in diese blöden Turnschuhe hineinzurutschen und band mir dann die Schnürsenkel zu.

Von unten sah ich zu ihm hinauf.

"Bin ich dir peinlich?", fragte ich mehr aus Spaß.

Verwundert starrte er mich mit großen Augen an.

"Ähm, nein, ich..."

Er stammelte die Worte nur so vor sich hin. War er nervös? Was hatte er denn so plötzlich?

Vermutlich konnte er seine Überraschung nicht mehr abwarten. Er war ja schon immer so verflucht ungeduldig gewesen und wahrscheinlich hoffte er ausschließlich auf einen Jahresvorrat Ravioli. Ja, damit konnte man ihm eine Freude bereiten.

Ich musste grinsen.

"Was ist so lustig -?"

"Gar nichts", gab ich zur Antwort und ging mit meiner Tasche beladen voraus.

Er stolperte hinter mir her.

"Danke übrigens für die Karte."

"Ist selbstverständlich, dass du nicht bezahlen musst, wenn ich dich bitte zu kommen."

Wir verließen gerade das Gebäude und traten hinaus in die kalte Abendluft, auf dem Weg zur Bushaltestelle.

"Oh ja, klar. Na ja, trotzdem danke."

"Kein Problem", erwiderte ich und sah geradeaus.

"Ist dir nicht kalt?"

Ein Schnaufen verließ meinen Mund.

Wollte er mich mit diesen überflüssigen Fragen in ein noch überflüssigeres Gespräch verwickeln oder was für ein tiefgründiger Sinn steckte dahinter?

"Nein, eigentlich ist mir ziemlich warm."

Ich versuchte freundlich zu bleiben, aber im Moment gelang mir das nicht mehr so richtig. Diese Fragen nervten einfach.

Als wir uns schließlich im Bus befanden, bemerkte ich, wie mich alle ungeniert angafften. Wir mussten gezwungenermaßen stehen, da alle Sitzplätze belegt waren. Das uralte Ding, das sich Bus schimpfte, war komplett überfüllt.

Ein Mädchen von vielleicht 16 Jahren, die direkt neben mir saß, starrte unentwegt auf meine Beine. Schon nach kurzer Zeit störte mich diese Geste ganz gewaltig, weshalb ich ihr starr in die stark geschminkten, braunen Augen blickte. Sie errötete und wandt schlagartig das Gesicht zur Seite ab.

Es war immer wieder das Gleiche: Immer starrten mich alle nur dumm an. Ich kam mir vor wie ein schlechtes Ausstellungsstück. Erwiderte ich ihr schamloses Gegaffe, schämten sie sich auf einmal und hörten abrupt auf.

Ihre Handlungen erschienen mir total sinnlos. Sie starrten mich an, wollten aber gleichzeitig auch nicht mehr als das. Und das war doch total unlogisch.

Das absolute Gegenteil dazu waren dann Frauen wie Ino oder Sakura, die alles daran setzten, mir die ganze Zeit nahe zu sein und mich möglichst oft zu berühren. Allerdings war das der andere Extremfall und mir wiederum eine Spur zu aufdringlich. Aber vermutlich hätte ich andernfalls nicht einmal ihre Existenz bemerkt, würden sie mir nicht ständig auf den Zeiger gehen.

Der Bus hielt an und Naruto tippte mir auf die Schulter, um mir zu signalisieren, dass wir aussteigen mussten. Und das taten wir auch.

Mein Magen rumorte schrecklich, als wir nach einem kurzen Fußmarsch, seine wie immer unaufgeräumte Wohnung betraten.

"Hast du Hunger?", grinste Naruto und steuerte geradewegs auf die kleine Küche zu.

Ich nickte, hing schnell meinen Parka auf und folgte ihm dann.

Ohne zu fragen, was ich essen wollte - wobei das sowieso überflüssig war - setzte er einen Topf Ravioli auf. Wenigstens nicht wieder aus der Mikrowelle.

"Magst du was trinken?", fragte er jedoch.

"Was hast du denn da?"

Ich nahm auf einem Stuhl Platz und dehnte gähnend meine schmerzenden Beine. Die Aufführung war anstrengender gewesen, als gedacht. Das bedeutete, morgen früh mit einem Kater aufzuwachen.

"Na ja, Leitungswasser und Cola", schmunzelte er und rührte in meinen Ravioli herum.

Anschließend nahm er einen Teller, Löffel und ein Glas aus dem Schrank.

"Dann Leitungswasser."

"Magst du etwa keine Cola?"

Verwundert blickte er mich über die Schulter an.

"Nö, was ist so merkwürdig daran?", brummelte ich. Es war nunmal so, dass ich jeglichen Süßkram mied. Nicht nur, weil das absolut ungesund und schlecht für eine sportliche Figur war, sondern auch ganz einfach deshalb, weil es mir nicht schmeckte.

"Na ja, ich kenne sonst niemanden, der keine Coke trinkt", meinte er nachdenklich. Vermutlich ging er gerade alle ihm bekannten Gesichter durch.

"Hast du sie denn überhaupt schon mal probiert?", fragte er weiter und füllte meinen Teller mit den Ravioli, den er mir gleich darauf vor die Nase stellte.

"Et Voilà!"

"Komm' mir bloß nicht mit Französisch", murmelte ich, während ich in meinem Essen herumrührte und wieder Ankos Tomatenkopf vor mir sah.

Naruto plumpste mir gegenüber mit einem schadenfrohen Lächeln auf den freien Platz.

Dann schob er mir ein volles Glas Cola zu.

"Du hast sie noch nicht probiert", grinste er dazu.

"Das Zeug besteht einzig und allein aus Zucker und - ", begann ich zu erklären, doch Naruto fiel mir ins Wort: "Ja eben! Nach deinem Auftritt müsste dein Blutzuckerspiegel doch total im Keller sein. Und da ich keinen gesunden Traubenzucker im Haus habe, ist das die einzige Alternative! Wenn du gar keinen Zucker zu dir nimmst, schadest du deinem Körper damit mehr, als wenn du ungesunden Cola-Zucker trinkst."

Das war beinah ein Totschlagargument - und das war ich absolut nicht von ihm gewohnt.

Auch wenn es mir widerstrebte, mich seinem Willen zu beugen, griff ich nach der Zuckerbrühe und nippte daran. Naruto grinste absolut zufrieden vor sich hin.

"Nah, schmeckt's?"

"Geht so", murmelte ich und nahm gleich darauf noch einen, dieses Mal kräftigeren, Schluck.

"Du lügst scheiße", lachte Naruto.

Wenn er wüsste.

"Ich bin nur durstig", entgegnete ich und trank das Glas leer, das er sogleich wieder auffüllte.

Dann widmete ich mich meinen dampfenden Ravioli und schlang sie einfach herunter. Ich hoffte, mein Körper würde es mir vergeben. Das war wirklich eine Zumutung.

"Irgendwann koch ich dir mal was Richtiges. Du musst unter ziemlichen Mangelerscheinungen leiden, wenn du dich nur von sowas ernährst."

Ich griff wieder nach meinem randvollen Glas und stillte meinen Durst mit dem schwarzen Zuckerwasser.

"Du willst mich also bekochen, Sasuke?"

Abrupt sah ich auf und blickte in seinen aufgesetzten Schlafzimmerblick.

Immer diese blöden, unnötigen Anspielungen. Mann, er war eine Nervensäge, wie sie im Buche steht. Und dennoch konnte ich nicht so sauer auf ihn sein, wie ich es unweigerlich bei Ino und Sakura wurde.

"Du solltest mir lieber dankbar sein, anstatt mich zu verhöhnen, Naruto."

Er blinzelte.

"Wie auch immer. Was ist jetzt eigentlich mit meiner Überraschung?", grinste er.

Fassungslos starrte ich ihm in die blauen Augen. Der Typ war einfach unglaublich. Für solche Fragen bekamen andere Kinder den Hintern versohlt.

"Du bist zwar ganz schön frech, aber du hast recht - also komm' mit."

Wir erhoben uns beide von unseren Stühlen, das dreckige Geschirr blieb an Ort und Stelle stehen und wir gingen gemeinsam in den Flur.

"Geh' du schon mal ins Wohnzimmer, ich komm' dann gleich nach", murmelte ich mehr beiläufig und fokussierte meine große Sporttasche.

Wieder stammelnd stimmte er zu, tat dann aber wie ihm geheißen und verschwand.

Aus meiner Tasche zog ich eine kleine, rot verpackte Schachtel heraus. Stillschweigend betrachtete ich mein Geschenk für ihn, mit dem mehr, als nur Erinnerungen verbunden waren.

Ich seufzte und hoffte, Naruto würde verstehen, was ich ihm damit sagen wollte.

Es gab einfach kein Zurück mehr. Auch wenn es peinlich würde, so wäre das immer noch besser, als ihn ein weiteres Mal zu enttäuschen.

Mit langsamen Schritten ging ich auf ihn zu. Als er mich erblickte, begannen seine Augen zu leuchten. In diesem Moment fragte ich mich, ob es das erste Mal war, dass ihm jemand ein Geschenk machte.

Ich nahm neben ihm auf dem Sofa Platz und bemerkte direkt, wie aufgeregt und hibbelig er war. Tief atmete ich durch.

Das würde nicht einfach für mich werden.

So vieles wollte ich ihm sagen, doch anstatt genau das zu tun, drückte ich ihm nur grob die Schachtel in die Hand. Ich sah ihn nicht einmal richtig an, aber es schien ihn überhaupt nicht zu stören.

Vorfreudig wie ein kleines Kind, aber bedächtig wie ein Erwachsener, begann er es auszupacken. Ich beobachtete ihn dabei und als ich wieder das Strahlen in seinen Augen sah, fühlte ich mich augenblicklich besser.

Wenn ich Naruto glücklich sah, vergaß ich meine eigenen Probleme völlig. Irgendetwas an ihm beruhigte mich, obwohl sein Wesen total aufgedreht und anstrengend war.

Aber genau das war es, was mich so an ihm faszinierte: Trotz seiner Probleme und seines schrecklichen Verlusts, war er so gut wie nie schlecht gelaunt, stattdessen lächelte er und konzentrierte sich auf Anderes.

Diese Fähigkeit bewunderte ich und ein Stück weit beneidete ich ihn auch darum.

Schließlich hielt er die schlichtgehaltene Kette, mit einem kleinen Anhänger aus blauem Stein[1], in den Händen und betrachtete sie mit einem sanften Lächeln auf den Lippen.

"Was ist das?", wollte er wissen.

"Ein Erbstück meiner Familie. Sie wurde über Generationen weitergereicht und ist bestimmt schon mehrere hundert Jahre alt. Meine Großmutter hat sie getragen und sie mir, ihrem Enkel, vermacht", erklärte ich sachlich. Total bescheuert.

Seine Augen blitzten jedoch auf.

"Komm', ich bind' sie dir um", lächelte ich und nahm ihm die Kette aus der Hand.

Nachdenklich begutachtete er das Ding, das daraufhin an seinem Hals baumelte.

"Angeblich soll sie den Träger vor schlechten Erfahrungen und Unglück bewahren", schmunzelte ich. Ich war nicht abergläubisch und dennoch wollte ich, dass der Talisman seine albernen Versprechungen hielt. Allein um Narutos willen.

"Warum schenkst du mir so etwas?", wisperte seine bedrückte Stimme und ich sah ihn völlig verwundert an. Was redete er denn da?

"Ich meine, sie gehört deiner Familie und bestimmt ist sie auch total teuer."

Er schloss die Augen nach diesen Worten und umfasste den bläulichen Anhänger, als wäre es sein letzter Besitz.

Mit einem Mal glaubte ich zu verstehen, welche Befürchtungen und Ängste in ihm vorgingen.

"Du denkst immer, du seist mir egal, aber das stimmt überhaupt nicht, Naruto", entgegnete ich mit gebrochener Miene. Es tat weh, zu wissen, dass er wirklich so fühlte und doch klang meine Stimme weitaus strenger und schroffer, als ich es beabsichtigte.

Seit jeher fiel es mir schwer, über meine Gefühle zu sprechen.

Doch Naruto sah erwartungsvoll zu mir. Seine ozeanblauen Augen, die tief in meine blickten, zwangen mich nahezu, mich zu erklären.

Noch einmal holte ich tief Luft. Ich wollte es ihm doch schon so lange sagen. Niemals hatte ich mich getraut, aber jetzt musste es sein. Ich wollte ihn nicht verlieren.

"Ich meine, na ja, du bist mir doch wichtig, du Dummkopf."

Langsam schloss ich meine Lider. Ich konnte seinem Blick nicht weiter standhalten.

"Und ich...verdammt ich...ich kann doch gar nicht mehr ohne dich sein."

Mein Herz schlug fest gegen meine Brust. Diese Worte hatte ich seit Ewigkeiten nicht mehr ausgesprochen. Es war einfach ungewohnt.

Ich hatte mich ihm gegenüber tatsächlich geöffnet. Das zu ihm gesagt, was zuletzt Itachi aus meinem Mund gehört hatte. Zu Itachi, den ich so sehr verachtete, weil er das war, was ich nicht sein konnte. Und doch vermisste und brauchte ich ihn.

"Für mich bist du wie ein zweiter Bruder, Naruto. Du gehörst zur Familie. Deshalb sollst du auch meine Kette tragen, damit sie dich immer daran erinnert, dass du nicht so allein bist, wie du glaubst."

Vorsichtig öffnete ich wieder meine Augen und suchte seinen Blick.

Doch er sah nicht annährend so glücklich aus, wie ich es mir gewünscht hatte.

Stattdessen wirkte er absolut bedrückt, als habe ich einen wunden Punkt erwischt.

"Wie ein Bruder, hm?", murmelte er mit geneigtem Kopf.

Was war daran so schlimm? Meine Gedanken kreisten um diesen Begriff, der ihm so sehr missfiel.

Und plötzlich leuchtete es mir ein.

Ich war so ein verdammter Idiot.

Mit meinen Worten hatte ich ihn wieder an das tiefe Loch in seinem Herzen erinnert. Was maßte ich mir eigentlich an? Mit dieser winzigen Geste seine komplette Familie ersetzen zu können? Allein der Gedanke war absolut pietätlos.

"Ich...Naruto...bitte verzeih mir", stammelte ich unbeholfen vor mich hin.

Ich wusste nicht wirklich, wie man sich in einer solchen Situation am besten verhielt. Das Einzige, was ich in diesem Moment verspürte, war Angst. Angst davor, dass er mich wegschicken würde.

Angst davor, dass er mich nicht mehr wiedersehen wollte.

Und vor allem schreckliche Angst davor, dass er unsere Freundschaft beenden würde.

Aber ich war nicht imstande, ihm meine wahren Gefühle zu zeigen.

Doch plötzlich spürte ich, wie er seine Arme um mich legte.

"Naruto...tut mir leid...mit deiner Familie."

Ich ließ ihn gewähren.

Seine Umarmung wurde intensiver.

"Das ist es nicht. Ich komme damit klar, Sasuke."

Stille breitete sich zwischen uns aus. Weder er, noch ich wussten, wie es nun weitergehen würde. Was man nun sagen oder wie man sich verhalten sollte.

"Willst du irgendwas über mich oder meine Familie wissen?", hauchte er schließlich.

Das wollte ich tatsächlich. Aber mir schien diese Frage momentan unangebracht.

"Schon, aber -"

"Stell' sie einfach", murmelte er und seine Finger verschwanden in dem klebrigen Stoff meines Anzugs. Ich gehörte unter die Dusche. Und da wäre ich jetzt auch bedeutend lieber.

"Wie kannst du überhaupt dein Leben finanzieren?", fragte ich, auf seinen Wunsch hin, gerade heraus.

Er überlegte kurz, ob oder was er darauf antworten sollte.

"Durch die Lebensversicherung meiner Eltern kann ich mich halbwegs über Wasser halten und das hier ist meine eigene Wohnung. Die haben sie damals gekauft, als ich geboren wurde. Das Ganze reicht bis ich mein Abi fertig habe."

Ein klägliches Seufzen entfloh meinem Mund - entgegen meinem Willen.

So musste er also leben. Das ganze Geld war bereits verplant. Vielleicht hatte er überhaupt kein Geld dafür, sich etwas anderes zu kaufen, als ewig diese widerlichen Dosenravioli und aß sie allein aus diesem Grund. Und zwar ohne sich darüber zu beschweren.

Wenn ich das hörte, kam ich mir so lächerlich, so wehleidig vor. Was hatte ich im Vergleich zu ihm schon für Probleme?

Ständig klagte ich über meine Familie. Aber wenigstens hatte ich eine.

Ich wusste nicht, wie es sich anfühlte, ohne eine Bezugsperson aufzuwachsen. Vermutlich war es ziemlich hart und schlussendlich dankte man ihm seine Bemühungen in der Schule mit reiner Ablehnung. Genauso wie auch ich ihn immer wieder abwies.

Angewidert kniff ich die Augen fest zusammen, drehte mich zu ihm und erwiderte stürmisch seine Umarmung. Für einen Moment, löste er vor lauter Verwunderung die Hände von mir, doch dann verstärkte er den Griff nur umso mehr.

Eigentlich lehnte ich derartige Berührungen komplett ab, doch in diesem Moment brachen meine Gefühle wie ein Platzregen aus mir heraus. Nach all den Strapazen. Nach all dem, was wir durchgemacht hatten. Nach all dem, was ich nicht gesehen hatte und ihm schuldig war.

"Willst du mir nicht auch etwas von dir erzählen?", flüsterte er mir ins Ohr und ich erschauderte, als sein Atem über meine Haut strich.

"Da gibt's nicht viel zu berichten."

Beruhigend fuhr er meinen Rücken auf und ab.

Es war ein komisches Gefühl, aber ich schloss dennoch die Augen und versuchte mich langsam daran zu gewöhnen.

Obwohl wir eigentlich über ernste Themen sprachen, fühlte ich mich irgendwie wohl. Zum ersten Mal glaubte ich jemanden gefunden zu haben, der mich genauso verstehen konnte, wie ich ihn verstand. Naruto und ich waren uns nunmal sehr ähnlich.

"Erzähl mir was von deinem Vater."

Mit leiser Stimme nannte er das Thema, über das ich eigentlich nicht sprechen wollte.

"Er hasst mich. Itachi ist in allem besser, als ich und darum auch sein Liebling", erzählte ich kurz angebunden und eine unglaubliche Wut stieg dabei in mir auf.

Gleichzeitig tat es gut, endlich darüber zu sprechen. Ich hätte Stunden wie ein Wasserfall weiterplappern können. Aber natürlich tat ich es nicht. Das würde ich niemals tun.

Naruto sagte nichts, als ich meinen Kopf gegen seine Schulter drückte.

"Mein Verhalten ist ziemlich erbärmlich, nicht wahr?", keuchte ich und unterdrückte die Tränen, die mir nahezu jedes Mal in die Augen stiegen, wenn ich daran dachte, wie es mir bei dem bloßen Gedanken an meinen Vater ging.

"Ich bin eine ganz schöne Heulsuse, dass ich mich von meinem besten Freund wegen einer derartigen Lappalie trösten lasse", lachte ich, obwohl mir überhaupt nicht danach zumute war. Mein Körper spannte sich an. Der Anzug begann allmählich grässlich zu jucken.

Am liebsten wäre ich weggelaufen. Die nächste Brücke hinunter.

Warum gab ich mir nur eine solche Blöße vor ihm?

"Das stimmt nicht...ich finde dich...süß, wenn du so bist", murmelte er und schluckte.

Meine Augen wurden schlagartig größer. Das Blut schoss mir ins Gesicht.

Hatte ich ihn richtig verstanden? Was erzählte er da nur für einen Schwachsinn?

Sein Verhalten war seit ein paar Tagen so merkwürdig. Aber ich ließ mich davon mitreißen. Wir standen uns seit Jahren ziemlich nahe, doch was war mit dem hier und jetzt?

Es war irgendwie anders, als früher. Und ich konnte nichts dagegen unternehmen.

Ich ließ seine Worte in meinem Kopf Revue passieren. Wieder und wieder, bis ich zu einem Schluss kam.

Meine Augen verengten sich plötzlich. Mein Körper bebte, ohne dass es mir wirklich bewusst wurde. Man nannte seinen besten Freund nicht süß. Bedeutete das etwa, dass er sich lustig über mich machte?

Resigniert biss ich die Zähne zusammen.

Kleine Mädchen waren süß. Für ihn war ich wohl nichts weiter, als ein kleines, weinerliches Kind.

"Verarsch mich nicht!", schrie ich aufgebracht und riss mich aus seiner Umarmung los.

Perplex starrte er mich an.

"Aber Sasuke...ich habe ni-", stammelte er.

"Ich geh' duschen!"

Wütend sprang ich auf, nahm im Flur meine Tasche mit und stampfte ins Badezimmer.

Was fiel ihm ein, eine solche Situation auszunutzen, um mich für blöd zu verkaufen? Mit seinen Worten hatte er mich zutiefst gedemütigt. Er machte sich einen Spaß aus meinen Gefühlen. Dabei hatte ich ihm vertraut. Aber es war immer das Gleiche: Vertrauen baut darauf auf, dass man blind ist. Blind für die Realität. Und Vertrauen macht schwach. Es war immer so - jedes Mal.

Ungeschickt und ruckartig schälte ich mich aus meinem muffigen Anzug und stieg unter die Dusche. Das Wasser prasselte Sekunden später meinen angespannten Körper herab.

Meine Muskeln lockerten sich allmählich durch das kühle Nass und Tropfen für Tropfen wurde mein Kopf klarer und freier.

Ich war zu impulsiv, wenn es um Annäherungen ging. Und das eben, war eindeutig zu nah gewesen. Aber vermutlich wusste Naruto das noch nicht einmal.

Wie sollte ich es ihm also verübeln? Er wusste nicht, wie nah man seiner Familie kam. Er kannte keine Grenzen.

Obwohl das auch totaler Schwachsinn war.

In Gedanken versunken, nahm ich die Seife von der Ablage und begann mich damit einzuschäumen.

In der Vergangenheit hatte ich Itachi genauso intensiv umarmt.

Also warum missfiel es mir jetzt?

Ganz einfach: Weil er nicht mein wirklicher Bruder war.

Ich seufzte und wusch mir meine Haare. Dann drehte ich das Wasser ab und verließ den wohltuenden Dampf der Dusche.

Beiläufig nahm ich eines der Handtücher von der Heizung und begann mich damit abzutrocknen. Anschließend schlug ich es mir um die Hüfte und setzte mich nachdenklich auf den Rand der Badewanne.

Auch wenn Naruto nicht viel besaß, über eine Dusche und zusätzlich eine große Badewanne verfügte er jedenfalls.

Etwas raschelte an der Tür.

Meine Augen schweiften in die entsprechende Richtung.

"Naruto?", rief ich in die Leere vor mir.

"Es...tut mir wirklich leid, Sasuke."

Ich verdrehte die Augen.

"Komm' doch einfach rein."

Es dauerte noch einen Moment, dann drückte er die Klinke herunter und die Tür ging langsam auf. Naruto trat zögerlich ein.

Plötzlich überkam mich ein ungutes Gefühl. Mit den Händen tastete ich nach meinem Handtuch und vergewisserte mich, dass es fest saß und alles verdeckte.

Mein Atem ging schwer.

"Hast du schon länger vor der Tür gestanden?", fragte ich misstrauisch.

Er fing urplötzlich wieder an zu grinsen. Total unvorhergesehen. Er war merkwürdig - überhaupt nicht zu durchschauen.

"Ich wollte nur wissen, ob dein Body besser ist als meiner."

"Jetzt sag mir nicht, du hast durch das Schlüsselloch gegafft."

Ich wusste nicht recht, ob ich nun schockiert oder einfach nur genervt von ihm sein sollte.

Er fing verräterisch an zu lachen und rieb sich mit dem Zeigefinger über die Nase.

"Du hast echt nur Müll im Hirn!", schimpfte ich und stellte mich genau vor ihn. Wir waren beinah auf Augenhöhe.

"Ist doch sowieso klar, wer von uns beiden besser aussieht und hier die Muskeln aus Stahl hat", grinste ich, vielleicht ein wenig eingebildet.

Völlig selbstgefällig schloss ich die Augen und stemmte beide Hände in die Hüfte. Dem hatte er einfach nichts entgegenzusetzen. Meine Verehrerinnen sprachen für sich.

Doch plötzlich, genauso überraschend wie sein Grinsen, spürte ich seine Hand auf meinem nackten Bauch und erschauderte augenblicklich. Schlagartig riss ich die Lider wieder hoch und blickte direkt in seine tiefblauen, momentan so unergründlichen Augen. Mein Atem setzte beinah aus, als seine Finger über meine Bauchmuskulatur strichen.

Fassungslos starrte ich ihn an.

"W-was machst du da?", würgte ich atemlos hervor. Ich musste klingen, wie nach einem kürzlich absolvierten Maratonlauf.

Doch er sagte nichts - er grinste nur.
 

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[1] joa, meine neue Interpretation von Narus Halskette für meine FF, höhö :D

Der erste Kuss

"Lass das!!", schrie Sasuke.

Im nächsten Moment hatte ich nicht seine Faust im Gesicht, sondern bekam eine schallende Ohrfeige.

"Was ist nur los mit dir, Naruto?"

Meine Wange pochte schmerzlich.

Ich sah in sein errötetes Gesicht.

"Du hast voll die Komplexe. Ich wollte nur wissen, ob du wirklich so harte Muskeln hast, wie du sagst." In meiner Stimme lag keinerlei Unsicherheit, innerlich zitterte ich jedoch.

"Zieh Leine, du Perverser! Und wenn du noch mit zur Party willst, dann zieh dir gefälligst was anderes an. Aber komm mir bloß nicht mehr zu nahe!"

Er war knallrot, doch die Ader an seiner Schläfe pochte bedrohlich vor sich hin - er war stinksauer.

"Du hast Komplexe!", rief ich ihm noch einmal nach, als ich das Bad verließ.

"Schnauze!", bekam ich als Antwort.

Herzklopfend schlurfte ich in mein Schlafzimmer und ließ mich rücklings auf mein Bett fallen. Meine Hand umklammerte fest den bläulichen Anhänger, der meinen Hals zierte.

Ich hatte mir zu viel darauf eingebildet und mal wieder kopflos gehandelt.

Nachdenklich drehte ich mich auf die Seite.

Du bist wie ein zweiter Bruder für mich.

Ich kniff die Augen zusammen. Mein Herz drückte schmerzlich gegen meine Brust.

Eigentlich sollte ich mich doch freuen, dass ich ihm so wichtig war. Aber es fiel mir schwer. Weil ich doch so viel mehr, als das für ihn sein wollte.

Nur mit der Aktion gerade, hatte ich mir vermutlich auch die letzte Chance verbaut. Sasuke reagierte nahezu allergisch auf solch offensive Annäherungsversuche.

Vielleicht nicht nur aus dem Grund, weil ich ein Mann bin.

Ich dachte an unsere intensive Umarmung.

Stand er etwa auf die Mitleidsnummer?

Nein, eher nicht. Damit hatte sein Verhalten sicherlich nichts zu tun. Das, was er tat, war echt. Seine Berührungen und seine Worte. Es gab keinen Grund mir etwas vorzumachen. Und er hatte angefangen, sich mir zu öffnen. Auch wenn es nur zwei Sätze über seinen Vater waren. Aber er sprach mit mir darüber.

Also musste ich mir dringend eine gute Ausrede einfallen lassen, um sein Vertrauen zurückzuerlangen. Verdammt, ich sollte anfangen, vorher darüber nachzudenken, anstatt mir immer im Nachhinein etwas aus den Fingern zu saugen.

Dabei wollte ich doch nur ein wenig zärtlich zu ihm sein! Dieser blöde, ignorante Sasuke!

"Du willst also nicht mitkommen?", erklang Sasukes gedämpfte Stimme hinter mir.

Ich drehte mich zu ihm.

"Wohin denn überhaupt?"

Meine Augen schweiften über seinen Körper. Die Klamotten standen ihm deutlich besser, als dieser hautenge Fummel. Eine schlichte, schwarze Jogginghose und ein dunkelblauer Kapuzenpullover.

Er nahm neben mir auf dem Bett Platz, aber mit einem beachtlichen Sicherheitsabstand.

"Na zu Shikamarus Party. Er hat mich per SMS eingeladen und eigentlich wollte ich dich mitnehmen. Aber wenn du keine Lust hast, ist mir das auch egal."

Ich setzte mich auf und er ging direkt in eine Abwehrhaltung.

"Was ist, Sasuke? Hast du Angst vor mir?", grinste ich.

"Spinn nicht rum, Naruto!", keifte er.

Ich grinste. Er war wirklich süß.

"Ich bin auf jeden Fall dabei. Ich zieh mir nur schnell was anderes an."

"Besser ist das!", brummelte er daraufhin.

Seufzend ging ich an ihm vorbei, während sein Blick auf mir ruhte und kramte in meinem Schrank herum. Ich fand eine ebenfalls schwarze Jogginghose und einen weißen, gewöhnlichen Pullover.

Betont langsam streifte ich mir die alten Klamotten ab und zog die neuen an.

Er sollte sehen, dass meine Muskulatur sehr wohl mit seiner konkurrieren konnte.

"Du, Naruto?"

"Hm?", machte ich, während ich in meinen Pullover schlüpfte.

"Was sollte das eben?"

"Keine Ahnung."

Kurze Stille.

"Wann hast du denn das letzte Mal mit einer Frau geschlafen?"

Die Frage kam unerwartet.

"Ist schon länger her."

"Vielleicht solltest du dir dann mal wieder eine Freundin suchen."

Ich strich meinen Pulli glatt und schlurfte über den Boden, der unter mir knackte, wieder zurück zum Bett. Mit einem matten Lächeln auf den Lippen setzte ich mich wieder neben Sasuke.

"Kann sein. Und wie sieht's bei dir so aus?"

Unsere Blicke trafen sich.

"Was meinst du?"

"Na dein Liebesleben", grinste ich, während mein Herz wieder wie wild gegen meine Brust hämmerte. Ich wollte nicht so erfahren, dass er bereits eine Freundin hatte. Aber seinen besten Freund unterrichtete man doch zeitig über sowas, oder nicht?

Also hatte er keine - hoffentlich.

Sasuke funkelte mich währenddessen böse an.

"Das geht dich gar nichts an", brummelte er und wandt den Blick von mir ab.

"Aber immerhin nicht so schlecht, dass ich meinen besten Freund angrabbeln muss!", fügte er hinzu.

Ich verzog das Gesicht.

"So war das nicht! Ich wollte wirklich nur wissen, wie hart deine Muskeln sind!"

Mehr oder weniger entsprach das sogar der Wahrheit.

"Wenigstens hast du nicht so eklige Wurstfinger wie der Kerl von heute Mittag", schauderte Sasuke unmittelbar und umklammerte dabei seinen Oberkörper.

Ich stockte und starrte ihn verdutzt an.

"Hat dich einer angefasst?!", schrie ich impulsiv.

Verwirrt sah er aus seinen plötzlich so großen, schwarzen Augen zu mir.

Im nächsten Moment verengten sie sich wieder.

"Das fragst gerade du?", murmelte er und zog dabei seine Augenbrauen zusammen.

Ich antwortete mit einem Schmollmund.

"Aber nein, hat er nicht. Ich bin nicht so schwach, wie du glaubst, Naruto. Ich kann mich sehr wohl wehren - denk an mein Messer", grinste er, aber ein gewisser Vorwurf schwang in seiner Stimme mit.

"Darum geht's doch überhaupt nicht."

Seufzend - das tat ich wirklich oft in seiner Gegenwart - ließ ich meinen Körper wieder aufs Bett sinken und vergrub mein Gesicht in meinem großen Kissen.

"Tut mir leid wegen vorhin, okay? Ich wollte das wirklich nicht!", beteuerte ich. Auch wenn ich die Hoffnung, dass er alsbald aufhören würde, darauf rumzuhacken, eigentlich aufgegeben hatte.

"Solange es bei diesem einen Mal bleibt", murrte seine rauhe Stimme und ich sah augenblicklich zu ihm auf. Direkt in sein angespanntes Gesicht. Es fiel ihm sichtlich schwer, diese Worte auszusprechen.

"Das heißt, du verzeihst mir?"

Ein glückliches, hoffnungsvolles Lächeln schlich sich auf mein Gesicht.

"Ja", brummte er nach einiger Zeit des Überlegens.

In diesem Moment war ich, glaube ich, der glücklichste Mann der Welt.

"BLEIB - WO - DU - BIST!", schrie Sasuke, anscheinend bereit sein Messer zu ziehen, noch bevor ich ihm um den Hals fallen konnte.

Sasukes Atem ging schwer, während ich vor Schreck erstarrte.

"Weißt du, was du bist? Ein Usuratonkachi!", schimpfte er.

Ich blinzelte und rang nach Luft.

So atemlos, wie wir uns gerade gegenüber saßen, konnte man meinen, wir hätten eine ziemlich heiße Nacht hinter uns.

"Und das heißt was?"

"Tja, streng mal dein bisschen Hirn an oder googles einfach!", grinste er hämisch und stützte sich mit den Händen auf dem Bett ab.

Irgendwie war diese Situation total absurd. Wir kamen von Stöckchen auf Hölzchen.

Ich prustete plötzlich los und Sasuke musste kurz darauf in mein Gelächter einstimmen. Auch wenn sein Gelächter mehr einem kurzen "haha" entsprach.

"Nah, Sasuke?", setzte ich an, nachdem ich mich annährend wieder beruhigt hatte.

Er sah mich nur erwartungsvoll an.

"Was ich dich vorhin schon fragen wollte: Wie hast du dich nach dem Auftritt gefühlt?"

"Klar, Themenwechsel - das ist so typisch für dich, Naruto. Na ja, ich hab mich eigentlich ziemlich gut gefühlt. Schließlich wollte ich schon immer vor einem so großen Publikum breakdancen."

Ich sah ihn an und dachte an meinen Plan.

"Das könntest du demnächst öfter!", grinste ich ihm entgegen.

"Wieso?"

"Erzähl' ich dir später, wenn ich alles geklärt habe."

"Du und was klären?", fragte er skeptisch, "Da kann ja nichts Gutes bei rumkommen."

"Nah, du wirst schon sehen, Sasuke!"

Mit einem penetranten Lächeln auf den Lippen meinte er: "Ich lass mich überraschen. Aber wir sollten uns langsam auf den Weg machen, sonst können wir auch gleich hierbleiben."

"Alles klar!", stimmte ich vorfreudig zu und so verließen wir schnurstracks gemeinsam die Wohnung.

Während wir durch die finsteren Gassen schritten, wechselten wir kaum ein Wort miteinander. Neben uns hörte ich das Geräusch von betrunkenen Männern, die wild herumalberten.

Mir gefiel die Tatsache, dass hier solche Gestalten ihr Unwesen trieben, überhaupt nicht, weshalb ich Sasuke beunruhigt am Ärmel packte und drängte, schneller zu gehen.

Ich wollte niemandem begegnen. Denn ich wusste, was hier hinter Schloss und Riegel vor sich ging. Jeder wusste das. Und doch nutzte man diese Gassen häufiger, da sie oft erhebliche Abkürzungen boten.

Sasuke schien sich nicht zu fürchten. Er war völlig gelassen.

Ich hingegen erschrak bei jeder Katze und jeder Ratte, die im Müll herumwühlte und hatte dabei das Gefühl, dass mich Sasuke belächelte. Dabei war ich nur vorsichtig.

Schließlich sah ich wieder die Straßenlaternen der Hauptstraße und nur wenige Meter weiter, konnte ich auch schon die Umrisse von Shikamarus Haus erkennen.

Erleichtert atmete ich aus und bemerkte schließlich, dass ich schwitzte.

"Lass uns heute Nacht einen anderen Weg gehen", murmelte ich.

"Du bist ein Angsthase, Naruto. Denk an mein-"

"Ja, ja, dein blödes Messer, ich weiß. Das bringt uns aber auch nichts, wenn uns fünf Typen überfallen", murrte ich. Mein Handy und mein Portemonnaie wollte ich eigentlich noch behalten.

"Warum sollten es fünf Männer sein? Meist lungern die doch nur zu zweit oder dritt rum."

"Du als Besserwisser müsstest doch wissen, dass Ausnahmen die Regeln bestätigen."

Er funkelte mich an, als habe ich soeben behauptet, er sei blöd.

"Wir gehen heute Nacht genau den gleichen Weg! Und wenn du nicht mitkommen willst, dann geh' ich eben alleine, du Angsthase!"

Seine blöden Trotzreaktionen hingen mir zum Hals heraus. Die hatte ich in der Vergangenheit schon oft genug ertragen müssen. Er musste einfach immer seinen verdammten Dickschädel durchsetzen.

Eigentlich sollte ich ihn alleine gehen lassen. Aber das konnte ich nun auch wieder nicht. Auch wenn ich es wollte. Wenn ihm etwas zustieß, könnte ich mir das niemals verzeihen.

Wir klingelten an Shikamarus Haustür, der nur Sekunden später öffnete. Wie immer sah er aus, als langweile ihn schlichtweg alles.

"Ihr seid spät", stellte er fest.

Den Satz hatte ich heute schon mal gehört und verdrehte deshalb genervt die Augen.

"Wir wären normalerweise noch später, wenn wir den Angsthasenweg über die Hauptstraße genommen hätten, so wie Naruto es wollte."

Shikamaru und Sasuke warfen sich ein erheitertes Grinsen zu.

Ich zog aufgrund dessen ein beleidigtes Gesicht.

"Besser wäre das. Ihr könntet schließlich von Akatsuki gefangen und zu Tode gefoltert werden", grinste Shikamaru.

"Eben", murmelte mein schwarzhaariger Freund daraufhin.

Anscheinend hatten sie großen Spaß daran, mich für blöd zu verkaufen. Und sowas schimpft sich Freunde. Außerdem war mit Mafia-Organisationen nun weiß Gott nicht zu spaßen.

"Können wir rein? Mir wird kalt", klagte ich, um endlich das Thema zu wechseln.

Shikamaru hielt uns die Tür auf, wir traten daraufhin ein und hingen unsere Jacken an der Garderobe auf.

Hier drin war es angenehm warm. Vielleicht würde es ja doch noch ein schöner Abend werden. Mehr oder weniger zumindest.

"Saaaaasukeeee", ertönten sofort mehrere Stimmen gleichzeitig und meine Hoffnung zerplatzte abrupt wie eine Seifenblase. Als ich mich zu der Geräuschquelle umdrehte, sah ich Sakura, Temari und Ino in kurzgehaltenen Klamotten nebeneinander stehen.

Schwärmend starrten sie Sasuke an.

Shikamaru sagte nichts, obwohl er doch angeblich in Temari verliebt sein sollte. Vielleicht war es eben doch nichts weiter, als ein Gerücht. Oder er hoffte, Temari nach einer sicheren Abfuhr von Sasuke trösten zu dürfen.

Und dann ging das Geplapper los.

"Hinreißend siehst du wieder aus."

"Ich mag deine schwarze Hose."

Sie kicherten.

"Ich bin so froh, dass du gekommen bist!"

"Vielleicht können wir ja nach der Party noch was anderes unternehmen, Sasuke."

Mir fiel auf, dass alle drei ziemlich stark geschminkt waren: Rote Lippen, ziemlich viel Puder und Wimperntusche klebten in ihren Gesichtern.

"He, Shikamaru!", rief Sasuke Besagtem hinterher, der gerade dabei war, die Treppe zum Keller hinunter zu gehen und daraufhin inne hielt.

"Wo hast du den Alkohol versteckt?"

Unser Gastgeber lachte uns entgegen.

"Kommt mit, ihr zwei. Die Party steigt sowieso hier unten."

Und wir folgten ihm.

Unten angekommen spielte ein wenig Musik, aber das waren weder Partysongs, noch hatten sie Partylautstärke. Die anderen Gäste saßen auf dem Boden, einige spielten Karten, andere unterhielten sich.

Das Gesamtpaket war ganz schön langweilig.

Auf einem kleinen Tisch standen Knabbereien, wie Chips und Kekse, daneben Wasser, Limonade und Bier. Ich blinzelte verblüfft. Wo war ich denn hier gelandet? Auf 'nem Kindergeburtstag?

Doch Sasuke schien das Ganze nicht sonderlich zu stören, er nahm sich lieber ein Bier, anstatt sich zu beschweren und drückte mir ebenfalls eins in die Hand.

Wir standen wie Außenseiter vom Rest der Gruppe isoliert, als wir einander zuprosteten.

Schnell waren drei Flaschen geleert und ich bemerkte sichtlich, wie Sasuke ruhiger und entspannter wurde. Der Alkohol war sowas wie seine Freikarte zur Normalität - sofern er es nicht übertrieb.

Kichernd wie immer, kamen nun auch Ino, Sakura und Temari die Treppe hinunter und gesellten sich direkt zu den anderen Mädchen, darunter auch Hinata, um mit ihnen über irgendetwas Unwichtiges zu tratschen.

Ich gähnte und schaute bereits gelangweilt auf meine Armbanduhr: Kurz nach 21 Uhr. Am liebsten hätte ich Sasuke geschnappt und ihn gleich wieder mit nach Hause gezerrt. Die Glotze war bedeutend interessanter, als...das hier.

"Sasuke, mein Hasilein! Komm' doch mal 'rüber, wir wollen ein Spiel spielen!", rief ihm Sakura mit winkender Handbewegung zu, als müsse sie über ein ganzes Fußballfeld oder entgegen einer Fußballmannschaft brüllen, obwohl sie in Wirklichkeit nur wenige Meter neben uns saß.

Hämisch grinsend packte mich Sasuke am Handgelenk und zerrte mich mit zu der Meute. Wir setzten uns und schlossen somit den Kreis.

Ino saß rechts neben ihm und schmiegte sich auch direkt schnurrend an seine Schulter, doch mein Freund ließ sich davon nicht ablenken und betrachtete, wie ich kurz darauf bemerkte, die ganze Zeit nur Hinata.

Ich konnte an seinen Augen nicht ablesen, was das zu bedeuten hatte, aber es erzeugte ein gehöriges Unwohlsein in meiner Magengegend.

War tanzen etwa nicht das Einzige, was sie miteinander taten?

Mein Herzschlag wurde schneller. Auch wenn es so war, dann wollte ich es ganz einfach nicht wissen.

Lieber würde ich in Unwissenheit, als mit einem gebrochenen Herzen irgendwann sterben.

"Ihr seid bestimmt schon total gespannt, was wir nun machen!", klatschte Sakura aufgeregt in die Hände und ich sah, dass ihre Haut glitzerte.

Eigentlich war ich nicht wirklich gespannt.

Dann schlich ihr ein breites, verheißungsvolles Grinsen auf die Lippen, das nun doch unweigerlich meine Aufmerksamkeit erregte. Was hatten sich diese verrückten Frauen bloß ausgedacht?

"Flaschendrehen!", rief sie, während sie hinter sich eine Glasflasche hervorzog und die Mädchen untereinander wild zu tratschen begannen, mit Ausnahme von Hinata, die nun ebenfalls Sasuke betrachtete.

Plötzlich und völlig ungeahnt wurde ich wütend auf das schwarzhaarige Mädchen. Eigentlich war sie ganz süß und ungemein schüchtern, so dass man ihr überhaupt nicht böse sein konnte, aber jetzt wollte ich, dass sie verschwand und nie wieder kam. Sie mit ihm zu sehen, das würde ich nicht etragen - niemals.

Die Jungs murrten währenddessen rum und Choji griff noch tiefer in seine Chipstüte hinein, so dass es neben mir laut raschelte. Dann erblickten meine verwirrten Augen plötzlich auch Sai, der mit seinem gefühllosen Blick einen Fleck an der Wand anstarrte. Er lebte also doch noch - die Mädchen enttäuschten mich.

"Zu den Regeln: Wenn man seinen Auftrag nicht erfüllt, dann muss man demnächst eine Runde ausgeben. Wir notieren uns das und wer sich nicht daran hält, der wird gemeuchelt, dass das klar ist."

Sie sah einmal bedeutsam in die Runde.

"Also, ich werde dann beginnen! Auf wen die Flasche zeigt, muss...einen Lap Dance hinlegen", grinste sie, während sie Sasuke aus ihren großen Kulleraugen und mit klimpernden Wimpern betrachtete. Dann küsste sie einmal die Flasche und drehte sie.

Die Mädchen konnten kaum hinsehen, als das Glas unaufhörlich zu rotieren begann - es war wie bei russisch Roulette, nur mit dem Unterschied, dass Sasuke die Kugel war, die man unbedingt erwischen und nicht vermeiden wollte.

Auch mein schwarzhaariger Freund betrachtete nun die kreisende Flasche des Schicksals.

Es erleichterte mich, dass er nicht mehr Hinata ansah.

Dann stoppte plötzlich die Flasche und wies auf - Choji.

Ich stockte. Für einen Moment musste ich verarbeiten, was mir nun bevorstand.

O Gott - Kopfkino!

Vor Schreck kippte ich beinahe um, so wie der Rest unserer gemütlichen Runde.

"Nicht der Fe-", begann Sai, doch Shikamaru hielt ihm rechtzeitig den Mund zu, bevor er das verbotene Wort aussprechen konnte. Niemand, der überleben wollte, nannte Choji fett. Wirklich niemand.

"Ach, nä, ich hab' echt keine Lust! Aber einen ausgeben will ich auch nicht", klagte Choji, während er Anstalten machte, sich zu erheben - bereit uns alle zu Tode zu schockieren.

"Ist nicht so schlimm. Das passt schon", lachte Sakura und winkte ab. Sie versuchte kläglich sich selbst und uns alle vor der drohenden Verdammnis zu retten.

Doch Choji nahm das persönlich.

"Warum nicht? Wollt ihr das etwa nicht sehen, oder wie?"

"Doch."

"Klar!"

"Äh, sicher."

Das kam sofort von allen Seiten. Jeder hatte einen hochroten Kopf. Wie konnten sie auch so einen dämlichen Auftrag stellen?

Grinsend und rumpelnd erhob sich das Monster auf zwei Beinen von der Erde und ging zur Musikanlage. Die drehte er dann erstmal richtig auf und begann zu - na ja, tanzen kann man das nun wirklich nicht nennen.

Es war viel mehr ein mitwippen.

Und dann zog er sich tatsächlich und zu allem Überfluss auch noch das T-Shirt aus. Mein Gesicht schrumpelte vor Ekel zusammen.

Jeder musste sich ein "IGITT" oder "BÄH" sichtlich verkneifen.

Angewidert sah ich zu Sasuke, der nur den Kopf geneigt hielt und den Boden anstarrte. Das war eigentlich eine gute Idee. Also tat ich es ihm gleich.

Minuten später rumpelte der Boden erneut und als ich aufsah, stellte ich fest, dass Choji wieder Platz genommen und zum Glück auch wieder sein Oberteil angezogen hatte.

Diese Bilder würden mich in meinen Alpträumen verfolgen, so viel stand schon mal fest.

Alles war still. Die Stimmung befand sich beinah auf dem Gefrierpunkt. So hatte sich das wohl keiner vorgestellt.

"Bin ich jetzt dran?", keuchte Choji atemlos und starrte Sakura fragend an, die daraufhin mit hochrotem Kopf stumm nickte.

"Gut, dann: Auf wen die Flasche zeigt, der muss...ähh...", er stockte und kratzte sich grübelnd am Kopf.

Ich verdrehte genervt die Augen.

Der Abend war echt gelaufen.

"Ähh...", kam es wieder.

Alle starrten ihn an.

"Ähhh..."

Mein Augenlid zuckte vor Erregung.

Hätte er noch einmal "ähh" gesagt, wäre er von mir höchstpersönlich rausgetreten worden.

"Der muss sich auf den Kopf stellen und versuchen, was zu trinken!", grinste er zufrieden.

Neben mir hörte ich Sasuke und ein paar andere laut aufstöhnen.

"Tolle Party", flüsterte ich ihm spöttisch zu.

"Halt die Klappe", murmelte Sasuke.

"Seit wann trägst du eigentlich Schmuck, Naruto?", ertönte Shikamarus Stimme neben mir.

Ich stockte und spürte, wie mir die Hitze ins Gesicht stieg.

"Äh, na ja", brabbelte ich, während meine Hand verlegen über meinen Hinterkopf rieb.

"Und von wem ist die?", wandt nun auch Ino ein, beugte sich dabei über Sasuke herüber, um Hand an meine Halskette anzulegen.

"Von mir."

Ino sah verwundert zu Sasuke auf, auch meine und Shikamarus Augen weiteten sich.

"Du hast ihm die Kette geschenkt?", fragte Ino misstrauisch nach.

Keine Antwort.

Die Blonde starrte mich verachtend an.

"Die ist ganz schön hübsch, Naruto. Du passt besser gut auf sie auf."

Ihr wahnsinniger Blick machte mir Angst.

Ich versuchte es mit Lachen zu überspielen.

Sie setzte sich wieder anständig hin und noch Minuten später spürte ich, wie sie mich anstarrte. Mir wurde zunehmend unwohler in ihrer Gegenwart.

Dann verfolgten uns weiterhin solche absolut schwachsinnigen und langweiligen Aufgaben, bis schließlich die verrückte Ino am Zug war. Sie wollte etwas sagen, doch bei dem bloßen Gedanken, blieben ihr die Worte im Hals stecken und sie fing wieder an zu schwärmen.

Also hatte es irgendwas mit Sasuke zu tun. Lernten die denn nicht aus ihren Fehlern?

Sie holte tief Luft.

"Auf wen die Flasche zeigt, der muss..."

"Der muss...!"

Erneut verdrehte ich genervt die Augen. Die konnten doch nicht alle schon völlig betrunken sein.

"Der muss Sasuke küssen!", quietschte sie und alle Mädchen schrien auf.

"Du bist genial, Ino!"

"Hoffentlich zeigt die Flasche auf mich!"

"Moment, Moment!", unterbrach sie und wedelte sich mit der Hand Luft zu.

Sasuke beschmiss sie währenddessen mit gelangweilten Blicken und ich war einfach nur angepisst.

"Aber nicht nur so'n normaler Kuss, sondern mit Zunge und mindestens 30 Sekunden!"

Ohrenbetäubendes Gekreische war die Antwort darauf.

Oh Mann, ich war hier im Zoo gelandet. Das waren doch keine erwachsenen Frauen.

Wieder drehte sich die Flasche des Schicksals im Kreis.

Und was dann kam, schockierte mich.

Mein Atem setzte aus. Mein Herz schlug höher und wilder, während meine Augen die Person betrachteten, auf die die Flasche wies: Hinata.

In diesem Moment hätte ich alles kurz und klein schlagen können.

Das konnte doch nicht wahr sein. Ausgerechnet sie! Das einzige Mädchen, dem Sasuke wenigstens den Hauch von Beachtung zukommen ließ.

Aber ich konnte es nicht verhindern.

Was hätte ich schon tun sollen?

Einen plötzlichen Anfall vortäuschen?

Nein, es kam alles, wie es kommen musste. Und dem hatte ich mich wohl oder übel zu beugen.

Während ich darüber nachdachte, saßen sich Hinata und Sasuke bereits gegenüber.

Er würde sie also tatsächlich und widerspruchslos küssen.

Doch bevor er genau das tat, neigte er sich zu ihr und flüsterte ihr viel zu lange etwas ins Ohr, bei dem Hinata errötete. Ich ballte eine Faust.

Auch die anderen Mädchen wurden unruhiger, da sie ebenfalls den Braten rochen.

Und dann war es soweit: Ihre Münder kamen sich näher, bis sich ihre Lippen schließlich berührten. Ich starrte fassungslos drein, während ihre Zungen begannen miteinander zu tanzen.

Dann sah Hinata plötzlich zu mir.

Was sollte das?

Auch Sasuke schaute herüber.

Wollten sie mich verhöhnen, weil sie es wussten? Hatte er mir nicht verziehen, sondern wusste von meinen Gefühlen für ihn? War das seine Rache, mit der er mich quälen wollte?

Ich wurde wütend.

Dann schlossen erneut beide die Augen.

"Diese Hexe!", rief Sakura und warf somit den ersten Stein.

Alle anderen begannen sich daraufhin an der Hetze zu beteiligen.

Meine Wut nahm zu.

"Miststück!"

"Luder!"

"Ich könnte sie-!"

"Ich auch!", rief ich zähneknirschend, völlig von der Masse mitgerissen, woraufhin mich die anderen Mädchen augenblicklich fassungslos anstarrten.

"Wie war das?", brummelte Sakura und schlug sich in die eigene Handfläche.

Ich erschauderte und vergaß für einen Moment, warum und vor allem auf wen ich so sauer war.

"Nah...weil ich...ähh...gerne Hinata küssen würde", stammelte ich und versuchte verzweifelt ihren mordlustigen Blicken standzuhalten.

Widerspenstig wandten sie synchron den Blick von mir ab und begannen erneut, Hinata zu verfluchen.

Ich atmete erleichtert aus - gerade noch die Kurve gekriegt.

Dann saß Sasuke auch schon wieder neben mir und schwieg.

Die Mädchen umzingelten sogleich Hinata und versuchten auf sie einzureden. Für mich sah es allerdings mehr danach aus, als würden sie versuchen, sie einzuschüchtern.

Alles was ich wollte, war, nach Hause zu gehen.

Jetzt sofort.

"Äh", begann Hinata leise und mit zittriger Miene.

"Na los!", drohte Ino.

"Auf wen die Flasche zeigt, der muss Sasuke küssen", murmelte sie.

"Und weiter?", wandt nun auch Temari ein.

Ich hörte Kiba neben mir schnaufen.

"Dieser Sasuke-Scheiß geht mir langsam echt auf'n Piss, Leute. Als wäre er der einzig attraktive Kerl auf diesem Planeten."

Shikamaru nickte ihm zu.

Sasuke schwieg.

"Mit Zunge und mindestens 30 Sekunden", wisperte sie, aber alle verstanden es.

Wieder wurde die Flasche gedreht. Ich sah nicht mehr hin. Mir reichte das, was ich bis jetzt ertragen musste.

Und auf einmal kreischten wieder alle Mädchen laut auf.

Na wundervoll: Hatte es endlich Sakura erwischt?

Doch als ich die Augen öffnete, wurde mir schlagartig bewusst, dass sie nicht vor Freude kreischten. Denn die Flasche wies geradewegs auf - mich.

Ungläubig betrachtete ich das Glas, drehte dann hastig meinen Kopf zu Sasuke, woraufhin wir uns gegenseitig in die Augen starrten.

"NIEMALS!", schrien wir gleichzeitig.

Ich glaube, ich hörte Sakura plötzlich schluchzen, während Kiba neben uns lautstark anfing zu lachen.

Mein Herz pochte wie wild gegen meine Brust. Würde ich ihn gleich küssen können? Aber doch nicht hier vor allen Leuten! So sollte unser erster Kuss eigentlich nicht aussehen. Und doch war das immer noch besser, als gar nichts. Und besser, als ihn mit noch einem Mädchen zu sehen.

Auf einmal war die Party nicht mehr ganz so fürchterlich.

Zumindest nicht für mich, denn ich bemerkte durchaus, wie mein Gegenüber zitterte und hart schluckte.

"Muss das sein?", würgte Sasuke hervor.

"Muss sein!", wandt Kiba sogleich ein, bevor die Mädchen widersprechen konnten.

Meine Augen wurden größer, als ich sah wie seine Lippen sich meinen langsam annäherten. Für mich blieb plötzlich die Zeit stehen. Ich spürte seinen Atem -

Dann waren seine Lippen auf meinen.

Aber nur für den Bruchteil einer Sekunde, bevor er sich ruckartig wieder von mir löste.

"ICH KANN DAS NICHT", schrie er und ich sah wie verzerrt sein Gesicht war - vor Ekel?

Ich umfasste mit den Händen meinen Hals und begann wie auf Abruf zu röcheln. Niemand sollte etwas merken.

"Ich geb' dann einen aus", murmelte Sasuke völlig atemlos und erhob sich von der Erde.

"Und ich geh zur Toilette - kotzen", erwiderte ich und sprang auf. So schnell ich nur konnte stürmte ich die Treppe hinauf und flüchtete ins Badezimmer.

Die wenigen Schritte kamen mir vor wie eine Ewigkeit. Ich hörte nichts mehr. Ich sah nichts mehr. Ich lief einfach nur.

Endlich an meinem Ziel angekommen, die Tür hinter mir verriegelt, sank ich völlig verwirrt auf den Boden nieder und umfasste meine Knie.

Ich zitterte.

Dass es derart ekelhaft für ihn sein würde, hatte ich nicht erwartet. Oder zumindest nicht gehofft. Hinata hatte er doch so leidenschaftlich geküsst, aber bei mir -

Resigniert zog ich meine Beine näher heran und verbarg mein Gesicht.

Was für ein schrecklicher Abend. Es konnte wirklich nicht mehr schlimmer werden.

Ich hatte jetzt echt keinen Bock mehr.

Entschlossen, die Party nun zu verlassen, stand ich bereits nach wenigen Minuten des Selbstmitleids wieder auf und verließ zuerst einmal die Toilette, ohne sie überhaupt benutzt zu haben. Als ich die Tür schließlich hinter mir zuzog und den Blick hob, erstarrte ich augenblicklich.

Da stand Sasuke, mit verschränkten Armen, gegen die Wand mir gegenüber gelehnt und mit einem atemberaubenden Grinsen auf den Lippen.

Ich war komplett verwirrt. Es musste sich um eine Fata Morgana handeln - ein Trugbild, das sich mein gestörtes, gekränktes Inneres zusammenbrodelte.

Doch dieses Wesen, das genauso aussah wie Sasuke, kam plötzlich, immer noch grinsend, auf mich zu und drückte mich noch viel plötzlicher und überraschender gegen die geschlossene Tür hinter mir.

Meine Augen weiteten sich. Er war mir so nah und doch tat ich nichts weiter, als blöd und wie eingefroren herumzustehen und zu glotzen.

Sein Grinsen verwandelte sich nun in ein Lächeln und ich meine, der Ausdruck in seinen Augen wurde ungeahnt ein wenig sanfter.

Dann näherten sich seine Lippen meinem Ohr und er flüsterte: "Willst du jetzt einen richtigen Kuss, Naruto?"

Mein Herz setzte beinah aus bei diesen Worten. In meinem Magen breitete sich ein Gefühl aus, als würde ich Achterbahn fahren.

Wenn das ein Traum war, dann wollte ich um Himmels willen nicht aufwachen!

Meine Antwort war ein Schlucken.

"Dann schließ die Augen."

Und ich tat, was er sagte.

Gleichzeitig war ich bereit und darauf gefasst, dass es nicht mehr, als ein blöder Scherz sein konnte und gleich die gesamte, versammelte Truppe vor mir stehen und mich auslachen würde.

Dass ich dann der Depp wäre. Und davor fürchtete ich mich zugegeben auch ein Stück weit. Aber dennoch konnte ich mir diese einmalige Chance einfach nicht entgehen lassen.

Und dann, während ich völlig in meinen Gedanken versunken war, legten sich plötzlich zwei warme, feuchte Lippen auf meine.

Mein Herz explodierte - er küsste mich. Wahrhaftig.

Seine Zunge leckte zuerst sanft, beinah vorsichtig über meinen Mund. Anscheind war Sasuke mehr der schüchterne Typ. Ganz entgegen dem, was ich erwartet hatte. Aber das war völlig irrelevant.

Das, was er da tat, war trotzdem verdammt gut und an einem leidenschaftlichen Kuss könnten wir später noch genug üben, wenn wir bei mir Zuhause waren.

Bei mir Zuhause.

Bei mir Zuhause!

Heute Nacht würde ich mein erstes Mal mit ihm haben. Mit einem süßen, schüchternen Sasuke, den ich schützend in meinen Armen halten und mit Samthandschuhen anfassen musste. Fast wie ein kleines Kätzchen. Bei diesem Vergleich musste ich schmunzeln.

Gierig fuhren meine Finger sein Gesicht entlang, strichen schließlich durch sein weiches, langes Haar - Moment mal.

Sasuke hat überhaupt kein langes Haar. Ich stutzte.

Verdutzt riss ich die Augen auf und unmittelbar danach tauchte Hinatas errötetes Gesicht vor mir auf. Vor Schreck glaubte ich einen Kollaps zu erleiden.

Mein Blick schweifte umher, durchforstete die Umgebung und dann sah ich endlich wieder Sasuke, der mich doch eigentlich gerade küssen sollte! Doch stattdessen stand er einige Meter von uns entfernt, wieder grinsend und beobachtete uns amüsiert.

Auf meiner Stirn bildeten sich Zornesfalten. Noch vor wenigen Sekunden hätte ich beinahe seinen Namen in den Kuss gestöhnt.

Dieser elende Bastard.

Ich drückte Hinata von mir.

"Naruto...", murmelte sie leise und strich mir über die Brust.

"Lass das", meinte ich nur.

Ich war wirklich wütend und vor allem enttäuscht.

Eher zufällig bemerkte ich, wie sie beschämt zu Boden sah.

"T-tut mir leid", stammelte sie, "ich dachte, dir würde das auch gefallen."

Dann stürmte sie schluchzend davon und Sasuke kam wütend auf mich zugestampft.

Dabei war eigentlich ich derjenige, der einen Grund hatte, wütend zu sein.

"Hey, was sollte das?", schrie er mir ins Gesicht und packte mich am Kragen.

"Das könnte ich dich genauso fragen", war meine schroffe Antwort darauf.

"Du hast sie verletzt, merkst du das nicht?"

Das mochte sein. Aber du hast mich genauso verletzt, Sasuke. Und das jetzt schon zum wiederholten Mal.

In diesem Moment hoffte ich von ganzem Herzen, nur ein enziges Mal tröstend und schützend von ihm umarmt zu werden. Gleichzeitig verspürte ich jedoch auch das dringende Bedürfnis, ihm einfach nur eine runterzuhauen. Für all das, was er mir gab und was er mir eben nicht gab.

Aber ich tat nichts dergleichen.

"Dann geh' doch und tröste sie", spottete ich.

Mit großen Augen sah er mich an.

"Red' keinen Müll! Weißt du was, du kotzt mich an, Naruto! Ich wollte dir einen Gefallen tun oder meinst du, ich hätte deine eifersüchtigen Blicke nicht bemerkt, als ich sie geküsst habe? Und anfangs sahst du auch noch so aus, als würde es dir gefallen!"

Er rüttelte an mir, was sonst eigentlich nicht seine Art war.

"Vergiss doch endlich Sakura!", fügte er hinten an.

Obwohl ich kurz davor stand zu explodieren, musste ich bei diesen Worten unweigerlich schmunzeln. Seit wann war Sasuke so unglaublich naiv?

Er war blind für meine Gefühle.

Weil es ihn nicht interessierte.

"Lass uns bitte gehen", murmelte ich mit geneigtem Kopf.

Sein Griff löste sich.

"Ich versteh' dich nicht."

Ich dich auch nicht.

Noch einmal sah ich zu ihm auf, mit leicht geöffneten Augen, beinah flehend, er würde es endlich einsehen, endlich begreifen.

Aber er wandt den Blick ab. Er sah es nicht.

Resigniert schloss ich wieder die Augen, kniff sie zusammen, versuchte stark zu bleiben.

Ich lebte in einer Traumwelt.

In der Realität würde ich niemals mit ihm zusammen sein. Ihn niemals berühren, niemals küssen, niemals mehr für ihn sein, als ein zweiter Bruder.

Tief sog ich die Luft in meine Lungen. Er wartete.

Vage erinnerte ich mich an unsere Nacht vor einer Woche.

Mir blieb nur noch meine Hoffung. Ich wollte doch nicht aufgeben. Das tat ich niemals und ich würde jetzt nicht damit anfangen. Dafür war er mir zu wichtig. Das hatte ich damals gedacht. Und ich dachte es wieder.

Vielleicht war es falsch, aber ich konnte nicht anders, als zu kämpfen.

Jeder andere hätte vermutlich eingesehen und akzeptiert wie aussichtslos diese Lage mit Sasuke war.

Aber ich war nunmal nicht wie jeder andere.

Ich hatte meine eigenen Vorstellungen und Träume.

Und die ließ ich mir nicht so einfach nehmen.

Weil sie alles waren, was ich hatte.

Genauso wie er.

Ohne, dass wir uns verabschiedeten, nahmen wir unsere Jacken von der Garderobe und verließen stillschweigend das Haus.

Neben mir seine Schritte, die kalte Abendluft in meinem Gesicht.

"Ich verstehe dich wirklich nicht."

Ein müdes Lächeln schlich sich auf meine Lippen.

"Das musst du auch gar nicht, Sasuke."

Meine Augen huschten in seine Richtung, erkannten seinen starren Blick auf mir, richteten sich wieder geradeaus auf die Straße.

Kein Wort davon, dass er mich verstehen wollte.

Stattdessen ein: "Wir nehmen die Abkürzung."

Innerlich seufzte ich zwar, aber jeglicher Widerstand oder -spruch war ohnehin sinnlos.

Deshalb folgte ich ihm und vergrub meine Hände tief in den Jackentaschen, den Blick nun Richtung Boden gewandt.

Das Licht wurde immer schwächer, während wir tiefer in die Gassen eintauchten.

Dann hörte ich plötzlich Stimmen, Schritte, und sah auf.

Als wir die vier großen Gestalten um die Ecke biegen sahen, blieben Sasuke und ich gleichzeitig und augenblicklich stehen.

Mein Puls ging schneller. Die Typen schwankten leicht - betrunken.

Sie wurden auf uns aufmerksam und blieben ebenfalls stehen.

Es war so eine verdammte Scheißidee gewesen diesen Weg zu nehmen. Aber nun war es ohnehin zu spät, sich zu beschweren, wir steckten bereits tief im Schlamassel.

"Hey, guck' dia die schwei da mah ann", lallte der eine korpulente Mann und wies in unsere Richtung.

"Ich hasse halbe Portionen wie die da", meinte der Größte von ihnen schroff, beinah angewidert und klang dabei noch relativ nüchtern.

Ich sah wie sie ganz langsam näher kamen, automatisch schweiften meine Augen zu Sasuke, der noch immer ungerührt und völlig ruhig dastand.

Bei mir brach der Schweiß aus. Ich war nervös. Ich wollte weglaufen, konnte mich aber nicht regen.

Also starrte ich.

"Übsch sinnd sche ja", lachte der Korpulente nun.

"Nicht mehr, wenn wir mit denen fertig sind."

Der Große schlug sich mit voller Wucht in die eigene Handfläche.

"Sasuke...", flüsterte ich und sah zu ihm. Nur kurz, dann fixierte ich wieder unsere potenziellen Angreifer.

"Müsstet ihr nicht längst Zuhause bei Mama sein, Jungs?"

Eine dreckige Lache hallte durch die Gasse. Die anderen stimmten ein.

Ich hörte wie eine Flasche am Boden zerschellte.

Sie waren nur noch wenige Meter entfernt. Instinktiv machte ich einen Schritt zurück. Dann war ich wieder wie gelähmt. Ich spürte, wie mir der Angstschweiß das Gesicht hinunterlief.

Sasuke dagegen immer noch gelassen.

"Hey, ihr Penner. Ihr steht mir im Weg", ertönte nun Sasukes arrogante Stimme in der Dunkelheit.

Ich fuhr in mir zusammen, meine Augen machten sein bekanntes, süffisantes Lächeln, sowie seinen nicht minder arroganten Blick aus.

War er jetzt komplett wahnsinnig geworden? Wenn er sich nicht ungeahnt als der zweite Bruce Lee entpuppte, dann hatten wir nicht mal im Ansatz eine Chance gegen diese vier bulligen Kerle.

Überrascht hielten die Typen inne.

"WIE WAR DAS, DU ARSCHLOCH?!", schrie der Nüchterne impulsiv und völlig außer sich.

"Hörst du schlecht?", entgegnete mein leichtsinniger Freund.

Sasuke! Weißt du, was du tust?

"DIR MUSS MAN WOHL MAL DEIN ARROGANTES MAUL POLIEREN, WIE?!", brüllte er in die Nacht und damit stürmte er auf uns zu, dicht gefolgt von den anderen.

Hier würde ich also sterben.

Jenseits der Realität

Ich machte mich bereit, ihn und mich zu verteidigen. Wenn es sein musste, mit allen Mitteln, die mir in dieser gottverlassenen Gegend zur Verfügung standen. Ich würde alles tun, um ihn zu schützen, auch wenn es von vornherein aussichtslos und allein die Annahme, etwas gegen diese bulligen Kerle ausrichten zu können, töricht war.

Näher und näher kamen ihre verzerrten Gesichter. Ihre Augen blitzten in der Dunkelheit auf.

Das Einzige, was ich noch hörte, war mein unregelmäßiger, lauter Herzschlag.

Das Geschehen lief für mich wie in Zeitlupe ab.

Aus dem Augenwinkel erkannte ich jedoch, wie Sasuke etwas aus seiner Tasche zog und eilig aufklappte - eine Klinge glänzte. Was zum Teufel wollte er denn jetzt noch mit diesem Zahnstocher?!

Doch plötzlich holte er weit aus und das Messer zischte durch die Luft.

Unsere Angreifer hielten verdutzt inne, obwohl es direkt an ihnen vorbei ging - ein Ablenkungsmanöver?

Meine Augen klebten wie gebannt auf den Gestalten vor uns.

Ehe ich es wirklich realisieren konnte, hatte Sasuke mich bereits an der Hand gepackt und mit sich gerissen.

"Lauf!", schrie er mir heiser entgegen und ich versuchte völlig verwirrt meine Beine unter Kontrolle zu bringen. Ich holperte ihm nur hinterher - ein Klotz am Bein. Das Ganze war einfach zu viel für mich und meine Körperbeherrschung.

Doch ich wurde unweigerlich daran erinnert, um was es hier ging, als ich sie hinter uns laut und ärgerlich aufbrüllen hörte und zwang mich deshalb mit aller Kraft eigenständig zu laufen.

Wir stürmten durch einige Gassen - vollkommen ziellos. Einfach nur weg!

Mein Kopf pochte.

Ich sah Sasukes Haare flattern. Hinter uns verstummten die Männer allmählich.

Mein Puls raste unaufhörlich.

Wieder bogen wir in eine Gasse - es musste bereits die fünfte oder sechste sein - dieses Mal blieb Sasuke jedoch abrupt stehen und rang augenblicklich und erschöpft nach Luft.

Mit dem Rücken gegen die Mauer gelehnt, ließ er sich schließlich niedersinken und zog mich mit herunter.

Wir saßen nebeneinander.

Er umfasste noch immer meine Hand.

"Das war knapp", keuchte er - aber grinsend.

Schnaufend legte ich meinen Kopf in den Nacken und schloss die Augen.

Er ließ nicht los.

Da waren wir nochmal mit einem blauen Auge davon gekommen.

Seine Haut war schwitzig.

"Hast du Angst, Sasuke? Oder warum hältst du meine Hand auch jetzt noch so fest umklammert? Wir sind doch längst außer Gefahr."

Sofort ließ er sie los.

Sein Atem hallte in meinen Ohren wider.

"Ich hatte Angst", gab ich offen zu.

Für mich war es weder ein Geheimnis, noch ein Anzeichen von Schwäche.

"Du bist ja auch ein Angsthase", lachte er und ich musste schmunzeln.

Vielleicht war ich tatsächlich ein Angsthase, aber einer von der Sorte, die Sasuke mit seinem Leben beschützen würde.

Erst jetzt, nachdem mein Herzschlag langsam zur Ruhe kam, stellte ich fest, was ich doch für ein Idiot war. Er hatte meine Hand gehalten und ich Depp musste ihn darauf natürlich mit absolut unüberlegten Worten hinweisen. Vermutlich dachte er nun, es würde mir nicht gefallen.

Andererseits geschah ihm eine Abfuhr ganz recht. Sollte auch er mal ein wenig im Dunkeln herumtappen.

"Lass' uns gehen, Naruto. Ich bin total erledigt", meinte er, während er sich aufrappelte und ich tat es ihm gleich. Sasuke schwankte plötzlich. Gerade noch rechtzeitig hielt ich ihn fest.

"Hoppla", schmunzelte ich. Meine Hände umfassten fest seinen schwer atmenden Brustkorb.

"Lass' los, Usuratonkachi", keuchte er.

Ich legte eine Hand an seine Stirn. Sie war kochend heiß und total verschwitzt.

"Du hast keinen besonders strapazierfähigen Kreislauf, Sasuke. Tanzen kannst du stundenlang, aber wenn's mal um die Wurst geht, kippste einfach weg. Wäre ich nicht gewesen, dann-"

Er fing plötzlich an zu lachen - heiser.

Ich musste ebenfalls schmunzeln, während ich ihn noch immer an mich presste und meinen Rücken gegen die dreckige Wand lehnte. Was für ein Abend.

"Soll' ich dich tragen?", flüsterte ich ihm ins Ohr und hätte es beinah geküsst.

"Du tust so, als wäre ich halbtot."

"Ich will ja jetzt nicht sagen, dass du gerade verdammt danach aussiehst, aber doch, irgendwie schon", grinste ich.

Es folgte eine kurze Pause.

"Was meinst du, versuchen wir mit unserem Verhalten zu verstecken, Naruto?"

Augenblicklich lief ich rot an.

"Ich kann dir nicht folgen", erwiderte ich.

"Wir sind gerade um Haaresbreite vier besoffenen, mordlustigen Kerlen entkommen und wir lachen darüber."

Ein erleichtertes Seufzen entfloh meinem Mund.

"Achso, vielleicht versuchen wir damit unsere Angst zu überspielen?"

Er wandt den Kopf zur Seite, seine Augen blickten in meine.

"Du lachst oft, Naruto", stellte er fest.

Mein Herzschlag ging wieder schneller. Unser Gespräch nahm ungeahnte Formen an.

"Das hat doch damit nichts zu tun", lachte ich.

Er sah zu Boden.

"Wie kannst du von mir erwarten, dass ich mit dir über meine Probleme spreche, wenn du mich doch selbst belügst?"

Seine Stimme war kaum mehr, als ein Flüstern. Meine Augen weiteten sich bei diesen Worten. Was geht nur in dir vor? Ich dachte, ich würde dich nicht interessieren.

"Sasuke...", murmelte ich.

"Hör endlich auf damit! Warum belügt ihr mich immer alle?"

Er neigte den Kopf - ich konnte sein Gesicht nicht erkennen.

Ich umarmte ihn nun mehr, als dass ich ihn hielt.

Was war hier nur los?

Ich wollte fragen, wen er mit "alle" meint, aber das war sowieso zwecklos.

Sein Körper zitterte in meinen Armen.

Dunkelheit umgab uns. Ich hörte Schritte näher kommen.

Meine Augen erkundeten wachsam die Umgebung. Wir befanden uns in einem Nebengang. Ein paar Meter neben uns verlief die Hauptgasse. Dort brannte an der Wand schwach ein kleines Lämpchen - genauso schmutzig, wie der Boden zu unseren Füßen. Wir befanden uns mitten im Bezirk "Konoha-Ost".

Dann sah ich Schatten - vier an der Zahl.

Augenblicklich presste ich Sasuke näher an mich, drückte meine Hand an seinen Bauch, um ihn gerade und flach wie ein Brett zu machen.

"Was zum-", kam von ihm, dann hatte ich seinen Mund auch schon mit meiner anderen Hand verschlossen.

"Pssscht", machte ich noch.

"So eine Scheiße! Die Blagen sind weg!", grummelte der Eine und ich spürte, wie Sasuke sich verkrampfte. Wir mussten jetzt Ruhe bewahren.

"Wia hätten scho viel Schpaz mit ihnen habn könne."

"Ich hätt 'se dem Erdboden gleisch gemacht!", rief eine unbekannte Stimme unter ihnen - ebenfalls betrunken.

"Aba davoa hätt man ja nosch....", brabbelte eindeutig der Korpulente von vorhin.

Sie gingen und torkelten nun genau durch unser Sichtfeld.

Ich wagte es nicht einmal mehr zu atmen.

"Sag bloß, du hättest einen von denen ficken wollen. Bist ja wohl komplett dicht", pampte der Nüchterne.

Daraufhin lachte der Angesprochene auf eine Weise, die mir durch Mark und Bein fuhr.

So widerlich, so krächzend, so finster, so furchteinflößend.

"Man nimmt, wasch ma kriegen kaa...Und dea Blonde erinnat misch an de Tänscherin von letzensch!"

Mir wurde ganz übel.

Mein Herz sprang mir vor Aufregung, Ekel und Angst beinah aus der Brust raus. Fast instinktiv drückte ich Sasuke noch näher an mich.

Ich wollte nicht daran denken, was geschehen wäre, wenn er nicht sein Messer geworfen hätte.

"Tja, mussu wohl wieda für Sex bezahlen gehn'! Kriegst ja doch kene mehr ab!", lachte ein anderer.

Sie stritten. Ich sah nur wieder ihre Schatten, die sich dieses Mal langsam entfernten.

Das war alles so unwirklich. Und doch bittere Realität.

Noch Minuten, nachdem wir keinen Laut mehr vernahmen, standen wir so da und wagten es nicht, uns zu regen. Dann ließ ich ihn abrupt los.

Ich hatte plötzlich keine Kraft mehr. Mein Körper war wie ausgelaugt.

Schwer atmend stand ich einfach nur stumm da, gegen die Mauer gelehnt, den Kopf geneigt, völlig am Ende.

Viel zu lange war es ganz still.

"Naruto...Bitte hör auf zu weinen."

Seine Hand war an meiner Schulter.

Dann nahm er mich plötzlich in den Arm. Erst stand ich nur weiter reglos da, dann, wie aus dem Nichts, umfasste ich ruckartig seinen Oberkörper, drückte mich fest an ihn und hätte am liebsten laut geschrien.

Er musste mich trösten.

Dabei wollte doch ich der Starke sein.

Jetzt war ich nichts weiter, als ein ängstlicher, verletzlicher und eingeschüchterter junger Mann. Nicht mehr und nicht weniger.

Und das, obwohl nicht einmal etwas passiert war.

"Es ist alles gut. Die tun dir nichts mehr, Naruto."

Er strich mir beruhigend über den Rücken, doch nach einiger Zeit löste er sich wieder und lächelte mir zu. Er war da. Ich war nicht allein. Er würde bei mir bleiben.

Ich legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und spürte, wie meine Tränen trockneten.

Dann lächelte auch ich wieder.

"Sowas ist mir noch nie passiert. Dass ich mich so gehen lasse, meine ich."

Seine Hand ruhte erneut auf meiner Schulter.

"Lass' uns jetzt bitte von hier verschwinden. Ich halt das langsam nicht mehr aus."

Erst jetzt fiel mir auf, dass seine Hand leicht zitterte.

Er hatte genauso Angst, wie ich.

Etwas orientierungslos schlichen wir durch die düsteren Gassen. Nun war es auch an Sasuke, bei jedem Geräusch zu erschrecken.

Wir blieben dicht zusammen.

Es war Vollmond und der Himmel wolkenlos. Eigentlich eine wundervolle, romantische Nacht.

Und in dieser Nacht wäre es beinah um uns geschehen.

Für mich war das Geschehene noch immer so unbegreiflich, absolut irreal.

"Du bleibst doch heute Nacht, oder?", flüsterte ich.

Es ging mir einfach nur darum, nicht allein zu sein. Mehr wollte ich nicht.

Er zögerte einen Moment und ich bekam es wieder mit der Angst zu tun. Das konnte er mir nicht an tun. Er musste jetzt bei mir bleiben.

"Sicher", erwiderte er - die ersehnte Zustimmung.

Dann war es wieder still zwischen uns.

Schließlich kamen wir unversehrt bei mir Zuhause an und zogen Schuhe und Jacke aus. Er kramte in seiner Tasche herum, holte ein frisches T-Shirt heraus, dann verschwanden wir beide im Badezimmer.

Ich zog mich bis auf meine Shorts aus.

Auch er entledigte sich seiner Klamotten - ich achtete nicht weiter darauf.

Aus dem Schrank nahm ich eine zweite Zahnbürste für ihn.

Ich wusch mir das Gesicht, betrachtete mich im Spiegel und hörte in meinem Kopf diese grässliche Lache widerhallen. Ein Schauer durchzog meinen Körper.

Als ich aus dem Bad schlurfen wollte, packte mich Sasuke am Handgelenk.

"Denk' nicht mehr darüber nach", riet er mir und ließ mich sogleich wieder los.

Nur eine winzige Geste, aber sie bewegte mich dazu, zu lächeln. Weil ich ihn liebe.

In meinem Schlafzimmer angekommen, ließ ich mich sogleich aufs Bett fallen und kuschelte mich in meine Decken.

Abschalten - abschalten - abschalten.

Vielleicht würde sich Sasuke neben mich legen, wenn ich ihm kein alternatives Bettzeug gab.

Ich schmunzelte und versuchte an ihn zu denken. An sein schönes Gesicht, das er in meiner Gegenwart meist verzog, wenn ich ihn nervte. Sein Lachen, das noch immer viel zu selten war.

Die Vergangenheit wollte ich hinter mir lassen. Es war ja sowieso nichts passiert - nicht der Rede wert.

Also schloss ich die Augen und driftete ins Reich der Träume ab.

Kurz darauf öffnete ich die Augen wieder - geweckt von ein paar rumpelnden Geräuschen - und sah plötzlich Sasuke vor mir.

Ich blinzelte. Er war so wunderschön.

Und er saß auf mir, die Hände auf meiner Brust abgelegt.

"Du brauchst Ablenkung, Naruto", hauchte er mir verführerisch zu, ließ mich dabei seinen heißen Atem über meine Haut streichen spüren.

"Dann gib dir mal Mühe", grinste ich und wie auf Befehl begann er meinen Hals entlang zu lecken.

Aufstöhnend griff ich in sein pechschwarzes Haar, als er mich ungeahnt an meinen empfindlichen Stellen berührte.

"Du gehst ja ganz schön ran...Ich will das genießen", meinte ich, um das Ganze ein wenig abzubremsen und drückte ihn, als er mich daraufhin völlig unverständlich und gelangweilt anblickte, schließlich doch hinunter.
 

"Hahhh..."

"Ahhhh....."

Meine Mundwinkel zuckten. So konnte ich mich nun wirklich nicht konzentrieren. Nicht bei dieser grässlichen Geräuschkulisse!

"Uhhh...."

"Usuratonkachi", grummelte ich und hob meinen Blick von meinem Lehrbuch. Der Kerl war echt unverbesserlich.

Anscheinend hatte er schon wieder vergessen, wie schlecht es ihm noch bis vor einer Stunde ging. Jetzt lag er da und lebte seine Perversionen in Träumen aus.

Ich beobachtete ihn. Dabei wollte ich eigentlich alles Wichtige für seine Nachhilfestunden wiederholen, die wir nun Morgen endlich einmal beginnen wollten.

Im Schlaf griff er plötzlich mit den Händen nach irgendetwas. Dazu knetende Handbewegungen. Dann grinste er und begann zu nuscheln.

Normalerweise müsste man jemanden mit einem solchen Verhalten aufziehen. Jedem anderen wäre das auch peinlich. Nur Naruto nicht. Er würde wahrscheinlich noch darüber lachen und sich für den Größten halten.

Ich musste schmunzeln.

Aber einen Versuch war es auf jeden Fall wert.

Schließlich gab es nichts Peinlicheres, als im Schlaf zusammenhanglosen und besonders privaten Unsinn von sich zu geben.

Also legte ich das Buch beiseite, erhob mich leise von dem Sessel, der neben dem Sofa in Richtung Fernseher stand und schlich auf Zehenspitzen über die knarrenden Dielen.

Ich kniete mich neben ihn aufs Bett und horchte.

"...uhm..ma....ne...."

Noch immer verstand ich kein einziges Wort.

Seine Arme und Beine bewegten sich, während seinem Mund wieder ein Stöhnen entfloh.

"Usuratonkachi", wiederholte ich.

Von wem träumst du da?

Ich wollte es wissen. Jetzt sofort.

Also nahm ich all meinen Mut zusammen und auch, wenn es mir zuwider war, beugte ich mich zu ihm herab und wandt ihm mein Ohr zu.

Lediglich seinen unregelmäßigen Atem konnte ich deutlich hören, beinah spüren, weil ich ihm so nah war. Viel zu nah. Aber er sagte nichts. Ich verzog beleidigt das Gesicht.

Und gerade, als ich mich wieder erheben wollte, griff er erneut ruckartig in das Nichts hinein - doch dieses Mal erwischte er nicht bloße Luft, sondern mich.

Ich hatte absolut keine Chance zu reagieren. Und so lag ich nun mit dem Gesicht seitwärts auf seine Brust gepresst, während mich seine Arme wie ein Schraubstock umschlossen.

Dieser elende Idiot. Das hier ging mir entschieden zu weit.

Deshalb versuchte ich mich loszureißen, doch je mehr ich mich wehrte, desto fester wurde sein Griff.

"Naruto", grummelte ich ihm entgegen und war kurz davor ihn aufzuwecken.

Doch dann war ich plötzlich ganz still, als das erste Mal wieder ein paar abgehackte Worte seine Lippen verließen: "Lie...di..."

Dabei umspielte ein sanftes, ja beinah warmes Lächeln seine Mundwinkel.

Hatte er das gesagt, was ich glaubte?

Wenn ja, dann freute ich mich für ihn. Dafür, dass er diese Worte selbst im Schlaf aussprechen konnte. Auch wenn ich wissen wollte, wem es galt.

Naruto war so einsam. Er brauchte dringend Zärtlichkeit.

Ich freute mich für ihn.

Und für das Mädchen.

Ja, ich freute mich für ihn. Aus tiefstem Herzen. Deshalb lächelte ich.

Ich freute mich.

Meine Augen wurden allmählich schwerer und ich selbst immer ruhiger. Ich hörte seinen Herzschlag. Spürte seinen Atem, sobald sich seine Brust hob und senkte. Seine Hände, die mich festhielten.

Auf eine banale Art und Weise fühlte ich mich sicher.

Und im selben Zug fühlte ich mich beobachtet. Als würde jemand über mir thronen, der alles verfolgte, alles wertete und über alles richtete.

Es gab keine Geborgenheit, kein schönes, behütetes Gefühl in diesem Moment, nur einen Zustand, eine Ahnung und weise Voraussicht.

Mein Magen verkrampfte sich, als ich Sekunden später einschlief.

Mich überkam dabei ein tiefes, ernstzunehmendes Unwohlsein.

Paranoid

Jemand streichelte mich.

Schlaftrunken schlug ich die Augen auf. Sah erst nichts, dann vage Umrisse und schließlich Narutos lächelndes Gesicht direkt vor mir.

Mir war so unglaublich warm.

Ich wollte hier liegen bleiben und einfach weiterschlafen. Doch er ließ mich nicht.

"Sasuke...", flüsterte er mit leiser Stimme. Sie klang genauso warm, wie ich mich fühlte. Wenn es perfekte Momente gab, dann war das hier einer davon. Das letzte Mal hatte ich mich bei Itachi so behütet gefühlt.

"Sasuke...", wiederholte er.

Sprich meinen Namen nicht so aus.

"Du liegst ja auf mir."

Ich spürte seinen Herzschlag an meiner Brust - er hatte recht. Seine Hand fuhr durch mein Haar.

"Und wir sind beide halbnackt."

Einen bedeutsamen Augenblick hielt er inne, um mir dann ein: "War ich gut?" zuzuhauchen.

Schlagartig riss ich die Augen auf - nun hellwach.

"Woher soll ich das wissen?", schrie ich ihm entgegen, stieß mich mit beiden Händen von seiner Brust ab, saß nun mehr auf ihm und starrte ihn irritiert an.

"Na ja, für mich war die Situation eigentlich eindeutig."

Keuchend brachte er diese Worte hervor. Anscheinend hatte ich ihm die Luft abgedrückt.

Sein Blick war verschleiert. Er guckte mich nur unendlich komisch an, als würde er mich gar nicht richtig wahrnehmen.

Dann spürte ich plötzlich etwas hartes, ja eine Erhebung gegen meinen Unterleib drücken.

Für einen Moment verharrte ich - wie versteinert. Ich konnte es nicht fassen.

Warum musste er nur so ein perverses Arschloch sein?

"Du bist...so abartig", presste ich hervor, während sich mein Blick verfinsterte und ich mich mit einer gekonnten Drehung von ihm herunterschwang.

Indem er lachte, brachte er das Fass endgültig zum Überlaufen.

Mit der linken Hand holte ich deshalb weit aus, ballte sie rechtzeitig zu einer Faust und rammte sie ihm direkt zwischen die Beine. Dann war es an mir, laut zu lachen, als ich sein schmerzverzerrtes Gesicht, sowie seinen Körper, der sich augenblicklich krümmte, sah.

"B-Bastard! Das ist nicht fair!"

Gähnend setzte ich mich auf die Bettkante und strich mir die Haare aus dem Gesicht. Sein Gemotze irgnorierte ich weitgehend.

"Selber Bastard", murmelte ich nebenbei. Mit den Füßen strich ich über den Holzboden, spürte die Rillen und Kerben an meiner Haut und kam seufzend zur Ruhe.

Naruto tobte währenddessen lauthals vor sich hin.

"Was kann ich denn dafür? Hey, mal im Ernst! Ich wache auf und da liegt jemand auf mir! Du hast dich ganz schön nah an mich gepresst, Sasuke! Ist dir das bewusst? Ist doch normal, dass mein Körper darauf reagiert!"

Über die Schulter sah ich zu ihm, genau in sein schmollendes Gesicht.

"Mal im Ernst - du bist abartig", betonte ich. Innerlich musste ich jedoch lachen. Irgendwie nahm ich ihm sein krankes Verhalten gar nicht mehr so übel. Es galt ja nicht mir speziell - das war einfach Naruto. Faul, verfressen, abgedreht und total pervers.

In diesem Moment musste ich daran denken, wie er damals in der 9. Klasse auf unserer Klassenfahrt versucht hatte, den Mädchen beim Baden hinterherzuspionieren. Er war nochmal mit vielen grünen und blauen Flecken davongekommen.

Ich schmunzelte.

Und doch wüsste ich zu gerne von wem er so intensiv geträumt hatte, dass er selbst auf mich derart stark reagierte. Diese Frage beschäftigte mich.

Auf einmal erschauderte ich, schrie beinah auf, als mich ein Finger - er konnte nur Naruto gehören - genau an der Stelle hinter meinem Ohr berührte, wo ich hyperempfindlich war.

"Buh!", machte er noch.

"Spinnst du?!", schrie ich und schlug seine Hand mit voller Wucht beiseite.

Naruto fiel mit dem Rücken zurück aufs Bett und schien sich köstlich zu amüsieren. Ja, das hatte ich vergessen: Er war unglaublich schadenfroh. Und eine Nervensäge!

Ich könnte ihn den ganzen Tag lang charakterisieren. Mir würden immer wieder neue, treffende Beschreibungen einfallen.

Aber ein Wort brachte alles zusammen auf den Punkt. Und deshalb war es auch sein Spitzname.

"Usuratonkachi!"

Mit diesem Wort stürzte ich mich auf ihn. Wir alberten und rangelten eine ganze Weile herum, bis wir vor Erschöpfung wieder nebeneinander liegen blieben.

Mein Puls ging schneller. Dann hustete ich laut auf.

"Ist dir nicht gut?"

Ich hörte seinen Atem in meinen Ohren widerhallen - lauter als gewöhnlich.

"Doch, eigentlich schon."

Wir sahen uns an.

"Und uneigentlich?", grinste er.

Ich öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch er ließ mich nicht zu Wort kommen: "Ach, sag nichts. Ich mach' dir einen Kräutertee! Das Zeug haut so rein, da geht's dir bereits nach fünf Minuten besser."

Verwundert sah ich ihn an.

"Ich dachte, du hast nur Cola und Wasser im Haus?"

"An Getränken, ja! Tee ist für mich nichts weiter, als ekelhafte Medizin."

War ja eigentlich klar.

Naruto hatte sich inzwischen aufgerichtet und ich wollte es ihm gleich tun, um ihm bei der Zubereitung zu helfen, doch er drückte mich wieder zurück aufs Bett.

"Du bleibst hier", lächelte er.

Dann ließ er meine Schultern los und verschwand für einige Minuten aus meinem Sichtfeld. Kurz schweiften meine Augen durch Narutos Zimmer. Doch hier gab es nicht viel zu sehen. Nur kahle Wände, ein umgedrehtes Foto seiner Eltern, ein paar Lampen, eine Couch mit dazugehörigem Sessel direkt vor dem Fernseher platziert und wenige Bücher, die schon einstaubten.

Ich zog die Beine an meinen Körper heran, umfasste meine Knie mit den Armen und lehnte meinen Kopf dagegen. Erst jetzt spürte ich meinen Herzschlag deutlich in meinem Schädel umherpochen.

Das war alles die Schuld von diesen verdammten Pennern! Wären sie nicht gewesen, hätte ich meinen Körper nicht so dermaßen beanspruchen müssen und dann müsste ich mich jetzt nicht derart von Naruto bemuttern lassen. Obwohl ich das ja eigentlich gar nicht musste.

Es stand mir frei jeder Zeit aufzustehen und nach Hause zu gehen.

Nach Hause...

Schlagartig riss ich die Augen auf. Wann wollten meine Eltern noch gleich Zuhause sein? Panisch wühlte ich in meinen Erinnerungen herum. Meine Mutter sagte, sie wollten abends wieder da sein. Nicht morgens oder nachmittags?

Nein, ganz sicher abends.

Ein erleichtertes Seufzen verließ meine Kehle. Dann bemerkte ich eine leichte Erschütterung neben mir, die mich meinen Gedanken entriss und sah auf.

Naruto hielt mir eine dampfende Tasse entgegen.

"Danke", murmelte ich und umfasste den Griff, begann an dem bräunlichen Wasser zu pusten. Es roch definitiv nach Kräutern. Der Duft von Eukalyptus und Salbei stieg mir in die Nase.

Mein blonder Freund rutschte neben mich und wartete anscheinend gebannt darauf, dass ich endlich probierte. Zumindest starrte er unentwegt zwischen meinem Gesicht und der Tasse Tee hin und her.

Ich erkannte seine Bewegungen nur aus dem Augenwinkel.

"Kannst du mal still sitzen und deine Augen auf einem Fleck lassen? Mir wird ganz schwindelig davon."

Er gehorchte sofort und blickte mich provokant an. Die ganze Zeit in mein Gesicht.

"Hör' auf mich so anzustarren!", fuhr ich ihn kurz darauf wieder an und hätte beinah das Wasser verschüttet.

"Du bist gereizt", stellte er nüchtern fest.

"Ist in deiner Gegenwart schon fast zum Normalzustand geworden."

Eigentlich wollte ich ihn gar nicht so blöd anmachen. Aber er lachte. Und das machte mir nur noch mehr zu schaffen.

"Mag sein, aber jetzt ist es anders. Du bist "krank gereizt", verstehst du?"

"Denke schon", erwiderte ich nur, damit er endlich diese blöde Fragerei sein ließ und schloss die Augen, während ich meinen Rücken gegen die Wand lehnte und meine Beine wieder lang streckte.

Sogleich legte Naruto die Decke bis zur Hüfte über mich.

"Du brauchst mich nicht so zu bemuttern."

Ich spürte, wie seine Hand noch über der Decke, aber auf meinem Schoß ruhte. Er sollte das alles hier lassen. Schließlich war ich kein kleines Kind mehr.

"Ich mach' das aber gern."

Meine Augen huschten in seine Richtung - er lächelte schon wieder sanft.

"Ah", machte ich und nippte an meinem Tee. Da er wirklich ziemlich scheußlich schmeckte, verzog ich etwas angewidert das Gesicht.

"Ich sag doch, dass das Medizin ist."

"Schmeckt jedenfalls so", stimmte ich zu.

"Eben!"

Dann war es erstmal still zwischen uns. Ich trank meinen Tee, während Naruto die Arme vor der Brust verschränkte und nachdenklich die Zimmerdecke betrachtete.

"Hast du Lust dich zu unterhalten?", fragte er plötzlich, wie aus dem Nichts.

"Haben wir doch die ganze Zeit."

Mein Kopf fühlte sich allmählich so schwer wie eine Bleikugel an. Hoffentlich würde ich nicht krank werden. So oder so müsste ich zur Schule und zum Training gehen. Das fiel bei Weitem leichter, wenn es einem gut ging.

Also bloß nicht schlapp machen. Ich bin ein Uchiha. Und ein Uchiha wird nicht krank!

"Ich meinte eigentlich über ernstere - nah, Sasuke, alles in Ordnung?"

Mein Kopf war unbewusst zur Seite auf seine Schulter geknallt.

"Alles toll", brabbelte ich und hob überflüssigerweise auch noch meinen Daumen in die Luft.

Selbst Naruto merkte, dass hier etwas nicht stimmt.

"Siehst aber nicht gerade danach aus", murmelte er und schien zu überlegen.

"Soll ich dir ein Bad einlassen?", fragte er nach kurzer Bedenkzeit.

Erst wollte ich zustimmen, doch dann wurde ich stutzig.

"Damit du wieder durchs Schlüsselloch spannern kannst? Danke, aber nein danke!", grummelte ich schließlich entschlossen.

"Du stellst dich an", prustete er und wuschelte mir durchs Haar - ich hasse diese Geste.

"Dabei hab' ich doch 'Vanilla-Zauber' hier!"

Überrascht zog ich eine Augenbraue hoch.

"Das ändert natürlich alles", scherzte ich.

Einen Moment hielt er inne.

"Echt jetzt?"

Ich verdrehte unbemerkt die Augen.

"War'n Witz."

Der Typ war echt mehr als schwer von Begriff. Noch eine Eigenschaft, die ihn auszeichnete.

Dann sprang er plötzlich aus dem Bett und ich wäre beinah zur Seite weggekippt, da mir mit einem Mal seine stützende Schulter entzogen wurde.

"H-Hey! Was machst du?", rief ich ihm verdutzt nach.

"Dir Badewasser einlassen!"

Meine Augen wurden größer.

"Hörst du schlecht?! Ich sagte: NEIN!", schrie ich, doch da fiel die Tür zum Badezimmer schon ins Schloss und ich hörte Wasser laufen.

"USURATONKACHI!"

Keine Antwort.

Auf einmal spürte ich wieder meinen dröhnenden Schädel. Ich presste meine Hand gegen meine Schläfe, versuchte den Schmerz zu unterdrücken, doch es half nichts. Rein gar nichts.

Dann erklang neben dem laufenden Badewasser auch noch Narutos Stimme aus dem Zimmer nebenan - er sang irgendeinen blöden Pop-Song.

Und das hörte sich alles andere, als gut an, verschlimmerte meine Kopfschmerzen letztendlich nur noch weiter und ging mir tierisch auf die Nerven.

"Ich will das nicht hören!", schrie ich aus voller Kehle, um überhaupt gegen den Geräuschpegel anzukommen. In meinem Kopf drehte sich alles.

Von Schwindel ergriffen, erhob ich mich vom Bett und steuerte auf den Flur zu - ich musste dringend hier raus. Die Atmosphäre erdrückte mich.

Ich taumelte leicht, dachte überhaupt nicht darüber nach, dass ich bis auf meine Boxershorts und dieses weite, weiße T-Shirt nichts anhatte.

Doch plötzlich wurde neben mir eine Tür geöffnet, Naruto packte mich am Handgelenk und zog mich zu sich ins Badezimmer.

Mein Atem ging schwer. Wenigstens sang er nicht mehr. Doch das Wasser plätscherte noch immer vor sich hin, schoss viel mehr durch die Luft und schlug wie eine Granate auf.

"Hier ist das Badezimmer", hörte ich Naruto murmeln, vermutlich lachte er, doch seine Worte verschwammen in meinen Ohren.

Meine Augen schweiften nun durch das grelle Zimmer. Überall war Dampf. Es war stickig - total schwül hier drin. Lange würde mein Kreislauf das nicht mehr mitmachen.

Er hielt mich weiter fest und drehte schließlich den Wasserhahn zu.

"Mach' bitte ein Fenster auf", säuselte ich vor mich hin, tastete dabei mit den Händen nach dem Rand der Badewanne und nahm schließlich vorsichtig darauf Platz.

"So besser?"

Eine angenehme Kühle machte sich kurz darauf in dem Zimmer breit. Ich spürte, wie mir wohler zumute wurde und ich die Luft tief in meinen Lungen aufnahm.

Erst jetzt nahm ich den süßlichen Vanille-Duft bewusst wahr - ich hasse Vanille.

"Ich will nicht baden."

Ich musste mich wie ein quängliges Kind anhören.

"Das wird dir aber gut tun", meinte Naruto, während ich allmählich wieder einen klaren Kopf bekam.

"Und ich will trotzdem nicht", protestierte ich entschieden.

"Ich diskutiere nicht mit dir darüber."

Meine Augen verengten sich - ich hasse diesen Satz. Mein Kopf pochte fürchterlich weiter, während sich mein Magen schlagartig zusammenzog.

"Was meinst du eigentlich wer du bist, hä? Wer gibt dir das Recht über mein Leben zu bestimmen? Das kotzt mich sowas von an! Du kotzt mich an! Ich mache, was ich will und- "

Dann brach ich ab. Eine unangenehme Röte stieg mir augenblicklich ins Gesicht, als ich sah, wie überrascht er war. Was tat ich hier eigentlich?

"Bad' einfach. Du bist ja völlig fertig."

Damit fiel die Tür ins Schloss, ein Schlüssel wurde herumgedreht - eingesperrt. Das konnte doch alles nicht wahr sein.

Hinter mir stieg der weiße Dampf aus der randvollen Badewanne heraus. Vorsichtig erhob ich mich von meinem Platz und zog mir das Shirt über den Kopf.

Wie gewohnt legte ich die Hände an den Bund meiner Boxershorts, um sie kurz darauf hinunterzuziehen - doch jetzt hielt ich inne. Misstrauisch schaute ich über die Schulter zur Tür und fokussierte das Schlüsselloch. Vielleicht wurde ich paranoid, aber dennoch steuerte ich geradewegs auf den Ausgang zu und starrte einmal durch das Loch darin.

Als ich am anderen Ende nichts weiter, als eine kahle Wand erkannte, entfernte ich mich wieder beruhigt und bäumte mich nun vor der Badewanne auf, als wäre sie eine Art Herausforderung für mich.

Doch nun, da ich mich sicher fühlte, entledigte ich mich auch meinen Shorts und stieg langsam in die heiße Wanne. Dieser süße Geruch machte mich wahnsinnig.

Trotzdem übte das Wasser, das sich um meinen angespannten Körper schloss, eine überaus beruhigende Wirkung auf mich aus.

Selig schloss ich die Augen und versank bis zur Nasenspitze in der Nässe.

Mir wurde wieder unglaublich warm. Es war angenehm, erholsam und entspannend.

"Sasuke...", flüsterte Narutos gedämpfte Stimme in mein Ohr, während sich seine Arme um meinen Oberkörper schlossen.

Schlagartig riss ich die Augen auf und fuhr geschockt mit dem Kopf herum - da war niemand. Allmählich befürchtete ich, tatsächlich paranoid zu werden.

Ich richtete meinen Blick wieder starr geradeaus und verdrängte die Gedanken, während mein Oberkörper prickelte. Fieberwahn - na toll!

Fieberwahn

Inzwischen war es schon später Nachmittag.

Es war jetzt fast eine Stunde vergangen, seit ich Sasuke im Bad eingeschlossen hatte. Also stand ich nun, endlich angezogen, vor der Tür, drehte den Schlüssel herum und klopfte sogar vorher noch an.

"Bist du fertig?"

Ich wartete einen Moment, doch es folgte keine Antwort.

"Ich will wissen, ob du fertig bist", wiederholte ich, nun etwas lauter.

Wieder dauerte es geschätzte Ewigkeiten, aber dieses Mal kam ein leises "Ja" aus dem stickigen, kleinen Raum. Also drückte ich die Türklinke herunter und trat in den weißen Schleier aus Wasserdampf. Alles duftete nach Vanille. Ich liebe diesen Geruch!

"Bist du das, Naruto?"

Verdutzt sah ich in seine glasigen Augen.

Ich stand direkt vor ihm.

"Ähm, ja. Ich bin's. Warte, zieh' erstmal den hier über", meinte ich und reichte ihm meinen blauen Bademantel, der wie immer ungefaltet auf der Wäschetruhe lag - aber immerhin frisch gewaschen.

Er nickte und schlüpfte hinein, ließ ihn aber noch offen.

Ich starrte wie gebannt auf seinen fast nackten Körper.

Würde er jetzt zuerst das Handtuch abnehmen, das seine Hüften bedeckte und dann erst den Bademantel schließen?

Ich drückte mir selbst die Daumen.

Wie in Zeitlupe legte Sasuke seine Finger an das Handtuch - komm schon, komm schon, komm schon!

Vor Spannung kippte ich beinah aus den Latschen.

Doch dann wandt er mir auch schon den Rücken zu, reichte mir kurz darauf das Handtuch und stand binnen weniger Sekunden zugeschnürt vor mir.

Beleidigt glotzte ich ihn an, nahm das Handtuch entgegen und schmiss es einfach zur Seite, ohne meinen Blick von ihm abzuwenden.

Er sah aus, als hätte er fünf Tage dauergekifft, aber selbst das half nicht! Mir war zum Heulen zumute.

Dann begutachtete ich sein Gesicht jedoch genauer. Einzig und allein sein Blick sah zugedröhnt aus. Ansonsten waren seine Wangen von der Hitze leicht gerötet und sein nasses Haar hing ihm strähnig ins Gesicht.

Eigentlich sah er so ganz süß aus. Ein süßes Arschloch eben! Wenigstens einen einzigen, winzig kleinen Blick zwischen seine Beine hätte er mir schon gönnen können, wo ich mich doch so aufopfernd um ihn kümmere. Beziehungen leben von Geben und Nehmen. Tja, ich gebe und er nimmt - toll.

Bei dem Wort "Beziehung" musste ich laut aufseufzen - schön wär's.

"Komm' mit, du Wrack", murmelte ich, von meinen Gedanken etwas angepisst, packte ihn am Handgelenk und zog ihn einfach hinter mir her.

Kläglich versuchte er mit mir Schritt zu halten, holperte und stolperte aber nur meinen Weg entlang. Aber das war mir gerade echt egal. Ich zog ihn ins Schlafzimmer, hielt vor meinem Schrank an, ließ ihn los und kramte ein paar Klamotten raus.

Meine Augen huschten über das Scherzgeschenk, das ich von Kiba zu meinem 18. Geburtstag bekommen hatte - ein Stringtanga für Männer. Echt wiederlich, sowas würde ich nie anziehen, aber irgendwie konnte ich auch nichts wegschmeißen. Eine Angewohnheit, die man sich wohl nur aneignet, wenn man sowieso nicht viel besitzt.

Plötzlich besserte sich meine Laune wieder.

Vielleicht würde Sasuke darin ja ganz gut aussehen?

Ich schielte zu ihm herüber - er stützte sich mit einer Hand am Schrank ab, sein Atem ging schwer und seine Haare waren fast völlig zerzaust.

Nachdenklich schaute ich wieder auf das weinrote Ding. Na ja, später vielleicht. Momentan war die Gefahr einfach zu groß, dass er einen Kollaps erlitt und tot umfiel.

Also entschied ich mich für die graue Boxershorts, eine schwarze Jogginghose - sowas trägt er ja so gerne - und ein weißes Shirt.

Das gebündelte Paket drückte ich ihm schließlich in die Hand und drehte ihm meinen Rücken zu, um ihm zu signalisieren, dass er sich nun umziehen konnte, während er mühselig in Richtung Bett torkelte.

Nicht hinsehen - nicht hinsehen - nicht hinsehen.

Ich bin nicht pervers. Und auch kein Spanner.

Meine Finger kribbelten. Der Gedanke daran, dass er gerade nackt war, machte mich wahnsinnig.

Und schließlich drehte ich mich doch um. Verflucht seist du, elender Sexualtrieb!

Ich hatte definitiv zu lange mit meinem überflüssigen Gewissen gekämpft, denn Sasuke zog sich gerade das T-Shirt über den Kopf und drehte sich dann zu mir.

Das war nun schon das zweite Mal! Und das an einem einzigen Tag. Das Pech verfolgte mich wie ein geprägtes Küken.

Am Rande eines Nervenzusammenbruchs, steuerte ich erneut auf ihn zu, packte ihn wieder am Handgelenk und zog ihn mit mir.

"Komm' mit!", rief ich.

Sasuke sagte nichts. Er versuchte nur wie zuvor, mit mir Schritt zu halten.

Hatte seine Krankheit denn gar nichts Positives an sich?

Während ich ihn auf den Küchenstuhl drückte, grübelte ich angestrengt nach.

"Kann ich ein Glas Wasser haben?", keuchte Sasuke nun, etwas heiser.

"Ja ja", murmelte ich, ging in Gedanken vertieft zum Wasserhahn, füllte ein Glas und stellte es vor ihn auf den Tisch.

Ich hörte seine Schluckgeräusche.

Und während ich über seine Krankheitssymptome nachdachte und wie man eben diese behandelte, kam mir die Idee.

Übereifrig legte ich eine Hand an seine Stirn - wie erwartet, glühte sie.

Ich räusperte mich.

"Sasuke", begann ich besorgt.

"Wir sollten mal Fieber messen."

Sein glasiger Blick erwiderte meinen durchdringenden.

Dann nickte er.

Mit großen Schritten stürmte ich aus dem Zimmer, wühlte alle Badezimmerschränke nach diesem gottverdammten Thermometer durch und wurde schließlich fündig.

Hämisch grinsend hielt ich den Stab der tausend Freuden in meinen Händen - Zeit für Doktorspielchen.

Jeder weiß, wo man am besten Fieber misst!

Ich ging, nein, ich hüpfte beinah zurück in die Küche und blieb vor Sasuke stehen, der sein Gesicht in eine Hand gestemmt hatte.

Immer noch grinsend hielt ich ihm das Ding vor die Nase und wies demonstrativ mit dem freien Zeigefinger darauf. Er betrachtete es, sah mich dann fragend an.

"Ja, dann mal runter mit der Hose, was?", lachte ich.

Totenstille. Anscheinend klang ich nicht besonders überzeugend.

Die Zustimmung blieb aus. Stattdessen erntete ich den altbekannten Todesblick. Den hatte er also selbst in diesem Zustand noch astrein drauf.

"Du kannst mich mal", folgte nach kurzer Stille. Dann riss er mir das Thermometer aus der Hand und klemmte es sich unter den Arm.

Verärgert zog ich einen Schmollmund.

"Ich meinte das nur gut! Die Angabe ist viel genauer, wenn man im Popo misst!"

Interessierte ihn wohl nicht wirklich. Denn er wandt den Blick zur Seite und speiste mich mit einem abgenervten "Tze" ab. Sekunden später piepte dann das kleine Gerät.

"Und?", fragte ich, während Sasuke die Zahl betrachtete.

"38,9°C", murmelte er und seufzte.

"Wow, das ist ganz schön hoch."

Er drückte mir das Teil wieder in die Hand. Ich legte es einfach auf den Küchentisch und nahm ihm gegenüber Platz.

"Sollen wir dir kalte Umschläge machen?"

Er schüttelte nur mit dem Kopf.

"Geht schon. Lass' uns lieber anfangen zu lernen."

Verwundert weiteten sich meine Augen.

"Blödsinn. Du bist überhaupt nicht in der Verfassung, um zu-"

"Ich muss ja auch nicht lernen, sondern du! Also hol' endlich das verdammte Buch", unterbrach er mich erregt und hustete gleich darauf laut auf.

Dieser Idiot.

"Na fein", meinte ich, erhob mich etwas zu laut von meinem Stuhl und holte das Geschichtsbuch aus meinem Zimmer. Das war zwar überhaupt nicht hilfreich, wenn es darum ging schnellstmöglich wieder zu genesen, aber er wollte es anscheinend nicht anders.

Sollte mir ja egal sein. Wenn er sich umbedingt kaputt machen wollte - bitteschön. Auf mich hört er ja sowieso nicht.

"Ah, Geschichte. Na, dann lass' mal sehen", sagte er, als ich ihm das Buch reichte. Er nippte an seinem Glas Wasser und überflog nochmal ein paar Seiten.

"Weißt du wenigstens welches Thema wir haben?"

Seine Stimme wurde immer leiser und krächziger. Da bahnte sich eine ganz schöne Grippe an. Eigentlich sollte er zu seinem eigenen Wohl schlafen. Aber wie gesagt: nicht mein Problem.

"Willst du mich verarschen? Natürlich weiß ich das: Französische Revolution. Ich bin ja nicht blöd. Ich höre sehr wohl zu!"

Verblüfft sah er mich an.

"Hm, deine Noten sagen da aber was ganz anderes. Wo liegt dein Schnitt? Bei D oder schon bei E?"

Ich biss mir auf die Unterlippe und raufte mir verlegen die Haare.

"Eher bei E", gestand ich geknickt. Das war wirklich alles andere, als lobenswert. Sasuke sollte mir ja nicht umsonst Nachhilfe geben.

"Na ja, vielleicht hast du ja auch in jeder Klausur einen Blackout", meinte er.

"Aha, zum blöde Scherze ablassen bist du also noch in der Lage, oder wie?", pampte ich ihn an.

Sasuke grinste nur und nahm wieder einen Schluck Wasser.

"Na gut. Wa..."

Er hustete.

"Sorry. Also nochmal: Wann war die Französische Revolution?"

Ich starrte ihn an, als habe er soeben gefragt, wie viele Ameisen in einem Ameisenhaufen leben. Grübelnd kratzte ich mich am Kopf. Aber das ganze Nachdenken half nichts: Ich wusste die Antwort nicht.

"Äh, 1939?", grinste ich.

Sasuke blinzelte.

"Oh Mann, Naruto. Da verwechselst du aber was ganz gewaltig...Die richtige Antwort wäre: 1789."

"Na ja, war ich doch nah dran", lachte ich.

Seine Augen verengten sich.

"Ich find' das überhaupt nicht lustig. Wir schreiben in wenigen Wochen die Klausur über das Thema und du weißt noch nicht einmal die Basics. So kann ich dir echt nicht helfen. Eigne dir erstmal die Grundkenntnisse an, dann sehen wir weiter."

Ich schluckte.

"Ja, macht Sinn", schnaubte ich.

Sasuke räusperte sich daraufhin.

"Dann mal gleich noch 'n Crashkurs in Deutsch: 'Macht Sinn' gibt's nicht. Dieser Irrglaube kommt aus dem Englischen von 'it make sense'. Im Deutschen kann man nur 'hat' und 'ergibt' Sinn verwenden", grinste er spöttisch.

Selbst wenn er halbtot ist, ist er noch ein verdammter Klugscheißer.

Diese Eigenschaft an ihm war echt zum Kotzen.

"Ja, das macht Sinn", wiederholte ich ebenso grinsend.

Er wollte lachen - das Ergebnis war aber nur ein Husten.

"Oh Mann, mein Schädel brummt ganz schön", seufzte er.

Mitleidig betrachtete ich seine verschwitzte Haut.

Auch wenn er ein nerviger Besserwisser war, so wollte ich ihn doch unheimlich gerne jetzt, ja genau jetzt, in den Arm nehmen. Am liebsten vor dem Fernseher. Er liegt vor mir, eine warme Decke über uns und ich streichle und küsse ihn gesund.

Aber von Deratigem waren wir beide wohl noch weit entfernt. Zumindest im nüchternen Zustand. Das erinnerte mich wieder daran, dass ich ihn noch nicht einmal rumbekam, wenn er sturzbetrunken war. Das war doch echt zum Haare ausraufen. Einfach nur ätzend.

"Du solltest dich etwas hinlegen, Sasuke. Vielleicht geht's dir danach besser", murmelte ich nebenbei, noch immer in bekümmernden Gedanken versunken, die nichts anderes, als die grausame, bittere Realität waren. Ein wehleidiges Seufzen entfloh meinem Mund.

"Würde ich ja gerne, aber ich muss langsam nach Hause."

Verdutzt sah ich auf.

"Nicht dein Ernst? Du kannst doch kaum geradeaus laufen! Bis zu dir sind das doch fast zwei Kilometer. Das ist fahrlässig", entgegnete ich sogleich.

Er würde noch jemandem vors Auto taumeln.

"Mag sein, aber ich hab' keine Wahl."

Sein Blick sank zu Boden und ich wusste ganz genau, warum das so war.

Meine Augen verengten sich.

"Red' keinen Stuss. Du bleibst hier und wenn ich dich wieder einschließen muss. Ich als dein bester, gutaussehender Freund, will und werde das nicht zulassen!"

"Oh Mann, Naruto...", schnaufte Sasuke.

"Du weißt gar nicht, was los ist, wenn ich gleich nicht Zuhause bin. Eigentlich sollte ich überhaupt nicht weggehen", murmelte er.

"Von wegen. Deine Eltern werden das sicher verstehen, dass du in deinem Zustand hier bleibst."

Er lächelte gequält.

"Nicht mein Vater."

"Wenn der was dagegen hat, dann mach' ich ihm die Hölle heiß. Du brauchst Ruhe und die scheinst du Zuhause nicht zu bekommen. Ein weiterer Grund dich hierzubehalten."

Entschlossen verschränkte ich die Arme vor der Brust, während Sasuke keuchend hustete.

"Das wird zwar nur noch mehr Probleme geben, aber du hast schon recht. Ich würde vermutlich gar nicht bis zu mir kommen, sondern vorher irgendwo umkippen."

"Eben", stimmte ich zu und erhob mich von meinem Stuhl.

"Du legst dich jetzt hin und kurierst dich in Ruhe aus. Ich ruf' gleich bei dir an und klär' alles. Kannst ruhig mein Bett nehmen, ich schlaf' dann auf dem Sofa", lächelte ich ihm zu und er erwiderte es sogar.

"Danke", murmelte er.

"Dafür sind Freunde da. Soll' ich dich stützen?"

Lächelnd reichte ich ihm eine Hand.

"Ist dein Lächeln gerade echt?", wollte er plötzlich wissen.

Kurz war ich verwundert, nickte aber sofort, fast reflexartig. "Sicher."

Dann griff er grinsend nach meiner Hand und ich zog ihn zu mir hoch.

"Ich hoffe, deins auch."

Für einige Sekunden sahen wir uns in die Augen. Sein heißer Atem kitzelte meine Haut entlang, während mich seine tiefschwarzen Augen faszinierten und in ihren Bann zogen.

"Sicher", lächelte er schließlich und ich legte einen Arm um seine Schulter, wandt den Blick schließlich wieder zu Boden.

Ich spürte, wie mein Herz schneller in meiner Brust schlug. Allein diese winzige Geste, dieser kurze Moment des Blickkontakts, erzielte eine solch heftige Wirkung.

Wie würde es erst sein, wenn ich ihn jemals richtig küssen sollte?

Wir schlurften über den knarrenden Holzboden.

Am Bett angekommen ließ ich ihn behutsam los, damit er sein Gleichgewicht finden konnte. Er legte sich hin und ich wartete ab, bis er sich vollends zugedeckt und eine angenehme Pose eingenommen hatte.

"Schlaf gut", meinte ich noch und wollte gehen, doch er hielt mich am Handgelenk fest.

"Bleib", murmelte er mit geschlossenen Augen.

Mein Herz schlug immer schneller. Vorsichtig und auf seine Bitte hin, nahm ich also auf der Bettkante Platz und sah ihn einfach nur an. Kurz darauf ließ er mein Handgelenk los und ich saß einfach nur stumm da.

Eigentlich überflüssig, aber er wollte, dass ich in seiner Nähe war. Und das machte mich unendlich glücklich. Warum er das wollte, war mir egal. Hauptsache er wollte es. Das war der erste Schritt.

Er schien mir zu vertrauen, trotz meines offensiven Verhaltens.

Minutenlang betrachtete ich einfach nur sein noch immer gerötetes Gesicht, verfolgte seine Atemgeräusche, die zunehmend ruhiger wurden.

"Sasuke?", flüsterte ich schließlich. Doch es folgte keine Antwort mehr. Er war eingeschlafen. Lächelnd sah ich ihn noch eine Weile an, dann erhob ich mich leise und beugte mich noch ein letztes Mal zu ihm herab, ehe ich seine Eltern informieren würde.

"Ich liebe dich", hauchte ich in sein Ohr und nahm den süßlichen Vanille-Duft in meiner Nase auf.

"Ich liebe dich so sehr", wiederholte ich leise und schlich dann auf Zehenspitzen davon.

Mein Herzschlag wurde langsam ruhiger, als ich in der Küche ankam und ich atmete tief durch. Nun also zum schwierigen Teil des Ganzen.

Ohne Umwege griff ich nach dem Telefon und tippte sogleich seine Nummer ein.

Lieber Gott im Himmel, lass' Mikoto abheben.

"Uchiha?"

Jackpot.

"Ähh, hallo, Herr Uchiha", stammelte ich vor mich hin.

"Wo ist Sasuke?"

Der Mann war knallhart direkt. Eigentlich gefielen mir solche Menschen, doch der Kerl war bei mir mittlerweile unten durch.

Ich durfte auf keinen Fall die Nerven verlieren. Ich musste genauso knallhart sein, wie er es war.

"Also Sasuke geht's ziemlich schlecht. Er hat Fieber oder so. Jedenfalls kann er so nicht-"

"In spätestens zehn Minuten ist der Bengel Zuhause."

Seine Stimme klang total entnervt. Nicht mehr und nicht weniger. Keine Spur von Sorge, um seinen kranken Sohn. Und das machte mich rasend.

"Jetzt hören Sie mal zu: Sasuke kommt heute nicht mehr nach Hause. Er bleibt hier. Schließlich ist er erwachsen und kann das selbst entscheiden", meinte ich ernst, aber immer noch ansatzweise höflich.

"Für wen hältst du dich eigentlich? Solange er in meinem Haus lebt, bestimme immer noch ich, wann er Zuhause ist und wo er bleiben darf. Und außerdem hab' ich noch was mit ihm zu klären, also bestell' ihm 'nen schönen Gruß von mir, dass er umgehend seinen Arsch hierher bewegen soll', ansonsten kann er was erleben!"

Ich biss wütend die Zähne zusammen. Was für ein Drachen!

"Tut mir wirklich schrecklich leid, aber er schläft schon tief und fest. Und ich werde einen Teufel tun, ihn zu wecken. Und da Sie leider nicht wissen, wo ich wohne, haben Sie wohl ganz einfach Pech gehabt. Meinetwegen können Sie ja die Polizei anrufen, aber die werden Sie allerhöchstens auslachen und Ihnen das Gleiche erzählen, nämlich, dass Sasuke erwachsen ist! Also kommt er morgen Früh oder gegen Mittag nach Hause. Wann er Lust hat. Schönen Abend noch und schöne Grüße an Ihre Frau!"

Und damit legte ich den Hörer auf.

Das wäre dann geklärt. Ich atmete einmal ganz tief durch. Bei dem Ekelpaket konnte man ja nur krank werden. Kein Wunder, dass Sasuke so verschlossen war.

Mit dem Zeige- und Mittelfinger rieb ich mir über meine angespannte Schläfe. Bei sowas wird man ja rasend vor Wut. Und so eine widerliche Person schimpft sich auch noch Vater.

Noch einmal atmete ich tief durch.

Ich hatte jetzt andere Probleme. Sich über diesen Kerl aufzuregen, brachte eigentlich auch nichts. Also ließ ich es bleiben und konzentrierte mich wieder auf Relevantes.

Nachdenklich lehnte ich mich gegen die Küchentheke. Was konnte ich jetzt tun? Momentan war mit Sasuke ja reichlich wenig anzufangen. Also musste ich mich irgendwie selbst beschäftigen.

Mein Blick schweifte durch das Zimmer, machte schließlich das Geschichtsbuch aus, das noch immer auf dem Tisch ruhte. Allein bei dem Anblick entfloh meiner Kehle ein genervtes Seufzen.

Aber es half so oder so nichts. Wenn ich mich nicht allmählich auf meinen Hintern setzte, dann würde ich dieses Jahr nicht überstehen. Und ohne Abitur waren meine Chancen auf eine gute Ausbildung auf jeden Fall schlechter. Zumindest meinten das immer alle. Studieren kam nicht nur wegen meines Notenschnitts nicht in Frage, sondern auch ganz einfach deshalb, weil mir die finanziellen Mittel für derartigen Luxus fehlten.

Auch wenn Sasuke einen ekelhaften, bekloppten Vater hatte, so finanzierte er ihm wenigstens sein Leben. Er hatte eine Zukunft. Auch wenn sie vorbestimmt wurde. Ich überlegte, welche Situation unangenehmer war. Meine oder seine?

Schnell verwarf ich den Gedanken wieder - das konnte man gar nicht vergleichen.

Aber vielleicht konnte ich Sasuke ja damit imponieren, wenn ich mich in der Schule besserte und so schlau wie er würde. Wenn ich seiner Nachhilfe letztendlich gut folgen könnte.

Plötzlich fest entschlossen ein Streber zu werden, griff ich nach dem Buch und begann darin zu blättern.

Geschätzte zwanzig Stunden las ich nun die ganze Geschichte über Absolutismus, die französische Aufklärung, den Sturm auf die Bastille, erfuhr was man unter einer konstitutionellen Monarchie versteht und gelangte schließlich auch zu Napoleon Bonaparte.

Mit müden Augen klappte ich das Buch wieder zu. Ganz eindeutig zu viel Input. Mein dröhnender Schädel sank auf das Buch nieder - nutzte es nun gebührend als Kopfkissen.

Die Daten schossen erneut durch meinen Kopf.

17 Juni. 1789: Beginn der Französischen Revolution.

20. Juni: Ballhausschwur.

14. Juli: Sturm auf die Bastille.

Und so weiter und so weiter. Ich hoffte nur inständig, wenigstens einen kleinen Teil auch morgen noch zu wissen. Sonst wäre ja alles für die Katz'!

Allmählich schweiften meine Gedanken von Ludwig XVI genüsslich zu Sasuke ab. Eine Auszeit hatte ich mir redlich verdient. Also stellte ich mir sein hübsches Gesicht mit allen dazugehörigen Ausdrücken vor, die er mir immer wieder zukommen ließ und ich musste schmunzeln. Sein sanftes, sein gehässiges, sein blasiertes, sein selten schüchternes Lächeln, sowie sein Schmunzeln, sein noch viel selteneres Lachen, aber auch sein recht häufiger Todesblick, tanzten fröhlich vor meinem geistigen Auge hin und her.

Schläfrig schlug ich wieder meine Augen auf. Draußen war es längst dunkel. Und ich wollte jetzt zu ihm. Einfach nur so nah bei ihm sein, wie irgend möglich.

Leise schlich ich also zurück ins Schlafzimmer und setzte mich neben Sasuke aufs Bett. Mitleidig betrachtete ich ihn - er schlief unruhig. Sein Atem ging schwer.

Ich dachte an seine häuslichen Verhältnisse.

Er hatte es wirklich nicht leicht. Ich hoffte nur, dass ich ihm mit meinem Verhalten seinem Vater gegenüber, keine allzu großen Schwierigkeiten bereitete. Aber jetzt ging es erst einmal darum, dass er wieder gesund wurde. Und das konnte er besser hier, als Zuhause. Und das war selbstredend eine überaus traurige Feststellung. An der Stelle seines Vaters, würde ich mich was schämen.

Sasuke begann auf einmal sich im Bett hin und her zu drehen.

Verwundert sah ich ihm dabei zu. Ich rutschte ein Stück zurück, aus Sorge, er könne nach mir treten in seinem Fiebertraum.

"Nicht...!", keuchte er plötzlich hervor und ich wurde augenblicklich hellhörig.

Er sprach im Schlaf?

"Itachi...", säuselte er weiter vor sich hin.

Ah, er träumte also von seinem Bruder. Und ich hatte schon für einen winzigen Augenblick gehofft, er würde mal von mir träumen. Doch nur was Langweiliges.

Sasuke keuchte wieder und drehte sich abermals.

Ich verfolgte das Spektakel mit den Augen.

"Hah...Nicht so fest!"

Wieder drehte er sich. Meine Augen betrachteten ihn.

"Itachi...hah...Sei doch vorsichtig!", wimmerte er beinah.

Ich schaute zur Decke, während die Worte in meinen Ohren widerhallten.

Plötzlich stockte ich, riss die Augen weit auf und wies vor Schreck mit dem Zeigefinger auf den schlafenden Sasuke.

Nicht so fest?

Sei doch vorsichtig?

Mir bleib der Atem weg, meine Hautfarbe wich mir aus dem Gesicht.

Und er...er stöhnt?

Plötzlich ergab alles einen Sinn. Alles war eindeutig - Kopfkino.

O Gott, mein Traummann betreibt Inzest mit seinem Bruder! Dabei bin ich doch so viel heißer, als Itachi!

Vor Schreck fiel ich vom Bett und durch Sasukes unentwegtes Keuchen, das weiterhin im Hintergrund erklang, geradewegs in Ohnmacht.

Liebeserklärung

Leise vernahm ich die Töne einer mir bekannten, bezaubernden Person. Vorsichtig schlug ich die Augen auf und ganz langsam wurde dieses wunderschöne Gesicht immer klarer. Es war wie ein Traum.

"Naruto", murmelte dieses engelsgleiche Wesen.

Ich regte mich noch immer nicht. Lauschte nur diesem wundersamen Klang, hörte das besinnliche Läuten von Glocken. Das musste das Paradies sein.

Und zack, da bekam ich auch schon eine knallende Ohrfeige und wurde mit ihr geradewegs in die Hölle - die sich auch Realität schimpft - katapultiert.

Erschrocken fuhr ich hoch, saß nun kerzengerade auf dem Boden und merkte allmählich, wie sehr meine Glieder von der ungewöhnlichen Schlafpose schmerzten.

"Endlich bist du wach", meinte diese Kreuzigung aus Engel und Teufel, die man auch Sasuke nennt, erleichtert.

"Was ist passiert?", stöhnte ich und rieb mir über den pochenden Schädel.

"Keine Ahnung. Als ich aufgewacht bin, lagst du da halt so rum. Es ist schon Mittag."

Er zuckte mit den Schultern und ließ sich wieder zurück in mein Bett sinken.

"Hm", machte ich nur und begann zu überlegen, wie es dazu gekommen war. Während ich angestrengt nachdachte, reichte mir Sasuke plötzlich lächelnd seine Hand, wohl um mich zu sich hochzuziehen.

Und da fiel es mir schlagartig wieder ein.

"Pfoten weg, du perverses Schwein!", schrie ich ihm mitten ins Gesicht und schlug seine Hand beiseite. Aus großen Augen starrte er mich an. Er wusste wovon ich sprach! Ich hatte ihn auf frischer Tat ertappt.

"Häh?", machte er jedoch.

"Also mal ehrlich: von dir, als perverses Schwein bezeichnet zu werden, das ist schon ziemlich makaber", fügte er frech hinzu.

"Überhaupt nicht! Wenn man bedenkt, dass du es mit deinem eigenen Bruder treibst!", brüllte ich und nahm im Gesicht die Farbe einer Tomate an.

Er blinzelte, übertrieben verwundert.

"Was erzählst du da eigentlich für 'nen Scheiß?", wollte er wissen. Für meinen Geschmack blieb er dafür, dass es ein Missverständnis sein sollte, noch viel zu ruhig.

"Du hast im Schlaf gesprochen!"

Mit dem Finger wies ich bedeutsam in seine Richtung. Als dieser jedoch leicht zu zittern begann, zog ich ihn wieder zurück. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, wie er mit seinem Bruder -

Und tat es doch. Mein Gesicht verzog sich vor lauter Ekel. Das war also der Haken an diesem Typ. Irgendeinen gab es ja immer, aber dass er gleich so schwerwiegend, so grausam sein musste, damit hatte ich einfach nicht gerechnet.

"Und was hab' ich gesagt, dass du dich hier so künstlich aufspielst?"

Musste er gerade danach fragen? Ich wollte das eigentlich nicht nochmal wiederholen. Aber mir blieb nun keine andere Wahl. Ich würde diese Diskussion für mich entscheiden und zwar mit Fakten!

Ganz tief holte ich noch einmal Luft.

"Ich zitiere: Itachi...Nicht so fest! Itachi...Sei doch vorsichtig!", brüllte ich viel zu laut und hoffte nur, dass die Nachbarn mich nicht hörten. Die Wände hier drin waren ziemlich dünn.

Sasuke saß wie versteinert da - der endgültige Beweis. Am liebsten hätte ich lautstark geheult.

"Und daraus schließt du, dass ich mit meinem Bruder schlafe? Ey, du hast sie doch nicht mehr alle. Meiner Meinung nach, hast du ein ernstzunehmendes Problem, Naruto."

Mein Mund stand fast sperrangelweit offen.

"W-Was? Das hätte jeder gedacht! Was sollte es auch sonst sein, hä?", schrie ich trotzig. Seine blöden Behauptungen ließ ich mir nicht kampflos unterschieben.

"Moment. Ich muss das erstmal verdauen, was du mir hier an den Kopf wirfst", meinte er und ich sah, wie seine Augenbraue bedrohlich zuckte, sein Oberkörper sich vor Anspannung unregelmäßig hob und senkte.

"Du versuchst dich nur rauszureden. Aber das zieht bei mir nicht, Inzest-Boy", grummelte ich.

"SCHNAUZE JETZT!", schrie er und packte mich am Kragen, zog mich zu sich hoch, schüttelte mich, holte mit einer Faust aus, ließ sie aber wieder sinken, ehe er zuschlug.

Ich bemerkte das Zittern seiner Hände, dann hustete er, war noch ziemlich gerötet im Gesicht. Auch wenn er inzwischen etwas gesunder aussah, als am Nachmittag.

"Du solltest dich nicht so aufregen, sonst kippst du wieder um", tadelte ich.

Er grinste.

"Ohne deine blöden Kommentare wäre das wesentlich einfacher."

Ich suchte seinen Blick, doch der glitt nur in gähnende Leere.

"Ja, dann erzähl' mal. Ich höre zu", versprach ich und stützte mich mit den Händen auf dem Bett ab. Eigentlich freute ich mich immer, wenn er mir so nah war, wie jetzt, doch momentan war der Ekel einfach zu groß und auch die Angst sich bei ihm anzustecken. Deshalb wandt ich das Gesicht zur Seite ab.

"Ich kann mir das, was ich gesagt haben soll, nur so erklären, dass ich von dem Ereignis geträumt habe, als ich sieben Jahre alt war. Damals hat Itachi immer mit mir gespielt, aber so ungeschickt wie ich war, hab ich mir den Fuß ganz gewaltig verstaucht. Bevor er mich zum Arzt getragen hat, hat er meine Verletzung noch selbst grob behandelt und abgetastet. Dabei hab ich vielleicht sowas Ähnliches gesagt."

Sasukes Stimme war leise, beinah kleinlaut.

Und das war die schlechteste Ausrede, die ich jemals gehört hatte.

"Aha, und was daran war so traumatisch, dass du es elf Jahre später in einem Fiebertraum verarbeitest?", wollte ich wissen, sah nun misstrauisch zu ihm. Das Ganze, diese ganzen Lügen, konnte er seiner Großmutter erzählen.

Seine Finger zitterten wieder und ich glaubte, dass es dieses Mal nicht an der Krankheit lag.

Für einen Moment war es still, er rang anscheinend mit sich selbst, mit seiner Wortwahl.

"Weil ich glaube, dass mich mein Vater seit diesem speziellen Ereignis hasst", würgte er hevor und neigte den Kopf.

Meine Augen wurden deshalb ein wenig größer.

Mit seiner gebrochenen Stimme, mit seinen Worten, erweckte er eine Spur Mitleid in mir, aber es konnte sich auch nur um eine billige Masche seinerseits handeln. Deshalb blieb ich erstmal standhaft.

"Warum?", hakte ich ernst nach.

Er seufzte, holte tief Luft.

"Damals hatte Itachi sein erstes, wichtiges Vortanzen bei irgend so einer Eliteschule. Zu der Zeit dachte ich, er versäume nur sein Training, sonst hätte ich nie zugelassen, dass er so etwas Wichtiges für mich sausen lässt. Doch um mich zum Arzt zu schleppen, ist er nicht hingegangen. Die Chance auf einen Platz an der Schule war einmalig."

Und daraufhin war sein Vater ausgeflippt. Ich erinnerte mich an das Gespräch von vorhin und konnte es mir lebhaft vorstellen.

Mein Blick wurde trüb, schweifte über sein zitterndes, schmerzverzerrtes Gesicht, seine glasigen Augen, die zu Boden sahen.

Ich war einerseits froh, die Wahrheit nun zu kennen, andererseits schämte ich mich aber auch dafür, ihn in diese missliche Lage gebracht zu haben. Einen Moment lang zögerte ich, überlegte, ob es die richtige Entscheidung war, doch dann schloss ich ihn ganz vorsichtig in meine Arme und drückte ihn an mich.

Sasuke wehrte sich nicht. Ich glaube, dass er in diesem Moment zum ersten Mal wirklich froh war, dass ich es tat und ihn nicht mit seinem Schmerz alleine ließ.

Sein Gesicht lehnte an meiner Brust, ich hörte wie er schluchzte, aber nicht weinte. Das tat er ja bekanntlich nie.

Ich hatte das Gefühl, dass er noch etwas sagen wollte, doch es kam zuerst nichts.

"Danke", murmelte er dann doch, schon zum zweiten Mal heute. Aber das war es nicht, was er eigentlich sagen wollte. Vielleicht hatte er überlegt, mir mehr zu erzählen, es dann aber aus Scham oder ganz einfach aufgrund der Tatsache, dass es mich nichts anging, doch sein gelassen.

Ich strich ihm beruhigend über den Rücken. Auf einmal kam ich mir so unglaublich mies vor. Aufgrund dessen, was ich von ihm gedacht hatte und was wirklich dahinter steckte.

"Tut mir leid. Was ich gesagt habe", sagte ich und schloss die Augen, während ich spürte, dass er den Kopf leicht schüttelte.

"Ist schon gut."

Mir wurde klar, dass Sasuke jemanden brauchte, der ihm eine Stütze war. Ich wusste nicht, ob ich dieser jemand jemals sein konnte. Denn er hatte recht, indem er sagte, dass ich blöde Kommentare abließ. Er hatte recht, indem er sagte, dass ich nervte. Und er hatte auch recht, indem er sagte, ich sei ein perverses Schwein. Das war ich nunmal. Auch wenn ich ihn liebte. Mehr als alles andere sogar. Und auch wenn ich für ihn da sein wollte. Aber so sehr ich es auch wünschte, ich könnte mich niemals ganz für ihn verstellen.

Es musste so gehen oder eben gar nicht, auch wenn mir diese Einsicht das Herz brach.

Aber vielleicht tat es ihm ja auch gut, durch blöde Kommentare und schlechte Scherze und später guten Sex von seinem derzeitigen Umfeld abgelenkt zu werden. Die Hoffnung blieb mir immerhin.

Noch einige Minuten verharrten wir so, bis Sasukes Atem wieder ganz ruhig war und ich glaubte, dass es ihm allmählich besser ging.

Dann ließ ich ihn behutsam los und legte eine Hand auf seine Schulter. Mit meinen folgenden Worten, wollte ich ihm ein wenig Mut zusprechen. Ihm die Stütze sein, die er brauchte.

"Dir ist aufgefallen, dass ich ziemlich oft lache und das häufig nicht nur, weil es mir so super geht", begann ich mit einem Lächeln auf den Lippen und suchte seinen Blickkontakt.

Er nickte nur zustimmend.

"Aber bei dir lache und lächle und freue ich mich, weil ich dich so mag. Nicht, weil ich mich verstellen will. In deiner Nähe fühle ich mich irgendwie wohl und hab' das Gefühl, dass du dich nicht nur aus Mitleid mit mir abgibst, auch wenn du mir oft genug die kalte Schulter zeigst. Allmählich verstehe ich ja, warum das so ist."

Aus seinen großen, tiefschwarzen Augen sah er mich verwundert an.

Das war der beste Moment gewesen, um ihm zu sagen, wie wichtig mir seine Anwesenheit doch war.

"Ich...", begann er leise und biss sich auf die Unterlippe.

"Du musst dich nicht verpflichtet fühlen, mir jetzt auch was nettes zu sagen. Das ist schon okay", meinte ich und grinste breit. Es genügte mir, dass er mich nicht anschrie oder auslachte. Das war Beweis genug, dass ich ihm nicht völlig gleichgültig war.

Doch er schüttelte sachte den Kopf.

"Ich mag dich auch", würgte er hervor und ich zog daraufhin eine Augenbraue hoch.

"Na, das klang ja überzeugend", schmunzelte ich und rieb seine Schulter auf und ab.

Wieder schüttelte er den Kopf, dieses Mal heftiger.

"Ich meine das ernst, Usuratonkachi."

Augenblicklich musste ich lachen.

"Was ist so lustig?", grummelte er und senkte den Blick. Ich wuschelte ihm aufmunternd durchs Haar.

"Na ja, du sagst mir, dass du mich magst und beleidigst mich gleichzeitig. Das ist doch ein Schimpfwort, oder nicht?"

"Schon, aber so meinte ich das gar nicht", betonte er und biss die Zähne zusammen.

Anscheinend sagte Sasuke nicht oft zu anderen Menschen, dass sie ihm wichtig waren. Das versüßte meine Laune nur noch weiter. Schluss mit den trübsinnigen Gedanken. Er mochte mich und das Wichtigste: er war kein Inzest-Boy. Was für ein schöner Tag!

Plötzlich hörte ich etwas glucksen und grummeln.

Ich sah herunter und Sasuke wurde ganz rot im Gesicht.

"Nah, hast du Hunger, Sasuke?", lachte ich.

Er nickte nur zaghaft.

Momentan war er so zurückhaltend, fast schon schüchtern. Und das gefiel mir. Von mir aus könnte er öfters krank sein. Dann war er nämlich ganz offensichtlich viel angenehmer und irgendwie auch niedlich. Aber das sollte ich ihm besser nicht ins Gesicht sagen.

Ich stand nun auf und reichte ihm meine Hand, um ihn aus dem Bett zu ziehen, nach der er auch sogleich griff. "Ich helf' dir. Damit du mir ja nicht nochmal umkippst, so wie auf der Straße vorgestern Nacht."

Lachend zog ich seinen Arm um meine Schulter und steuerte mit ihm auf die Küche zu.

"Rate mal, was es zu Essen gibt!"

"Ravioli?", grinste er, wohl wissend, dass es sowieso das Einzige war, was ich im Haus hatte.

"Korrekt!", erwiderte ich und half ihm, in der Küche angekommen, auf dem Stuhl Platz zu nehmen.

Vielleicht übertrieb ich etwas, aber ich war einfach nur überglücklich und solange er sich nicht wehrte, würde ich ihn womöglich auch noch füttern.

Freudig ging ich zum Herd, öffnete eine Dose Ravioli, gab sie in einen Topf und drehte die Herdplatte voll auf.

"Hast du gestern noch gelernt?", fragte Sasuke und als ich mich zu ihm drehte, stellte ich fest, dass er das noch aufgeschlagene Geschichtsbuch entdeckt hatte und nun zu sich nahm.

"Ja, du meintest doch, ich solle mir erstmal die Basics aneignen", grinste ich und rührte mit einem Holzlöffel in der wohlig duftenden Pampe herum. Allein bei dem Geruch lief mir das Wasser im Munde zusammen.

Dann öffnete ich den Kühlschrank, nahm eine eisgekühlte Flasche Cola heraus und füllte damit zwei Gläser, die ich beide auf dem Tisch platzierte.

"Schon wieder Zuckerwasser", grinste Sasuke und las dann in diesem Buch voller Schauermärchen weiter.

"Das Thema ist eigentlich ganz schön spannend, findest du nicht?"

"Total", witzelte ich, während ich mich wieder den inzwischen kochenden Nudeln widmete.

"Na ja, es ist schon wirklich faszinierend, was die Menschen damals im Kampf um ihre Rechte und Freiheit alles auf sich genommen haben. Dafür sind viele gestorben."

Während er sprach, füllte ich zwei Teller randvoll und stellte die Herdplatte aus.

"Hm, ja, total faszinierend", erwiderte ich gespielt unbeeindruckt, obwohl ich ihm genau zuhörte.

Hinter mir hörte ich Sasuke leise auflachen. Ich prägte mir dieses Geräusch genau ein.

"Interessiert dich wohl nicht sonderlich, was?", grinste er mir entgegen, als ich ihm einen Teller vor die Nase stellte.

Ich lächelte und nahm nun auch endlich Platz, reichte ihm einen Löffel.

"Du bist plötzlich so gut gelaunt. Was ist passiert? Soll ich dir öfters Inzest unterstellen? Schade, dass du nicht noch mehr Geschwister hast", grinste ich und rührte in meinen Ravioli herum.

Er hatte das Gesicht in eine Hand gestemmt.

"Untersteh' dich, Usuratonkachi. Aber na ja, obwohl mir körperlich eigentlich elend zumute ist, bin ich trotzdem irgendwie recht gut drauf. Vielleicht ist daran ja auch das Fieber schuld", lächelte er und begann dann zu essen.

Mit dem Löffel wies ich direkt auf ihn.

"Das sollten wir übrigens nochmal messen. Und du untertreibst maßlos. Das letzte Mal hab ich dich glaube ich so glücklich gesehn, als du in fast jedem Fach ein A+ hattest und mit meilemweiten Abstand Klassenbester warst. Da fällt mir ein, dass ich dich dafür ganz schön gehasst habe", grinste ich und er erwiderte es.

"Tja, das waren noch Zeiten. Mittlerweile bin ich nur noch ein A-Schüler."

Ich wusste nicht, ob er das nun ernst meinte oder ob es ein Scherz war.

"Nur noch", grinste ich deshalb und aß endlich meine langsam kalt werdenden Ravioli. Dabei betrachtete ich Sasuke, der noch einmal lächelte und sich dann ebenfalls nachdenklich seinem Essen widmete.

Obwohl er mir ein wenig von sich erzählte, wurde mir erneut bewusst, wie wenig ich doch eigentlich von ihm wusste. Irgendwie musste man doch was aus ihm rausbekommen.

Einfach fragen, ging nicht. Das wäre viel zu auffällig.

Also musste ich mir irgendwas ganz Normales, etwas Alltägliches ausdenken, um an Informationen zu gelangen. Nur wenn ich wusste, was ihm gefiel und was nicht, konnte ich ihm wirklich eine Freude machen und für ihn da sein. Glaubte ich zumindest.

Es einfach selbst herauszufinden, dafür war ich nun wirklich zu ungeduldig und vielleicht auch ein wenig zu faul. Ich wollte es lieber einfach haben.

Wenn ich es einfach haben wollte, hätte ich mich in ein hässliches, unbeliebtes Mädchen verlieben sollen, anstatt in den vermutlich hübschesten und begehrtesten Jungen der ganzen Schule. Die hätte ich nämlich bedeutend leichter erobern können. Mir wäre so einiges erspart geblieben.

Ich nahm einen Schluck Cola. Sasuke hatte sein Glas längst geleert, wie mir auffiel.

"Du stehst auf Cola, hm?"

"Nö", protestierte er, aber ich achtete nicht darauf.

"Bist eben auch nur 'n Mensch", grinste ich und ließ meinen Blick über den fast leeren Tisch schweifen. Hier lag nur eine Zeitung, eine Zeitschrift, ein Kugelschreiber, das Geschichtsbuch und unser Geschirr befand sich zu guter letzt auch darauf.

Ich räumte den Tisch ab, stellte das Geschirr in die Spüle - das könnte ich später noch irgendwann abwaschen - und nahm wieder vor ihm Platz, nun die Zeitschrift im Visier.

Grübelnd betrachtete ich das Ding.

Auf der Titelseite stand was von Horoskop, dem neuen Klatsch und Tratsch, angesagte Mode und ein Persönlichkeitstest wurde erwähnt.

Sasuke gähnte indessen laut auf und ich hörte ihn wieder husten.

"Geht's dir denn etwas besser?", fragte ich nach, während ich in der Zeitschrift herumblätterte.

"Auf jeden Fall schon besser, als gestern. Immerhin krieg' ich keine Wahnvorstellungen mehr."

"Wahnvorstellungen?", hakte ich nach und sah kurz auf.

Sasuke stockte und lief etwas rot an, sagte aber nichts.

Hatte wohl wieder was mit Itachi zu tun, also las ich einfach weiter.

Man, was stellen die denn hier für langweilige, verkorkste Fragen? Wie viele Freunde hast du? Und darauf kann man dann zwischen Eigentlich gar keine, Ein paar und Ein ganzes Fußballstadion voll wählen - wie aussagekräftig. Was hat das bitte mit Persönlichkeit zu tun?

Ich seufzte. Musste ich mir wohl oder übel ein paar eigene Fragen ausdenken, die bedeutend interessanter waren.

"Nah, Sasuke", murmelte ich und griff nach dem Stift, der auf dem Tisch lag.

Mein Freund, der bis jetzt aus dem Fenster gesehen hatte, blickte mich nun direkt an.

"Hm?", machte er.

"Hast du Lust auf sonnen ollen Persönlichkeitstest? Könnte lustig werden", grinste ich.

Daraufhin zuckte er mit den Schultern. "Warum eigentlich nicht. Irgendwie müssen wir uns ja die Zeit vertreiben. Also schieß los."

"Okay, also hier kommt Frage eins: Wähle zwischen diesen drei Begriffen: Regen, Schnee, Sonnenschein."

Sasuke blinzelte. Aber die Frage, wenn man es überhaupt so nennen kann, stand hier tatsächlich.

"Regen", erwiderte er.

Ich kreuzte an.

"Frage zwei: Treibst du gerne Sport? Ja, nein, nur gelegentlich."

"Ja, aber geht das so weiter? Die Fragen nerven mich jetzt schon."

Ich grinste und kreuzte an.

"Das war doch erst der Anfang."

Da es ihn bereits langweilte, ging ich nun zu meinen eigenen Fragen über, die mich persönlich interessierten.

"Frage drei: Magst du es romantisch? Gibt nur ja oder nein. Und nicht flunkern, Sasuke", zwinkerte ich ihm zu.

"Kommt drauf an", meinte er.

"Ja oder nein?", wiederholte ich.

"Oh Mann, kreuz halt ja an."

Er rieb sich verlegen über den Hinterkopf, tippte mit den Fingern ungeduldig auf der Tischplatte herum.

"Frage vier: Hattest du schonmal Sex?", schmunzelte ich.

Seine Augen blickten in meine, dann grinste er.

"Ja, sicher."

"Ja, sicher", äffte ich nach und machte mir Notizen. Die Frage nach dem Geschlecht ließ ich erstmal außen vor.

"Frage fünf: Brauchst du ein langes, zärtliches Vorspiel oder kommst du lieber gleich so richtig zur Sache und stehst auf hemmungslosen Sex?"

Ich schielte zu Sasuke herüber. Das war die wichtigste Frage.

Der wurde schlagartig rot wie eine Tomate.

"Z-Zeig' mal her!", rief er holprig und riss mir das Heft schneller aus der Hand, als ich reagieren konnte. Mein Puls ging augenblicklich schneller. Die Frage stand da schließlich nicht. Und die zuvor auch nicht.

"Das steht hier überhaupt nicht!", stellte er auch sogleich fest und starrte mich aus seinen schwarzen Augen beinah vorwurfsvoll an.

"Was soll das, Naruto?", wollte er wissen.

"Willst du mich verarschen? Oder bloßstellen?"

Ich starrte einfach nur weiter, hörte meinen Herzschlag nun in meinen Ohren pulsieren, während er mich fragend musterte.

"Warum fragst du mich sowas?", murmelte er und legte die Zeitschrift auf den Tisch.

Mir war unwohl zumute. Am liebsten wäre ich einfach aus dem Zimmer gestürmt. Die Situation war mir plötzlich so derart unangenehm.

Was sollte ich denn jetzt machen? Ihm die Wahrheit sagen? Jetzt, wo wir uns allmählich, wenn auch nur ein wenig, näher kamen?

Ich wollte nicht, dass es vorbei war, bevor es überhaupt richtig angefangen hatte. Aber ich hatte keine Wahl. Weil keine Antwort, war auch eine Antwort. Und die könnte noch viel unangenehmer ausfallen, als es immerhin mit einer Erklärung zu versuchen.

Also schluckte ich meine Ängste und Bedenken einfach hinunter, versuchte alle Zweifel zu verdrängen, während mein Hals kratzig und trocken wurde, obwohl ich gleichzeitig zu schwitzen begann.

"Ich...", begann ich mit gebrochener Miene.

So schwierig hatte ich mir das nicht vorgestellt. Aber jetzt, da er vor mir saß und ungeduldig auf meine Erklärung wartete, rutschte mir das Herz tiefer und tiefer in die Hose.

"Du...?", hakte er nach.

"Ich...", versuchte ich aufs neue, doch ich konnte den Satz einfach nicht beenden.

"Jetzt sag endlich, Naruto!"

"Es ist einfach so, dass ich dich- ", murmelte ich nun viel lauter, doch wurde plötzlich von der erlösenden Türklingel einfach unterbrochen.

Eilig und mit hochrotem Kopf sprang ich auf, hastete zur Tür und nahm mir fest vor, der Person, die mich gerettet hatte, um den Hals zu fallen und ihr die ewige Ergebenheit zu schwören.

"Einen wunderschönen- ", begann ich mit einem breiten, erleichterten Grinsen auf den Lippen, während mein Herz noch immer wilde Sprünge machte und mir den Schweiß ins Gesicht trieb, doch stockte ich, als ich die Person vor mir erkannte.

Da stand tatsächlich Itachi Uchiha in seinen schicken Designer-Klamotten vor mir.

"Itachi", brachte ich nur hervor und er nickte mir zu.

"Wo ist Sasuke?", wollte er direkt wissen. In dieser Hinsicht war er seinem Vater recht ähnlich. In allen anderen nicht.

Kurz schluckte ich. Musste meine Gedanken neu ordnen.

"Hey, Sasuke! Ist für dich!", brüllte ich schließlich durch den Flur und kurz darauf kam dieser murrend in den Flur hinein. "Du hast mir immer noch keine Antwort- ", doch auch er stockte, als er Itachi sah.

Sein Blick verfinsterte sich augenblicklich. Und ich verstand nicht ganz, warum.

"Was machst du denn hier?"

Doch Itachi lächelte nur freundlich. Das gute Aussehen lag definitiv in der Familie, musste ich wieder einmal feststellen.

"Ich wollte dich abholen. Mutter wartet mit dem Essen Zuhause. Alles weitere erklär' ich dir unterwegs", raunte seine dunkle Stimme, während er sich gegen den Türrahmen lehnte.

Sasuke wandt den Blick ab, griff nur nach seiner Tasche, die noch immer im Flur stand und kam auf mich zu. "Ich geb' dir die Sachen dann morgen wieder", meinte er und deutete auf das, was er trug.

Itachi beobachtete die Situation skeptisch, das erkannte ich aus dem Augenwinkel.

Doch ich störte mich nicht daran, lächelte ihm nur freundlich zu. "Ist schon okay, lass dir ruhig Zeit damit. Ich wasch' dann deine Dreckigen und geb' sie dir auch demnächst zurück."

Er nickte mir zu.

"Komm' jetzt, Sasuke", drängte Itachi, der anscheinend keine Zeit verlieren wollte.

"Kommandier' mich nicht rum", erwiderte Sasuke und hustete laut auf.

"Geht's dir nicht gut?", wollte Itachi daraufhin besorgt wissen. "Ist doch egal", pampte Sasuke und ich verstand seine abweisende Art einfach nicht. Die hatte ich seinem Bruder gegenüber noch nie wirklich verstanden. Dabei war Itachi immer so freundlich und zuvorkommend zu ihm. Und das, obwohl Sasuke derart und grundlos unfreundlich zu ihm war.

Mein Freund nahm nun auch noch seine Jacke von der Garderobe, zog sich die Schuhe an, klopfte mir noch einmal auf die Schulter und verschwand dann mit dem, meiner Meinung nach, etwas genervten Itachi, aus der Tür.

"Bis Morgen!", rief ich ihm noch nach.

Er sah noch einmal zu mir, ich sah wieder seine schwarzen Augen, die in meine blickten, sein Lächeln, noch ein kurzes Winken mit der Hand, ehe er sich wieder umdrehte und ich selig lächelnd die Tür schloss.

Jetzt war endlich die Zeit gekommen, Kakashi anzurufen und um Hilfe zu bitten.

Mein Ziel

"Hatake?"

"Yo, Kakashi. Naruto hier! Ich hab' da mal 'ne Frage", rief ich sogleich in den Hörer, wollte schnell zum Thema kommen.

"Hey, yo, Naruto. What's up?"

Der und sein blödes Denglisch.

"Können wir uns vielleicht mal unterhalten? Am besten noch heute."

Nervös rieb ich mir über den Nacken, ging in der Küche auf und ab. Ich war total angespannt, obwohl ich das gar nicht sein musste.

"Tun wir doch gerade", kam es sarkastisch aus dem Hörer.

"Ja, haha. Ich würde gerne persönlich mit Ihnen sprechen", grummelte ich und blieb stehen, tippte von einem Fuß auf den anderen.

"Da frag' ich mich doch, was du ausgefressen hast. Schließlich kommst du so gut wie nie mit deinen Problemen zu mir."

Einen Moment dachte ich über meine Ausdrucksweise nach. Schließlich hatte er recht.

"Es ist nicht wirklich ein Problem, ich hab' viel mehr eine Bitte an Sie."

Am anderen Ende hörte ich ein Seufzen.

"Du sprichst in Rätseln, Naruto. Und ich hab' eigentlich echt keine Zeit, hast mich gerade beim Aufwärmen gestört. Aber wenn es wirklich so dermaßen wichtig ist, dann komm einfach in mein Studio und wir reden drüber."

Ein Lächeln, das er natürlich nicht sehen konnte, umspielte daraufhin meine Mundwinkel. Auf Kakashi war einfach Verlass. Und wenn er eh schon im Studio war, müsste ich auch nicht ewig auf sein Erscheinen warten.

"Danke, Kakashi. Ich mach' mich direkt auf den Weg."

"Keine Ursache", meinte er noch, dann legte er auf und ich warf das Telefon umgehend auf den Tisch.

Somit war ich meinem großen Ziel ein Stück näher gekommen. Denn ich war auf etwas gestoßen, das sowohl für mich, als auch für Sasuke interessant sein könnte. Aber dafür brauchte ich in gewisser Weise Kakashis Hilfe.

Mit großen Schritten trat ich in den Flur, nahm meine Jacke von der Garderobe, checkte noch einmal, ob ich überall das Licht ausgeschaltet hatte - das kostet nur unnötig Strom - und verschwand dann eilig aus meiner Bude.

Draußen war es noch ziemlich frisch, obwohl immer häufiger die Sonne schien. Eine leichte Brise strich mir durch die Kleidung. Ich atmete die Luft ein, aber sie war nicht sauber, sondern verdreckt, roch nach Großstadt, obwohl wir uns am Stadtrand befanden.

Als ich die Jacke zuzog, umschloss ich noch einmal den bläulichen Talisman, dachte an Sasuke und legte mir überzeugende Worte für Kakashi zurecht, während ich mich der Bushaltestelle näherte.
 

Wir fuhren durch die Straßen, in Itachis schwarzem Peugeot. Er hatte mich tatsächlich für die zwei Kilometer mit dem Auto abgeholt. Aber wir fuhren auch gar nicht nach Hause. Denn ich sah seit einigen Minuten, in denen wir uns anschweigen, unentwegt die Häuser, Sträucher und Bäume in einem berauschenden Tempo an mir vorbeiziehen.

"Hast du Hunger?", wollte mein Bruder plötzlich wissen und ich sah verwundert, aber genervt, zu ihm.

"Ich dachte, Mutter wartet mit dem Essen?"

Er zuckte mit den Schultern, wandt den Blick wieder auf die Straße.

"Tja, das war wohl gelogen."

Ich verzog das Gesicht, verschränkte die Arme vor der Brust. Eigentlich hatte ich überhaupt keine Lust etwas mit ihm zu unternehmen, geschweige denn mit ihm Essen zu gehen, schon allein aus dem Grund, weil es mir immer noch nicht wieder richtig gut ging. Dank Naruto viel besser, aber gesund war ich dennoch nicht.

Mir war selbst jetzt, in dem kalten Auto, noch höllisch warm, aber wenigstens waren meine Kopfschmerzen fast komplett abgeklungen. Das war ein gutes Zeichen. Vielleicht würde ich bereits morgen wieder topfit sein.

"Komm, wir halten da an."

Überrascht hob ich den Blick, sah das goldene M vor mir auftauchen - sonderbarerweise tatsächlich Itachis Lieblingsrestaurant - und stöhnte laut auf.

"Jetzt hör' auf dich zu beschweren. Das ist lecker da."

Verärgert kaute ich auf meiner Unterlippe herum. "Ansichtssache", erwiderte ich bissig, aber er lächelte nur. Genau wie Naruto, der auch immer lächelte.

Meine Gedanken schweiften wieder zu dieser merkwürdigen Szene ab, während Itachi auf den Parkplatz fuhr. Erneut sah ich Narutos errötetes Gesicht vor mir und hörte das, was er gesagt hatte. Meine Finger krallten sich in den weichen Stoff meiner - nein, seiner - Hose.

Für mich war es völlig klar, dass er mich mit den Fragen ärgern wollte. So wie er es immer tat. Aber ich verstand einfach nicht, warum. Davor war er so nett gewesen. Gleichzeitig aber auch ein totaler Trottel - ich schielte kurz zu Itachi herüber und mir lief ein eiskalter Schauer den Rücken hinunter.

Ich erinnerte mich an die Umarmung. Wie geborgen ich mich in dem Moment gefühlt hatte. Und genau deshalb verstand ich sein Verhalten nicht. In keinster Weise. Was bezweckte er damit?

Vermutlich war die Antwort ebenso simpel, wie logisch: gar nichts. Er war einfach so.

"Hey, Sasuke. Wir sind da, du Schlafmütze", murmelte Itachi und rüttelte an meiner Schulter, als wolle er mich aus dem Tiefschlaf reißen.

"Ja, ja", schnaufte ich und schnallte mich ab.

Wir stiegen aus, er schloss noch den Wagen ab, dann gingen wir gemeinsam in diese knallbunte Imbissbude und der Geruch von Fastfood stieg mir in die Nase.

Itachi wies mit dem Finger auf einen freien Fensterplatz, wo wir uns schließlich auch niederließen. Völlig erschöpft, obwohl ich mich gar nicht angstrengt hatte, ließ ich meinen Körper über die Rückenlehne hängen, legte für einen Moment den Kopf in den Nacken.

"Brüderchen", schnulzte dann Itachis hauchzarte Stimme drauflos, die mir so dermaßen auf die Nerven ging, dass ich ihn jedes Mal erwürgen könnte.

"Was?", grummelte ich und hob den Kopf, sah gleich darauf die Bedienung vor mir stehen.

"Was willst du essen?", grinste mein Bruder mir entgegen, den Kopf in eine Hand gestemmt.

"Ähm, ich nehm 'nen Salat." Schon allein aus dem Grund, weil ich bereits gegessen hatte.

Die Frau klimperte mir aus ihren großen Augen zu. "Welchen denn?", säuselte sie, genauso hauchzart wie mein Bruder und nahm den Stift schon mal zur Hand.

"Keine Ahnung. Einen, wo Tomaten drin sind", erwiderte ich nur und ließ den Blick dann aus dem Fenster schweifen, während sie sich Notizen auf ihrem kleinen Block machte. Neben uns tobten ein paar kleine Kinder vorbei, sie schrien, spielten wohl fangen und die Geräusche taten mir höllisch in den Ohren weh. Das wäre in einem anständigen Restaurant sicher nicht passiert. Allgemein war der Geräuschpegel deutlich über Zimmerlautstärke.

"Und welches Getränk dazu?", fragte die Frau weiter, kassierte nur einen kleinen, nichtsbedeutenden Blick von mir, ehe ich wieder die Umgebung draußen betrachtete und nur, ohne wirklich darüber nachzudenken, "Cola" murmelte.

Ich merkte, wie Itachis überraschter Blick auf mir ruhte, mich beinahe auffraß.

"Mir, junge Dame, bringen Sie dann bitte, öhm, einen Big Mac, zwei Cheeseburger, 'ne große Pommes und eine große Sprite", bestellte Itachi freundlich wie immer - gut erzogen, gute Manieren, eine Vorzeigekind - und wandt sich dann wieder zu mir.

Der Groll in meinem Innersten wuchs erneut.

"Seit wann trinkst du denn Cola?", schmunzelte er, als ich ihn ebenfalls ansah.

"Trink ich halt. Problem damit?", keifte ich. Er ging mir auf die Nerven. Er sollte die Klappe halten, in Ruhe essen und dann wieder aus meinem Leben verschwinden. Er sollte mich allein lassen. Das konnte er schließlich gut.

Obwohl ich ihn vermisst hatte, wollte ich ihn nicht sehen und er sollte schon gar nicht mit nach Hause kommen. Den ganzen Trubel um seine Person würde ich nicht ertragen.

"Nein, habe ich nicht. Ich frag' mich viel mehr, was du für ein Problem hast", erwiderte er, wie immer freundlich, seine Stimme blieb höflich.

"Mein Problem sitzt direkt vor mir."

Itachi seufzte.

"Was ist denn jetzt schon wieder so schlimm an mir?"

Das Gespräch war kein Unbekanntes. Und ich hatte keinen Bock wieder alles von vorne zu erklären. Er kannte den Grund nur zu gut.

"Darum", sagte ich deshalb und verschränkte wieder abweisend die Arme vor der Brust.

"Du machst es mir wirklich nicht leicht, Sasuke. Aber du wirst dich leider auf kurz oder lang mit mir abfinden müssen."

Meine Augen wurden größer, ich starrte ihn an. Lass das bitte nicht wahr sein, was ich glaube.

"Unsere Uni hat hier in der Nähe ein Projekt. Deshalb wohne ich bis auf Weiteres wieder zuhause. Vater bot es mir an, eigentlich wollte ich mir ja vorübergehend eine kleine Bude nehmen, aber na ja, so ist das natürlich viel komfortabler und dann kann ich auch endlich wieder Zeit mit meinem geliebten Brüderchen verbringen."

Schlagartig verengten sich meine Augen wieder, ich merkte, wie mir das Blut vor Wut ins Gesicht schoss und mein Körper sich verspannte. Seine Worte trafen mich wie ein Schlag.

"Aha", würgte ich nur hervor. Ich wollte nicht vor allen Menschen ausflippen, deshalb beließ ich es bei diesem einfachen Wort der gespielten Gleichgültigkeit.

"Ich muss auch ein- oder zweimal in deine Tanzschule, Sasuke. Tut mir ja leid, aber ich kann mir das nicht aussuchen. Wenn du nur nicht so verdammt stur wärst, könnte das prinzipiell ganz lustig werden, aber so wird es wohl für uns beide eine Tortur."

Mein Magen verkrampfte sich augenblicklich. Nicht genug, dass ich ihn von nun an wieder Zuhause ertragen musste, jetzt auch noch in der Tanzschule, in meiner Freizeit. Verärgert biss ich die Zähne zusammen, versuchte nicht aus der Haut zu fahren.

Dann bekamen wir unser Essen vor die Nase gestellt. Itachi nickte daraufhin freundlich, lächelte wieder.

"Ach, apropos Tanzschule", begann er nun, während er die Packung seines Big Macs öffnete und ich mich ebenfalls meinem Salat widmete.

"Die haben bei uns angerufen. Vater war alles andere, als erfreut", meinte er und biss gleich darauf in seinen Burger.

Scheiße. Das war das Einzige, was ich dachte.

"Ich hab' nicht viel mitbekommen, aber es hieß, dass du die Aufführung sabotiert hast. Stimmt das?"

Itachi zog an dem Strohhalm seiner Sprite und ich tat es ihm gleich, nahm einen kräftigen Schluck von meiner Cola.

Dann nickte ich einfach stumm. Vielleicht weil er so eindringlich gefragt hatte.

"Vater war stinksauer - ist vermutlich noch stinksauer. Ich konnte ihn kaum beruhigen. Was hast du dir nur dabei gedacht, Sasuke?", fragte Itachi. In seiner Stimme schwang Sorge und Bekümmertheit mit.

"Ich bin nicht wie du", schoss es einfach nur aus meinem Mund. Der Satz war keine richtige Antwort, passte nicht einmal zur Frage und doch war es genau das, was ich dachte und was ich mit meinem Handeln zeigen wollte.

"Nein, das bist du nicht", bestätigte mein Bruder wider Erwarten.

"Zum Glück nicht", lächelte er. "Dann wärst du nämlich auch so ein riesiges, verlogenes Arschloch, wie ich es bin. Nicht wahr, Sasuke? Das ist es doch, was du denkst."

Meine Augen fokussierten resigniert eine einzelne Tomate. Ich konnte jetzt nicht aufsehen, wollte sein Gesicht nicht sehen. Das Gesicht, das mich anlächelte und dem ich dennoch so weh tat, indem ich mich so wie verhielt, wie ich es nunmal tat.

Eigentlich wollte ich das gar nicht. Damals hatte ich ihn so sehr geliebt, meinen Bruder. Bis zu diesem einen Tag, wo alles seinen Lauf genommen hatte. Wo Vater begann, mir mehr und mehr zu zeigen, wie unwichtig ich doch war und gleichzeitig Itachi jeden Wunsch von den Augen ablas.

Aber er konnte nichts dafür. Er war, wie er war. Es war nicht seine Schuld.

"Tut mir leid", murmelte ich nur und verbarg mein Gesicht hinter einer Hand, nach der Itachi sogleich griff und mich zwang ihn anzusehen.

"Sasuke, du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich weiß, dass du es nicht leicht hast. Auch wenn es dein Verhalten nicht erträglicher für mich macht. Aber ich weiß auch, dass du mich nicht wirklich so tief verabscheust, wie du immer meinst. Da hab' ich doch recht, oder?", lächelte er mir wieder entgegen, dieses Mal klang seine Stimme jedoch ernster, wenngleich auch sehr ruhig und besonnen.

Wieder nickte ich stumm, versuchte sein Lächeln zu erwidern.

"Ich rede mit Fugaku. Aber heute Abend bleibst du besser in deinem Zimmer. Ich muss nämlich nochmal weg. Hab' noch 'nen dringenden Termin. Du weißt ja, wie er ist. Lass' dich nicht provozieren", riet er mir und nun legte sich doch ein trauriges Lächeln auf meine Lippen.

"Du tust so, als wäre ich derjenige, der rumschreit und wütet."

Vorsichtig tätschelte er meine Wange. Ich fragte mich, was die Leute von uns dachten, sah ihn aber weiter an.

"Iss deinen Salat, Brüderchen. Und lass' uns über was anderes sprechen. Wir haben uns schließlich lange nicht gesehen."

Ich war wirklich froh, dass er das Thema auf sich beruhen ließ. Keine Antworten auf Fragen forderte, auf die ich keine wusste oder die mir unangenehm waren.

Abermals startete ich einen Versuch, endlich meinen Salat zu essen und träufelte nun das Dressing rüber, rührte alles um und zog nochmal an meiner Cola.

"Du treibst viel Sport. Du solltest mehr essen", bemerkte Itachi, als er seinen Cheeseburger auspackte.

"Aber nicht sowas. Ich muss schon bei Naruto immer diese ekelhaften Ravioli essen. Und der Salat hier schmeckt auch nicht sonderlich vitaminreich", beschwerte ich mich, als ich von dem Grünzeug kostete.

Kurz lächelte mein Bruder, doch dann verflog es plötzlich.

Neben uns kreischten wieder Kinder.

"Dieser Naruto...Mutter meinte, du seist in letzter Zeit öfters bei ihm?"

Ich nickte nur und schob mir wieder die Gabel in den Mund. "Ich geb' ihm Nachhilfe."

"Ah", machte Itachi und verschlang den Rest seines letzten Burgers, widmete sich dann der riesigen Pommestüte. Mein Bruder war wirklich ein Vielfraß.

"Die Sache da vorhin...Warum trägst du seine Klamotten und warum wäscht er deine?", fragte Itachi und ich merkte, dass Unruhe und Ungeduld in seiner Stimme lag.

"Warum willst du das wissen?", hakte ich nach, schob mir eine Tomate in den Mund, die nicht wirklich nach einer schmeckte.

Fesselnd sah er mich an, ehe er sprach: "Eigentlich geht mich das ja nichts an, aber ich meine, so wie er dich ansieht...Ich mach mir nur ein wenig Sorgen um dich."

Meine Augen weiteten sich. "Brauchst du nicht", erwiderte ich sogleich, etwas genervt. "Es ist alles bestens." Dann sank mein Blick wieder auf meinen Salat. Ein paar Sekunden verstrichen.

"Wie sieht er mich denn deiner Meinung nach an?", hakte ich nach.

Itachi legte eine Hand auf meinen Kopf. "So wie ein Mann einen anderen normalerweise nicht ansieht", meinte er ernst und knabberte an seiner Pommes herum.

Nach diesem Satz dachte ich unweigerlich und intensiv an Naruto. Daran, wie er immer von Sakura geschwärmt hatte. Ganze Tage und Nächte hatte er mir damit in den Ohren gelegen. Mir gesagt wie schön sie sei, dass er sie über alles liebe und ganz viele Kinder mit ihr bekommen wolle. Und ich dachte auch an die zahlreichen Male, wo er versucht hatte den Mädchen nachzuspannern.

Instinktiv schüttelte ich den Kopf. "Das ist doch Blödsinn."

"Ich weiß nicht. Aber du kennst ihn ja besser, als ich. War ja, wenn überhaupt, nur ein- oder zweimal bei ihm. Den Weg hab' ich nebenbei auch nur noch schwer gefunden. Aber eines hat sich echt nicht verändert: Seine Wohnung sieht immer noch aus, wie ein Saustall. Und dabei hab' ich nur den Flur gesehen", schmunzelte Itachi und strich mir mit den Fingern durchs Haar.

"Könntest du das mal lassen?", zischte ich. Diese Geste nervte mich, weil ich mir dann immer so klein vorkam. Gott, ich bin 18 Jahre alt! Da hat mir keiner mehr durch die Haare zu wuscheln. Auch oder schon gar nicht mein großer Bruder.

Doch der lachte nur.

"Ist dir das peinlich?"

Ein breites Grinsen umspielte seine Mundwinkel, während seine Fingerkuppen auf meiner Schädeldecke herumtippten.

"Nein, ich mag es ganz einfach nicht."

Auch weiterhin strich er mir durchs Haar. Ein Seufzen konnte ich nicht unterdrücken.

"Wie lange haben wir uns jetzt nicht gesehen? Bestimmt schon ein paar Monate, oder?", murmelte er in Gedanken versunken.

"Kann sein, ja", erwiderte ich und ließ meine Lider sinken.

Ein paar Sekunden verstrichen, ehe Itachi weitersprach. Vermutlich dachte er über irgendetwas nach. Mir war egal, worüber.

"In der Zeit bist du noch hübscher geworden. Bei den Mädels bist du sicher ganz schön gefragt, oder?", hörte ich die sanfte Stimme meines Bruders schmeicheln.

Aufgrund dieses Kompliments röteten sich meine Wangen ein wenig. Dabei hörte ich es häufig. Aber immer nur von Menschen, die mir nichts bedeuteten. Und Itachi, so sehr und oft ich auch versuchte es zu verdrängen, war mir verdammt wichtig. Nebenbei war er, wie ich fand, auch um einiges hübscher als ich.

"Nicht mehr, als du", erwiderte ich deshalb auf seine Frage und Itachi lachte.

"Hast du eigentlich mal über eine feste Freundin nachgedacht, Sasuke?"

Mein Bruder streichelte mich weiter. Mit Sicherheit starrten uns die Leute schon an. Ich wagte es gar nicht, zur Seite zu sehen.

Und obwohl mir die Situation unangenehm war, war ich dennoch plötzlich froh, dass Itachi wieder da war. So wie immer, auch wenn ich ihn das Gegenteil spüren ließ. Weil Vater ihn dann wieder bevorzugte, noch mehr von ihm schwärmte, als ohnehin schon und ich mir daneben nur wie lästiger Ballast vorkam.

"Ich bin zufrieden, so wie es ist", antwortete ich wahrheitsgemäß. Eine Freundin wäre mir viel zu anstrengend. Ich wollte meine Ruhe haben und mich nicht verpflichtet fühlen, den ganzen Tag mit jemandem etwas zu unternehmen, ihm immer wieder auf gestellte Fragen zu antworten oder ganz allgemein ein Gespräch führen zu müssen.

"Hm", machte Itachi, "gibt es denn sonst etwas, das du erreichen möchtest?"

Ein Lächeln umspielte meine Lippen, während ich tief in Gedanken versank.

"Ich will tanzen - breakdancen. Und damit will ich berühmt werden, richtig viel Geld verdienen und in allen Zeitschriften zu finden sein. Jeder soll meinen Namen kennen!"

Verträumt blinzelte ich, sah geradewegs in Itachis überraschtes Gesicht. Er zog wieder an seiner Sprite.

"Ah und wozu das Ganze?"

Verwirrt sah ich ihn an. Was war denn das für eine Frage? Wer wollte denn bitte nicht berühmt sein?

"Wie wozu?", murmelte ich deshalb.

"Ja, warum du das unbedingt willst? Sasuke, ich kenne dich einfach zu gut, als dass ich glauben würde, dass du nur im Rampenlicht stehen und zum Mittelpunkt der Erde werden willst. Das passt nicht zu dir. Ich ahne ja schon, woran es liegt, aber ich würde es lieber aus deinem Mund hören. Du weißt es doch sicher auch."

Seine Stimme war ruhig, er wollte mich nicht aufregen.

Mein Blick sank auf die leere Salatschale.

"Ja, ich weiß es", flüsterte ich, presste die Worte beinah hinaus, während ich meine Finger wieder tief in dem Stoff meiner Hose vergrub.

"Also?", hakte Itachi behutsam nach.

"Wegen Vater", gab ich zu und schluckte, griff augenblicklich nach meiner fast leeren Cola und trank eilig den Rest.

"Sasuke, hör mal zu. Glaubst du denn wirklich, dass es etwas ändern würde? Selbst wenn du all das erreichst, was du dir wünschst, glaube ich nicht, dass ihm das genug wäre. Mach dich doch nicht selbst kaputt. Das ist es ganz einfach nicht wert." Bei diesen Worten strich er mir mit dem Handrücken über die Wange, sah mich aus seinen tiefschwarzen, beruhigenden Augen an.

"Doch, einen Versuch ist es auf jeden Fall wert", murmelte ich und versuchte mich zum Grinsen zu bringen - erfolglos.

Wieder seufzte Itachi.

"Denk immer daran: Es ist nicht alles Gold, was glänzt", sagte Itachi und strich mir ein paar Haare aus dem Gesicht. Ich hatte ihn wirklich vermisst. Aber ich wollte auch nicht, dass er blieb. Und ich wollte seine Predigten nicht hören. Die vielen Schauermärchen, die er mir jedes Mal über das Showgeschäft erzählte.

"Wenn du wirklich erfolgreich werden willst, dann musst du alles aufgeben. Auch dich selbst, Sasuke."

Hatte ich das denn nicht längst? Ich weiß nicht. Ich weiß es ganz einfach nicht. Meine Lider wurden wieder schwerer, während ich widerspruchslos seiner Tadelei horchte.

"Du musst über deinen eigenen Schatten springen, unzählige Opfer bringen und manchmal sogar über Leichen gehen. Dich darf niemand interessieren, außer du selbst. Und du solltest auch nicht meinen, dass du nur von anderen geliebt und bewundert wirst. So ist das nicht, Sasuke. Da wo Ruhm und Geld sind, da sind auch Neid und Hass nicht weit. Halt dir das immer wieder vor Augen. Aber ich glaube und hoffe einfach, dass du nicht so eiskalt und vorallem blind bist und das alles tun würdest, nur um dein utopisches Ziel zu erreichen. Du bist doch nicht herzlos."

Fest griff ich bei diesen Worten in den Ärmel von Narutos Oberteil. Mir war es egal, was ich leisten musste, was ich von dem aufgeben musste, was mir noch Weniges geblieben war, wenn ich nur endlich mein Ziel, mochte es noch so utopisch sein, erreichen würde. Vater wäre sicher stolz auf mich.

Augenblicklich biss ich mir auf die Unterlippe. Ich wollte doch nicht mehr so denken. Jetzt tat ich es schon wieder, wurde wieder zu seiner willenlosen Marionette.

Aber als Berühmtheit wäre ich doch unabhängig, ich könnte tun und lassen, was ich will und wann ich will. Es würde keine Rolle mehr spielen, was mein Vater dazu sagt und ob er es gut heißt oder nicht. Ich könnte auch von Zuhause ausziehen. Ja, das könnte ich. Ganz weit weg.

"Und außerdem", hörte ich nun wieder die leise Stimme meines Bruders ansetzen.

"Und außerdem ist von denen, die so gedacht haben, die all das in Kauf genommen haben, heute doch keiner mehr auf der Bühne. Sie haben sich selbst kaputt gemacht in ihrem Wahn. Mit Alkohol, Frauen und nicht zuletzt auch mit Unmengen an Drogen. Alle wurden vom Geld geblendet. Zumindest habe ich ein paar von ihnen kennen gelernt. Und ich will nicht, dass mein eigener Bruder irgendwann dazugehört, hörst du?"

Seine Finger hoben mein Kinn an, ich sah ihm ihn die Augen, sah, dass er wirklich besorgt war, aber ich nickte nur.

"Überstürz' nichts, Sasuke. Du kannst nicht von heute auf morgen berühmt werden. Das sind Ausnahmen. Und auch die haben ihren Preis. Denk' immer daran, dass dir auf dieser gottverdammten Welt nichts geschenkt wird."

Wieder nickte ich - einfach so, ohne ihm wirklich zuzustimmen. Sollte er doch reden, ich hatte meine eigenen Vorstellungen und auch meine eigenen Pläne. Und wenn ich dafür über Leichen gehen musste. Wenn sich mir nur ein einziges Mal die Gelegenheit bieten würde, schlagartig berühmt zu werden, ich würde sie nutzen. Koste es, was es wolle. Das würde jeder tun. Auch der Itachi, der hier die klugen, belehrenden Sprüche von sich gab.

"Bist du dann fertig?", murmelte ich und sah ihn durchdringend an.

Er nahm die Hand von meiner Wange und lächelte.

"Wo trainierst du immer?", wollte er wissen.

"Bei Kakashi - immer noch", erwiderte ich, war ihm nicht böse, dass er es wieder vergessen hatte. Er hatte genug um die Ohren. Da konnte man sich solche Belanglosigkeiten nicht merken.

"Dann lass' uns da hinfahren. Ich hab' noch ein bisschen Zeit. Und du zeigst mir was von deinem Traumberuf", grinste Itachi und gab mir mit einem Nicken zu verstehen, dass wir uns erheben sollten.

"Das interessiert dich doch überhaupt nicht."

Verwundert blickte er mich an. "Und ob, sonst würde ich ja wohl kaum vorschlagen, mir das anzusehen."

Ich seufzte, als plötzlich jemand gegen mich prallte.

Augenblicklich drehte ich mich um, doch zunächst erkannte ich niemanden, dann schaute ich hinab und sah das kleine Mädchen an der Erde sitzen - sie stand kurz davor in Tränen auszubrechen.

Ich mag keine Kinder. Weil sie immer so laut und nervtötend sind. Und dennoch war ein solcher Anblick für mich absolut unerträglich. Das kleine Kind wie ein Häufchen Elend auf der Erde sitzen zu sehen, völlig verschreckt und hilflos.

Also hockte ich mich auf den Boden und sah das schluchzende Mädchen an. Itachi ging in der Zeit anscheinend bezahlen. Jedenfalls mischte er sich nicht ein.

"Alles okay?", fragte ich vorsichtig, wollte sie nicht verschrecken.

Das Kind starrte mich aus seinen großen, blauen Augen an. Aufmunternd lächelte ich ihr zu. Und sie erwiderte es.

"A-Alles okay", brabbelte sie und wischte sich die Tränen aus den Augen.

"Wo ist denn deine Mama?", fragte ich nach und das Mädchen, in deren Augen nun Stolz und Freude aufblitzten, deutete mit dem Finger hinter sich. Ich blickte auf und erkannte eine Frau mittleren Alters, die sich gerade intensiv mit dem Mann ihr gegenüber unterhielt - wahrscheinlich auch der Vater des Kindes.

"Vielleicht erlaubt deine Mama ja, dass ich dir als Entschuldigung ein Eis ausgebe?"

Sie fing an zu lachen. Das war wiederum das Schöne an Kindern. Sie waren nicht nachtragend, irgendwie furchtlos und vergaßen schnell ihren Kummer. Sie waren irgendwie...sorglos. Ganz anders, als Erwachsene.

Dann packte sie mich an der Hand und versuchte mich mit sich zu ziehen. Ich folgte ihr und sie blieb genau vor dem Tisch stehen. Misstrauisch sahen mich sofort ihre beiden Eltern an - zum Glück.

"Mama, Papa, der nette Mann möchte mir ein Eis ausgeben! Darf er, darf er? Bitte, bitte!" Ich löste behutsam ihren Griff um meine Hand und sah ihre Eltern einmal abwechselnd an.

"Guten Tag, mein Name ist Sasuke Uchiha", stellte ich mich zur Sicherheit lieber einmal vor. Das Misstrauen wich nicht, die Mutter zog ihre Tochter zu sich. Das war gut so.

"Na ja, ich stand ihrer Tochter im Weg rum und daraufhin ist sie gestürzt. Als Entschuldigung würde ich ihr einfach gerne ein Eis spendieren. Ich kann es ja kaufen und ihr hierher bringen?", schlug ich vor.

Mit großen Augen sahen sie mich an - ihr Audruck geprägt von Skepsis.

"Verzeihen Sie", begann der Vater, "aber sowas ist doch recht ungewöhnlich, oder nicht? Verstehen Sie mich nicht falsch, wir sorgen uns ganz einfach nur."

Die Mutter nickte bestätigend, aber allmählich wich der Zweifel aus ihren Augen, als sie mich näher musterte. Ich sah schließlich nicht aus wie ein Verbrecher. Aber was hieß das schon?

Doch ihr Verhalten war nur menschlich. Man beurteilt Menschen nach ihrem Aussehen - überall Vorurteile. Ich konnte es ihr nicht verübeln.

"Nein, das ist auch völlig richtig. Ich meinte es nur gut. Ich hatte keinesfalls vor, Sie zu belästigen. Ich kann auch gerne wieder gehen, wenn Ihnen das lieber ist", lächelte ich, schob die Hände in meine Hosentaschen.

Die Frau musterte mich weiter aus ihren liebevollen Augen.

"Ich finde den jungen Mann sehr nett. Das ist wirklich zuvorkommend, daran könnten sich andere ein Beispiel nehmen", wandt sich die Mutter nun an ihren Mann und lächelte ihm zu.

Er war noch immer nicht ganz überzeugt, murmelte dennoch ein: "Na gut, von mir aus."

Ich grinste und wandt mich zu dem Mädchen. "Was für ein Eis möchtest du denn?"

"Erdbeer!", rief sie sogleich freudig und ich nickte ihr zu.

"Okay, dann bis gleich."

"Hey, Sasuke!", rief mir nun auch von hinten mein Bruder zu. Ich schritt auf ihn zu, blieb vor ihm stehen. "Was machst du denn? Wir wollten doch los."

Ich grinste nur verlegen. "Kannst du mir was leihen? Ich hab der Kleinen versprochen, dass ich ihr ein Eis ausgebe."

Skeptisch betrachtete er mich. "Ich dachte, du willst keine Freundin?"

Er verstand meinen Satz definitiv falsch.

"Nein, nein. Sie ist wirklich klein. Vielleicht sechs oder sieben Jahre alt."

"Achso", schnaufte er und wühlte in seiner Hosentasche herum, drückte mir zwei Münzen in die Hand. "Das sollte reichen für ein Eis. Ich warte im Auto auf dich."

"Danke", sagte ich noch, als ich auf den Tresen zusteuerte, bestellte das Eis und brachte es dem nun strahlenden, kleinen Mädchen.

"Was sagt man?", wandt sich die Mutter kurzerhand an ihre Tochter.

"Vielen Dank!", rief diese nach kurzer Bedenkzeit und schleckte überglücklich an ihrem Eis.

"Keine Ursache. Ich muss nun aber auch los, mein Bruder wartet schon auf mich."

Ich nickte den Eltern zu, grinste das Mädchen noch einmal an und machte dann auf der Stelle kehrt, verließ das nach Fastfood stinkende Lokal.

Während ich meinen Weg zum Auto ging, dachte ich kurz darüber nach, warum ich das getan hatte. Und eigentlich wusste ich es nicht genau. Vielleicht hatte ich mich selbst in ihr gesehen. Vielleicht wollte ich auch einfach ausnahmsweise nett zu anderen Menschen sein und nicht zu dem Arschloch werden, das über Leichen geht, wie Itachi mir prophezeite.

Ich seufzte. Das war doch alles Schwachsinn.

Ich öffnete die Tür, setzte mich neben meinen Bruder, der gleich darauf den Motor startete.

"Ich hab' doch gesagt, dass du nicht so bist", lächelte er zufrieden, legte den Rückwärtsgang ein und fuhr los.
 

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So blubb, ich mach jetzt mal Werbung für mich selbst und meine Freundin!

An alle die es interessiert: Derzeit konstruiere ich gemeinsam mit einer Freundin,Ikenami, einen NaruSasu-Doujin :D Mit einem anderen Thema, aber vielleicht besteht ja bei einigen von meinen Lesern dennoch ein vages Interesse!

http://animexx.onlinewelten.com/doujinshi/zeichner/552575/47890/

Hihi, hf :D

Der heilige Gral

Hallöchen!

Also der Kapi-Titel ist mir ziemlich spAntOn eingefallen, da ich den vorigen echt blöd fand ö.ö

Joa, jetzt geht's zur Sache...auch wenn das mit der Zeitverschiebung iwie nicht ganz hinhaut, aber seid ein wenig nachsichtig xD Sonst hätte ich komischen Kuddel-Muddel-Kram schreiben müssen :D

Und hier noch ein persönliches Dankeschön an Kakashi: Durch meine Recherche bin ich um einiges schlauer geworden! ...Was ich damit meine, werdet ihr lesen...xD

Dann mal viel Spaß und bis zum nächsten Kapi!

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Mit schnellen Schritten ging ich durch den dunklen Flur, kam schließlich an dem Zimmer an, wo wir immer trainierten und noch Licht brannte.

Eilig schlug ich die Tür auf, trat in den großen Raum und steuerte direkt auf Kakashi zu, der aufgrund meines lauten Auftritts verschreckt mit dem Kopf herumfuhr.

"Kannst du nicht anklopfen?", kam es von ihm, während er sich von der Matte aufrichtete.

Etwas keuchend stand ich nun vor ihm, schüttelte aufgeregt den Kopf, sah ihn durchdringend an und versuchte jetzt schon überzeugend zu wirken.

"Hör auf, mich so anzustarren", murmelte Kakashi, "Lass' uns lieber dort auf der Bank Platz nehmen." Mit dem Kopf wies er nach rechts, mein Blick folgte seiner Bewegung und schließlich folgte ich ihm auch zu der Bank, auf der ebenfalls sein altbekanntes Buch ruhte, und ließ mich direkt hinaufplumpsen.

Mir fiel auf, dass er ganz normal mit mir sprach. Nicht im Kakashi-Slang.

Mein Lehrer streckte seine Beine, ich bemerkte auch - erschwerend am Geruch - dass er schwitzte. Dann gähnte er einmal lauthals und steckte mich direkt an. Durch meine Schlafpose der vergangenen Nacht, war die Erholung weitestgehend ausgeblieben. Sprich, ich war todmüde.

Unendlich viele Gedanken sprudelten plötzlich wieder durch meinen ausgelaugten Kopf. Die ganze Busfahrt über, hatte ich darüber gegrübelt, was ich ihn alles fragen konnte. Eigentlich war ich aus einem ganz speziellen Grund hier, aber ich könnte mir auch noch ein paar andere Tipps holen. Schließlich war Kakashi schon über 30 Jahre alt. Das war zwar unhöflich, aber bei mir eigentlich auch nichts Neues mehr.

Also gerade raus mit der Frage und abwarten.

"Hatten Sie schon mal Sex?"

Vor lauter Überraschung starrte Kakashi mich nicht nur aus dem Augenwinkel, wie er es sonst gerne tat, an, sondern wandt gleich den gesamten Kopf zu mir. Eine leichte Röte legte sich nun doch auf meine Wangen, als er mich so eindringlich angaffte und mich außerdem dazu veranlasste meinen Mund vor Scham zu verziehen.

"Du bist hier, um mit mir über Sex zu sprechen? Das soll das - ach so Wichtige - sein?"

Er klang beinah schon ein wenig vorwurfsvoll, aber vor allem enttäuscht.

"Ich hätt's wissen müssen", murmelte er nun mit einem Seufzer, mehr an sich selbst gerichtet.

"Nein, deshalb bin ich eigentlich nicht hier. Aber ich dachte, na ja..." Dann fehlten mir plötzlich die Worte. Oh Mann, ich sollte jetzt schnell eine gute Erklärung finden, sonst würde das noch ziemlich peinlich werden.

"Es gibt da jemanden, der mir nicht mehr aus dem Kopf geht und ja, ich wäre gerne gut vorbereitet, wenn...verstehen Sie?"

Normalerweise war ich alles andere, als schüchtern. Aber diese Worte verließen nur äußerst zaghaft meinen Mund. Es war mir unangenehm, ja peinlich, so etwas vor Kakashi breitzutreten.

"Und jetzt willst du ein paar Tipps von einem erfahrenen Mann", schlussfolgerte Kakashi und seufzte abermals laut auf.

"Dann wird es also dein erstes Mal sein? Nur, dass ich das richtig verstehe."

Ich nickte kurz, sah ihn aber nicht an.

"Also ich hatte mein erstes Mal mit 16", begann er im Tratschton.

Nun wandt ich doch meinen Kopf zu ihm und sah ihn entnervt, fast angepisst, an.

"Wie schön für Sie", entfloh es meinem Mund und Kakashi grinste anscheinend unter seiner Maske, das las ich jedenfalls seinem Augenausdruck ab.

"Was willst du denn genau wissen, Naruto?"

Die Frage kam für mich überraschend, obwohl sie so logisch war. Aber darüber hatte ich mir überhaupt noch keine Gedanken gemacht.

"Ich...ähm...ja...ich", stammelte ich drauf los, mir fiel aber nichts ein. Viel mehr, wollte mir kein Anfang einfallen oder etwas, das selbst in meinen Ohren nicht total bescheuert klang.

Kakashis geweitete Augen ruhten auf mir, sahen zu, wie ich mich zum Deppen machte.

"Pass' mal auf, ich mach' dir einen Vorschlag. Aber du musst mir versprechen, dass du es mit deinem Leben beschützen wirst. Mit allem, was dir lieb und heilig ist."

Seine Stimme klang ernst, er drohte mir schon fast.

Was hatte er vor? Was sollte ich mit meinem Leben beschützen? Ich verstand rein gar nichts. Bis er mir schließlich zaghaft sein blödes Schmuddelheftchen entgegen hielt.

Ich blinzelte.

"Nicht Ihr Ernst?", fragte ich und sah zu ihm auf, während er mir das Buch in die Hand drückte. Das konnte ja nun wirklich nicht sein Ernst sein. Was sollte ich denn daraus lernen? Ich wollte nicht wissen, wie man Pornoromane schreibt, sondern wie man das wirklich praktiziert!

"Doch, doch. Schließlich hab' ich es schon zweimal durchgelesen und morgen kommt auch endlich der lang ersehnte zweite Teil zu mir nach Hause. Ich bin schon ganz aufgeregt. Auf diesen Tag warte ich seit fast zwei Monaten ununterbrochen! Kannst du dir das vorstellen? Erst dachte ich, es würde nie eine Fortsetzung geben, aber meine Gebete wurden dann doch erhört", begann er wieder im Plauderton. Er war doch sonst nicht so übertrieben gesprächig - anscheinend genau das richtige Thema für ihn.

Er verhielt sich wie ein kleines Kind, das auf die nächste Folge einer Kinderserie wartet. Das war alles, was mir dazu einfiel.

"Aber was bringt mir denn ein Roman?", fragte ich verzweifelt.

Kakashi, der kurzweilig in Gedanken versunken war - ich wollte echt nicht wissen, in welchen - sah mich nun wieder durchdringend an und hob demonstrativ einen Zeigefinger in die Luft.

"Das ist nicht bloß ein Roman. Da stehen ganze Lebensweisheiten drin. Und nach der Story findest du noch Etliches, das dich interessieren könnte. Unter anderem eben auch einen Ratgeber in Sachen Sex. Schau einfach mal rein, du wirst alle Kategorien finden. Ganz nach Belieben. Von Oral- über Analverkehr und von Fisting bis BDSM. Aber übertreib's nicht, sonst könnte das für deine Angebetete zu einem Alptraum werden, sollte das auch ihr erstes Mal sein", grinste Kakashi schwärmerisch, aber belehrend.

Irgendwie ängstigte er mich ein wenig mit seiner Euphorie. Was heißt überhaupt Fisting? Und was ist BDSM? Meinen perversen Lehrer wollte ich danach lieber nicht fragen, ich würde es ja später im Buch erfahren.

"Ähm, ja. Danke", versuchte ich zu lächeln und wandt lieber wieder den Blick von ihm ab.

"No problem. Love is in the air, Naruto", schmunzelte er und brachte mir seinen Kakashi-Slang zurück, der plötzlich eine beruhigende Wirkung von Normalität auf mich auswirkte.

Nach kurzer Stille fiel mir schlagartig wieder ein, warum ich eigentlich hierher gekommen war.

"Kakashi", begann ich in einem eindrucksvollen Tonfall, "ich brauche wirklich dringend Ihre Hilfe."

Verwundert, aufgrund des Themenwechsels, sah er mich an.

"Das erwähntest du bereits. Worum geht's denn nun eigentlich?"

Noch einen Moment überlegte ich, wie ich es am besten formulieren sollte, doch dann sprudelten die Worte einfach nur so aus meinem Mund heraus.

"Ich brauche dringend einen Ort zum Trainieren. Ich bin da auf was gestoßen und ich will mit Sasuke zusammen was Großes auf die Beine stellen. Ich will mit ihm an einem Wettbewerb teilnehmen. Aber irgendwo müssen wir doch üben."

Kakashi blinzelte.

"Und da dachtest du, das könntet ihr hier machen?"

Verlegen sah ich zu Boden. Ich wusste, dass allein die Frage dreist war. Aber ich hatte einfach keine Ahnung, wo wir sonst hätten hingehen können. Dieser Ort war einfach ideal. Und die meiste Zeit waren wir hier auch völlig ungestört. Das war in vielerlei Hinsicht positiv.

"Na ja, wenn Sasuke...ich meine, wenn er überhaupt..." Mit der Hand fasste ich an meine Stirn, massierte meine angespannten Schläfen.

"Ach, der weiß noch gar nichts von seinem Glück?"

Ich schüttelte nur heftig mit dem Kopf.

"Ich dachte, wenn erstmal alles geklärt ist, wenn ich was in der Hand habe, dann wäre es vielleicht einfacher, ihn zu überzeugen."

"Du meinst wohl eher zu überreden. Aber warum gerade Sasuke, Naruto? Auf mich macht er einen ziemlich beschäftigten Eindruck. Ich weiß nicht, ob er da noch die Zeit für irgendwelche Wettbewerbe findet."

Mein Blick wurde trüb. Natürlich nicht. Vermutlich hatte er weder Zeit, noch Lust oder gar ein wenig Interesse so etwas gerade mit mir zusammen zu machen. Aber es war immerhin einen Versuch wert.

"Er ist nunmal mein bester Freund. Und außerdem einer der besten Breakdancer, allgemein Tänzer, die ich kenne. Ich würde mich freuen, wenn wir mal zusammen auf der Bühne stehen könnten."

"I see", erwiderte Kakashi und nahm eine Denkerpose ein.

Für einige Sekunden war es totenstill zwischen uns und ich war mir sicher, dass mein Lehrer ablehnen würde. Und dann wäre ich wieder ganz am Anfang. Dann müsste ich meine ganzen Hoffnungen in die Nachhilfe stecken. Das war nicht leicht. Dabei wollte ich doch so viel Zeit wie möglich mit ihm verbringen.

"Alright, boy. Du kannst mein Studio nutzen", unterbrach Kakashi plötzlich die Stille und ich sah völlig verwundert zu ihm auf.

"Aber ich hab' da eine Bedingung", murmelte er geheimnisvoll und ich merkte, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete. Wenn er Geld wollte, dann konnte ich die Sache gleich wieder vergessen. Denn das hatte ich ganz einfach nicht. Und Sasuke darum zu bitten es zu bezahlen, sollte er überhaupt mitmachen wollen, war auch nicht drin. Das konnte ich mir nun wirklich nicht rausnehmen. Es musste irgendwie so gehen. Aber Kakashi war auch nur ein Mensch, der finanziell abgesichert sein wollte und nicht alles aus reiner Gutherzigkeit zur Verfügung stellen konnte.

"Eine Bedingung? Welche denn?", presste ich die Worte heraus, wollte die Antwort eigentlich gar nicht mehr hören und mich schon zum Verneinen und Gehen bereit machen.

"Weiß ich auch noch nicht. Aber bis morgen zum Training überleg' ich mir was", lachte Kakashi daraufhin und erhob sich von der Bank. Ich tat es ihm gleich, obwohl ich völlig perplex war oder gerade deshalb.

Dieser Mann überraschte mich immer wieder.

Hoffentlich stellte er nicht zu hohe Forderungen, die ich nicht aufbringen konnte. Vielleicht würde er ja verlangen, ihm einen dritten Teil von "Come come paradise" zu schreiben oder sogar Fotos von meinem ersten Mal zu präsentieren.

Ich überlegte einen Moment. Obwohl das mit dem Fotografieren eigentlich gar keine so schlechte Idee war. Nicht, um es später Kakashi oder irgendwelchen anderen Lustmolchen zu zeigen, sondern ganz allein zu meinem privaten Vergnügen. Vergnügt rieb ich mir nun auch die Hände. Dann könnte ich Sasuke wann immer ich wollte in höchst intimen Posen betrachten.

"Alles okay bei dir, Naruto?", riss mich mein Lehrer, den ich für einen Moment ganz vergessen hatte, wieder aus meinen erotischen Gedanken.

"Alles bestens. Vielen Dank, Kakashi. Sie haben mir wirklich geholfen", grinste ich und reichte ihm die Hand. Er schüttelte sie nicht, schlug nur einmal ein.

"Yo, no problem", lallte er wieder und bewegte sich dann erneut auf seine Matte zu, die er vorhin für mich verlassen hatte.

"Ach und Naruto, einen Tipp hab' ich da noch: learning by doing", lachte er und ich erwiderte es kurz darauf mit einem breiten Grinsen.

"Also dann: bis morgen!", rief ich noch, als ich überglücklich, obwohl sich eigentlich noch nichts so richtig entschieden hatte, erst den Raum und schließlich das ganze Studio verließ.

Als ich im Bus saß, strichen meine Finger unentwegt über den bläulichen Anhänger. Vielleicht könnten Sasuke und ich unsere Sterne neu ordnen. Vielleicht würden wir diesen Wettbewerb gewinnen und von jemandem entdeckt werden. Aber vielleicht würde es auch niemals zu diesem Wettbewerb kommen. Nicht, wenn er ablehnte.

Ein resigniertes Seufzen entfloh meinem Mund, als ich nach draußen sah und bemerkte, dass es allmählich dämmerte.

So spät war es also schon. Was Sasuke wohl gerade trieb?

Dann dachte ich darüber nach, was ich den Rest des Abends machen wollte und entschied nach einigem ringen mit mir selbst, dass es das Beste sei, zu lernen.

Und das tat ich schließlich auch. Bis zum späten Abend, hing ich über Mathe-, Geschichts- und Politikbüchern und prügelte mir - nur mit dem einen Ziel vor Augen, Sasuke endlich zu beeindrucken - den ganzen Stoff ins Hirn rein.

Anschließend war ich zwar schon mehr, als erschöpft, aber auch ziemlich stolz auf mich. Sasuke tat mir gut. Denn nur seinetwegen konnte ich mich aufraffen, all das hier durchzuziehen. Es war ja nicht so, dass ich es nie zuvor versucht hätte, aber mir hatte bislang einfach der greifbare Erfolg, der Lohn gefehlt. Nun war dieser so nah, dass ich ihn schon fast mit den Fingerspitzen berühren konnte.

Wieder dachte ich an sein bezauberndes Lächeln und mit einem mulmigen Bauchgefühl auch daran, dass ich ihm beinahe meine Gefühle gestanden hätte. Doch Itachi war gerade noch im rechtzeitigen Moment aufgetaucht, um mich davor zu bewahren. Vorerst jedenfalls.

Gähnend und vor allem zügig machte ich mich nun, nach all den Strapazen des heutigen Tages, bettfertig, schlurfte auf Socken in mein Zimmer, kuschelte mich in meine weichen Decken und nahm Kakashis größtes Heiligtum zur Hand.

Noch einmal dachte ich darüber nach, ob es wirklich eine gute Idee war, den Startschuss in mein Sexualleben mit dem billigen Pornobuch meines Lehrers zu geben.

Ich zuckte einmal mit den Achseln. Immer noch besser, als überhaupt keine Ahnung zu haben. Also schlug ich das Buch kurzerhand auf, blätterte auf eine beliebige Seite vor und begann zu lesen.

Nach wenigen Sätzen sah ich auf, starrte für ein paar Sekunden an die Zimmerwand mir gegenüber, verengte die Augen, sah dann wieder aufs Buch und kurz darauf wieder an die kahle Wand.

Ein eiskalter Schauer lief meinen Rücken hinunter. Was war Kakashi bloß für ein Mensch? Kann man derartige Perversionen überhaupt noch mit einem Menschen assoziieren?

Aber vor allem eine Frage beschäftigte mich: welches kranke Hirn hat dieses Buch nur geschrieben? Das interessierte mich. Also blätterte ich auf die letzte Seite und las den Namen des Autors: Jiraiya.

Für einen Moment blieb in meiner Welt die Zeit stehen. Jiraiya? Etwa der gleiche Jiraiya, der das absolute Tanzgenie und sogar zu den drei besten aus ganz Konoha gehört? Der, der internationales Ansehen genießt, hat es nötig, schlechte, billige Pornos zu schreiben?

Ich seufzte - war irgendwie sprachlos.

Nein, wenn er, dieses Genie - dieser Gott, so etwas schrieb, dann konnte es kein Schund sein. Ich musste tiefsinniger denken. Vielleicht betrachtete ich das Ganze nur zu oberflächlich oder aus der falschen Perspektive.

Und dann las ich gebannt weiter - auf der Suche nach Jiraiyas versteckter Botschaft. Ich würde sie finden! Hätte ich vielleicht auch, wäre ich nicht bereits fünf Minuten später eingeschlafen.
 

Nach gut einer halben Stunde, die ich damit verbracht hatte, Itachi und dem noch anwesenden Kakashi, der mich die ganze Zeit nur geheimnisvoll - beängstigend - angrinste, unzählige Moves, wie zum Beispiel den Headspin, der mir besonders gefiel und durch den meine Kopfschmerzen weitestgehend wieder zurückgekehrt waren, zu zeigen, stand ich schließlich wieder vor unserer Haustür, die ich zum letzten Mal vor zwei Tagen gesehen hatte. Durch diese Aktion ging es mir wieder etwas schlechter. Was für eine Schnapsidee. Mein Bruder hatte doch selbst gesehen, dass es mir nicht sonderlich gut ging. Anscheinend hatte er neben meiner Tanzschule, selbst das kurz darauf wieder vergessen. Genauso wie ich. Wir waren uns doch ähnlicher, als ich zugeben wollte.

Zum Abschied hupte Itachi noch einmal, ich winkte ihm, dann war ich alleine.

Es war ihm zwar sichtlich schwer gefallen zu fahren, aber er musste dringend zu diesem Treffen und mitnehmen konnte er mich auch nicht, wie er meinte. Das wäre was Geschäftliches. Und ziemlich dringend noch dazu. Also keine Chance das Ganze noch irgendwie zu verschieben.

Nun befand ich mich hier und wusste nicht, ob ich wirklich durch diese Tür schreiten sollte. Einen Moment lang dachte ich sogar daran, einfach wieder zu Naruto zu gehen. Aber das brachte auch nichts. So einfach konnte ich nicht vor meinen Problemen davonlaufen. Das wäre nur eine kurzfristige Erleichterung und letzten Endes, würde es alles nur noch schlimmer machen.

Also fasste ich mir ein Herz, dachte daran, was Itachi mir geraten hatte, mich so schnell wie möglich in mein Zimmer zu begeben, zog hastig meinen Schlüssel aus der Tasche heraus und drehte ihn in der Tür herum.

So leise ich nur konnte, schob ich diese auf und schloss sie auch direkt wieder hinter mir. Ich trat in den langen Flur und erkannte, dass in der Küche Licht brannte. Aber es war totenstill. Und das beunruhigte mich.

Für einen winzigen Augenblick hoffte ich, er wäre gar nicht da, irgendwie unterwegs, vielleicht bei einem Kollegen, doch durch diese kurze geistige Abwesenheit achtete ich nicht weiter auf meine Lautlosigkeit, trat auf den knarrenden Boden, erschrak plötzlich und verharrte wie angewurzelt in meiner Bewegung.

"Sasuke? Bist du das?". ertönte auch schon die männliche Stimme meines Vaters. Er war schon immer ein guter Beobachter und Zuhörer gewesen.

Dann hörte ich den Boden wieder knarren, viel zu schnelle, laute Schritte - Gepolter- , bekam es urplötzlich mit der Angst zu tun und stürmte einfach nur die Treppe hinauf, hinein in mein Zimmer, schloss ab und floh schnurstracks auf mein Bett.

Setzte mich hin, zog die Beine nah an meinen Körper, bettete den Kopf darauf, während mein Herz wie wild in meiner Brust pulsierte. Es fühlte sich wie eine Reise in die Vergangenheit an.

Lange hatte ich mich nicht mehr in dieser Situation befunden. Weil ich ihm nie wieder einen Grund gegeben hatte, wütend zu sein. Zumindest nicht dermaßen. Wütend war er schließlich immer auf mich. Irgendwie.

Es klopfte an der Tür. Erst ruhig, dann wollte man die Klinke hinunter drücken, immer wieder, bis die Person feststellte, dass es nicht ging, dass ich mich eingeschlossen hatte.

Wieder klopfte es, dieses Mal heftiger.

Ich hörte wieder Schritte.

"Fugaku, lass gut sein. Komm wieder mit runter. In die Küche", hörte ich die besorgte, beunruhigte Stimme meiner Mutter. Ganz leise, es klang wie ein Flehen.

"Halt dich da raus, Mikoto! Wir klären das jetzt. Ein Gespräch von Vater zu Sohn", brummte er, so laut, dass es in meinen Ohren schmerzlich widerhallte, mir gleichzeitig durch Mark und Bein fuhr.

Er war rasend vor Wut. Das wusste ich, ohne dass ich seinen strengen Gesichtsausdruck sah.

Ich würde die Tür nicht öffnen. Das würde ich sicher nicht tun.

"Fugaku...", erklang es wieder.

"Geh' einfach wieder nach unten, Mikoto. Ich komme gleich nach - versprochen. Ich will wirklich nur mit ihm über sein Verhalten reden."

Einen Scheißdreck willst du. Reden war noch nie deine Stärke. Rumschreien, Dinge zerschlagen, darin bist du gut.

Mein Körper erzitterte, als ich hörte, wie sich die Schritte meiner Mutter entfernten. Sie hatte keine andere Wahl. Es war sinnlos mit ihm zu diskutieren. Es war okay. Es war nicht ihre Schuld. Sondern ganz allein meine. Ich nahm es ihr also nicht übel, dass sie mich allein ließ. Vielleicht war das hier die Art von Gerechtigkeit, die mir zustand.

Für ein paar Sekunden war es dann ganz still, bis es aus heiterem Himmel wieder an der Tür klopfte und ich vor Schreck in mir zusammen fuhr.

"Sasuke", begann mein Vater von Neuem.

"Mach' die Tür auf."

Obwohl er gar nicht da war, es überhaupt nicht sehen konnte, schüttelte ich nur immer wieder den Kopf. Immer wieder. Immer wieder. Starrte dann auf meine Bettdecke, fokussierte einen Punkt, starrte einfach nur darauf. Versuchte mich auf etwas anderes zu konzentrieren, als auf meine Angst.

Ja, ich hatte Angst vor ihm. Schreckliche Angst vor seinen Worten. Ich wollte ihn nicht sagen hören, dass er mich hasst, obwohl ich es wusste. In meinem tiefsten Inneren wusste ich es, auch wenn ich es immer wieder verdrängte. Ich wusste es. Und es tat weh.

Zunehmend heftiger klopfte es an der Tür. Ich sah nicht auf.

"Öffne endlich die gottverdammte Tür!", schrie er nun und ich war mir sicher, dass es meine Mutter unten in der Küche hörte. Und ich wusste auch, dass es ihr schlecht dabei ging. Aber genauso wusste ich, dass sie nicht noch einmal hochkommen würde. Egal, was passierte.

Tief atmete ich durch, zitterte dabei, umschloss meinen bebenden Oberkörper - umarmte mich beinah selbst - und wünschte mich in meiner Not plötzlich wieder in Narutos Arme. Weil es mir da gut ging. Weil ich mich sicher fühlte. Sicher und geborgen. Weit weg von dem hier.

Hör' auf das zu denken, Sasuke. Lass es sein. Lass es sein. Denk' nicht mehr daran.

Und ich dachte nicht mehr daran, hörte nur noch die Schläge gegen die Tür, als würden sie direkt meinen Schädel treffen. Alles zertrümmern, alles zerschmettern. Dann hätte ich endlich meine Ruhe. Endlich meinen Frieden.

"Meine Geduld ist langsam am Ende! Überspann den Bogen nicht!", schrie er, hämmerte wieder gegen die Tür, die genauso erzittere, wie es mein Körper tat.

Ich biss mir auf die Unterlippe. Es hatte keinen Sinn sich zu verstecken. Nein, hatte es nicht. Es würde wieder vorbei sein. Ja, das würde es. Je zügiger ich öffnete, desto schneller würde es vorbei sein.

Also erhob ich mich von meinem Bett, spürte den Schwindel wieder in mir aufkommen und steuerte auf wackligen Beinen direkt auf die bebende Tür zu.

Es war mir egal. Völlig egal.

Es würde schnell wieder vorbei sein. Itachi würde mich sicher trösten. Ja, das würde er. Itachi war schließlich da. Ja, das war er. Ich war nicht allein. Nein, das war ich nicht.

Später könnte ich weinen, wenn ich die Kraft dazu fand. Ja, das stand mir zu.

Und dann drehte ich einfach den Schlüssel herum. Den Schlüssel zur Bewusstlosigkeit.

Wahre Zuneigung

Es war Montag Morgen und ich mal wieder verdammt spät dran. Eilig schlug ich die Tür zum Klassenzimmer auf, trat keuchend ein und schlenderte noch immer verschlafen auf meinen Platz neben Sasuke zu. Doch mein Weg wurde mir schließlich von einer kleinen Schülergruppe versperrt, die sich anscheinend um meinen Sitznachbarn versammelt hatte. Ich konnte ihn gar nicht erkennen, aber es war zweifellos sein Platz, den sie wie die Fliegen umschwärmten.

"O Gott, Sasuke!", schauderte Sakura. Somit war es jedenfalls klar, dass es sich tatsächlich um meinen Freund drehte. Die Mädchen begannen mit einem Mal aufgeregt zu tuscheln, aber eine gewisse Unruhe, Nervosität lag dabei in ihren Stimmen.

"Was hast du nur gemacht?"

Wieder Getuschel. Gemurmel.

"Was is'n mit dir passiert?", schnaubte nun auch Kiba. Interessiert drängte ich mich an meinen Mitschülern vorbei, hin zu Sasuke. Hatte er etwa einen Knutschfleck bekommen? Mein Herz rutschte mir beinah in die Hose.

Doch als ich ihn schließlich sah, glaubte ich, meinen Augen nicht zu trauen. Das konnte nicht sein. Was war mit seinem Gesicht passiert?

"Jetzt komm' schon! Hat dich einer vermöbelt?!", schoss es aus Kibas vorlautem Mundwerk hervor und ich bemerkte, dass Sasuke sich bedrängt fühlte. Ich musste etwas tun.

"Wer war es?", warf ein anderer ein.

"Niemand", entgegnete ich nun, ziemlich laut und kurz darauf sahen mich alle an - auch Sasuke. Mein Blick wurde trüb und ich verdammt wütend, als ich sein blaues Auge sah. Und ich konnte mir denken, woher er das hatte.

Also atmete ich einmal tief durch, um die Ruhe zu bewahren, die ich nun zur Überzeugung an den Tag legen musste.

"Wir haben es einfach nur ein wenig mit'm Alkohol am Wochenende übertrieben. Dabei ist das passiert. Ich hab' auch 'n dicken blauen Fleck am Arsch, als ich hingeknallt bin, wollt ihr Gaffer den etwa auch sehn?", lachte ich, obwohl mir überhaupt nicht danach zumute war, und legte demonstrativ die Hände an den Bund meiner Hose. "Ne, lass ma stecken", winkte Kiba ab, Gemurmel brach aus, wieder Getuschel, dann ging auch schon die Tür zu unserem Klassenzimmer mit einem lauten Ruck auf und unsere Geschichtslehrerin trat auf hohen Absätzen ein.

Die kleine Gruppe löste sich auf, alle gingen zu ihren Plätzen und ich ließ mich nun neben Sasuke auf den Stuhl plumpsen, knallte meine Tasche auf den Boden.

"Danke", murmelte er im Flüsterton. Ich schielte zu ihm herüber, sah wieder dieses blau-violette Ding in seinem Gesicht. Gestoßen hatte er sich sicherlich nicht. So ein Veilchen bekam man nur nach einem kräftigen, gezielten Schlag.

Meine Hand verkrampfte sich, als er sein Gesicht vage in meine Richtung drehte. Durch seine Augenringe sah er aus, als habe er die ganze Nacht nicht geschlafen. Seine Wangen waren wieder kränklich gerötet. So fertig hatte ich ihn noch nie gesehen. In den ganzen Jahren nicht. Nie.

Und dann schoss plötzlich ein quälender Gedanke durch meinen Kopf, während wir von unserer Lehrerin begrüßt wurden und der Großteil der Klasse darauf auch Antwort gab.

War das etwa meine Schuld? Weil ich seinem Vater so dreist die Meinung gesagt hatte? Vor Schreck gruben sich meine Finger fest in den Stoff meiner lockeren Hose. Nein, nein, nein. Das durfte nicht sein. Das konnte nicht sein. Dann würde er mir jetzt nicht danken.

Nein, er würde mich anschreien und zurecht hassen.

Oder nicht?

Beunruhigt, voller Ungewissheit fuhr ich mir mit einer Hand durch die Haare, war mit meinen Gedanken überhaupt nicht mehr anwesend. Jedenfalls nicht hier im Klassenzimmer.

"NARUTO!", hörte ich meine Lehrerin dann plötzlich schreien. Es waren inzwischen einige Minuten seit ihrem Eintreten vergangen. Der Unterricht hatte bereits begonnen.

Ich sah auf.

"Ja, Frau Migasaki?"

"Ich wiederhole mich jetzt zum letzten Mal! Kannst du uns etwas über den Sturm auf die Bastille berichten? Ja oder nein, Naruto?"

Ihr Blick schweifte schon seufzend neben mich, zu Musterschüler Sasuke, der sich das verletzte Auge mit einer Hand zuhielt. Sie nahm mich oft ohne eine Meldung dran, damit sie mir überhaupt eine mündliche Note geben konnte.

"Ja, kann ich", warf ich dann ein. Über dieses Ereignis hatte ich noch gestern Abend einiges gelesen.

"Ach?", machte sie, "ja dann mal los."

Sie nahm mich nicht ernst. Aber wie konnte sie auch? In den letzten zwei oder drei Jahren, seit sie mich unterrichtete, waren insgesamt betrachtet keine besonders sinnvollen Beiträge aus meinem Mund gekommen. Aber das würde sich nun ändern.

"Also der Sturm auf die Bastille war ein Aufstand gegen die absolutistische Herrschaft und man zog am 14. Juli 1789 zur Bastille, besorgte sich dort Waffen, Pulver und auch weitere Mitstreiter für die gemeinsame Aktion. In der Bastille befand sich nur eine kleine Besatzung, unter dem Bastille-Kommandanten, dessen Namen ich vergessen habe, und der ließ die Menge zunächst ungehindert in den Vorhof dringen, hat dann aber schließlich doch das Feuer eröffnet. Das forderte zahlreiche Tote und Verwundete und daraufhin wurden vom Volk vier Kanonen vor der Bastille platziert, weshalb der Kommandant letztendlich kapitulierte. Die Brücke zur Bastille wurde dann herunter gelassen und das Volk hat dort gewütet und gemordert, schließlich auch den Kommandanten enthauptet und seinen Kopf auf einem Spieß als Warnung und Provokation zur Schau gestellt. Ja, das war's eigentlich, was ich weiß", beendete ich schließlich meinen Kurzvortrag, in dem ich wohl mehr gesprochen hatte, als ich es sonst in ganzen zwei Wochen im Unterricht tat.

Alles war still.

"Korrekt", murmelte Frau Migasaki, "sehr gut, Naruto", lobte sie, aber immer noch ungläubig und aufgrund ihres verwunderten Gesichtsausdrucks musste ich schmunzeln, vergaß für einen Moment Sasukes Probleme.

"Möchte das noch jemand ergänzen?", fragte sie in die Runde.

"Du bist wirklich nicht dumm", murmelte Sasuke neben mir und als ich daraufhin zu ihm sah, bemerkte ich, dass mein Beitrag wenigstens ein schwaches Lächeln auf sein heute sonst so träges, müdes Gesicht gezaubert hatte.

"Ich lerne ja auch vom Meister", grinste ich, um ihn aufzuheitern.

"Erzähl' keinen Müll. Ich hab' noch überhaupt nichts getan", entgegnete er jedoch nüchtern. Er ließ sich von meiner gespielten guten Laune nicht so leicht anstecken. Wie auch. Es ging ihm schließlich ziemlich schlecht, wie man unschwer erkennen konnte.

Danach verlief der Unterricht ungewöhnlich. Wir spielten geradezu "verkehrte Welt". Ich wusste auf nahezu jede Frage eine Antwort, Sasuke hingegen folgte dem, was die Lehrerin erzählte, so gut wie gar nicht, bearbeitete die Aufgaben nicht, beteiligte sich überhaupt nicht am Geschehen.

Und das zeigte mir nur umso mehr, wie ernst die Lage war. Wieder hoffte ich inständig, dass ich nicht für die jüngsten Ereignisse verantwortlich war.

Die Stunden verstrichen und Sasuke wechselte so gut wie kein Wort mit mir. Gut, das hatte er in der Vergangenheit meistens auch nicht getan, doch jetzt zog sein Verhalten einen faden Beigeschmack mit sich, da ich wusste, woran das alles lag.

Und von Minute zu Minute gärte die Wut auf die vermeintlich verantwortliche Person in mir. Eigentlich war ich mir sicher, dass seine Verletzung auf die Rechnung seines verdammten Vaters ging, aber es blieb eben doch nicht mehr als eine Unterstellung, solange Sasuke sie nicht bestätigte.

Und doch war es die einzig plausible Erklärung. Dafür musste ich nur an das letzte Gespräch mit ihm denken oder an das, was mein mir mein schwarzhaariger Freund über ihn anvertraut hatte.

Dann klingelte es an diesem Tag zum letzten Mal, während in mir der Gedanke aufkeimte, dass Sasuke nun wieder nach Hause gehen musste - zu seinem verdammten Vater. Und das schmeckte mir nicht.

Also packte ich ihn bestimmt, aber doch ein wenig vorsichtig - aus irgendeinem Grund hatte ich plötzlich Angst ihn zu zerbrechen - an der Schulter und wartete darauf, dass er mir sein Gesicht zuwandt.

Wieder erschrak ich, als ich die unschöne Zierde seines Antlitz' sah. Sein leerer, trüber Blick glitt leicht durch meinen fesselnden hindurch.

"Sasuke. Kommst du heute zum Training?"

Sicher war das nicht die beste Idee. Er sollte sich schonen. Aber das war die einzige Möglichkeit, um mit ihm zu reden, dabei nicht zu aufdringlich zu wirken und ihn so lang wie möglich von seinem Zuhause fern zu halten.

Er nickte nur leicht, drehte sich dann um und ging, ohne mich noch einmal anzusehen, ohne sich zu verabschieden. Völlige Teilnahmslosigkeit.

Für einige Minuten - das Klassenzimmer war längst geräumt - starrte ich die Wand mir gegenüber an und dachte darüber nach, was ich in dieser Situation für ihn tun konnte.

Am liebsten hätte ich ihn auf der Stelle mit zu mir genommen. Aber wollte er das auch? - Sicher nicht. Vermutlich wollte er momentan einfach nur alleine sein und nicht von einem aufdringlichen, nervigen Kerl wie mir belästigt werden. Ich vergrub die Hände in meinen Hosentaschen, scharrte nachdenklich auf dem hellen Fußboden herum.

Das war doch alles scheiße.

Warum war ich nicht...weniger ich und etwas mehr das, was Sasuke braucht? Was er will.

Resigniert biss ich die Zähne zusammen, dachte an Kakashis Buch in meiner Schultasche. Ja, das war es wohl, woran ich unentwegt dachte, auch wenn ich manchmal versuchte, mich von etwas anderem zu überzeugen.

Dabei war ich doch wirklich in ihn verliebt. Das bildete oder redete ich mir nicht bloß ein.

Vielleicht sollte ich meine Hormone zunächst an jemandem auslassen, der mir nicht so viel bedeutete. Vielleicht könnte ich dann richtig und mit ganzem Herzen für ihn da sein.

Aber vermutlich war es dafür längst zu spät. Seine Meinung über mich längst tief eingebrannt. War da überhaupt noch was zu retten? - Wahrscheinlich nicht.

Aber auch wenn es so war, dann musste ich ihm in dieser misslichen Lage, an der ich sicher nicht ganz unschuldig war, trotzdem zur Seite stehen - als bester Freund, der ich nunmal war. Ihn mit meiner überzogenen Beklopptheit von seinem Kummer ablenken. Auch wenn es - wie so oft - auf meine Kosten gehen würde.

Das war ich ihm doch, nach all meinen kranken Gedanken über und Träumen von ihm, wirklich schuldig.
 

Die Zeit Zuhause verging wie im Flug, denn schon zwei Stunden nach Unterrichtsschluss befand ich mich in der Umkleide von Kakashis Studio - mal wieder viel zu spät. Die anderen hatten sich längst umgezogen. Also streifte ich mir zügig die Trainingsklamotten über, nahm mit einem leicht geknickten Gesichtsausdruck und einem innigen Seufzer das Schmuddelheft aus meiner Tasche und steuerte damit auf den großen Raum mit Spiegel zu, in dem wir immer übten.

Shikamaru, Kiba und Sasuke saßen nebeneinander, leicht gelangweilt auf der Bank und begrüßten mich, als ich eintrat - Sasuke nur mit einem kurzen Handzeichen, keine Gesichtsregung.

Deshalb setzte ich nun ein föhliches, übertrieben selbstsicheres Grinsen auf und quietschte guter Laune und voller Tatendrang mit den Schuhen über den Boden.

Kiba hielt sich die Ohren zu.

"Lass das, Mann!", motzte er.

Ich lachte und setzte mich zwischen Shikamaru und Sasuke. Von Kakashi war noch keine Spur. Aber das war eigentlich auch kein Wunder. Erstens, kam er sowieso immer zu spät und zweitens, sollte heute ja die langersehnte zweite Ausgabe von "Come come paradise" in seinem Briefkasten liegen.

Aus Zeitvertreib und auch, um zu testen, was ich mir überlegt hatte, zog ich nun die alte, erste Version hervor und begann darin zu lesen.

Kiba lehnte sich neugierig über den desinteressierten Shikamaru hinweg. "Was'n das?", wollte er wissen und auch Sasuke schielte zu mir herüber.

"Tjahaha, das hab' ich von Kakashi bekommen!", verkündete ich stolz.

"Nee, echt? Das is doch sein Pornobuch, oder nicht?", hakte Kiba nach, rieb sich mit dem Zeigefinger über die Nasenspitze.

"Genau das ist es. Cool, oder? Hat er mir mal geliehen. Aber das ist nicht bloß ein Roman", erklärte ich und kam mir schon fast wie Kakashi vor, der vor mir von seinem Schmuddelheftchen geschwärmt hatte.

"Ach, sondern?", fragte Kiba, noch immer interessiert. Er war auch ein wenig notgeil, wie ich fand.

"Na ja, passt mal auf", grinste ich und sah einmal abwechselnd zu Kiba und dem verwunderten Sasuke, der mich nur halb betrachtete, ein wenig abwesend und dennoch irgendwie aufmerksam.

"Wisst ihr, woher der Begriff 'Stellung 69' stammt und was das Besondere daran ist?"

Kiba sah mich mit leuchtenden Augen an.

"Du wirst es uns sicher gleich erzählen", meldete sich nun auch mein Zielobjekt schnaubend zu Wort.

Aufmunternd grinste ich, hob belehrend einen Finger in die Luft.

"Weil es, wenn man übereinander liegt, so aussieht, als bilde man mit den Körpern eine 69. Dabei kann man aber auch nebeneinander liegen. Ach und außerdem funktioniert es nur gut, wenn man annährend gleich groß ist, aber so kann man sich jedenfalls gleichzeitig befriedigen!"

"Was du nicht sagst", murmelte Shikamaru, während Kibas Nase beinah schon in meinem Buch klebte. "Weg da!", keifte ich und schob sein Gesicht zur Seite. Er rümpfte daraufhin die Nase.

"Investier' die Energie, die du dafür aufbringst, lieber in Schulbücher, als in so einen Quatsch", tadelte Sasuke mit vor der Brust verschränkten Armen.

"Hahaha", lachte ich, "nein, ich werde zum Sexgott! Das ist viel wichtiger. Du wirst schon sehen, Sasuke."

Er sah mich plötzlich an, mit seinem verletzten Auge, seinem übermüdeten Gesicht und ich wollte ihn eigentlich sanft und tröstend anlächeln, aber das durfte ich in diesem Moment einfach nicht. Denn dann wäre mein Plan hinfällig. Also grinste ich nur blöd, wie ich es sonst auch immer tat und zwinkerte ihm verschmitzt zu.

"Wofür all die Theorie, wenn es doch eh nie zur Praxis kommt?", bemerkte Kiba mit sarkastischem Unterton. Ich wandt meinen Kopf augenblicklich zu ihm, starrte ihn gefährlich an.

"Schnauze da!", brummelte ich und wandt mein Gesicht wieder zu Sasuke, der kurzzeitig wieder den Boden betrachtet hatte - viel zu nachdenklich. Also hatte ich mein Ziel noch nicht erreicht. Ich musste noch einen drauflegen. Es ging nicht anders.

"Heh, Sasuke! Hast du die Stellung schon mal ausprobiert?"

Leere Augen wanderten in meine Richtung.

"Keine Ahnung. Möglich", kam es teilnahmlos aus seinem Mund.

Ich musste noch ein paar Schritte weitergehen. Irgendwie musste ich ihn doch ablenken können.

"Auch mit 'nem Typ?", grinste ich also.

Sein Kopf fuhr plötzlich hoch, er starrte mich wütend an.

"Willst du mich verarschen? Sicher nicht!", keifte er.

Jetzt hatte ich ihn genau da, wo ich ihn haben wollte.

"Als ob", schmunzelte ich - den Bogen allmählich überspannend - "wenn ich dich manchmal so gehen sehe, dann weiß ich auch, welchen Part du übernimmst, Kumpel."

Ich warf ihm einen verführerischen, aber durchaus wissenden Blick zu und sah, wie er rot anlief.

"Das kommt von meinem harten Training! TRAINING, ja! Ich bin absolut straight!"

Sasuke schrie schon fast, so sehr regte ihn meine Unterstellung auf. Aber er war abgelenkt - definitiv.

"Aha, von was für einem Training sprechen wir denn hier?", flirtete ich unbeirrt weiter.

"Tanztraining, Usuratonkachi!"

Kiba verfolgte das Gespräch sichtlich mitfiebernd und belustigt, Shikamaru hingegen rollte nur genervt mit den Augen und Gaara hätte vermutlich gar nicht darauf reagiert, wäre er heute zum Training erschienen. Aber bei der Entfernung, war das nunmal nicht immer möglich.

"Du lügst echt sowas von scheiße", lachte ich Sasuke nun ins Gesicht, bemerkte, wie dieses zunehmend dunkler wurde, "und dass du dich so aufregst, spricht sowieso für sich."

Wahrscheinlich zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich eine Diskussion mit ihm für mich entschieden.

"Upps, alter", setzte Kiba anschließend grinsend an, "du wurdest gerade von Naruto gedisst - übel."

Dann wandt er sich zu mir und verpasste mir einen Schlag gegen die Schulter. "Gefällst mir immer besser, Blondi!"

Blondi. Damit war eine Überlegung, ob ich ihn mochte, überflüssig.

"Sagt Bescheid, wenn ihr das Niveau wiedergefunden habt", murmelte Sasuke nur noch und wandt den Blick von mir ab.

Aus dem Augenwinkel erkannte ich, dass Shikamaru zustimmend nickte.

Dann ging die Tür auf, alle hoben den Blick und erkannten Kakashi - in ein kleines Buch vertieft. Ich musste sofort grinsen.

"Yo", begrüßte er uns halbherzig, ging geradewegs auf die Bank zu, nahm Platz und las einfach weiter. Alle starrten ihn an.

"Fangen wir dann mit dem Training an?", fragte ich, betont laut, damit Kakashi sich überhaupt angesprochen fühlte.

"Gleich, muss' noch das Kapitel zu Ende lesen."

Ein entnervtes Seufzen ging durch die Runde. Der Kerl war wahrhaftig ein Unikat, wie es im Buche stand!

"Und nun?", wollte Kiba wissen.

Einen Augenblick überlegte ich.

"Ah, Moment", wandt ich dann ein und blätterte wie eine aufgescheuchte Hummel in meinem kleinen Buch herum.

"Wie wär's mit ein paar Witzchen, um die Stimmung aufzulockern?", grinste ich und drehte mich direkt zu Sasuke, der wieder begann den Boden anzustarren.

"Heh, Sasuke! Kannst du schwimmen?"

In Zeitlupe bewegte sich sein Gesicht in meine Richtung, er starrte mich genervt an.

"Wie bitte?", hakte er nach, als habe er mich falsch verstanden.

"Ja, ob du schwimmen kannst! Los, antworte mal!", wiederholte ich auffordernd.

"Oh Mann", stöhnte er, "ja, kann ich."

Einen Moment wartete ich noch, setzte vorfreudig ein breites Grinsen auf.

"Darf ich dich dann mal ins Becken stoßen?", lachte ich und Kiba prustete augenblicklich los, während Sasuke mich nur verstört anblickte.

"Haha", machte er ironisch und wandt den Blick wieder ab, beugte sich vor, stemmte das Gesicht in eine Hand.

Ein paar Sekunden verstrichen.

"Heh, Sasuke!", begann ich von Neuem.

"Was?", brummelte er zornig, sah mich nicht einmal mehr an.

Allmählich beruhigte sich auch Kiba wieder und lauschte nun gespannt dem nächsten Witz.

"Bist du tierlieb?", wollte ich ernst wissen.

Sasuke drückte seine Hand gegen die Stirn, keuchte. "Jaha", murmelte er.

"Dann bist du sicher gut zu Vögeln, oder?", lachte ich wieder und auch Kiba prustete erneut los. Shikamaru stöhnte.

"Langsam kann ich's nicht mehr hören", bemerkte jener.

"Sei nicht so ein Miesepeter, Shikamaru! Das ist lustig!", klopfte Kiba seinem Freund auf die Schulter, während er sich selbst ein paar Tränen aus den Augen wischte.

"Jetzt hab' ich aber auch einen für dich", sagte Sasuke und sah mir in die Augen.

Schlagartig war ich auf alles gefasst. Nun würde ich also seine bittere Rache spüren. Aber auch das war mir recht. Wenn er nur seinen Kummer vergaß. Auch wenn er mich jetzt noch mehr hasste, als ohnehin schon. Es konnte auch gar nicht anders sein. Ich hatte mich lustig über ihn gemacht, obwohl ich doch sein bester Freund war und in solchen Situationen Rücksicht nehmen sollte.

Aber ich hatte mich richtig verhalten. Glaubte ich zumindest.

"Als Gott das Hirn verteilt hat, da warst du wohl gerade auf Toilette", bemerkte er grinsend und meine Augen weiteten sich schlagartig. Wie? Das war alles? Und er grinst?

Ohne, dass ich es wollte, dass es wirklich einen Sinn ergab, rutschte mir mein Herz tief in die Hose.

"Ähm", begann ich zögerlich, "lustig ist das aber nicht."

Obwohl Shikamaru sehr wohl darüber schmunzelte.

"Tja, the truth hurts", grinste Sasuke weiter und ich musste es einfach erwidern. Ich konnte gar nicht anders. Dieser Anblick war unbeschreiblich erleichternd.

"So, hey boys, let's go", grinste Kakashi nun, der sich unbemerkt genau vor uns geschlichen hatte. "Genug geplaudert", fügte er hinten an.

"Macht euch erstmal warm", befahl er schon fast und wir erhoben uns von den Bänken.

Ich wärmte mich mit ein paar Liegestützen auf und beobachtete Sasuke, wie er in den Männerspagat ging und sich dehnte. Tat das nicht weh? Allein vom Zusehen schmerzte die Gegend zwischen meinen Schenkeln!

Nach den Aufwärmübungen begannen wir mit dem eigentlichen Training, das ungefähr eine Stunde andauerte, in der Sasuke häufig kleine Pausen einlegte, um sich zu regenerieren. Es fiel ihm nicht leicht, aber er ließ sich auch nicht überreden, das Training vorzeitig zu beenden. Er sei kein Weichei, meinte er.

Kakashi brachte uns noch einen neuen Move bei - zumindest zeigte er ihn uns, beherrschen tat ihn noch keiner - und rief, als Shikamaru und Kiba bereits auf dem Weg zur Umkleide waren, Sasuke und mich nochmal zu sich.

Und da dämmerte es mir. Er wollte ja mit mir über die Bedingung sprechen.

Kakashi zog mich am Arm zu sich, aus Sasukes Hörweite.

"Hast du's ihm schon gesagt?"

Ich schüttelte nur mit dem Kopf und er stieß mir daraufhin in den Rücken, drückte mich vor, genau zu Sasuke.

"Na dann, it's your turn, Naruto!"

Sasuke sah fragend zu mir auf.

Tief holte ich Luft.

"Sasuke...ich...", begann ich stotternd, als würde ich wieder versuchen ihm meine Liebe zu gestehen, obwohl ich lediglich nach dem Wettbewerb fragen wollte.

Egal. Jetzt einfach gerade raus damit. Hatte bei Kakashi schließlich auch funktioniert. Sonst würde ich mich vermutlich nie dazu überwinden. Und dann wäre unsere einzige Chance auf Ruhm, Reichtum und unsere Liebe verflogen.

Also kramte ich das Blatt Papier aus dem Schmuddelbuch heraus, das ich heute Nachmittag hineingelegt hatte und hielt es ihm ausgebreitet vor die Nase.

"Wollen wir zusammen daran teilnehmen?", presste ich hervor und er nahm mir den Zettel aus der Hand, überflog ihn grob mit den Augen.

"Das Hammertalent[1]?", fragte er skeptisch nach.

"Ja, das ist eine Talentshow. Da kann man sich mit allem bewerben und wir könnten da ja als Duo auftreten, weißt du..."

"Da hab ich weder Zeit noch Lust zu", wandt er direkt ein und für einen Moment glaubte ich, mein Herz würde aufhören zu schlagen. Er sagte genau das, womit ich gerechnet hatte und trotzdem traf es mich wie aus dem Nichts.

Kakashi legte mir eine Hand auf die Schulter.

Nein, es war noch nicht vorbei.

"Aber das wäre die Chance für uns! Du bist doch auch ehrgeizig! Vielleicht werden wir dort entdeckt und außerdem bekommt der erste Platz ganze 100.000 Euro geschenkt!"

Plötzlich blitzte etwas Unbekanntes in seinen Augen auf.

"100.000 sagst du?"

Ich nickte heftig mit dem Kopf. Sasuke schien zu überlegen.

"Gut, das kommt mir eigentlich ganz gelegen, aber wie stellst du dir das mit dem Duo vor?"

Ein breites Grinsen umspielte meine Mundwinkel. Das war ein klares 'ja'! Er hatte tatsächlich zugesagt - unfassbar.

"Das könnt ihr ja dann später in Ruhe klären", wandt nun Kakashi - sichtlich zufrieden - ein und setzte sich neben Sasuke auf die Bank.

"Zu meiner Bedingung -"

"Bedingung?", hakte Sasuke verwundert nach, sah mich fragend an und mein Herz begann vor Aufregung wild zu schlagen. Wenn er jetzt ablehnte, wo mein Freund endlich zugestimmt hatte, das würde ich Kakashi niemals verzeihen.

Unruhig stand mein Lehrer wieder auf und wies mich mit einer Handbewegung dazu an, Platz zu nehmen. Ich saß nun also neben Sasuke und starrte meinen Lehrer mit einem aufgesetzten Hundeblick an.

"Ihr könnt mein Studio nutzen, aber ich will mir von Zeit zu Zeit die Ergebnisse ansehen und euch Tipps geben, damit ihr so richtig die Bühne rockt", lachte Kakashi und meine Gesichtszüge entspannten sich augenblicklich, ich wollte ihm um den Hals fallen, fing jedoch nur lauthals an zu lachen.

"Und ihr müsst die hier, zum Zeichen eurer Loyalität, bei euren Auftritten tragen", sagte mein Lehrer nun, kramte in seinen Hosentaschen herum und hielt uns zwei schwarze Stofflappen entgegen, nach denen Sasuke und ich direkt griffen.

"Was soll das sein?", fragte mein Freund.

"Das sind Stirnbänder mit dem Konoha-Wappen drauf und nebenbei ist das auch das Markenzeichen meines Studios, falls euch das in all den Jahren noch nicht aufgefallen sein sollte", bemerkte er.

Ich schnüffelte an dem komischen Stoff und Sasuke tat es mir gleich.

"Was ist das für ein merkwürdiges Material? Das riecht komisch."

Kakashi sah Sasuke aus großen Augen an. Aber ich war genauso interessiert daran.

"Nun ja, das ist Baumwolle mit ein wenig Elastan, aber ich hab' nicht behauptet, dass die gewaschen sind", grinste er belustigt.

"Woah, ihhh", kam es gleichzeitig aus unseren Mündern.

"Könnt ihr ja dann nachholen. Aber apropos waschen: ihr gehört auch ganz dringend unter die Dusche."

Mit der Hand versuchte er die stinkende Luft wegzuwedeln.

"Wir sind nichts gegen das hier", betonte ich noch einmal gekränkt, als wir auf die Umkleide zugingen und hielt das blöde Stirnband in die Luft.

Dann kamen uns auch schon Shikamaru und Kiba entgegen.

"Yo, bis morgen in der Schule", grinste Kiba und Shikamaru nickte uns kurz zu.

Als wir uns in der Umkleide auszogen, uns die Handtücher umbanden und auf die Duschräume zugingen, grübelte ich plötzlich darüber, ob er wirklich nur am Kopf verletzt war. Bis jetzt hatte ich es noch nicht gewagt, ihn genauer anzusehen.

Oder hatte sein Vater ihn richtig verprügelt? Vor Sorge und neu aufkeimender Wut kniff ich die Augen zusammen, legte mein Handtuch beiseite und drehte das Wasser auf, begann mich einzuseifen.

Mein Blick schweifte zögerlich, aber forschend zu Sasuke, der mir an der anderen Wand den Rücken zuwandt und ebenfalls das erfrischende Wasser über seinen Körper laufen ließ.

Allmählich breitete sich Wasserdampf innerhalb des Duschraums aus, doch bis jetzt konnte ich an Sasuke keinerlei weitere Verletzungen erkennen. Das beruhigte mich. Dann war seinem Vater immerhin nur einmal die Hand ausgerutscht. Ich war mir inzwischen wirklich sicher, dass er es getan hatte. Wer auch sonst?

Meine Augen ruhten weiterhin auf Sasuke, der sich die Haare einshampoonierte, auf seinem makellosen Körper, seinem Rücken, seinem Hintern -

Und ich vergaß, was dieser Anblick trotz aller guten Vorsätze unvermeidlich bei mir auslöste und wandt schnell den Blick von ihm ab, wusch mir die Haare, versuchte mich mit dem Wasser abzukühlen, hörte schließlich, wie er das Wasser abdrehte und tat es ihm gleich.

Ich vernahm Schritte, drehte mich um, sah Sasuke mit seinen nassen, strähnigen Haaren und dem umgebundenen Handtuch vor mir stehen.

Er erwiderte meinen Blick, sah an mir herab und räusperte sich. "Lass deine perversen Fantasien das nächste Mal Zuhause."

Das war sein einziger Kommentar, mit dem er sich auch schon wieder abwenden wollte, doch, ohne wirklich darüber nachzudenken, griff ich plötzlich nach seinem Handgelenk und hielt ihn fest.

Er sah mich wieder an. Ich wollte nicht, dass er nur dieses eine Bild von mir hatte. Ich wollte ihm sagen, was ich wirklich für ihn empfand.

Öffnete den Mund. Schloss ihn kurz darauf wieder.

Wie lächerlich war das denn? Hier, in der Dusche, nackt, mit einer deutlich erkennbaren Erregung, war das doch total bescheuert. Peinlich.

Ich wurde rot, hielt aber weiterhin sein Hangelenk.

Die Entscheidung, was ich tun sollte, nahm Sasuke mir ganz einfach ab. "Lass mich los", sagte er, völlig nüchtern, ernst und bestimmt.

Ich tat, was er sagte, ließ den Blick zu Boden sinken und hörte kurz darauf die Schritte, die sich von mir entfernten. Geistig abwesend band ich mir ebenfalls das Handtuch um, drehte mich wieder Richtung Wand, lehnte meine Stirn dagegen und dachte darüber nach, was er von mir hielt.

Was er bei meinem Tun nur von mir halten konnte.

Resigniert biss ich die Zähne zusammen, wollte vergessen, verdrängen, zog ruckartig den Kopf zurück und rammte ihn einmal fest gegen die Wand - Kurzschlussreaktion.

Augenblicklich stöhnte ich laut auf, entfernte mich torkelnd von der rot gefärbten Wand und rieb mir über die Stirn, bemerkte das warme Nass an meiner Augenbraue, während mein Sichtfeld unklar wurde.

"Naruto, was- ", hörte ich Sasukes Stimme hinter mir, doch er brach ab oder es verschwamm ganz einfach in meinen Ohren, jedenfalls spürte ich, wie er plötzlich an mir rüttelte und mich lautlos anschrie.

Er nahm meine Hand von der Wunde, betrachtete diese, schüttelte nur mit dem Kopf.

"Was hast du denn gemacht?", vernahm ich nun doch wieder seine ärgerliche Stimme, total verzerrt. Er, der es gerade einmal geschafft hatte seine Hose überzustreifen, schob mich nun aus den Duschräumen heraus, direkt in die Umkleide, zwang mich dort, mich hinzusetzen.

In meinem Schädel drehte sich alles.

Dann hockte er sich vor mich, griff nach seinem Handtuch und drückte es etwas vorsichtig gegen meine schmerzende Wunde.

Wieder schüttelte er mit dem Kopf.

"Usuratonkachi", brachte er hervor.

"Warte einen Moment", sagte er, entfernte sich kurz darauf aus der Umkleide und kam wenige Minuten später zurück, hockte sich wieder vor mich. Allmählich wurde mir meine Umgebung wieder bewusst.

"Scheiße. Kakashi ist gerade auch nicht da - ich kann ihn zumindest nicht finden. Zieh dich erstmal an. Du hast doch sicher Iod oder irgendwas bei dir im Haus, oder nicht?"

Ich nickte zustimmend - einfach so. Grübelte nur darüber, ob in seinem Unterton so etwas Ähnliches wie Sorge lag, musste kurz lächeln, bevor mir der Schmerz wieder durch die Glieder zuckte.

Wir zogen uns nun beide an, allerdings musste mir Sasuke gelegentlich helfen, indem er mich stützte, da ich sonst ganz einfach das Gleichgewicht verlor.

Der Heimweg verging relativ schnell, als wir im Bus saßen und ich nur noch das stetige Pochen in und das trocknende Blut an meinem Kopf spürte.

"Geht's?", fragte Sasuke, als wir in meine Wohnung traten. Er, der ein riesiges Veilchen im Gesicht hatte, das er sich im Gegensatz zu mir nicht selbst zugefügt hatte.

Ich nickte nur, während er mich in die Küche geleitete. Er drückte mich an den Schultern auf einen Stuhl und verließ den Raum gleich darauf wieder.

Minuten später kehrte er mit einem kleinen Fläschchen - was wohl tatsächlich Iod war - und einem Tuch zurück.

"Stillhalten", meinte er, als er ein wenig von der Flüssigkeit auf dem Stoff verteilte. Ich sah ihm dabei zu. Sagte aber nichts.

Dann tupfte er meine Wunde damit ab - ich biss die Zähne zusammen, es brannte höllisch.

"Schon fertig", murmelte Sasuke, als er das Tuch auf den Tisch legte und mich mit verschränkten Armen und einem forschenden Blick musterte.

Allmählich klärte sich auch mein Sichtfeld wieder auf, bis hin zum Normalzustand. Die Schmerzen ließen nicht wirklich nach.

"Warum hast du das gemacht? Das war doch vorsätzlich."

Ich sah auf.

"Ist die Wunde groß?", konterte ich, anstatt zu antworten.

Sasuke seufzte. "Es geht. Ist halt 'ne ordentliche Platzwunde. Aber warum hast du deinen Kopf gegen die Wand geschlagen? Ich meine, da war schließlich Blut dran."

Mit den Händen rieb ich nervös über meine Beine.

"Weil du mir nicht anvertraust, was passiert ist", murmelte ich kleinlaut.

Seine Augen wurden größer. "Deshalb hast du das gemacht? Das ist doch Schwachsinn."

Ich lächelte traurig. "Findest du?"

Wieder vernahm ich einen Seufzer. Nahm er mich überhaupt ernst? Oder belächelte er mein Verhalten genauso, wie die Lehrerin meine schulischen Leistungen?

Es dauerte eine ganze Zeit, bis Sasuke wieder das Wort ergriff und in dieser Zeit erfasste mich eine unbeschreibliche Ungeduld, ein Unwohlsein, das nichts mit meinem schmerzenden Schädel zu tun hatte.

"Mein Vater", sagte er schließlich und ich sah augenblicklich zu ihm auf.

Sah, dass er sich das rechte, verletzte Auge beschämt zuhielt.

Ich wollte etwas fragen, doch ich entschied, dass es besser sei, ihn von alleine erzählen zu lassen.

"Er war sauer wegen dem Auftritt. Da ist ihm die Hand ausgerutscht."

Sasukes Körperhaltung erinnerte mich in diesem Moment an ein verängstigtes Tier. Er bestätigte meine Unterstellungen und ich empfand ehrliches Mitleid mit ihm.

Es ging ihm schlecht. Nicht aufgrund der Verletzung, sondern weil sein Vater ihn so behandelte. Das erkannte ich in diesem Moment. Trotz meines eigenen Schmerzes, spürte ich erneut den Zorn in mir aufsteigen, vergaß für einen Augenblick alle Probleme, die nur mich betrafen und biss die Zähne zusammen.

"Was denkst du jetzt von mir?"

Fragend sah ich ihn an, in sein kaltes, trauriges Auge, das mich erwartungsvoll betrachtete.

"Wie meinst du das?", presste ich hervor, verstand die Frage wirklich nicht.

Ein gequältes Lächeln schlich sich auf seine Lippen, während er die Hand von seinem Auge sinken ließ.

"Ich bin erwachsen. Und lasse mir von meinem Vater eine ziehen. Das ist ganz schön armselig. Deshalb guckst du mich auch so an. Du kannst ruhig lachen, wenn du willst."

Es schmerzte mich, dass er so von sich selbst dachte. Noch immer stand er vor mir und ich griff vorsichtig nach seinem Handgelenk. Irgendwie musste ich ihm doch helfen können. Ich wollte es so sehr.

Vielleicht würde mich die Wahrheit weiter bringen. Wenigstens einen kleinen Schritt vorwärts.

"Nein, ich...Es tut mir weh, dich so zu sehen. Ich mach' mir Sorgen und ich...ich würde dir unheimlich gerne helfen. Aber ich weiß einfach nicht, wie."

"Du kannst ruhig lachen, wenn du willst", griff ich kurz darauf noch seinen vorherigen Satz auf.

Ich spürte, wie er meine Hand von seinem Handgelenk löste und ich musste wieder geknickt lächeln. Konnte ihn nicht mehr ansehen. Was hatte ich mir eigentlich dabei gedacht? Er wollte das nicht hören. Jetzt würde er gehen und mich nie wiedersehen wollen.

Meine Brust schmerzte, noch viel mehr als mein Kopf, ich hatte plötzlich das Bedürfnis zu weinen, wartete auf das Geräusch von Schritten, die sich aus meiner Reichweite entfernten oder auf einen verachtenden Kommentar, doch dann spürte ich, wie sich ruckartig Arme um meinen Hals schlangen, wie sich jemand auf mich setzte, mit seinem bebenden Körper.

Mehr aus Reflex hielt ich den zitternden Leib fest, realisierte noch nicht wirklich, dass es Sasuke war, der mir nun so nah kam.

Und noch weniger wollte ich begreifen, dass sich der Stoff an meiner Schulter durchnässt anfühlte - dass er tatsächlich weinte. Zum ersten Mal. Hier bei mir - in meinen Armen.

Seine Hände griffen fest in mein Oberteil, er drückte seinen Kopf näher an mich und ich wusste mir nicht anders zu helfen, als ganz vorsichtig und bedächtig mit den Fingern sein Rückgrat entlangzufahren.

Ich hörte sein Schluchzen, spürte ihn zittern, war mir über seinen Schmerz, seinen Kummer bewusst. Und ich war mir sicher, dass er vergessen wollte, dass er alles tun würde, um nicht mehr daran denken zu müssen, wie schlecht es ihm ging.

Das wusste ich aus eigener Erfahrung.

"Lass mich....nicht los....", flehte seine zittrige Stimme mit einem wehleidigen Unterton. Es war kaum mehr, als ein Hauchen.

Als Antwort zog ich ihn nur noch näher an mich, hielt ihn eine Weile vertröstend, lieb und sachte, bis seine Lippen schließlich hauchzart, versehentlich meinen Hals berührten, als er den Kopf zur Seite drehte.

Ein Kribbeln fuhr durch meinen Körper. Denn ich wusste, dass ich ihn jetzt küssen könnte. Dass er es wahrscheinlich aus eigenem Frust, aus Egoismus dulden würde. Und ich ahnte, dass er in dieser Situation vielleicht sogar mit mir schlafen würde, wenn er mich auch nur ein wenig attraktiv fand.

Und genauso war ich mir sicher, dass er es später bereuen würde. Dass ich es selbst bereuen würde, weil ich ihn benutzt hätte. Seinen unglaublichen Schmerz zu meinem eigenen Heil ausgenutzt.

Deshalb würde ich standhaft bleiben. Es nicht zulassen, nicht nachgeben, auch wenn es mir schwer fiel. Weil ich ihn liebe und meine Liebe nicht länger nur auf das Körperliche reduzieren will.

Er brauchte mich jetzt. Aber nicht so. Sondern einzig und allein meine Zuneigung, meine Obhut.

Mit zittrigen Atemzügen strichen seine Lippen über meine Wange, küssten mich dort schüchtern und wanderten schließlich langsam in Richtung meines Mundes.

"Sasuke", flüsterte ich ermahnend und schreckte ihn damit aus seinem tranceähnlichen Zustand. Er drückte sich schlagartig von mir, saß noch immer breitbeinig auf meinem Schoß, starrte mich an und konnte anscheinend nicht begreifen, was er getan hatte.

"Ich...Ich wollte das....Es tut...mir leid", presste er hervor und bedeckte sein Gesicht mit einer Hand, zitterte noch immer, jetzt vielleicht mehr, als zuvor.

"Ich weiß nicht, was mit mir los ist...Ich wollte nicht...", stammelte Sasuke erklärend vor sich hin, weil er glaubte, dass es mir nicht gefallen hätte. Weil er vermutlich selbst nicht wusste, ob ihm diese Art von Nähe zu mir gefiel. Aber wenigstens die Angst vor meiner Abweisung konnte ich ihm nehmen.

Ganz bedächtig, nicht zu schroff.

"Sasuke", murmelte ich wieder, umfasste sein Handgelenk und zog es zu mir herab, damit er mich ansah. Ich bemühte mich, ganz sanft zu lächeln. Dann streichelte ich behutsam seinen Arm entlang.

"Es ist okay."

Überrascht sah er mich an. Aus seinen verheulten Augen, die zu dem verletzten Gesicht und den geröteten Wangen gehörten.

"Ist es nicht", widersprach er und senkte seinen Blick, "Ich hätte dich beinah...O Gott, ich hätte dich...ich wollte das nicht...", stammelte er wieder und sein Brustkorb hob und senkte sich unregelmäßig, mal schnell, mal langsam, aber stoßweise.

"Es ist okay", wiederholte ich, hob eine Hand und strich ihm die Tränen aus dem Gesicht. Kurz zuckte er, doch dann hielt er inne und ließ es geschehen.

"Warum?", hauchte er fast lautlos.

"Warum ist sowas okay?", fragte er noch einmal und ich bemerkte, dass sich seine Hände zu schwachen Fäusten ballten.

Weil ich dich liebe. Weil du alles für mich bist und ich es einfach nicht ertrage, dich so zu sehen. Und weil ich es mir wünsche. Ich wünsche mir diese Art von Nähe mit dir.

"Weil du mein bester Freund bist. Und gleichzeitig alles, was ich habe und mir etwas bedeutet. Deshalb könnte ich deine Nähe niemals verweigern", sagte ich lächelnd und streichelte ihn weiter. Hoffte, dass er meine Erklärung hinnehmen würde.

Es dauerte zwar einen Moment, doch dann nickte er zaghaft, beugte sich zu mir und hielt noch einmal inne, sah mir fragend, wieder so schüchtern in die Augen.

"Es ist wirklich okay?"

Kurz nachdem ich seine Frage mit einem leichten Nicken bestätigt hatte, legte er wieder zwei Arme um mich und ich erwiderte seine Umarmung.

Endlich konnte ich das für ihn sein, was er wirklich brauchte. Das machte mich glücklich. Und ich durfte ihn berühren. Ich durfte ihn spüren, seinen Duft einatmen, ganz nah bei ihm sein.

Sein Kopf lehnte nun an meiner Brust, ich strich durch sein Haar, fuhr mit den Fingern wieder seinen Rücken auf und ab.

Das hier tat man nicht mit ganz normalen Freunden. Und ich war mir fast sicher, oder hoffte zumindest, dass auch Sasuke das wusste, aber dennoch zuließ, weil er diese Nähe genauso ersehnte, wie ich es tat.

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[1]Sorry, das musste einfach sein!!! xD

Verbotene Liebe

So. Oh Mann, Leute. Ich weiß nicht, ich werde mit dem Kapi iwie nicht richtig warm (dabei steht das schon relativ lange so ähnlich fest!), weiß aber auch nicht mehr weiter, wie ich das anders schreiben/ verpacken könnte -.-

Also nehmt es mir nicht ganz so krumm. Ich hoffe, dass ich die Dramatik dennoch ansatzweise gut transportieren kann. Das Kapi ist nämlich (eigentlich) ziemlich wichtig für den weiteren Verlauf .___. Für ALLE vier Teile *seufz*

Nya, ich höre mal auf rumzuheulen, könnt mich ja dann in den Kommis fertigmachen :D <3

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Bedächtig streichelte ich ihn weiter, strich durch sein weiches Haar und gelegentlich auch über seine heiße Wange. All das ließ er über sich ergehen. Vielleicht genoss er es sogar, aber ich war mir momentan noch zu unsicher mit der ganzen Situation, um mir darauf etwas einzubilden. Das wäre nicht gut. Deshalb ließ ich es bleiben.

"Sasuke?", flüsterte ich nun leise, doch es folgte keine Antwort. Sein Kopf lehnte noch immer gegen meine Brust, weshalb ich sein Gesicht nicht erkennen konnte.

War er etwa eingeschlafen? Ein glückliches, sanftes Lächeln schlich sich auf meine Lippen.

Noch einige Minuten berührte ich ihn auf diese Weise weiter, hoffte meine Zärtlichkeiten würden ihm schöne, angenehme Träume bereiten.

Aber wir konnten nunmal nicht ewig so sitzen bleiben. Sonst würden zu unserem ohnehin schon bemerkenswerten Leiden auch noch zusätzliche Gliederschmerzen kommen. Und da konnte ich gut drauf verzichten.

Deshalb beschloss ich, dass es das Beste sei, ihn auf die Couch zu legen und selbst noch - zum Einschlafen und zur Beruhigung - ein wenig Fernsehn zu gucken oder die Wunde erstmal daraufhin genauer zu untersuchen, ob ein späterer Arztbesuch nötig war.

Sanft hob ich Sasuke nun an, indem ich unter seine Arme griff und stützend eine Hand an sein Gesäß legte. Ein leichter Rotschimmer legte sich dabei auf meine Wangen. Warum musste er sich nur so verdammt gut anfühlen? Das machte es nicht unbedingt leichter, die Finger von ihm zu lassen.

Als ich nun stand und ihn, wie einen Schluck Wasser in der Landschaft, in meinen Armen hängen sah, überlegte ich, wie ich ihn am besten bis ins Schlafzimmer transportieren konnte.

Er war ein wenig kleiner als ich - ganze zwei Zentimeter - und vermutlich auch nicht besonders schwer. Zumindest sah er mit seiner schlanken, athletischen Statur nicht danach aus. Also hievte ich ihn nach oben, legte einen Arm um seinen Oberkörper, der andere griff unter seinen Kniekehlen entlang. Sein schlafendes Gesicht, das ich nun ganz deutlich erkennen konnte, lehnte wieder an meinem Körper. Er lag in meinen Armen, wie man eine Braut über die Schwelle trägt. Sofort lief ich wieder knallrot an und war zunächst damit beschäftigt, mich von meinen eigenen Gedanken zu erholen.

Ein paar Sekunden betrachtete ich ihn nun so. Für mich war ausnahmslos alles an ihm perfekt - einfach atemberaubend schön. Zumindest gerade in diesem Moment. Sein wie immer makelloses Gesicht, aber jetzt so friedlich entspannt, mit den Haarsträhnen, die über seine Augen fielen, der leicht geöffnete Mund. Ich begriff nicht, wie man diesem wundervollen Gesicht Leid zufügen konnte. Wieder sah ich sein blaues Auge und in jenem Augenblick war dieser Anblick so unendlich viel schrecklicher als die Male zuvor. Durch den präsenten Kontrast von Schönheit und Schmerz und eben weil ich den Grund dafür nicht verstand. Dass der eigene Vater ein so schönes, tüchtiges und anständiges Kind so sehr hassen konnte, um es aus nichtigen Gründen zu schlagen. Ich verstand es einfach nicht. Aber vielleicht konnte man das auch gar nicht. Nicht alles, was auf dieser Welt geschah konnte man nachvollziehen, manches war ganz einfach so. Das versuchte ich mir immer wieder einzureden. Man musste es irgendwie...hinnehmen. Akzeptieren? Das war jedenfalls die einfachere Lösung.

Ein resigniertes Seufzen entfloh meinem Mund, als ich mir schließlich über sein Gewicht bewusst wurde. So leicht, wie ich gedacht hatte, war er doch nicht. Aber eigentlich auch kein Wunder. Selbst ich wusste, dass Muskeln mehr als Fett wiegen. Und Sasuke wog in diesem Augenblick geschätzte zweihundert Kilogramm.

"Du Pottwal", flüsterte ich ihm grinsend entgegen, als ich mit ihm über die knarrenden Dielen stolzierte, einfach, um mich selbst aufzuheitern. Zu vergessen, was es für schlechte Menschen ganz in meiner Nähe gab. Menschen, die ich, obwohl ich kein Freund von Gewalt bin, am liebsten grün und blau schlagen würde. Damit sie nur ein einziges Mal am eigenen Leib erfahren, wie sich ihre Methoden anfühlen. Wie es ist, der Unterlegene und Hilflose zu sein.

Und Sasuke war seinem Vater unterlegen. Deutlich sogar. Aber nicht körperlich. Ich wusste, dass er sich wehren konnte. Dass er zumindest verhindern könnte, geschlagen zu werden. Seinen Hass konnte er nicht auf diese Weise unterbinden. Nicht mit der Gewalt, die sein Vater in meinen Augen so gerne zu nutzen schien. Aber er tat nicht einmal das. Er tat nichts, um sich selbst zu schützen. Aber warum nicht? Wovor hast du Angst, Sasuke?

Vorsichtig legte ich ihn nun auf der Couch ab, strich noch einmal über seine Wange und sah mich dann im Zimmer, auf der Suche nach einer Decke, forschend um.

In einer Ecke meines Schlaf- und Wohnzimmers entdeckte ich schließlich das gesuchte Objekt, holte es und bedeckte Sasukes Körper damit.

Ich nahm auf der Couch Platz, fuhr mit den Fingern wieder durch sein Haar und bemerkte plötzlich, dass er dabei lächelte. Mein Herz machte ein paar kleine, schmerzliche Sprünge, während ich ihm ein paar Strähnen aus dem Gesicht strich.

Wer im Schlaf durch so eine simple Geste, derart glückselig lächelt, der konnte in seinem Leben nicht viel Zuneigung erfahren haben. Dabei dachte ich immer, du hättest alles. So lange Zeit habe ich dich darum beneidet. Aber jetzt?

Träumst du etwa davon, dass dich dein Vater so lieb streichelt?

Ein Kloß bildete sich bei diesem erdrückenden Gedanken in meinem Hals.

Hat man dich denn nie mehr geliebt, als mich?

Vorsichtig fuhr ich mit den Fingerspitzen den Rand seiner Verletzung entlang. Doch, deine Mutter und dein Bruder lieben dich. Tun sie. Bestimmt. Und ich liebe dich. Aber ich brauche auch deine Liebe, Sasuke. Ich will nicht mehr alleine sein. Wirklich nicht. Schenk' mir etwas von deiner Liebe. Deiner Zuneigung. Irgendwas.

Dann ließ mich plötzlich ein nahezu unbekanntes Geräusch hochfahren - die Türklingel. Abrupt stand ich auf, steuerte vor Schreck zittrig auf den Flur zu. Wer konnte das sein? Leider besaß ich keinen Türspion, um nachzusehen, ohne gleichzeitig Einlass zu gewähren. Was sollte ich tun, wenn es sein Vater war?

Ach, Quatsch. Der wusste schließlich gar nicht, wo ich wohne. Oder sollte Itachi ihn informiert haben?

Mit einem von Fragen und Unsicherheiten gefüllten Kopf, drehte ich den Schlüssel herum und öffnete die Tür einen Spalt weit.

"Du schon wieder", murmelte ich genervt, aber auch ein Stück erleichtert, als ich Sasukes älteres Ebenbild vor mir sah.

"Guten Abend, Naruto. Ist Sasuke bei dir?", wollte er höflich und mit einem aufgesetzten Lächeln wissen. Ich war mir nicht ganz sicher, welche Antwort die Richtige war. Eine Lüge oder doch besser die Wahrheit?

Ich entschied mich für letzteres und nickte kurz.

"Darf ich dann reinkommen?"

Ich öffnete die Tür und ließ ihn eintreten.

"Ist es okay, wenn ich Schuhe und Jacke anlasse? Ich wollte eigentlich nicht lange bleiben. Wo ist er denn?"

Itachi war unglaublich gut erzogen, hatte ich jedes Mal im Gefühl. Ein echtes Vorzeigekind eben.

"Sicher", murmelte ich nur und führte ihn zum Schlafzimmer.

"Er schläft", fügte ich hinzu.

Mit leisen Schritten traten wir vor Sasuke, der sich inzwischen auf die Seite gedreht hatte.

"Du kümmerst dich wirklich liebevoll um meinen Bruder", bemerkte Itachi und als ich zu ihm sah, erkannte ich das Lächeln auf seinen Lippen und erwiderte es.

"Du magst ihn sehr. Nicht wahr, Naruto?", fragte er weiter und warf mir einen sanften Blick zu, weshalb ich wahrheitsgemäß nickte.

"Hast du ihn auch hier hingelegt?"

Wieder ein bezauberndes Lächeln. Itachi war ein netter Mann. Er sorgte sich um seinen Bruder und war wohl froh, dass sich jemand genauso um ihn bemühte, wie er es tat.

"Ja, nachdem er einfach in meinen Armen weggepennt ist", lächelte ich und rieb mir verlegen über die Nasenspitze.

"Was du nicht sagst", murmelte Itachi, weiterhin lächelnd.

"Können wir uns vielleicht kurz ungestört unterhalten? Ich würde gerne was mit dir besprechen, Naruto", meinte er und deutete in Richtung Küche.

Ich nickte nur und ging vor. Vielleicht hatte er in der kurzen Zeit bereits bemerkt, dass es mir mit Sasuke wirklich ernst war. Vielleicht wollte er mir deshalb mehr von ihm erzählen. Und von seinem Vater. Damit ich über alles - was auch immer alles bedeuten mochte - Bescheid wusste.

Allmählich begann ich Itachi richtig zu mögen, obwohl ich ihn lange nicht gesehen hatte. Er war ein guter großer Bruder - sehr fürsorglich und immer auf Sasukes Wohl bedacht. Genau wie ich.

In der Küche angekommen, drehte ich mich wieder lächelnd und bereits dankbar zu ihm, doch riss verschreckt die Augen auf, als er mich mit einem Mal packte und mit ziemlicher Wucht gegen die Wand schlug.

Durchdringend starrte er mich an, hielt mich an den Schultern fest. Ich konnte mich überhaupt nicht bewegen. Der plötzliche Sinneswandel schockierte mich - ich wurde kreidebleich.

"Jetzt pass' mal auf, du kleiner Scheißer: Glaubst du etwa, ich merke nicht, was hier abgeht, hä? Dass du in meinen Bruder verknallt bist? Glaubst du, ich würde das nicht merken? Ihn kannst du vielleicht blenden mit deinem verdammten Gerede, aber mich nicht! Mich nicht, Naruto!"

Sein Griff wurde immer härter, seine Stimme dunkel, beängstigend. Ich bekam es wirklich mit der Angst zu tun. Was war plötzlich los?

"Was spielst du hier für ein dreckiges Spiel, hä? Komm! Sag's mir ins Gesicht! Los! Die Wahrheit!"

Er schlug mich wieder gegen die Wand, ich keuchte auf. Begriff einfach nicht, was hier abging. Welche Wahrheit? Was wollte er denn hören?

"Ich liebe ihn", presste ich einfach nur hervor, hoffte, das würde ihn zufrieden stellen. Itachi war definitiv kampferprobt. Aber woher?

"Aha, tust du also wirklich, ja?"

Ich nickte einfach nur, spürte wie mein Körper ein wenig erzittere. In einer solchen Situation hatte ich mich noch nie befunden. Und dann auch noch in meiner eigenen Wohnung.

"Weißt du, was mich daran ankotzt? Weißt du das?"

Augenblicklich schüttelte ich den Kopf, kam mir vor, wie bei einem Verhör.

"Dass du ihm anscheinend wirklich so etwas, wie eine Stütze bist. Aber als bester Freund. So sieht er dich. Ich habe mit ihm gesprochen. Nicht mehr. Nur - ein - Freund."

Allmählich klang die Wut in Itachis Stimme ein wenig ab, ließ mich aufatmen, obwohl der Griff um meine Schultern nicht nachließ.

"Was glaubst du eigentlich mit deinen Gefühlen zu erreichen? Selbst wenn er sie erwidern sollte, glaubst du, das würde ihm helfen? Glaubst du, dass es etwas verändern würde? Glaubst du das?"

Seine Stimme war eindringlich, aber ich wusste nicht, worauf er hinaus wollte, deshalb schwieg ich. Betrachtete das Ganze als rhetorische Fragen.

"Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass du ihm damit nur noch mehr Probleme machst? Auch nur ein einziges Mal?"

"Ich...verstehe nicht", zwang ich mich nun doch zu sagen und bemerkte das Aufblitzen in Itachis schwarzen Augen.

"Denk' doch einfach mal darüber nach, woher momentan seine ganzen Probleme stammen."

Mein Blick wurde trüb. Sein Vater war an allem schuld - keine Frage. Aber was sollte mir das schon sagen? Ich konnte Itachi einfach nicht ganz folgen. Vielleicht auch deshalb, weil ich aufgeregt und eingeschüchtert war.

"Ich kann ihm helfen", murmelte ich nur kleinlaut.

Daraufhin fing Itachi plötzlich an zu lachen. Auf eine Weise, die mir durch Mark und Bein fuhr. Dieser dumpfe Klang. Lachte er über mich?

"Ich vergaß. Du bist ja der Spinner von nebenan. Naruto gegen den Rest der Welt, oder wie?", grinste er belustigt.

Mein Gesicht verspannte sich. Das, was er sagte, ärgerte mich zutiefst. Es verletzte mich schon fast.

"Wir könnten glücklich sein", sagte ich, nun überzeugt.

Itachis Lachen verstummte augenblicklich und wurde durch einen wütenden Augenausdruck ersetzt.

"Nein, könnt ihr nicht", erwiderte er nüchtern. In seiner Stimme lag kein Zweifel. Jeglicher Widerspruch erschien mir zwecklos.

"Aber warum nicht? Ich liebe ihn! Ich liebe ihn so sehr!", schrie ich mit einem wehleidigen Unterton, dachte nicht mehr daran, dass Sasuke nebenan schlief und aufwachen könnte.

Tränen bildeten sich in meinen Augenwinkeln. Ich wollte nicht hören, dass es unmöglich war. Das war es nämlich nicht. Nein, war es nicht!

Doch Itachi ließ mein Gefühlsausbruch ungerührt.

"Mag sein, dass du ihn liebst. Und dennoch kenne ich Sasuke besser, als du. Auch wenn du das nicht einsehen willst. Und egal wie sehr Sasuke unseren Vater auch hasst, wie sehr er ihn auch verachtet, er will von ihm als Sohn anerkannt werden. Dafür tut er alles. Vielleicht unbewusst. Nur deshalb will er unbedingt richtig berühmt werden. Richtig viel Geld verdienen. Um zu beeindrucken, denke ich."

Als Itachi das sagte, dachte ich augenblicklich an die Situation, als ich Sasuke nur mit dem Geldargument von unserem Duo überzeugen konnte. Es hatte also rein gar nichts mit mir zu tun gehabt - wie erwartet. Aber das war mir egal. Er würde erkennen, dass er mich braucht. Irgendwann.

"Aber das kann er doch...auch...wenn wir uns lieben", brabbelte ich meine Gedanken hervor, obwohl es mir eigentlich vor Sasukes großem Bruder peinlich sein müsste.

Dieser seufzte in jenem Moment nur entnervt auf.

"Du verstehst echt überhaupt nichts. Oder willst es nicht verstehen - keine Ahnung. Naruto, Sasuke kann einfach nicht mit dir zusammen sein. Begreif' das doch endlich mal. Selbst wenn er sich in dich verliebt, was ich bei Gott nicht hoffe, könnte er nicht. Also lass es nicht so weit kommen. Quäl ihn nicht. Wenn du ihn wirklich liebst, dann quäl ihn nicht", murmelte Itachi mit einem Unterton, der in meinen Ohren, wie eine Bitte, fast ein Flehen klang. Dabei strichen seine Finger mit einem traurigen Lächeln über den bläulichen Talisman, der an meinem Hals baumelte. Er hatte ihn also bemerkt. Aber warum wurde er dann nicht sauer? Es war doch ein Erbstück seiner Familie. Und sicherlich teuer.

"Tu' ihm nicht weh, sonst reiß ich dich in Stücke. Das schwöre ich dir", sagte er nüchtern, mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen - mir blieb der Atem weg. Eiskalt - das war alles, was mir in diesem Moment durch den Kopf ging.

Danach klopfte er mir auf die Schulter, ließ mich los und kurz darauf stand auch schon Sasuke im Türrahmen. Hatte er ihn etwa frühzeitig bemerkt? Ich wusste nicht, was hier vor sich ging. Warum quälen? Warum spricht er in Rätseln? Quälen. In Stücke reißen. Weh tun. Schmerz?

Zum Teufel. Was ging hier vor sich? Warum sprach er so?

"Ihr seid...ganz schön laut...", gähnte Sasuke und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Worüber wir gesprochen hatten, hatte er anscheinend nicht mitbekommen. Er schlief ja auch noch halb.

"Sasuke", lächelte Itachi wieder und ging direkt auf ihn zu.

"Lass' uns nach Hause gehen. Vater kommt gleich von der Arbeit."

Sasuke nickte kurz, mit geneigtem Kopf.

"Worüber...habt ihr gesprochen?", fragte er weiter, meine Augen wurden größer, ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte.

"Nur darüber, dass Naruto sich besser mal ein Pflaster auf die Wunde kleben sollte. Er sieht nicht gut aus. Aber meiner Meinung nach ist es nicht ganz so schlimm. Das dürfte bald wieder verheilt sein."

Das war ihm also auch aufgefallen. Nebenbei. Hatte er sich die Antwort direkt zurecht gelegt? Itachi war ein guter, unauffälliger Beobachter. Irgendwie kam er mir komisch vor. Sein ganzes Verhalten. Irgendwas stimmte nicht mit ihm.

Er führte Sasuke nun in den Flur, gab ihm seine Jacke und nahm selbst die Sporttasche über die Schulter.

Mein Freund kleidete sich an und bevor er mit seinem Bruder die Tür verließ, drehte er sich noch einmal zu mir.

"Naruto...Danke", lächelte er.

"Kann ich morgen wieder vorbeikommen? Dann können wir das mit dem Duo klären", fragte er nach. Kurz huschte mein Blick zu Itachi, der mich mahnend anblickte, doch ich gab nichts darauf. So leicht ließ ich mich nicht einschüchtern, schon gar nicht, wenn es um Sasuke ging und alles, was mir gesagt wurde nur irgendwelche vagen Andeutungen waren. Auch wenn er mir drohte. Ich würde Sasuke niemals weh tun. Da war ich mir sicher. Also brauchte ich vor Itachi keine Angst zu haben.

"Klar", nickte ich lächelnd.

"Komm' jetzt, Sasuke", murmelte Itachi brummig und schob seinen Bruder die Tür hinaus, warf mir noch einmal einen stechenden Blick zu.

Dann fiel die Tür ins Schloss und ich war mit meinem mulmigen Bauchgefühl allein.
 

Wieder saßen wir für den kurzen Weg in Itachis Wagen. Viel zu schnell fuhr er durch die Straßen, achtete nicht einmal auf die rote Ampel. Aber das war mir in jenem Moment eigentlich auch total gleichgültig. Ich sah einfach aus dem Fenster, strich in Gedanken versunken über die Innenseite meiner Handfläche, während sich der Himmel immer mehr verdunkelte und das leuchtende Blau verdrängte.

"Du lächelst schon die ganze Zeit."

Meine Augen huschten überrascht in Itachis Richtung. Das war mir bislang überhaupt nicht aufgefallen.

"Kann sein", machte ich nur und zuckte einmal mit den Achseln.

Itachis Augen verengten sich, doch er behielt den Blick auf der Straße.

"Gestern hast du kein einziges Mal gelächelt. Als ich bei dir war", stellte er mit einem dumpfen Seufzen fest.

Wieder schweifte mein Blick aus dem Fenster.

"Da war mir auch nicht danach zumute."

Es begann zu regnen. Die ersten Regentropfen fielen auf die Erde. Itachi schaltete den Scheibenwischer ein, drehte die Heizung aus Gewohnheit etwas weiter auf.

"Jetzt schon?"

Meine Augen verengten sich, schnell wandt ich den Kopf zu ihm, starrte in sein noch immer auf die Straße gerichtetes Gesicht. Er sollte diese blöde Fragerei endlich sein lassen. Natürlich ging es mir nicht gut! Und mir war auch nicht nach lachen zumute. Ganz und gar nicht.

"Nein", brummelte ich nur und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Warum tust du es dann?", fragte er weiter.

Ich beschloss, ihn einfach zu ignorieren, dann würde er schon aufhören so sinnlose Fragen zu stellen. Er sollte mir nicht auf die Nerven gehen.

"Warum..." Itachi stockte kurz und das ließ mich aufhorchen. Selten musste er nach den richtigen Worten suchen. Das passte einfach nicht zu ihm. Schließlich kam er immer direkt auf den Punkt. So kannte ich ihn.

Ich schielte zu ihm herüber, sah, dass er das Lenkrad fest umklammerte.

"Warum gehst du mit deinen Problemen zu ihm? Direkt in seine Arme. Warum lässt du dich gerade von Naruto trösten?"

Seine Stimme war leise. Ruckartig wandt ich den Blick wieder zur Seite, bemerkte meinen pulsierenden Herzschlag.

"Sasuke. Mir gefällt das nicht."

Hauch von Annäherung

Es war sieben Uhr abends, als wir zuhause ankamen. Mein Vater war bereits daheim, ignorierte mich aber gekonnt. Weil er sich nicht entschuldigen wollte. Aber das brauchte er auch gar nicht. Ich war ja schließlich selbst schuld an dem, was passiert war.

Er begrüßte Itachi jedoch mit einem flüchtigen Lächeln, fragte nach seinem Befinden und wie es mit dem Studium voran ginge. Ich stand daneben. Mit meinem blauen Auge und kam mir so unsagbar dämlich vor. Traute mich aber gleichzeitig auch nicht den Mund aufzumachen, gab keinen Mucks von mir, starrte einfach nur, von mir selbst beschämt und mit geröteten Wangen, zu Boden.

Ich war erwachsen. Deshalb durfte ich mir nichts anmerken lassen.

Es war sowieso am besten, er sah mich gar nicht erst an. Denn das Einzige, was er in mir sah, war und ist ein Versager. Und zwar auf Lebenszeit.

Und während Itachi auf seine Fragen, wie immer höflich antwortete, wuchs wieder die Wut in mir. Ich war eifersüchtig - auf meinen eigenen Bruder.

Unmerklich zog ich an seinem Ärmel, um ihm zu verstehen zu geben, dass ich gehen wollte. Dabei hätte ich mich umdrehen und alleine weggehen können. Wollte ich aber nicht. Er sollte mitgehen. Damit Vater ihn nicht weiter hochloben konnte. Damit er sich nicht weiter so mit Itachi unterhielt, wie er es mit mir tun sollte. Das war nicht gerecht. Nicht fair.

Und andererseits wieder doch. Itachi war tüchtiger und besser in dem, was er tat. Er rebellierte nicht. Brauchte er auch gar nicht zu tun.

Ich rebellierte dagegen schon.

Irgendwie.

Vielleicht ein bisschen.

Überhaupt nicht.

Wütend, aber dennoch mit betont leisen Schritten, um Vater keinen neuen Grund zu geben, auf mich sauer zu sein, schritt ich durch den Flur, nun dicht gefolgt von Itachi, der immer wieder versuchte meinen Arm zu greifen. Doch ich entriss mich jedes Mal und ging einfach weiter. Blieb nicht stehen.

"Sasuke", zischte er hinter mir. Aber nicht bösartig. Nein, seine Gutmütigkeit - seine Perfektion - ruhte wie zu jeder Tageszeit und Situation in seiner Stimme.

Ich wollte auch so sein - so perfekt.

Auf einmal - in meinem Zimmer angekommen - blieb ich abrupt stehen und machte auf der Stelle kehrt, starrte von einem Geistesblitz getroffen in Itachis überraschte Augen.

"Zeig' mir, wie das geht", forderte ich und machte einen Schritt auf ihn zu.

"Wie was geht?"

Im Hintergrund hörte ich das Ticken meiner Uhr. Draußen war es wieder windig. Der Regen hatte nicht nachgelassen, prasselte gegen meine Fensterscheibe. Gab mir nur noch mehr Gründe wütend zu sein. Genauso wütend und unberechenbar wie das Wetter. Unbezwingbar. Das wollte ich sein.

"So zu sein, wie du."

Itachis Gesicht nahm traurige Züge an, als ich das sagte. Und das nervte mich am meisten. Dieses verdammte Spiel, das er mit mir trieb.

"Sasuke, damit hat das doch gar n-"

"Ich will dein scheiß Mitleid nicht! Ich will, dass sich etwas verändert. Jetzt! Also zeig' es mir endlich!", drängte ich und packte ihn zornig am Kragen.

Doch Itachi blieb ruhig. Er hatte keine Angst vor mir. Mit seiner makellosen, selbstsicheren Ausstrahlung - seiner Süffisanz - trat er mir eiskalt und mitten ins Gesicht, gab mir zu verstehen, wie machtlos ich war. Seine Perfektion - sie kotzte mich an. Alles an ihm kotzte mich an.

"Du willst doch gar nicht so sein wie ich. Das sagtest du doch", murmelte er und setzte sein freundliches Lächeln auf, löste dabei behutsam meine Hände von seinem zerknitterten Hemd.

"Will ich auch nicht!", schnauzte ich ihn an. Dachte absolut nicht mehr darüber nach, was ich überhaupt von mir gab.

"Ja, siehst du", lächelte mein Bruder mir dreist ins Gesicht.

Sein gottverdammtes Lächeln. Sein gottverdammtes Lächeln, das auf jedem einzelnen Familienfoto zu sehen ist! Dieses Lächeln, das so viel schöner ist, als mein eigenes! Tagaus, tagein rennt er mit diesem gottverdammten Lächeln durch die Gegend, erntet überall nur Lob, nur Anerkennung und strahlt wie der Sonnenschein durch sein gottverdammtes Leben.

"Und ich stehe daneben wie ein Vollidiot", sprach ich meine Gedanken laut aus und in diesem Moment platzten einfach alle aufgestauten Gefühle aus mir heraus, wieder einmal gab ich Itachi für alles die Schuld, wollte einfach nur, dass er mich von seinem bekloppten Mitleid verschonte und holte aus, um ihm meine Wut direkt ins Gesicht zu schlagen.

Ich wusste, dass dieses Gefühl, einem anderen Schmerzen zuzufügen, für einen winzigen Augenblick meinen eigenen lindern würde. Dass ich kurz aufatmen und alles vergessen könnte. Und diesen kleinen Moment brauchte ich jetzt.

Doch es kam nicht dazu, denn mein Bruder griff blitzschnell meine Hand, packte mich an der Schulter, zog, wandt mich herum, und schneller als ich gucken konnte, hatte er mir den Arm auf den Rücken gedreht. Es tat weh. Ich keuchte auf, biss die Zähne zusammen. Nicht einmal so konnte ich mit ihm konkurrieren. In nichts konnte ich mit ihm gleichziehen. Ich war schwach. Ganz einfach schwach.

"Beruhige dich, Sasuke", murmelte er und als er spürte, dass mein Körper an Anspannung verlor, lockerte er seinen Griff ein wenig.

"Du kannst mich anschreien, das kann ich ertragen. Irgendwie runterschlucken. Ich versteh dich ja auch. Glaube ich zumindest. Aber ich werde mich nicht von dir schlagen lassen, nur weil du dich bei Vater nicht durchsetzen kannst."

Einen Scheißdreck verstehst du.

Völlig unfassbar, dass ich ihm auf einmal wieder so viel bedeutete. Wo er doch damals, als ich ihn wirklich brauchte, einfach gegangen war. Hatte gesagt, ich würde das schon schaffen und er wäre bald wieder da. Einen Scheißdreck hab ich geschafft. Und zurück kam er jetzt, nach über zwei Jahren. Wieder bloß auf Zeit. Zuvor nur mal aufs Wochenende, ein paar Tage. Einzig und allein für kluge Sprüche, die bei ihm selbst nie zum Einsatz kamen, dafür fand er stets die Zeit.

"Ich hasse dich", drückte ich nur trotzig hervor, während meine Unterlippe zu zittern begann. Ich würde nicht weinen. Nicht vor ihm. Niemals. Und ich tat es auch nicht. Schluckte meinen Schmerz nur wie so oft hinunter.

Mein Bruder nahm mich in den Arm, drückte mich.

"Ich weiß. Aber das ist okay, Sasuke. Dafür sind große Brüder ja schließlich da."

Ich schluckte noch einmal schwer, da ließ er mich auch schon wieder los, ging an mir vorbei und setzte sich auf mein Bett, klopfte - natürlich lächelnd - neben sich auf das Laken.

Erst zögerte ich, doch dann erinnerte ich mich plötzlich, als ich ihn so da sitzen sah, in einem einzigen Gedankenzug an die Momente in unserer Kindheit, als wir gemeinsam auf der Veranda gesessen hatten und ich wusste, dass es gute Erinnerungen waren. Damals erzählte mir Itachi Geschichten, ganze Märchen von Kriegern und riesigen Königreichen, die er sich teilweise sogar selbst ausdachte. Zu der Zeit hatte ich ihn für sein Wissen, seine Gutherzigkeit und auch sein Talent bewundert. Schon damals wollte ich so sein, wie er. Ein kleines Kind, das zu seinem großen, starken Bruder aufsah. Das war ich. Doch wo war all die Zeit geblieben? Jetzt, mit meinen 18 Jahren, war ich fast ausschließlich eifersüchtig auf ihn und sein Talent. Verdrängte die guten, gemeinsamen Stunden in die hintersten Ecken meines Gedächtnisses. War zerfressen von einem Übermaß an Neid, das in all den Jahren prächtig heranwachsen und gedeihen konnte. Ich wusste das. Aber ich konnte nichts dagegen tun.

Nun saß ich also neben ihm und starrte einfach nur beschämt hinunter auf meine Handflächen. Es war jedes Mal das Gleiche: Erst verlor ich die Beherrschung, was doch sonst nicht meine Art war, dann beruhigte mich Itachi und schließlich bereute ich das, was ich getan oder gesagt hatte. Ich fühlte mich für eine gewisse Zeit sogar richtig mies. Vor allem, wenn er trotzdem bei mir blieb. Weiterhin lächelte, obwohl ich ihm weh tat. Es musste ganz einfach so sein. Ich fragte mich, was sich wirklich hinter diesem stets so freundlichen und fröhlichen Gesicht verbarg.

In letzter Instanz war Itachi doch auch nur ein Mensch und alles andere, als perfekt. Für den Moment sah ich das ein.

"Ich...hab's nicht so gemeint."

Ich wusste, dass er mich ansah, traute mich aber nicht in die gutmütigen Augen meines Bruders zu sehen, die mir alles verziehen. Einfach alles. Obwohl ich das überhaupt nicht verdient hatte. Schon lange nicht mehr.

"Ich weiß."

"Es ist okay."

Ich kniff die Augen zusammen.

"Gar nichts ist okay! Ich hätte dich beinahe -", dann brach ich schlagartig ab, spürte das Zittern in meinen Fingern aufkommen. Dieser Dialog kam mir schmerzhaft bekannt vor.

"Naruto", platzte es plötzlich in aller Geistesabwesenheit aus mir heraus.

Bei ihm war ich ruhig geblieben. Geborgenheit - schoss es mir durch den Kopf. Hier bei Itachi, wo es eigentlich anders sein sollte, wurde ich wütend, beinah hysterisch. Vergaß meine Selbstkontrolle. Sah Gewalt als einzigen Ausweg.

Was hatte das zu bedeuten? Sollte Naruto etwa mehr Bruder für mich sein, als Itachi es war?

"Was ist mit dem?", fragte mein echter Bruder nun nach.

Überrascht blinzelte ich.

"Was ist mit wem?"

Itachi seufzte.

"Ja, mit Naruto. Du hast ihn gerade aus heiterem Himmel erwähnt, falls dir das nicht bewusst ist." Forschend blickte ich in seine schwarzen, kühlen Augen. Irgendetwas sagte mir, dass ich dieses Gespräch gar nicht erst weiterführen wollte.

"Achso, gar nichts", winkte ich deshalb ab und ließ mich mit dem Rücken auf mein Bett niedersinken. Ich wollte einfach nur noch schlafen. Am liebsten wieder auf seiner Couch. Da erreichte mich die Stimme meines Vaters nicht. Naruto ließ ihn nicht zu mir. Ein flüchtiges Lächeln umflog meine Mundwinkel, während mein Blick kurz das sterile Weiß der Decke musterte, bis meine Lider schließlich erschöpft nieder sanken.

"Sasuke", begann Itachi daraufhin mit einer gewissen Ernsthaftigkeit in seiner Tonlage, weshalb ich meine Augen wieder einen Spalt weit öffnete und zu ihm hochsah.

"Nur eins: wenn du wenigstens das letzte bisschen Anerkennung, das Vater dir zukommen lässt, behalten willst, dann halt dich gefälligst von Naruto fern."

Umgehend verengten sich meine Augen zu einem bedrohlichen Schlitz. Er sollte mich endlich von seinen irrelevanten Ratschlägen verschonen. Das grenzte schon stark an Bevormundung, ja nahezu an Vorschriften, die er mir erteilte. Wie Gebote!

"Du hast mir überhaupt nichts zu sagen", brummelte ich.

Ausdruckslos wandt Itachi den Kopf von mir ab, schien die Wand uns gegenüber zu betrachten.

"Da magst du recht haben. Aber ich bin auch nicht derjenige, der in Selbstmitleid versinkt, alles tun will, um zu gefallen, aber gleichzeitig das eigentliche Problem überhaupt nicht realisiert."

Demonstrativ drückte ich mir die Hände auf die Ohren.

"Oh, verschon mich bitte von deinen Predigten!"

Wieder seufzte Itachi.

"Du schmollst wie ein kleines Kind."

Wütend verzog ich den Mund.

"Halt die Klappe! Ich bin erwachsen!", schoss es reflexartig, wie ein Selbstschutzmechanismus, aus mir heraus.

"Wenn das wirklich wahr ist, warum machst du dann nicht endlich die Augen auf? Du bist blind für die Realität, so scheint's mir. Sonst hättest du schon längst gemerkt, dass..."

Itachi beendete den Satz nicht, ließ ihn mit leiser Stimme ausklingen, den unausgesprochenen Rest im Raum stehen und erhob sich dann plötzlich, bereit zu gehen.

"Was hätte ich sonst schon längst gemerkt?", hakte ich nach und richtete mich im selben Moment auf dem Bett auf, schlug einmal mit der Faust auf das weiße Laken, als er mir nicht direkt Antwort gab.

"Das hab' ich dir schon einmal gesagt. Aber du glaubst es ja doch nicht. Und ich ahne auch, woran das liegt, dass du es nicht verstehen willst. Aber keine Sorge, Sasuke. Ich werde dich vor deinem Fehler bewahren", murmelte mein Bruder, als er im Türrahmen stand und mir ein letztes Lächeln zuwarf, während das Flurlicht grell in mein Gesicht schien und kurz darauf wieder verging, als die Tür klackend ins Schloss fiel.

"Du laberst so eine hirnlose Scheiße", flüsterte ich leise in das leere Zimmer, legte mich dann wieder auf mein Bett und ließ den Kopf erschöpft in dem großen Kissen versinken.

Noch bevor ich näher über seine Worte nachdenken konnte, vibrierte plötzlich mein Handy in der Hosentasche. Etwas mürrisch zog ich es heraus - eine SMS von Hinata.

hi sasuke

wie gehts dir so? wollt nur mal fragen ob du vllt schon mit naruto gesprochen hast

du weißt schon wieso

hat aber keine eile, lass dir zeit

lg hinata

Ich musste lächeln. Sie war wirklich süß, verstand es unbewusst ziemlich gut, mich mit ihrer niedlichen Art alles umgehend erledigen zu lassen. Mit Naruto über sie zu sprechen - das hatte ich völlig vergessen. Ich würde es definitiv nachholen. Gleich morgen.

Hinata war in jeder Hinsicht die ideale Freundin für Naruto. Sie war hübsch, intelligent, ruhig und schüchtern. Fast in allem das genaue Gegenteil von ihm. Vielleicht war sie in der Lage, ihn auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen und einen erwachsenen Mann aus ihm zu machen.

Nachdenklich drehte ich mich auf die Seite, stellte mir die beiden als Paar vor. Wieder umspielte ein Lächeln meine Mundwinkel. Naruto hatte sie, meine wohlgeschätzte, vielleicht sogar beste Freundin, wirklich als Partnerin verdient. Mein bester Freund und meine beste Freundin - ein Paar.

Im nächsten Moment schwand mein Lächeln allmählich. So sehr mir dieser Gedanke auch auf der einen Seite zusagte, genauso stark missfiel er mir auf der anderen.

Wenn man zusammen ist, dann unternimmt man viel miteinander, vor allem allein. Man geht aus, verbringt kuschelige Abende Zuhause - vielleicht bei Kerzenschein - und allgemein viel Zeit miteinander.

Das bedeutete im Umkehrschluss, dass er dann keine mehr für mich hätte. Und so egoistisch das auch sein mochte: ich wollte das nicht.

Weil ich ihn...irgendwie...in meiner Nähe brauchte. Auch wenn ich das niemals zugeben würde, war er doch eine Art Stütze für mich, jemand der mir Halt gab.

Er war mir wirklich wichtig.
 

Am nächsten Tag saß ich gegen Abend, nach einem überaus anstrengenden Schultag, in Narutos Küche, der anscheinend vor kurzem gegessen hatte. Zumindest stank es überall kotzerbärmlich nach seinen Ravioli.

Mit Stift und Block bewaffnet tippte ich ungeduldig auf dem Tisch herum und starrte ihm in die Augen.

"Also hab' ich das jetzt richtig verstanden? Du willst eine Mischung aus Modern Dance und Break Dance vorführen?"

Naruto nickte nur grinsend.

"Das ist doch bekloppt", schnaufte ich und gab die Hoffnungen, die ich mir angesichts unseres Duos gemacht hatte, allmählich auf.

"Du siehst das falsch. Das ist total genial. Ich meine, es gibt tausend B-Boys da draußen und sicherlich auch genügend Tänzer, die den Modern Dance beherrschen, aber ich habe noch nie eine Kombination daraus gesehen!", erklärte er und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Rate mal, woran das wohl liegt!", murmelte ich mit sarkastischem Unterton. Mich überzeugte seine Idee, die vermutlich irgendwann im Suff entstanden war, einfach nicht richtig. Ich hatte absolut keine Lust, mich vor Millionen von Zuschauern zum Affen zu machen. Und außerdem wollte ich diesen Tanz, der mir überhaupt nicht gefiel, endlich hinter mir lassen. Zumindest in meiner wenigen Freizeit, die nicht von meinem Vater eingeteilt und verplant wurde. Denn zu Anko musste ich ohnehin wieder gehen. Außer ich hatte Lust, mich weiteren Torturen auszusetzen. Das war Stress, der sich nicht lohnte.

"Sei nicht so konservativ. Wo wären wir denn heute, wenn man nie was Neues ausprobiert hätte?", fragte er rhetorisch.

"Stell' nicht so neunmalkluge Fragen. Und meine Einstellung hat auch nichts mit konservativ zu tun, ich find's ganz einfach nur bescheuert", murrte ich entschieden und tippte ununterbrochen mit dem Kugelschreiber auf das noch immer leere Blatt Papier, auf dem ich eigentlich unsere ersten Ideen festhalten wollte. Aber wenn wir uns nicht einigen konnten, dann würde es auch weiterhin weiß und unbeschrieben bleiben.

"Also ich find' meine Idee richtig gut. Es ist einfach mal was anderes. Und als ich bei deiner Aufführung war, da habe ich gleich gedacht, dass dieser Kontrast von Modern und Break Dance auf eine kuriose Weise zusammenpasst. Ich denke, wir würden damit weiter kommen, als wenn wir einfach nur irgendwelche Moves vorführen. Das will doch keiner sehen. Die Leute wollen Action und das Unbekannte - Spannung."

Noch nie hatte ich ihn derart euphorisch erlebt. Und das mochte wohl was heißen. Er wollte das tatsächlich genau so durchziehen. Irgendwie gefiel mir seine Entschlossenheit. Auch wenn ich weiterhin bei meiner Meinung blieb, dass das Ganze an Peinlichkeit nicht zu übertreffen sei.

"Was für ein Glück, dass du dich so hervorragend mit dem Showbusiness auskennst", grinste ich und anhand von Narutos Blick konnte ich erkennen, dass er meinen Witz verstand.

"Aber wie auch immer. Okay, ich bin dabei, aber eine Frage hab' ich doch: seit wann beherrschst du den Modern Dance? Das wusste ich überhaupt nicht."

Sein Gesicht entspannte sich schlagartig, er fing herzlich an zu lachen und rieb sich verlegen über den Hinterkopf. Diese Reaktion gefiel mir angesichts meiner Frage überhaupt nicht.

"Tja, das ist das Problem: ich kann's nicht. Aber das wirst du mir doch sicher im Crashkurs beibringen können, oder etwa nicht?"

Fassungslos und mit weit geöffneten Augen starrte ich ihn an - hielt den Kugelschreiber nun still. "Das ist...Wie viel Zeit haben wir überhaupt?"

"Ungefähr drei Wochen. Hab' uns auch schon angemeldet", grinste Naruto, während ich beinah vom Stuhl fiel.

"Usuratonkachi! Das reicht NIE! Bis dahin hast du nicht einmal die Basics drauf, selbst wenn wir Tag und Nacht üben!", fuhr ich ihn an, konnte nicht fassen, wie leichtsinnig er war. Spätestens jetzt war es amtlich, dass das Ganze zur Blamage werden würde.

"Da mach' ich nicht mit", protestierte ich.

Schmollend sah er mich an.

"Nah, Sasuke! Komm' schon! Wenn du mein Lehrer bist, dann krieg' ich das schon auf die Reihe. Ich werd' mir Mühe geben und üben, üben, üben! Versprochen", strahlte er mich mit seinem schiefen Lächeln an.

Ich konnte einfach nicht nein sagen.

"Na gut", gab ich seufzend nach.

"Aber es gefällt mir trotzdem nicht! Und wenn du nicht vollständig bei der Sache bist, dann blas ich das Ganze ab, da kannst du Gift drauf nehmen!", keifte ich hinterher, aber Naruto lächelte nur glücklich und zufrieden, was ich nach einigen Sekunden ebenfalls erwiderte.

"Na schön, dann lass uns gleich loslegen. Wir haben ja schließlich nicht viel Zeit", meinte ich und blickte auf das noch immer leere Blatt Papier hinab.

"Wir müssen uns Gedanken über Choreographie und Publikum machen. Also welche Altersgruppe und welches Geschlecht wir ansprechen möchten. Dann die Musik, das kommt alles zusammen. Aber zunächst sollten wir damit beginnen unsere Fähigkeiten zusammen zu tragen und zu vergleichen. Damit wir wissen, was wir in einer Choreo einbauen können", erklärte ich und mein Freund sah mich daraufhin fragend an, während ich seinen und meinen Namen auf das Papier schrieb und zwei Linien für eine Tabelle zog.

Einen Moment überlegte ich.

"Was hältst du davon, wenn wir neben Modern und Break Dance auch ein paar akrobatische Elemente einbauen?"

Naruto nickte heftig mit dem Kopf. "Gute Idee, das macht immer Eindruck."

Ich nickte ebenfalls und sah dann wieder auf meinen Zettel.

"Also, fangen wir leicht an: Handstand kannst du, ja?"

Er nickte, ich notierte.

"Und wie sieht's mit Radschlag, Flickflack, Bodenwelle, Spagat und dem ganzen Kram aus?" Aufmerksam musterte ich sein Gesicht, zog dann erwartungsvoll eine Augenbraue hoch.

"Also Radschlag und Bodenwelle kann ich, Flickflack geht so und deinen blöden Eierquetscher will ich gar nicht können!", entgegnete er mit einem Schmunzeln und ich erwiderte es, schrieb das, was er sagte, in die Tabelle.

Danach diskutierten wir lange über die Auswahl der Musik und über unsere Zielgruppe, wobei wir uns dazu entschlossen, diese erstmal relativ offen zu lassen und eine Choreographie für beide Geschlechter zu entwickeln.

Nachdem ich fast drei Seiten von oben bis unten mit unzähligen Ideen und Vorschlägen vollgeschrieben hatte, legte ich den Stift beiseite und lehnte mich erschöpft zurück. Vom ganzen Schreiben tat mir die Hand weh.

"Auf jeden Fall haben wir einiges geschafft", murmelte Naruto, der mindestens genauso erschöpft klang wie ich es war.

"Das stimmt", grinste ich und strich mir die Haare aus dem Gesicht.

"Dann haben wir uns jetzt redlich eine Auszeit verdient! Hast du Lust 'nen Film zu gucken?", grinste er und wollte schon aufstehen, doch da fiel mir plötzlich wieder was ein.

"Moment mal. Also ja habe ich, aber ich wollte dich vorher noch was fragen", warf ich schnell ein und sah, dass er sich wieder auf seinen Stuhl niedersinken ließ.

Erwartungsvoll sah er mich an.

Über meine genaue Fragestellung hatte ich mir noch keine Gedanken gemacht, aber ich konnte mir denken, was Hinata wissen wollte.

"Also, mal so unter Freunden. Das wollt ich dich schon länger fragen: bist du momentan verliebt, Naruto?" Eigentlich war ich nie so schrecklich direkt. Schon gar nicht bei ihm. Aber ich wusste auch nicht, wie ich lange und ausschweifend drum herum reden sollte.

Er blinzelte und wandt den Blick auf die Tischplatte.

"Ähm, ja schon", gab er von sich und sah mich dann wieder an.

"Das braucht dir vor mir echt nicht peinlich zu sein. Wie sieht sie denn aus?"

Zu genau wollte ich nun auch nicht nachfragen, ob er sich vielleicht sogar in Hinata verliebt hatte und das war auch gut so, da es die darauffolgende Antwort ohnehin klären sollte.

"Die Person hat wunderschöne Augen und dunkle, genauso schöne Haare", lächelte er und schien in Gedanken zu versinken, als er mich betrachtete.

Also doch Hinata. Das würde sie sicher freuen. Aber dann wären sie bald ein Paar. Und das konnte ich doch nicht zulassen. Gleichzeitig konnte ich ihr jedoch auch nicht verschweigen, dass er gerade seine Liebe zu ihr gestanden hatte.

"Achso, ja, na dann", entgegnete ich nur und erhob mich von meinem Stuhl, während Narutos verdutzter Blick auf mir ruhte.

"Na los, wir wollten doch 'nen Film gucken", sagte ich auffordernd und kurz darauf ging Naruto auch schon neben mir, sah mich erst verwirrt und fragend an, dann wandt er einfach den Blick ab. Es interessierte mich nicht, was er nun von mir dachte, weil ich das Thema so schnell wieder fallen ließ, wie ich es aufgegriffen hatte.
 

Nun saßen wir also hier auf seiner Couch und guckten uns den Film Pulp Fiction an. Doch ich bekam die ohnehin verworrene, momentan noch unlogische Handlung eh nur am Rande mit, da meine Gedanken die ganze Zeit ausschließlich um Hinata und Naruto kreisten.

Ich wollte mir in Zukunft keine Ausreden anhören müssen, warum er zu unseren Treffen nicht mehr erscheinen konnte. Er würde sich außerdem von Hinata Nachhilfe geben lassen - ganz klar. Schließlich war sie auch ziemlich gut in der Schule. Und vielleicht würde er nicht einmal mehr das Duo mit mir zusammen machen wollen, sondern ebenfalls mit Hinata. Verübeln könnte ich es ihm nicht.

Aber dennoch konnte und wollte ich das einfach nicht zulassen.

Denn dann wäre ich wieder allein. Der bloße Gedanke daran, hinterließ ein krampfhaft mulmiges Gefühl in meiner Magengegend.

Plötzlich kam ich mir in meinem Strom der Gefühle von ihm betrogen und verraten vor. Obwohl das zugegeben ein wenig lächerlich war. Ich hatte überhaupt kein Anrecht auf seine Nähe. Hatte ich nicht. Und das schmerzte umso mehr.

Bald wäre es vorbei mit seiner Zuneigung zu mir, wenn er erst einmal eine Freundin hatte. Und so sehr ich das auch wollte, ich könnte es nicht verhindern. Das stand gar nicht in meiner Macht.

Und mit einem Mal hatte ich das unstillbare Bedürfnis, wenigstens die letzte gemeinsame Zeit noch zu genießen. Fast wie bei einem Abschied. Und so ähnlich würde es wohl auch sein.

Man musste loslassen können. So wie ich mich damals damit abfinden musste, dass Itachi nicht mehr da war. Dann wäre er somit schon die zweite Vertrauensperson, die ich verlor. Einer mehr oder weniger, wen kümmert das schon?

"Naruto", murmelte ich und wusste nicht recht, ob er mich überhaupt verstand. Der Fernseher war laut. Aber schon im nächsten Moment bemerkte ich, dass eben jene Lautstärke reguliert wurde.

"Was ist?", fragte er und seine azurblauen Augen wanderten in meine Richtung. Mir wurde plötzlich heiß und kalt zugleich. Ein komisches Gefühl. Mir war die ganze Angelegenheit jetzt schon unendlich peinlich.

Und für einen Moment überlegte ich, ob ich es einfach lassen sollte. Ganz schnell alles wieder vergessen und verdrängen sollte, was geschehen war. Dass ich mich wohl und geborgen fühlte in seiner Nähe. Aber ich hatte Angst, dass ich es später bereuen würde, so wie ich mein Verhalten Itachi gegenüber jedes Mal aufs Neue bereute. Ich wollte endlich einmal etwas richtig machen - nur dieses eine Mal.

Etwas machen, das dem entsprach, was auch ich wollte. Nicht dem, was richtig oder falsch war, nach vermeintlich objektiven Ansichten.

Trotzdem begannen meine Finger zu zittern. Weil ich Angst hatte, dass er mich nun doch auslachen würde. Dass er mein Verhalten nicht gut hieß. Gestern war schließlich alles aus meiner blanken Not heraus geschehen und selbst da hätte ich es beinah übertrieben. Aber er hatte mir verziehen.

Und gesagt, dass meine Nähe okay sei.

Während Naruto allmählich ungeduldig wurde, nahm ich all meinen Mut zusammen.

"Kannst du mich...so...wie gestern...", brabbelte ich hervor und umklammerte mit der einen Hand das Gelenk der anderen.

Ich bekam nichts Vernünftiges heraus, weil es mir peinlich war, eine solche Blöße zu zeigen.

"Ich versteh' nicht", kam es erwartungsgemäß von Naruto.

Klar verstand er mich nicht. Ich erzählte ja auch bloß zusammenhanglosen Müll.

Verzweifelnd sah ich zu ihm, in seinen überraschten Blick und wusste nicht, wie ich meine Wünsche in Worte fassen sollte.

Widerstrebend rutschte ich näher zu ihm und atmete tief durch, während ich den Blick geneigt hielt.

Eine kurze, bedrückende Stille folgte zwischen uns, in der ich nur die Schüsse und Stimmen im Fernseher hörte.

"Ich hoffe, dass ich dich richtig verstehe", murmelte Naruto schließlich und im nächsten Moment legte er vorsichtig beide Arme um meinen Oberkörper, zog mich in die ersehnte Umarmung.

Ein wohliges Seufzen entfloh meinem Mund, als seine Hände meinen Rücken berührten und ich meinen ganzen Kummer wenigstens für den Moment vergessen konnte.

Mein Kopf lehnte leicht an seiner Schulter, während er mich streichelte und einmal sogar ganz kurz, fast flüchtig über meine Wange strich.

Und es gefiel mir, dass er mich auf diese Weise berührte. Jedenfalls hatte ich das im Gefühl, denn ich wollte nicht, dass es irgendwann aufhörte. Ich wünschte, es könnte immer so sein.

Weil es mir bei ihm gar nicht peinlich zu sein brauchte. Er war da und ich glaubte wirklich, dass er mir gerne half. Naruto war ein guter Mensch und so viel mehr, als ich verdiente.

"Alles okay?", fragte er nun im Flüsterton nach.

"Ja, ich, ich wollte nur...ich meine..."

Doch ich brach mein Gestammel ab, als ich plötzlich seine Lippen auf meiner Stirn spürte, ganz leicht, nur kurz, aber trotzdem wunderschön.

Es fühlte sich gut an. Wie alles, was er tat. Und in jenem Moment begann ich mich zu fragen, ob es sich genauso oder gar besser anfühlen würde, wenn er statt meiner Stirn, meinen Mund berühren würde.

Doch schon Sekunden später wurde mir bewusst, dass allein der Gedanke frevelhaft war. Das ging nicht. Das ging weit über meine Definition von Freundschaft hinaus.

"Ich bin immer für dich da", hauchte Naruto schließlich in mein Ohr und zog mich näher an sich.

Es war schön. Zweifellos. Aber ging nicht bereits das, was wir taten, über Freundschaft hinaus? Ehrlich gesagt, wusste ich es nicht. Mein Kopf war leer.

Aber ich wusste dennoch, dass es von nun an keinen Weg mehr zurück gab.

Denn ich wollte nicht zurück. Nicht mehr zurück in die elende Einsamkeit.

Konkurrenz

Ein paar Tage waren inzwischen vergangen, die ersten Klausuren geschrieben, für die nächsten fleißig gelernt und nebenbei trainierten wir jeden Abend mindestens zwei Stunden für unseren Auftritt. Das Grundgerüst der Choreographie stand bereits, wobei immer wieder Feinarbeiten vorgenommen wurden. Naruto hatte zig tausend Ideen auf einmal, von der er jede einzelne unbedingt mit einbringen wollte. Was natürlich nicht ging. Vor allem, weil seine Einfälle zum Großteil echter Müll waren.

Einmal hatte er zum Beispiel vorgeschlagen auf der Bühne zu strippen. Und ob Naruto das nun ernst meinte oder es doch nur ein schlechter Scherz sein sollte, das war immer so eine Sache, die ich nicht beurteilen konnte.

Aber wenigstens auf eine Grundidee konnten wir uns mittlerweile festlegen: unser Auftritt sollte gestaffelt sein. Der erste Teil demnach mit Break Dance und dazugehöriger Musik gefüllt werden. Im zweiten ging das Ganze dann in einen vereinfachten Modern Dance über - mehr konnte man momentan nicht von ihm erwarten - und zum Abschluss würde alles nochmal mit einigen akrobatischen Meisterleistungen und verschiedenen Tanzeinlagen zu rockiger Musik abgerundet werden. Naruto war der Meinung, Frauen bräuchten etwas Kitschiges am Ende, wie einen schnulzigen Softi-Song oder etwas in der Art, aber das verneinte ich entschieden. Frauen wollen keine tanzenden Mimosen auf der Bühne sehen - höchstens ein wenig Melancholie und Dramatik, aber keinesfalls Kitsch. Hatte er schlussendlich zwar eingesehen, trotzdem wurde mir wieder einmal bewusst, wie wenig Ahnung Naruto doch vom anderen Geschlecht hatte. Das war mir schon damals in der Mittelstufe häufig aufgefallen. Mit seiner aufdringlichen, quirligen Art konnte er bei den Mädels nie punkten.

Oder zumindest nur bei wenigen, wenn ich so an Hinata dachte, mit der ich im Übrigen noch immer nicht über Narutos Gefühle gesprochen hatte, obwohl das schon fast meine Pflicht als guter Freund war. Einerseits war ich jedoch ganz einfach noch nicht dazu gekommen und andererseits würde ich es auch weiterhin verschweigen, so lange ich ihn noch brauchte, damit es mir besser ging. Und da sie sowieso schon Ewigkeiten auf ihn wartete - zumindest glaubte ich das - würde sie ein paar weitere Tage oder Wochen auch noch ertragen können. Wenigstens bis der Wettbewerb vorüber war und wir die Kohle abkassiert hatten.

Nun saßen wir also hier in Kakashis Studio, völlig fertig auf der Bank und fielen über unsere zwei Liter Wasserflaschen her. Unser Zeitplan war ziemlich straff. Kaum durchzuhalten. Erst Schule, dann lernen, dann wieder zu Anko - von der ich mir im Übrigen nur noch Standpauken anhören durfte - dann zu Kakashis Unterricht und danach noch die Choreo üben. Das war definitiv zu viel. Niemals würde ich das drei Wochen lang durchhalten.

Aber ich musste. Irgendwie. Ich wollte das durchziehen. Naruto, aber auch vor allem das Geld motivierten mich ungemein dazu. Letzteres würde mich endlich unabhängiger machen und vielleicht würde das meinem Vater beweisen, dass ich doch nicht so talentfrei war, wie er immer meinte.

Tief atmete ich durch, spürte den feuchten Stoff an meinem Körper kleben und sehnte mich nach einer kalten Dusche, mit anschließendem Besuch meines gemütlichen Bettes, um einfach nur noch zu schlafen und entspannen zu können.

"Hey, Sasuke", klopfte mir Naruto nun auf die Schulter. Mein Blick wanderte zu ihm, mit einem Grinsen bemerkte ich sein von Anstrengung gerötetes Gesicht.

Einen Moment lang sah er mich einfach nur an, mit seinem sanften Lächeln und den dazugehörigen blauen Augen. Und das gab mir postwendend Kraft. Es ging mir schlagartig besser durch diesen Anblick. Ich hätte direkt aufspringen und mit vollem Elan weitermachen können. Einfach so. Obwohl ich hundemüde und total auslaugt war. Niemals zuvor hätte ich gedacht, dass eine einzige Person das bewirken konnte. Aber es war so. Nie und nimmer wollte ich ihn verlieren. Meinen geliebten, besten Freund.

"Komm', ich will dir was zeigen", murmelte jener und stand auf. Doch ich bemerkte an seiner Stimmfarbe gleich, dass es keine Aufforderung war, ich sollte einfach nur zusehen und deshalb blieb ich still an Ort und Stelle sitzen, während Naruto zur Musikanlage ging und in den CD's herumwühlte, die wüst verstreut daneben lagen.

Nachdenklich beobachtete ich ihn dabei. Wollte er mir noch eine neue Idee für unsere Choreo präsentieren oder was würde jetzt kommen? Kopfschüttelnd wandt ich den Blick ab. Ich würde es ja gleich sehen.

Dann setzte die Musik ein. Und sie irritierte mich. Weil es kein Hip Hop war und ich nicht damit gerechnet hatte, dass hier noch etwas anderes zu finden war. Aber anscheinend doch. Denn ich vernahm diese simplen Töne und Klänge, elektronisch, die nur zur Pop-Musik gehören konnten.

Er drehte voll auf und kam dann auf mich zugetänzelt.

Fragend blickte ich ihn an, doch er grinste nur, beugte sich kurz zu mir und murmelte ziemlich laut in mein Ohr, um überhaupt die Musik zu übertönen: "Du tanzt immer so verbissen nach irgendwelchen Regeln, Sasuke. Dabei muss Tanzen doch etwas ganz anderes verkörpern. Mach' dich mal locker. Lass dich gehen. Man muss doch die Freiheit des Tänzers spüren, dabei ein beflügelndes Gefühl weitergeben. Man muss ganz einfach Liebe und Leidenschaft zum Ausdruck bringen, für den Zuschauer greifbar machen. Darum geht's - nicht um Vollkommenheit."

Verdutzt, aufgrund der vielen wahren Worte, sah ich ihn an, umklammerte meine fast leere Wasserflasche und bemerkte, wie er sich langsam im Takt zu bewegen begann und sich, während er mich weiter grinsend ansah, von mir entfernte.

Dann setzte der Beat ein. Und ich weiß nicht, was es war, aber irgendetwas bewegte Naruto dazu, plötzlich ein ganz anderer zu werden. Seine Bewegungen waren nicht stümperhaft, wie ich es von ihm erwartete, auch oft genug gesehen hatte, sondern ziemlich gut ausbalanciert und gleichzeitig ungemein schwungvoll.

Die Musik gefiel mir nicht. Und dennoch war es in diesem Moment so, wie bei Menschen, die selbst in nichts als einen Kartoffelsack gehüllt noch blendend aussahen. Hier war es wirklich ähnlich: Naruto tanzte zwar zu unpassender, meiner Meinung nach peinlicher Musik, zu der man sich normalerweise nur schlecht bewegen konnte, aber löste in meinem Innersten dennoch nicht die erwarteten, abgeneigten Reaktionen aus. Ganz im Gegenteil.

Denn dieses Mal war es anders, als sonst. Mein Blickwinkel anders, als bei übrigen Menschen. Und die Schritte, die er vollführte, waren gut, der Blickkontakt ebenfalls professionell, den er gelegentlich zu mir - dem Publikum - aufbaute. Vielleicht hatten wir ja doch eine Chance auf der Bühne.

Aber je länger er tanzte, desto mehr wurde mir bewusst, dass wirklich nur ich das Publikum war - dass er für mich allein performte. Grundsätzlich war das nicht schlimm, aber dennoch auf eine gewisse Weise unangenehm, weil er nur in meine Richtung strahlte und ich mich deshalb gezwungen sah, seinen Blick standhaft zu erwidern.

So baby don't worry, you are my only,

You won't be lonely, even if the sky is fallen down,

You'll be my only, no need to worry.

Zu allem Übel fühlte ich mich von dem Refrain auch noch direkt angesprochen. Obwohl das mehr als lächerlich war. Er tanzte einfach nur dazu. Das hatte nichts zu bedeuten. Ihm gefiel der Rhythmus, vielleicht auch der Interpret oder ganz einfach der Text.

Ausweichend schüttelte ich den Kopf, versuchte mich wieder einzig und allein auf seine Bewegungen zu konzentrieren. Beobachtete seinen Körper mit der gebräunten Haut, die ich auch gerne hätte und die goldblonden Haare, im direkten Kontrast zu den blauen Augen. Ich schluckte.

Naruto war ein attraktiver Mann und tanzte mit Leidenschaft. Ganz anders, als ich. Während ich nur auf meine Technik achtete, verließ er sich auf sein Gefühl und wie ich jetzt sah, war das Ergebnis tatsächlich besser. Für einen Moment durchzuckte mich ein Gefühl, das ich sonst nur bei Itachi empfand - Neid.

Meine Hände ballten sich unmerklich zu Fäusten. Dabei lag es sicherlich nicht in seiner Absicht, mich eifersüchtig zu machen. Nein, bestimmt nicht. Und trotzdem gefiel mir sein Auftritt nicht, weil ich mir sofort unterlegen vorkam. Neben Naruto. Allein das musste schon lächerlich klingen.

Plötzlich pustete mir jemand seinen heißen Atem ins Gesicht und als ich aufsah, blickte ich in blaue Augen, sah die gebräunte Haut, die blonden verschwitzten Strähnen - das schöne Gesicht. Und instinktiv kniff ich die Augen zusammen, war entgegen meinem Willen richtig sauer.

"Gut, oder?", keuchte er. "Das kannst du nämlich nicht, Sasuke", stichelte er lachend und legte beide Hände stützend auf meinen Schultern ab.

"Natürlich kann ich das", protestierte ich leicht gereizt und versuchte ihn von mir zu drücken.

Naruto blinzelte mich überrascht an. Dieser Idiot - es war anscheinend doch vorsätzlich gewesen! Eine Provokation. Eine Herausforderung.

"Nein. Und weißt du auch warum, Sasuke?", grinste er hämisch weiter und kämpfte sich zu meinem Ohr vor, um mir das entscheidende: "Weil du einen Stock im Arsch hast", hineinzukeuchen.

Das war eindeutig zu viel. Ich würde nicht gegen ihn verlieren. Nicht hinter ihm zurückstehen. Das ging einfach nicht! Ich war ihm überlegen. Ich war besser. Mein Tanz eindrucksvoller. Das musste ich beweisen.

Dann spielte auch schon das nächste Lied an, das ich ausnahmsweise mal kannte: Dynamite von Taio Cruz. Ich drückte ihn von mir, sprang trotz meiner Erschöpfung mit einem Satz auf und war entschlossen ihm zu zeigen, wo der Hammer hängt.

Entgegen dem, was ich sonst tat, begann ich mich ohne Sinn und Verstand einfach zu bewegen und Naruto nahm meine Herausforderung lachend an. Er schien sich prächtig zu amüsieren.

Das Ganze entwickelte sich mehr und mehr zu einem Tanzduell, wie es beim Break Dance auch nicht unüblich war. Nur, dass es hier um keine Moves, sondern um bloße Überzeugung, um Ausdruckskraft ging.

Die Musik wurde schneller, Naruto nun völlig in seinem Element. Er tanzte hingebungsvoll, aufreizend und brachte seinen gesamten Körper zum Einsatz.

Aber das beeindruckte mich nicht mehr. Leidenschaft hatte ich im Blut. Das wäre doch gelacht! Meine Füße quietschten beinah aggressiv über den Boden, während mein Körper sich anspannte, als ich meine aufwendigen Schritte vollführte. Naruto tanzte lachend um mich herum. Ich kam mir ausgelacht vor. Zum ersten Mal.

Er zog zum Rhythmus der Musik sein Shirt aus, ließ es einmal in der Luft kreisen, warf es schließlich zur Seite und tanzte weiter. Eine unnötige Geste, wie ich fand.

"Du spürst die Musik nicht", murmelte er hinter mir.

Dann seine Hände an meiner Hüfte, die mich rhythmisch hin und her drückten.

"Stock - im - Arsch", lachte er mir ins Ohr und das brachte das Fass definitiv zum Überlaufen. Ich drehte mich herum, warf mich auf ihn, drückte ihn zu Boden und zettelte eine Rangelei an. Naruto weiterhin lachend, auch als ich seinen Oberkörper gegen den Untergrund drückte, beinah schlug.

"Ein wahrer Tänzer überzeugt mit seiner Kunst, nicht mit seinem Körper!", grummelte ich ihm ins Gesicht und Naruto verdrehte grinsend die Augen.

"Das sagst du nur, weil du nicht so heiß bist, wie ich", zwinkerte er mir zu und fuhr einmal über seine eigene nackte, verschwitzte Brust - lachte wieder.

"Bullshit! Ich bin tausendmal attraktiver, als du!", entgegnete ich aufbrausend und führte unsere Rangelei fort, die sich über den halben Tanzboden erstreckte und so einige Vasen das Leben gekostet hätte, wären welche da gewesen.

Dann wurde die Musik plötzlich ausgestellt und ich hielt verwundert inne. Auch Naruto sah auf.

Vor uns stand ein sichtlich belustigter Kakashi und hockte sich zu uns herunter. Wie lange hatte er die Situation wohl schon beobachtet? Hoffentlich lange genug, um eine wichtige Frage zu beantworten.

Naruto hatte wohl die gleiche Idee, denn wir schrien synchron: "Kakashi! Wer von uns beiden ist heißer?!" Nur Sekunden später guckten Naruto und ich uns erst entgeistert, dann wütend an und ich presste sein Gesicht mit der flachen Hand zur Seite.

Kakashi lachte, während wir uns weiter stritten.

"Also wenn ihr mich fragt, seid ihr beide hässlich, yo", meinte er nüchtern und wir verharrten umgehend und verdutzt in unserer Bewegung. Naruto fand zuerst das Wort wieder, nachdem sich kurzzeitig niemand gerührt hatte.

"Mag sein, aber er ist hässlicher!", warf er ein und deutete mit dem Finger auf mich.

"Usuratonkachi!", rief ich und rüttelte aufgebracht an seiner Schulter. Am liebsten hätte ich ihn in diesem Moment ge- bzw. erwürgt.

"Who cares", brabbelte Kakashi und zuckte mit den Schultern. Er erhob sich, kam noch näher auf uns zu und zog ihn und mich auseinander. Mein ehrgeiziger, scharfer Blick traf auf Narutos beleidigten, forschenden.

"Calm down und so", murmelte unser Trainer und setzte sich zu uns auf die Erde.

Einen Moment wartete er, während Naruto und ich uns weiterhin wütend anstarrten.

Dann traf plötzlich etwas mit ziemlicher Wucht und lautem Knall auf den Boden, wodurch das Geräusch unser beider Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Verdattert blickten wir zu Kakashi, der die Faust auf den Boden geschlagen hatte.

"So, hört ihr mir nun zu?"

Wir nickten kurz, aber ich schielte dennoch ein letztes Mal entschieden angepisst zu meinem Freund herüber.

"Fein, eigentlich wollte ich mir ja euren Fortschritt oder besser gesagt eure ersten Ergebnisse ansehen. Aber das Einzige, was ich vorfinde, sind zwei bockende, keifende Kleinkinder. Frustrierend, da ich dachte, ihr würdet die Sache ernst nehmen, aber vielleicht - I hope so - bessert ihr euch ja noch."

"Alles deine Schuld!", warf ich nun ein und wollte mich schon wieder auf Naruto stürzen, doch Kakashi hielt mich zurück.

"Meine? Du bist doch hier der, der sich wie 'ne Maschine bewegt!"

"Achja?", schrie ich entnervt.

"Achja!", konterte Naruto ebenfalls gereizt.

Kakashi seufzte nur laut.

"Shut up. Ihr verhaltet euch ja noch schlimmer als Kleinkinder - wie wildgewordene Hühner. Das passt nicht zu eu - zu dir, Sasuke. Ach ja, ich hab' da übrigens noch 'ne wichtige Frage an dich, Naruto."

Überrascht sah dieser Beachboy-Verschnitt zu unserem Lehrer und wartete auf die angekündigte Frage. Noch einen Moment war es bedeutungsvoll still.

"Wie weit bist du mit dem Buch?", murmelte Kakashi ziemlich leise, als dürfe ich das nicht hören. Genervt verdrehte ich die Augen. Der und sein bescheuertes Buch. Wenn man diesen Schund überhaupt noch so bezeichnen kann.

"Weiß nicht...Da fehlt schon noch was", antwortete Naruto und kratzte sich grübelnd an der Nase.

"Ja, dann sieh mal zu. Band zwei hab' ich nämlich schon durch. Und ich muss das dringend mal miteinander vergleichen. Außerdem glaube ich, dass Band zwei weniger Seiten enthält, als Band eins, aber viel mehr kostet, weißte? Da muss ich dringend mal 'ne Beschwerde einreichen", erklärte unser Lehrer mit einem an sich selbst gerichteten Kopfnicken und ich konnte es nicht fassen. Was der für Probleme hatte. Total lächerlich.

Stöhnend erhob ich mich also von der Erde und ging ohne ein weiteres Wort auf die Umkleide und den daran angrenzenden Duschraum zu.

"Hey, warte! Ich komm' mit", rief Naruto hinterher, verabschiedete sich noch kurz von Kakashi, versprach ausdrücklich sich mit dem Lesen zu beeilen und ging kurz darauf im Schnellschritt neben mir.

Mit Duschgel, Shampoo und einem Handtuch bewaffnet, befanden wir uns nur wenige Minuten später endlich in dem noch immer schwülen Duschraum. Eigentlich klar, denn die anderen hatten hier vor etwa ein oder zwei Stunden mit anscheinend kochend heißem Wasser geduscht und bislang war noch nicht gelüftet worden. Also war es noch ein wenig stickig.

Während wir uns die Rücken zuwandten, schwiegen wir uns bloß an, widmeten uns ausschließlich dem Duschen und drehten fast zeitgleich das Wasser auf.

Meine angespannten und verkrampften Muskeln begannen sich ein wenig zu entspannen, während mir der Schweiß von der Haut gespült wurde. Mit den Fingern fuhr ich über die Verletzung an meinem Auge, die mittlerweile gänzlich abgeklungen war. Man konnte es nur noch ganz vage erkennen. In ein paar Tagen wären auch die letzten Anzeichen endlich verschwunden.

Wohlig seufzte ich, begann mich zu waschen und einzuseifen, dachte aber gleichzeitig darüber nach, was Naruto in den vergangenen zehn oder zwanzig Minuten alles gesagt hatte.

Dass ich schlecht tanzen würde und vor allem, dass ich hässlich sei, konnte ich doch nicht kampflos so stehen lassen. Es nervte mich. Genauso wie diese beschissene Stille beim Duschen. Nicht, weil ich unbedingt zugetextet werden wollte, sondern weil es ganz einfach nicht Narutos Art war, so lange den Mund zu halten.

"Und ich sehe trotzdem besser aus, als du", ließ ich es durch den Raum hallen. Eine lange Zeit folgte keine Antwort. Ich überlegte deshalb, meine Aussage zu wiederholen oder einfach einen spöttischen Kommentar abzulassen.

"Stimmt", ertönte es plötzlich ganz schlicht hinter mir und ich horchte erstaunt auf. Damit hatte ich nun am wenigsten gerechnet. Dass es so einfach sein würde.

Über die Schulter sah ich zu ihm, doch er wandt mir noch immer den Rücken zu, wusch sich gerade die Haare. Vielleicht hatte er einfach keine Lust mit mir zu diskutieren und gab deshalb so schnell nach. War ihm mein Verhalten etwa zu kindisch?

Allein bei dem Gedanken, ich könnte nicht ernst genommen werden, musste ich mir auf die Unterlippe beißen, um nicht direkt auszuflippen.

Für einen Moment betrachtete ich dann seinen Körper und fragte mich direkt, ob er durchtrainierter war, als ich, kam aber schließlich zu dem Schluss, dass wenigstens das nicht der Fall war. Lediglich sein Kreuz war etwas breiter gebaut, als meins, doch das war auch schon alles. Also kein Grund zur Sorge.

Mir war plötzlich warm.

Deshalb drehte ich das Wasser ab und band mir mein Handtuch um, verließ mit ziemlich schnellen Schritten - um ein Haar wäre ich auch noch gestolpert - den Duschraum und begann mich in der Umkleide abzutrocknen und anzuziehen.

Kurz darauf kam auch Naruto dazu, wiederholte meine Vorgehensweise und beugte sich plötzlich zu mir herüber. "Hast du Deo dabei? Hab' meins vergessen", murmelte er nur und sah mich an. Ohne ein Wort drückte ich ihm die Flasche in die Hand und zog meinen dunklen Pullover über.

"Danke", meinte er, nachdem er sich eingesprüht hatte und legte es sorgfältig zurück in meine Tasche. Danach war es wieder still.

Ich mochte das nicht. Wir verhielten uns wirklich wie Kinder.

"Meintest du das eben ernst?", fragte ich, während ich in meine Schuhe hineinschlüpfte und sie zuband.

"Was?", konterte er auch noch gespielt unwissend.

Ich richtete mich wieder auf, schloss meine Tasche und nahm meine Jacke vom Haken.

"Na, dass ich hübscher sei, als du."

Dann hörte ich, wie neben mir ein Reißverschluss zugezogen wurde. Im Moment konnte ich ihn einfach nicht ansehen. Obwohl das unsinnig war.

"Ist das denn nicht das, was du hören wolltest?"

Nun drehte ich mich doch zu dem, der sich gerade das T-Shirt überstreifte.

"Danach habe ich nicht gefragt."

Kurz überlegte er, sah dabei Richtung Decke, dann wieder zu mir, direkt in meine Augen.

"Ich finde dich wirklich hübsch", lächelte er und zog sich ebenfalls seine Jacke über.

"Sehr hübsch sogar", fügte er hinzu und ich merkte, wie meine Augen sich weiteten. Und ich glaube sogar, dass sich auf meine Wangen kurzzeitig ein leicht rötlicher Schimmer legte.

Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte - von der ganzen Situation.

Einen Moment lang dachte ich sogar daran, ihm zu sagen, dass er auch ganz hübsch sei.

Aber vielleicht war das auch nur wieder einer von Narutos Scherzen, die ich ja bekanntlich etwas schlecht bemerkte. Also könnte das peinlich werden. Und zwar für mich.

"Männer sind nicht hübsch", sagte ich deshalb betont abwertend.

Kurz warf er mir einen überraschten Blick zu, doch im Anschluss grinste er ziemlich breit. Bis über beide Ohren, möchte man meinen.

"Mag sein, dann bist du eben nicht hübsch. Ganz wie du willst, Sasuke."

Plötzlich knurrten zu allem Überfluss auch noch nahezu gleichzeitig unsere Mägen laut auf und wir mussten einfach nach sekundenlanger Stille ungehalten loslachen.

Das lockerte die Stimmung um einiges auf, genauer gesagt wollte ich auch gar nicht näher über das kürzlich Ausgesprochene nachdenken, weshalb mir Ablenkung ganz gelegen kam. Denn ansonsten würde ich mich nur wieder selbst in einen Zwiespalt treiben.

"Hast du Lust was essen zu gehen?", fragte ich nun der Freude halber und legte eine Hand auf seine Schulter.

Naruto lächelte - jetzt ein wenig gezwungen, wie ich fand.

"Schon, aber im Moment hab' ich dafür echt nicht das nötige Kleingeld. Wenn wir den Wettbewerb gewonnen haben - und das werden wir - dann bin ich auf jeden Fall dabei. Dann lade ich dich sogar ein", grinste er mir nun doch ehrlich entgegen.

"Alles klar. Dann gibst du da einen aus und ich jetzt. Dann sind wir später quit", schlug ich vor und er nickte nach mäßiger Zeit zum Überlegen.
 

Nach einer recht kurzen Busfahrt und einem kleinen Fußmarsch saßen wir schließlich bei einem ziemlich teuren Italiener. Schön gefaltete Servietten standen vor uns, Kerzen überall im Raum verteilt, klassische Musik und Gäste, sowie Personal alle in Abendgarderobe gekleidet. Dazwischen fielen wir definitiv auf. Auch, weil wir deutlich unter dem Durchschnittsalter von geschätzten 50 Jahren lagen.

"Ist was nicht in Ordnung?", fragte Sasuke, der inzwischen mir gegenüber Platz genommen hatte, plötzlich verdutzt nach. Kurz schüttelte ich verneinend den Kopf.

"Nein, alles bestens. Aber hätten wir nicht..zu Mäcces oder so gehen können? Ich meine, wir passen mit unseren Klamotten überhaupt nicht hierher."

Sasuke grinste schief.

"Aber mit unserer Geldbörse", meinte er und wedelte mit seinem Portemonnaie vor meinem Gesicht herum. Dann kam auch schon der Kellner vorbei, brachte uns zuerst einmal die Karten. Sein skeptisch musternder Blick entging mir nicht. Wir passten hier echt nicht hin, da mochte mein Freund noch so viel Geld dabei haben.

Sasuke nickte ihm höflich zu, ich machte es einfach nach. Wann hatte ich das letzte Mal in so einem vornehmen Restaurant gegessen? Vermutlich noch nie, stellte ich erschrocken fest und bemühte mich, bloß nichts falsch zu machen. Ich wollte ihn nicht vor allen blamieren.

Mein Blick schweifte über die verschiedenen Gerichte. Da stand tatsächlich nur der italienische Begriff - keine deutsche Erklärung. Ich seufzte, weil ich kein einziges Wort verstand.

Zum Glück bemerkte Sasuke meine Hilflosigkeit rechtzeitig.

"Wonach suchst du?", fragte er und deutete auf meine Karte.

"Spaghetti wären gut", murmelte ich und kam mir ein bisschen dämlich vor.

Kurz durchblätterte mein Gegenüber die Karte, blieb dann auf einer Seite hängen. "Bolognese? Das wäre dann die 121."

Ich nickte einfach nur. Bolognese. Tomatensoße. Völlig egal. Hauptsache irgendetwas, das meinen Magen füllt.

"Okay, und was willst du trinken?"

"Eine Cola wäre super. Ich brauch' dringend Zucker."

Jetzt nickte er.

Wir schwiegen uns ein wenig an, bis wieder ein Kellner vorbei kam, um unsere Bestellung aufzunehmen. Einer von der Softi-Sorte: schmächtig, stank fürchterlich nach Parfum und hatte einen Gang drauf, den ich mir echt nicht angucken durfte, wenn ich nicht ungeniert loslachen wollte.

"Guten Abend die Herren."

Er sah uns jeweils an, dann blieb sein Blick auf Sasuke kleben. Bei der Stimme musste ich mich wirklich zurückhalten. Er klang so mädchenhaft. Überhaupt nicht mein Fall.

"Nabend", murmelte Sasuke und ich bemerkte, dass er ebenfalls leicht schmunzelte.

"Was darf ich Ihnen bringen?", fragte er weiter - wieder mit dieser schrecklich nasalen Sprechweise.

Aber immerhin heiterte er meine Stimmung ungemein auf. Gut für einen Lacher war er allemal.

"Zweimal die 121, eine Cola und ein Wasser, bitte", bestellte Sasuke, was der junge Mann sofort auf einem kleinen Zettelchen notierte, in seiner Hosentasche verschwinden ließ und uns dann mit einer grazielen Handbewegung die Karten abnahm. Dabei streifte er - rein zufällig natürlich - Sasukes Hand, entschuldigte sich auch gleich darauf für dieses Versehen und ging dann in seinem absolut lachhaften Gang zurück zur Theke. Anscheinend sollte das eine Art Einladung oder Ähnliches darstellen.

Ob er das wohl öfters machte? Ich sah mich forschend um, auf der Suche nach hübschen Frauen und Männern, betrachtete also die Kundschaft an einigen Nebentischen genauer, die jedoch zum größten Teil schon graue Haare und Falten im Gesicht hatte, was mich zu dem Schluss kommen ließ, dass es sich bei seinem Verhalten wohl eher um eine Ausnahme in diesem piekfeinen Restaurant handelte.

Als er schließlich außer Reichweite war, konnte ich mich nicht mehr beherrschen. Ich mochte in einen Mann verliebt sein, ja, aber eben in einen Mann und dieser Typ da eben, der war für mich nichts weiter, als eine Witzfigur, weshalb ich meinem Drang schließlich nachgab und losprustete.

"Nicht so laut", lachte Sasuke unterdrückt. Die Leute guckten uns schon an. Als ich leiser wurde, wandten sie ihre Gesichter wieder ab und widmeten sich erneut ihren Unterhaltungen.

"Sorry, aber", ich rieb mir die Tränen aus den Augen, "was für eine Schwuchtel! Hast du gesehen, wie er deine Hand berührt hat?"

Sasuke lachte und ich ahmte die Geste des Kellners nach, strich übertrieben sanft über seine Hand, wir lachten wieder, dann sah ich ihn schmunzelnd an.

Ich suchte seinen Blick, betrachtete seine schwarzen, endlos tiefen Augen und bemerkte zunächst gar nicht, dass meine Hand noch immer auf seiner ruhte, bis er mir seine vorsichtig entzog.

"Oh, entschuldige", machte ich nur, grinste einfach weiter und er erwiderte es.

Zwischen uns beiden war das okay. Nicht weiter schlimm. Auch für ihn nicht. Wenn es nach mir ginge, würde ich ihn sowieso hier vor allen Leuten, vor diesen ganzen Schnöseln und in aller Öffentlichkeit küssen. Das wäre mir egal - überhaupt nicht unangenehm. Und dem komischen Milchgesicht würde ich dabei sogar noch betont lange den Mittelfinger zeigen.

Von meinen Gedanken belustigt, grinste ich nur umso breiter.

Nach etwa zwanzig Minuten kam dann schließlich unser dampfendes Essen angetänzelt, das in meiner Nase wirklich fantastisch duftete. Schon allein bei dem Anblick lief mir das Wasser im Munde zusammen und auch Sasukes Blick folgte seinem Teller ziemlich gierig.

Nur mit Mühe gelang es uns beiden, das Ganze nicht in einem Zug hinunterzuschlingen. Wir waren nunmal verdammt ausgehungert von den ganzen Anstrengungen des Tages. Und ich hatte heute obendrein noch nicht die Zeit gefunden, auch nur ein einziges Mal vernünftig zu essen. Das musste ich nun defintiv nachholen.

"Schmeckt's?", fragte Sasuke und drehte seine Nudeln auf die Gabel.

Ich hob einfach nur den Daumen in die Höhe und aß - entgegen meinem guten Vorsatz - ziemlich zügig weiter. Als ich meinen Teller nach wenigen Minuten geleert hatte, spülte ich das Ganze mit meinem Glas Cola hinunter - auf Ex natürlich - gab danach ein gesättigtes, wohliges Seufzen von mir, lehnte mich zurück, strich einmal über den gefüllten Bauch und genoss das angenehme Gefühl eines vollen Magens.

"Dich kann man echt nirgendwo mit hinnehmen", kommentierte Sasuke meinen Anblick und zog dabei eine Augenbraue hoch, nippte anschließend an seinem Glas Wasser.

Ich rieb mir nur verlegen über den Hinterkopf.

Dann ließ ich meine Hand langsam niedersinken und sah ziemlich unsicher zu ihm herüber.

"Sag mal, Sasuke. Hast du eigentlich nicht Lust, heute bei mir zu übernachten? Ich meine, es ist schließlich Freitag", murmelte ich so beiläufig wie möglich und hoffte, dass meine Frage nicht allzu plötzlich kam.

Ich wollte ihn unbedingt wieder bei mir haben. Am liebsten wieder in meinen Armen. So wie an jenem Abend, als wir gemeinsam auf der Couch gesessen und eigentlich bloß einen stinknormalen Film geschaut hatten, den ich wohl angesichts der Ereignisse nie wieder vergessen würde. Mit einem Lächeln auf den Lippen erinnerte ich mich daran.

Vor allem an seinen Blick. Bittend hatte er mich angesehen. Bittend, ihn nicht abzuweisen, nicht zu lachen. Und dabei waren seine Ängste doch ungemein überflüssig. Niemals würde ich über ihn lachen, nicht, wenn es um seine Gefühle zu mir ging. Und schon gar nicht, wo er doch gerade dabei war, echtes Vertrauen zu mir aufzubauen.

"Tut mir leid. Aber ich muss heute wirklich nach Hause. Hab' ich Itachi versprochen", murmelte er, ein wenig von dieser Aussage genervt. Also freiwillig blieb er definitiv nicht daheim.

Trotz der Absage blieb mein Gesicht völlig entspannt.

Aber dennoch: verflucht seist du, Itachi Uchiha, nerviger Bruder von Sasuke. Du machst alles kaputt. Aber du wirst mich nicht von ihm fernhalten können. Nein, nicht einmal du. Und wenn du dich auf den Kopf stellst. Denn diese Entscheidung, ob und wie intensiv ich für ihn da bin, liegt immer noch und einzig und allein bei Sasuke.

"Macht ja nichts", lächelte ich. "Ich dachte nur, wir könnten uns ein paar Filme angucken oder sowas."

Mein Freund sah mich mit einem Blick an, der mich deutlich darauf hinwies, dass er anscheinend erleichtert war, dass ich so gelassen reagierte und nicht sauer wurde. Fühlte er sich mir gegenüber etwa zu irgendetwas verpflichtet?

"Nächstes Wochenende vielleicht?"

Ich nickte nur, verdrängte den letzten Gedanken und widmete mich einem neuen, wichtigeren.

"Ach, Sasuke, da ist noch was. Das, was ich da vorhin zu dir gesagt habe, von wegen du seist kein guter Tänzer und so, das war eigentlich nur Spaß. Ehrlich, ich meinte das nicht so", versuchte ich mich zu erklären und senkte den Blick ein wenig.

Das war mir tatsächlich unangenehm. Ich hatte mich da in etwas hineingesteigert und ihn letztendlich provoziert. So war das eigentlich nicht geplant gewesen.

"Ist schon gut. Du hast ja recht mit dem, was du gesagt hast."

Ich sah auf. Direkt in sein vage schmunzelndes Gesicht und lächelte ebenfalls. Damit war alles gesagt. Ich wollte nicht noch unnötigerweise versuchen, ihn vom Gegenteil zu überzeugen und alles Gesagte wieder zurückzunehmen. Es war gut, so wie es war.

"Lass uns zahlen und nach Hause gehen", murmelte er und hob schnipsend den Arm. Kurz darauf kam das Milchgesicht wieder bei uns angetänzelt.

Sasuke bezahlte, gab ihm sogar Trinkgeld und schenkte ihm ein leichtes Lächeln, was Bubis Abend wohl gänzlich rettete. Zumindest zog er ziemlich freudig und mit einer noch schrecklicheren Gangart von dannen.

"Das hast du extra gemacht", grinste ich ihm entgegen, als wir das Restaurant verließen und Sasuke erwiderte mit einer Stimmlage, die der nasalen von dem Milchgesicht glich: "Was ich?"

Freundschaftlich schlug ich ihm gegen die Schulter. Ich wusste gar nicht, dass Sasuke einen derartigen Humor besaß. Das passte gar nicht zu seiner kühlen Hülle. Aber vielleicht tat ihm diese leichte Veränderung gut und vielleicht war ich daran auch nicht ganz unschuldig. Schlechter Einfluss? - Ich musste grinsen.

"Hör' auf so zu reden! Das klingt ja grausam!", lachte ich und er schlug mir ebenfalls gegen die Schulter.

Den ganzen Weg bis zur Bushaltestelle alberten wir mit Leichtigkeit herum, amüsierten uns auch weiterhin über den komischen Typ, der ganz anscheinend auf Sasuke heiß war und bekamen schon fast Magenschmerzen vom vielen Lachen.

Ganz genau so wollte ich mit ihm umgehen können. Das hatte ich mir immer gewünscht. Auch früher schon. Nicht erst, seit ich ihn liebte. Obwohl diese Grenze zwischen Liebe und Freundschaft, die ich für ihn empfand, immer mehr mit einander verschwamm.

Vielleicht war dieser damalige Abend auf der Party lediglich eine Art Auslöser für Gefühle gewesen, die schon eine ganze Zeit zuvor in mir geschlummert und gebrodelt hatten. Das erschien mir zumindest schlüssig.

Dieser momentane Zauber, der uns umgab, dauerte jedoch nur so lange an, bis wir nebeneinander im Bus saßen und Sasuke begann nachdenklich aus dem Fenster zu schauen. Von da an herrschte zwischen uns beiden wieder eine bahnbrechende Stille. Und ich wusste nicht, warum das so war, aber ich wagte auch nicht, sie zu durchbrechen. Das erschien mir in dem Moment nicht richtig, also ließ ich neugierig meinen Blick durch den fast leeren Bus schweifen.

Ein paar Meter neben mir saß noch ein Mädchen, etwa in meinem Alter, mit blonden langen Haaren, hübsch geschminkt und mit gutem Modegeschmack.

Sie lächelte mir zu. Und ich erwiderte es - ganz klar. Auch wenn Sasuke der Einzige war, der für mich in Frage kam, so war es doch nicht grundsätzlich verboten, ein wenig zu flirten und meinen Charm spielen zu lassen. Vor allem ihn auszutesten, um zu erfahren wie ich mich in solchen Situationen am besten zu verhalten hatte.

In gewisser Weise war sie also ein Versuchsobjekt.

Sie fuhr sich derweil durch die strähnigen Haare, hauchte mir einen Kussmund zu und ich erwiderte ihre Flirtversuche mit einem schiefen Grinsen.

Eilig kramte sie in ihrer blauen Handtasche herum, zog ein Zettelchen heraus und schrieb noch eiliger etwas darauf. Als sie an der nächsten Haltestelle ausstieg, drückte sie mir diesen in die Hand und ging auf ihren hochhackigen Schuhen und mit eleganten Bewegungen - vor allem was ihr Gesäß betraf - an mir vorbei. Ich pfiff ihr nach und betrachtete den Zettel, auf dem ihre Telefonnummer stand - Strike.

Das andere Geschlecht war defintiv attraktiv. Und wenn Sasuke mich wider Erwarten doch niemals akzeptieren sollte, könnte ich darauf zurückgreifen.

Jener musterte mich gerade aus dem Augenwinkel.

"Toll, oder?", grinste ich ihm entgegen, hielt sogar triumphierend den Zettel hoch, doch er antwortete nicht. Hoffentlich war er nicht wieder eingeschnappt, weil ich neben dem gefühlvolleren Tanzen auch noch - bloß ein einziges Mal - eher eine Frau abschleppen konnte. Das sollte ja wohl nicht sein Ernst sein.

Anscheinend doch. Denn er wechselte kein Wort mehr mit mir auf unserem Heimweg. Allmählich wurde mir unwohl in der Magengegend, weil er mich so anschwieg, auf meine Fragen ohnehin nicht antwortete und nur starr auf die asphaltierte Straße starrte.

Dann standen wir vor seinem Haus. Es kam mir so schrecklich riesig vor.

"Also dann. Bis Montag", murmelte er und wollte sich umdrehen, um auf die Eingangstür zuzugehen, doch ich hielt ihn entschieden am Hangelenk fest und zog ihn einfach zu mir. Ich dachte nicht weiter darüber nach. Ich wollte nicht, dass er sauer auf mich war und außerdem hatte mir seine Nähe gefehlt. So sehr.

Und deshalb drückte ich ihn fest an mich, anders als die Male zuvor, wo ich mich deutlich zurückgehalten hatte. Jetzt hielt ich ihn besitzergreifend umklammert und er erwiderte meine Umarmung, lehnte dabei seinen Kopf gegen meine Schulter.

Einige Minuten standen wir so da. Keiner von uns beiden regte sich. Keiner von uns beiden wollte den anderen loslassen. Für mich war dies wie ein magischer Moment. Mein Blick schweifte forschend durch die Umgebung, während ich meine größte und einzige Liebe in meinen Armen hielt. Die Wipfel der Bäume um uns herum, wurden in jenem Augenblick von dem kühlen Luftzug einer frischen Frühlingsnacht erfasst, durchgeschüttelt, während auch die Gräser am Straßenrand leicht mitwiegten und nur von den umstehenden Laternen erleuchtet wurden.

In seinem Haus brannte in einigen Fenstern noch Licht. Und als ich das realisierte, ließ ich ihn ganz behutsam los, lächelte ihm noch einmal aufmunternd zu.

Er nickte resigniert, sah mich noch ein letztes Mal an, drehte sich schließlich wortlos um und verschwand ohne eine weitere Geste in diesem großen, einsamen Haus.

Eine ganze Weile verharrte ich noch an Ort und Stelle, völlig unfähig mich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Ich spürte das Kribbeln durch meinen Körper fahren und zugleich das schmerzliche Verlangen nach seiner Nähe durch meine überanstrengten Glieder pochen.

Aber zum ersten Mal machte sich auch eine wirklich realistische Hoffnung in mir breit, dass ich dieses Verlustgefühl nicht mehr allzu lange zu ertragen brauchte.

Und mit dieser Hoffnung machte ich mich mit leichten Schritten und einem Lächeln auf den kühlen Lippen schließlich auf den nahezu endlosen Heimweg.

Und mit jedem Schritt, den ich nach Hause machte, wollte ich zwei in die andere Richtung gehen. Den Weg gehen, der mich zu ihm führte.

Ein Versprechen unter Brüdern

"Hallo Sasuke", grüßte mich die Stimme meiner Mutter direkt aus Richtung Küche, als ich durch die, zur meiner Verwunderung, nicht verriegelte Tür trat. Zügig hing ich meine Jacke an der Garderobe auf, streifte meine Turnschuhe ab und ging auf Socken über die knarrenden Dielen, um meine Eltern zu begrüßen.

Als ich in die hell erleuchtete, wohlig duftende und warme Küche trat, sah ich nur meine Mutter, die gerade an der Spüle ein paar dreckige Gläser säuberte. Sie nahm mit einem Lächeln zur Kenntnis, dass ich überrascht war.

"Dein Vater ist mit einigen Kollegen ein paar Bier trinken", meinte sie und ich nickte bloß, ließ mich erstmal auf einen der sechs Stühle plumpsen. Gähnend streckte ich meine ebenso müden Beine und versuchte mich, während ich dem Geräusch von fließendem Wasser lauschte, ein wenig zu entspannen - was für ein Tag.

Leicht dösend legte ich meinen Kopf in den Nacken, hörte nur, wie ein Schrank geöffnet, das Wasser kurz darauf abgestellt wurde und etwas knackte, raschelte.

Langsam schlug ich die Augen wieder auf, betrachtete das Gesicht meiner Mutter, die mir nun gegenüber saß und ihre Tabletten mit einem Schluck Wasser hinunterspülte. Sie litt seit ihrer Kindheit an leichten Depressionen - keine große Sache eigentlich, das wurde in ihrer Familie schlichtweg vererbt und jeder hatte sich damit abgefunden.

Itachi und ich hatten uns deshalb in unserer Kindheit so einigen nervigen Untersuchungen unterziehen müssen, die aber alle zu dem Ergebnis führten, dass wir nicht betroffen waren.

Erleichternd, aber gleichzeitig auch total egal, sofern man doch mit ein oder zwei Tabletten täglich, alles unter Kontrolle bekam.

Trotzdem hatte ich manchmal das ungute Gefühl, dass meine Mutter, trotz ihrer Medikamente, einen unwahrscheinlichen Hang zur Melancholie und Selbstzweifeln besaß.

"Hast du Hunger, mein Liebling?", lächelte mir Mikoto schließlich zu, nachdem sie mich nicht mehr allzu sehr in Gedanken vertieft glaubte.

Ich schüttelte leicht den Kopf. "Nein, ich...ich habe schon mit Naruto zusammen gegessen", fügte ich an und wurde aufgrund des Kosenamens ein wenig rot um die Wangen. Dabei nannte sie mich oft so. Aber für mich wurde das nie zur Gewohnheit.

"Was Ordentliches oder nur dieses schreckliche Fastfood?"

Sofort musste ich schmunzeln. Meine Mutter war ungemein darauf bedacht, dass ich mich vernünftig ernährte. Sie verbot mir zwar nie Süßigkeiten, aber das war angesichts der Tatsache, dass ich den Großteil ohnehin nicht besonders leiden konnte, auch überhaupt nicht notwendig.

"Wir waren beim Italiener und haben uns Spaghetti Bolognese bestellt", grinste ich leicht.

Sie nickte kurz. Italienisches Essen zählte nicht unbedingt zu ihrer Definition von gesund, aber ich wusste, dass ihr Spaghetti immer noch bedeutend lieber, als ein fettiger Burger waren.

"Und wie war dein Tag ansonsten so?", fragte sie interessiert weiter mit ihrem bezaubernden Lächeln. Und ich war froh, dass sie nicht nachhakte, wie es mir mit meinem Auge erginge und ob ich noch Schmerzen hätte. Ich wusste, dass ihr diese Fragen auf der Zunge brannten, doch mir zuliebe schnitt sie dieses Thema gar nicht erst an. Erst vor ein paar Tagen hatte sie mit mir das Gespräch diesbezüglich gesucht und mein Auge vor allem mit ein wenig Salbe verarztet, zur Kühlung, Abschwellung und schnelleren Heilung. Meiner Ansicht nach, hatte sie damit genug für mich getan.

Schließlich brachte es mich auch nicht weiter, wenn ich aufgrund dieser Lappalie noch zwei Wochen lang in Selbstmitleid versank.

Also atmete ich erleichtert durch und freute mich einfach über ihr ehrliches Interesse.

"Also wir haben heute die Geschichtsklausur geschrieben. Über die Französische Revolution und ja, die lief soweit ganz gut. Anschließend war ich noch bei Kakashi zum Training und joa, danach haben sich Naruto und ich wieder unserer Choreo gewidmet."

Von unseren Plänen hatte ich ihr bereits am Montag Abend erzählt, also kurz nachdem ich selbst davon erfahren hatte, und sie war wirklich stolz auf mein Engagement gewesen, dennoch riet sie mir Vater nichts davon zu erzählen. Und mit diesem gut gemeinten Vorschlag behielt sie recht. Ich konnte ohnehin von Glück sprechen, dass ich das Training bei Kakashi machen durfte. Mein Vater gab nicht viel auf Break Dance - das sei stümperhaftes Rumhampeln und eine Schande für jeden anständigen Tänzer. Dass ich es dennoch machen durfte, spricht wohl für sich. Sofern mein Fortschritt im Modern Dance nicht darunter litt, hatte ich also von ihm den Freifahrtschein mich derartigen Unsinnigkeiten zu widmen. Aber im selben Atemzug war ich mir sicher, dass er seinen Kollegen nichts davon erzählte, weil es ihm peinlich war, dass ich diese Art von Tanz bevorzugte.

"Und? Kommt ihr voran? Du und Naruto?"

Ich sah, aus meinen Gedanken gerissen, zu ihr auf - geradewegs in ihre liebevollen Augen und musste postwendend lächeln.

"Ähm, ja. Wobei er wirklich nur Müll im Kopf hat, was unseren Auftritt angeht. Na ja, und auch allgemein irgendwie", grinste ich und sah ihn mit seinen Grimassen wieder vor mir, die er während des Übens schnitt, um mich zum lachen zu bringen - meist aber erfolglos.

"Aber es macht dir trotzdem Spaß, oder nicht? Und du magst ihn doch auch", lächelte mir meine Mutter zu, nippte an ihrem stillen Wasser.

Wieder dachte ich an ihn. An das Gesicht mit den blauen Augen und den blonden Strähnen, das ich aus meinem Kopf zu verdrängen versuchte.

"Ja, schon. Ich mag ihn und es macht auch Spaß", murmelte ich. Obwohl es mir immer noch nicht leicht fiel, konnte ich mit meiner Mutter doch relativ offen über alles und jeden sprechen. Bei ihr fühlte ich mich verstanden, sie hörte mir zu. Ich war wirklich glücklich, sie zu haben.

Plötzlich spürte ich, wie sie ihre Hand auf meine legte und mich durchdringend musterte.

"Als ich eben am Fenster vorbei gegangen bin, um die Blumen zu gießen, da hab ich euch gesehen."

Als sie das sagte, ganz ruhig und bedächtig, bemerkte ich wie sich meine Finger verkrampften, mir augenblicklich heiß und unwohl wurde und ich den Blick auf die Tischplatte senkte.

Ihr Daumen strich beruhigend über meinen Handrücken.

"Das erinnert mich irgendwie an Shisui", murmelte sie ganz leise und ich hob umgehend den Kopf.

"An wen?", fragte ich nach.

Sie sah mich ein wenig perplex an.

"Oh, nicht so wichtig", lächelte sie, "ich habe nur laut gedacht."

Noch einige Sekunden strich sie weiter über meine Hand, doch sie bemerkte wohl an meinem Gesichtsausdruck, dass ich mich mit dieser Antwort nicht zufrieden geben würde.

"Itachi wartet oben auf dich", wich sie deshalb aus und nickte seitlich in Richtung Tür.

Seufzend erhob ich mich auf ihre Bitte hin von meinem Stuhl und verstand noch nicht ganz, was es mit diesem Kerl auf sich hatte und warum mir meine Mutter nichts von ihm erzählen wollte. Worin bestand das Geheimnis?

Immer noch in diesen Gedanken versunken ging ich durch den Flur, dann die Treppe hinauf, vorbei an Gemälden, Spiegeln und einigen Ikonen, wieder einen Gang entlang, indem die halbe Pflanzensammlung meiner Mutter Platz fand und stand schließlich vor Itachis verschlossener Tür.

Einen Moment zögerte ich, doch dann drückte ich die Klinke einfach ohne anzuklopfen herunter und trat in das düstere Zimmer, das meine Mutter genauso gelassen hatte wie zu Zeiten, als Itachi noch hier lebte. Nur auf seinem Nachtschrank brannte schwach eine kleine Lampe. Schlief er etwa schon?

An den Wänden klebten zahlreiche Poster von Tänzern, aber auch von Musikern und einigen leicht bekleideten Frauen. Leise schlich ich über den Teppichfußboden auf das Bett zu auf dem Itachi - mit dem Rücken zu mir gewandt - reglos lag. Seine heißgeliebte Gitarre ruhte gleich daneben auf einem kleinen Hocker und wirkte auf mich so, als hätte Itachi heute ziemlich lange geübt und Vater damit aus seinem eigenen Haus vergrault. Das Plektrum lag noch auf der Gitarre, neben ihr stand der angeschlossene Verstärker auf dem Fußboden.

Vor meinem Bruder ging ich in die Hocke und bedachte ihn für einen Augenblick, überlegte, ob ich ihn wecken sollte.

"Du bist spät", kam es jedoch plötzlich von Itachi. Seine Stimme klang nicht müde, nicht mal annährend danach, als habe er bis eben geschlafen.

Also ließ ich mich einfach mit einem lauten Krach neben ihn aufs Bett plumpsen, woraufhin Itachi sich zu mir drehte und leicht grinste. Er sah mich an, als wolle er direkt und in allen Einzelheiten wissen, wo ich gewesen war und vor allem, was ich so lange getrieben hatte.

"Weißt du, wer dieser Shisui ist?", fiel ich allerdings gleich mit der Tür ins Haus und es entging mir nicht, dass Itachi für den Bruchteil einer Sekunde überrascht die Augen weitete.

"Shisui war ein Freund von mir", murmelte er jedoch schließlich mit einer bemerkenswerten und nüchternen Sachlichkeit, während er den Blick geradeaus zur Wand richtete.

"War?", hakte ich nach.

Einen Moment war es still. Ich hörte die Glühbirne neben mir knistern, versuchte Itachis Gesichtsausdruck zu deuten. Doch es fiel mir schwer, da sein Profil von der Dunkelheit des Raums verschluckt wurde.

"Er ist tot", erklang es leise, aber ohne ein Zittern in der Stimme meines Bruders.

Augenblicklich senkte ich entschuldigend den Blick. Mein Verhalten war trotzdem stümperhaft, auch wenn es Itachi nicht zu stören schien.

"Tut mir leid", flüsterte ich und rieb über seine Schulter.

Langsam richtete sich mein Bruder auf, setzte sich neben mich auf die Bettkante und fuhr sich einmal durch die langen Haare.

"Ach, macht nichts. Das ist ja jetzt schon Jahre her."

"Wart ihr denn gut befreundet?"

Aus dem Augenwinkel erkannte ich, dass Itachis Lippen ein leicht trauriges Lächeln zierte.

"Er war sogar mein bester Freund."

Ich wollte ihn mit meinen Fragen nicht quälen. Wirklich nicht. Weil ich nachempfinden konnte, wie er sich fühlte, aber dennoch brannten sie mir auf der Zunge. Und ich war leider nicht wie meine Mutter, die die Neugierde in sich hineinfraß.

"Aber warum habe ich ihn dann nie kennengelernt? Ich meine, ich hab' noch nie von ihm gehört, geschweige denn ihn gesehen."

Mein Bruder sah zu mir, aus seinen dunklen Augen, die mich an meine eigenen erinnerten - wie ein Spiegel, in den ich blickte - und er legte mir eine Hand auf die Schulter.

"Weil Vater ihn nicht hier haben wollte."

Verwundert sah ich in seine, nur noch leicht geöffneten, Augen.

Das konnte ich nicht begreifen. Vater hatte irgendetwas an Itachi auszusetzen, auch wenn es nur seine Freunde waren? Das konnte ich kaum glauben. Das war schier unmöglich.

"Und warum nicht?", fragte ich nach, bemerkte selbst, dass meine Stimme immer leiser wurde.

Itachi zuckte lächelnd mit den Schultern.

"Er meinte, er könne mich anstecken." Und in diesem Moment glaubte ich fast, dass mein Bruder unterdrückt auflachte, obwohl das Gesagte nicht zum lachen war. Selten versuchte Itachi seine Gefühle auf eine derartige Weise zu überspielen. Es musste schlimm für ihn gewesen sein, das stand fest.

"War er denn krank?", murmelte ich kleinlaut, kam mir mit meiner Fragerei allmählich ein wenig dämlich vor.

Entgeistert blickte mich Itachi an. Ich erwiderte seinen Blick und augenblicklich legte sich wieder ein sanftes Lächeln auf seine Lippen.

"Nein, das war er nicht. Aber in der Welt unseres Vaters sind Homosexuelle nunmal wie eine Krankheit. Deshalb hatten wir zu der Zeit auch einige Diskrepanzen miteinander."

Itachi seufzte und ich verstand endlich, worum es ging.

"Nur deswegen hattest du Streit mit Vater?"

Neben mir ertönte ein leises Lachen.

"Ziemlichen sogar. Einmal hätte er mir fast eine geknallt. Aber ich bin nicht wie du. Ich hätte dem alten Mann genauso eine gezogen."

Dass Itachi beinahe von unserem Vater geschlagen worden wäre, erschreckte mich. Und das nur, weil sein bester Freund homosexuell war? Das ging einfach nicht in meinen Schädel rein. Nie hatte ich die beiden miteinander streiten sehen. Wann war die Situation eskaliert? War ich zu der Zeit überhaupt daheim gewesen?

"Die Streitereien gingen weiter, bis es zu diesem tragischen Verkehrsunfall kam", erzählte mein Bruder weiter und ich sah zu ihm.

"Shisui war etwas älter als ich. Zwei Jahre um genau zu sein. Damals war er 18, gerade den Führerschein bestanden und mit Papas Karre unterwegs. Hat sich selbst aus der Kurve geschmissen, der Vollidiot."

Schwach glitt Itachis Hand von meiner Schulter, bedeckte nun sein traurig lächelndes Gesicht. Und er tat mir wirklich leid.

Ich wollte endlich einmal für meinen großen Bruder da sein und ihn tröstend in den Arm nehmen, so wie er es bei mir immer liebevoll tat, doch ich hielt inne, als er plötzlich weiter sprach.

"Weißt du, was Vater gesagt hat, als er von dem Unfall erfahren hat? Weißt du das? Nein, kannst du ja nicht wissen. Ich sag's dir, Sasuke. Er hat gesagt, das wäre kein Verlust. Kein Verlust! Ein Menschenleben sei kein Verlust hat er gesagt. Gott, dieser konservative Schwachmat. Verdammter Mistkerl."

Plötzlich verstand ich die Welt nicht mehr. Ich wusste nicht recht, was mich mehr verwundern sollte: die Tatsache, dass unser Vater in solchen Tönen über einen Verunglückten sprach oder aber, dass Itachi unseren Vater mit Schimpfworten betitelte. Das hatte er noch nie getan. Wirklich noch nie. Zumindest nicht in meinem Beisein.

"Sasuke, ich...bitte versprich mir etwas."

Seine Stimme war nur ein Hauchen. Etwas überrascht sah ich zu ihm, während er wieder eine Hand auf meine Schulter legte. Dieses Mal mit festem, beinah klammernden Griff.

"Du willst doch im Showbusiness bestehen, oder nicht?"

Dunkle Augen huschten in meine Richtung, ich nickte stumm.

"Und Break Dance ist dein Leben? Das ist das, was du machen möchtest?"

Wieder nickte ich bestätigend. Tanzen war alles, was ich wollte. Alles, was ich brauchte. Damit erfolgreich zu werden, war mein einziger Traum.

"Und du willst von Vater akzeptiert werden?"

Einen Moment zögerte ich, doch dann nickte ich auch jetzt, ein letztes Mal, vorsichtig.

Ein Lächeln umspielte Itachis Mundwinkel, während seine Hand sich von meiner Schulter löste und durch mein Haar fuhr.

"Ich kann dir den Umgang nicht verbieten. Das kann ich nicht verlangen. Aber versprich mir wenigstens eins: dass du dich niemals auf einen Mann einlassen wirst. Versprich mir das. Das würde alles kaputt machen. Alles worum du so verbissen kämpfst. Einfach alles. All deine Wünsche mit einem Schlag zerstören. Glaub' mir, Sasuke. Glaub' mir das."

Verdutzt sah ich ihn an, fast schon wütend, dass er ein solch unsinniges Versprechen überhaupt verlangte. Und ihm entging meine Unruhe nicht, deshalb sprach er mit besonnener Stimmlage weiter.

"Ich will dir nichts unterstellen. Aber angesichts dem, was ich dir eben erzählt habe, müsstest du meine Besorgnis doch verstehen können, oder nicht? Also versprich es mir einfach, egal ob sinnvoll und angebracht oder komplett überflüssig. Versprich es einfach."

Ich senkte den Blick, rang für einen Moment mit mir selbst.

"Ich verspreche es", murmelte ich leise und kurz darauf zog mich Itachi in eine feste Umarmung, strich mit den Händen liebevoll über meinen Rücken.

"Dein Wort in Gottes Ohr, Brüderchen", flüsterte er mehr zu sich selbst.

Und während er mich so innig umarmte, war ich, entgegen meinem Willen, mit meinen Gedanken bereits wieder bei Naruto und seufzte wohlig, aber kaum hörbar, als Itachi mich zu streicheln begann.

Ein letzter Versuch

Zwei Wochen waren seit dieser Nacht vergangen, in der Sasuke und ich uns so innig umarmt hatten. Zwei Wochen voller Klausuren, die wir schrieben, Klausuren, die wir zurück bekamen, nächtelanger Paukereien, Stress mit der Choreographie, aber gleichzeitig auch unendlich viel Spaß mit dem Menschen, den ich am meisten liebte.

Außerdem war ich auf dem besten Weg meine schulischen Leistungen zu verbessern. Wir hatten nun schon Geschichte und Englisch zurückbekommen, weil sich unsere Lehrer als absolute Freaks im Korrigieren herausstellten und ich schrieb in beidem ein B-, also fast zwei Noten besser, als zuvor. Und ich hatte dabei das Gefühl, dass Sasuke mächtig stolz auf mich war, weshalb ich mich bei den darauffolgenden Klausuren gleich nochmal doppelt so viel anstrengte. Und neben meinem Freund, begannen auch die Lehrer und anderen Schüler mich zu loben und mir Mut zuzusprechen, dass ich auf dem besten Weg sei, doch noch ein vernünftiges Abitur zu machen. Und das motivierte mich. Wirklich.

Des Weiteren kamen Sasuke und ich uns während des Trainings zunehmend näher. Weil er mir einfach alles erklären musste. In die Choreographie hatte er ein Element aus dem Modern Dance eingebaut, wo man - meiner Meinung nach - wie ein sterbender Schwan zu Boden fallen muss und Sasuke betonte jedes Mal, dass es bei mir aussähe wie bei einem Kartoffelsack, der urplötzlich das Gleichgewicht verliert. Und das war wohl bei weitem nicht das erwünschte Ziel. Deshalb führte er mir die Bewegung mehrmals vor und stand schließlich zur Unterstützung hinter mir, legte die Hände an meine Hüfte, um mir die Partien zu zeigen, die bei dieser Figur entscheidend waren und wie ich sie bewegen musste. Dabei war er mir so nah, dass ich sogar seinen heißen Atem in meinem Nacken spüren konnte, während eine seiner Hände meinen Unterarm entlangglitt, um meinen Arm nach oben zu strecken, schließlich meine eigene Hand griff und mich dann zur Demonstration zur Seite drückte, damit ich den Bewegungsablauf verstand.

Das Ganze ließ ich mir solange zeigen, bis er keine Lust mehr hatte. Damit er mich immer wieder berührte.

Aber unsere körperliche Nähe belief sich nicht allein aufs Tanzen. Und das freute mich am meisten.

Als er zum Beispiel letztes Wochenende bei mir übernachtete, da diskutieren wir lange Zeit darüber, wer nun auf der Couch schlafen sollte, da jeder dem anderen das Bett überlassen wollte.

Und als ich mit einem breiten Grinsen fragte, ob es nicht okay sei, wenn wir beide im Bett schliefen, da willigte er wider Erwarten ein. Sasuke schlief freiwillig mit mir in einem Bett. Zuerst weit voneinander entfernt, bis sich durch einige blöde Kommentare meinerseits die Situation lockerte und ich schlussendlich sogar seinen Rücken streicheln durfte. Zwar nur kurz und vorsichtig, aber er ließ es zu.

Doch obwohl wir uns in dieser Zeit so viel näher kamen, hatte ich gleichzeitig auch das mulmige Gefühl, dass er sich mehr und mehr von mir distanzierte. Es lag nicht an den schüchternen Berührungen, die wir miteinander austauschten, sondern viel mehr daran, wie er mich dabei oder danach ansah. Ich wusste nicht, was er dabei empfand und ich traute mich auch nicht danach zu fragen, aus nackter Angst er würde sagen, dass ihn meine Nähe doch irgendwie ekelte. Dass sie ihn störte, aber nicht die richtigen Worte fand, mir das zu erklären. Dass er es nur mir zuliebe bislang verschwiegen hatte.

Das mochte idiotisch sein. Weil wäre es so, hätte er sich bestimmt niemals auf diese, doch recht vertrauliche, Weise von mir berühren lassen, sondern gleich mit einem unmissverständlichen Faustschlag reagiert. Das tat er zwar nicht, aber dennoch blieb meine Panik und Vorsicht zu jedem Zeitpunkt präsent. Ich hatte Angst, den Sasuke, der sich mir momentan bot, wieder zu verlieren. Ich wollte das Glashaus, in dem wir beide noch bis auf weiteres gefangen waren, nicht zerstören.

Deshalb stellte ich keine Fragen und genoss alles, was er zuließ. Von einem schlichten Blick, bis hin zu einer innigen Umarmung. Es gab nichts, das mir zu wenig war und nichts, das mir zu viel wurde.

Alles was er tat, war ausnahmslos wunderbar für mich.

Diese zwei Wochen waren schön. Sie verliefen gut und ließen mich hoffen. Zumindest bis zu jenem merkwürdigen Tag.
 

"Wie ihr wisst, haben wir letzte Woche die Klausur über Analysis geschrieben", murmelte Iruka, begutachtete dabei den Stapel mit vollgeschriebenen Bögen, der vor ihm auf dem Pult lag und seufzte schließlich laut auf.

"Nah, Sasuke. Er betont das immer noch so!", grinste ich meinem Freund mit einem Augenzwinkern zu und Sasuke erwiderte es.

"Also ich bin wirklich maßlos enttäuscht. Habt ihr eigentlich gar nicht zugehört? Meine Güte, unser Klassenschnitt, ich darf's gar nicht laut aussprechen, der liegt bei 07 Punkten! Was war denn los mit euch? Die Frage geht an alle!"

Großes Gemurmel machte sich innerhalb der Klasse breit. Natürlich wollte sich keiner dazu äußern und ich saß sowieso schon wie auf heißen Kohlen, was mir schlichtweg die Sprache verschlug. Eigentlich hatte ich während der Klausur ein ziemlich gutes Gefühl gehabt, die Fragen waren meiner Ansicht nach ziemlich einfach gewesen, da ich bereits vier Tage vor der eigentlichen Klausur begonnen hatte, jeden verdammten Abend, um die vier bis fünf Stunden zu lernen und mich mit dem blöden Taschenrechner vertraut zu machen. Oft lernte ich mit Sasuke zusammen, aber häufig wiederholte ich das Ganze auch dann noch, wenn er längst gegangen war und das manchmal sogar bis spät in die Nacht hinein. Aber vielleicht würden sich die tiefen Augenringe und nahezu schlaflosen Nächte nun endlich bezahlt machen.

"Also es gibt einmal 14 Punkte, einmal 13, einmal 12 und das war's mit den guten Noten. Dann kommt erstmal eine riesen Kluft und es geht mit 08 Punkten weiter! Leute! Wie wollt ihr denn das Abitur schaffen? Ich habe schon so verflucht einfache Aufgaben gewählt und trotzdem kriegt ihr das nicht hin! Das kann doch gar nicht wahr sein."

Iruka war sichtlich am verzweifeln. Jedes Mal spielte er sich so auf, wenn er die Arbeiten zurückgab. Erst tadelte er die ganze Klasse damit, dass das Abitur vor der Tür stehe - nun schon seit gut zwei Jahren - und anschließend suchte er Einzelgespräche mit denen, die es ganz besonders versaut hatten. Demnach hatte ich auch schon öfters bei ihm gesessen und ganze Nachmittage dort verbracht.

Aber das musste nun endlich ein Ende haben. Ich drückte mir selbst die Daumen für die 12 Punkte. Das wäre so unbeschreiblich klasse. Eine 2+ wäre die beste Note seit Jahren, wenn man Sport mal außen vor ließ. Wenigstens da räumte ich auch jetzt noch meine 14 oder 15 Punkte ab.

Nun begann Iruka kopfschüttelnd die Arbeiten auszuteilen, blieb bei jedem nochmal kurz stehen, wies denjenigen auf seine Fehler hin und verabschiedete sich mit einem schön auswendig gelernten: das kannst du doch besser! von dem jeweiligen Schüler.

Lautes Stöhnen machte sich im Klassenraum breit.

Ich begann zu überlegen, wer für die guten Noten infrage kam. Da wäre einmal Shikamaru, das stille aber wirklich hochbegabte Genie, dann Hinata, ebenfalls still, aber doch ziemlich gut in Mathematik und auch Shino war nicht gänzlich unbegabt. Außerdem war da noch Sasuke, der Spitzenkandidat für die 14 Punkte, die ich ihm auch von ganzem Herzen gönnte.

Vor dem stand nun auch Iruka und quatschte wie ein Wasserfall auf ihn ein. Am Rand seines Bogens sah ich nur grüne Häkchen. Möglichst unauffällig schielte ich auf sein Blatt und las die Punktzahl: 13 Punkte.

Dann stand Iruka auch schon vor meinem Platz und ließ mir überhaupt keine Zeit darauf zu reagieren.

"Uzumaki Naruto", begann er ernst und hielt meinen Bogen in die Luft.

Wenn er schon so anfing, dann hatte ich versagt. Ein enttäuschtes Seufzen verließ meinen Mund, dann knallte Iruka die Arbeit auf meinen Tisch.

"Beste Arbeit!", hörte ich plötzlich die erheiterte Stimme meines Lehrers und blinzelte ihn verwundert an. Das konnte nicht wahr sein. Einen Moment brauchte ich, um das zu schlucken und nochmal an seinem Gesichtsausdruck zu überprüfen, ob das nicht bloß ein blöder Scherz war.

Dann blätterte ich aufgewühlt durch meine Arbeit und ganz hinten stand tatsächlich groß und fett: 14 Punkte. Ungläubig starrte ich noch kurz das Blatt Papier an, doch dann machte sich ein verdammt breites und fröhliches Grinsen auf meinem Gesicht breit.

Ich wusste nicht, ob ich vor Freude nun heulen oder lachen sollte.

Ich entschied mich für letzteres und Iruka stimmte gleich darauf ein. Er schien sehr zufrieden mit meiner Leistung zu sein und aufgrund unseres Gefühlsausbruches versammelten sich alsbald auch ein paar andere Schüler um meinen Tisch herum und beglückwünschten mich, als sie von meiner Spitzenleistung erfuhren.

Freudestrahlend sah ich schließlich auch zu Sasuke herüber, dessen Lob mir mit Abstand am wichtigsten war. Doch der starrte nur verloren - ja nahezu niedergeschlagen - auf seine eigene Arbeit und murmelte ganz leise: "Glückwunsch."

Verdattert riss ich die Augen auf und verpasste ihm vor lauter guter Laune einen freundschaftlichen Schlag gegen die Schulter.

"Hey, Sasuke! Du hast doch die zweitbeste Arbeit, also freu dich mal", gratulierte ich ihm völlig ohne Hintergedanken. Später war ich der Meinung, dass ich mir diesen einen Satz besser mal dahin gesteckt hätte, wo die Sonne nie hinscheint.

Denn das schien der Auslöser dafür zu sein, dass er den ganzen Tag kein Wort mehr mit mir wechselte. Und damit nahm wohl alles seinen Lauf.
 

Vor wenigen Minuten hatte es zum Schulschluss geklingelt, wonach Sasuke direkt aufgesprungen und ohne ein weiteres Wort zu mir oder irgendjemandem gegangen war.

Ich wusste warum er sauer war, aber ich verstand es dennoch nicht.

Verzweifelt versuchte ich mit ihm Schritt zu halten, als wir das Schulgelände verließen. Doch er sah mich nicht an, richtete seinen Blick nur stur geradeaus. Neben uns unterhielten sich ein paar Mädchen auf ihrem Nachhauseweg und verstummten verdutzt, als sie uns beide an ihnen vorbei jagen sahen.

"Jetzt warte doch mal, Sasuke!", rief ich völlig erschöpft, doch er reagierte auch weiterhin nicht, ging einfach weiter. "Es lag echt nicht in meiner Absicht, dich wütend zu machen. Ich wollte doch nur, dass du mich respektierst und stolz auf meine Fortschritte bist. Für mich war das nie ein Wettbewerb", versuchte ich zu erklären, während ich wie ein Vollidiot hinter ihm hertrottete - doch meine Versuche blieben vergeblich.

Dabei ging es mir doch immer nur um ihn. Um sein Lob - um sein Gunst. Nicht um diese bescheuerten Noten. Das waren für mich nichts weiter als Zahlen auf einem kriggelig beschriebenen Blatt Papier auf dem Weisheiten standen, die ohnehin nicht von mir stammten.

Doch plötzlich und völlig unerwartet blieb er stehen. Genau neben einer riesigen Buche, während der kalte Wind unerbittlich durch mein Gesicht fegte. Um uns herum war keine Menschenseele mehr.

"Naruto", begann er mahnend, "Ich gebe dir nur einen einzigen, gut gemeinten Rat: hör' endlich auf, um die Anerkennung eines anderen zu kämpfen. Das bringt sowieso nichts."

In seiner Stimme lag kein Unmut, sie klang kräftig und entschlossen. Doch sowie er das gesagt hatte, setzte er sich auch schon wieder in Bewegung und ließ mich mit diesen wenigen Worten zurück.

Und ich wollte ihm nicht mehr nachlaufen. Das wäre kindisch. Ich konnte lediglich hoffen, dass sich sein Groll gegen mich alsbald legte und er heute wie geplant zum Training erscheinen würde.
 

Und das tat er auch. Sasuke war wider Erwarten da und pünktlich wie alle anderen - mit Ausnahme unseres Lehrers natürlich - zum Training in Kakashis Studio angelangt.

Wir zogen uns wie gewohnt die luftige Sportkleidung mitsamt den engen Schweißbändern an und schlurften hinein in die große Halle, mit dem hellen Fußboden und dem riesigen Spiegel an der Wand, während Sasuke mich nicht mal eines winzigen Blickes würdigte.

Egal wie nah ich ihm kam, egal was ich fragte, egal was ich machte - für ihn war ich plötzlich nichts weiter, als Luft, während er in meinen Augen mehr und mehr zu einer eingeschnappten Zimtziege mutierte. Dass man nicht alles und jedes Mal gewinnt, ist doch der Lauf des Lebens. Das ist vorprogrammiert. Man kann einfach nicht immer der Beste sein! Das geht nicht. Und früher oder später würde auch das bis zum Erbrechen ehrgeizige Multitalent namens Sasuke Uchiha genau das einsehen und sich damit verdammt nochmal abfinden müssen.

Erbost trat ich mit dem Fuß auf den Boden und Kiba legte mir ruppig, aber auf seine ganz eigene Art doch irgendwie freundlich, eine Hand auf die Schulter.

"Alter, komm' mal runter. Was'n mit euch beiden los? Ehekrach?", grinste er mir entgegen und drückte mir neckisch seinen Ellenbogen in die Seite. Normalerweise würde ich jetzt lachen und zustimmen. Aber momentan war mir viel mehr danach, irgendjemanden dumm anzumachen, der eigentlich überhaupt nichts für die momentane Situation konnte.

"Ach, halt's Maul, Kiba", murrte ich nur und drückte ihn zur Seite weg.

Kiba hielt ergebens die Hände in die Luft.

"Woh, woh, woh. Ganz ruhig, Brauner...äh Blonder", lachte er. Kibas Witze waren wirklich verboten schlecht. Noch viel flacher, als meine eigenen.

Ich warf ihm nur einen finsteren Blick zu und widmete mich dann Kakashi, der gerade mit einem Rumpeln und wieder in sein erstes Buch vertieft, das ich ihm vor wenigen Tagen zurückgegeben hatte, die Tür reinkam.

"Yo, guys", grüßte er, ohne den Blick zu heben und nahm kurzerhand neben Sasuke auf der Bank Platz, während wir anderen Kakashi beobachteten.

"Können wir dann anfangen? Ich will nach Hause", beschwerte sich Shikamaru, bei dem ich mich sowieso des öfteren fragte, warum er überhaupt zum Training kam, wenn er doch eh nie Lust hatte.

"Wärmt euch schon mal auf, yo", murmelte Kakashi leicht geistesabwesend und ich seufzte entnervt auf, tat aber wie geheißen und lief erstmal ein paar Runden durch die Halle - genauso wie Sasuke, während Kiba, Shikamaru und Gaara - der endlich auch mal wieder dabei war - sich einigen Bodenübungen widmeten.

Eine ganze Zeit hatte ich die Führung und lief im lockeren Tempo voraus, doch auf einmal begann er seine Geschwindigkeit zu erhöhen und zog - arrogant wie eh und je - mit geschlossenen Augen an mir vorbei.

Dieser kleine Dreckssack.

Ich war wirklich stinksauer.

Also beschleunigte ich ebenfalls mein Tempo und überholte ihn schon bald wieder. Doch das Ganze eskalierte schlichtweg und artete in ein verbissenes Duell aus, das ohne jegliches Ziel bestritten wurde.

Es ging einfach nur ums Prinzip.

Wir stürmten mit beängstigender Geschwindigkeit durch die Halle, drehten keuchend und völlig gerötet im Gesicht unsere Runden, bis sich plötzlich Kakashi in unseren Weg stellte und wir abrupt anhalten mussten, um ihn nicht umzurasen.

"Enough", murmelte er nur und sah auf uns hinab, wie wir nach Luft japsend auf dem Boden kauerten. Meine Lunge brannte und schmerzte schon vor Überanstrengung. Das war viel zu schnell, viel zu viel gewesen.

"Trinkt 'nen Schluck, dann geht's los, ihr Wahnsinnigen", schmunzelte er und klatschte auffordernd in die Hände.

Als ich mich erhob, schielte ich wütend zu Sasuke hinüber, doch für ihn war ich schon wieder nicht mehr, als ein Hauch von Luft.

Und plötzlich erinnerte er mich an Sakura. Daran, wie sie mich behandelt hatte. Und dabei war ich fest davon überzeugt gewesen, dass er anders war. Nicht so oberflächlich, zickig und idiotisch. Doch momentan trafen eben jene Beschreibungen bestens auf unsere kleine, eingeschnappte Prinzessin zu.

Aber gleichzeitig war ich mir auch darüber im Klaren, dass ich an dieser Stelle auf Granit traf. Es brachte nichts, sich aufzuregen. Das würde Sasuke auch nicht beeindrucken.

Wenn ich richtig reagieren wollte, könnte ich ihn links liegen lassen und einfach abwarten, ob und wann er sich von selbst beruhigte, aber das war nunmal ein Ding der Unmöglichkeit für mich. Ich wollte nicht warten. Das ging einfach nicht!

Doch vorerst musste ich das wohl oder übel.

Zumindest bis unser Training vorüber war. Und das war es doch um einiges schneller, als zunächst erwartet. Die Zeit verging wie im Flug, während ich in meine Gedanken vertieft mitmachte und auf meine Bewegungen und Schritte nur halbherzig achtete. Allerdings rief uns Kakashi noch einmal zu sich, als der Rest schon die Umkleiden aufsuchte.

"Yo, wie sieht's mit eurer Choreo aus?", lächelte er uns entgegen und wartete gespannt auf unsere Antwort.

Da Sasuke keinerlei Anstalten machte, den Mund zu öffnen und etwas zu erwidern, ergriff ich schleunigst das Wort: "Na ja, also wir sind so gut wie fertig. Der Auftritt ist ja auch schon nächste Woche. Also von daher, muss ja."

Ich bemühte mich bei meinen Worten freundlich zu lächeln und allmählich meine aufgestaute Wut abzubauen. Denn die konnte ich wirklich nicht gebrauchen, wenn ich mit Sasuke vernünftig und in aller Ruhe über unsere Diskrepanzen sprechen und sie zudem auch aus der Welt räumen wollte.

Aufgrund von Kakashis folgender Belehrungsattacke, wir sollten und konzentrieren, aber auch ruhig bleiben, noch mit aller Seelenruhe bis zu unserem großen Tag trainieren, das Ganze gelassen auf uns zukommen lassen und ja nicht vergessen die blöden Stirnbänder zu tragen, wurde ich allmählich immer unruhiger.

Ungeduldig trat ich von einem Fuß auf den anderen, bis Kakashi nach einigen Minuten schließlich lächelte und glücklicherweise meinte, er müsse nun los, habe noch was zu erledigen.

Stillschweigend, nur kurz nickend, wandt sich Sasuke um und ich ging neben ihm auf die Umkleide zu, aus der uns lachend der Rest entgegen kam. Also zumindest lachte Kiba mindestens laut genug für zwei, während Gaara reglos daneben ging und Shikamarus Gesicht nur kurzweilig ein vages, kaum erkennbares Schmunzeln schmückte, als Kiba ihm grob gegen die Schulter schlug.

Immerhin war Kiba nicht mehr wütend auf mich und meinen Freund, denn noch bis vor wenigen Tagen fühlte er sich von Sasuke und mir hintergangen, weil er nicht in der Gruppe für den Auftritt beim Hammertalent war und er sich schlichtweg ausgegrenzt vorkam. Sasuke hatte ihn kurzerhand damit abgespeist, dass es sich nunmal um ein Duo handle und er sich mal nicht so aufspielen solle, er könne sich ja mit Gaara oder Shikamaru bei dem Wettbewerb anmelden. Doch das hatte er auch entschieden verneint und damit war das Thema wieder vom Tisch. Das kürzlich eröffnete Feuer eingestellt und das gerade erhobene Kriegsbeil wieder begraben. Sasuke und ich steckten hingegen derzeit noch in der Phase des Aufrüstens, wie mir schien. Zumindest von seiner Seite aus. Meinetwegen könnten wir uns heute Nacht ausgiebig beieinander für die Unannehmlichkeiten entschuldigen. Aber dazu würde es wohl nicht kommen.

Ich verabschiedete mich mit einem Handzeichen von den dreien, die einmal kurz in meine Richtung nickten und ging dann geradewegs mit Sasuke in den Duschraum.

Nach einer minutenlangen Abkühlung standen wir schließlich wieder in der Umkleide, vor unserem Spind und sahen einander nicht an.

Mich bedrückte das. Das Ganze war doch lächerlich. Verdammt, wir waren erwachsene Männer und spielten uns auf wie Kleinkinder, denen man soeben das liebste Lieblingsförmchen geklaut hatte!

"Sprich doch endlich wieder mit mir", bat ich also leise, nachdem ich mir meinen Pullover übergezogen hatte.

Doch es blieb ruhig. Und ich glaubte beinah das Plätschern des noch immer nachtropfenden Duschkopfs bis hier hin hören zu können.

"Bitte, ich...Ich etrag' diese Stille zwischen uns nicht. Sag' mir doch, was los ist. Bist du wirklich nur so sauer, weil ich ein einziges Mal 'ne bessere Arbeit geschrieben hab', als du? In all den Jahren? Ich kann auch wieder schlechter werden, wenn dir das lieber ist. Mir macht das wirklich nichts aus, hauptsache du...", begann ich ausschweifend zu erklären, hielt jedoch inne, als er plötzlich das Deo, das er noch eben in seiner Hand gehalten hatte mit einem lauten Krach in seine Tasche donnerte.

"Warum lässt du mich nicht einfach in Ruhe, hä? Schnallst du's nicht, dass du mir auf die Nerven gehst, oder was?", brüllte er mir entgegen, riss seinen Pullover herunter, sodass er beinah an seiner Wut zerriss.

Ich schluckte hart.

"Aber warum nerve ich dich so?", fragte ich vorsichtig nach, darauf bedacht ihn nicht noch mehr zu verägern. Doch meine Bemühungen blieben erfolglos.

"Warum. Warum. Ist doch scheiß egal, warum! Fakt ist, dass du mich total abnervst mit deiner ganzen scheiß Art!", entgegnete er noch lauter und wütender als zuvor. Sasuke stand kurz vor der Eskalation.

Aber ich konnte jetzt nicht nachgeben. Ich wollte das klären. Und ihn vor allem nicht verlieren.

"Ich...kann ich was tun, damit du nicht mehr sauer bist?", murmelte ich und sah vorsichtig zu ihm, direkt in seine kalten Augen, die mich trotzig anfunkelten.

"Warum kümmert dich das so, ob ich wütend bin oder peng? Mann, such' dir doch 'nen anderen Kumpel, den du verarschen kannst und lass mich damit in Ruhe", schnaubte er, griff nach seiner Tasche und machte Anstalten zu gehen.

Warum verarschen? Was war plötzlich los?

"Ich...warte doch, Sasuke", versuchte ich es erneut mit ruhigem Ton.

Es dauerte einen Moment, doch dann machte er auf der Stelle kehrt und kam auf mich zugestampft.

"Dann nenn' mir einen triftigen Grund, du verdammter Idiot! Einen einzigen!", schrie er mir ins Gesicht und ich begann mit mir selbst zu ringen. Triftiger Grund wofür? Weshalb ich wollte, dass er mir verzieh oder weshalb er bleiben sollte? Eigentlich war das ja auch völlig irrelevant. Es lief sowieso alles aufs Gleiche hinaus.

Und wenn ich jetzt nichts sagte, dann wäre vielleicht alles vorbei. Aber genauso konnte durch meinen nächsten Satz ebenso alles vorbei sein.

"Weil ich...weil", begann ich zu stammeln und merkte, wie meine Finger sich verkrampften, dabei leicht zu zittern begannen, bei mir urplötzlich der Schweiß ausbrauch und meine Nervosität ins Unermessliche stieg.

"Für so einen Scheiß hab' ich keine Zeit", murmelte er abwertend, drehte sich um und wollte erneut gehen, mich einfach stehen lassen, doch dieses Mal griff ich sein Handgelenk, ließ den Blick herzklopfend zu Boden sinken.

Aber ich wusste, dass er mich erwartungsvoll anstarrte und dass es keinen Weg zurück gab.

Dass jetzt der letzte entscheidende, alles entscheidende Schritt folgen musste.

Also fasste ich mir ein Herz und stellte mir in Gedanken den Sasuke vor, den ich bis heute Morgen noch gekannt hatte. Den Sasuke, der mich lieb anlächelte, der mit mir sogar manchmal lachte und nicht den, der gerade verbissen und ungeduldig vor mir stand.

"Bleib' hier und verzeih' mir...weil ich...weil ich dich brauche. Weil ich dich liebe. Ich liebe dich, Sasuke."

Schmerzliche Liebe

Wie versprochen kommt dieses Kapitel zügig und ich muss an dieser Stelle anmerken, dass mich das Ganze ungelogen stundenlanges Haare raufen gekostet hat, bis es in meinen Augen eingermaßen passabel war.

Puh, deshalb hoffe ich natürlich umso mehr, dass es bei euch genauso ankommt, wie ich es mir gedacht habe -.- Und zwar glaubwürdig und nicht abgedroschen...

Nun ja, ihr werdet mich wohl darüber unterrichten :-)

Nun (hoffentlich) viel Spaß beim Lesen xD

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Mein Herz schlug wie wild gegen meine Brust, als es plötzlich ganz still um mich herum wurde. Eine Stille, die nichts Gutes bedeutete. Eine Stille, die mir viel Abweisung und noch viel mehr Schmerz prophezeite. Aber das war bloß eine Vorahnung. Nichts weiter, als eine simple, unbedeutende Vorahnung.

Jedoch kam es mir vor, als wären Stunden vergangen, seit Sasuke das letzte Mal gesprochen hatte. Doch nun ergriff er endlich wieder ganz leise und unsicher das Wort:

"Das ist...ein Scherz."

In seiner Stimme lag ein fragender Unterton und seine flehende, bittende Tonlage zwang mich dazu aufzusehen, mich dem zu stellen, was auch immer mir nun bevorstand und verneinend leicht den Kopf zu schütteln, während ich ihm in die Augen sah.

In seine weit geöffneten, ungläubigen Augen, die mich anstarrten, als wäre ich nicht mehr von dieser Welt. Und vielleicht war ich das auch nicht. Vielleicht war ich wirklich nichts weiter, als ein hoffnungsloser Träumer.

"Ein Scherz", wiederholte er monoton.

Was hatte ich mir schon von meinem Geständnis erhofft?

Aufgrund der Antwort, die mir durch den Kopf huschte, musste ich traurig lächeln.

Eigentlich gar nichts.

Und doch so viel.

"D-das meinst du nicht so...Ich meine...Du...", begann er stottrig und ließ dann den Blick auf meine zittrige Hand sinken, die noch immer haltsuchend sein Handgelenk umfasste.

Für Ausreden war es längst zu spät. Das hatte keinen Wert mehr. Nur die Hoffnung, dass ich ihn von der Wahrheit überzeugen konnte, die blieb mir. Ich musste mich jetzt erklären, während ich selbst keine Fragen stellen durfte. Dazu hatte ich momentan kein Recht. Ich durfte nur Antworten geben. Und das, obwohl mir eine Erklärung peinlich und unangenehm war. Und auch wenn ich mich vor seiner Reaktion fürchtete, so zählte meine unbeschreibliche Angst dennoch nichts mehr. Sie war nichts weiter, als ein Empfinden, das ich von nun an für Wichtigeres in den Hintergrund drängen musste. Das war meine Pflicht.

Entschlossen, alles richtig zu machen, wollte ich ironisch anmerken, dass ihm mein Geständnis wohl die Sprache verschlagen hätte, nur um die angespannte Situation ein wenig aufzulockern. Aber so sehr ich mich auch bemühte, ich bekam diese Worte nicht über die Lippen.

Also musste ich anders beginnen.

"Es tut mir leid", murmelte ich und suchte seinen Blick, doch er hielt den Kopf geneigt.

Da er nicht fragte, was mir leid täte, fuhr ich einfach ohne Aufforderung fort. Ich musste etwas sagen. Die Stille schien mir die wenige Luft zum Atmen zu nehmen. Es war wie ein Zwang. Ich musste sprechen, egal was, hauptsache die Wahrheit.

"Dass ich dir nichts gesagt habe, tut mir leid. Dass ich dir etwas vorgemacht habe, tut mir ebenfalls leid. Aber es tut mir nicht leid, dass ich so für dich fühle."

Plötzlich sah er auf. Angsterfüllte Augen starrten in meine - ja, er schien Angst zu haben. Und zwar vor mir. Vielleicht schlicht vor meinen Worten, aber vielleicht in jenem bedeutsamen Moment auch vor mir als Person. Doch diese Furcht wollte ich ihm nehmen.

"Du bist...der wundervollste Mensch, den ich kenne. Und ich...ich schäme mich nicht dafür, dass ich diese Gefühle für dich hege", fuhr ich vorsichtig fort und versuchte ihn mit einem sanften Lächeln zu beruhigen. Auch wenn es mir schwer fiel so standhaft zu bleiben.

Denn ich spürte die Hitze unentwegt durch meinen Körper jagen - pure Nervosität, die ich ihm nicht zeigen durfte. Ich musste das jetzt durchstehen. Schließlich hatte ich mich selbst in diese missliche Lage katapultiert.

"Weißt du...Du machst mich einfach glücklich. Wenn ich bei dir bin, dann...dann geht's mir gut. Richtig gut sogar. Ganz egal, was um mich herum geschieht, solange du nur da bist."

Während ich diese Worte aussprach, die aus meinem tiefsten Inneren stammten, stand Sasuke einfach nur da wie eine Statue, gehauen zwar aus schönstem Marmor, aber immer noch reg- und teilnahmslos wie der harte Kalkstein aus dem sie gemeißelt wurde, während sein Blick schlicht in tiefe Leere glitt. In Leere und Ausdruckslosigkeit. Er schien wirklich wie versteinert.

Doch er lief immerhin nicht weg. Schien er nicht zu können - nicht zu wollen? Fakt ist jedenfalls, dass er hier blieb und mir zumindest für den Augenblick Gehör schenkte.

Und ich wusste nicht, ob das Ganze nun ein gutes oder schlechtes Zeichen war.

"Du kannst dir gar nicht vorstellen, was ich empfinde, wenn du mich ansiehst. Wenn du lächelst. Wenn du mich berührst. Und du weißt auch nicht, wie sehr ich mich danach sehne, meinen Mund auf deine Lippen zu legen. Schon so lange, Sasuke. Ich liebe dich schon so lange", flüsterte ich ihm zu, versank in meinen eigenen verworrenen Gedanken und verdrängte die Worte, die er mir daraufhin sagte, einfach aus meinem Gehör.

Auf einmal sah ich nur noch diese endlose Schönheit. Der Marmor seines Gesichts, geziert von den dazugehörigen tiefschwarzen, unergründlichen Augen und den weichen, wohlgeformten Lippen. Alles umhüllt von seinen rabenschwarzen Haaren. Der perfekte Kontrast. Das perfekte Gesicht.

Plötzlich dachte ich nicht mehr. Ich wollte nur noch.

Das Verlangen, ihn zu küssen, ihm meine Liebe zu zeigen, sie mit dieser Verschmelzung zu beweisen, wuchs in jenem Moment über den Zweifel und die Angst hinaus, die mich zuvor prägten und meine Handlungen bestimmten. Meine tiefe Sehnsucht verleitete mich sogar schlussendlich dazu, die Hände fordernd an seine Wangen zu legen und sein Gesicht anzuheben.

Doch noch bevor ich mich ihm weiter annähern konnte, riss er mich schließlich aus meinen Träumereien und schlug mich zur Seite. Er schrie mich an. Nein, nicht nur das: Er klagte mich regelrecht an. Und erst jetzt bemerkte ich die bittere Pille der Realität.

Sasuke starrte mich an. Für mich in diesem Augenblick so verschreckt, verzweifelt, wütend und angeekelt wie noch nie zuvor in seinem Leben.

Er hielt sich das Handgelenk, das ich bis eben noch umfasst hatte und ich erblickte die dunklen Druckstellen daran. Druckstellen, durch meinen Griff?

Mein Blick wanderte hoch - seine Wangen ebenfalls gerötet.

"Ich sagte...du tust mir weh", murmelte er und sah mich feindselig an. Aber gleichzeitig auch mit einer Vorsicht, die ich ebenfalls noch nie erlebt hatte.

Ich rappelte mich auf, machte einen Schritt auf ihn zu, wollte seinen Arm greifen und mich bei ihm entschuldigen. Das hatte ich nicht gewollt. Ich hatte es nicht einmal bemerkt.

Doch er schlug meine Hand beiseite.

"Lass das! Fass mich nicht mehr an! Nie wieder", schrie er dabei aus voller Kehle und stürmte plötzlich mit beeindruckender Geschwindigkeit an mir vorbei - er floh.

Ich hörte seine schnellen Schritte, spürte den bebenden Fußboden unter meinen Füßen und je weiter er sich von mir entfernte, desto mehr wurde ich wieder Herr meiner Sinne.

Erst jetzt begriff ich vollends, dass ich ihn bedrängt hatte.

Von Anfang an hatte er betont, dass er das nicht hören wolle - wie ein Platzregen schlugen diese bis gerade verdrängten Worte nun auf mich ein. Zeigten mir meine Schuld. Dass ich nicht gestoppt, sondern ihn festgehalten und gezwungen hatte, mich anzuhören.

Was war nur mit mir los? Ich verstand mich selbst nicht mehr. Das war doch sonst nicht meine Art.

Voller Verzweiflung sackte ich in mir zusammen, nieder auf den Boden und bedeckte mein Gesicht vor eigener Scham mit meiner Hand, während ich bitterliches, warmes Wasser über meine Wangen fließen spürte. Ganz langsam tropfte die salzige Flüssigkeit, die ich eigentlich nie wieder verlieren wollte, mein Kinn herab, färbte den hellen Holzboden unter mir und erinnerte mich in jenem Moment an die langsame Ausbreitung einer Blutlache.

Ich hatte wirklich alles Erdenkliche falsch gemacht. Er musste mich zu Recht für ein abartiges Schwein halten. Dabei wollte ich ihm doch nur nahe sein. Aber anstatt diese Nähe auszuschöpfen, hatte ich letzten Endes mit meinem Tun genau das erreicht, was ich am meisten zu vermeiden suchte: ihn zu verlieren. Endgültig und unwiderruflich.

Gequälte Schluchzer verließen meinen Mund, während ich versuchte meine vergossenen Tränen zu beseitigen und neue zu unterdrücken. Aber es gelang mir nicht. Nicht mehr.

Ich hatte ihm weh getan. Das hatte er sogar gesagt. Und das würde ich mir niemals verzeihen. Niemals.

Meine Beteuerung musste revidiert werden: von nun an tat es mir aufrichtig leid - es musste mir leid tun - dass ich mein Herz an ihn verloren hatte. Wo ich ihm doch nichts als Schaden zufügte.
 

Reglos lag ich nunmehr seit einer halben Stunde auf meinem Bett, umhüllt von der Dunkelheit des Zimmers und starrte in weitreichende Schwärze. Neben mir hörte ich das Ticken der Uhr, während draußen der Wind gegen meine Fensterscheibe peitschte.

Selbst jetzt hielt ich mein Handgelenk noch fest umklammert. Dabei zitterte ich unaufhörlich am ganzen Leib und biss die Zähne zusammen, um meine aufkommenden Gefühle zu unterdrücken.

Ich liebe dich schoss es wieder durch meinen Schädel und begann allmählich mir schreckliche Kopfschmerzen zu bereiten. Schon ab diesem einen Satz wollte ich nichts mehr davon hören. Kein einziges Wort mehr aus seinem Mund. Ich wollte weglaufen, war aber wie gelähmt. Deshalb hatte ich begonnen ihn anzuschreien. Ihm gesagt, er solle die Klappe halten. Aber er ließ mich nicht in Frieden, lächelte mich nur so verträumt an und sprach weiter. Schmiss mir seine ganzen Liebesbeteuerungen um die Ohren.

Seine Art war es letzendlich, die mich geängstigt hatte. Seine maßlose Vernarrtheit ließ mich auch jetzt noch erschaudern und verunsicherte mich. Das war alles so plötzlich gekommen. Dabei kam eine Liebeserklärung doch bekanntlich immer irgendwie überraschend. Aber hier war es anders. Viel komischer.

Aber warum? Durch seine Worte, seine groben Berührungen oder doch nur, weil er ein Mann und zudem mein bester Freund war?

Ich drehte mich auf den Rücken und schlug mir die Hände vors Gesicht. Das war doch alles Unsinn. Daran lag es nicht. Glaubte ich. Nein, ich wusste es nicht. Mein schmerzender Kopf fühlte sich so leer und gleichzeitig so schwer wie Blei an, ließ keine klaren Gedankengänge zu.

Ich liebe dich schallte es nur erneut in meinen Ohren wider. Dann seine Hände an meinem Gesicht. So grob, verletzend, aber zugleich auch unsicher und verzweifelt.

Mein Atem ging schwer, während mein Herzschlag vor Aufregung noch immer unregelmäßig pulsierte.

Hätte er mich in seinem Wahn vielleicht sogar versucht zu berühren? Intimität gegen meinen Willen ausgeübt? Meine Augen flackerten, während ich mit Mittel- und Zeigefinger meine gereizten Schläfen massierte.

Nein, wäre das sein einziges Anliegen gewesen, hätte er es sicher schon viel früher getan. Als wir nebeneinander geschlafen hatten, allein in seiner Wohnung, da war der Moment viel günstiger gewesen. Aber darum schien es ihm gar nicht zu gehen.

Er war einfach nicht bei Sinnen gewesen. Nein, er hatte mir ganz sicher nichts tun wollen. Das verriet allein sein Gesichtsausdruck und auch sein Blick mit dem er mich bedachte, nachdem er sein merkwürdiges Verhalten selbst bemerkt hatte.

Er war wirklich geschockt gewesen - und zwar von sich selbst. Das konnte ich unmissverständlich von seinen angsterfüllten Iriden ablesen.

Verletzt von seinem eigenen Handeln, weil er mich damit verletzt hatte.

Du liebst mich also wirklich, Naruto? Tust du das?

Ich kniff die Augen fest zusammen.

Wie konnte er sich nur in jemanden wie mich verliebt haben? An mir gab es nicht viel liebenswertes, das wusste ich nur zu gut. Die, die bislang vorgaben mich zu lieben, das waren alles nur Menschen, die die Oberflächlichkeit auf einem Silbertablett serviert bekamen. Mit Ausnahme von meiner Mutter und Itachi vielleicht.

Aber ansonsten liebten doch alle nur das, was sie sahen. Es konnte nicht anders sein. Weil sie mich nicht kannten. Nicht im Geringsten. Denn mit den wenigsten der Mädchen, die felsenfest behaupteten mich zu lieben, hatte ich jemals mehr als zwei Sätze gewechselt.

Doch bei Naruto war das anders. Ich glaubte, dass er mich kannte. Immerhin ein Stück weit. Und das war es, was mich am meisten beunruhigte.

Dass ich überhaupt so viel darüber nachdachte. Das tat ich doch sonst nicht. Kaum waren diese nervigen Liebesfloskeln ausgesprochen, hatte ich sie auch schon wieder vergessen. Und jetzt? Jetzt lag ich hier auf meinem Bett, starrte in die Dunkelheit und sinnierte über seine Gefühle für mich. Das war doch total absurd!

Dabei war unsere gemeinsame Zeit doch so schön und irgendwie unbeschwert verlaufen. Es schmerzte, dass das nun alles vorbei sein sollte. Mit einem Schlag, verursacht durch drei lächerliche Worte.

Und dann, während ich in meinen Erinnerungen wühlte, fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen. Diese ganzen Berührungen...Wann hatten die begonnen? Verflucht, wann?

Angestrengt dachte ich nach, versuchte mich zu konzentrieren.

Vor etwas über einem Monat hatte ich begonnen, zunehmend mehr Zeit mit Naruto zu verbringen. Konnte es sein...Konnte es sein, dass er seit dem...?

Meine Augen weiteten sich erschrocken. Wie hatte ich so blind sein können? Verflucht, wie? Das konnte doch nicht wahr sein, dass ich es nie bemerkt hatte. Plötzlich ergaben diese ganzen Berührungen und alles, was er sagte einen Sinn.

Ich finde dich hübsch - sehr hübsch sogar hörte ich ihn wieder beteuern, spürte ihn wieder neben mir liegen, nah an mich geschmiegt und musste schlucken. Letztendlich war ich doch selbst schuld. Zumindest wenn ich ehrlich zu mir selbst blieb. Schließlich hatte ich all das zugelassen, teilweise sogar...erwidert.

Ich schüttelte aufgeregt den Kopf. Wenn es so war, wenn er nicht allein schuldig war, dann durfte ich ihn auch nicht so behandeln. Wir hatten schließlich ein wichtiges Ziel vor Augen, das wir nunmal nur gemeinsam erreichen konnten: Den Wettbewerb zu gewinnen.

Dafür hatten wir Tage und Nächte lang trainiert. Und ich hatte so viel Zeit, Geduld und Energie in dieses Projekt investiert, dass doch jetzt nicht einfach alles vorbei sein konnte. Das würde ich nicht zulassen - niemals. Ich wollte gewinnen. Und ich würde auch gewinnen.

Eilig kramte ich mein Handy aus der Hosentasche heraus und begann eine SMS zu schreiben:

hey naruto

unser duo steht doch noch?

lass uns die sache einfach vergessen

wir sind doch freunde :-)

sasuke

Noch einmal besah ich das, was ich geschrieben hatte, drückte eilig dieses bescheuerte Smiley wieder weg und schickte das Ganze ab, obwohl ich wusste, dass die Zeilen suboptimal waren.

Es dauerte gerade einmal zwei Minuten, bis mein Handy aufgrund einer erhaltenen SMS zu vibirieren begann. Da stand:

okay

Nicht mehr und nicht weniger. Nur dieses simple Wort, das aber völlig genügte.

Erleichtert, aber auch irgendwie bekümmert legte ich mein Handy neben mir aufs Bett und starrte wieder die dunkle Decke an.

Ob es ihm wohl meinetwegen schlecht ging?

Wieder kniff ich die Augen zusammen. Was interessierte mich das schon? Es hatte mich nicht zu interessieren - war nicht mein Problem. Ich konnte ja nichts für seine Gefühle! Damit musste er selbst klar kommen.

Er würde schon irgendwann darüber hinweg sein. Vielleicht mithilfe eines anderen Kerls, wenn er schon auf Männer stand.

Ja, mit einem anderen.

Bilder fegten durch meinen ohnehin überfüllten Kopf.

Naruto mit einem anderen.

Das war so naheliegend und gleichzeitig so unvorstellbar. Der Gedanke, er könnte einen anderen küssen und vor allem einen anderen lieben, nahm mir schlicht den Atem.

Wie würde dieser jemand wohl aussehen? Vielleicht würde er mir ähneln, aber vielleicht auch ein gänzlich anderes Äußeres aufweisen. Und schon wieder dachte ich über Dinge nach, die mich nicht zu interessieren hatten.

Dabei sollte das alles nicht so sein. Mein Verhalten, meine Fragen und Reaktionen sollten nicht so sein. War ich denn noch immer so fürchterlich naiv? Wenn ich weiterhin ehrlich blieb, war ich tatsächlich eifersüchtig auf einen Kerl, der gar nicht existierte. Das war doch lächerlich. Noch dazu war ich eifersüchtig, obwohl ich Naruto von mir gestoßen hatte. Obwohl ich nicht wollte, dass er derartige Gefühle für mich empfand.

Ich wies ihn also von mir, wollte aber gleichzeitig auch nicht, dass er mich irgendwann ersetzte. Das war so bestialisch widersprüchlich, dass es mir beinah ein zynisches Lächeln entlockte.

Aber was war überhaupt mit meinen Gefühlen? Warum hatte ich ihn nicht direkt stehen lassen, warum mich nicht losgerissen, als er mich festhielt? Warum hatte ich solange gewartet? Ich allein hatte es soweit kommen lassen, dass er mich um ein Haar sogar geküsst hätte.

Itachi sollte also doch Recht behalten. Dass Naruto mich ansah, wie man einen Mann normalerweise nicht ansieht. Und auch damit, dass ich meine Augen vor der Realität verschloss. Dass ich blind durch die Weltgeschichte lief. Deshalb brachte ich es auch zu nichts. Nur deshalb, weil ich die Wahrheit nie akzeptierte.

Doch jetzt musste und wollte ich es wissen - endlich die Augen öffnen.

Es würde alles gut werden. Auf mich selbst hatte ich mich bislang immer verlassen können. Ich vertraute mir. Irgendwie.

Fest entschlossen führte ich langsam meine rechte Hand zu meiner linken Brust, spürte meinen Herzschlag, der zunehmend ruhiger wurde, je länger ich dem Pulsieren lauschte.

Ich versuchte mich zu konzentrieren und schloss vorsichtig die Augen. Spürte weiterhin meinen ruhigen Herzschlag.

Dann begann ich mir den Mann vorzustellen, der für all das verantwortlich war: ich stellte mir Naruto Uzumaki vor. Mit seinen goldblonden Haaren, den blauen Augen, der gebräunten Haut und seiner sportlichen Figur, die immer von genauso sportlichen Klamotten verschleiert wurde.

Alles war okay. Es passierte nichts. Aber dennoch wollte ich auf Nummer sicher gehen, musste einfach alles über mein Empfinden herausfinden und dafür endlich über meinen eigenen Schatten springen.

Also befand sich Naruto in meiner Vorstellung direkt vor mir, während ich versuchte meinen Körper von seiner unvermeidlichen Anspannung zu befreien, stellte mir dann weiter vor, wie Naruto über mir kniet. Wie er mich ansieht mit seinem sanften Lächeln, mir damit Mut zuspricht und behutsam mit einem Finger über meine Lippen streicht. Weiter male ich mir aus, wie er sich zu mir herabbeugt, bis er nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt ist und mir bei gehaltenem Blickkontakt ein "Ich liebe dich" zuhaucht, nur um anschließend seine Hand an meine Wange legen zu dürfen und mir mit seinem Mund ganz langsam näher zu kommen.

Von meinen Gedanken überrumpelt, riss ich nun übereilt die Augen auf, schreckte beinah hoch, bemerkte bereits Sekunden später das Zittern meiner Finger, die tief in dem Stoff meines Pullovers vergraben lagen. Bemerkte zudem meinen unregelmäßigen Atem und schließlich - letztendlich - auch das heftige Pulsieren in meiner Brust.

Meine Lider wurden ungeahnt schwerer, genauso schwer wie mein Kopf, so dass ich sie kaum mehr offen halten konnte. Plötzlich drang dumpfer Gitarrensound an meine Ohren, die eigentlich nur noch drei völlig irrelevante Worte hörten. Itachi begann nebenan zu proben. Kurz darauf oder nach einiger Zeit - ich verlor allmählich das Zeitgefühl - schrie mein Vater von unten herauf, er solle doch etwas leiser üben.

Und allein das genügte. Sie zu hören, bloß zu wissen, dass sie da waren, war grausam. Allein ihre Anwesenheit war für mich, als wüssten sie alles. Könnten in mich hinein blicken. Sehen, was ich tat, während ich hier in meinem Bett lag. Nichts Besseres zu tun hatte, als mir die Berührungen meines besten Freundes vorzustellen.

Völlig verwirrt, fast schon verstört, drehte ich mich zur Seite, zog die Decke über meinen Körper und drückte meinen Kopf tief beschämt in das Kissen hinein. Das war es also, was ich wollte und die ganze Zeit über verdrängte.

Dieses Gefühl...Es war so zähflüssig, dass ich glaubte, es würde mir die Lunge zuschnüren - mir den Atem rauben.

Dieses Gefühl war eine Schande. Es war schrecklich. Es war falsch. Es tat weh. Und ich wollte es nicht.

Aber hier hatte ich meine ersehnte Wahrheit.

Und während mir die Tränen seelischer Qual in den Augen standen, wünschte ich mir aus tiefstem Herzen meine gewohnte, bewährte Blindheit zurück.

Liebe ist egoistisch

Da bin ich wieder :D

Dieses Mal etwas später, aber na ja...Abi macht's möglich sage ich da nur xD

Nun viel Spaß mit dem Kapi, das fast ausschließlich mit dem Hören des Liedes von Ai-Mayura geschrieben wurde ;-) Also wenn's gut geworden ist geht ein Teil auch auf ihre Kappe und wenn nicht...ja, dann, dann geht einfach alles auf ihre Kappe xD

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Heute war ein angenehmer Samstag Morgen. Draußen schien die Sonne, die Wärme kam mit dem Maianfang einher. Wie nahezu jeden Morgen stand ich auch heute unter der Dusche und ließ kaltes Wasser über meinen Körper laufen, um allmählich wach zu werden.

Dieses Mal spülte es jedoch nicht nur die Unreinheit, den Schweiß von meinem Körper, sondern auch die vielen bitteren Tränen der vergangenen Nacht.

Gestern war so unbeschreiblich viel passiert, dass es mir schlicht die Sprache verschlug. Manchmal zweifelte ich sogar daran, dass es wirklich geschehen und nicht bloß ein schreckliches Hirngespinst war. Aber das alles hatte tatsächlich stattgefunden - kein Zweifel. Dies rief mir immer wieder diese verdammte SMS in Erinnerung.

Einerseits hatte sie mich erleichtert, weil sie mich insofern beruhigte, als dass Sasuke auch weiterhin mit mir befreundet sein wollte und das trotz meines Liebesgeständnisses. Das war gut.

Aber andererseits zeigte sie mir ebenfalls genau, woran er bei mir dachte: an den Wettbewerb. Sonst nichts. Nur deshalb hatte er mir Honig um den Mund schmieren wollen, damit nicht alles, wofür er hart arbeitete letztendlich für die Katz' war.

Das wusste ich und es tat weh. Verdammt weh. Dass es ihm nur darum ging zu gewinnen, während ich durch meine Gefühle für ihn litt. Aber ich hatte trotz meiner Bedenken nicht lange gefackelt und lieber direkt meine Zustimmung zurückgeschrieben, bevor mich meine negativen, von Trauer geprägten Gefühle überwältigen konnten und dazu verleitet hätten, eine Dummheit zu begehen, die ich nur Sekunden später bereits bereuen würde.

Weil ich ihn nicht verlieren wollte.

Aber auch, wenn wir performa noch Freunde waren, so machte ich mir dennoch nichts vor: es würde nie wieder so sein, wie zuvor. Nie wieder.

Seufzend stellte ich das Wasser ab, trat aus der Dusche und begann mich abzutrocknen. Ich verhielt mich ganz normal, obwohl überhaupt nichts mehr normal war.

Gleich würde ich zum Training gehen, ganz normal, wie jedes Wochenende in letzter Zeit, seit wir uns dazu entschlossen hatten, an dem Wettbewerb teilzunehmen, der heute in einer Woche beginnen sollte.

Und ich würde zu Kakashis Studio gehen, begleitet von meiner Angst, Sasuke könne ebenfalls auftauchen oder aber wegbleiben. Ich fürchtete mich vor beidem gleichermaßen.

Weil es einfach alles so verworren war. Ich wusste nicht mehr, wo mir im Augenblick der Kopf stand. Denn ich wollte bei ihm sein. Wusste aber gleichzeitig, dass ich es nicht durfte und selbst auch meiden wollte, um ihn nicht noch einmal zu verletzen. Ferner wusste ich, dass meine Gefühle subjektiv betrachtet völlig richtig, aber objektiv, im Sinne unseres Umfeldes, der Gesellschaft und vor allem aus Sasukes Sicht mehr als nur falsch waren.

Das hatte ich bislang immer verdrängt. Dass es eben nicht so einfach war, wie ich es mir wünschte. Dass man Toleranz nicht geschenkt bekam. Das war nichts Gottgegebenes - das war reinster Luxus. Nein, eigentlich sogar völlig utopisch. Unrealistisch.

Und Sasuke war jemand, der viel Wert auf Ansehen und die Meinung anderer legte. Was hatte ich mir also die ganze Zeit lang eingebildet? Ich hatte meine Augen vor der Realität verschlossen. Vor der Realität, in der wir wohl nie zusammen sein könnten. Zumindest nicht glücklich. Nicht in aller Öffentlichkeit, ohne mit abwertenden Blicken bedacht zu werden.

Und das würde Sasuke nicht zulassen. Niemals. Nicht einmal, wenn er mich jemals lieben sollte. Was er aber niemals tun würde. Schon allein aus diesem Grund.

Endlich begriff ich, was Itachi damit gemeint hatte, als er sagte, dass Sasuke mich niemals lieben könnte. Er hatte Recht. Ja, das hatte er wohl.

Also war ich in all den Wochen nur im Kreis gelaufen. Hatte mich um meine eigene Achse gedreht und mich letztendlich keinen Zentimeter in Sasukes Richtung bewegt. Auch wenn ich immer zwei Schritte auf ihn zumachen wollte, so blieb ich doch nur an Ort und Stelle stehen. Nicht nur das, viel mehr hatte ich allmählich das Gefühl, dass ich mich mit meinem Geständnis aus den eigenen Spurrillen geworfen hatte. Aus dem einzigen Rahmen, der mir Halt gab.

Mein Blick wurde glasig, als ich mir schließlich die Hose überzog. Auf einmal kam ich mir so naiv vor. So dämlich. Ich lebte in einer Welt, die es nicht gab. Damit würde ich mich abfinden müssen.

Später dann eine Frau heiraten, die ich nicht liebte. Mit ihr schlafen, obwohl ich sie nicht begehrte. Kinder mit ihr zeugen, obwohl ich keine von ihr wollte. Und irgendwann würde ich sterben, ohne jemals aufrichtig geliebt zu haben und eben diese Liebe erwidert zu bekommen. Aus nichtigen Gründen wie Toleranz.

Aber vielleicht lag es nicht an der Toleraz, weshalb Sasuke mich nicht wollte. Vielleicht redete ich mir alles nur schön, indem ich mir ein Feindbild aufbaute. Alles auf mangelndes Verständnis und die bösen Menschen schob, die unsere Liebe nicht akzeptieren würden.

Es heißt doch, dass die Liebe alles überwindet. Und wenn sie alles überwindet, dann zählt dazu auch nicht vorhandene Toleranz und die Ablehnung von außen. Und das wiederum bedeutete im Umkehrschluss, dass Sasuke mich nicht lieben konnte.

Ich zuckte mit den Schultern. So schlau war ich auch schon vorher gewesen.

Gähnend schlurfte ich in die Küche und kochte mir einen Kaffee. Ich hasste Kaffee - wie die Pest. Aber jetzt brauchte ich einen, wenn ich nicht anfangen wollte zu rauchen.

Mit dem gut riechenden, aber scheußlich schmeckenden Gesüff nahm ich schließlich am Tisch Platz, kippte unendlich viel Zucker hinein und begann mit einem Löffel in der Tasse herumzurühren.

Gedankenverloren sah ich aus dem Fenster, beobachtete das Wiegen der Bäume im seichten Wind und wünschte, ich könnte auch wie diese Blätter einfach davonfliegen und nie wieder zurückkehren. Auf meinem Flug alles vergessen und nicht mehr daran denken, was ich war und was ich wollte.

Ich rührte und rührte.

Aber andererseits war ich mir auch nicht sicher, ob ich wirklich gerade jetzt die Flinte ins Korn werfen sollte, wo ich doch nun schon so weit gekommen war.

Vielleicht brauchte Sasuke nur ein wenig Raum und Zeit. Aber wie konnte ich ihn schon davon überzeugen, dass ich der Richtige für ihn war? Und das, ohne ihm nahe zu sein?

Verdammte Scheiße: wie?!

Es krachte und klirrte laut - ich hatte mit der Faust auf den Tisch geschlagen. Erst jetzt bemerkt ich, dass mein Handgelenk zudem zitterte.

Das war eine verdammt beschissene Scheißsituation.

Und das ganze Grübeln und Bemitleiden brachte mich auch nicht weiter. Kein Stück. Das warf nich nur immer weiter zurück, trieb mich in Windeseile an den nahen Abgrund.

Aber ich wollte und würde nicht in Selbstmitleid versinken. Damals hatte ich mir geschworen um ihn zu kämpfen und das würde ich auch weiterhin tun. Solange, bis Sasuke mir endgültig den Rücken zukehrte. Bis er nichts mehr von mir wissen wollte. Dann müsste ich wenigstens nicht mit dem Schmerz leben, ihn nur als einfachen Freund zu besitzen, so wie er es in seiner Nachricht verlangt hatte. Denn das war noch weitaus schlimmer, als ihn überhaupt nicht mehr zu haben.

Noch bis vor wenigen Tagen - ja vielleicht sogar noch vor ein paar Minuten - hätte ich das ganz anders gesehen, hätte behauptet, ich wolle wenigstens in seiner Nähe sein - egal, ob nun als einfacher oder geliebter Freund - aber jetzt wollte ich es mir nicht ausmalen, wie es sein würde, wenn Sasuke mir seine erste feste Freundin präsentierte.

Dann wollte ich ihn lieber für immer verlieren, als mich diesen Qualen auszusetzen. Ich würde doch nur geradewegs ins offene Messer laufen, weil ich wusste, dass ich, solange ich in seiner Nähe war, niemals aufhören könnte, ihn auf diese Weise zu lieben, wie ich es momentan tat.

Ich liebte ihn. So sehr. Und eigentlich schon so lange. Eine verfluchte, elendig lange Zeit. Realisiert zwar erst vor etwas über einem Monat, aber doch schon ewig vorhanden. Diese Gefühle für ihn, die waren nicht einfach aus dem Nichts gekommen. Nicht einfach plötzlich da gewesen, sondern hatten vielleicht schon jahrelang in mir geschlummert.

Und genau deshalb würde ich jetzt nicht aufgeben.

Ich bin Naruto Uzumaki und ich habe noch nie aufgegeben. Auch damals nicht, als ich als Kind nahezu auf mich allein gestellt war - dagegen ist das hier doch wohl ein Klacks, den ich mit links mache.

Also werde ich deinetwegen auch nicht anfangen an mir zu zweifeln oder gar aufzugeben, Sasuke Uchiha! Ich werde mich hoch erhobenen Hauptes vor dich stellen und dir ins Gesicht lachen wie verdammt verrückt ich nach dir bin. Und du wirst erkennen, dass nur ich dich glücklich machen kann. Du wirst mich lieben. Aufrichtig und bedingungslos.

Ohne mein Wissen hatte ich mich bereits von meinem Stuhl erhoben, stürmte nun voller Tatendrang in den Flur, nahm eilig meine Jacke von der Garderobe und machte mich mit dem Bus auf den Weg zu Kakashis Studio, in dem mich hoffentlich Sasuke erwartete.

Mit großen Schritten stampfte ich schließlich durch den Flur, betrat die Umkleidekabine und zog mich rasch um. Schlüpfte also in meine Trainingsklamotten und schnürte meine Schuhe zu. Ich stapfte noch einmal auf den Boden, nahm eine betont gerade Haltung an und marschierte in Richtung große Halle, schlug die Tür mit einem Knall auf der verriet: Hallo Welt! Hier bin ich und ich bin mächtig und standhaft wie ein Fels in der Brandung!

Noch einmal sog ich die Luft, die mir den Sieg und Triumph versprach, tief in meine Lungen, sah mich dann forschend in der Halle um und machte schließlich Sasuke aus.

Sasuke in seiner schwarzen Trainingshose, dem weißen, ärmellosen und viel zu weiten Shirt, während er mit dem Rücken zu mir auf einer Matte saß und sich bereits dehnte.

Mein Herz pulsierte wild in meiner Brust.

Mein Blick wanderte unmittelbar zu Boden.

Und für einen Moment überlegte ich, einfach wieder umzudrehen und nie wieder zu kommen. Meinen Namen zu ändern, eine andere Schule zu besuchen, nur um ihm nie wieder ins Gesicht sehen zu müssen.

Tief atmete ich wieder durch.

Aber ich wollte ja kämpfen. Und nicht weglaufen.

"Moin, Naruto", hörte ich plötzlich Sasukes Stimme, die mich völlig aus der Bahn warf. Er klang so...normal. So übertrieben normal. Die altbekannte Kälte lag in seiner Tonlage. Unüberwindbare Ablehnung und Teilnahmslosigkeit.

So wie früher.

"Moin", murmelte ich, als ich aufsah und bemerkte, dass er mich über die Schulter hinweg musterte. Und selbst aus dieser Entfernung erkannte ich, dass er mich weder ängstlich, noch aggressiv oder enttäuscht, noch irgendwie betrachtete. Nichts von dem, womit ich gerechnet und mir den ganzen Morgen ausgemalt hatte, brachte er mir entgegen.

Er sah mich einfach nur an. Total willkürlich. So wie man einen Fußgänger innerhalb einer Millionenmetropole mustert, den man flüchtig ausmacht und in seinem Leben doch nie wieder sieht.

"Sollen wir...das Training...vielleicht verschieben?", begann ich unsicher und war nur Sekunden später selbst davon geschockt wie sehr ich herumstammelte. Seine erzwungene Normalität machte mich wahnsinnig. Sie brachte mich völlig aus dem Konzept und zeigte mir nur noch mehr, dass eben gar nichts normal war. Das war alles nur künstlich. Alles nur Show.

"So ein Quatsch. Wir haben nur noch eine Woche Zeit. Und die sollten wir nutzen. Also mach' dich warm und dann gehen wir die Choreo durch", entgegnete er und deutete mit dem Finger auf eine weitere Matte, die er schon für mich bereitgelegt hatte.

Er hatte also von Anfang an gewusst, dass ich auftauchen und mich nicht verstecken würde.

Ein leichtes Lächeln umspielte meine Lippen. Dann hielt er mich immerhin nicht für einen Feigling. Aber dann durfte ich ihn jetzt auch nicht mehr vom Gegenteil überzeugen.

"Alles klar", grinste ich deshalb. Ein wenig erzwungen. Genauso künstlich.

Ich saß nun neben ihm, begann mich zu dehnen. Erst die Waden, dann die Arme, schließlich die Beine. Es dauerte bestimmt fünf oder zehn Minuten. Und in dieser Zeit sah Sasuke kein einziges Mal zu mir herüber. Wir wechselten kein Wort miteinander.

Ganz anders, als bisher. Bislang hatten wir zunehmend mehr herumgealbert. Uns damit die Zeit vertrieben. Waren das Ganze mit Freude, Spaß und Leichtigkeit angegangen.

Alles vorbei.

Hätte ich doch bloß die Klappe gehalten, meine Gefühle für immer verschwiegen und lieber ein paar Tage seine Ignoranz ertragen. Das wäre bedeutend besser gewesen, als das hier.

Diese Pseudonormalität. Einfach nur ätzend. Ja, kotzerbärmlich.

Ich gähnte. Machte dann ein paar Kraftübungen, um die Muskeln zu lockern.

"Bist du soweit?", fragte Sasuke kurze Zeit später und stand schon an der Musikanlage, bereit das erste Lied unserer Choreographie abspielen zu lassen.

Langsam stand ich auf und nickte grinsend in seine Richtung.

Die Musik setzte Sekunden später ein - es ging los.

Ich war unkonzentriert.

Wir standen nebeneinander. Zunächst die Breakdance-Moves. Eine ganze Reihe davon. Zum ersten Mal in meinem Leben machte es mir keinen Spaß. Und die Musik nervte mich. Weil sie nicht zu meiner momentanen Stimmung passte und mich dieses Mal auch nicht aufheitern konnte.

Sie führte lediglich dazu, dass ich mir vorkam, als wäre ich im falschen Film. Fast wie eine Puppe, die einfach nur irgendwelche Bewegungen ausführt, ohne die Leidenschaft zu spüren, ohne es wirklich zu wollen. Im Endeffekt kam ich mir in diesem Moment vor, wie Sasuke sich wohl immer beim Tanzen fühlte.

Das Lied ging zu Ende und unsere Körper steif zu Boden. Den Bauch nah an den Untergrund gepresst, die Arme ein wenig vom Körper gestreckt, den Kopf starr nach unten geneigt.

Dann setzte der nächste Ausschnitt ein: Der Themesong von Saw. Weil wir's cool fanden. Dazu Modern Dance zu tanzen, erschien uns am besten. Weil es nicht langweilig war. Jeder kannte den Titelsong - absolut nicht peinlich.

Unsere Körper zuckten im Einklang mit den markanten Tönen zu Beginn nach oben. Wir richteten uns langsam mit der Musik auf und wirkten fast wie Zombies. Das fand ich bislang "krass" und "geil", jetzt passte es zu meiner Stimmung. Dieses Träge und Düstere, das dieser Teil der Choreo verkörperte.

Entschlossen zogen wir unsere Figuren und Schritte durch - an manchen Stellen unterliefen mir jedoch Patzer - dann neigte sich auch dieser Song dem Ende zu, wir sanken wieder zu Boden.

Das rockige Lied, das Sasuke so gefiel, setzte ein. Dieses Mal erhob ich mich zuerst vom Untergrund, kam mit einem Flickflack aus dem Stand neben ihm zum Stehen und es folgte nun die momentan schwierigste Szene für mich: das gemeinsame Tanzen.

Tonight I'm so alone

This sorrow takes ahold

Don't leave me here so cold

Never wanna be so cold

Ich versuchte mich zu konzentrieren, musste feststellen, dass ich aus dem Takt zu geraten drohte und beugte mich deshalb etwas eiliger zu Sasuke hinunter, legte wie vorgesehen die Hände an seine Schultern, zog ihn im Takt nach oben. Zunächst nur an der Schulter, dann eine Hand an seiner Brust. Es fiel mir schwer. Meine zittrigen Hände verrieten mich. Ich wurde zunehmend nervöser, unkonzentrierter.

Sasuke kam nach oben, wandt sich wie geplant zu mir. Nun die Szene, wo er mich von sich stößt.

Your touch used to be so kind

Your touch used to give me life

I've waited all this time

I've wasted so much time

Der Stoß war nicht besonders fest. Und eigentlich war ich auch darauf vorbereitet, doch nun hielt ich mich plötzlich instinktiv und durch mangelnde Konzentration an ihm fest, drohte nach hinten überzukippen. Sasukes Augen weiteten sich. Er bemühte sich die Position zu halten, aber indem er versuchte stehen zu bleiben und sich nach hinten lehnte, kippten wir schließlich doch um. Es krachte und schepperte. Die Musik dudelte unbeirrt weiter.

Don't leave me alone

'cause I barely see at all

Don't leave me alone

I'm -

Falling in the black

Ich war auf ihn gestürzt. Mein Gesicht war seinem plötzlich so nahe. So schreckliche nahe. Meine Hände hatten mich nicht mehr richtig abfangen können, während meine zitternden Fäuste nun neben ihm auf dem Boden ruhten und ich genau auf ihm lag - Brust an Brust und Lende an Lende. Ich wollte das nicht und schämte mich fürchterlich für diesen Unfall. Er musste sich abermals bedrängt fühlen. Und dabei war es genau das, was ich verhindern wollte. Eilig versuchte ich mich aufzurappeln, wollte mich danach entschuldigen und gleich darauf das Studio - vielleicht sogar für immer - verlassen, doch ich hielt verdutzt inne, als seine Hand plötzlich an meiner Wange ruhte.

Erst jetzt wagte ich es ihn direkt anzusehen.

Meine Augen überflogen sein von der Anstrengung leicht gerötetes Gesicht, während ich seinen Brustkorb gegen meinen drücken spürte, der sich unregelmäßig hob und senkte.

You were my source of strength

I've traded everything

That I love for this one thing

Stranded in the offering

Und plötzlich geschah etwas, mit dem ich wahrhaftig mein Lebtag nicht gerechnet hätte: binnen Sekunden überwand Sasuke die ohnehin winzige Distanz zwischen unseren Gesichtern und berührte für einen Augenblick ganz zaghaft und vorsichtig meinen Mund mit seinen Lippen, um danach wieder auf den Boden niederzusinken und einfach nur mit geschlossenen Augen dazuliegen.

Im ersten Moment zweifelte ich daran, dass dieser hauchzarte Kuss wirklich stattgefunden hatte. Ich lag auf ihm wie paralysiert, spürte aber noch immer dieses weiche, warme Nachklingen seiner Berührung auf meinen Lippen.

Don't leave me here like this

Can't hear me scream from the abyss

And now I wish for you my desire

Unmittelbar danach weckte der Anblick seines Mundes wieder dieses altbekannte, tiefe und innige Verlangen in mir, wonach sich alles in mir sehnte, aber gleichzeitig auch sträubte.

Und ich wusste nicht recht, ob es nun die richtige oder gerade die falsche Entscheidung war, die ich fällte, als ich beschloss ihn zu küssen. Doch ich tat es in jenem Moment, ohne jeglichen Verstand und ohne erkennbaren Vorwand. Es geschah tatsächlich völlig aus dem Affekt heraus, dass ich zunächst vorsichtig mit den Lippen über seine strich und meinen Mund schließlich fest auf Sasukes legte. Im ersten Moment war dieses Gefühl seine Lippen zu berühren ungewohnt und komisch. Vor allem aber, dass er mich nicht zurückwies, sondern einfach nur still und stumm dalag und es erduldete war kaum zu glauben.

Aber ja, erdulden. Das mochte der richtige Begriff sein. Und dieses wehrlose Erdulden gehörte auch zu dem, was ich nicht wollte. Doch noch bevor ich mich aus diesem Grund von ihm lösen konnte, öffnete er plötzlich seinen Mund und leckte zaghaft über meine noch geschlossenen Lippen.

Ein wenig überfordert und überrumpelt öffnete ich kurz darauf ebenfalls meinen Mund und ließ mich von seiner Zunge vorsichtig und zärtlich liebkosen.

Er war es schließlich, der unseren zu Beginn so schüchternen Kuss, leidenschaftlicher werden ließ und zunehmend mehr forderte. Ich wusste überhaupt nicht, wie mir geschah.

Das alles war Neuland für mich. Und überhaupt hätte ich niemals damit gerechnet, dass er mich küssen würde. Vor allem jetzt nicht. Nicht in diesem Moment. Nicht nach den jüngsten Geschehnissen.

Doch mir blieb keine Zeit näher darüber nachzudenken, denn ebenso plötzlich wie der Kuss gekommen war, war er auch mit dem Verstummen der Musik wieder beendet und Sasuke stieß mich mit weit aufgerissenen Augen und nach Luft schnappend von sich. Als wäre er soeben aus einem schrecklichen, bitterbösen Alptraum erwacht.

Jetzt verstand ich gar nichts mehr. Doch mein Atem ging schwer, während ich noch immer auf ihm saß.

"Scheiße", wimmerte seine gedämpfte Stimme - nicht mehr, als ein leises, kraftloses Hauchen - und ließ meine Augen größer werden.

"Scheiße!", wiederholte er, dieses Mal lauter.

Ich saß einfach nur da. Bedachte ihn mit einem überraschten Blick.

"Das geht doch nicht. Das geht einfach nicht", murmelte er mehr an sich selbst gerichtet. Seine Schultern bebten, ich spürte seinen ganzen Körper unter mir erzittern. Meine Lider wurden schwerer. Dieser Anblick tat mir weh und dennoch war ich mit der Situation völlig überfordert, wusste deshalb nicht recht wie ich reagieren sollte. Ich saß einfach nur da und sah ihn mitleidig an.

Mit dem Mitleid, das er nicht wollte.

"Er bringt mich um. Er bringt mich um! Er bringt mich um", schrie und murmelte er abwechselnd, wurde allmählich hysterisch und läutete bei mir nun doch die Alarmglocken.

Umgehend packte ich ihn bei den Schultern, konnte es nicht fassen, was er von sich gab und zog ihn zu mir hoch.

"Niemand bringt dich um, Sasuke", beteuerte ich, zog ihn weiter nach oben, rüttelte einmal an ihm und drückte dann behutsam seinen Kopf gegen meine Brust.

Ich spürte, wie er haltsuchend die Arme um meinen Körper schlang, seine Finger tief in dem dünnen Stoff meines Trainingshemds vergrub und sich dieser Sekunden später durchnässt anfühlte.

"Sasuke", murmelte ich sanft, fuhr ihm mit einer Hand beruhigend über den Rücken. Es war, wie ein kleines, verängstigtes Kind zu trösten.

"Es tut mir leid", schauderte er, aber ich war mir sicher, dass diese Entschuldigung nicht mir galt.

"Ich bin kein guter Sohn", fügte er hinzu und weinte schluchzend, sogar zitternd, bittere Tränen, die ich nicht mehr in der Lage zu trocknen war. Egal, was ich sagte und egal was ich tat, ich konnte seinen Schmerz nicht lindern.

Für Sasuke hatten meine Worte in jenem Moment keinerlei Bedeutung. Sie spendeten ihm nicht annährend den Trost, den ich mir erhoffte.

Und mir wurde klar, dass die Situation noch um einiges schwieriger und verzwickter war, als ich bislang geglaubt hatte.

Plötzlich begann ich sogar daran zu zweifeln, dass ich Sasuke half, indem ich ihn dazu brachte mich zu lieben, zu begehren und bei mir sein zu wollen. Vielleicht war gerade dies das größte Unglück in das ich ihn stürzen konnte. Und noch dazu vollzogen aus rein egoistischen Gründen.

Dennoch begann ich schon jetzt diese Berührungen, die wir soeben ausgetauscht hatten, aber eigentlich nicht sein sollten, unbeschreiblich stark zu vermissen. Ich konnte einfach nichts dagegen tun.

Weil ich ihn liebte. Und Liebe ist egoistisch.

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Für alle die dieses unheimlich geile Lied hören wollen, habe ich hier ein genauso geiles Naruto AMV dazu ^____^

Das Lied passt sooo super zu Sasuke :D Unglaublich!

http://www.youtube.com/watch?v=MtqFCkDRCyk -> lohnt sich :D (meiner Meinung nach xD)
 

lg,

sissyphos

Schwärze der Nacht

Draußen war es schon länger dunkel. Und ich saß, an diesem recht milden Samstag Abend, in meinem Zimmer und las seit über einer halben Stunde den Arbeitsauftrag: "Write a summary of the short story 'Going Home'."

Eigentlich waren meine Englischhausaufgaben ziemlich simpel, schließlich wurde lediglich der Anforderungsbereich Eins abgefragt, aber so sehr ich mich auch bemühte, ich schaffte es nicht mich auf den Text zu konzentrieren. Jedes Mal, wenn ich gerade einen Absatz durchgelesen hatte und schon währenddessen ganz woanders mit meinen Gedanken war, hatte ich den Inhalt auch kurz darauf schon wieder vergessen.

Seufzend legte ich meinen Kugelschreiber beiseite und lehnte mich in meinem Schreibtischstuhl zurück. Das hatte so keinen Sinn - verschwendete Zeit.

Unruhig beugte ich mich wieder vor, stemmte das Gesicht in eine Hand und ließ meinen Blick über die aufgeräumte, gänzlich leere Tischplatte schweifen. Alles musste ordentlich sein. Da legte mein Vater viel Wert drauf.

Vater...

Mein Blick wurde trüb, als ich an das Gespräch dachte, das ich mit ihm kurz nachdem ich Itachi dieses sinnlose, überflüssige Versprechen gab, geführt hatte.

Diese Worte würde ich wohl nie wieder vergessen. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, weiß ich auch nicht, was mich dazu ritt, ihn gerade auf das Thema der Homosexualität anzusprechen, wo mein Bruder mir doch unmittelbar zuvor genug Auskunft gegeben hatte - über seine Haltung und Einstellung diesbezüglich.

Trotzdem hatte ich mit ihm das Gespräch gesucht, unter dem Vorwand einer meiner Freunde sei schwul und ich wüsse nicht recht, wie ich damit umgehen solle.

Was für eine schwachsinnige Ausrede das doch gewesen war, wurde mir erst jetzt bewusst.

Und zunächst hatte mein Vater in seiner schroffen, kühlen Art betont, dass ihm das absolut egal sei, während Mutter mich mit einem ihrer liebevollen, sanften Blicke musterte. Fugaku ließ mich in jenem Moment hoffen. Ich wusste nur nicht warum und worauf ich hoffen sollte. Zu dem Zeitpukt leuchete mir das noch nicht richtig ein.

Doch er zerstörte sowieso gleich darauf meine Zuversicht, da er dem, dass es ihm egal sei, eine Bedingung folgen ließ: Es sei ihm nur egal, solange ihm sowas aus dem Haus blieb.

Sowas. Das hatte er gesagt. Und vor allem seine Tonlage, in der es sagte, sprach für mich Bände. Er musste mir nicht wörtlich sagen, dass er es widerlich und ekelhaft fand. Das wusste ich nach diesem Satz auch so.

Itachi sollte also Recht behalten. Vater sah Homosexuelle nicht als normale Menschen, sondern viel mehr als etwas Minderwertiges, fast schon als eine Art Krankheit an.

Daraufhin hatte ich mich zunächst für seine Meinung bedankt und war wieder in mein Zimmer gegangen. Mit einem komischen Gefühl in der Magengegend.

Ein Gefühl, das mir vorkam, als bekäme ich mit einer erbarmungslosen Kontinuität immer wieder viele hauchdünne Nadeln direkt durch die Bauchdecke gestoßen.

Und zu diesem Empfinden kamen nun auch noch die besagten "Schmetterlinge im Bauch" hinzu. Schmetterlinge, auf der Flucht vor den Nadeln, obwohl ein Entkommen sowieso sinnlos war.

Sie alle würden langsam vernichtet werden, bis schließlich keiner mehr von ihnen übrig blieb. Bis ich gesäubert war. Und das würde ich sein.

Unbemerkt hatte ich nun eine Hand an meinen Bauch gelegt. Ich spürte dieses Kribbeln und gleichzeitig den Schmerz, der allmählich alles andere verdrängte.

Noch nie in meinem ganzen Leben hatte ich mich so gefühlt.

Und noch nie zuvor hatte ich so kopflos und stürmisch reagiert wie heute bei Naruto.

Ich hatte ihn nicht küssen wollen. Es war einfach über mich gekommen. In dem Moment, als er auf mich lag, tauchten plötzlich die Bilder kurz nach seiner Liebesbekundung wieder vor meinem geistigen Auge auf. Als ich ihn mir genauso auf mir liegend vorgestellt hatte. Ich wollte einfach nur das zu Ende bringen, was ich in meinen Gedanken begonnen hatte.

Ich wollte wissen, wie es sich anfühlt.

Mehr wollte ich nicht.

Und dann, als er meinen zaghaften Ansatz erwiderte und seine Lippen auf meine legte, da hatte ich plötzlich das erste Mal in meinem Leben das Gefühl, wirklich geliebt zu werden. Bei einem Menschen, den ich niemals zurücklieben dürfte.

Mein Atem wurde schwerer. Ich biss mir auf die Unterlippe, umfasste mit der Hand wieder den Kugelschreiber, um an irgendetwas Halt zu finden.

Naruto war unsicher und vorsichtig gewesen, hatte zugleich aber auch mit einer merkwürdigen Bestimmtheit agiert. Weil er es wollte und brauchte. Genau wie ich.

Doch während ich mich meinem Verlangen hingegeben hatte, spürte ich zunehmend mehr die mich umgebende, bedrängende Präsenz meines Vaters. Wieder war das Gefühl über mich gekommen, er könne alles sehen. Und alles wissen.

Dass ich einen Mann...

Ich hielt mir geschockt die Hand vor den Mund, als würde ich Gefahr laufen mich zu Erbrechen, spürte plötzlich ungehindert heißes Wasser über meine Wangen laufen. In letzter Zeit weinte ich oft. Viel zu oft. Dabei war ich nie ein Sensibelchen gewesen. Das durfte ich auch gar nicht sein. Vielleicht hätte ich mir sonst längst den Gnadenstoß gegeben.

Aber jetzt, wo sich allmählich der Schleier von meinen Augen löste, erkannte ich endlich, was ich wirklich war: Alles, worauf mein Vater herabsah und was ich nie sein wollte. Ich war schwach. Ich wollte Nähe. Ich brauchte Liebe. Endlich einmal Zärtlichkeit. Jahrelang hatte ich meinen Körper nur getrieben, immer weiter bis an seine Grenzen, um diesem einen Menschen zu gefallen, der mich doch nie anerkennen würde. Und dennoch lief ich immer wieder mit berauschender Geschwindigkeit gegen die Wand. Prallte ab und lief wieder dagegen - mit noch mehr Schwung, aber dennoch erfolglos.

Und diese Mauer, die mich von meinem Vater trennte, war in all den Jahren nur immer dicker geworden. Wahrscheinlich schon mehrere Meter dick. Ich würde sie nie durchbrechen. Das wusste ich.

Und trotzdem blieb ich seine verfluchte Marionette, die ich doch nicht mehr sein wollte.

Aber ich ertrug es einfach nicht, wenn er mich mit abwertenden Blicken bedachte, wenn er nicht stolz auf mich sein oder vor seinen Freunden nicht mit mir prahlen konnte. Irgendwie musste ich doch auch die Schuld daran tragen, dass es so war. Dass er mich nicht liebte.

Vielleicht war ich einfach nicht gut genug. Ich war weder so hübsch, noch so wohlerzogen, begabt oder intelligent und vor allem nicht so der glänzende Überflieger wie Itachi. Eigentlich nur ein Nachzüglerkind. Manchmal zweifelte ich sogar daran, dass mein Vater überhaupt jemals einen zweiten Sohn bekommen wollte. Vielleicht nicht. Und vielleicht hasste er mich deshalb, weil er jemanden durchfüttern musste, den er nie haben wollte und zudem noch nicht einmal seinen Anforderungen genügte. Und nun bereitete ich meinem Vater, dem Mann, der mir meine Zukunft, der mir mein Studium trotz meiner Unfähigkeit ermöglichen würde, die größtmögliche Schande und brach sogar das Versprechen, das ich meinem einzigen Bruder gegeben hatte. Dem Menschen, der mir doch eigentlich wichtig war. Obwohl ich ihn immer wieder als Grund und Ursache für mein Leid betrachtete - reiner Selbstschutz, wie ich letztendlich erkannte.

"Sasuke", hörte ich plötzlich eine leise Stimme hinter mir, spürte eine Hand auf meiner Schulter und fuhr sofort erschrocken nach oben.

Schnell wandt ich den Kopf herum und blickte über die Schulter hinweg in Itachis Gesicht. Ein trauriger Ausdruck lag in seinen Augen, als er die Hand von mir löste und sogleich neben mir in die Hocke ging.

"Warum weinst du?", fragte er vorsichtig nach und ich sah augenblicklich beschämt zur Seite. Das hatte ich völlig vergessen. Mit dem Handrücken fuhr ich mir die Wangen entlang, wischte über die salzige Flüssigkeit.

"Es ist nichts", murmelte ich. Versuchte bestimmt und stark zu klingen.

Itachi nahm mir die Hand von der Wange, umfasste sie und strich mit dem Daumen beruhigend über meinen Handrücken. Langsam wanderten meine Augen wieder in seine Richtung. Ich sah wie er bemüht war zu lächeln.

"Nach nichts sieht das aber nicht gerade aus." Es folgte eine kurze Pause. "Ich habe dich seit Jahren nicht mehr weinen sehen", fügte er murmelnd hinzu und ich bemerkte, wie er mein verheultes Gesicht musterte, wollte erst wieder zur Seite sehen, entschied mich aber doch dazu ihn weiter anzusehen. Das zeigt Stärke. Den Blick abzuwenden ist schwach und feige. Ich würde ihm nicht ausweichen.

"Kann sein", erwiderte ich nur.

"Magst du mir nicht erzählen, was los ist? Vielleicht kann ich dir ja weiterhelfen oder zumindest zuhören", versuchte er mich aufzumuntern und streichelte weiter meinen Handrücken.

Einen Scheißdreck kannst du. Vielleicht konntest du mir einmal helfen. Mag sein. Aber damals hattest du keine Zeit, da gab es in deinem Leben wichtigere Dinge wie deine erste Freundin, Partys und gute Noten. Das schoss mir zuerst durch den Kopf. Dann folgte ein anderer, noch erdrückenderer Gedanke.

"Warum hasst mich Vater?", brachte ich nur hervor, kniff die Augen fest zusammen und spürte wie sich mein Körper unweigerlich anspannte.

Einen Moment war es still.

"Vater hasst dich nicht", meinte Itachi und klang dabei ziemlich überzeugt und entschieden.

Ich biss die Zähne zusammen.

"Doch, das tut er", konterte ich leicht erregt. Er sollte endlich aufhören mich immer zu belügen. Er log jedes Mal, weil er mich für schwach hielt. Weil er dachte, ich könne die Wahrheit nicht ertragen. Obwohl sie doch so naheliegend, so offensichtlich war.

"Nein. Hör' mal zu, Sasuke: Wenn er dich wirklich hassen würde, meinst du allen Ernstes, dass du dann noch hier mit ihm in einem Haus leben würdest? Dann hätte er dich doch längst in ein Internat gesteckt. Am Geld mangelt's da ja nun nicht."

Das waren in diesem Moment harte Worte für mich. Obwohl sie mir ganz klar und einleuchtend erschienen. Aber ich wusste dennoch nicht recht, ob sie mich nun erleichtern oder verärgern sollten. Doch was ich wusste, war, dass es nicht daran lag, dass er mich bei sich haben wollte, weshalb ich mich momentan in keinem Internat befand.

"Mutter würde das nicht zulassen", entgegnete ich nur und ließ den Kopf ein wenig hängen, starrte auf meine und seine Hand.

Er griff sie nun fest.

"Da hast du sicher recht, Sasuke", murmelte er nach einer Zeit leise und in meinen Ohren klang er besorgt.

Er schwieg einen weiteren Moment lang.

"Aber du hast mir meine Frage noch immer nicht beantwortet", fügte er schließlich an und wartete geduldig meine Antwort ab.

Doch ich hörte nur die Uhr im Hintergrund ticken, während mein Kopf völlig leer war. Was sollte ich ihm schon sagen? Am besten gar nichts. Ja, das war das Beste.

"Ich möchte nicht darüber sprechen", erwiderte ich und selbst in meinen Ohren klangen meine Wort wie ein verzweifelter Hilfeschrei. Aufgrund dessen biss ich mir fest auf die Unterlippe und erwartete Itachis Reaktion.

"Hat es was mit diesem Naruto zu tun?"

Genau ins Schwarze.

Aufgeregt schüttelte ich den Kopf.

"Nein, nicht Naruto...Also ich...Nein", brabbelte ich nur unsicher daher, versuchte mich zu erklären, fand aber keinen richtigen Ansatz und verstummte schließlich.

"Hat er dich angefasst?", entfuhr es Itachi und seine Stimme wurde lauter, hallte in meinen Ohren wider, während mich seine Vermutung völlig aus der Bahn warf. Damit hatte ich nun am allerwenigsten gerechnet.

"Nein, er hat nicht...", setzte ich an, doch mein Bruder redete sich bereits Ekstase.

"Dieser verdammte Mistkerl! Ich habe ihn gewarnt. Dieser Scheißkerl. Was hat er gemacht? Hä? Was hat er gemacht, Sasuke?"

Mein Bruder redete eindringlich auf mich ein, begann an meiner Schulter zu rütteln und ich verstand seine aufbrausende Reaktion nicht recht, wollte nur irgendetwas entgegnen, um ihn zu beruhigen.

"Nein, er hat nichts, aber...Ich...", würgte ich nur noch hervor, wobei ich die letzten zwei Worte stark betonte und brach dann ab. Meine Augen wanderten auf die leere Tischplatte, begutachteten die Holzmaserung. Ich versuchte mich abzulenken. Hoffte, Itachi würde sich nun einfach in Luft auflösen und erstmal nicht mehr wiederkommen.

Aber das tat er nicht.

Ein Leises: "Aber ich...?" entfloh ihm stattdessen und kurz darauf drehte er mein Gesicht zu sich, zwang mich in seine ernsten Augen zu sehen.

Mein Herz pulsierte wie wild vor Aufregung, machte mir das Atmen nur noch schwerer.

Ich brauchte irgendeine Notlüge.

"Er...er hat mir gesagt, dass er -", für einen Moment stockte ich, aufgrund des folgenden Wortes.

"Dass er mich liebt", beendete ich schließlich meinen Satz und fragte mich, ob ich dieses Wort überhaupt jemals laut ausgesprochen hatte.

"Und was hast du gemacht?", fragte Itachi nun vorsichtig weiter. In seiner Stimme lag wieder die bekannte Ruhe.

Daraufhin legte ich den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und atmete einmal tief durch, versuchte die neu aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Und es gelang mir dieses Mal mit Bravour.

"Ich konnte ihn nicht gehen lassen...Ich meine, er ist immer noch mein bester Freund und ich...Ich brauche ihn", murmelte ich und hoffte, dass das Erklärung genug war.

"Ich verstehe", erwiderte mein Bruder daraufhin nur leise und ich hörte wie er sich langsam aufrichtete, öffnete daraufhin die Augen und wandt den Kopf in seine Richtung.

Zu meinem Glück lächelte er.

Und ich versuchte es tapfer zu erwidern.

Einen Moment lang sahen wir uns nur an und ich fragte mich plötzlich, warum ich einem der wenigen Menschen, die mich liebten, so sehr misstraute und jedes Mal aus reinem Impuls mit Verachtung strafte, wenn sie sich um mich sorgten. Während ich den Menschen, die mich verabscheuten, wie ein Dackel hinterher lief. Ich verstand es nicht. Warum war das so?

"Es ist Samstag Abend. Und da ich bald wieder zu meiner Uni zurückkehren und demzufolge auch wieder dort in der Nähe wohnen werde, würde ich doch gerne einen Abend mit meinem Brüderchen verbringen", lächelte Itachi mir aufmunternd zu und durchbrach somit die eingetroffene Stille.

Also würde er bald wieder gehen.

Das war es doch, was ich von Anfang an gewollt hatte.

Aber jetzt tat es weh. Dann wäre ich wieder so schrecklich allein. Ich wollte nicht allein sein. Und war doch selbst schuld daran.

Ich biss mir auf die Unterlippe aufgrund meiner wirren Gedanken.

"Also was ist? Gehen wir zusammen auf die Piste?", lachte er und nickte schon in Richtung Tür.

Ein wenig Ablenkung könnte mir weiß Gott nicht schaden, weshalb ich nickte und aufstand. Die Englischhausaufgaben könnte ich auch morgen noch erledigen.

"Du willst doch wohl nicht in dem Aufzug mit mir mitgehen? Da muss ich mich ja schämen. Zieh dir gefälligst was Anständiges an", ulkte mein Bruder und lehnte sich grinsend gegen die Wand neben der Tür.

Ein wenig beleidigt sah ich an mir herab. Ich würde Itachis Modewahn niemals nachvollziehen können. Ich trug eine schwarze Jogginghose und ein buntbedrucktes Shirt. Was daran so schrecklich war, konnte ich nicht verstehen.

"Na komm', ich leih' dir was von mir. Du hast ja doch nichts Vernünftiges. Und mittlerweile passt du ja auch in meine Klamotten rein."

Bei diesen Worten öffnete Itachi kurzerhand die Tür und trat in den Flur, während ich mich in Bewegung setzte, um ihm in sein angrenzendes Zimmer zu folgen.

"Ich weiß noch damals, als du so viel kleiner warst, als ich und in meinen Shirts immer völlig untergegangen bist. Da warst du noch ein echt süßes, kleines Kind", seufzte Itachi in Erinnerungen versunken, als er den Lichtschalter in seinem "Reich" betätigte.

"Das war ich also. Und was bin ich jetzt?", hakte ich nach, als ich neben ihm stand und Itachi begann seine Garderobe zu durchwühlen. Er hatte unheimlich viele Klamotten für einen Kerl, wie ich fand. Aber auf sein Äußeres hatte Itachi schon immer viel Wert gelegt, was ihm die Frauen auch nicht wirklich verübelten. Im Gegenteil: fast jedes Mädchen war buchstäblich verrückt nach meinem Bruder. Aber auch in der Beziehung war er ziemlich wählerisch.

Klamotten flogen durch die Gegend. Ich wich gekonnt einem Shirt aus, das mir entgegen kam.

"Tja, was bist du jetzt? Lass mich überlegen."

Und anscheinend überlegte er tatsächlich, denn für mehrere Sekunden wurde es still zwischen uns, während Itachi weiter seinen Schrank durchkramte und schließlich zwei T-Shirts zur Seite legte, die ihm anscheinend gefielen.

"Heute bist du ein verdammt attraktiver und intelligenter junger Mann, dem alle Türen dieser Welt offen stehen. Das Einzige, was dir im Weg steht bist du selbst, Sasuke", murmelte Itachi ein wenig amüsiert, aber doch mit einer gewissen Ernsthaftigkeit in seiner Betonung.

"Na vielen Dank auch", entgegnete ich nur genervt und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Eigentlich sollte das eine Art Kompliment sein, liebstes Brüderchen", lachte Itachi sarkastisch und drehte sich mit einer Hose in der Hand zu mir, präsentierte mir dieses zerfetzte Ding grinsend.

"Hast du die durch den Wolf gedreht oder was ist damit geschehen?", hakte ich mit einem spöttischen Lächeln auf den Lippen nach.

"So ein Quatsch, du Modebanause! Die gehört so und das Teil ist der letzte Schrei und verdammt nochmal scheiße teuer!", murrte Itachi und versuchte dabei ernst zu bleiben, doch ihm entwich entgegen seiner Planung ein leichtes Glucksen, als ich grinsend erwiderte: "Du bist so ein Freak."

Er schmiss mir die Hose entgegen, ich fing sie auf und er entgegnete nur noch gespielt beleidigt: "Du bist hier der Freak. Nicht ich, Sasuke!"

Nun drückte er mir auch das Shirt, das ihm anscheinend am besten gefiel, in die Hand und erhob sich, schloss den Schrank und lies die wüst verteilten Klamotten einfach auf dem Boden herumliegen. So wie früher. Mama würde das schon wegräumen.

"Muss ich rausgehen, wenn du dich umziehst?", grinste er mir schelmisch entgegen.

Ich erwiderte es.

"O ja, bitte. Es ist mir so unendlich peinlich mich vor meinem eigenen Bruder umzuziehen."

"Dachte ich mir", murmelte er, während er sich auf seinem Bett niederließ und den Blick Richtung Zimmerdecke schweifen ließ.

Als es schließlich ruhig zwischen uns wurde, widmete ich mich meinen neuen Klamotten und streifte mir erstmal die alten ab. Ich stand vor Itachis großem Spiegel und bedachte meinen Körper, der nur noch von meiner dunkelblauen Boxershorts bedeckt wurde.

Immerhin an meiner Statur gab es wenig zu bemängeln. Vielleicht könnte ich noch ein paar mehr Muskeln vertragen, aber momentan gefielen mir meine Proportionen auch so.

Meine Eitelkeit belächelnd, zog ich mir das schwarze, verdammt eng anliegende Muskelshirt über den Kopf, das Itachi mir gegeben hatte. Was blieb mir ansonsten schon? Irgendetwas musste ich schließlich an mir gut finden. Und wenn es nur mein Körper war.

"Weißt du, ich wünschte, ich könnte noch länger hier bleiben. Hier bei dir", warf Itachi plötzlich in den Raum, als ich mir die zerrissene Jeans überzog.

"Warum tust du's nicht einfach?", entgegnete ich, während ich mein Spiegelbild betrachtete und begann ein wenig meine Frisur zu richten.

"Wenn das so einfach wäre, Sasuke!", lachte Itachi. "Ich hab' einfach keine Zeit. Und immer von hier aus mit dem Bus zur Uni zu fahren, das halte ich auf Dauer auch nicht aus. Ist mir einfach zu weit."

Ich zog die Augenbrauen zusammen und räusperte mich.

"Und warum hast du dir keine Uni in der Nähe gesucht? Die du von hier aus erreichen könntest?", hakte ich vorwurfsvoll nach und stemmte eine Faust in die Hüfte, als ich mich zu meinem Bruder drehte.

"Weil die am Rand von Konohagakure nunmal die Beste ist. Und na ja, damals dachte ich, du wärst auch ganz froh, wenn ich nicht mehr im Haus bin", erwiderte er und bedachte mich mit einem sanften, aber irgendwie traurigen Lächeln.

"Gut siehst du aus", fügte er hinzu, hob demonstrativ den Daumen in die Luft und sprang gleich darauf von seinem Bett herunter, das daraufhin laut aufquietschte.

"Danke", erwiderte ich nur und zog es vor, nicht auf das kürzlich Gesagte einzugehen. Schließlich war es so wie Itachi sagte, dass ich ihn damals loswerden wollte.

Und vielleicht auch jetzt noch. Aber gleichzeitig wollte ich ihn immer in meiner Nähe wissen. Weil er mein Bruder war. Er sollte verdammt nochmal Acht auf mich geben und sich um mich scheren. Ganz egal wie oft ich ihn spüren ließ, dass ich ihn nicht ausstehen konnte.

"Zieh dir noch die hier über und dann können wir los", meinte mein Bruder, als er auf mich zutrat und im Vorbeigehen eine seiner zahlreichen Lederjacken vom Bügel nahm, der an der Außenseite seines Schranks hing und sie mir schließlich entgegenhielt.

"Okay", erwiderte ich nur, zog den braunen Fetzen über und machte mich mit Itachi auf den Weg. Zuvor verabschiedeten wir uns noch von unseren Eltern und dann saßen wir auch schon in Itachis Wagen und durchstreiften die Innenstadt.

"Wohin fahren wir überhaupt?", fragte ich nun, nachdem wir uns minutenlang angeschwiegen hatten und blickte aus dem Fenster hinaus auf die Häuser, die an uns vorbei zogen. Auf die vielen bunten Farben, die wie ein vorspulender Film an mir vorüberstreiften.

"Na, wohin fährt man wohl Samstag Nacht?", konterte Itachi rhetorisch und ließ in mir das Gefühl aufkommen, als würde er mich veräppeln. Als würde er glauben, ich könne solche Schlüsse nicht ziehen.

"In einen Nachtclub natürlich", erwiderte er grinsend, wie ich aus dem Augenwinkel erkannte.

"Vielleicht lernst du da ja ein paar nette Mädels kennen", fügte er hinzu und hielt seinen Blick auf die Straße gerichtet.

"Ich will aber niemanden kennen lernen", protestierte ich und verschränkte wieder die Arme vor der Brust, schloss für einen Moment die Augen.

"Doch, das willst du. Du weißt es nur noch nicht", meinte Itachi amüsiert und seine übertrieben gute Laune begann mich allmählich zu nerven.

Wenn ich nicht wollte, dann wollte ich nicht. Bislang hatte ich mir auch immer selbst aussuchen können, wann, wo und mit wem ich schlief. Das würde mir mein Bruder nicht vorschreiben und wenn er es noch so wollte.

"Na wenn du das sagst", erwiderte ich deshalb nur und ließ meinen leicht gereizten Blick wieder aus dem Fenster schweifen und betrachtete die Straße solange, bis Itachi schließlich auf einen Parkplatz fuhr und dort zum Stehen kam.

Wir stiegen direkt aus. Um uns herum war es ziemlich finster. Hier standen nicht viele Autos und der Weg wurde nur von einem schummrigen, dreckigen Licht der Straßenlaternen erhellt.

Ich fühlte mich unwohl.

Und als mir, während ich meine Umgebung betrachtete, plötzlich jemand auf die Schulter tippte, fuhr ich erschrocken herum, sah aber schließlich Itachi, der mich mit großen Augen musterte und hinter sich deutete.

"Wir müssen da rein", fügte er erklärend hinzu und setzte sich in Bewegung.

Ich folgte ihm. Aber so sehr ich mich auch nach allen Seiten umwandt, mir kam die Gegend einfach nicht bekannt vor. Anscheinend war ich noch nie in diesem Teil von Konoha gewesen.

Und als ich das riesige Betongebäude mit von Graffiti besprühten Wänden vor mich auftauchen sah, kam ich mir absolut nicht mehr heimisch vor. Das erinnerte mich viel mehr an die Straßen in Konoha-Ost. Es wunderte mich, dass Itachi mich zu einem solchen Ort schleppte.

Dass er überhaupt in so einer Gegend verkehrte, hätte ich ihm nicht zugetraut.

"Es ist netter, als es aussieht. Glaub' mir", murmelte er, da er anscheinend meine unübersehbare Unruhe bemerkte - schließlich klebte ich ihm dicht an den Fersen.

Die Straßen waren menschenleer. Klar, es war ziemlich spät am Abend. Aber nunmal Samstag Abend und überhaupt - einfach nur ungewöhnlich.

Meist sah man doch wenigstens irgendjemanden. Aber hier war alles wie leergefegt. Um uns herum lediglich Plattenbauten, in denen nur vereinzelt Lichter brannten - ebenfalls heruntergekommen und die Vorgärten ungepflegt.

Schließlich gelangten wir an einen Eingang vor dem ein großer Mann in einem schwarzen Anzug stand. Ich kam mir plötzlich vor wie in einem Film. In einem ziemlich Schlechten, mit einem genauso schlechten Ende.

Ich hörte die Musik, die aus dem riesigen Gebäude drang.

Der Mann musterte erst Itachi einen Augenblick lang, dann wanderten seine Augen in meine Richtung und ich wusste von Anfang an - nur durch seinen eiskalten Blick - dass mit diesem Kerl nicht zu Spaßen war.

"Der gehört zu mir", murmelte Itachi und nickte in meine Richtung.

Der Mann kaute auf einem Kaugummi herum - ich hörte das Schmatzen, bedachte mit einem Schlucken seinen kahlrasierten Schädel und die Arme, die fast doppelt so breit wie meine waren.

Ich hatte keine Angst vor ihm - aber Respekt.

Wenn der mir eine zog, würde ich den nächsten Tag höchstwahrscheinlich nicht mehr erleben.

"Na dann, viel Spaß euch beiden", lachte er Itachi entgegen und hielt ihm die Faust hin. Mein Bruder lachte ebenfalls und schlug ein.

Ich war etwas verdattert, wurde aber gleich lachend von Itachi in einen langen, dunklen Flur mit vereinzelten Neonlichtern und dazugehöriger Techno-Musik geschoben, sodass ich nicht weiter über diese makabere Situation nachdenken konnte.

"Der Kerl ist lammfromm. Keine Panik", beruhigte er mich, aber mein Herz wollte dennoch nicht aufhören wie wild in meiner Brust zu pulsieren.

Während Itachi mich vor sich herschob, erhaschte ich nun immer öfter den Blick auf dunkle Silhouetten von Paaren: betrunken, knutschend und keuchend.

Mein Bruder drückte mich durch einen Vorhang hindurch und nun drang die Musik in voller Lautstärke an meine Ohren, während meine Augen von den ganzen Lichtern und Personen förmlich erschlagen wurden.

Links von mir machte ich die Bar aus. Rechts von mir war die riesige, bunte Tanzfläche mit unheimlich vielen Menschen, die sich darauf im Takt zur Musik bewegten.

Ich spürte ein paar Blicke auf mir, als Itachi mich am Ärmel packte, zur Bar zog und dort auf einen Hocker drückte.

"Was willst du trinken?", schrie er mir auch gleich entgegen und trotzdem fiel es mir schwer seine Worte bei dem ohrenbetäubenden Lärm zu verstehen.

"Bacardi-Cola", entgegnete ich nur und mein Bruder wandt sich direkt an den Barkeeper, der im ganzen Gesicht wild tätowiert war und auf mich einen noch finstereren Eindruck machte, als es der Türsteher getan hatte.

Angel of Death stand nahe seiner Stirn in wirren Buchstaben geschrieben und diese Brücke zur Vergangenheit konnte ich augenblicklich schlagen, bedachte den Typ daraufhin mit einer Mischung aus Angst und Entsetzen. Ein weiterer Kerl, dem ich nicht nach einbrechender Dunkelheit über den Weg laufen wollte.

Und von solchen Menschen wimmelte es hier nahezu.

"Einmal Bacardi-Cola und ein Bier", bestellte Itachi, woraufhin ich nun seinetwegen verwundert die Augen weitete und ihm gegen die Schulter stieß, damit er mich ansah.

"Du musst doch noch fahren", meckerte ich und versuchte irgendwie gegen die Musik anzuschreien.

"Einst ist keins", winkte er ab und nahm unsere Bestellung entgegen.

Ich konnte es nicht fassen. Niemals hätte ich es für möglich gehalten, dass mein Bruder so verantwortungslos sein konnte. Und das nahm ihm irgendwie ein Stück weit seine Perfektion.

Deshalb ließ ich es darauf beruhen und beruhigte mich selbst damit, dass Itachi wohl kaum von einem einzigen Bier betrunken sein könnte. Also wäre das Ganze halb so wild.

Ich nippte an meinem Getränk und rutschte unruhig auf meinem Hocker hin und her.

"Die Mädels werfen dir schon interessierte Blicke zu, wenn du dich mal umsiehst", merkte mein Bruder an und grinste zufrieden, als er einen kräftigen Schluck von seinem Getränk nahm.

"Die gucken dich an", entgegnete ich und zuckte einmal mit den Schultern.

Trotz der Musik hörte ich Itachi neben mir laut aufstöhnen.

Aber ich kümmerte mich nicht darum. Er war es schließlich gewesen, der mich hier hinschleppen wollte. Was ich letztendlich aus seiner Einladung machte, blieb immer noch mir allein überlassen.

Ich starrte auf mein Getränk, glaubte plötzlich für einen Sekundenbruchteil wieder Narutos Geschmack in meinem Mund zu spüren und spülte ihn mit mehreren Schlucken Bacardi einfach hinunter.

Der Alkohol würde mich vergessen lassen. Wenigstens für heute Nacht. Vielleicht könnte ich mich entspannen. Dank meines heißgeliebten Alkohols.

Ein mattes Lächeln legte sich auf meine Lippen, als ich mein fast leeres Glas betrachtete.

Ich winkte den Barkeeper zu mir herüber und bestellte noch einen Drink, der mir nur Sekunden später zugeschoben wurde.

Mit einem Nicken nahm ich es entgegen und stellte plötzlich fest, dass sich Itachi ganz aufgeregt im Raum umsah.

"Ich glaub' da hinten ist Kisame - alter Kumpel von mir. Hast du was dagegen, wenn ich mal kurz rübergeh'?", rief mir mein Bruder zu und ich schüttelte nur den Kopf.

"Ich setz' mich dann etwas weiter hinten hin, wo die Musik leiser ist", meinte ich nur und deutete hinter die Bar in Richtung einer loungeähnlichen Sitzecke. Zumindest erschien sie mir genauso modern gestaltet, wie man es von einer Lobby erwartet.

Itachi besah den Ort, nickte mir zu und erhob sich schließlich geschwind von seinem Hocker, ging grölend an mir vorbei, direkt auf besagten Kisame zu.

Mit meinem Glas in der Hand stand ich nun ebenfalls auf und schob mich zwischen den ganzen Personen vorbei, um zu dieser Sitzecke zu gelangen.

Erleichtert, dass die Musik wie erhofft, hier hinten wenigstens etwas leiser war, nahm ich auf einem der rotgepolsterten Sitzgelegenheiten Platz.

Minutenlang saß ich einfach nur da und dachte an gar nichts. Es waren wundervolle Minuten. Einfach nur dazusitzen, meinen Drink zu trinken und Löcher in die nebelige Luft zu starren.

Mir fiel beinah ein Stein vom Herzen.

Bis jemand meine entspannte Atmosphäre durchbrach, indem er sich neben mir auf der Couch niederließ. Meine Augen wanderten zur Seite. Da saß nun ein Mann, etwa in Itachis Alter, mit blonden zugegelten Haaren, leichtem Bartwuchs und rosanem Polo-Shirt. Und der Kerl starrte mich an. Einer von der Sorte, die sich mit Abstand für die Größten halten, obwohl sie nicht einmal Ansatzweise ihren eigenen Vorstellungen entsprechen.

"Hab' dich schon 'ne ganze Zeit beobachtet", begann er plötzlich ein Gespräch und ich konnte es nicht fassen. Wollte der schmierige Typ mich etwa anmachen?

Verdammte Scheiße, wo hatte mich Itachi hier bloß hingeführt?

Ich sagte nichts. Trank stur meinen Bacardi weiter. Ich musste jetzt ganz schnell besoffen werden, wenn ich das ertragen wollte.

Der Poloträger musterte mich auch weiterhin.

"Du gefällst mir. Ich steh' auf abweisende Typen wie dich. Was meinste: Wollen wir uns nicht ein bisschen näher kennen lernen?", plapperte er nach kurzer Pause einfach weiter und rückte näher auf mich zu.

"Nein, danke", entgegnete ich nur schroff und hoffte, dass es damit nun genug sei.

"Komm' schon. Wir können viel Spaß miteinander haben", raunte er mir entgegen und allmählich begann mich der Kerl ganz gewaltig anzupissen.

"Zisch ab", fuhr ich ihn kalt an, nun bestimmter. Auf so eine Scheiße konnte ich verzichten. Er sollte den Bogen lieber nicht überspannen und sich jetzt ganz schnell verziehen.

Doch er kicherte nur.

"Deine Art macht mich so an", murmelte er mir zu, dann war seine Hand auch schon auf meinem Bein. Zudem auf einer Stelle der zerrissenen Jeans, wo er direkt meine nackte Haut berührte.

Das war eindeutig genug. Ich war ohnehin nicht in der Stimmung für Derartiges und der Kerl brachte mich mit seiner hartnäckigen Art und Weise schier zur Weißglut.

Also fuhr ich mit dem Kopf herum, holte im nächsten Moment aus und schlug ihm unmissverständlich mitten ins Gesicht. Er kippte vor Überraschung und Wucht nach hinten über, genau auf die rote Couch. Ich hörte ihn keuchen und einmal kurz aufschreien, dann erhob ich mich und rieb mir über den leicht schmerzenden Handrücken.

"Ich hoffe, das war deutlich genug", murrte ich noch und wollte gehen, doch da stürzte sich der Kerl plötzlich auf mich und ging umgehend mit mir zu Boden. Das Glas fiel mir aus der Hand. Es klirrte, als es kurz darauf am Boden zerschellte.

"Du kleiner Bastard!", schrie er mir entgegen und verpasste mir urplötzlich einen Kinnhaken. Meine Wut nahm weiter zu. Allmählich drohten alle aufgestauten Gefühle aus mir herauszuplatzen.

Eine Schlägerei - das konnte ich jetzt gebrauchen.

Und die zettelte ich nun auch an, indem ich ihm wieder eine zurückverpasste.

"Scheißkerl!", schrie er mich wieder an, als er versuchte mir erneut ins Gesicht zu schlagen. Seinen Schlag konnte ich abfangen, rollte mich zur Seite und erkannte vage aus dem Augenwinkel, dass sich zunehmend mehr Leute um uns versammelten und das Spektakel beobachteten.

Und auf einmal - noch bevor ich wieder zulangen konnte - wurde der Typ mit einem einzigen Ruck von mir gerissen, stand sofort auf beiden Beinen.

Keuchend sah ich nach oben und blickte direkt in Itachis leicht erregte Visage.

"Was ist hier los?", forderte seine dunkle, raue Stimme nach einer Erklärung, die nicht mir, sondern dem schmierigen Scheißkerl galt.

"I-Itachi...Das war nichts...nun ja", stammelte der bis eben noch so taffe Typ nun vor sich hin, als er meinen Bruder über seine Schulter hinweg erkannte und ich bedachte ihn mit einem zornigen Gesichtsausdruck, rieb mir mit dem Handrücken über den Mund, wischte das wenige Blut ab.

Itachis Iriden musterten ihn eindringlich.

Außer der dröhnenden Musik war es mucksmäuschenstill. Keiner wagte es, sich zu rühren.

"Sasuke?", fragte er nun in meine Richtung und seine Augen bedachten mich erwartungsvoll.

"Der hat mich angemacht...Da hab' ich ihm eine gezogen", murmelte ich nur wahrheitsgemäß und zuckte mit den Achseln, als sei meine Reaktion das Normalste der Welt.

Itachis Augen wanderten wieder zu dem Poloträger.

"Du konntest deine dreckigen Grabscher also nicht von meinem kleinen Bruder lassen?", fragte Itachi mit einer - selbst für mich - beängstigenden Ruhe in seiner Tonlage.

Ein wenig Getuschel und Gemurmel brach um uns herum aus, während der Kerl kreidebleich wurde.

"Ich...Ich konnte ja nicht wissen...dass...dass er dein Bruder ist", versuchte er zu erklären, doch es blieb völlig erfolglos. Itachi legte von hinten eine Hand an seinen Hals und drückte zu.

Ein gehässiges Grinsen umspielte meine Lippen, als ich mich nun von der Erde erhob und richtig stolz auf meinen großen Bruder war.

"Jetzt pass' mal auf, du kleiner Wichser: du hast genau drei Sekunden um deinen verdammten Arsch hier raus zu schaffen, sonst nimmst du 'nen Umweg durchs Fenster, klar?"

Itachis Stimme war noch immer betont ruhig, viel zu ruhig für die Worte, die aus seinem Mund kamen, aber gleichzeitig auch so eindringlich und furchteinflößend, wie ich es von ihm gar nicht gewohnt war. Ich hatte ihn immer nur als besonnen und liebevoll kennen gelernt.

Mein großer Bruder, der doch keiner Fliege etwas zuleide tun konnte. Das war er für mich immer gewesen.

Doch nun wurde ich eines Besseren belehrt, als er den Typ ruckartig losließ und dieser daraufhin buchstäblich die Beine in die Hand nahm.

Kurz folgten meine Augen dieser Gestalt, die in Windeseile durch den Raum stürmte, dann blickte ich wieder zu meinem Bruder, neben dem nun ein riesiger Mann stand mit einem Grinsen auf den Lippen, das mich irgendwie an das eines Hais erinnerte - das war also dieser Kisame.

"Geht wieder Tanzen, Leute. Die Show ist vorbei", wandt dieser haiähnliche Mann sich nun an die umstehenden Gäste, die seiner Aufforderung auch nahezu direkt Folge leisteten.

"Ich find's immer wieder geil, wenn du so bist", lachte Kisame mit einem metallischen Klang, woraufhin Itachis Gesicht ein vages Lächeln zierte.

"Ich glaub' die kleine Missgeburt hat sich vor Angst in die Hose geschissen", fuhr er lachend fort, verpasste meinem Bruder nun einen freundschaftlichen, aber ziemlich festen, Hieb gegen die Schulter.

"Das will ich doch schwer hoffen", erwiderte Itachi und stemmte eine Faust in die Hüfte.

"Aber na ja, war eigentlich klar, dass sowas passiert, wenn man sich deinen Bruder mal anguckt. Is' genau sonne Primaballerina wie du!"

Itachi lachte kurz laut auf, verstummte dann aber abrupt wieder und fügte ernst hinzu: "Halt's Maul, Kisame."

Ich beobachtete nur stillschweigend die Situation. Irgendwie war das Ganze momentan deutlich zu viel für mich. Normalerweise hätte ich dem Kerl für seine "Primaballerina"-Bemerkung auch noch eine geknallt, aber da ich sowieso wie gelähmt und der Typ auch noch an die zwei Meter groß war, zog ich es vor, erstmal still zu bleiben.

Itachi hatte inzwischen eine Hand auf meine Schulter gelegt und bedachte mich nun mit einem Schmunzeln. "Unfassbar. Du ziehst die Kerle an wie Schmeißfliegen. So scheint's mir zumindest", murmelte er amüsiert.

"Tja, ganz wie der große Bruder in dem Alter, nicht wahr? Du hast dir auch so einige Ekelpakete vom Hals halten müssen, Itachi", fügte Kisame nun mit verschränkten Armen und einem noch breiteren Grinsen hinzu.

"Das wäre nicht passiert, wenn ich meine Klamotten anbehalten hätte", warf ich Itachi nun vor und bedachte ihn mit einem leicht gereizten Blick.

"Stimmt. Dann wärst du hier nämlich gar nicht reingekommen. Und na ja, hat doch auch was Gutes: du konntest endlich mal deine Aggressionen abbauen. Dir scheint's ja ganz gut zu gehen."

Kurz war ich verblüfft, doch dann nickte ich einmal zustimmend. Er hatte recht. Ich fühlte mich wirklich etwas entlastet - ein wenig freier. Und dieses Gefühl tat mir gut.

"Ich würd' trotzdem gern nach Hause", merkte ich schließlich an und strich ein wenig unruhig mit dem Fuß über den Boden.

"Genau, Itachi. Für Kinder ist längst Schlafenszeit", murmelte Kisame zynisch und ich warf ihm daraufhin einen finsteren Blick zu.

"Oje, dieses Eiskalte liegt wohl in der Familie, was? Noch einen von der Sorte können wir doch eigentlich gut bei uns gebrauchen", sagte er, doch Itachi drehte mich geschwind von ihm weg, ehe er mich wieder mit seinen Blicken fixieren konnte.

"Wir gehen. Man sieht sich", murmelte mein Bruder nun bloß kurz angebunden, schob mich vor sich her, während Kisame uns ein Belustigtes: "Ciao!", hinterher rief.

"Ich kann alleine gehen", murrte ich nur und riss mich von ihm los. Itachi nickte und ging schließlich im Schnellschritt neben mir.

Als wir nach einem kurzen Fußmarsch auch schon in Itachis schwarzem Peugoet saßen, packte mich nun doch die Neugierde.

"Sag' mal...Warum hatte der Kerl so viel Respekt vor dir und was meinte Kisame mit seinem letzten Satz? Wo könne man mich gut gebrauchen?"

Itachi sah nur stur auf die Straße, gab Gas.

"Hallo? Ich rede mit dir."

Wir bogen in die nächste Straße ein, während wieder von der Dunkelheit ummantelte Büsche und Häuser an mir vorbei zogen.

"Den Respekt habe ich mir hart erkämpft. Und den Rest...verstehst du sowieso nicht, also lass es gut sein, Sasuke."

Normalerweise hätte ich es darauf nicht beruhen lassen, ihn eher solange ausgequetscht bis er mir eine Antwort gegeben hätte, aber Itachis Tonfall begann allmählich auch mir Respekt einzuflößen. Deshalb hakte ich das Thema einfach ab. Im Moment hatte ich sowieso ganz andere Probleme. Wenn mein Bruder sich mit irgendwelchen Schlägertypen abgab, was interessierte mich das? Eigentlich war das doch sogar ganz gut. Probleme hätte ich sicherlich keine mehr.

"Also ich...Ich fand's cool wie du mit dem Typen umgegangen bist. Der hatte richtig Schiss vor dir", grinste ich nun doch anerkennend und schlug einmal mit der Faust in die Luft, als würde ich noch einmal dem Polotyp eine ziehen.

Itachis Mundwinkel umspielte nun ebenfalls ein leichtes Lächeln. Seine Hände umschlossen fest das Lenkrad.

"Du bist mein Bruder. Jeder, der dir etwas Böses will, sollte besser Schiss vor mir haben."

Er sah zu mir, legte seine Hand auf mein Knie und rüttelte einmal aufmunternd daran.

"Ich lass nicht zu, dass dir jemand weh tut."

Sein Blick wanderte wieder auf die Straße, während ich meinen senkte und seine Hand beobachtete, die sich wieder von mir löste und nun einen anderen Gang einlegte.

"Das habe ich doch selbst oft genug getan", murmelte er ganz leise und ich brachte es nicht fertig ihn jetzt anzusehen, guckte nur starr aus dem Fenster hinaus.

Itachi hatte mir weh getan. In gewisser Weise. Aber niemals bewusst. Seine bloße Existenz schmerzte einerseits, während sie mir andererseits auch wiederum gut tat und mir sicheren Halt gab.

Itachi vereinte für mich alle positiven und negativen Eigenschaften in seiner Person.

Aber ich wusste, dass er nur das Beste für mich wollte.

Ich wusste, dass er mich vor allen Gefahren beschützen würde.

Und ich wusste auch, dass er mich liebte.

Aber vielleicht war das bloß ein Resultat seines schlechten Gewissens.

Liebe aus Mitleid.

Ich hasse Mitleid.
 

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Da ihr ja das letzte Video + Lied so cool fandet, hier gleich noch eins, völlig unabhängig von meiner Story, einfach nur, weil ich's geil finde xD

http://www.youtube.com/watch?v=TbJ5byH8pi4&feature=related

PS: Obwohl Sakuras Schrei krass nervenabtötend am Anfang ist -.-*
 

lg,

sissyphos

Die erste Prüfung

Heute war der Tag der Tage. Es war Samstag. Aber nicht irgendein Samstag, sondern der Samstag aller Samstage. Der Samstag, der mir alle Türen dieser Welt öffnen würde.

Mein erster beachtlicher Schritt in die große, weite Welt hinaus.

Und für diesen Tag hatten Naruto und ich in den letzten Wochen alles andere zurückgestellt. Wir hatten unsere Freunde vernachlässigt, unsere Körper völlig ausgepowert und ich hatte sogar die Schule einfach mal Schule sein lassen, was ansonsten nicht meine Art war.

Und auch nur für diesen einen Tag hatten wir alles andere ruhen lassen. Wir wollten als professionelles Team auftreten. Als die besten Freunde, die wir bislang immer gewesen waren. Es war wichtig, zwecks des bekannten ersten Eindrucks, dass wir uns vor der Kamera völlig natürlich und ungehalten verhielten. Da kamen irgendwelche Krisen zwischen uns nicht gerade gelegen.

Vielleicht hätte ein Gespräch geholfen. Ein Gespräch über seine und meine Gefühle. Ein Gespräch über das, was wir füreinander empfanden.

Aber das wollte ich nicht. Und er wollte es auch nicht. Zu viel Stress, zu viel Aufregung, zu wenig Zeit und vor allem zu viel Angst vor dem, was geschehen würde, hinderten mich daran.

Wir ließen es einfach darauf beruhen. Verhielten uns ganz normal, sprachen normal in der Schule miteinander, begrüßten und lachten normal vor dem Rest der Klasse oder unseren Freunden.

Und es schien mir so, als wären Naruto und ich die perfekten Schauspieler. Denn anscheinend merkte wirklich niemand etwas. Niemand bemerkte diese gekünstelte, aufgezwungene Normalität. Oder vielleicht wollte sie auch schlicht niemand bemerken. Aber ganz gleich, was es war, ich war froh, dass es so war. Denn ich wollte mit absolut nichts konfrontiert werden, ehe dieser Auftritt vorüber wäre. Ich hatte einfach nur das Bedürfnis die Augen zu schließen, nichts mehr zu hören und nichts mehr zu sehen. Das war momentan alles, was ich wollte.

Und zwecks Ablenkung kam mir dieser Wettbewerb noch doppelt und dreifach gelegen. Ich fand wirklich gar keine Zeit, um über irgendetwas nachzudenken. Weder über Itachi oder meinen Vater, noch über Naruto und unsere merkwürdige Beziehung zueinander.

Ein betont lautes: "Hey, Jungs", riss mich schließlich aus meinen Gedanken und ließ meinen Blick, der bislang auf der Bühne klebte, zu dem brillentragenden Moderator hinter mir schweifen.

"Ihr seid gleich dran", nickte er Naruto und mir kurz zu und wir erwiderten es. Noch einmal glitt mein Blick zur hell erleuchteten Bühne, die größer war, als jede andere auf der ich bisher meine Vorführungen veranstaltet hatte.

Ich betrachtete zuerst den Holzfußboden, der das unzählige Scheinwerferlicht reflektierte und so blank gebohnert war, dass ich mich darin beinah spiegeln konnte. Wenn ich mich etwas um die Ecke lehnte, erkannte ich des Weiteren auch die Sitzplätze der Jury und dahinter die schier endlosen Reihen der Zuschauer, die gerade dabei waren den dritten missglückten Auftritt in Folge auszulachen.

"Ganz ruhig, Sasuke. Wir werden das Baby schon schaukeln", grinste mir Naruto nun aufmunternd zu, der anscheinend meine hetzenden Blicke bemerkte.

Tatsächlich war ich nervös. Obwohl ich diesen Druck doch eigentlich gewohnt war. Vielleicht lag es dieses Mal daran, dass ich meine Mutter darüber in Kenntnis gesetzt hatte, dass heute besagter Auftritt sei und dieser auch im Fernsehen ausgestrahlt werde. Davon erhoffte ich mir natürlich, dass ich meinem Vater die Stirn bieten könnte. Dass er erkennen würde, was für ein Talent in mir schlummerte und fortan nur noch mich und nicht mehr Itachi, der sowieso keinen Wert darauf legte, anhimmeln würde. Diesbezüglich war also wirklich alles beim Alten geblieben.

Meine Nervosität könnte andererseits aber auch damit zu tun haben, dass ich wusste, dass diese Sendung von mehreren Millionen Zuschauern kritisch beäugt wurde, die alle nur ganz heiß darauf waren, zu sehen, wie sich irgendwelche armen Schweine vor versammelter Mannschaft zum Deppen machen. Und zu diesen Millionen von Zuschauern zählte mit Sicherheit auch der Großteil unserer Schule.

Ich schluckte hart. Entweder wir waren am Montag die bekannten Helden der Nation oder aber die Deppen von Dummsdorf.

"So, dann mal raus mit euch! Viel Glück!", rief der brillentragende Moderator nun erneut und versetzte uns lachend einen beherzten Stoß in den Rücken, um uns auf die Bühne zu schieben, die gerade von einem ziemlich angepissten Clown verlassen wurde.

"Diese Idioten wissen doch überhaupt nicht, was Kunst ist!", murrte er im Vorbeigehen und schmiss seine Tröte, die mich eine ganze Zeit ziemlich genervt hatte, neben uns zu Boden.

Als wir nun gemeinsam die Bühne betraten, folgte nur Sekunden später lautes Gepfeife und Mädchengekreische, das mir doch ein wenig des Selbstbewusstseins zurückgab, das ich nun bitter benötigte.

Ich war in diesem Moment wirklich froh, dass ich letztendlich doch meinen eigenen Modegeschmack hatte durchsetzen können, indem Naruto einfach komplett in weiß mit schwarzen Turnschuhen und Schweißbändern gekleidet war und ich das schwarz gekleidete Pendant mit weißen Turnschuhen und auch weißen Schweißbändern dazu bildete. Hinzu kamen natürlich die von Kakashi aufgezwungenen schwarzen Stirnbänder mit dem Wappen seiner Tanzschule darauf. Ansonsten würden wir jetzt in aller Peinlichkeit nicht besser gekleidet sein, als der bunte Clown, der soeben mit einer Mischung aus Wut und Enttäuschung abgezogen war.

Grinsend traten wir schließlich vor das Mikrofon und sahen einmal in die allseits begeisterte Runde.

Dann betrachtete ich die Jury. Von mir aus gesehen, saß ganz rechts außen der weltweit bekannte und anerkannte Tänzer Jiraiya, aus dem vor etwa zwanzig Jahren so erfolgreichen Trio JTO[2], was für Jiraiya, Tsunade und Orochimaru steht. Doch nach mehreren Jahren der Zusammenarbeit hatte sich das Trio schließlich aufgelöst und jeder war seiner eigenen Wege gegangen. Orochimaru bildete inzwischen mit der "SNAKE"-Agentur eine der wenigen weltweit anerkannten Tanzagenturen für Film, Fernsehen, Shows und auch Musikvideos. Jiraiya hatte sich in all der Zeit mehr zur Ruhe gesetzt und besuchte fortan häufiger Shows, wie diese hier, brachte aber gleichzeitig auch immer wieder neue Talente heraus, da man auf seine Meinung auf dem Markt allgemein viel Wert legte. Was dieser Mann anpackte wurde einfach zu Geld.

Daneben saß auch die Dritte des Trios: Tsunade. Sie war ihrer Zeit einerseits erfolgreiches Mitglied von JTO, andererseits aber auch eine international gefeierte Akrobatin gewesen, die nach der Auflösung vorrangig mit diesen Künsten auf Tournet ging. Aber auch sie war in den letzten Jahren immer mehr aus den Medien zurückgetreten.

Ganz links außen saß nun der Letzte im Bunde, der sich selbst nur "Mr. Might Guy"[5] nannte. Soweit ich wusste, war er eine Art Model und zeitgleich auch Komödiant, aber die Branche interessierte mich schlichtweg nicht genug, um mehr darüber berichten zu können.

"Guten Abend", begrüßte ich nun die Jury durch das Mikrofon und bekam sogleich ein "Nabend" von Jiraiya, sowie ein Augenzwinkern seitens Tsunade und ein gelangweiltes Kopfkratzen von Mr. Might Guy zurück.

"Hey, yo, was geht ab!", pustete nun auch Naruto feierlich ins Mikro hinein und ich wäre am liebsten gleich wieder kehrt marsch von der Bühne verschwunden, als ich die überraschten Blicke der Jury sah.

"Hey, yoooh", begann Jiraiya jedoch feixend und sein Gesicht lockerte sich.

"Hoffentlich nach eurem Auftritt ein wenig mehr, Jungs. Wie heißt ihr denn?", fragte er weiter und ich wollte gerade das Wort erheben, da plapperte Naruto auch schon wie ein Wasserfall dazwischen: "Yo, das ist mein bester Freund Sasuke Uchiha, 18 Jahre alt, 1er Abiturient - muss man ja mal erwähnen - und ich bin Naruto Uzumaki, 18 Jahre, kein 1er Abiturient, aber dafür umso heißer und begabter, wenn's um fetzige Moves geht!"

Ich räusperte mich verlegen.

Das konnte wirklich nur Naruto bringen. Wirklich nur er. Dabei hatten wir doch zuvor abgesprochen, dass ich uns vorstellen würde.

Jiraiya grinste jedoch nur belustigt und lehnte sich ein wenig in seinem Stuhl zurück, während Tsunade an ihrem Wasser nippte und das Publikum uns immer noch wie sprechende Tiere anstarrte.

"Fetzige Moves also. Darf man daraus schließen, dass ihr uns was vortanzt?"

Naruto wollte gerade tief Luft holen, um etwas zu entgegnen, doch da hatte ich ihm schon mit voller Wucht auf den Fuß getreten, damit er endlich einmal die Klappe und sich außerdem an unsere Abmachungen hält.

Das Publikum lachte auf, als mein Freund sein Gesicht vor Schmerz verzog.

"Na bei euk gähts ja akressiv zuh", murmelte Mr. Might Guy nur mit seinem komischen Akzent daher und als das Publikum daraufhin noch einmal auflachte, drehte er sich mit seinem Stuhl dorthin, hob theatralisch die Arme in die Luft und rief in die Menge: "Ja oda nik?"

Kurz wurde gelacht und applaudiert, dann war es wieder still, während mir die Hitze auf der Bühne allmählich unangenehm wurde.

"Na ja, also wir haben eine Choreographie vorbereitet. Eine Mischung aus Break Dance, Modern Dance und akrobatischen Elementen."

Jiraiya pfiff begeistert.

"Und wie lange macht ihr das schon?", hakte er interessiert nach.

"Ich tanze Modern Dance seit über zehn Jahren, Naruto erst seit kurzem und Break Dance machen wir seit etwa sechs Jahren", erklärte ich und sah einmal in die ehrfürchtige Menge, in der ich plötzlich Kakashi ziemlich weit vorne mit einem kleinen Fähnchen erblickte, auf dem in seiner Sauklaue geschrieben: "Yo, Sasuke & Naruto, GO!" drauf stand[1]. Zur Abwechslung erkannte ich sogar kein Buch in seiner Hand und musste deshalb ein wenig schmunzeln, ehe ich wieder zu Jiraiya sah.

"Und wat ies dieses Modern Dänce?", fragte nun Mr. Might Guy und rieb sich über seine äußerst prächtig gewachsenen Augenbrauen.

"Eine Form von Ausdruckstanz", erklärte ich nur kurz, weil alles weitere sowieso niemand verstehen würde. "Ah", machte er daraufhin. "Ja, dann ma los! Ik bin ganz gespahnt!"

"Ich auch. Wenn ihr nur halb so gut tanzt wie ihr ausseht, dann könnte das doch noch ein guter Abend werden. Also haut mal rein, Jungs", erhob nun Tsunade das erste Mal das Wort und lächelte uns beide verschmitzt an.

"Kein Ding für'n King!", wandt Naruto daraufhin den Spruch ein, den er vor ein paar Tagen in irgendeinem Forum aufgeschnappt hatte und unbedingt zur Sprache bringen wollte.

Am liebsten hätte ich gleich wieder zugetreten. Aber die Gefahr, dass er dann nicht mehr tanzen könnte war einerseits zu groß und außerdem musste ich aufgrund seiner schwachsinnigen Aussagen neben dem Publikum und der Jury, die laut auflachten, auch ein wenig über sein Verhalten grinsen.

Eigentlich war das keine schlechte Strategie: Naruto eignete sich geradewegs das Klassenclown-Image an. Und sowas kommt bei den meisten Menschen ziemlich gut oder immerhin positiv an.

Also ließ ich Naruto einfach mal Naruto sein und drehte mich um, um auf Position zu gehen.

Mit geneigtem Kopf standen wir schließlich nebeneinander, das Licht wurde kurzzeitig schwächer, während einige Mädchen schon vorab aufgeregt kreischten. Ich musste jetzt alles geben. Das war unsere einzige Chance. Es gab keine zweite. Nur diese eine, die wir nutzen mussten.

Dann setzte der Beat unseres ersten Liedes ein[3], die Scheinwerfer knallten auf unsere Körper, zeitgleich rissen wir unsere Köpfe nach oben, fokussierten das Publikum und gingen im Gleichschritt darauf zu. Wir begannen mit ein wenig Downrocking, um genauer zu sein: mit einem Six Step. Gleich im Anschluss folgte in Kombination der erste Freeze: ein schneller Hollowback, bei dem man einen Handstand vorführt und die Füße über den Kopf hinweg soweit wie möglich zu Boden zu bringen versucht.

Neben der lauten Musik hörte ich nun auch neben den ganzen Mädchen einige männliche Stimmen grölen und Beifall rufen. Für einen Moment umflog ein Grinsen meine Mundwinkel, als wir auch schon dabei waren einen Headspin vorzuführen.

Das war der Trick. Deshalb hatten wir die Break Dance Moves an den Anfang gesetzt. Ich hatte einfach alles auf eine Karte gesetzt und mir gedacht, dass Männer nur einmal überzeugt werden müssen, um es langwierig gut zu finden. Das mochte waghalsig gewesen sein, aber ich war fest entschlossen, dass meine Strategie zünden würde.

Es folgten noch einige weitere Moves, dann endete der Musikausschnitt wie geplant relativ abrupt und Naruto und ich fielen nahezu gleichzeitig zu Boden. Wieder verdunkelte sich kurzzeitig das Licht im Raum, bis der nächste Song - der Saw-Themesong - schließlich einsetzte.

Wie bei den zahlreichen Proben zuckten unsere Körper im Einklang zur Musik zu Beginn nach oben, ließen die Szenerie dabei hoffentlich düster und schaurig erscheinen, ehe einige wenige Figuren folgten.

Und schon kurz darauf war auch dieser Ausschnitt wieder vorüber, während unsere Körper wieder auf dem Boden ruhten.

Das letzte Lied der Choreographie setzte ein und zunächst begann Naruto zu tanzen. Mittels eines Flickflacks stand er schließlich neben mir, dann begann er mich im Takt der Musik nach oben zu ziehen. Seine Hände lagen dabei an meiner Brust. Ich unterdrückte das aufkommende Gefühl und blieb konzentriert. Ich schaltete alles andere um mich herum aus. Es gab nur noch ihn und mich und diesen Tanz, den wir ums Verrecken perfekt meistern mussten.

Mit einer aggressiven Umdrehung wandt ich mich zu ihm herum, drückte ihn von mir. Nun folgte das Zusammenspiel des Tanzens gegeneinander und schlussendlich wieder miteinander.

Jedes Mal, wenn der Interpret Falling inside the black sang, stellten wir die Figur zur Schau, für die Naruto eine halbe Ewigkeit gebraucht hatte, bis sie einigermaßen akzeptabel aussah: Das langsame, geschmeidige, aber gleichzeitig auch im Widerspruch dazu unmittelbare und abrupte zu Boden fallen.

Es folgten mehrere Kunststücke und schlussendlich, als sich die Musik dem Ende zuneigte, standen wir uns beide gegenüber und schlugen auf dem letzten Ton mit unseren Fäusten ein. So wie wir es als Kinder auch immer getan hatten. Genau deshalb hatte ich diese Geste einbauen wollen.

Applaus und Gekreische folgte von allen Seiten und ließ mich erleichtert durchatmen: geschafft. Endlich gemeistert. Und zwar mit Bravour.

Wieder traten wir vor das Mikrofon und Naruto legte lachend einen Arm um meine Schulter, während sogar die Jury lächelnd Beifall klatschte.

Ich stand dort. Sah die ganzen Menschen, die sich von ihren Plätzen erhoben hatten und auch Kakashi der wild sein Fähnchen hin und her schwenken ließ, während Naruto neben mir stand. Wenn es perfekte Momente gab, dann war dies hier defintiv einer davon.

Die Menge beruhigte sich allmählich und nun erhob Jiraiya das Wort: "Ja, was soll man dazu sagen? Geile Moves, geile Musik und geile Typen! Wenn ihr jetzt noch singen könntet, würde ich euch gleich einkassieren und ganz groß rausbringen."

Er betonte dies recht ironisch, doch Naruto fühlte sich trotzdem direkt animiert dazu seinen Senf abzugeben: "Wir können alles", lachte er ins Mikrofon.

"Alles außer singen", pustete ich hinterher und bemerkte seine stechenden Blicke auf mir.

"Wie auch immer. Ihr seid trotzdem der Wahnsinn, Jungs. Nicht wahr, Mädels?", rief Jiraiya und drehte sich mit dem Stuhl in Richtung Publikum, aus dessen Menge direkt ein kreischender Aufschrei ertönte.

"Da hört ihr's. Aber, hey, Sasuke war dein Name, richtig?"

Ich nickte bloß.

"Also ey, wenn Blicke töten könnten! Der Kontrast war schon fast zum Lachen. Dein blonder Freund hat sich die ganze Zeit verpeilt einen abgegrinst und du strafst uns ausschließlich mit eiskalten Blicken - unfassbar. Daran müsst ihr arbeiten. Naruto ist zwar nicht ganz so der perfekte und sichere Tänzer wie du, aber dafür viel lockerer und gelassener. Gebt euch beide was voneiander, dann seid ihr unschlagbar", schmunzelte Jiraiya und verschränkte die Arme vor der Brust.

Noch bevor ich etwas erwidern konnte hatte sich auch schon wieder Naruto das Mikro gekrallt.

"Wer ist hier verpeilt?", hakte er bloß entrüstet nach und überging gänzlich die Kritik, die wir bekommen hatten.

Ich stieß Naruto einmal mit dem Ellenbogen in die Seite und setzte dann ein Grinsen auf. "Wir nennen uns ja nicht umsonst Black & White."

Jiraiya erwiderte mein Grinsen.

"Ihr gefallt mir", gab er zu.

"Und mir erst", wandt nun Tsunade ein und zwinkerte uns wieder zu. "Wie alt wart ihr noch gleich? 18, oder? Das heißt, ich würde mich nicht strafbar machen...", grinste sie uns entgegen, während sie das Gesicht in eine Hand stemmte.

"Boah ih, du bist doch mindestens dreimal so alt wie wir!", murrte Naruto herum und ich hätte ihn erwürgen können. Er hatte zwar recht, aber dennoch: wir waren schließlich von ihrer Stimme abhängig.

"Wie war das?", grummelte Tsunade und schlug sich demonstrativ in die eigene Handfläche, während Jiraiya zu lachen begann.

"Da hast du's, alte Frau!", ulkste er herum und lachte sich sichtlich eins ins Fäustchen.

"Ik muss ja sage", wandt nun Mr. Might Guy ein, während Tsunade ihren ehemaligen Teamkameraden mit mordlustigen Blicken strafte. Vermutlich hielt sie nur das Fernsehen davon ab, ihre Pläne in die Tat umzusetzen.

"Ihr gefällt mir!"

Ich glaubte im ersten Moment meinen Augen nicht zu trauen, aber es bildeten sich tatsächlich kleine Tränen in seinen Augenwinkeln, während er sprach.

"Das wa sou dramatik! Wirklik!", schluchzte er und nahm ein Taschentuch von dem Stapel vor ihm - aber für seine Gefühlsausbrüche war Mr. Might Guy ja allseits bekannt.

"Ähm, ja, danke", murmelte ich laut ins Mikro um Narutos genuscheltes "Heulsuse" zu übertönen.

"Was er sagen will, ist: ihr rockt, Jungs. Also dreimal "Ja". Wir sehen uns in zwei Wochen wieder", erklärte Jiraiya nun feierlich mit einem Nicken und wartete unsere Reaktion ab.

Ein breites, unglaublich erheitertes Lächeln schlich sich auf meine Lippen, während ich glaubte, dass mir gerade eine große tonnenschwere Last von den Schultern genommen wurde.

Naruto blieb zu meiner Überraschung völlig ruhig.

Doch plötzlich wandt er sich um, rannte einmal zu dem brillentragenden Moderator und ich beobachtete die Szenerie gespannt, genauso wie der Rest der Leute. Was hatte er nun schon wieder vor?

Und dann wurde plötzlich ein ganz bestimmtes Lied angespielt, als Naruto wieder auf mich zutrat und betont cool seine Sonnenbrille aufsetzte, die er sich anscheinend soeben von dem Moderator abgeholt hatte.

She call me Mr. Boombastic say me fantastic, touch me on me butt

she say I'm Mr. Ro...mantic[4]

Ich stand da, wie vom Blitz getroffen. Das konnte jetzt wahrhaftig nicht sein Ernst sein. Er zog genau das durch, was er mir hoch und heilig versprochen hatte zu unterlassen!

Durch den Saal hallte - wie von Naruto mit diesem Affentanz beabsichtigt - Gelächter. Ich fand's nicht lustig.

"Usuratonkachi", grummelte ich noch, schob mir mein Schweißband ein Stück hoch und zog ihm vor laufender Kamera und im Angesicht aller Leute einfach ungehalten eine rüber.

Naruto ging krachend zu Boden und ich bedachte ihn mit einem Blick, der für ihn nichts Gutes bedeutete.

Schlagartig war es ganz still in dem riesigen Raum.

"Tja, Blondi hat wohl Sendepose", wandt Mr. Might Guy lachend ein und der Rest stimmte, wenngleich auch ein wenig drucksend und zurückhaltend, mit ein.

Ich schnappte mir bloß noch den bewusstlosen Naruto, packte ihn am Knöchel und schleifte ihn grummelnd über den Boden von der Bühne herunter.[6]

Wieder war es still.

Meine Augen wanderten in Richtung Publikum. Ich sah ihre weit aufgerissenen Augen, ihre fragenden Blicke und auch Kakashi hatte aufgehört sein Fähnchen zu schwenken.

Ich räusperte mich kurz.

"Yo!", rief ich in die Menge und hielt grinsend einen Daumen in die Luft. Die ganze Masse applaudierte einfach wieder, dachte jetzt wohl, dass diese Einlage schlichtweg zur Show gehörte und ich zog Naruto schließlich aus ihrem Sichtfeld.

"Lebt der noch?", fragte der Moderator und schob sich seine Brille nach oben, als er sich über Naruto hinweg beugte.

"Klar, Unkraut vergeht nicht", brummelte ich nur vor mich hin und stieß mit dem Fuß gegen Narutos Seite, damit er endlich wieder zu sich käme.

Schließlich sah ich wie Naruto die Nase rümpfte und sich mit einer Hand über den Schädel rieb, ehe er die Augen öffnete. Sein Blick, der auf mich in jenem Moment irgendwie so verloren und verletzt wirkte, ruhte dabei auf mir. Und ich wandt sofort ausweichend den Kopf zur Seite, während ich mein Herz schmerzlich pulsieren spürte.

Die Show war vorbei. Und damit auch die umfochtene Normalität.

Schnellen Schrittes ging ich zu meinem Rucksack, der noch immer an der Wand lehnte und kramte eilig mein Handy heraus. Naruto ließ ich erstmal bewusst links liegen - im wahrsten Sinne.

Zügig tippte ich meine Telefonnummer ein und hielt mir das Handy ans Ohr.

Als ein weibliches "Uchiha?" ertönte, umspielte unweigerlich ein Lächeln meine Lippen und mein Herzschlag kam allmählich wieder zur Ruhe.

"Hallo Mum", murmelte ich nur ins Telefon hinein und wartete einfach ab.

"Sasuke? Bist du das? Du warst großartig mein Liebling!", rief sie sogleich ins Telefon, ohne die Antwort auf ihre ohnehin rhetorische Frage abzuwarten.

"Danke", erwiderte ich ein wenig verlegen und lehnte mich mit dem Rücken gegen die kahle Wand, während Naruto langsam an mich heran trat.

"Ich freue mich so für euch. Vielleicht bringst du deinen Freund mal wieder mit nach Hause? Ich würde ihn gerne mal wieder sehen. Am besten, wenn Fugaku nicht da ist. Er mag ja Besuch nicht sonderlich, wie du weißt", erzählte sie und wurde gegen Ende hin immer leiser.

"Ja, mal sehen", entgegnete ich mit einem leichten Kloß im Hals. Weil Naruto nie wieder auch nur einen Fuß in unser Haus setzen würde. Aber den wahren Grund konnte ich meiner Mutter schlecht erklären.

"Hat Vater auch...Ich meine, hat er sich die Show angesehen?", fragte ich nun vorsichtig nach.

Am anderen Ende der Leitung wurde es still.

"Er hätte gerne, aber du weißt ja wie beschäftigt er ist, Sasuke. Nächstes Mal", murmelte meine Mutter nur noch leiser und ich wusste aus Erfahrung, dass es auch beim nächsten Mal nicht anders sein würde.

Genauso wie damals bei den Sportfesten in der Schule zu denen er nie gekommen war. Oder zu den Theateraufführungen. Das Einzige, was er sich angeguckt hatte, waren meine Tanzaufführungen bei Anko. Und auch die nur, um mich mit abwertenden Blicken und Tadeleien zu strafen.

"Verstehe. Ist es okay, wenn ich nicht direkt nach Hause komme?", fragte ich weiter, ohne konkrete Pläne zu hegen. Ich wollte jetzt nur einfach nicht zurück. Ich wusste, dass er da war und dass er es sich hätte ansehen können. Dass er es nur nicht wollte. Weil es ihn nicht interessierte.

Weil ich ihn nicht interessierte.

Ich spürte einen deutlichen Stich in die Brust.

"Sicher, mein Schatz. Lass dir Zeit und grüß Naruto von mir. Macht euch einen schönen Abend", verabschiedete sich Mikoto von mir und ich antwortete leise: "Danke, Mum. Bis später."

Dann drückte ich sie weg und betrachtete noch einen Moment lang den leeren Bildschirm meines Handys und fuhr mit dem Finger darüber.

"Alles okay, Sasuke?", nuschelte Naruto plötzlich betreten neben mir.

Ich nickte nur, verstaute dabei mein Handy wieder im Rucksack und sah dann zu meinem blonden Freund.

"Können wir zu Fuß zurück gehen? Sind ja nur ein paar Kilometer."

Ein Spaziergang würde mir jetzt gut tun. Das hatte ich in der Vergangenheit relativ oft getan, um einen freien Kopf zu bekommen. In letzter Zeit fehlte mir jedoch schlichtweg die Zeit für Derartiges.

"Sicher", stimmte er zu und ging sogleich voraus. Den Gruß richtete ich ganz bewusst nicht aus. Ich wollte nicht ins Gespräch kommen.

Unsere Kleidung behielten wir einfach an. Draußen war es früher Abend und wir hatten nun schon mitte Mai. Es war also nicht mehr sonderlich kalt, sondern viel mehr angenehm warm.

Stillschweigend gingen wir durch ein paar Straßen, Naruto hielt dabei an einigen Schaufenstern an und versuchte mich mit allerlei Dingen abzulenken. Aber meine Euphorie war endgültig vorüber. Mit dem letzten Ton unseres Liedes verpufft.

"Nächstes Mal", schoss es mir wieder durch den Kopf und ich biss mir infolgedessen auf die Unterlippe, kickte wütend einen einsamen Stein auf der Straße zur Seite.

Naruto ging einfach neben mir her und allmählich schien auch seine Euphorie zu schwinden. Er wurde immer stiller, machte keine Anstalten mehr mich aufzuheitern. Das hatte sowieso keinen Zweck. Und das schien er einzusehen.

Schließlich bogen wir in den nahen Stadtpark ein, aber auch der frische Duft von Blumen und Bäumen oder auch die vielen bunten Farben, das Zwitschern der Vögel, sowie der Sonnenuntergang am Horizont in roten, gelben und orangenen Tönen konnte meine Stimmung nicht mehr heben.

Irgendwie schien alles, was ich über eine Woche lang zugunsten dieses Wettbewerbs verdrängt hatte, nun nach der Vollendung auf mich einzuschlagen. So wie man ewig wach bleiben kann, um eine Aufgabe zu meistern und man nach deren Erfüllung unmittelbar von grenzenloser Müdigkeit überfallen wird.

"Sasuke", tippte mir nun Naruto auf die Schulter und meine Augen wanderten kurz in seine Richtung, dann wieder geradeaus.

"Können wir uns kurz setzen?", fragte er.

Ich hielt nicht inne.

"Warum?", hakte ich bloß nach und sah einen Mann an uns vorbeijoggen.

"Ich brauch' 'ne Pause", erklärte Naruto schnaufend und ich wusste sofort, dass er log. Trotzdem nickte ich leicht und steuerte nach links, um vom Weg abzukommen, ging kurz durch ein wenig Geäst durch und befand mich schließlich gefolgt von Naruto auf einer Wiese vor dem See inmitten des Stadtparks, umgeben von vielen Bäumen und noch mehr Gebüsch.

Der See war nicht sonderlich klar, das Wasser viel mehr trüb und dreckig, aber dennoch wirkte dieser Ort sich, wann immer ich hier war, beruhigend auf mein Gemüt aus.

Als Kind hatte ich hier oft gesessen und einfach Steine hineingeworfen. Immer dann, wenn ich nicht mehr weiter wusste und einfach nur noch meine Ruhe vor allem und jedem wollte.

Ich nahm im Gras Platz und Naruto ließ sich direkt neben mir nieder.

Einige Minuten saßen wir einfach nur so da und ich betrachtete das stille Wasser, fühlte den Wind durch meine Haare streichen, während meine Finger im feuchten Gras lagen. Das war also von der letzten Regennacht übrig geblieben.

Gerade als ich Anstalten machte mich zu erheben, um unseren Weg fortzusetzen, da packte mich Naruto urplötzlich am Handgelenk und zwang mich dazu sitzen zu bleiben.

"Was ist?", murrte ich nur und wagte es nicht, ihm ins Gesicht zu sehen. Ich spürte seine warme Hand auf meiner Haut und allein dafür, dass ich darüber nachdachte, hätte ich mich am liebsten im See ertränkt.

Aber dennoch ließ dieses Gefühl nicht los. Dieses Gefühl, das mich darauf hinwies, dass ich hier mit ihm allein war. Weit weg von allem, was mich so sehr beschäftigte. Geschützt und abgeschirmt durch zahlreiche, riesige Bäume.

"Du hast doch was", stellte er fest. Und seine Stimme klang dabei bedrückt, als ob er der einzige Grund dafür sei. Und irgendwie war er es auch. Aber andererseits hatte ich auch zuvor schon diese Probleme gehabt. Mit meinem Vater und mit Itachi.

Ich wollte sagen, dass nichts sei, dann einfach aufstehen und schnellen Schrittes weggehen. Aber irgendetwas hinderte mich daran. Aus irgendeinem Grund, den ich mir nicht wirklich erklären konnte, wollte ich mit ihm reden. Nicht nur mit irgendjemandem, sondern speziell mit Naruto. Er war der Einzige, dem ich jemals von meinen Problemen erzählt hatte und dem ich wirklich vertraute. Noch viel mehr als Itachi. Obwohl das Unsinn war.

Er ließ mein Handgelenk los und ich holte einmal tief Luft. Bereit, endlich über die Klippe zu springen.

"Mein Vater...Er...Er sieht mich überhaupt nicht. Ich wollte immer, dass er mich anerkennt. Dass er mich als seinen Sohn anerkennt. Ich habe alles dafür getan. Ich wollte doch nur, dass er einmal, nur ein einziges Mal sagt, dass er stolz auf mich ist. Ich wollte, dass er sagt, dass er mich liebt. Aber ich...Das alles, habe ich nie erreicht und ich werde es auch nie erreichen", redete ich mir leise meine Probleme von der Seele. In diesem Moment erzählte ich ihm einfach das, was mich bedrückte. Das, warum es mir so schlecht ging. Ich schüttete regelrecht mein Herz vor ihm aus. Aber ich kam mir nicht lächerlich dabei vor. Es tat gut. Es tat gut zu wissen, dass er da war und mir zuhörte. Ihn einfach in meiner Nähe zu wissen.

Plötzlich spürte ich diese warme Hand, die noch bis eben mein Handgelenk umfasst hatte, ganz sanft und zögerlich auf meiner Wange ruhen. Vorsichtig drehte er mein Gesicht zu sich und ich sah in diese strahlend blauen Augen. Dieses vertraute Gesicht, das meinen Körper mit Wärme durchflutete. Dieses Gesicht, das mir mit einem bloßen Lächeln das Gefühl gab nicht überflüssig, sondern gebraucht und gewollt zu sein.

Naruto ließ seine Augen kurz zu Boden sinken. Es vergingen einige Sekunden, doch dann hob er den Blick wieder und sah mich entschlossen an.

"Ich weiß nicht, ob dir das genügt, Sasuke, aber...Ich sehe dich. Und mir gefällt, was ich sehe. Ich sehe eine Person vor mir, die Etliches tut, worauf man stolz sein kann und vor allem sehe ich die Person, die ich von ganzem Herzen liebe. Ich kann nichts tun, um die Liebe deines Vaters zu ersetzen, aber vielleicht, wenn du es zulässt, kann ich dir eine Art Stütze sein. Ich würde alles dafür tun, um dich glücklich zu sehen. Wirklich alles. Lass mich nur ein Teil von deinem Leben sein. Das wünsche ich mir. Mehr brauche ich nicht."

Als er diese Worte aussprach, empfand ich sie zum ersten Mal nicht als kitschig oder oberflächlich, wie die unzähligen Male zuvor, in denen mir so etwas beteuert wurde. Seine Worte berührten mich. Weil ich wusste, dass er es ernst meinte. Dass er es ernst mit mir meinte. Das hatte ich schlicht im Gefühl. Es gab keinen Beweis und keine Garantie dafür, aber es war das, wonach ich mich sehnte, wonach ich mich vermutlich seit Ewigkeiten verzehrte, weshalb ich daran glaubte - Nähe und Liebe. Das, was er mir geben konnte.

Seine Worte berührten mich sogar derart, dass sich stumme Tränen in meinen Augenwinkeln bildeten, als er sich mir langsam annäherte.

In dem Moment, als er meine Lippen berührte, blendete ich all meine Bedenken aus. Dachte nicht mehr über richtig und falsch nach. Nur noch darüber, dass er mich liebte. Dass er mich brauchte und begehrte.

Ich wollte wissen, wie es sich anfühlt geliebt zu werden.

Und zwar von eben jenem Menschen, den ich auch liebte.

Deshalb legte ich eine Hand in seinen Nacken und zog ihn näher zu mir, während ich seinen Kuss zu erwidern begann.

Ich brauchte Liebe. Endlich einmal Zärtlichkeit.

Behutsam drückte er mich zurück ins Gras und meine Arme legten sich beinah wie von selbst um seinen Rücken. Zugleich strichen seine Finger sanft meinen Hals entlang, hinunter zu meiner Brust und glitten zaghaft unter mein Oberteil, kitzelten dort meine nackte Haut und bereiteten mir eine angenehme Gänsehaut. Seufzend schloss ich die Augen.

Ich roch seinen Duft.

Und seine Berührungen trockneten meine Tränen. Ich versuchte zu genießen, wonach ich mich seit über einer Woche sehnte. Und während seine Zunge meine umspielte, fuhr er mit der freien Hand durch mein Haar, doch löste er wenige Sekunden später plötzlich und schon fast abrupt den Kuss.

Meine Lider flatterten überrascht.

Tropfen fielen langsam auf mein Gesicht.

Ich schlug die Augen vollständig auf und sah, dass er weinte. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.

Direkt und impulsiv hob ich meine linke Hand und legte sie an seine Wange, strich vorsichtig mit dem Daumen über seine nasse Haut.

Mit beiden Händen umschloss er nun meine, schmiegte seine Wange fest in meine Handfläche, während seine Tränen meine Finger hinunterliefen.

"Ich liebe dich, Sasuke. Ich liebe dich so sehr...", schluchzte seine leise Stimme und ließ meinen Blick bei ihrem Klang allmählich trüb werden.

Ich wollte es erwidern. Aber ich konnte nicht. Ich brachte diese Worte noch nicht über die Lippen.

Stattdessen zog ich ihn nur zu mir herunter und nahm seinen zitternden Körper fest in den Arm. Mit den Fingerspitzen fuhr ich tröstend durch sein Haar. Ich wollte ihn beruhigen.

Weil ich ihn nicht weinen sehen wollte. Denn ich wusste nicht recht, ob es nun Freudentränen waren oder ob er enttäuscht war, dass ich seine Liebe nicht vollständig erwidern konnte.

Noch nie zuvor hatte ich jemanden getröstet. Nur Naruto. Bei ihm konnte ich es.

Ich küsste sein Ohr, nahm dann seine Hand und drückte sie fest gegen meine Brust, in der mein Herz wie wild vor Aufregung pulsierte.

Seine blauen Augen sahen mich an. Und ich erwiderte sein Lächeln.

Es war das Richtige.

Alles fühlte sich richtig an.

Ich empfand es als unsinnig mich noch länger selbst zu verleugnen. Abzustreiten, was ich brauchte und wonach ich mich sehnte.

Deshalb wollte ich diese Nacht bei ihm verbringen.

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[1] Persönliche Anmerkung: ich könnt mich wegschmeißen, wenn ich mir Kakashi mit diesem scheiß hässlichen Fähnchen vorstelle!!! xDDD

[2] Persönliche nonsense Anmerkung: musstet ihr auch iwie an JBO denken? Wenn bislang nicht, dann jetzt :p

[3]Wer sich unter solcher Musik nichts vorstellen kann: http://www.youtube.com/watch?v=Iennb_N1drA&feature=related (hat mir mein Kumpel empfohlen, der breakdanced :D)

[4]Mr. Boombastic by SHAGGY!

[5]Sorry, dass er so OOC ist, aber ich MUSSTE das einfach machen...er macht sich in dieser Rolle von allen noch am besten, wenn ich an's Original und die Einlagen mit Lee denke! Ratespiel: Wen soll er im richtigen Leben verkörpern? xD

[6] Eine von diesen typischen übertriebenen Anime-Szenen...im richtigen Leben müsste Naru wohl jetzt ins Krankenhaus nach diesem Schlag, aber ich fand's an dieser Stelle einfach lustig xD vllt unpassend, aber lustig!

Risiken der Nacht (FSK: 16+)

So, hallo Leute!

Wie ihr seht, habe ich mit diesem Kapitel doch etwas länger auf mich warten lassen. Und das liegt einfach daran, dass es mir unheimlich schwer fiel den ersten Teil zu Papier zu bringen, weil mir - ehrlich gesagt - dieses ganze Beschreiben, das nur auf eines hinauslief, nach kurzer Zeit ganz gewaltig auf den Piss ging und deshalb kam ich auch nicht weiter.

Nun ja, ich hatte sogar überlegt, diesen erotischen Teil einfach kurz zu halten, weil das ist in ausschweifender Form wohl doch nicht so meins, aber ich hatte es euch ja nun schon mehr oder weniger zugesagt.

GOMEN, dass es kein adult ist, aber (es tut mir leid!!!) das hätte ich nicht auch noch etragen -.- Ich bin froh, dass ich das hier überstanden habe xD

Also seid ruhig kritisch...Da gibt es sicherlich so einiges zu bemängeln

Dafür werden später noch ein paar versaute Dinge kommen, keine Sorge, aber nicht als einziger Kapi-Inhalt xD Das is mir zu langweilig :-(

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Der Moment war endlich gekommen. Der Moment auf den ich eine halbe Ewigkeit hatte warten müssen, war endlich gekommen.

Leise klackend fiel die Tür hinter mir ins Schloss. Sehnsüchtig musterte ich nun schon eine ganze Weile Sasukes Gesicht, das mich über die Schulter hinweg betrachtete.

Noch einmal schloss ich die Augen, nahm dabei mein Stirnband ab und atmete tief durch. Dieses Mal war es kein Traum. Wir hatten uns geküsst und er hatte mich nicht von sich gestoßen. Das war die Realität. Es war wirklich geschehen.

Er wollte das hier genauso sehr wie ich.

Als ich mit diesem Gedanken innewohnend meine Lider wieder aufschlug, blickte ich direkt in zwei schwarze Iriden. Meine erste wahre Liebe stand nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt und bedachte mich mit einem leichten Lächeln, während seine Fingerkuppen vorsichtig wie bei unserer ersten Berührung über mein Gesicht glitten.

Ich ließ meine Finger ebenfalls seine Wangen hinaufwandern, umfasste dann den Stoff seines Stirnbands, zog es vorsichtig von seinem Kopf herab und ließ es einfach zu Boden fallen.

Dabei war es ganz still in meiner Wohnung. Und zum ersten Mal konnte ich diese Stille genießen - und zwar in Zweisamkeit.

Bedächtig nahm ich nun sein Gesicht in meine Hände, lächelte ihn zuversichtlich an und berührte für den Moment seine Lippen mit meinen.

Ich wollte keinen Fehler machen. Es sollte alles perfekt sein.

Ich wollte ihn glücklich machen.

Ich wollte ihn glücklich sehen.

Dafür würde ich alles tun.

Und ich wollte endlich selbst glücklich sein.

Noch einen Augenblick sahen wir uns an, dann umfasste er meine Hand und zog mich mit sich. Sofort, nur aufgrund dieser Berührung und dem Wissen, was im Laufe dieses Abends voraussichtlich geschehen würde, durchflutete mich eine prickelnde Wärme und ließ mein Herz höher schlagen, als wir gemeinsam das Schlafzimmer betraten.

Neben ihm ließ ich mich seitlich auf das Bett sinken, spürte soeben die letzten Sonnenstrahlen meine Haut entlangkitzeln und hatte nur noch Augen für den Menschen, den ich mehr liebte, als ich es mir jemals hätte erträumen können. Dieser Drang in mir ihn zu berühren und zu küssen, ja bloß seinen Namen zu flüstern, war unendlich stark. So stark, dass ich kaum mehr die Beherrschung wahren konnte. Mein Körper drohte sich zu verselbstständigen. Und dieses Gefühl, zu wissen, dass er wenigstens ähnlich für mich empfand, war wunderschön und erstickend zugleich. Weil ich es mir nicht vorstellen konnte. Auch jetzt erschien mir seine Nähe noch so unrealistisch.

Eigentlich hatte ich damit gerechnet, ja mich zeitweise sogar damit abgefunden, ewig um ihn kämpfen zu müssen.

Doch jetzt, als Sasuke sich an mich schmiegte und mich küsste, schien plötzlich alles so einfach. Alles, was vorher so unsagbar weit entfernt schien, war nun zum Greifen nahe.

"Ich liebe dich", hauchte ich in den Kuss hinein und durchfuhr sein schwarzes Haar. Er antwortete darauf mit einem innigeren Kuss und nahm mir schlicht den Atem, als seine Hände meinen Körper entlang fuhren.

"Sasuke", flüsterte ich mahnend und er hielt stutzig an meiner Hüfte inne, sah mir dabei fragend in die Augen.

Eine leichte Röte stieg mir ins Gesicht, als ich die noch unausgesprochene Frage in meinem Kopf formulierte. "Würdest du...Ich meine, würdest du mit mir tanzen?"

"Aber wir tanzen doch beinah jeden Tag miteinander", erwiderte er darauf mit einem schelmischen Grinsen. Meine Wangen färbten sich noch dunkler.

"Ich weiß, aber...Ich würde gerne...Anders mit dir tanzen", murmelte ich und ließ ein wenig verlegen den Blick sinken.

Sein leiser Atem war nun das Einzige, was ich für mehrere Sekunden hörte. Einatmen und ausatmen. Einatmen und ausatmen. Immer wieder - regelmäßig. Es erregte mich. Völlig absurd.

"Meinetwegen. Zeig' mir einfach, was du meinst", entgegnete er mit einem Seufzen und in meinen Ohren klang es beinah schon genervt. Als habe ich damit etwas Lebenswichtiges unterbrochen.

Den Gedanken verdrängend, raffte ich mich auf und ließ wieder ein Lächeln meine Lippen umspielen. So lange hatte ich auf diesen Moment warten müssen. Jetzt würde ich nicht alles auf bloßen Sex - nach dem ich mich zugegeben ziemlich sehnte - reduzieren.

Vielleicht würde er dann verstehen, wie wichtig er mir war.

Also ging ich zu meinem Nachtschrank und zog die Schublade auf - immer von dem einen lüsternen Gedanken begleitet, dass Sasuke auf meinem Bett lag und bereit war mit mir allerlei unanständige Dinge zu tun.

Einmal atmete ich tief durch, nur um meine eigenen Gefühle unter Kontrolle zu bringen und besah dann die Utensilien, die mich augenblicklich wieder an den Rand des Wahnsinns trieben: Kerzen, Streichhölzer, Kondome und Gleitcreme.

Das alles hatte ich schon vor Wochen besorgt und war froh, dass es doch nicht hier drin verstauben müsste. Und doch erfasste mich, während meine Augen hinüber schweiften und ich daran dachte, dass das alles in den nächsten Minuten zum Einsatz kommen würde, eine ungeahnte Nervosität.

Schnell, um nicht weiter daran zu denken, nahm ich einfach die Teelichter und Streichhölzer heraus und schob geschwind die Schublade wieder zu.

Ich tappste nun wie von der Tarantel gestochen durch den Raum, verteilte die Kerzen wild auf dem Boden, entzündete eine nach der anderen, ließ die Jalousie herunter und legte klassische Musik in meine billige - aber taugliche - Musikanlage ein. Insgesamt agierte ich nicht sonderlich elegant.

Dann sah ich wieder zu Sasuke, der sich inzwischen in aller gelangweilter Seelenruhe die Schuhe abgestreift hatte und nun lächelnd auf dem Bett lag.

Er schien weder nervös zu sein, noch Angst davor zu haben, dass er einen Fehler machen könnte. Er war die Ruhe in Person, als ob es das Normalste der Welt sei mit mir zu schlafen. Als hätten wir nie etwas anderes getan. Und das beunruhigte mich nur noch mehr, weil ich eben nicht so empfand.

"Wie kitschig", murmelte er, als ich wieder vor ihm stand und bedachte mich mit einem Schmunzeln. "Damit du es sobald nicht vergisst", erwiderte ich ebenfalls leicht grinsend und zog ihn zu mir hoch. Mit einer derartigen Reaktion seinerseits hatte ich schon vorab gerechnet.

Besitzergreifend schlang ich direkt die Arme um seinen Oberkörper und presste ihn fest an mich, um jegliches Unbehagen aus meinem Bewusstsein zu verdrängen. Nie wieder würde ich ihn gehen lassen. Nie wieder würde ich ihn loslassen. Und niemals würde ich ihn fallen lassen.

Wieder ruhten seine Hände an meiner Hüfte. Zugleich wanderten seine Lippen Schritt für Schritt meinen Hals entlang und er begann sich dabei langsam im Takt der Musik zu bewegen.

Ich genoss diesen romantischen Moment, spürte aber gleichzeitig auch die Hitze in mir aufkochen, als er unsere Hüften dicht aneinander presste.

Irgendwie wusste ich nicht mehr recht, wo mir der Kopf stand. Geschweige denn, was ich empfinden sollte. Einerseits war ich nervös, andererseits sehnte sich mein ganzer Körper danach mit ihm jegliche nur erdenkliche Schweinereien zu machen. Und einerseits war ich diesbezüglich ein wenig schüchtern, weil ich derartige Intimitäten noch nie zuvor ausgetauscht hatte, aber andererseits wollte ich auch derjenige sein, der Sasuke in seinen Armen hielt und mit gezielten Berührungen um den Verstand brachte.

Es war zum verrückt werden.

Denn ohne, dass er mich auch nur ein einziges Mal intim berühren musste, war ich erregt. Die bloße Vorstellung ihn auszuziehen, seinen nackten Körper zu küssen und es letzendlich mit ihm zu tun, genügte, um mich um den Verstand zu bringen.

Und selbstverständlich bemerkte Sasuke meine deutliche Reaktion auf sein Tun.

Er wanderte deshalb geradewegs mit mir in Richtung Bett, drückte mich schließlich nieder und setzte sich dominant auf mich. Kurz bevor er seine Lippen hart auf meine presste, sah ich noch dieses verheißungsvolle Funkeln in seinen Augen, dann schmeckte ich ihn nur noch und spürte dabei seine Zunge, die meine leidenschaftlich umspielte.

Nur Sekunden später löste er den Kuss wieder, streifte sich selber kurzerhand das Shirt ab und warf es zur Seite. "Ich hab's noch nie mit einem Mann gemacht", grinste er mir entgegen, packte mich bei den Schultern und drückte mich erneut in die Bettdecke hinein, versiegelte meinen Mund mit seinen Lippen und griff ohne Umwege fest mit der Hand in meinen Schritt.

Im Hintergrund spielte die ruhige Musik.

Aber das hier war alles andere als ruhig. Ich hätte es niemals für möglich gehalten, aber es ging mir bedeutend zu schnell. Ich war überfordert mit der ganzen Situation. Es lief alles in die falsche Richtung. Wir steuerten geradewegs auf bloßen Sex zu und Sasuke übernahm die Führung, während ich plötzlich wie gelähmt war.

Durch Kakashis Buch hatte ich zwar einiges gelernt, aber eben nur auf theoretischer Basis. In der Praxis schien ich gerade auf ganzer Linie zu versagen.

Ich kniff die Augen fest zusammen und biss mir auf die Zähne, als seine Hand mein steifes Glied umfasste und geradewegs dabei war mich in Ekstase zu versetzen.

"Naruto? Alles okay?", fragte Sasuke plötzlich nach und ich stellte erleichtert fest, dass er seine Bewegungen wenigstens für den Moment stoppte.

"Ich...ähm...Ich...Weiß nicht", stammelte ich nur wie der letzte Vollidiot daher und schlug mir innerlich vor den Kopf. Ich machte mich zum Deppen. Er musste mich für einen totalen Versager halten.

Neben der Musik ertönte nun auch das ätzende Telefon, das aus der Küche nach mir schrie. Ich ignorierte diesen Klang und konzentrierte mich wieder ausschließlich auf Sasuke, der gerade seine Hand aus meiner Hose wandern ließ und verspielt über meinen Bauch strich.

"Sag' bloß, Mr. Boombastic hatte noch nie Sex", murmelte er und ohne es zu sehen, wusste ich, dass er ziemlich breit grinste - dass er mich belächelte.

Und dann geschah das, was ich befürchtet hatte: Sasuke ging mit einem Satz von mir runter. Das war's dann wohl. Mit dem Verstummen des Telefons waren auch unsere Intimitäten verpufft. Erst jetzt wurde mir wirklich bewusst, was ich doch für ein Idiot gewesen war. Er war schon lange keine Jungfrau mehr. Wie hatte ich dann denken können, dass er Lust hatte, mit einem Stümper wie mir eine erotische Nacht zu verbringen?

Dass er die Führung übernommen hätte, das wäre für mich noch zu ertragen gewesen. Aber jetzt würde ich rein gar nichts bekommen. Mit Ausnahme von einem hemmungslosen Lachen vielleicht.

Resigniert und bereit vor Scham in meiner Bettdecke zu versinken, biss ich mir auf die Unterlippe. Ich wollte ihm gar nicht erst ins Gesicht sehen. Zu groß war die Furcht davor, in seinem Ausdruck entweder pure Enttäuschung oder aber Schadenfreude zu erkennen.

Doch plötzlich sah ich wieder einen Hoffnungsschimmer am Ende des Horizonts, dass noch nicht alles gänzlich verloren war, als seine Hand meine linke Wange berührte.

Noch immer ein bisschen ängstlich, ob dem, was mich erwartete, schlug ich die Augen wieder auf und sah in die Richtung aus der das Gefühl kam.

Und ich sah geradewegs in Sasukes schönes Gesicht. Er hatte sich nicht weit von mir entfernt auf den Rücken gelegt.

"Du Usuratonkachi...", begann er und schmunzelte leicht. "Wenn das hier wirklich dein erstes Mal ist, dann solltest du den einfacheren Part übernehmen. Alles andere wäre...nahezu unverantwortlich."

Im ersten Moment glaubte ich, mich vollkommen verhört zu haben. Doch je länger ich sein sanft lächelndes Gesicht betrachtete, desto bewusster wurde mir, dass ich ihn richtig verstanden hatte und er es zudem auch noch ernst meinte.

Sogleich - bevor er es sich anders überlegte - ergriff ich die Initiative und erhob mich vom Bett, nur um vor ihm zu stehen und ihn aus dieser einladenden Pose zu betrachten, wie er mit geöffneten Beinen vor mir lag, damit ich mich dazwischen legen konnte.

Mein Herz pulsierte wie wild in meiner Brust, als ich mich schließlich auf ihn gleiten ließ, dabei seinen Duft einatmete und mit den Fingern die Konturen seiner Bauchmuskulatur nachzeichnete.

Sasuke lag gleichmäßig atmend da und schien jede einzelne meiner Berührungen vollends zu genießen. Und indem er mich von nun an das Tempo bestimmen ließ, gab er mir auch den Großteil meines verloren geglaubten Selbstvertrauens zurück.

Sanfter als zuvor, legte er nun die Hände an meine Seite, streichelte dort kurz entlang und zog mir schließlich mein Shirt über den Kopf hinweg vom Körper. Seine rechte Hand streifte darauffolgend meine nackte Brust und verharrte dann an dem Talisman, den er mir vor einiger Zeit geschenkt hatte.

"Du trägst die Kette also noch", stellte er mit einem Lächeln fest und ich erwiderte es. "Vielleicht hätte ich andernfalls jetzt nicht das Glück hier mit dir zu liegen."

Er schien zu verstehen, worauf ich hinaus wollte und das erste Mal seit wir das Schlafzimmer betreten hatten, konnte ich einen deutlichen Rotschimmer auf seinen Wangen ausmachen.

Mit Verlangen führte ich nun unsere Münder wieder zueinander, drückte mit beiden Händen bestimmend seine Beine weiter auseinander und strich die Innenseite seiner Schenkel entlang. Dabei schlang Sasuke seine Arme haltsuchend um meinen Hals und stöhnte ungehalten in den Kuss hinein - ein Geräusch, das ich niemals vergessen würde und mir in jenem Moment einen wohligen Schauer den Rücken hinunterlaufen ließ.

In meinen Augen war Sasuke unbeschreiblich sexy und vor allem süß - mit seinem ganzen Verhalten, das er zu Tage brachte. Aber dass er letzteres nicht hören wollte, war mir wohl bewusst und deshalb schluckte ich diese Worte einfach wieder herunter.

Anstatt ihm weitere Beteuerungen ins Ohr zu flüstern, ließ ich Taten sprechen und presste meinen Unterleib fest gegen seinen, um ihn erneut meine Erregung spüren zu lassen. Mit einem Lächeln nahm ich zur Kenntnis, dass unsere allmählich intimer werdenden Berührungen auch ihn nicht kalt ließen.

Und in diesem Moment erinnerte ich mich wieder daran, was in dem Buch gestanden hatte: ein Hinweis darauf, dass es nur gut sei, sich bei einer gleichgeschlechtlichen Beziehung zunächst um das sexuelle Wohlbefinden des passiven Parts zu bemühen.

Was so viel heißen soll, wie: Ich sollte ihm, mit welchen Mitteln auch immer, zu einer deutlichen Erektion verhelfen, damit sein Lustempfinden gesteigert wurde.

Wie gut, dass ich absolut ahnungslos war, ob Sasuke nun leicht oder schwierig zu erregen war. Bis jetzt hatte ich ja nur leichte Vorarbeit geleistet.

Doch zunächst einmal entledigte ich ihn seiner lästigen Trainingshose, sodass sich nun ein fast nackter Sasuke vor meinen Augen befand und meine Lust nur noch härter zwischen meinen Lenden pulsieren ließ.

Erneut beugte ich mich zu ihm herab und küsste seinen Hals entlang. "Du hast so einen schönen Körper. Warum versteckst du ihn immer hinter diesen weiten Klamotten?", hauchte ich ihm entgegen und leckte abschließend über seine warme Haut hinweg.

"Uhm...Weiß auch...nicht...", stammelte er nur daher und erinnerte mich umgehend an meine eigene Antwort vor wenigen Minuten. Und seine Reaktion beruhigte mich. Er war doch nicht weniger nervös, als ich es war. Zu Beginn hatte er es anscheinend lediglich besser verstecken können.

Meine Finger tippten auf der nackten Haut seiner Oberschenkel herum, griffen einmal fest hinein und wanderten schließlich mit beiden Händen zu seiner Mitte.

"Ich liebe deine Beine", murmelte ich, als ich seine Erregung durch den Stoff seiner Unterhose hindurch zu kneten begann und ihm damit ein lautes Aufstöhnen entlockte, das in meinen Ohren viel schöner klang, als die Musik, die ununterbrochen im Hintergrund spielte.

Indem ich ihm die Wahrheit sagte, was mir bei seinem Anblick durch den Kopf ging, konnte ich mir letztendlich selbst Mut zusprechen und wurde allmählich sicherer in dem, was ich tat und tun wollte.

Sasuke machte Anstalten auf mein Bekenntnis etwas zu erwidern, doch noch ehe er die Worte aussprechen konnte, verschloss ich stürmisch seinen Mund mit meinem und ließ ihn dabei meinen heißen Atem spüren. Seine Hände griffen zunächst in mein Haar, während wir innerhalb dieses leidenschaftlichen Kusses Speichel miteinander austauschten und wanderten dann langsam meinen hitzigen Körper herab, wobei er versuchte mich meiner Hose zu entledigen.

Grinsend löste ich mich für einen Moment von ihm, nur um das zu Ende zu bringen, was er begonnen hatte. Doch je mehr Kleidung wir verloren, desto größer wurde auch mein Verlangen nach ihm.

Das Verlangen über seinen Hals zu lecken, ihn auf den Bauch zu drehen, schließlich betont langsam in ihn einzudringen und dabei seinen erregten Lauten zu lauschen.

Deshalb beugte ich mich nun über ihn herüber und öffnete vom Bett aus die Schublade meines Nachtschranks, um Kondom und Gleitcreme hinaus zu nehmen.

Während ich dies tat, war Sasuke damit beschäftigt meine empfindliche Gegend zu massieren und meine Lust nur noch weiter ins Unermessliche zu steigern.

Die Utensilien legte ich zunächst neben uns ab und bedeutete ihm mit einer Handbewegung, dass er sich auf den Bauch drehen sollte.

Der Blick, dieser erotische und leicht benomme Ausdruck in seinen Augen, machte es mir nicht leichter die Beherrschung wenigstens vorerst noch zu bewahren und nicht ungeniert und sofort über ihn herzufallen.

Nun kniete er auch schon vor mir, während er sich mit den Ellenbogen auf dem Bett abstützte und den Kopf geneigt hielt, sodass ihm seine Haare völlig zerzaust ins Gesicht fielen.

Wie gebannt glitt meine Hand seinen Rücken entlang, fuhr über die Erhebungen seiner Wirbel, die bei seinem gebeugten Rücken leicht hervortraten, dann geradewegs weiter hinunter zu seinem Hintern und streichelte jenen zunächst sanft, dann zunehmend verlangender. Meine Liebkosungen führten dazu, dass ich Sasukes schweren Atem nun ganz deutlich in meinen Ohren widerhallen hörte.

Ich konzentrierte mich auf dieses wundervolle Geräusch, während meine Hand wie von selbst in seine Boxershorts glitt und dort über seine glatte, feste Haut strich.

Mit beiden Händen zog ich nun seine Unterhose hinunter, streichelte seinen wohl proportionierten Hintern und fuhr schließlich vorsichtig mit einem Finger über seinen Schließmuskel, was Sasuke unmittelbar ein lautes Keuchen entlockte.

Das war auf jeden Fall ein Beweis dafür, dass ihm gefiel, was ich tat.

Also entschloss ich mich, ihn nicht mehr ewig zappeln zu lassen und nahm die Flasche mit Gleitcreme zur Hand, ließ ein wenig von der Flüssigkeit auf meinen Finger laufen und verteilte sie großzügig auf seinem Anus. Sasuke zuckte daraufhin kurz in sich zusammen, entspannte sich aber bloß Sekunden später wieder vollends.

Zuerst nahm ich noch ein wenig mehr Creme auf meinen Finger, dann umschloss ich Sasukes Bauch mit der feien Hand und rückte seitlich näher an ihn heran, um ihm ein Gefühl von Sicherheit zu geben. Dass ich bei ihm war und dass er mich nur einmal wehleidig ansehen müsste - ich hätte sofort gestoppt.

Um zu testen, wie seine Reaktion ausfiele, drang mein Finger schließlich in ihn ein und begann ihn mit vorsichtigen Bewegungen auf das Bevorstehende vorzubereiten.

Und es fühlte sich wahrlich gut an, ihn auf diese Weise zu berühren. Sasuke war heiß - und das nicht nur im übertragenen Sinne.

Als ich meine Augen schloss, um diese ersten sexuellen Annäherungen gebührend zu genießen, schwabbten plötzlich etliche Erinnerungen an meinem geistigen Auge vorbei. Ich sah uns wieder auf dieser Party, wo mir letztendlich meine Gefühle bewusst geworden waren. Ich sah ihn wieder auf mir sitzen und neben mir liegen.

So viel hatten wir vor allem in diesen wenigen Wochen miteinander durchgestanden. Wir hatten zusammen gelacht, geweint, uns gegenseitig angeschrien und beleidigt. Und letzten Endes waren wir uns dadurch nur immer näher gekommen.

Sasuke baute Vertrauen zu mir auf.

"Genug...", riss mich seine brüchige Stimme einige Minuten später, in denen ich bereits drei Finger in ihm versenkt hatte, aus meinen Gedanken heraus und ich sah überrascht in sein gerötetes Gesicht.

Ich glaubte zu verstehen, was er mir sagen wollte, weshalb ich zunächst meine Hand zurückzog und ihn einen bedeutenden Moment lang musterte.

Er baute Vertrauen zu mir auf.

Wir wurden zu einem Liebespaar.

Nichts stand uns mehr im Weg! Nur meine Euphorie stand mir deutlich ins Gesicht geschrieben und so kam es, dass ich Sasuke sanft anwies sich auf den Rücken zu legen und glitt schließlich auf ihn.

"Ich will dein Gesicht dabei sehen", lächelte ich kurz und küsste ihn auf die heiße Stirn.

Ein letztes Mal huschten meine Lippen über seine nackte Haut, die zu diesem durchtrainierten Körper gehörte, ehe ich nach dem Kondom griff, das ich zuvor auf dem Bettlaken neben uns platziert hatte.

Filmreif riss ich die Verpackung mit den Zähnen auf und streifte mir genauso zügig und mit einer gekonnten Bewegung - als hätte ich nie etwas anderes getan - das Kondom über.

Noch einmal sah ich ihn an und noch ehe ich zum letzten entscheidenden Schritt ansetzen wollte, ließ mich Sasukes Stimme inne halten.

"Naruto...Ich...", begann er zögerlich und kaute sich nervös auf der Unterlippe herum. Doch dann betrachtete er mich direkt aus seinen schwarzen, leuchtenden Iriden und schenkte mir den schönsten Blick, den ich mir vorstellen konnte.

Meine Leidenschaft brannte bei diesem Anblick tief in mir und drohte allmählich mich innerlich zu zerfressen, während mein Atem nur noch stoßweise ging und ich gedankenversunken die Creme auf meinem Glied verteilte.

"Ich liebe dich", flüsterte er schließlich und mit diesen Worten drang ich in ihn ein. Die nächsten zwanzig Minuten sollten die bisher schönsten und erotischsten meines Lebens sein.[1]
 

"Du bist ganz schön schwer", murrte meine ächzende Stimme, als ich Sasuke hochhob, um ihn ins Bad zu tragen. Doch er verschränkte nur die Arme vor der Brust und ließ sich wie die Prinzessin auf der Erbse chauffieren.

"Tse, hab' nicht drum gebeten. Du hast mich einfach hochgenommen, Idiot."

Und da war er wieder weg: der süße, schüchterne Sasuke und zurück kehrte das Biest in das ich mich so sehr verliebt hatte. Bei 'Die Schöne und das Biest' hätte er definitiv beide Rollen übernehmen können.

"Du bist solch ein liebliches Wesen", erwiderte ich nur mit einem theatralischen Seufzer und stieß mit der Schulter die Tür zum Badezimmer auf. Es knallte und schepperte und entgegen strömte mir ein angenehmer Luftzug des offen stehenden Fensters - inzwischen war es draußen dunkel geworden und die Nacht kündigte sich an, während ich wieder das Telefon im Hintergrund klingeln hörte. Aber wer auch immer nach mir forderte, es war mir absolut scheiß egal. Diese Nacht gehörte einzig und allein Sasuke und mir. Auf irgendwelche Glückwünsche oder blöden Sprüche von unseren Klassenkameraden konnte ich getrost verzichten. Das würde ich mir sowieso am Montag in der Schule in aller Länge und Ausführlichkeit anhören dürfen.

Mit einem finsteren Blick musterte er, während ich meinen Gedanken und diesem nervtötenden Geräusch des Klingeltons nachhing, meine grinsende Visage und rümpfte die Nase.

"Deinen Sarkasmus kannst du dir echt in den Ar-"

Sasuke brach abrupt ab, als er sich selbst darüber bewusst wurde, was er eigentlich sagte und ich musste augenblicklich anfangen zu lachen. In diesem Moment wäre er mir doch beinahe aus den Händen gerutscht.

"Lass' mich einfach runter, du Usuratonkachi!", grummelte er wild um sich fuchtelnd und vermutlich handelte es sich dabei nur um eine Trotzreaktion, aufgrund seiner vorigen Aussage, die ihm die Schamesröte ins Gesicht trieb.

Vorsichtig setzte ich ihn - noch immer lachend - auf den kalten Fliesen ab und zog seine Hüfte nah an mich heran.

Mein Gesicht legte ich auf seine Schulter, leckte ganz zaghaft mit der Zungenspitze über seinen Hals und griff mit den Händen fest in seinen Hintern.

"Wollen wir unter der Dusche weitermachen? Während das kalte Wasser unsere Körper hinabprasselt, könnte ich dich küssen, säubern und dich gleichzeitig sanft von hinten nehmen. Allein bei der Vorstellung könnte ich kommen. Macht dich das nicht auch unheimlich an?", raunte ich ihm zu und ließ meinen heißen Atem seine Haut entlangkitzeln.

Meine Leidenschaft für ihn entflammte erneut. Für mich war die Vorstellung es überall mit ihm zu tun unglaublich erregend. Ob nun unter der Dusche, auf dem Boden, dem Küchentisch oder sogar in der Öffentlichkeit - ich wollte ihn einfach überall.

Aber diesbezüglich schienen wir nicht einer Meinung zu sein, denn Sasuke erwiderte auf meine lüsterne, absolut erotische Frage, bloß ein schlichtes und nüchternes: "Nicht wirklich."

Dann drückte er mich unbeherzt von sich, bedachte mich noch kurz mit einem schiefen Grinsen und stieg dann in die Dusche, um das Wasser aufzudrehen.

"Was soll das heißen: nicht wirklich?", stammelte ich nur verdattert daher, kletterte dabei zu Sasuke in den Duschraum und sah in sein Gesicht, das nun gänzlich von seinen nassen Haaren verdeckt wurde.

"Nicht wirklich heißt nicht wirklich", entgegnete er trocken und nahm das Stück Seife von der Ablage. Er roch daran, verzog kurz das Gesicht und begann schließlich meine Brust damit einzuseifen.

"Verarsch mich nicht! Heißt das so viel wie: Du warst schlecht?"

Mein Selbstbewusstsein stieg mit dieser Feststellung geradewegs die Kellertreppe hinunter. Das durfte nicht wahr sein.

Dabei hatte ich das Gefühl gehabt, dass es ihm gefiel mit mir zu schlafen. Das war wohl nichts weiter, als reine Illusion gewesen.

Jedoch schien Sasuke die blanke Panik anhand meines Gesichtsaudrucks auszumachen und drückte mich deshalb mit einer bestimmten Bewegung gegen die glitschigen Kachelfliesen hinter mir.

Er warf mir noch einen letzten verführerischen Blick zu, ehe er sich zu mir neigte und mir ein betont Erotisches: "Ganz im Gegenteil: Du warst sogar ziemlich gut" zugestand.

Ein Schauer krachte bei diesen Worten lawinenartig meinen Rücken hinab und eine brennende Röte stieg mir zugleich ins Gesicht. Ich presste die Lippen aufeinander und begann trotz des kühlen Wassers, das meinen Körper hinablief, augenblicklich stark zu schwitzen.

"S-S-Sasuke", presste ich nur hervor und starrte wie gebannt zwischen seinen schwarzen Iriden und leicht geöffneten Lippen hin und her.

"Am liebsten...hätte ich es die ganze Nacht mit dir getrieben", keuchte er mir lustvoll ins Ohr und strich mit dem Stück Seife meinen Körper hinab zu meinen Schenkeln.

Aufgrund seiner ungewohnt und - für Sasukes Verhältnisse - unheimlich vulgären Aussprache, färbten sich meine Wangen nur noch dunkler.

"Echt?", stammelte ich ihm nur völlig überfordert entgegen und presste meinen Rücken fester gegen die Wand, um nicht wieder bei seinem Anblick dem Wahnsinn zu verfallen. Doch dafür bedarf es ein wenig mehr Abstand.

"Nö", griente er nun mit einem Augenzwinkern, wandt mir gleich darauf den Rücken zu und begann sich spöttisch pfeifend die Haare mit Shampoo einzuschäumen.

"Sasuke!!!", schrie ich nur bloßgestellt und meine Hände gingen schon in die entsprechende Position, um ihn am Hals zu würgen.

"Stinkt bei dir eigentlich alles nach Vanille?", wechselte er schließlich das Thema und bedachte mich über die Schulter hinweg mit einem weiteren Grinsen.

Nach einigen darauffolgenden Auseinandersetzungen lagen wir schließlich, kaum mehr als zehn Minuten später, beide selig in mehrere Decken eingekuschelt, inmitten meines großen Bettes und ich war einfach nur glücklich.

Ich war glücklich, dass er mich liebte.

Ich war glücklich, dass wir miteinander geschlafen hatten.

Und ich war glücklich, dass Sasuke diesen Schritt wenigstens wagte, sich - ganz ohne blöde Kommentare - nah an mich zu kuscheln und mit dem Kopf an meine Brust gelehnt, schließlich einzuschlafen.

Noch eine ganze Weile streichelte ich durch sein feuchtes Haar, fuhr mit den Fingern seine weiche Haut entlang oder lauschte einfach nur dem wohligen Geräusch seiner Atemzüge, das mich stetig daran erinnerte, dass er bei mir war, bis ich schlussendlich seinem Beispiel folgte und erschöpft ins Land der Träume driftete.
 

Murrend blinzelte ich mit den Lidern und schlug meine Augen schließlich ganz auf. Im Hintergrund ertönte kontinuierlich ein lärmendes Geräusch.

Mühselig versuchte ich meine Gedanken zu ordnen und identifizierte das Geräusch schließlich als eine schellende Türklingel. Ein kurzer Blick auf den elektronischen und daher beleuchteten Wecker verriet mir, dass es zwei Uhr morgens war.

Zwei Uhr morgens und ich war nicht allein. Ich spürte ruhige Atemzüge an meiner Brust und vernahm neben dem Schellen noch ein anderes Geräusch: eine schnarchende Stimme, die eindeutig Naruto gehörte. Vorsichtig wandt ich mich zur Seite und betätigte den Lichtschalter der Nachttischlampe.

Die Türklingel hörte nicht auf zu läuten. Doch Naruto schlief einfach unbeirrt weiter. Aber bei dem Geräuschpegel, den er schon selbst vorgab, war das eigentlich auch kein Wunder.

Verschlafen rieb ich mir über die Augen und sah nun noch einmal zu dem Blonden. Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen, als ich sein schlafendes, ruhiges Gesicht betrachtete.

Er hielt mich fest im Arm. Und auch, wenn ich es vielleicht niemals zugeben würde, fühlte ich mich in seiner Umarmung geborgen.

Er gab mir Halt. Naruto war für mich wundervoll und wunderschön zugleich. Bei dem bloßen Gedanken daran legte sich ein rötlicher Schimmer auf meine Wangen. Das könnte ich ihm vermutlich auch niemals ins Gesicht sagen. Das war mir einfach zu peinlich.

Vorsichtig küsste ich seine Wange und hoffte, das Geräusch, das seit einigen Sekunden nicht mehr ertönte, wäre nun vorüber. Doch kaum hatte ich diesen Gedankengang vollendet, ging das Ganze auch schon wieder von vorne los.

Ich hoffte nur, dass es so wichtig war, wie es den Eindruck machte. Aber vielleicht benötigte jemand dringend Hilfe. Irgendetwas in der Richtung musste es sein, andernfalls würde man wohl kaum mit einer solchen Verbissenheit an einer einzigen Tür klingeln. Und das nun schon vermutlich seit einer ganzen Zeit.

Also rappelte ich mich auf und spürte augenblicklich wie schwach meine Gliedmaßen von den ganzen Anstrengungen waren. Mein Blick wanderte wieder zu Naruto.

Und für einen Moment überlegte ich, ob ich ihn nicht wecken sollte. Schließlich war es seine Wohnung und ich im Prinzip nur sein Gast, dem es nicht unbedingt zustand einfach irgendwem die Türen zu öffnen.

Aber den würde wohl momentan nicht einmal ein ganzes Orchester wecken können, weshalb ich abwinkte und aus dem Bett kletterte.

Ich spürte bei jedem Schritt meine wackligen Knie und vor allem das Pulsieren meines Unterleibes, als ich mich erhob. Es schmerzte nicht wirklich. Viel mehr schien ich von innen heraus zu brennen. So empfand ich es zumindest.

Und dabei hatte ich noch verlangt mehr Gleitcreme zu benutzen. Aber er hatte ja gemeint, das sei genug. Für diese Fehleinschätzung kassierte der schlafende, nichts ahnende Naruto einen mordlustigen Blick meinerseits. Abermals winkte ich ab.

Vielleicht war es auch ganz normal, dass ich es spürte. Und wenn ich ehrlich war, dann wollte ich auch spüren, dass wir miteinander geschlafen hatten. Es war wie ein kurzfristiges Andenken, das ich mitnahm.

Ein Grinsen umspielte meine Lippen, als ich durch den Flur tappste und aus dem Badezimmer Narutos Bademantel holte und diesen überzog, während ich der Geräuschquelle nun immer näher kam.

Gähnend schloss ich die Tür auf und öffnete sie schließlich, um zu sehen, wer denn nun so dringend Hilfe benötigte, dass er um zwei Uhr morgens ununterbrochen an anderleuts Türen klingeln musste.

Doch als ich den Blick hob, hatte ich plötzlich das Gefühl zu erfrieren, während mein Herz die Hitze durch meinen Körper schießen ließ und tief herabsackte.

Mit einem Mal kam ich mir so fehl am Platze vor und mein Kopf war schlagartig leer. Und ich wünschte, ich hätte diese Tür niemals geöffnet. Nicht heute. Nicht morgen. Niemals.

Reflexartig zog ich den Bademantel weiter zu, versuchte zu verbergen, was nicht zu verbergen war, weil ich es unaufhaltsam in mir spürte. Ich spürte Naruto noch immer in mir, während ich in die kalten, schwarzen Iriden meines erbosten Vaters starrte, der einfach nur unregsam in der Tür stand und mich von oben herab musterte.

Plötzlich fühlte ich Naruto wieder auf mir liegen, hatte das Gefühl er würde mich küssen und liebkosen. Es pochte in meinem ansonsten leeren Hirn umher, wie eine Sünde, die einem wieder ins Gedächtnis gerufen wurde, sobald man vor dem Gericht stand.

Und hier war mein Gericht.
 

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[1] Ein Satz, den ich wortwörtlich so vor meinem Compi gesagt habe, als ich diesen Part geschrieben habe: "Ich bin froh, wenn die gleich fertig sind mit ficken, ey" !!!!!!
 

So, dann drückt mir mal die Daumen bei meinem unwichtigen Abitur und hinterlasst, wenn ihr lustig seid, ein paar lustige oder auch weniger lustige Kommentare!
 

lg

eure sissyphos, die langsam mal anfangen sollte wenigstens ein bisschen zu pauken..........xD

See ya~ (muha, Sasu-Bezug!!!)

Familienehre

Hallo Leute xD

Ich glaube, dieses ganze Gelaber von wegen, ich hätte so viel zu tun und ich wäre jetzt erstmal Wochen nicht mehr in der Lage weiterzutippen, das spare ich mir in Zukunft mal. Weil wie man sieht: Es ist seit dem letzten Kapi gerade einmal eine knappe Woche vergangen.

Nun ja, ich entspreche einfach haargenau den fünf Punkten, die ich auf der Startseite aufgezählt habe xD
 

So, hier habt ihr dann nun das absolute "Drama Baby"-Kapitel, passend zu Bruce, den Guy tatsächlich verkörpert, wie ihr alle so schön erkannt habt :P
 

Insgesamt bin ich mit dem Ergebnis des Kapitels recht zufrieden und gebe euch mal das Lied, das ich dabei gehört habe: http://www.youtube.com/watch?v=8LbkxP_UCBQ&feature=related

"A sad piano song" - aussagekräftiger Titel, nicht? xD

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In dem Moment, als ich die Tür geöffnet und meinem Vater ins Gesicht gesehen hatte, war ich mir sicher, dass er es wusste. Alles. Als habe er jede Berührung und jeden Kuss hautnah miterlebt - jedes Stöhnen und Keuchen gehört. Aber er sagte nichts. Kein Wort verließ seine Kehle. Weder verletzende, noch vernichtende oder gar erleichternde Worte. Er stand einfach nur da und starrte mich an. Er starrte mich an mit diesem kalten, wissenden und abwertenden, ja angeekelten Blick. So, wie er es in diesem Ausmaß noch nie zuvor getan hatte.

Diese Stille und die Gestalt meines Vaters vor meinen Augen, schlichtweg die ganze Situation und Atmosphäre zerfraßen mich. Meine Haut begann zu schwitzen, während ich inmitten dieser Stille knarrende Dielen ausmachte. Ich wagte es nicht mich umzudrehen. Stattdessen klammerte ich mich nur haltsuchend an dem Türrahmen fest, beobachtete die Pupillen meines Vaters, wie sie langsam von meinem Körper wichen und hinter mich blickten, geradewegs in Richtung Schlafzimmer. Schwer atmend und mit allmählich wackligen Knien machte ich mich darauf gefasst, in den nächsten Sekunden das Bewusstsein zu verlieren.

"Sasuke, kommst du wieder ins- ", murmelte eine verschlafene Stimme, die natürlich Naruto gehörte und ich wusste ohne einen einzigen Blick zu riskieren, dass er nicht mehr als seine Unterhose trug - wenn überhaupt. Dann abrupte Stille. Eine bedrückende Stille. Der schlimmste und unangenehmste Moment meines bisherigen Lebens. Es fühlte sich schrecklich an so durchschaut und gleichzeitig derart machtlos zu sein. Mein Mund war postwendend wie ausgetrocknet. Dazu ein ekliger Geschmack im Mund. Meine einzige Hoffung beschränkte sich darauf, endlich umzufallen und nichts mehr mitzubekommen. Doch ich wurde nicht erlöst. Ich stand nur weiter reglos da und wartete auf irgendeine Reaktion meines Vaters. Dass er mich anschreien oder mir eine knallen würde. Aber nichts davon geschah. Es herrschte nur weiterhin diese erdrückende Stille.

Plötzlich vernahm ich wieder Schritte, die sich aus dem Flur entfernten und Naruto, der etwas holprig rief: "Sakura, meine Zuckerpuppe! Du hast mich gleich wieder."

Es war ein kläglicher Versuch, aber er meinte es sicherlich nur gut. Doch überzeugen konnte dies meinen Vater keinesfalls mehr. Der Zug war buchstäblich abgefahren.

Und ich verharrte nur weiterhin wie angewurzelt an Ort und Stelle und hielt seit einigen Sekunden den Blick gesenkt, während ich kein einziges erklärendes Wort über die Lippen brachte. Ich war wie verstummt. Es wollte mir keine Ausrede einfallen, wie es zu dieser Situation hatte kommen können. Mein ganzes Verhalten entlarvte mich nur noch mehr. Darüber war ich mir im Klaren, aber es änderte nichts: ich blieb stumm.

Dann plötzlich wieder das Geräusch von Schritten, die sich zügig und stampfend entfernten. Ich sah auf und blickte nicht mehr in das düstere Gesicht meines Vaters, sondern auf die kahle Wand des angrenzenden Hauses. Für einen Moment betrachtete ich die Schwärze der Nacht, wandt mich schließlich dem hellen Flur wieder zu, schloss rein motorisch die Tür hinter mir und spürte wie meine Knie langsam unter mir nachgaben. Ich fiel mit ihnen voran zu Boden, fing mich in letzter Sekunde mit den Händen ab, kauerte mich instinktiv leicht zusammen und schlug schluchzend mit geballter Faust auf den Holzfußboden ein. Immer und immer wieder. Die aufkommenden Schmerzen in meiner Hand nahm ich dabei nur noch unterbewusst wahr.

"Sasuke", flüsterte mit einem Mal Narutos mitleidige Stimme neben mir, den ich gar nicht bemerkt hatte. Er wollte mich in seinem Wahn zu sich ziehen, doch ich schlug ihn grob von mir. Er sollte mich in Ruhe lassen. Ich wollte ihn nicht sehen.

Mein Körper bebte vor lauter Schwäche, Angst, Verwirrung und letztendlich auch vor Erschöpfung, während ich das Gefühl hatte auseinanderzubrechen. Es zog und zerrte in mir, wobei sich meine Eingeweide zu verkrampfen schienen und ich glaubte, an meiner plötzlichen Tränenflut zu ersticken. Ich bekam keine Luft mehr. Dass ich dabei hysterisch schrie, fiel mir erst in dem Moment auf, als diese schmerzhaft schrillen Töne in meinen Ohren widerhallten.

Erneut wollte Naruto mich zu sich ziehen und obwohl ich es zu verhindern versuchte, konnte ich mich nicht dagegen wehren. Vielleicht weil ich zu aufgelöst war, aber vielleicht auch deshalb, weil ich ihn jetzt brauchte. Mehr denn je und das war das Schlimmste an der ganzen Situation.

Tief vergrub ich die Finger in seiner Haut und presste meinen Kopf an seine Brust. Ich musste ihn damit schier erdrücken, doch er ließ mich nicht los. Er war da und hielt mich fest.

Einige Minuten verharrten wir so, bis ich mich schließlich einigermaßen beruhigte und wieder zu regelmäßigen Atemzügen fähig war. Naruto wollte sich daraufhin von mir lösen, doch ich konnte es in jenem Moment nicht zulassen. Ich wollte ihm sagen, dass er mich nicht loslassen soll, aber ich konnte nicht. Nie konnte ich ihm sagen, was ich brauchte und wollte. Es war wie ein Fluch.

"Warum...Warum ist das nur so? Warum kann ich nicht so sein, wie er es will? Warum...verdammt, warum sieht er immer nur meine schlechten Seiten? Ich will doch nur, dass er mich wenigstens ein bisschen gern hat. Ist das denn zu viel verlangt?", brabbelte ich wie in Trance vor mich hin und achtete dabei nicht weiter auf meine bebende Unterlippe. Mein ganzer Körper zitterte, während mir verschiedenste Gedanken durch den Kopf schossen, die meine Fragen allesamt rhetorisch werden ließen.

"Aber wie könnte er denn auch? Wie könnte er schon jemanden lieben, der sich in die Arme seines besten Freundes flüchtet? Vielleicht hab ich's ja gar nicht anders verdient. Vielleicht wäre ich besser niemals auf die Welt gekommen und-"

"Halt endlich die Klappe, Sasuke", fiel mir Naruto ins Wort und drückte mich zeitgleich fester an sich. Nur leicht nahm ich wahr, dass er ebenfalls zitterte und seine Stimme nicht so drohend klang, wie es seine Wortwahl erwarten ließ. Es klang viel mehr nach einem verzweifelten Flehen.

"Und hör' auf so zu reden. Verdammte Scheiße, warum gibst du nur so viel Wert auf das Wort deines beschissenen Vaters? Ich versteh' dich nicht, Sasuke. Erklär's mir. Ich versteh's einfach nicht. Hörst du? Ich versteh's nicht."

Aufgrund seiner wehmütigen Tonlage und seinem stärker und inniger werdenden Griff wollte ich ihm sagen, dass ich sein verfluchtes Mitleid nicht brauchte. Ich wollte ihn von mir stoßen, ihn anschreien und gleichzeitig sehnte ich mich aber auch danach ihn zu küssen, jetzt in diesem Moment, um einfach zu vergessen. Einfach die Augen zu schließen und die ersehnte, erlösende Liebe zu spüren. Und dieser Zwiespalt in mir brachte mich um den Verstand. Und es machte mich unendlich wütend.

"Wie könntest du's auch verstehen. Du hattest ja nie eine Familie. Was weißt du schon davon", spie ich die Worte jähzornig hinaus, ohne auch nur einen Sekundenbruchteil über ihr Wirken nachzudenken. Beleidigen und verletzen - das war schon immer der beste Selbstschutz für mich gewesen. Tausendmal bei Itachi angewandt. Bloß nicht in den Spiegel sehen. Andere verantwortlich machen. Andere verletzen. Allein sein.

Meine Lider begannen zu flattern und ich versuchte die Tränen aus meinen Augenwinkeln zu blinzeln, während mich wieder diese streckliche Leere umgab. Diese Leere des Schweigens.

"Du hast recht. Ich habe keine Mutter, die mich jeden Tag mit einem liebevollen Lächeln begrüßt, so wie es deine tut. Und ich habe auch keinen großen Bruder, der mich mit seinem Leben verteidigen würde. Also kann ich nicht sagen, wie es sich anfühlt eine Familie zu besitzen. Aber eins weiß ich trotzdem: dass ich mich niemals von einem Menschen, der sich zudem auch noch meinen Vater schimpft, so schikanieren und herumschubsen lassen würde, wie du es erduldest. Das würde ich nicht tun. Weißt du, Sasuke, wenn ich ehrlich sein soll, würde ich lieber in Freiheit sterben, als in Ketten zu leben. Ganz anders, als du."

Als meine Arme nach diesen Worten schlapp herabsackten, wurde mein Blick allmählich trüb. Darauf fiel mir nichts mehr ein. Weil er recht hatte. Er hatte so recht.

Aber ich hatte Angst. Nackte Angst vor dem Unbekannten. Angst vor der ungewissen Zukunft. Angst vor ihm. Angst vor mir selbst. Angst vor meinem Vater. Und Angst vor der Reaktion von außen.
 

Seit mehr als zehn Minuten lagen wir nun schon gemeinsam in meinem Bett. Doch die Romantik war verstrichen. Die Kerzen erloschen und die Musik verstummt. Nichts als Stille erfüllte diesen plötzlich so einsamen Raum, obwohl es ganz anders sein sollte.

Sasuke lag mit dem Rücken zu mir gewandt und ich wusste, dass es ihm schlecht ging. Und ich war mir fast sicher, dass er an mir und vor allem an einem 'uns' zweifelte. Schließlich war er von Anfang an nicht überzeugt gewesen, hatte sich mit Händen und Füßen gesträubt und letztendlich schlug man ihm für das, was er für mich empfand auch mitten ins Gesicht.

Irgendwie musste ich ihn davon überzeugen, dass unsere Beziehung nicht falsch war. Dass sie den richtigen Weg für uns beide bot.

Deshalb hob ich vorsichtig eine Hand und berührte zaghaft mit den Fingerspitzen seinen Nacken. Es war nicht mehr als ein Hauch von Annäherung, doch allein das war schon zu viel.

"Fass mich...bitte nicht an. Ich kann nicht", sagte er und regte sich keinen Millimeter. Seine Reaktion, auch wenn ich ihn verstehen konnte, war für mich auch nichts anderes, als ein kräftiger, erbarmungsloser Schlag ins Gesicht. Und da ich wusste, dass seine ganzen Zweifel nur von dieser einen Person herrührten, wurde ich wütend. Nicht wirklich auf Sasuke, sondern viel mehr auf seinen Vater, den ich für all das hier verantwortlich machte. Und dafür hasste und verachtete ich ihn aus tiefstem Herzen.

"Herrje, Sasuke! Warum lässt du dich nur so sehr von ihm beeinflussen?", zischte ich ihm entgegen und es war ein eindeutiger Vorwurf meinerseits. Das wiederum konnte ich nämlich nicht nachvollziehen. Ob Vater hin oder her. Niemals würde ich mich von einer einzigen Person so steuern lassen. Niemals. Nie.

"Warum hast du dich in mich verliebt, Naruto? Ich versteh's nicht", konterte Sasuke einige Zeit später mit einer Gegenfrage und ich holte erst einmal tief Luft, versuchte meine Gedanken zu ordnen und anders als sonst, nicht direkt zu antworten. Weil die richtige Wortwahl entscheidend war.

"Na ja, weil...ganz einfach, weil du damals der erste richtige Freund für mich warst. Eigentlich bist du sogar bis heute alles, was ich habe. Und als wir klein waren, da hab' ich dich öfters allein an diesem See im Park sitzen sehen. Na ja und ich dachte, dass du vielleicht genauso einsam bist wie ich. Nur deshalb hab' ich mich getraut dich anzusprechen. Außerdem teilen wir die gleichen Hobbies. Und na ja, irgendwann hab' ich ganz einfach angefangen dich als attraktiv zu betrachten, ohne es wirklich zu merken. Bis zu dem Tag, an dem Sakura mich wieder einmal abblitzen ließ und du auf dieser Bühne getanzt hast. Da hab' ich mich dann wirklich in dich verliebt", redete ich mir schließlich das Herz aus der Seele. Ich wollte und konnte mich einfach nicht kurz halten. Ich wollte immer weiter reden. Ich wollte nicht, dass es wieder still zwischen uns würde.

"Du redest viel", kam es leise von Sasuke und ich hörte kurz darauf ein genauso leises Seufzen. Leicht verärgert, leicht verwundert, aufgrund seiner desinteressierten Antwort, zog ich schließlich die Augenbrauen zusammen und durfte auch weiterhin nur Sasukes Haar betrachten, das leicht im Schein der vagen Zimmerbeleuchtung glänzte. Denn auch weiterhin bevorzugte er es, mir nicht ins Gesicht zu sehen. Und das verletzte mich.

"Du hast gefragt, ich hab' geantwortet. Wenn ich Taten sprechen lasse, scheinst du mir ja nicht zu glauben. Du lässt sie ja schon jetzt nicht mehr zu. Du sagst, dass du mich nicht verstehst. Aber ich versteh' dich genauso wenig. Warum wehrst du dich mit Händen und Füßen dagegen glücklich zu sein, Sasuke?", begann ich nun leicht gereizt zu kontern. Wiedermal, ohne vorher wirklich nachzudenken. Aber es war das, was mich beschäftigte. Er sollte endlich damit aufhören immer nur Wert darauf zu legen, was andere - im Speziellen sein Vater - von ihm dachten und sich an seinen eigenen Gefühlen und Bedürfnissen orientieren.

"Ich wäre es gerne. Aber wie könnten zwei Männer schon miteinander glücklich sein? Das geht nicht, Naruto. Und ich denke, das weißt du selbst."

Das Schlimmste in jenem Moment und was mir den Atem raubte, war, dass er nicht einmal daran dachte, es wenigstens zu versuchen. Er war derart festgefahren in seiner Meinung, dass es mich augenblicklich die Zähne zusammenpressen ließ. Unsere Beziehung schien ihn nicht zu interessieren. Das war schon kein zweifeln mehr. Es war pure Ablehnung.

"Ich weiß, dass es schwierig ist, aber bestimmt nicht unmöglich. Und ich bin bereit dafür zu kämpfen. Aber wie sieht es mit dir aus, Sasuke? Du scheinst es nicht zu sein. Aber warum...warum hast du dann mit mir geschlafen? Warum hast du mir gesagt, dass du mich liebst, wenn du es doch nicht so meinst? Alles nur leere Worte, Sasuke? Alles beschissene Lügen? Sag' mir einfach, wenn es für dich nichts weiter, als eine Möglichkeit war, um zu vergessen. Aber tu's jetzt. Sag' mir die Wahrheit ins Gesicht, wenn du mich nicht liebst. Wenigstens auf die Wahrheit, auf die beschissene Wahrheit werde ich wohl noch ein Recht haben. Du bist sie mir verdammt nochmal schuldig."

Sein ganzes Verhalten verletzte mich mehr, als ich es mir selbst eingestehen wollte. Es tat mir weh, dass er unsere Liebe als ein Ding der Unmöglichkeit betrachtete. Es tat mir weh, dass er auf Distanz blieb. Und es schmerzte vor allem, dass alles, was wir mit Schweiß erbauten, in dem Moment wieder wie ein Kartenhaus in sich zusammenfiel, sobald sein Vater auch nur leicht dagegen hauchte.

Meine Augen wanderten nachdenklich und betreten die Bettdecke und das Laken entlang, bis mich eine leichte Erschütterung augenblicklich wieder aufsehen ließ. Meine Iriden blickten in ein schwarzes, müdes und ebenso verletztes Augenpaar, wie ich mir vorkam. Er sah nicht gut aus. Sein ganzes Gesicht zeugte von tiefer Verzweiflung. Seine von den vielen vergossenen Tränen noch immer geröteten Augen, die zerzausten Haare, die leicht zusammengezogenen Augenbrauen und der spaltbreit geöffnete, starre Mund, der nun dazu ansetzte mir die entscheidende Antwort zu geben, spiegelten seinen inneren Konflikt und den damit verbundenen Schmerz erschreckend deutlich wider. "Es waren...keine leeren Worte."

Er flüsterte es nur, hauchte es mir zaghaft entgegen und schloss gleich darauf die Augen, begann wieder auf seiner Unterlippe herumzukauen und ich wusste, dass er mir nur das sagte, was ich hören wollte. Damit ich nicht weiter nachfragte. Ihn nicht konfrontierte. Aber den Gefallen würde ich ihm nicht tun. Es konnte sich nicht immer alles nur um sein eigenes Wohlergehen drehen. Ich hatte mit der Situation genauso sehr zu kämpfen. Nicht nur er allein. Dieser verfluchte Egoist.

"Sondern?", hakte ich deshalb nach und wartete ungeduldig ab.

Seine Lider hoben sich schließlich wieder ein wenig und er blickte völlig aufgelöst auf das Laken. "Verlang keine Erklärungen von mir, die ich nicht geben kann", sagte er und zog die Bettdecke ein Stück höher, bedeckte nun seinen Körper bis zum Hals und es kam mir vor, als wolle er sich verstecken. Wovor um Himmels willen hatte er Angst?

"Versuch' es wenigstens", bat ich und wollte ein 'mir zuliebe' anfügen, doch ich ließ es bleiben. Das würde es auch nicht besser machen.

Die Zeit verstrich und mit jeder weiteren Sekunde, in der Sasuke kein Wort sagte, schwand meine Hoffnung auf eine Antwort ein Stückchen mehr. Es fiel mir nicht leicht, geduldig zu warten, weshalb ich begann an dem Bund meiner Boxershorts zu spielen, um mich ein wenig von dieser erdrückenden Situation abzulenken, in der ich mich soeben befand.

"Ich hab' mit dir geschlafen, um zu vergessen. Aber dass ich dich liebe, entspricht der Wahrheit", murmelte er und sah mich erwartungsvoll mit gehaltenem Blickkontakt an. Dieses Mal war es kein Herauswürgen. Seine leise und sanfte Betonung ließ mich hoffen, dass er es wirklich ernst meinte.

Aus diesem Grund schlich sich ein leichtes Lächeln auf meine Mundwinkel und ich legte bedächtig eine Hand an seine Wange, streichelte ihn und er schloss langsam die Augen, ließ meine Berührung somit wieder zu und konnte sie vielleicht auch ein klein wenig genießen.

"Dann werden wir auch eine Lösung finden, Sasuke. Gemeinsam", sprach ich ihm Mut zu und drückte ihm einen Kuss auf die hitzige Stirn.

"Ich hoffe es, Naruto. Ich hoffe es wirklich", nuschelte er und rückte näher an mich heran, um sich mit einem leichten Seufzer an mich zu kuscheln.

Ich würde meinen heiligen Optimismus nicht verlieren. Nicht solange Sauerstoff in meine Lungen gelangte und nicht solange mein Herz weiterhin Blut durch meinen Körper pumpte. Und auch nicht, obwohl mir in diesem Moment plötzlich ein einzelner einsichtiger Gedanke bezüglich Sasukes abweisendem Verhalten kam: Wie konnte ich von jemandem, dessen Träume noch nie erfüllt worden waren, erwarten, widerspruchslos neue Hoffung zu schöpfen? War diese Forderung denn nicht ein rein egoistisches Ding der Unmöglichkeit? Aber es war schließlich nur zu seinem Besten.

Hoffte ich.
 

Es war noch recht früh am Abend, als ich nach dieser langen Nacht und einem schweigsamen Tag nach Hause kam. Zu meiner Beunruhigung hatten mich meine Eltern nicht wie gewöhnlich angerufen. Dieses Mal auch meine Mutter nicht.

Eigentlich wollte ich nicht zurück, aber mir blieb keine Wahl. Denn jede Minute, die ich länger wegblieb, würde mein Zurückkommen nur unerträglicher machen.

Und nun stand ich seit einiger Zeit hier in der Küche, in die Ecke gedrängt wie ein wildes Tier, während meine Mutter, ob des lautstarken Organs meines Vaters, bloß still und verängstigt auf einem Stuhl am Küchentisch saß und haltsuchend ein Glas Wasser umklammert hielt. Ihre Finger schlangen sich dabei verkrampft um das bebende Gefäß und unterstrichen nur noch mehr ihre Unruhe, die ihr ohnehin deutlich ins Gesicht geschrieben stand.

"Meine Kollegen haben deinen Auftritt gesehen. Diesen peinlichen Misch aus traditionellem Modern Dance und diesem neumodischen, stümperhaften Rumgehampel. Du ziehst unsere Tradition damit schamlos in den Dreck. Das ist dir hoffentlich bewusst. Und du machst dich lustig über das, wofür deine Mutter und ich einmal gelebt haben. Das, was wir für euch aufgeben mussten. Darüber machst du dich lustig. Weißt du eigentlich, wie unangenehm mir das vor meinen Freunden war? Ich musste mich regelrecht schämen. Und zwar deinetwegen. Du machst mir nichts als Probleme."

Das war seine altbekannte Predigt. Die Predigt, die mir immer wieder einbläute, worum es ging und worauf es ankam: auf seinen Ruf und nochmal auf seinen Ruf. Alles andere war völlig unbedeutend. Es war egal, was ich wollte, was ich fühlte oder wie es mir dabei erging, solange nur sein Ansehen nicht gefährdet wurde. Alles andere war belanglos. Unwichtig. Nicht weiter von Interesse.

Mein Blick sank langsam zu Boden, als mir zunehmend unwohler in meiner Haut wurde. Dabei presste ich mich dicht an die Küchentheke, deren Kante sich nun schmerzhaft in mein Rückgrat drückte und mich spüren ließ, wie mein Körper daran zu erzittern begann. Weil ich Angst vor dem hatte, was geschehen und vor allem davor, was er sagen würde.

"Verdammt nochmal, sieh mich gefälligst an, wenn ich mit dir spreche! Hast du denn überhaupt kein Benehmen?", schrie er mir lauthals entgegen und als ich nicht direkt reagierte, packte er mich grob am Kinn und drehte mein Gesicht in seine Richtung, um mich mit ängstigenden und wütenden Blicken zu strafen, während seine Finger, die sich tief in mein Fleisch bohrten, mich nur noch mehr seinen nicht enden wollenden Hass und die maßlose Verachtung spüren ließen.

"Und hör' endlich auf, dich wie eine Memme aufzuführen! Du verhältst dich wie ein beschissenes Weib! Gott! Was habe ich da bloß großgezogen? Was habe ich da bloß großgezogen..."

Die letzten Worte richtete er mehr an sich selbst, schien sich dabei sogar allerlei Vorwürfe zu machen und ließ plötzlich mit entsetztem Blick - ich wusste nicht, ob er ihm oder mir galt - mein Kinn wieder los. Mein Herz schlug mir inzwischen schmerzlich bis zum Hals, während ich nur noch unterbewusst wahrnahm, dass meine Mutter zu schlichten versuchte. Ich hörte ihre Stimme kaum mehr. Sie ging, in den ganzen Eindrücken, die ich plötzlich verarbeiten musste, förmlich unter. Alles, was ich sah und worauf ich mich konzentrierte, war letztendlich das von Hass und Verachtung geprägte Gesicht meines Vaters. Auf einmal kam ich mir neben seiner riesigen und mächtigen Gestalt, die sich gottgleich vor mir aufplusterte, so schäbig und unendlich klein vor. Ich fühlte mich einfach schlecht. Und schuldig. Als hätte ich wirklich etwas Unrechtes getan. Ein ungutes, ekelerregendes Gefühl machte sich daraufhin in meiner Magengegend breit. War ich schon soweit, mich mit Leibeskräften vor mir selbst zu ekeln? Sollte ich wirklich schon an diesem Punkt angelangt sein?

"Den nächsten Auftritt wirst du alleine machen. Du wirst unserem Tanz seinen Glanz zurückgeben. Ich werde da sein und du wirst alles gerade biegen", befahl er mit seinem gebieterischen Ton und ich regte mich nicht. Ich nahm es hin. Ich akzeptierte. Es blieb mir nichts anderes übrig.

Eine kurze, aber verheißungsvolle Stille trat ein, ehe mein Vater erneut das Wort erhob und somit das unangenehmste aller Themen anschnitt: "Du und dieser Naruto."

Mein Herz schlug immer schneller, während er wieder pausierte und schließlich das nahezu Erschlagende: "Glaub' nicht, ich wüsste nicht, was ihr da miteinander treibt", hinzufügte. In einem derart nüchternen Tonfall, dass es mir augenblicklich einen eiskalten Schauer den Rücken hinunterjagte.

Vor Schock begannen sich meine Augen zu weiten und allein mit dieser simplen Reaktion hatte ich mich bereits verraten, machte somit alle Erklärungsversuche rein überflüssig, doch zum ersten Mal am heutigen Tag war ich in der Lage, leise und derart zittrig, sodass ich mich sogar vor meiner eigenen Stimme erschreckte, das Wort zu erheben: "Du irrst dich. Es ist nicht-"

Ein zischendes Geräusch erfüllte daraufhin für einen Augenblick den Raum, dann ein Knallen und schließlich verblieb nichts weiter, als der prickelnde Schmerz an meiner Wange.

"Fugaku!", schrie meine Mutter plötzlich auf und wollte offensichtlich aufspringen, denn ich hörte einen Stuhl über die Fliesen scharren. Doch sie tat es nicht, schien auf einmal vor Schock wie gelähmt zu sein und mein Vater achtete ohnehin nicht weiter auf ihre Mahnung. Sein Gesicht glühte bloß vor Zorn und sein Mund verkrampfte sich, als er mich betrachtete. Seine gesamte Aufmerksamkeit galt mir.

"Lüg' mich nicht an, Sasuke!", schallte es durch den Raum und ließ mich aufhorchen, aber gleichzeitig auch vor nackter Angst erstarren. Meine Wange pulsierte weiterhin, doch ich war absolut unfähig auch nur noch einen Finger zu regen. Also stand ich einfach nur da und sah ihn an - ängstlich und verschreckt.

"Ich warne dich, Junge! Glaubst du, ich wäre so bescheuert und könnte eins und eins nicht zusammen zählen? Der Grund, warum du immer bei diesem Kerl bist und warum ich dich nachts halbnackt in seiner Wohnung vorfinde? Ich weiß genau, dass ihr verflucht nochmal miteinander fickt!"

In diesem Moment kam ich mir schlagartig unendlich verloren und alleingelassen vor. Inmitten dieser Küche, die mir plötzlich so unsagbar groß und kalt erschien. Ich hörte meine Mutter flehen und schluchzen und spürte selbst, wie mir die Tränen in die Augen stiegen. Seine Wortwahl war schmerzlich direkt. Und das zeugte nur noch mehr von seiner momentanen Wut. Also blieb ich still und versuchte zu atmen; nicht plötzlich aufgrund von mangelndem Sauerstoff das Bewusstsein zu verlieren.

"Du bist wirklich nicht mein Sohn. Du bist eine gottverdammte Schande für die ganze Familie. Das bist du." Nach diesen vernichtenden Worten machte er einen Schritt von mir zurück, schien mir nun nichts mehr zu sagen zu haben. Er war fertig mit mir. Und zwar endgültig.

Das Einzige, was ich noch wollte, war, aus dieser Küche zu entkommen. Und so nutzte ich die Gelegenheit, die sich mir bot, stürmte einfach nur noch polternd und holprig aus dem Raum, eilte die Treppe hinauf und schmiss mich direkt auf mein knarrendes Bett.

Tränen rannen ungehalten meine Wangen hinab, als ich mein Gesicht in das Kissen presste. Jetzt war alles kaputt. Ich hatte alles zerstört. Alles kaputt gemacht. Einfach alles, was ich eh nie besessen hatte.

Für einen Sekundenbruchteil dachte ich daran, mich einfach vor den nächstbesten Zug zu schmeißen. Dann wäre endlich alles vorbei. Das wäre mein Happy-End.

Doch dann erfasste mich auch schon eine neue Gedankenflut. Plötzlich wollte ich in Narutos Arme zurück. Und im nächsten Moment einfach nur noch weg. Völlig egal wohin. Hauptsache weit, weit weg.

Neben meinen eigenen Schluchzern hörte ich meinen Vater unten weiter toben. Hörte, wie er begann meine Mutter anzuschreien und ihr allerlei Vorwürfe zu machen. Sie hätte mich zu verweichlicht aufgezogen und sei schuld an dem, was ich war.

Verzweifelt hielt ich mir die Ohren zu. Ich wollte das nicht länger mit anhören. Es machte mich psychisch fertig. Ich konnte es nicht länger ertragen und wenn ich nicht den nächsten Nervenzusammenbruch erleiden wollte, durfte ich ab jetzt kein einziges Wort mehr davon hören.

Und plötzlich - nur wenige Minuten später, in denen es mir beinahe gelungen war meinen Puls zu regulieren - bemerkte ich einen Lichtstrahl auf meinem Gesicht. Ohne es zu sehen, wusste ich, dass jemand die Tür geöffnet hatte und ich befürchtete, es sei mein Vater, der gekommen war, um das, was ich empfand, aus mir rauszuprügeln. Das wäre das erste Mal, dass er mich richtig schlagen würde. Und vielleicht war es sogar das Beste. Weil es mir noch nicht einmal mehr leid tat, dass ich Naruto liebte. Zumindest nicht annährend so sehr, wie es sein sollte. Und das war das Schlimmste.

Doch anstatt eine geballte Faust ins Gesicht oder den Rücken zu bekommen, spürte ich bloß, wie sich eine große, aber feine Hand auf meine Wange legte und mich vorsichtig zu streicheln begann.

Aufgrund dieser zärtlichen Berührung entfuhr mir ein weiterer wehleidiger Schluchzer. Und für einen törichten Moment hatte ich doch tatsächlich gehofft, es wäre mein Vater, der hier war, um sich mit mir zu versöhnen. Und ich hasste mich selbst für diesen Gedanken.

Als ich schließlich aufsah, war es nicht das Gesicht meines Vaters, sondern das schmerzverzerrte meines Bruders, das mich mit traurigen Augen musterte.

"Es tut mir so leid, Sasuke."

Ich versuchte die Tränen aus meinen Augen zu blinzeln und wollte fragen: "Warum?", doch ich brachte kein einziges Wort hervor. Aber es war ohnehin überflüssig, denn die nächsten Worte meines Bruders sollten alles erklären. Trotzdem machte es mich wahnsinnig. Denn wieder einmal war ich schlicht und ergreifend wie verstummt, lag einfach nur reglos da und ließ widerstandslos geschehen, was geschehen musste. Währenddessen setzte sich Itachi auf meine Bettkante und streichelte auch weiterhin beruhigend über mein verheultes, brennendes Gesicht.

"Ich habe gestern mehrmals auf deinem Handy angerufen, aber du bist nicht rangegangen. Ich hab' mir Sorgen gemacht und deshalb bei Naruto angerufen, weil Mutter meinte, du seist mit ihm unterwegs. Aber da hat auch keiner abgehoben und daraufhin bin ich vorbeigefahren, um nach dem Rechten zu schauen und als ich dann am Fenster vorbeiging, da hab' ich...na ja, ich...Ich hab' euch gehört."

Abrupt kniff ich die Augen wieder fest zusammen und drehte mein Gesicht beschämt zur Seite. Es war ein einziger Alptraum. Alles was geschah. Das konnte nicht die Realität sein. Es war ein Alptraum. Der Schrecklichste, den ich jemals hatte durchstehen müssen. Und er nahm kein Ende.

"Ich denke, es ist das Beste so", fügte Itachi leise an und hielt mit seiner Berührung inne. 'Das Beste' schoss es mir durch den Kopf und ich biss mir daraufhin auf die Unterlippe. Wie immer durfte ich nicht selbst bestimmen, was das Beste für mich war. Es wurde mir vorgegeben und ich hatte es zu akzeptieren. So wie immer. Es war jedes Mal das Gleiche. Egal in welcher Beziehung.

"Also hast du Vater alles erzählt?", presste ich hervor, während mein Gesicht in das durchnässte Kissen gedrückt lag und der Stoff vor meinem Mund die Qualität meiner wenigen Worte verzerrte.

"Es ist mir einfach rausgerutscht. Ich kam mit der Situation auch nicht klar", rechtfertigte sich mein großer Bruder und angehender Zorn und pure Entrüstung aufgrund meiner Nachfrage schwang dabei in seinem Unterton mit.

"Und zufällig hast du ihm auch seine Adresse gegeben", stellte ich mit einem traurigen Lächeln fest, das Itachi ohnehin nicht sehen konnte. Er hatte es vorsätzlich getan. Das war mir in jenem Moment klar. Und es verletzte mich.

"Sasuke...", seufzte er bloß und fasste sich vermutlich gerade mit der linken Hand an den Nacken, so wie er es oft in vergleichbaren Situationen tat.

"Warum tust du das? Warum lieferst du mich ihm so aus? Ich dachte, du wolltest mich vor denen beschützen, die mir etwas Böses wollen. Das hast du gesagt. Warum tust du es dann nicht, Itachi?", stellte ich die Fragen, die in jenem Augenblick mein gesamtes Bewusstsein füllten und ballte unmerklich eine Faust, die ich tief in meinem Bettlaken vergrub. Plötzlich hatte ich das Bedürfnis irgendetwas - ganz gleich was - zu zerschlagen. Etwas zu verwüsten. Meinen Schmerz mit Zerstörungswahn zu lindern.

"Du hast dein Wort doch auch nicht gehalten. Also brauchst du mir keine Predigten zu halten, Sasuke. Außerdem habe ich dich damit doch nur vor einem noch viel größeren Fehler bewahrt! Herr Gott, ich weiß ja, dass du in deinem Alter gerne mal was Neues ausprobierst, aber so geht das nunmal nicht! Ich hab's lediglich gestoppt bevor es zu einem beschissenen Problem wurde. Zu deinem Problem! Also solltest du mir dankbar sein. Verdammte Scheiße, ich will doch nur das Beste für dich", redete sich Itachi viel mehr selbst in Rage und ich spürte, wie er unaufhörlich auf meinem Bett hin und her rutschte. Das zeugte für mich nur noch mehr von seiner Unruhe und Unsicherheit, die er sonst immer so professionell verstecken konnte. Und dennoch war dies der Moment, indem ich glaubte, zu meinen Gefühlen stehen zu müssen.

Ich musste endlich einmal Mumm zeigen.

"Ich liebe ihn", sagte ich deshalb zum Trotz laut und deutlich, hob dazu sogar mein Gesicht ein wenig an und drehte es zu ihm, um dabei ernst in seine Augen zu sehen. Doch Itachis Blick verfinsterte sich bereits in dem Moment, als ich direkten Augenkontakt aufbaute.

"Was weißt du denn schon von Liebe. Du mit deinen 18 Jahren", murmelte er mit kalter Miene und wollte anscheinend keine Antwort hören, denn er wandt den Blick wütend zur Seite, starrte nun auf das weiße Bettlaken und machte keinerlei Anstalten mich wieder anzusehen.

"Wahrscheinlich weiß ich nicht viel, aber...Er ist der, der mir ein wenig Trost spendet. Und er würde mich auch nicht so hintergehen, wie du es tust. Itachi, ich versteh' das alles nicht. Ich meine, sind...Sind meine Gefühle denn wirklich so abartig, wie Vater sagt? Oder macht ihr sie alle bloß dazu? Ich will mich doch auch nur geliebt und gebraucht fühlen. Darf ich das denn nicht? Darf ich ihn nicht lieben? Nur weil wir beide Männer sind?" Es dauerte einen Moment, in dem Itachi wohl mit sich selbst zu ringen schien, während meine gesagten Worte wie dicke Luft im Raum schwebten, doch dann packte er mich urplötzlich, zog mich zu sich hoch und drückte meinen Kopf fest an seine Brust, wobei er ebenfalls seine Arme um mich schlang.

Seine Hände wussten dabei jedoch nicht recht, wo sie mich festhalten sollten. Zuerst griff er in mein Haar, dann wanderten sie plötzlich ziellos meinen Rücken entlang. Er versuchte mich zu halten. Und wusste selbst nicht, wohin mit seinen Gefühlen.

"Doch, das darfst du...Ach, Sasuke. Verdammt, es tut mir alles so leid. Ich bin ein schlechter Bruder. Ich wusste mir einfach nicht zu helfen. Also wenn jemand einen Fehler gemacht hat, dann war ich das. Es tut mir leid. Es tut mir so leid, kleines Brüderchen."

Er nuschelte diese Worte, die mich um Verzeihung baten nur mit unregelmäßigen Atemzügen hervor. An manchen Stellen hielt er sogar inne, um dann einen neuen Versuch zu starten.

Ich wusste, dass er nicht aus Boshaftigkeit, sondern aus purer Verzweiflung und Sorge um mich so gehandelt hatte. Zumindest versuchte ich das zu glauben. Weil ich ihn brauchte. Weil er mir fehlte. Und weil er da war.

"Du liebst ihn also wirklich?", fragte Itachi, als ich meinen Kopf auf seiner Schulter bettete und zur Antwort nur kurz nickte.

"Würdest du denn auch vor Vater noch beteuern, dass du ihn liebst? Oder vor laufender Kamera? Vor Millionen von Zuschauern? Würdest du auch da noch zu ihm stehen? - Würdest du nicht, also laber nicht so eine Scheiße, du wüsstest, was Liebe ist. Du liebst ihn nicht, du benutzt ihn nur. Und weißt du was, Sasuke? In der Hinsicht tut mir Naruto sogar richtig leid", murmelte er mit ruhiger Miene und strich weiter meinen Rücken entlang. "Warum?", fragte ich intuitiv nach und begriff im ersten Moment nicht recht, was seine ganzen Vorwürfe zu bedeuten hatten.

"Weil ich vor einiger Zeit ein Gespräch mit ihm hatte. Und er klang dabei so verzweifelt. Er scheint in dir tatsächlich sowas wie die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Ich kenn' ihn nur flüchtig, aber er machte auf mich den Eindruck, als würde er alles für dich und deine Liebe tun. Und ich kann mir vorstellen, dass es ziemlich schmerzhaft ist, wenn dieses Verhalten nicht auf Gegenseitigkeit beruht."

"Das tut es aber", konterte ich direkt und als ich zur Seite schielte, erkannte ich, dass sich Itachis Mundwinkel zu einem vagen Lächeln verzerrten.

"Na, wenn du das sagst, Brüderchen. Du weißt, dass ich dich sehr liebe. Und ich würde genauso wie Naruto alles für dich tun, obwohl ich weiß, dass du vermutlich niemals deine Hand für mich ins Feuer legen würdest. Aber das macht nichts. Du weckst mit deinen ganzen Problemen einfach Beschützerinstinkte in mir."

"Du redest zu viel", entgegnete ich bloß und vergrub mein Gesicht wieder an seiner Schulter. Ich wusste nichts anderes auf seine Vorwürfe zu erwidern. Deshalb zog ich es vor zu schweigen, während mein Bruder einmal halbherzig auflachte und direkt wieder verstummte.

"Willst du denn zu ihm, Sasuke?", fragte er nach und meine Arme schlossen sich augenblicklich stärker um seinen Oberkörper.

"Sicher, aber ich denke nicht, dass Vater mich rauslässt", gestand ich und begann erneut nervös auf meiner Unterlippe herumzukauen.

"Mach' dir darüber mal keine Gedanken", murmelte Itachi mit einem Lächeln auf den Lippen, als er sich von mir löste, mir einen beherzten Klatscher auf die Schulter gab und sich schließlich erhob. Mein Bruder wandt mir nach wenigen Schritten den Rücken zu und ging in die Hocke, bedachte mich dabei weiterhin mit einem Lächeln über die Schulter hinweg.

"W-was...?", fragte ich nur nach, weil ich mit diesem Bild, das sich mir bot eine bestimmte Kindheitserinnerung verband, die mir ein wenig die Schamesröte ins Gesicht trieb.

"Wir schleichen uns raus. Aber wenn man zwei Fußpaare hört, dann fällt's doch auf, Sasuke. Also steig auf meinen Rücken, wenn du zu ihm willst."

Widerwillig tat ich wie mir geheißen, umklammerte Itachis Oberkörper und er nahm mich Huckepack, was er das letzte Mal vor über zehn Jahren getan hatte. Damals, als er mich mit der Verletzung zum Arzt transportiert und deshalb seine Vorstellung bei dieser Elite-Schule verpasst hatte, das war das letzte Mal gewesen, an das ich mich erinnern konnte.

"Also so federleicht wie du aussiehst bist du ja nicht gerade, Sasuke", ulkte mein Bruder betont leise und seiner Kehle entfuhr ein gespielt jammervolles Keuchen.

"War ja auch nicht meine Idee", zischte ich ihm ins Ohr und dachte augenblicklich an Naruto, der mich ebenfalls als schwer bezeichnet hatte. So ein Unsinn. Das lag lediglich an meiner ausgeprägten Muskulatur.

"Da hör' ich dich", lachte Itachi jedoch nur leise vor sich hin und schritt mit mir durch den Flur, die Treppe hinunter und blieb schließlich vor der Eingangstür noch einmal stehen.

"Ich dreh' nochmal 'ne Runde. Bis später", rief er laut in Richtung Küche.

"Bis später", kam es nur Sekunden später aus jener von meinem Vater und meiner Mutter zurück, wobei sich letztere hörbar unter Kontrolle halten musste. Ein in Wahrheit wehleidiger, aber gespielt normaler und fröhlicher Unterton schwang dabei in ihrer Stimme mit und ließ meinen Blick betreten zu Boden sinken, als mich Itachi, nachdem er die Tür hinter uns geschlossen hatte, schließlich absetzte und wir gemeinsam zu seinem Auto gingen.

"Meinst du, Mutter geht's gut?", fragte ich mit schuldbewusster Miene nach, als mein Bruder seinen Wagen aufschloss und mir die Tür öffnete.

Ich stieg ein, ließ mich direkt tief in den Ledersitz sinken und schnallte mich an, während Itachi den Spiegel einstellte und kurz darauf den Schlüssel ins Zündschloss steckte.

Der Motor jaulte auf, als er den Schlüssel herumdrehte, darauffolgend den Rückwärtsgang einlegte und uns zunächst aus der engen Einfahrt herausmanövrierte.

"Weiß nicht", antwortete er mir schließlich, als wir uns schon auf der Hauptstraße befanden. "Sie macht immer einen ziemlich besorgten Eindruck. Und so wie ich das sehe, konnte sie sich wieder einmal nicht gegen Vater durchsetzen. Vielleicht plagen sie Schuldgefühle, weil sie dich nicht beschützen kann", erklärte Itachi und ließ ein Achselzucken folgen. Für mich war seine Stimmlage dafür, dass er über unsere Mutter sprach, viel zu nüchtern und teilnahmslos, als dass ich es einfach akzeptieren könnte.

"Warum sprichst du nicht mal mit Vater? Dich schätzt er doch. Auf deine Meinung legt er Wert", schlug ich deshalb betont vernünftig vor und fand, dass es wirklich keine schlechte Idee war. Trotzdem verließen diese Worte nur schwer meinen Mund, da ich somit selbst zugab, dass Vater eben nur auf Itachis Meinung Wert legte, was meine eigene ausschloss.

Doch anstatt eines ernsten, nachdenklichen Gesichtsausdrucks, wie ich es erwartet hätte, legte sich nur ein Schmunzeln auf Itachis Lippen.

"Ich hab' dir doch die Story mit meinem Kumpel erzählt. Unser Vater ist nunmal ein verdammtes, konservatives Mistschwein. Der kriegt doch überhaupt nichts mehr mit und ich bin auch nur solange sein Liebling, wie ich seinen Anforderungen entspreche. Aufmucken, das kann ich mir ein paar Mal erlauben und dann wäre auch bei mir Sense. Schicht im Schacht. Mal ganz abgesehen davon, dass es bei ihm eh nichts mehr bringt. Der Kerl ändert sich nicht mehr. Für nichts und niemanden."

Ich lauschte seinen Worten, während ich, wie bei so ziemlich jeder Autofahrt, die an uns vorbeiziehenden Bäume und Häuser, sowie die vielen strahlenden und farbenfrohen Lichter der Nacht, betrachtete. Seine Argumentation war schlüssig. Sie leuchtete mir ein. Und trotzdem fiel es schwer, das einfach hinzunehmen. Obwohl ich doch bislang auch immer akzeptiert hatte, wie es bei uns Zuhause war. Aber heute schien sich etwas Grundlegendes verändert zu haben. Denn nun war auch meine allerletzte Hoffnung auf eine Versöhnung mit meinem Vater gewichen. Zumindest wünschte und glaubte ich das in jenem Moment. Denn ich war mir fast sicher, dass es wieder Zeitpunkte geben würde, in denen ich zu zweifeln begann und mich nach der Liebe meines Vaters sehnen und alles dafür tun würde, um eben jene zu erlangen.

"Sasuke, wenn irgendetwas ist: Ich bin ab morgen wieder in meiner alten Bude. Also wenn du Hilfe brauchst oder was passiert ist, dann lass es mich wissen. Die Adresse hast du doch noch, oder?", unterbrach Itachi schließlich die Stille, als wir durch die letzten wenigen Straßen fuhren. Keine Ampel unterbrach unsere Fahrt. Kein Fußgänger war zu sehen. Der Himmel war schwarz und die Kreuzungen hell erleuchtet. Der Kontrast: hell und dunkel; schwarz und weiß. Das kam mir dabei in den Sinn und ließ mich leicht schmunzeln.

"Die hab' ich sicher irgendwo notiert", murmelte ich monoton und ging meinen Gedankengängen nach. Gleich würde ich bei Naruto sein. Und ich steuerte auf dieses Wiedersehen mit gemischten Gefühlen zu.

"Gut, sonst schreib' mir halt 'ne SMS oder sowas. Du kannst immer zu mir kommen, egal was passiert. Für ein paar Tage kann ich dich schon unterbringen. Das ist kein Problem. Ich würde das schon irgendwie regeln. Nur bleib' nicht alleine mit deinen Problemen, Sasuke. Das kann ich nicht verantworten. Ich mach' mir langsam Sorgen um dich."

Ich spürte seinen Blick auf mir ruhen, aber ich erwiderte ihn nicht. Obwohl ich glaubte, dass es das Richtige sei, um ihn davon zu überzeugen, dass alles in Ordnung war. Aber ich konnte ihm nicht direkt ins Gesicht lügen. Das ging einfach nicht.

"Das wird sicher nicht nötig sein, aber trotzdem...vielen Dank", murmelte ich und rieb unruhig mit den Händen an meinen Oberschenkeln, die von meiner schwarzen Jogginghose verhüllt wurden, auf und ab.

"Dafür sind Brüder schließlich da. Und deinen nächsten Auftritt, den werde ich mir live ansehen, wenn dir das recht ist", sagte er mit freundlicher Miene, obwohl ihm meine unsichere Danksagung sicher nicht entgangen war. Aber er hackte nicht weiter darauf herum und dafür war ich ihm in jenem Moment wirklich dankbar. Und es freute mich zudem, dass sich Itachi - der doch in allem so viel besser war, als ich - sich tatsächlich für meine Vorführung interessierte. Auch wenn ich ihm nun nicht mehr das zeigen konnte, was ich gerne wollte. Schließlich musste ich ohne Naruto auftreten und ausschließlich langweiligen Modern Dance vortanzen.

"Sicher", erwiderte ich deshalb nur kurz und sah, wie wir vor Narutos Wohnung zum Stehen kamen. Doch bevor ich eilig aussteigen konnte, hielt mich Itachi noch einmal am Arm fest und ich wandt mehr aus Reflex das Gesicht in seine Richtung.

"Wenn er dich unglücklich macht, dann reiß ich ihm sein beschissenes Herz raus", murmelte er ernst, aber mit einem sanften Lächeln auf den Lippen.

Und obwohl es eine Drohung war, wusste ich, dass es Itachi nur gut mit mir meinte. Dass er sich um mich sorgte, sich um mich kümmerte und deshalb schlich sich ebenfalls ein vages Lächeln auf meine Lippen.

"Danke", flüsterte ich noch und drückte ihm zum Abschied einen Kuss auf die Stirn.

"Pass' gut auf dich auf, Brüderchen", rief er mir nach und ich hörte, als ich auf Narutos Eingangstür zusteuerte, wie ein Motor gestartet und rockige Musik ziemlich laut aufgedreht wurde. Dann quietschende Reifen und mein Bruder war weg.

Noch kurz folgte mein Blick dem Fahrzeug, das mit ungeahnter Schnelligkeit immer kleiner wurde, bis es schließlich an einer Kreuzung links abbog und hinter zahlreichen Häusern verschwand.

Seufzend wandt ich mich wieder der Tür zu, drückte einmal auf die Klingel und wartete ab. Ich hörte es läuten und kurz darauf wurde ein Schlüssel herumgedreht und die Tür öffnete sich erst einen Spalt weit, dann vollständig.

"Sasuke", murmelte Naruto verwundert - nur von Boxershorts und einem weißen Shirt bekleidet - aber gleichzeitig auch mit einem Strahlen in den Augen und sichtlicher Erleichterung. Ich drückte ihn nur in die Wohnung hinein, warf die Tür hinter uns zu und gab meinem Verlangen nach, indem ich ihn direkt in einen stürmischen Kuss verwickelte.

Naruto wusste im ersten Moment gar nicht recht, wie ihm geschah, sackte deshalb unter meinen Küssen zusammen und ging zunächst zu Boden, erwiderte dann aber meine Liebkosungen mit ähnlicher Intensität.

Ich legte mich auf ihn, roch dabei diesen grässlichen Vanilleduft, der mir unweigerlich ein Lächeln auf die Lippen zauberte und war einfach nur glücklich in jenem Moment bei ihm sein zu können und nicht alleine und verlassen in meinem riesigen Zimmer zu liegen.

Wir lösten unseren heißen Kuss schließlich und ich bettete meinen Kopf auf seiner Brust, während seine Finger beruhigend durch mein Haar glitten.

"Eigentlich dürfte ich nicht hier sein", murmelte ich und genoss seine Zärtlichkeiten. Naruto war niemals nachtragend. Und auch das war eine Eigenschaft für die ich ihn liebte.

"Dachte ich mir", erwiderte er trübselig und hauchte einen Kuss in mein Haar.

Ein wohliges Seufzen entwich dabei meinem Mund. Mit einem Mal fühlte ich mich so furchtbar wohl. Schon fast behütet, sobald ich in seiner Nähe war. Und ich wollte mit ihm reden. Weil es mir leid tat, dass ich es bislang nie wirklich gekonnt hatte. Aber vielleicht würde es auch jetzt nichts weiter, als ein kläglicher Versuch bleiben, der von vornherein schon zum Scheitern verurteilt war.

"Itachi hat mich hergefahren", murmelte ich leise, um ein Gespräch zu beginnen.

"Echt?", fragte Naruto wie erwartet verwundert nach. Anscheinend waren die beiden durch dieses Gespräch, von dem Itachi erzählt hatte, nicht sonderlich gut aufeinander zu sprechen. Zumindest ließ das sein überaus überraschter, fast schon schockierter Unterton vermuten. Als habe er niemals damit gerechnet, dass Itachi so etwas tun würde.

"Ja, nachdem er mich zuvor bei Vater verpfiffen hatte", fuhr ich fort und biss die Zähne zusammen. Ganz verzeihen konnte ich ihm diese Aktion nicht. Dafür war mir die Situation mit Vater zu peinlich, zu schrecklich und zu ernüchternd gewesen.

Kurz war es ganz still zwischen uns.

"Und? Wie hat er reagiert?", stellte Naruto die Frage, die eigentlich komplett überflüssig war. Und das schien er auch selbst zu wissen. Trotzdem gehörte sie banalerweise dazu.

"Nicht gut...Ich muss den nächsten Auftritt alleine machen."

Mein blonder Freund seufzte laut auf und schlang dann beide Arme um meinen Oberkörper. "Also war's das mit unserm Duo, oder wie?"

Ich seufzte ebenfalls. "Sieht ganz danach aus. Tut mir leid." Und das meinte ich aufrichtig. Wir hatten so viel Fleiß und Arbeit in diesen Wettbewerb investiert. Es war eine Schande, alles hinzuwerfen. Aber manchmal musste man die Dinge nunmal so hinnehmen wie sie kamen und das Beste aus ihnen machen. 'Das Beste' schoss es mir wieder durch den Kopf und ließ mich nachdenklich auf meiner Unterlippe herumkauen.

"Das heißt, du willst dich wieder seinem Willen beugen?", fragte Naruto mit leichter Entrüstung nach und fuhr wieder mit den Fingern durch mein Haar.

"Ich will nicht. Aber was bleibt mir schon anderes übrig? Wenn ich jetzt schon wieder Stress mache, dann schmeißt der mich entweder achtkantig raus oder macht mir zu Hause nur noch mehr die Hölle heiß, als ohnehin schon. Und ich weiß nicht, wie lange ich das noch durchstehen würde. Itachi als Alternative scheidet auch aus. Ich will ihm während seines Studiums nicht noch zusätzlich auf der Tasche sitzen."

Nachdem ich diese Erklärung abgeliefert hatte, spürte ich plötzlich Narutos Hände an meinen Wangen, die mein Gesicht zu ihm anhoben und mich in vertraute, ozeanblaue Augen blicken ließen, die mir bei nahezu jedem Blick, den wir wechselten, neue Kraft zukommen ließen.

"Du könntest doch zu mir ziehen", lächelte er mir zu und küsste vorsichtig meine Wange. Das war eine weitere Alternative, die ich nicht wollte.

"Und wie willst du das finanzieren? Das geht doch nicht. Ich meine, dein Geld reicht kaum für dich alleine und ich würde nichts mitbringen. Geld würde ich von meinem Alten sicher nicht sehen. Jedenfalls nicht ohne Gerichtsverfahren. Und bis das läuft, da hab' ich mein Abi doch längst fertig", sagte ich und ließ meinen Blick über sein leicht gebräuntes Gesicht schweifen. Früher war mir nie wirklich aufgefallen, was für ein hübscher Mann er eigentlich war. Jetzt wurde es mir mit jedem Blick, den ich riskierte, nur immer bewusster. Selbst in unangebrachten Situationen, wie dieser.

"Das geht schon irgendwie. Wir werden schließlich gerade zu Berühmheiten", zwinkerte er mir zu und ich musste unweigerlich lächeln. Naruto war wundervoll. Er sah selbst dann noch ein Licht am Ende des Tunnels, wenn gerade die Welt unterging. Ohne seinen unverbesserlichen Optimismus würden wir jetzt nicht so nah beeinander liegen. Wir würden uns nicht küssen. Und vielleicht würden wir uns nicht einmal lieben. Jedenfalls hätten wir dieser Liebe sonst niemals eine Chance gegeben. Das stand fest.

"Du spinnst", lächelte ich und strich ihm seinen Pony aus dem Gesicht. Er lachte daraufhin.

"Na ja, mag sein. Aber vielleicht bekommen wir ja ein paar kleinere Aufträge. Du vielleicht für ein Fotoshooting oder was weiß ich. Oder wir suchen uns 'nen Nebenjob, da fällt uns sicher was ein. Aber hör' endlich auf, immer zu machen, was er will. Spiel' doch mal nach deinen eigenen Regeln."

Sein Finger zeichnete nun liebevoll die Konturen meiner Lippen nach, während er feudig grinste. Ich hoffte inständig, dass seine gute Laune nicht bloß eine Fassade war. Er musste es vollkommen ernst meinen, sonst würden wir es nie schaffen, etwas zu verändern.

"Und wie soll ich das machen?", fragte ich deshalb interessiert nach und wartete geduldig auf eine Antwort, mit der ich überprüfen könnte, ob er sich ernstzunehmende Gedanken über seine Vorschläge machte oder nicht.

"Ich finde, wir sollten ihm eine Lektion erteilen", grinste er hämisch.

Verwundert zog ich die Augenbrauen hoch und blinzelte ein paar Mal, während Narutos Grinsen nicht aus seinem Gesicht wich. Absolute Vorfreude lag darin.

"Aha, und was schlägst du vor?", fragte ich weiter und war zugegeben ziemlich gespannt auf das, was er sich ausmalte.

"Ich hab' da schon so eine Idee. Eine richtig gute sogar, aber dann muss es dir prinzipiell egal sein, ob wir den Wettbewerb noch gewinnen oder nicht. Und du musst defintiv über deinen eigenen Schatten springen, Sasuke. Es geht dann nur noch darum, ihn mit allen möglichen Methoden bloßzustellen. Wir werden ihn richtig fertig machen, dass er sich wünschen wird in Grund und Boden zu versinken. Ach was, er wird sich wünschen, niemals geboren worden zu sein! Du musst mir dafür nur erzählen, was er am meisten verachtet und vor allem musst du mir blind vertrauen, Sasuke."

Viele Forderungen. Einen Moment lang dachte ich nach, schloss dabei die Augen und atmete einmal tief durch. Eigentlich musste ich mich überhaupt nicht entscheiden. Es lag auf der Hand, was ich zu tun hatte. Was ich schon vor langer Zeit hätte tun sollen.

"Was hab' ich schon zu verlieren?", fragte ich deshalb ironisch, aber gleichzeitig auch mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen, weil ich wusste, dass es bei mir tatsächlich eine absolut rhetorische Frage war. Narutos Hand streichelte daraufhin erneut meine Wange entlang.

"Jetzt mach' aber mal ein anderes Gesicht. Wir schaffen das. Vertrau' mir einfach, mein Liebling", flüsterte er mir zu, weshalb ich augenblicklich rot anlief und verlegen zur Seite sah.

"Nenn' mich nicht so...", forderte ich, obwohl es mein Herz höher schlagen ließ. Weil ich wusste, dass er nur mich so nannte und es etwas Besonderes war.

Und dieser Kosename war letztendlich auch der Auslöser dafür, dass wir in dieser Nacht bereits zum zweiten Mal miteinander schliefen.

"Itachi? - Der ist ätzend"/ "Naruto? - Der ist ätzend"

Hey, Leute :D

Ich bin von den Toten wiederauferstanden!

Allerdings hab' ich relativ schlechte Nachrichten: Nach langem hin- und herüberlegen, habe ich mich nun schlussendlich dazu entschieden, dass ich die FF abbreche. Es wird nur noch ein Kapitel folgen, weil ich das schon angefangen habe, dann ist hier sense.

Tut mir echt leid :-(

Aber am Ende des Kapitels wartet auch noch eine gute Nachricht auf euch! Also lasst euch überraschen ;-)

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Heute war Montag. In der vergangenen Nacht hatte Itachi mich erst gegen zwei Uhr morgens bei Naruto abgeholt und wieder nach Hause gefahren. Insgesamt hatte ich, wenn es hoch kam, gerade einmal zwei oder drei Stunden geschlafen, weshalb ich nun mit tiefen Augenringen hier auf meinem Stuhl im Klassenzimmer saß und das allgemeine Geschnatter über mich ergehen ließ, während Naruto vor endloser Energie nur so strotzte und freudig alle Komplimente entgegen nahm, die wir aufgrund unseres Auftritts am Samstag bekamen.

Sogar Sakura stand auf einmal ganz nah bei Naruto, mit geröteten Wangen, kichernd und gespitzten Lippen, was sie zuvor nur bei mir getan hatte. Und dieser Anblick rief regelrechten Brechreiz in mir hervor. Die ganzen vergangenen Jahre hatte sie ihn keines einzigen Blickes gewürdigt und nun, da wir im Fernsehen aufgetreten waren, umgarnte sie ihn, als wäre er bereits ein Superstar mit Millionen im Schlepptau. Und das war wahrscheinlich auch der einzig logische Auslöser für ihr Verhalten und das der anderen. Nämlich, dass sie sich von unserer Medienpräsenz mehr erhofften, als bloß ein paar lächerliche Fernsehauftritte.

Da ich noch immer nicht so richtig ansprechbar war, fielen sie fast ausnahmslos mit ihren Fragen über Naruto her. Nun war es irrelevant, wen sie von uns beiden anhimmelten.

Dann knallte Ino zwischen den ganzen Fragen und Tuscheleien, lachend einen Zeitungsausschnitt auf meinen Tisch und wies mich mit dem Finger dazu an, ihn zu überfliegen. "Das seid ihr beide, du Schlafmütze!", zwinkerte sie mir zu und wandt sich dann wieder zu ihren Freundinnen, die Naruto umkreisten und seinen Geschichten lauschten, die vorher nie jemand hören wollte.
 

Heiße Newcomer bei 'Das Hammertalent'!

Die beiden jungen Männer, die sich unter dem Namen 'Black & White' eingetragen haben, kommen aus dem schönen Konoha, sind 18 Jahre alt und unheimlich sexy! Ihre Bewegungen haben an diesem Abend nicht nur das Publikum, sondern auch die Jury um den Verstand gebracht. Vor allem Tsunade war hin und weg von den beiden attraktiven Männern.

Black & White - Tatsächlich könnten sie nicht unterschiedlicher sein. Sie unterscheiden sich sowohl vom Aussehen, als auch von ihrer Art wie Tag und Nacht voneinander. Der schwarzhaarige Sasuke Uchiha ist in seiner Art eher still und ernst, wohingegen sein blonder Freund, Naruto Uzumaki, viel aufgekratzter und humorvoller ist. Trotzdem erobern beide schon jetzt die Herzen der Zuschauer, wie sich nach einigen Umfragen ergeben hat! (Die Ergebnisse finden sie auf Seite 12.)

Was wir uns jedoch alle fragen und hoffentlich bei der nächsten Show erfahren werden: Sind diese Boys noch zu haben oder bereits in festen Händen?
 

Nach diesem Satz brach ich ab. Das driftete mir zu sehr in Klatsch und Tratsch ab. Also überflogen meine Augen nur noch grob den Text und machten schließlich das darunter befindliche Bild aus, das Naruto und mich zeigte, wie er gerade lachend seinen Arm um mich legte. Als Unterschrift diente der Satz: "So sehen beste Freunde aus!" Kurz musste ich schmunzeln, dann entfuhr mir ein lautes Gähnen und nur Sekunden später saß Naruto neben mir und verpasste mir einen beherzten Schlag gegen die Schulter.

"Nicht einschlafen, Sasuke! Du verpasst gerade, dass wir zu Schullegenden werden. Alle wollen den nächsten Auftritt live sehen. Ist das nicht cool?", lachte mein blonder Freund völlig euphorisch und ich wusste, ohne genauer hinzusehen, dass er über das ganze Gesicht strahlte.

"Ja, cool", erwiderte ich deshalb, wenngleich auch etwas halbherzig. Weil ich mir Gedanken darüber machte, ob es sinnvoll war, wenn die halbe Schule beiwohnte, während wir unseren Plan durchzogen. Von dem ich noch nicht einmal wusste, was er bezweckte, geschweige denn wie er überhaupt aussah.

"Ich bin nochmal kurz weg. Muss noch was mit Sakura und Hinata absprechen."

"Ah", machte ich nur, weil ich todmüde war und ehe ich etwas sinnvolles erwidern konnte, war Naruto auch schon aufgesprungen und mit den beiden Mädchen aus dem Klassenzimmer verschwunden. Mein Kopf war inzwischen schwerfällig wie eine Kugel Blei auf die Tischplatte niedergesunken, während es mir außerordentlich schwer fiel, wenigstens die Augen offenzuhalten.

Worum es bei diesem Gespräch eigentlich ging, erfuhr ich erst Stunden später nach Schulschluss. Und dieser kam bedeutend schneller, als erwartet. Mittlerweile war es mir sogar gelungen, nicht alle fünf Minuten zu gähnen und nach einigen Toilettenbesuchen, die dazu gedient hatten mir frisches Wasser ins Gesicht zu schütten, auch einigermaßen wach zu sein.

"Wir treffen uns nachher mit Sakura und Hinata bei Kakashi im Studio", begann Naruto plötzlich neben mir im Plauderton mit einer derartig gelassenen Tonlage, als hätten wir nie etwas anderes getan. Doch diese Wortkombination von 'Sakura' und 'Kakashis Studio' ließ mich abrupt stutzig werden.

"Wieso Sakura? Was will die da?", fragte ich perplex und starrte in Narutos grinsendes Gesicht, während wir zusammen durch die Straßen gingen und mir die Sonne durch den wolkenlosen Himmel direkt auf den Rücken knallte. Der Sommer rückte eindeutig immer näher.

"Die hilft uns", zwinkerte er mir zu und mein darauffolgender Gesichtsausdruck schien ihn zu erheitern, denn er lachte kurz auf. "Warum das? Warum gerade die?!", schrie ich ihm entgegen und mein Gefühlsausbruch war zugegeben ein wenig übertrieben.

"Na, ist doch ganz logisch: Sie kann gut tanzen und darauf kommt's doch im Moment an, oder nicht?" Als er das sagte, hoffte ich noch immer, dass er mir gleich auf die Schulter klopfen und sagen würde, das sei alles nur ein Scherz gewesen. Aber diese Geste kam nicht und ich war mir schließlich ziemlich sicher, dass ich vergebens hoffte.

"Also ich weiß zwar echt nicht, was in deinem kranken Hirn vorgeht, aber das hätte sicher auch jemand anderes übernehmen können. Und nicht diese Furie", grummelte ich beleidigt vor mich hin und beschleunigte mein Tempo.

Dass es ausgerechnet Sakura sein musste. Hinata war ja an sich okay, nur war das Problem, dass ich bislang noch immer nicht mit ihr gesprochen hatte und sie sich weiterhin wunderte, warum ich Naruto nicht von ihren Gefühlen erzählte, wie ich es doch versprochen hatte. Und so wie ich Naruto kannte, würde er letztendlich irgendetwas Dummes in ihrer Gegenwart anstellen. Deshalb missfiel mir sowohl Sakuras, als auch Hinatas Anwesenheit.

Aber was sollte ich jetzt schon noch tun? Zu ihr hingehen und sagen: Hey, sorry, aber ich bin jetzt mit deinem Traumprinzen zusammen. Nimm's locker.

Ein gequälter Seufzer entfuhr daraufhin meiner Kehle. Am liebsten wäre ich einfach im Erdboden versunken und erstmal nicht mehr aufgetaucht bis sich die Dinge von selbst geregelt hätten. Ich war wirklich der schlechteste Freund, den man sich wünschen konnte.

"Alles okay, Sasuke?", fragte Naruto daraufhin verdattert nach und legte eine Hand auf meine Schulter. "Ich meine, Sakura ist ziemlich angetan von uns. Also reg' dich mal ab", grinste er und tätschelte mich.

Es war mir absolut zuwider, dass er allgemein in so hohen Tönen von ihr sprach. Es machte mich wütend. Und deshalb schlug ich seine Hand beiseite und fuhr ihn direkt an: "Ich soll mich abregen? Reg' du dich mal lieber auf! Jahrelang haben die dich nicht einmal mit dem Arsch angeguckt und jetzt, wo wir im Fernsehen sind, da kommen die alle wie die Fliegen angeschwärmt! Merkst du das denn nicht? Verdammt, Naruto! Das kannst du doch nicht alles vergessen haben", murrte ich und wandt den Blick zu Boden, beobachtete meinen langgezogenen Schatten auf dem hellen Asphalt und auch Narutos, der direkt daneben verlief. Betrachtete man sie, sahen wir uns so ähnlich. Dabei waren wir völlig verschieden. Ich würde mich zum Beispiel niemals von Leuten so dermaßen verarschen lassen, wie er es sogar noch mit einem Lächeln duldete.

"Das hab' ich auch nicht. Aber was bringt es mir schon, wenn ich jetzt plötzlich nachtragend werde? Du weißt, dass ich nie so war. Und jetzt geht es schließlich auch darum die Herzen der Fans für uns zu gewinnen. Es ist doch nicht nur mein Ziel, sich zu beweisen. Es ist auch deins. Also sollten wir unsere Chance nutzen."

Neben mir hörte ich seine Schritte immer langsamer und leiser werden, bis er schließlich zum Stehen kam und mich ebenfalls festhielt.

Seine Hände ruhten aufmunternd auf meinen Schultern, aber ich sah ihn nicht an. "Ich bezweifle, dass diese Frau überhaupt so etwas wie ein Herz hat", entgegnete ich nur kühl und vernahm daraufhin Narutos fröhliches Lachen, das mich unweigerlich leicht lächeln ließ.

"Bleib locker. Sie wird sich schon benehmen. Schließlich bist du noch immer der Mann ihrer Träume", griente er, als ich den Blick hob und legte eine Hand in meinen Nacken.

"Das ist ja noch das Allerschlimmste", murrte ich erneut, konnte mir ein Grinsen aber nicht länger verkneifen.

"Aber auch dafür habe ich bereits eine Lösung gefunden!", lachte er freudig, packte mich urplötzlich und zog mich in die angrenzende, vom Schatten ergriffene Nebengasse. Schnell drückte er mich gegen die Wand des Hauses und verwickelte mich in einen leidenschaftlichen Kuss.

Ich erwiderte ihn. Und ich genoss es, ihn endlich wieder zu berühren. Aber dennoch durchströmte mich ein gewisses Unbehagen bei dem, was wir taten. Da dieses ungute Gefühl die Oberhand zu gewinnen drohte, drückte ich ihn nach einigen Sekunden wieder von mir und sah ihm leicht entschuldigend, leicht abweisend in die Augen.

Ein Grinsen legte sich jedoch nur auf seine Mundwinkel und im nächsten Moment spürte ich einen ziemlichen Druck in meinem Schritt, sowie das Geräusch von einem Reißverschluss der geöffnet wurde.

"Doch nicht hier...du perverses Schwein!", stotterte ich ihm hochroten Kopfs entgegen und drückte ihn erneut von mir.

"Warum nicht? Ich find das ziemlich aufheizend. Der Gedanke, dass man uns sehen könnte", hauchte er mir ins Ohr und leckte meinen Hals entlang.

"Find ich überhaupt nicht. Du guckst dir zu viele Pornos an und jetzt zieh ab", grummelte ich ihm nun mit bewusst finsterem, überzeugendem Blick entgegen.

"Bekomm' ich dann heute Abend eine Entschädigung, mein Liebling?", murmelte er, als seine Finger wieder meinen Reißverschluss zuzogen.

"Tze, träum' weiter", machte ich nur, wurde aufgrund des Kosenamens ein wenig rot um die Wangen und schob sein Gesicht mit flacher Hand von mir weg. Das sagte ich zwar, um ihn nicht zu übermütig werden zu lassen, aber natürlich war auch ich nicht abgeneigt, heute Nacht erneut mit ihm zu schlafen. Aber bei ihm Zuhause. Nicht in der Öffentlichkeit und zudem gegen eine dreckige Wand gepresst. Das entsprach bei weitem nicht meinen Vorstellungen von Erotik.

Doch auch Naruto nahm meine Abfuhr mit Humor. Weil er ebenfalls wusste, dass ich diese Worte nicht wirklich ernst meinte. Noch einmal hauchte er einen leichten Kuss auf meine Lippen, dann ließ er von mir ab und trat hinaus aus der Gasse, direkt in den strahlenden Sonnenschein.

"Kannst du's arrangieren, dass wir uns heute Abend um 19 Uhr bei Kakashi treffen?", grinste er, als wir unseren Weg fortsetzten und er die Arme hinter dem Kopf verschränkte.

Einen Moment überlegte ich und entsinnte mich an Itachis gutgemeinten Vorschlag zurück. Da ich immer noch ein wenig angesäuert aufgrund seines Alleingangs war, beschloss ich, dass es nur fair war, seine Schuldbewusstheit ein wenig zu meinen Gunsten zu missbrauchen.

"Ich kann's versuchen. Vielleicht schmuggelt mich Itachi raus. Dann könnten wir dich auch direkt mitnehmen. So sparst du immerhin die Buskosten", schlug ich vor und sah fragend zu Naruto, der mich für einen Moment verdutzt ansah und dann breit grinste.

"Ich bin kein Bettler, Sasuke."

Mein Blick durchdrang forschend seine blauen Augen, während wir dem Haus meiner Eltern immer näher kamen.

"Ich weiß, aber trotzdem", konterte ich und hielt schließlich inne. Wir hatten abgesprochen uns von nun an immer vorzeitig zu trennen, damit mich mein Vater nicht mit ihm zusammen sehen konnte. Er hatte mir zwar nicht wörtlich den Umgang mit ihm verboten, aber eigentlich war es nach dem gestrigen Erlebnis auch gar nicht mehr von Nöten.

Und deshalb gingen Naruto und ich weiteren Problemen aus dem Weg, indem wir an dieser Stelle unsere Wege trennten.

Zum Abschied lächelte ich ihm einmal zu und winkte kurz. Das war kein Abschied von zwei Menschen, die sich liebten. Das wusste ich. Und es tat mir leid. Aber ich konnte nicht anders. Die Angst und Scham gesehen zu werden, saß mir einfach noch zu tief in den Knochen.

Und ich war dankbar dafür, dass Naruto es akzeptierte. Aber es blieb ihm auch eigentlich nichts anderes übrig.
 

Gute drei Stunden, nachdem sich unsere Wege getrennt hatten, saßen wir auch schon wieder zu dritt in Itachis schwarzem Peugeot, wobei Sasuke und ich die Rückbank besetzten. Zunächst richtete ich meinen Blick aus dem Fenster hinaus, dann schweifte er gelangweilt zu Itachi, der seinen wiederum starr auf die Straße richtete und schließlich zu Sasuke, der ebenfalls aus dem Fenster sah.

Leise, um ja nicht Itachis Aufmerksamkeit zu erregen, rutschte ich zu ihm herüber und flüsterte ihm ein: "Ich hab' dich vermisst", ins Ohr, welches ich daraufhin mit meinen Lippen berührte, während meine Hand auf seinem linken Oberschenkel ruhte. Es war nicht zu bestreiten, dass ich mich momentan in einer Phase befand, in der ich unheimlich viel und gerne Sex ausprobieren wollte.

Und das schien auch Sasukes Bruder nicht zu entgehen, der uns nun im Rückspiegel beobachtete und seine Stimme erhob: "Jetzt pass mal auf, Romeo: Ich akzeptiere eure Liebe, weil ich's meinem Bruder schuldig bin, aber das heißt noch lange nicht, dass ihr vor meinen Augen miteinander rummachen könnt. Klartext: Pack ihn an und du fliegst achtkantig raus."

Verdattert zog ich meine Hand zurück und saß nun griesgrämig wieder an Ort und Stelle, während Sasukes belustigtes Grinsen auf mir ruhte und Itachi, der nun sein Machtwort gesprochen hatte, seinen Blick wieder geradeaus auf die Straße richtete, um den dichten Verkehr zu beobachten. Itachi war ein elender Spielverderber. Nicht zum Aushalten. Er ging mir richtig auf die Nerven mit seiner spießigen Art. Und das wirklich Schlimme an der Situation war: Er zog obendrein noch die Fäden. Schließlich konnte er mich tatsächlich aus seinem Auto schmeißen, wenn ihm danach war.

"Willst du mich nicht allmählich mal in deine genialen Pläne einweihen, Naruto?", fragte Sasuke nun, während ich verärgert die Arme vor der Brust verschränkte und meinen Blick auf den vor mir sitztenden Itachi und seine gut gepflegte Haarpracht richtete.

Noch einen Moment starrte ich ihn an, dann wandt ich den Blick ab und kramte in meiner Sporttasche, die noch immer neben mir lag, nach der CD, die ich mitgebracht hatte und hielt sie nach vorne.

"Hey, Itachi, leg' mal die hier ein! Dazu werden wir nämlich in weniger als zwei Wochen tanzen", grinste ich und Sasukes Bruder nahm mir daraufhin das Stück Kunststoff aus der Hand.

"Na, jetzt bin ich aber mal gespannt", murmelte er, als er die CD einlegte, auf den Play-Button drückte und den folgenden Tönen lauschte.

Mein Blick schweifte zu Sasuke, der mit vor Schock geweiteten Augen still dasaß und den Tönen lauschte, während Itachi zu lachen begann. "Ich hatte auch eigentlich nichts anderes von dir erwartet, du Spinner."

Aufgrund seiner Beleidigung zogen sich meine Augenbrauen zusammen und ich wollte gerade das Wort erheben, um etwas zu entgegnen, doch da unterbrach mich schon Sasukes entsetzte Miene: "Zu so einem Scheiß tanze ich nicht. Niemals. Nie."

Inzwischen hatte er die Arme vor der Brust verschränkt und die Augen entschieden zusammen gekniffen. Aber das letzte Wort war darüber noch nicht gesprochen.

"Warum Scheiß?", hakte ich nun gespielt verwundert nach. Schließlich wusste ich, dass Sasuke kein besonders großer Fan von solcher Musik war.

"Das fragst du noch? Der Interpret singt: Tonight I'm fucking you!", grummelte er mir entgegen und bedachte mich nun mit einem Blick, als sei ich ein Triebtäter, nur weil derartige Begriffe in einem Lied vorkamen, das ich zum Tanzen vorschlug.

"Ich dachte, er singt: Tonight I'm loving you", erwiderte ich und rieb nachdenklich mit Daumen und Zeigefinger mein Kinn entlang.

"Spar' dir die Denkerpose, du Usuratonkachi", zischte er, sichtlich angepisst von meinem Vorschlag, während aus Itachis Richtung nur ein zurückgehaltenes Lachen ertönte.

Ergebens zuckte ich mit den Schultern und verschränkte beide Arme hinter meinem Kopf. "Wie auch immer. Dann ist das Lied eben direkt. Umso besser. Und ich finde meinen Plan trotzdem noch ziemlich genial. Du hast mir doch erzählt, dass dein Vater anzüglichen Tanz verachtet. Dann werden wir genau das abliefern. Und zwar in Begleitung von richtig heißen Mädels", grinste ich ihm nun entgegen und für einen Moment hatte ich sogar gedacht, diese Vorstellung könnte ihn genauso erheitern wie mich, bis mir schließlich wieder einfiel, dass es immer noch Sasuke war, dem ich das erzählte. Der Uchiha Sasuke, der die meisten Frauen nicht einmal mit dem Arsch anguckt.

"Das ist jetzt nicht dein Ernst. Du sprichst doch wohl nicht von Sakura, oder?", fragte er halb drohend, halb flehend und bedachte mich aber gleichzeitig mit einem Blick, als wolle er mir in den nächsten Sekunden an die Gurgel gehen.

"Der Typ denkt echt sowas von schwanzgesteuert. Nicht zu fassen", war Itachis nüchterner Kommentar zu meiner Idee.

"Nein, nein, nein", verneinte ich in alle Richtungen und holte einmal tief Luft. "Hinata und Sakura helfen uns nur, damit wir das Ganze mit den Profis nicht so oft üben müssen. Weil wir uns in dieser Richtung glaube ich, ein wenig mehr eintanzen müssen. Und mit den Tänzerinnen, die uns dann auch auf der Bühne begleiten, da bekommen wir maximal zwei Termine, dann muss das sitzen", versuchte ich zu erklären und immerhin Sasuke schenkte mir Gehör.

"Also ist das dein toller Plan? Striptease auf der Bühne?", hakte er nach und fasste sich mit der Hand an die Stirn, um seine Schläfen zu massieren - so, als hätte er es von vornherein geahnt.

Und weil er mit seiner Vermutung absolut falsch lag, umspielte nun ein triumphierendes Lächeln meine Lippen.

"Nicht ganz. Am Anfang soll noch ein wenig Message kommen, verstehst du? Deshalb am Anfang, damit dein Vater das auch auf jeden Fall mitbekommt, falls er vorhat, dann zu gehen. Und dazu sollst du was singen."

Maximal einen Moment lang sah er mich völlig geschockt an, nur um dann tief Luft zu holen und mir ein entgeistertes: "Ich soll was?", ins Gesicht zu brüllen.

Und noch bevor ich irgendetwas Schlichtendes erwidern konnte fuhr er auch schon fort: "Du weißt, dass ich nicht singen kann. Außerdem passt das nicht zu unserem bisherigen Programm. Und überhaupt: Ich will mich nicht zum Deppen machen, Naruto!"

Obwohl er mich lauthals anschrie, winkte ich nur grinsend ab und fuhr mir einmal durch mein Haar. "Doch, du kannst das. Ach verflucht, Sasuke. Du musst dich mal was trauen. Von nichts, kommt auch nichts. Und immer nur ein bisschen Rumgetänzel, das will auf Dauer auch keiner sehen. Wir müssen den Leuten schon was bieten, wenn wir uns im Showgeschäft halten wollen. Wir müssen ihnen Persönlichkeit zeigen. Und nicht so 08/15-Typen, die man jeden zweiten Tag in der Disco trifft. Also zeig' mal, was du hast und hau sie mit deinem Sexappeal vom Hocker", zwinkerte ich ihm aufmunternd zu.

Ich wusste, dass er sexy sein konnte. Unheimlich sexy. Er war es ja schon in gewisser Weise nur durch seine bloße Anwesenheit. Aber wenn er dem Publikum mal ein bisschen mehr von dem Sasuke zeigte, den ich in den letzten Tagen erleben durfte, dann war der Sieg zum Greifen nahe.

"Ein Tänzer überzeugt mit seiner Kunst und nicht mit seinem Körper, das hab' ich dir schon mal gesagt! Und außerdem dachte ich, es sei von nun an egal, ob wir gewinnen oder nicht."

Sasuke war in meinen Augen unglaublich süß, wenn er sich so völlig grundlos aufregte. So wie Katzen. Die waren auch irgendwie dann noch süß, wenn sie einem gerade spielerisch ihre Krallen in den Arm schlugen.

Um den Gedanken, der sich allmählich zu 'Sasuke als schnurrende Katze' entwickelte, abzuschütteln, zuckte ich erneut mit den Achseln und grinste ihn schief an.

"Tja, hab' ich meine Meinung halt geändert. Das kommt vor. Schließlich brauchen wir das Geld nunmal. Und außerdem wird der Auftritt richtig Bombe, wenn du mal über deinen Schatten springst und mitmachst."

Doch Sasuke schien noch nicht ganz überzeugt, denn er schnaubte daraufhin nur und wandt den Blick von mir ab. Dazu murmelte er: "Du kannst mich mal."

Das war der Anlass dazu, dass meine Gedanken direkt wieder zu etwas abschweiften, was sich nachts in meinem Bett und nicht auf der Tanzfläche abspielte.

"Heute Abend dann. Hier vor Itachi darf ich ja nicht", raunte ich ihm zu, als ich mich näher zu ihm vorbeugte und wusste direkt, dass wir erneut von seinem Bruder beobachtet wurden. Schmerzlich wurde es mir erst dann richtig bewusst, als Itachi einen deutlichen Schlenker mit seinem Auto hinlegte und ich daraufhin unsanft zurück in meine Ecke und mit dem Kopf geradewegs gegen die Fensterscheibe geschleudert wurde.

"Hey, ich hab' gar nix gemacht!", protestierte ich lauthals, als ich mir den schmerzenden Schädel rieb.

"Du hast es aber gedacht", rechtfertigte Itachi seine Handlung nüchtern und beobachtete wieder den Straßenverkehr.

"Oh Mann, ey", stöhnte ich nur und lehnte mich zurück in die Lederpolsterung, während meine Kopfschmerzen nur langsam abklungen. Der Typ war echt ein Ekelpaket.

"Zurück zum Thema: Ich soll also was singen. Was Konkretes? Schwebt dir schon was vor?", fragte Sasuke und legte nun seinerseits lächelnd eine Hand auf mein Bein. Vermutlich war dies sein kläglicher Versuch die angespannte Situation zwischen Itachi und mir aufzulockern.

Und ich zwang mich sein liebevolles Lächeln zu erwidern. "Klar, das Lied hab' ich schon. Passt auch genau zu deinem Musikgeschmack. Du musst auch noch ein paar eigene Songs raussuchen. Dann kannst du auf der Bühne einfach mal du selbst sein. Nicht so verschlossen. Lass' deine Aggressionen mal raus, da stehen die Leute drauf. Also was sagst du?"

Er überlegte nicht mehr lang, sondern antwortete nahezu direkt: "Die Entscheidung, ob man sich vor Millionen von Zuschauern zum Affen machen soll, fällt nicht unbedingt leicht. Aber wie ich schon sagte: Eigentlich hab' ich nichts zu verlieren. Und ich vertraue dir. Also mach' ich mit, solange die Aktion nicht zu bescheuert und erniedrigend wird", lächelte er und für mich war es wie ein zweites Liebesgeständnis. Dass er mir vor allem in dieser Hinsicht so viel Vertrauen zukommen ließ, versetzte mein Herz in Aufruhr. Weil ich genau wusste, wie viel Wert Sasuke auf Anerkennung und Ansehen legte.

"Wovon bei ihm auszugehen ist", warf Itachi jedoch ein und zerstörte mit seiner Aussage diesen beinah magischen Moment für mich. Mein Gesicht verkrampfte sich augenblicklich. Was zu viel war, war zu viel. Und um meiner Wut gebührenden Ausdruck zu verleihen, trat ich einmal mit voller Wucht gegen den Fahrersitz, der daraufhin erzitterte. Itachi zuckte ebenfalls kurz, fuhr dann mit seinem Kopf zu mir herum und wies mich mit dunkler Miene an das zu unterlassen, sonst würde er mich wirklich rausschmeißen. Und dass er es bislang noch nicht getan hatte, verdankte ich wohl ganz allein der Tatsache, dass Sasuke neben mir saß und mich liebte.

Genau aus diesem Grund und weil ich den Bogen momentan wirklich nicht weiter überspannen wollte, ließ ich es auf sich beruhen und zog stattdessen eine Thermosflasche aus meiner Sporttasche heraus, die ich Sasuke nun unter die Nase hielt.

"Für den Fall der Fälle, dass dir die Aktion keinen Spaß macht, hab' ich das hier mitgebracht", grinste ich und schwenkte das Gefäß hin und her.

"Was ist da drin?", fragte mein schwarzhaariger Liebling nun verdutzt nach und sah mich aus seinen nicht minder schwarzen Augen an.

Mit der freien Hand, rieb ich mir mit dem Zeigefinger unter der Nase entlang und kicherte. "Ein wenig Bacardi-Cola. Das trinkst du doch so gern."

Sasuke blinzelte, während Itachi den nächsten Schlenker mit seinem Wagen fuhr. Doch dieses Mal war ich gewappnet und klammerte mich umgehend am Gurt fest.

"Ich fass es nicht! Du willst meinen Bruder besoffen machen, damit er deine kranken Spiele mitmacht? Das geht eindeutig zu weit. Das lass ich nicht zu, du Mistkerl!", schrie Itachi, redete sich eindeutig in Rage und fuchtelte wild mit einer Hand in der Luft herum, während die andere das Lenkrad umklammerte und versuchte den Wagen auf der Fahrbahn zu halten.

Der Anblick genügte, um mich gehässig zum Grinsen zu bringen.

"Krieg' dich wieder ein. Unter 'kranken Spielen' stell' ich mir eindeutig was anderes vor. Das soll nur als Anheiterer dienen, weil Sasuke dann immer so schön locker wird."

"Oder irgendwelche Männer verprügelt", grummelte Itachi daraufhin und starrte wieder aus der Windschutzscheibe hinaus.

"Hä?", fragte ich nur verdattert nach.

"Nicht so wichtig. Erzähl' weiter", winkte Sasuke ab, wohingegen Itachi freudig noch einmal das Thema aufgriff: "Obwohl dir ein paar Schläge auf den Hinterkopf vielleicht mal ganz gut tun würden."

In diesem Augenblick hätte ich fast gelacht. Weil die Verwandschaft der beiden wirklich nicht zu übersehen war. Wobei Sasuke in seiner Art wirklich süß war und Itachi einfach nur nervig und arrogant auf mich wirkte.

"Das kann er ja heute Nacht tun. Das macht ihn richtig sexy, wenn er wütend ist", ließ ich Itachi mit säuselnder Stimme zukommen und wartete gespannt auf seine Reaktion.

Doch als keine folgte, fügte ich grinsend an: "Und vor allem, wenn er nackt ist. Dann ist er richtig sexy." Daraufhin vernahm ich aus Sasukes Ecke ein entnervtes Stöhnen, während Itachi mich nur eiskalt aus dem Rückspiegel betrachtete und sich ein fieses Lächeln auf seine Lippen legte.

"Warum grinst du so?", fragte ich perplex nach und daraufhin wurde sein Grinsen nur noch breiter.

"Weißt du, ich habe meinen Bruder schon öfters nackt gesehen, als du es hoffentlich jemals wirst. Deshalb grinse ich."

In diesem Augenblick blieb mir förmlich die Luft weg.

"Bah! Du elende Inzest-Sau! Lass bloß deine Griffel von Sasuke!", platzte es schließlich aufgebracht aus mir heraus und ich begann wie wild an seiner Lehne zu rütteln.

"Sag mal, hast du sie noch alle? Du bist hier der verfluchte Perversling von uns beiden!", konterte Itachi mürrisch und konzentrierte sich nun eher weniger auf den Straßenverkehr, sondern zunehmend mehr darauf, lauter zu schreien, als ich es tat. Es folgten allerlei Beschimpfungen und Vorwürfe, während Sasuke ganz still war und der Countdown einer tickenden Zeitbombe allmählich ablief.

Und als es schließlich soweit war, ließ ein aufgebracht geschrieenes: "SCHNAUZE JETZT! Alle beide!", uns umgehend verstummen. Die Worte hallten noch Sekunden später inmitten des Wagens wider.

Daraufhin war es still. Ziemlich still, während mein wütender Blick auf Itachi ruhte, der damit beschäftigt war, ungeduldig mit den Fingern auf dem Lenkrad herumzutippen.

"Mann, ihr benehmt euch wie die Kleinkinder", schnaubte Sasuke schließlich und aus dem Augenwinkel erkannte ich, dass er seinen Kopf gegen die Fensterscheibe gelehnt hatte.

"Aber er hat angefangen!", grummelte ich und wies mit dem Finger auf den Kerl, der vor mir saß und diesen Wagen steuerte.

"Halt einfach die Klappe, Naruto", knirschte Sasuke hervor und kniff seine Augen zusammen. Trotzig lehnte ich mich wieder im Sitz zurück und starrte mit verschränkten Armen auf Itachis Hinterkopf. Der Kerl war so ätzend. Elender Perversling. Und sowas schimpft sich Bruder. Widerlich.

"Was für ein Glück. Wir sind endlich da", schnaufte meine schwarzhaarige Liebe, die ich nun auch noch vor dem eigenen Bruder beschützen musste, nur wenige Minuten später und öffnete die Wagentür, während ich kurzerhand die CD wieder einpackte.

"Hey, Sasuke. Ich komm nachher vorbei und schau mir an, was ihr so auf die Beine gestellt habt. Ach und stopf deinem Schoßhund mal sein vorlautes Maul", gab er ihm noch mit auf den Weg und mit seiner Beleidigung gab er mir die perfekte Vorlage, die ich auch sogleich nutzen musste.

"Andersrum, Kumpel", grinste ich nur und schlug die Tür zu, so dass Itachi nichts mehr erwidern konnte.
 

"Hey, ihr zwei! Wir haben schon auf euch gewartet. Kakashi hat uns netterweise reingelassen", winkte uns Sakura zu, die bereits in ihren engen Sportklamotten inmitten der Halle stand. Daneben saß Hinata schüchtern auf der Bank und wurde allein davon rot, dass Naruto lächelnd auf sie zuschritt und ein ärmelloses Shirt trug, das seine Armmuskulatur zur Schau stellte.

Ein Seufzen entfuhr mir. Und ich fühlte mich unendlich mies. Es stimmte tatsächlich, dass es mit der Zeit immer schwieriger wurde die Wahrheit zu sagen. Aber bislang hatte einfach immer der passende Moment gefehlt. Und der würde auch weiterhin fehlen. Weil es eigentlich nie einen passenden Moment für solche Erklärungen gab. Weil sie immer schmerzhaft waren und blieben.

"Hey", begrüßte Naruto nun die beiden Mädchen und wandt sich zu Hinata, die verlegen den Blick senkte. "Alles okay bei dir? Du bist ganz rot im Gesicht. Nicht, dass du krank wirst", meinte er fürsorglich und es faszinierte mich jedes Mal aufs Neue, wie er es nicht merken konnte, dass sie in ihn verliebt war, wo er es sich doch sonst bei allen möglichen Frauen einbildete.

"A-alles okay", stammelte die Schwarzhaarige und lächelte schüchtern.

Dann stand auch schon Sakura hinter uns, stellte sich auf die Zehenspitzen und legte die Arme um unsere Schultern. "Jungs, ihr seht richtig heiß aus in den Klamotten! Also los, packen wir's an! Stellen wir 'ne richtig geile Choreo auf die Beine, die das Publikum von den Plätzen fegen wird", jubelte sie euphorisch und in diesem Moment fand ich wieder, dass sie und Naruto einfach das bessere Paar abgaben. Die beiden passten zusammen wie Buche und Birke. Weil sie sich so verdammt ähnlich waren.

"Na, das ist die richtige Einstellung!", lachte Naruto und trat vor, um sich ein paar Aufwärmübungen zu widmen.

"Ich hab' auch noch 'ne CD mitgebracht. Falls wir andere Musik brauchen", meinte Sakura nun zu mir und lächelte freudig. Was mir gefiel, war, dass sie nicht mehr ganz so auf mich fixiert zu sein schien. Das ließ mich aufatmen.

"Gut", erwiderte ich deshalb und widmete mich ebenfalls ein paar Übungen, während Sakura und Hinata einige Runden in der Halle drehten, um warm zu werden.

Anschließend weihte uns Naruto endlich in all seine Pläne ein und zeigte uns die Choreographie, die ihm bislang vorschwebte. Während er das alles vorführte, griff ich lieber nach der Thermosflasche und behauptete, darin sei Tomatensaft.

Der Alkohol nahm mir zum Glück ein wenig die Hemmungen. Denn Naruto hatte tatsächlich recht damit, wenn er sagte, dass niemand ein bisschen Rumgehampel auf der Bühne sehen wollte. Wir mussten das Publikum entertainen, wenn wir bestehen wollten. Und darin war Naruto - so schwer es mir auch fiel, das zuzugeben - einfach besser als ich. Das war eine unbestrittene Tatsache. Deshalb ließ ich mich einfach auf das ein, was er forderte.

Wir übten einige Stunden, was mich insgesamt nur zunehmend müder werden ließ, in denen Hinata immer wieder Fotos schoss. "Wozu machst du das?", fragte ich sie schließlich und sie lächelte mich zurückhaltend an. "Ich dachte, es wäre schön, wenn wir bei dem fertigen Auftritt auf der Leinwand im Hintergrund ein paar Bilder von euch zeigen. Ein paar Lustige, die euch in alltäglichen Situationen darstellen. Das bringt euch den Menschen näher", sagte sie leise und legte die Kamera beiseite. Und ich wusste direkt, dass darauf auch einige Bilder waren, die ausschließlich Naruto zeigten.

"Wow! Super Idee, Hinata!", rief der Blonde sofort anerkennend und legte freundschaftlich einen Arm um ihre Schulter, wodurch sie umgehend wieder rot anlief. Hinata war wirklich süß. Und deshalb fühlte ich mich nur noch elender, dass ich sie so hintergangen hatte. Daran änderte auch der Alkohol nichts.

Doch plötzlich schlug die Tür auf und lenkte unsere gesamte Aufmerksamkeit auf sich. Eine große, schlanke Person trat mit schnellen Schritten ein und entpuppte sich schließlich als mein Bruder.

"Hey Jungs und Mädels. Sorry, hat etwas länger gedauert. Aber nun bin ich da", schnaufte er, stolzierte an uns vorbei, nahm direkt auf der Bank Platz und lehnte sich seufzend gegen die Wand.

Vier verblüffte Augenpaare ruhten dabei auf ihm.

"Starrt mich nicht so an. Zeigt lieber, was ihr in den paar Stunden zu Stande gebracht habt. Schließlich haben wir nicht ewig Zeit. Obwohl Vater heute mit ein paar Kollegen unterwegs ist. Voraussichtlich kommt er zwar erst gegen Mitternacht nach Hause und wahrscheinlich auch nur noch, um sich besoffen ins Bett zu legen, aber trotzdem. Macht lieber mal hinne", winkte Itachi ab, klang dabei wie ein überarbeiteter Mann und griff sich in sein Haar, während Narutos Augen zu funkeln begannen.

"Hey, super! Dann kann Sasuke nachher noch mit zu mir kommen! Sau geil", freute er sich und riss einmal demonstrativ beide Arme in die Luft. Die Mädchen schienen von seiner Euphorie nicht sonderlich überrascht zu sein. Das war ganz einfach Naruto.

"Mal sehen, Romeo. Ich hab' deine Anspielung von vorhin nicht vergessen", entgegnete Itachi bloß und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Jetzt zeigt aber erstmal, was ihr drauf habt. Das andere können wir später klären", schnaubte Itachi und winkte ab, während Naruto sich erhob und die Musik abspielte.

Wir gingen in Position und führten das vor, was wir bislang geprobt hatten: Also die Einlage mit den Tänzerinnen.

Und während wir das taten, war ich nicht richtig bei der Sache. Weil ich einerseits viel zu müde war, um mich angemessen zu konzentrieren und sich andererseits meine ganzen Gedanken um Hinata drehten. Ich konnte mir einfach nicht die richtigen Worte zurecht legen, um es ihr zu erklären und mein Verhalten zu rechtfertigen. Weil es ganz einfach keine gab.

Minuten später setzte die Musik wieder aus, wir ließen uns auf die Matten niedersinken und Itachi starrte uns mit einem Blick an, als hätte er soeben einen Geist gesehen.

Es dauerte noch einige wenige Sekunden, dann brach er plötzlich in ungehaltenem, schallendem Gelächter aus und hielt sich sogar kurzweilig den Bauch fest. So sah ich meinen Bruder nur reichlich selten. Und das war nicht unbedingt ein gutes Zeichen.

Dann hustete er einmal und versuchte seine Fassung zurückzuerlangen. "Also insgesamt war das echt richtig scheiße. Ich weiß nicht, was euer Rumgehampel bezwecken soll, aber es sieht einfach nur lächerlich aus. Wenn das euer Ziel war, dann herzlichen Glückwunsch: Das habt ihr erreicht. Wenn nicht, dann solltet ihr ganz schnell eure Pobacken zusammenkneifen - spar dir deinen Kommentar Naruto - und an euch arbeiten. Die Mädels tanzen bei der Vorführung nicht mit, oder?"

Itachi sah mich durchdringend an und ich schüttelte nur verneinend den Kopf, während Naruto neben mir mit den Zähnen zu knirschen begann und sich sichtlich beherrschen musste, meinem Bruder nicht an die Kehle zu gehen.

"Gut, dann brauch ich ja nur euch beide zu kritisieren. Zuerst zu dir, Naruto: Unabhängig davon, dass ich dich nicht leiden kann, war das echter Müll. Du hast Hinata angegrabscht wie ein verfluchter Triebtäter. Das war schon beinah beängstigend. Aber ich sagte ja nicht umsonst, dass du schwanzgesteuert denkst", begann Itachi mit seinem Vortrag und Sakura kicherte belustigt, während Naruto meinem Bruder seine geballte Faust präsentierte, aber immerhin an Ort und Stelle sitzen blieb. Wobei ich das ungute Gefühl hatte, dass er irgendetwas ausheckte, um es Itachi gehörig heimzuzahlen.

"Nun zu dir, Sasuke. Du warst das genaue Gegenteil. Du hast mich richtig enttäuscht. Also ganz im Ernst: Mein Auto wirkt auf mich attraktiver als du es mit deinem Getanze tust. Und ich gehöre zu den Menschen, die über Leute lachen, die ihr Auto sexy finden. Aber bei dir, da war ja wirklich nicht einmal ein Hauch von Erotik drin, was es wohl eigentlich darstellen sollte. Da stellen sich mir echt die Haare zu Berge, wenn ich mir sowas angucken muss."

Wieder vernahm ich Narutos Gegrummel und Gemurmel neben mir.

"Hey, du Klugscheißer! Du kannst vielleicht große Töne spucken, aber kannst du's auch besser als wir?", schrie er ihm aufgebracht entgegen und deutete mit ausgestrecktem Zeigefinger in Itachis Richtung, der daraufhin nur grinste.

"Natürlich kann ich das. Aber fahr mich hier nicht so an, ich will euch nur helfen und sag' euch ganz ehrlich, wie's aussieht, damit ihr euch nicht vor versammelter Mannschaft blamieren müsst. Wenn ihr das wollt, dann müsst ihr das nur sagen und ich lass euch machen."

Doch auch diese Erklärung genügte Naruto nicht, während sich die Mädchen nur verständnislose Blicke zuwarfen und Sakura sogar ratlos mit den Schultern zuckte.

"Warum solltest du uns schon helfen wollen, hä? Du hasst mich, Mann!" Beruhigend legte ich Naruto eine Hand auf die Schulter, weil ich befürchtete, dass er noch etwas Unüberlegtes sagen würde, doch er registrierte mich gar nicht richtig.

"Pass mal auf: Sasuke ist mein Bruder und ich kann unseren Vater genauso wenig leiden. Also kommt es meinen persönlichen Interessen zugute, ihm eins auszuwischen. Das hat nichts mit dir zu tun, du kleiner Spinner, also krieg dich wieder ein. Und nerv mich nicht", murmelte Itachi und sie lieferten sich kurzzeitig ein Blickduell, in dem die Fronten geklärt wurden, dann wandt Naruto sich urplötzlich zu mir, packte mein Gesicht und presste mir seine Lippen auf den Mund. Ich wusste dabei nicht wie mir geschah und auch nicht, was es bezweckte, aber ich konnte nicht schnell genug reagieren, um seinen Übergriff zu verhindern.

Weil es für mich nicht eklig war ihn zu küssen. Deshalb brauchte ich viel zu lange, um ihn von mir zu stoßen. Verdattert sah ich in Narutos Gesicht, dann hörte ich Gepolter und schließlich Sakuras Stimme, die ungläubig murmelte: "Wie jetzt? Was war das denn? Seid ihr beide...?"

Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Die Situation war mir schrecklich unangenehm. Nicht wegen Itachi, sondern viel mehr wegen Sakura und vor allem wegen Hinata. Meine Augen schweiften umher: Hinata war weg. Dann hörte ich eine Tür knallen.

"Nein, so ist das nicht...", versuchte ich unsinnigerweise zu erklären, doch Naruto packte mich besitzergreifend und zog mich zu sich.

"Doch, genauso ist das", verkündete er stolz und strich mir über den Rücken. Dieser blöde Idiot. Dieser blöde, verdammte Vollidiot.

"Wow, das ist ganz schön...ganz schön süß irgendwie", quietschte Sakura nach ein paar Sekunden und reagierte damit genauso, wie ich es niemals erwartet hätte.

"Hä?", machte ich nur und auch Naruto schien ein wenig verdutzt zu sein.

"Na ja, ich meine, ihr beide seid total heiß. Das ist sexy, wenn ihr was miteinander habt. Da kann man als Frau mit leben. Zumindest, wenn man wie ich total drauf steht", grinste sie uns entgegen und wurde ein wenig rot um die Wangen. "Um ehrlich zu sein hab' ich immer gehofft, dass Sasuke mal was mit einem Mann anfängt. Und der Hässlichste bist du ja nun wirklich nicht, Naruto", zwinkerte sie ihm zu und hielt sich kichernd die Hand vor den Mund.

Für einen Moment war ich, genauso wie Naruto, völlig sprachlos. Doch dann erinnerte ich mich wieder an Hinata, die soeben den Raum verlassen hatte.

"Du solltest nach Hinata sehen, Naruto", murmelte ich und senkte schuldbewusst den Blick. "Warum denn gerade ich?", fragte er perplex, nachdem er sich einmal umgesehen und so vergewissert hatte, dass sie weg war.

"Das wirst du dann schon sehen. Mach' einfach", befahl ich und schubste ihn an. Er nickte mir noch einmal zu, dann lief er los und sah sich immer wieder um, weil er nicht wusste, wohin sie verschwunden war.

"Das ist echt total süß", schwärmte Sakura nun wieder und mein Bruder schnaubte. "Ja, total süß", brachte er sarkastisch hervor und erntete einen finsteren Blick meinerseits.

"Wie lang geht das nun schon so?", fragte sie interessiert nach und rückte immer näher zu mir. Wenigstens würde sie jetzt nicht mehr versuchen meine Liebe zu ihr zu entflammen. Obwohl ich mir nicht ganz sicher war, ob dies hier ein guter Tausch war.

"Ein paar Tage. Aber behalt das um Himmels willen für dich", murmelte ich und ein gequälter Seufzer verließ meinen Mund, während meine Augen immer schwerer wurden.

"Von mir erfährt niemand etwas. Aber dann können wir ja jetzt häufiger mal was zusammen unternehmen", meinte sie und erpresste mich damit auf eine höfliche Art und Weise. "Meinetwegen", erwiderte ich aus diesem Grund, in der Hoffnung, sie würde dann auch wirklich schweigen.
 

Es vergingen einige Minuten. Zunehmend mehr Zeit verstrich, in der Hinata und Naruto fort blieben. Und allmählich bekam ich Angst, dass sie ihm ihre Liebe gestanden, aber Naruto ganz anders reagiert hatte, als ich es erwarten würde. Vielleicht fühlte er sich doch mehr zu ihr hingezogen, als ich es bislang erkannt hatte.

Mein Blick sank zu Boden, während Sakura mich weiterhin von der Seite zutextete. Eigentlich waren meine Bedenken überflüssig. Ich wusste, dass er mich liebte, aber trotzdem konnte ich sie nicht aus meinem Bewusstsein vertreiben.

Und dann, als die Tür aufging und Hinata und Naruto lachend den Raum betraten, da glaubte ich im ersten Moment, dass mir plötzlich das Blut in den Adern gefror. Vor lauter Unwohlsein vor dem, was mich nun erwarten würde, schlug mein Herz immer schneller. Ich hatte Angst. Tatsächlich. Angst davor, dass er mich allein lassen würde. Aber ich ließ mir nichts anmerken. So wie immer. Reiner Selbstschutz. Abweisend senkte ich deshalb den Blick und wollte stark sein. Wenn er mir nun hier und jetzt das Aus von einer Beziehung erklären würde, von der ich bislang noch nicht einmal wusste, ob es überhaupt eine war, so würde ich es mit Würde nehmen. Ich würde nicken und ihnen ein glückliches Leben wünschen.

Das würde ich tun.

Das wäre das Letzte, was ich tun würde.

Doch als sie näher kamen, erkannte ich zu meinem eigenen Wohlbefinden, dass Hinata mehr erzwungen und nicht deshalb lächelte, weil ihr danach war. Das beruhigte mich. Obwohl sie mir leid tun sollte. Weil ich schuld war. Aber in dem Moment, dachte ich nur an mich selbst. Dass er mich nicht verlassen würde. Und da sie es nun eh schon alle wussten und ich in diesem Moment wirklich überglücklich war, packte ich Naruto, zog ihn zu mir herunter und küsste ihn für einen kurzen Augenblick. Es war nur ein Hauch. Aber ich tat es. Und zwar im Beisein von drei anderen Personen.

Naruto betrachtete mich darauffolgend mit einem verwirrten Blick und blinzelte ein paar Mal, ehe er realisierte, dass ich ihn tatsächlich geküsst hatte. Und er lächelte zufrieden.

"Hinata und ich haben alles geklärt. Und ich würde vorschlagen, dass wir nach diesen anstrengenden Übungen einfach mal an dieser Stelle Schluss machen und uns morgen um die gleiche Zeit wieder treffen. Mit Itachi als unseren neuen Lehrer. Also dann: Wie wär's wenn wir zum Abschluss 'ne Runde Tango tanzen?", grinste er und ich verstand plötzlich die Welt nicht mehr. Die Situation erschien mir fürchterlich makaber. Über was hatte er mit Hinata gesprochen? Und was um Himmels willen hatte sie ihm erzählt?

Doch als Naruto mich auffordernd am Arm packte und hochzog, riss ich mich sogleich los und murmelte nur: "Ich geh' duschen." In der Hoffnung, dass er mir folgen würde und wir über das reden könnten, was geschehen war.

Und wie erwartet betrat Naruto nur wenige Minuten nachdem ich die Dusche wieder verlassen hatte, ebenfalls die Umkleide, ging erst einmal wortlos an mir vorbei und besuchte genauso wie ich zuvor den Duschraum.

Minuten später standen wir uns schließlich gegenüber und ich ergriff zuerst das Wort: "Worüber habt ihr gesprochen?"

Aus meiner Tasche kramte ich frische Kleidung heraus und zog mir den dünnen Pullover über, während ich ungeduldig auf seine Antwort wartete. "Wer?", fragte Naruto schließlich unwissend nach und ich stöhnte genervt auf.

"Ja, du und Hinata", half ich ihm auf die Sprünge und warf ihm einen verständnislosen Blick zu, während er zu grinsen begann.

"Na ja, über dies und das. Ich glaube, sie steht ein wenig auf mich, aber ich hab' ihr gesagt, dass ich dich wirklich sehr liebe und dass daran auch niemand etwas ändern wird."

Mein Blick sank nach diesen Worten verlegen zu Boden. Weil ich nicht so reagieren würde. Das wusste ich. Ich würde alles abstreiten, so wie ich es noch vor wenigen Minuten getan hatte, während er bedingungslos zu seiner Liebe zu mir stand. Vielleicht hatte Itachi doch recht mit seinen Vorwürfen. Wie so oft. Damit, dass ihm Naruto leid täte. Anscheinend also doch zurecht.

Ich war weder ein guter Freund, noch ein guter Liebhaber. Was war ich überhaupt?

"Und sie meinte darauf, dass sie sich für mich freut", murmelte Naruto, als er die Arme um mich legte. "Glaubst du, sie meinte das ernst?", fragte ich nach, obwohl mich seine Antwort niemals überzeugen könnte, dass es so war. Sie liebte ihn. Vielleicht sogar mehr, als ich es tat und vielleicht verdiente sie ihn auch mehr, als ich es tat.

Aber ich könnte ihn nicht gehen lassen. Nicht mehr. Dafür fühlte es sich zu gut an, von ihm geliebt zu werden.

Egoistisch. Das war ich. Ein verfluchter Egoist.

"Ich denke schon. Hinata ist einfach nicht der Typ, um sauer zu sein", flüsterte er in mein Ohr und begann meinen Hals zu küssen. Mit dem, was er sagte, hatte er recht. Hinata war wirklich nicht der Typ, um sauer zu werden. Aber enttäuscht und verletzt zu sein und ihre wahren Gefühle zu verbergen, dafür war sie der Typ. Ich würde mich bei ihr entschuldigen müssen. Auch wenn das aussichtslos war und vielleicht alles nur noch schlimmer machte. Aber wenn ich recht darüber nachdachte: Verhöhnte ich sie denn nicht, indem ich ihr sagte, es täte mir leid, dass ich den Mann liebte, der seit Jahren in ihrem Herzen war?

Ich kniff die Augen zusammen, als Naruto meinen Bauch mit seinen Fingern entlangfuhr. "Ich freu' mich schon, wenn wir gleich zuhause sind", gestand er und drückte mich fester an sich.

Ich wollte etwas sagen, doch plötzlich schlug die Tür auf und Sakura trat ein: "Hey, Jungs! Wir wollen noch einen Film gucken, also beeilt euch!"

Als sie sah, dass Naruto mich umarmte, lief sie knallrot an, winkte mit der Hand ab, brabbelte dabei noch etwas von: "Lasst euch nicht stören", und schlug gleich darauf die Tür wieder zu.

Naruto stöhnte genervt, während meine Lippen nun ein breites Grinsen zierte. Das war der Preis, den er für seinen tollen Einfall zahlen musste.

"Was für ein toller Vorschlag von Sakura. Oder nicht, Naruto?", grinste ich, drehte mich zu ihm und klopfte ihm einmal erheitert auf die Schulter. Die letzten Gedanken ließ ich einfach hinter mir - ich verdrängte sie.

"Aber da-", begann er, doch ich unterbrach ihn, als ich meine Tasche schulterte und mich auf den Weg machte die Umkleide zu verlassen: "Danach hab' ich Kopfschmerzen."

Naruto stöhnte noch einmal und letztendlich hatte ich nach zwei Stunden ätzendem High School Musical gucken und unzähligen Liebesbeteuerungen, die allesamt Zac Efron galten und ausschließlich von Sakura ausgesprochen wurden, auch tatsächlich gehörige Kopfschmerzen und wollte einfach nur noch in mein Bett, um mich von diesem anstrengenden Tag zu erholen. Doch ich ging mit einem leicht mulmigen Gefühl zu Bett, da Naruto den Film nicht mit den Augen eines normalen, gelangweilten Mannes, sondern viel mehr mit einem Blick begutachtete, wie man es von einem Künstler kennt, der einen Haufen von Bildern bewertet und die besten raussucht, um sie in seiner Galerie auszustellen.

Dass er wieder irgendetwas plante, war mir in jenem Moment bewusst. Und es versprach wie immer, nichts Gutes zu werden.

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Tüdelü: April, april

Die FF wird natürlich nicht abgebrochen, dafür bin ich jetzt iwie schon zu weit gekommen xD

Ich hoffe, ihr nehmt's mir nich krumm, aber der musste sein, wenn ich schon am ersten April ein Kapitel hochlade xDD
 

lg

sissyphos ;-)

Traumhaft

In den vergangenen Tagen hatten wir uns unter strahlendem Sonnenschein und damit einhergehenden hohen Temperaturen richtig verausgabt. Dabei waren zwar so einige Liter Wasser zu Grunde gegangen, aber wir fühlten uns trotz der hohen Anstrengung richtig gut und die Stimmung war insgesamt ebenfalls relativ erträglich, wenn man von den ewigen Streitereien und Sticheleien zwischen Itachi und Naruto einmal absah.

Und auch heute am Freitag, mit dem Start ins wohlverdiente Wochenende, blieb ich von ihren Kindeleien wieder einmal nicht verschont.

"Hör' auf mir ständig so auf den Arsch zu glotzen!", schrie Naruto meinem Bruder nach einem weiteren Probedurchlauf mitten ins Gesicht und provozierte damit die sarkastische Erwiderung Itachis, die auch nicht lange auf sich warten ließ.

"Jetzt pass mal auf: Also erstens bist du ein Kerl. Zweitens heißt du Naruto. Drittens ist dein Arsch auch abgesehen von den anderen beiden Punkten hässlich und viertens, ich wiederhole: Heißt und bist du Naruto. Das schließt jegliches Interesse meinerseits aus."

Wütend rümpfte mein blonder Freund daraufhin die Nase, stampfte auf Itachi zu und bäumte sich vor ihm auf. Bei diesem Anblick und auch dem Dialog der beiden, entwich mir erneut ein entnervtes Seufzen. So langsam artete die ganze Situation aus. Das Verhalten der beiden war nicht mehr lustig und allmählich auch irgendwie nicht mehr nachvollziehbar. Es war ganz einfach nur noch peinlich.

"Da haben sich ja zwei gefunden", murmelte Sakura nun neben mir und ich nickte nur entrüstet. Mittlerweile entdeckte ich dadurch, dass ich viel Zeit mit ihr verbrachte, auch die guten Seiten an ihr. Sofern sie mir nicht am Hals hing, war sie eigentlich gar nicht mal so unausstehlich wie ich immer gedacht hatte. Dagegen ging mir ihr Wahn, dass sie Naruto und mich bei allem Möglichen beobachten wollte, um ihre perversen Triebe zu befriedigen, ganz gehörig auf die Nerven.

Während ich darüber nachdachte, schmissen sich Itachi und Naruto wieder allerlei Beschimpfungen an den Kopf. Sie veranstalteten nahezu einen Wettbewerb daraus.

"So, du Spinner. Bevor ich deinen Arsch anglotze, da fotografier' ich lieber meinen eigenen und hol' mir darauf einen runter. Und jetzt geh' mir aus dem Weg, du stehst im Licht", motzte mein Bruder drauf los und mit jedem Tag, den die beiden zusammen verbrachten, wurde er zunehmend direkter und ließ sich mit seinen Aussagen auf ein niederes Niveau herab. Eigentlich war ich das nicht von ihm gewohnt. Aber in letzter Zeit überraschte mich mein Bruder ja sowieso tagtäglich mit etwas Neuem. Manchmal hatte ich sogar das Gefühl, dass ich ihn bislang gar nicht richtig gekannt hatte. Das hier war nicht der selbe Itachi, wie in meiner Kindheit. Vielleicht war er inzwischen menschlicher geworden. Vielleicht auch einfach nur rebellischer und unverschämter, vermutlich hervorgerufen durch die Ereignisse mit diesem Shisui. Aber was es auch war, Itachi hatte sich definitiv im Laufe der Jahre verändert. Nichts Ungewöhnliches. Eigentlich der Lauf der Dinge. Aber trotzdem auf eine gewisse Weise erdrückend, weil mir plötzlich ganz bewusst wurde, dass die Zeit mit atemberaubender Geschwindigkeit an mir vorbei zog und ich dem Geschehen nicht mehr ganz folgen konnte.

"Würde mich nicht wundern, wenn aus dem Bild von deinem eigenen Arsch eins von Sasukes würde", stichelte Naruto nun mit verschränkten Armen, entriss mich damit meinen Überlegungen und warf Itachi einen herablassenden Blick zu, trat aber trotziger Weise nicht aus dem Licht, wie mein Bruder eigentlich von ihm forderte.

"Du hast echt Komplexe, ey. Und jetzt setz' dich auf deinen eigenen Arsch und üb' die Riffs, die ich dir gezeigt habe", wich mein Bruder schließlich aus, nachdem er ihn für ein paar Sekunden ein wenig verdutzt betrachtet hatte, als sei Naruto irgendein entlaufener Wahnsinniger. Allmählich wurde Itachi die Angelegenheit wohl doch etwas zu bunt. Aber seit diesem Erlebnis damals, als ich meinen Fiebertraum mit Itachi erlebt hatte, war Naruto von seiner Meinung nicht mehr abzubringen und gelegentlich machte mein Bruder auch derartige Anspielungen, weil er wusste, dass Naruto damit zur Weißglut zu treiben war.

Doch dieser nahm nun mürrisch ebenfalls auf der Bank Platz und griff nach der Gitarre, die neben ihm ruhte. Die Idee mit dem Musikinstrument hatte sich spontan daraus ergeben, dass niemad so recht wusste, was Naruto machen sollte, während ich diese Strophe von dem Lied sang, das er für mich rausgesucht hatte. Und deshalb waren wir zu dem Schluss gekommen, dass es ganz gut sei, wenn er immerhin ein paar einfache Riffs dazu spielte. Nur leider unterschied sich Itachis Defintion von 'einfach' ganz klar von Narutos.

Und so war auch dieses Üben immer wieder Anlass für neue Zankereien. Es war schon fast zum Wahnsinnig werden.

Während der Blonde spielte, beobachtete ihn Itachi mit betont kritischen Blicken. Um einiges kritischer, als er es zum Beispiel bei mir wäre. "Gut, ne?", grinste Naruto schließlich und war sichtlich von seiner Leistung überzeugt, die bei Weitem auch nicht so schlecht war, wie sie mein Bruder immer darstellte. Dafür, dass Naruto vor zwei Tagen das erste Mal eine Gitarre in die Hand genommen hatte, lernte er schnell und machte auch beachtliche Fortschritte.

"Du bist der nächste Steve Vai, stimmt", entgegnete Itachi jedoch nur mit einem gehässigen Grinsen und Naruto entging die Ironie nicht, die darin mitschwang.

"Ach, halt's Maul", murrte er nur beleidigt und erhob sich von seinem Platz. Dann kam er mit großen Schritten auf mich zu, legte unvorhergesehen die Arme um mich und küsste meinen Mund für einen winzigen Moment, indem Sakura freudig aufquietschte, während Hinata vermutlich nur den Blick abwandt. Sie schien die Situation jedoch zu akzeptieren. Aber mehr Naruto, als mir zuliebe. Das wusste ich. Und in den letzten Tagen hatte ich sogar oft mit meinem Handy auf dem Bett gesessen und überlegt, ihr wenigstens eine entschuldigende SMS zu schreiben, weil ich ihr dabei niemals ins Gesicht sehen könnte. Aber selbst so brachte ich es nicht fertig. Weil ich dann plötzlich wieder glaubte, mich für mein Verhalten nicht entschuldigen zu müssen. Ich fühlte mich dann zum Trotz im Recht. Hinzu kam, dass mich ihre Reaktion ängstigte. Was auch immer sie erwidern würde, es würde mich schmerzlich treffen. Deshalb zog ich es vor, meinen Problemen mit ihr soweit wie möglich aus dem Weg zu gehen und erstmal Gras über die Sache wachsen zu lassen.

Dagegen ärgerte es mich, dass Naruto mir wieder so nah kam. Hier vor allen Leuten. Dabei hatten wir abgesprochen, dass wir in der Öffentlichkeit auch weiterhin nur gute Freunde sein würden. Damit unserer Karriere nichts im Weg stand. Aufgrund dieser Argumentation, dass es einfach schlecht für unseren gerade angebrochenen Weg im Showgeschäft sei, hatte er es letztendlich eingesehen und mir auch zugestimmt. Toleranz könne man vom Publikum momentan noch nicht erwarten, das hatte er mit einem Lächeln gesagt. Aber ich war mir sicher, dass sich dies nicht nur auf 'momentan' beschränkte, sondern dass es sich niemals ändern würde.

Ich liebte ihn. Wirklich. Ich hatte Gefühle für ihn, von denen ich bislang noch nicht einmal gewusst hatte, dass sie überhaupt existierten. Aber diese Liebe sollte mir nicht im Weg stehen. Nicht, wenn es um meinen Traum ging. Und Naruto sah das genauso. Irgendwie.

Aber hier, vor den drei Personen, die von unserer Liebschaft wussten, vergaß er sein Versprechen des Öfteren wieder. Schon allein, um Itachi eins auswischen zu können.

"Du Usuratonkachi", murmelte ich, als er von mir abließ und bedachte Narutos grinsendes Gesicht, während ich mich trotz allem auf das bevorstehende Wochenende freute.

Weil Itachi es arrangieren konnte, dass ich dieses bei ihm in seiner Wohnung verbringen durfte, wo er doch gerade erst wieder dort eingezogen war. Mit der Beteuerung, dass er mich nicht rauslassen würde, hatte er Vater schließlich weichklopfen können. Doch natürlich ließ mich Itachi zu Naruto gehen, auch wenn er ihn nicht mochte. Vor allem, weil er in der nächsten Woche bis zu unserem Auftritt nicht zu erreichen war und mich somit wieder allein ließ. Wäre was Geschäftliches, wie Itachi erklärte. Aus diesem Grund war es auch besonders wichtig, dass die Choreographie bis heute vollständig ausgereift war. Und ich wusste, dass mein Bruder das alles für mich tat. Die ganzen Tipps für unseren Auftritt und auch die Tatsache, dass er mich und Naruto zusammen brachte. Und dafür war ich ihm natürlich dankbar. Auch wenn er es mir verflucht nochmal schuldig war. Aber das wusste er selbst.

Naruto widmete sich daraufhin wieder freudig seiner Gitarre, während Itachi kopfschüttelnd auf mich zu kam und sich neben mir auf die Matte plumpsen ließ.

"Sasuke", begann er mit einem geheimnisvollen Unterton, weshalb meine Augen in seine Richtung huschten und sein Gesicht erwartungsvoll musterten.

"Was findest du nur an dem Spinner?", kam wieder die Frage, die ich in den letzten Tagen geschätzte hundertmal gehört hatte. Aus diesem Grund entfuhr mir ein genervtes Seufzen, während ich meine Knie näher an meinen Körper zog und das Kinn darauf bettete.

"Ich meine, mit der komischen geistesgestörten Katzenfrau von nebenan hätte ich ja noch leben können oder mit dem Postboten, der zugegeben ebenfalls ein wenig merkwürdig ist, aber Naruto? Ich meine, der Typ ist echt das Schlimmste, was einem passieren kann. Der kann ja gar nix", beklagte sich Itachi und ich verengte, während er sich in aller Ausführlichkeit weiter darüber ausließ, was an Naruto noch alles so schrecklich war, die Augen und spannte meine Schultern an.

Doch anstatt wieder einmal nichts zu sagen oder aber Itachi mit einem simplen: "Ich mag ihn eben" nicht besonders überzeugend abzuspeisen, holte ich an diesem Tag etwas weiter aus. Weil ich verhindern wollte, nun wirklich tagtäglich mit dieser überflüssigen Fragerei konfrontiert zu werden.

"Ich weiß, dass Naruto manchmal echt nervig und ziemlich aufgedreht ist. Aber ich denke, dass ich diese - seine Art um mich herum brauche. Er ist der genaue Gegensatz zu mir und das reißt mich mit. Ich bin entspannter, wenn er bei mir ist. Und außerdem denke ich, dass ich, wenn er nicht wäre, jetzt in diesem Moment wieder einmal in meinem Zimmer sitzen und darüber sinnieren würde, was Vater von mir hält und wie ich seine Meinung über mich ändern kann. Das tue ich durch Naruto weniger, verstehst du?", murmelte ich und während ich über das nachdachte, was ich sagte, legte sich ein leichtes Lächeln auf meine Lippen.

Für einen Moment blieb es still. Vermutlich musste Itachi gerade erst einmal verarbeiten, dass ich in einem Fluss so viel gesprochen hatte. Doch dann erhob er entspannt das Wort: "Wow, Sasuke. Ich hätte nie gedacht, dass du dich wirklich mal verlieben würdest. Also so richtig. Vielleicht waren meine Bedenken ja doch unangebracht", flüsterte er und drückte mir im nächsten Moment einen dicken Kuss auf die Wange.

Noch im selben Atemzug verstummte die Gitarre, es knallte und polterte, bis schließlich Narutos aufgebrachte Stimme ertönte: "Lass deine Finger von Sasuke, du perverse Inzest-Sau!"

Genervt vergrub ich mein Gesicht an meinen Beinen und lauschte den altbekannten Beleidigungen und Streitereien, die augenblicklich wieder von Naruto, als auch von Itachi ausgingen.

Die beiden hatten sich tatsächlich gesucht und gefunden.
 

Inzwischen war es schon halb Neun. Sasuke und ich hatten mal wieder einen anstrengenden Tag hinter uns. Zur Krönung war am Schluss auch noch Kakashi aufgetaucht und hatte uns beide genötigt, auch ihm nochmal zu zeigen, wie weit wir bislang mit der Choreographie waren.

Doch nun befanden wir uns hier bei mir Zuhause, hatten gemeinsam gegessen, zusammen gebadet und als ich nach einem kurzen Badezimmerbesuch wieder das Schlafzimmer betrat, lag Sasuke auf meinem Bett und war völlig in eine Zeitschrift vertieft. Ein Lächeln umspielte bei diesem Anblick meine Lippen.

Es war alles so normal und alltäglich. Wir hatten das ganze Wochenende für uns und ich müsste ihn das erste Mal nicht abends oder nachts wieder gehen lassen. Heute würden wir Arm in Arm einschlafen und am nächsten Tag wäre das Erste, was ich sehen würde, Sasukes wunderschönes Gesicht.

Ein wohliges Seufzen entfuhr mir, als ich mich neben ihn auf das Bett legte, das ich zu diesem Anlass sogar extra frisch bezogen hatte. Weil ich wollte, dass er sich bei mir wohl fühlte.

"Was liest du da?", murmelte ich nun und sah, wie seine Augen in meine Richtung huschten. Sein Blick war weicher, als früher. Zumindest empfand ich das so. Es mochte Einbildung sein. Aber diese Einbildung half mir zu glauben, dass ich Sasuke wirklich gut tat. Und das war es doch, was ich wollte.

Er hielt mir schließlich das Cover entgegen und ich las in großen, bunten Buchstaben: SNAKE.

"Ah, und was liest du da genau?", fragte ich interessiert weiter und erkannte ein leichtes Funkeln in seinen Augen. "Über einen Typ, der bei SNAKE untergekommen ist", antwortete Sasuke und schlug die entsprechende Seite wieder auf.

"Und? Ist er jetzt drogenabhängig?", grinste ich und stemmte mein Gesicht in eine Hand, während meine Finger spielerisch seinen Bauch entlang strichen.

"Nein, er ist Millionär", entgegnete er nüchtern und ich sah erneut dieses verheißungsvolle Funkeln in seinem Blick, als er mich musterte. "Und da ist er nicht der Einzige. Wenn man dort einen Vertrag unterschreibt, dann hat man's einfach geschafft. Gibt so einige Typen, die Orochimaru groß rausgebracht hat. Man bekommt da sicher nichts nachgeschmissen, man muss ziemlich hart arbeiten für seine Ziele und Orochimaru mag ein eiskalter Geschäftsmann sein - zumindest wird ihm das nachgesagt - aber wenn man einmal dort ist, dann stehen dir wirklich alle erdenklichen Türen offen", fuhr er fort und bedachte das Bild von diesem Tänzer mit einem sehnsüchtigen Lächeln.

"Und die nehmen natürlich nicht jeden Penner. Aber oh Mann, ich würde alles tun, um auch dorthin zu kommen. Seit ich ein Kind bin, träume ich davon. Weil SNAKE ist weltweit bekannt, man geht auf Tournee, man erlebt was. Die Medien reißen sich um dich und man ist wirklich ganz, ganz oben an der Spitze. Das muss ein großartiges Gefühl sein, wenn alle zu dir aufblicken und jeder deinen Namen kennt."

Bei dem, was er sagte, versank Sasuke in leichten Schwärmereien. Also hatte auch er so etwas wie einen Kindheitstraum. Einen Wunsch, den er sich erfüllen wollte. Auch wenn es nicht gerade der kleinste und einfachste war. Aber dass Sasuke so viel über dieses Thema sprach und vor allem ohne, dass man selbst danach fragte und die Informationen nahezu aus ihm herausquetschte, sprach dafür, dass es ihm wirklich wichtig war.

"Und vor allem wäre das der beste Weg, um es meinem Vater so richtig zu zeigen", fügte er mit gedämpfter Miene an und drückte vor aufkeimender Wut die Zeitschrift leicht zusammen.

Beruhigend glitt meine Hand daraufhin zu seinem Gesicht, streichelte dort seine Wange und drehte ihn schließlich zu mir, so dass er mich wieder ansah.

"Ich verstehe, was du meinst. Und Sasuke, wenn das dein Traum ist, dann werden wir den auch verwirklichen. Das schaffen wir. Du wirst berühmt, reich und dein Vater wird sich schwarz ärgern", lächelte ich ihm zu und er erwiderte es.

Dann legte er auch schon kurzerhand die Zeitschrift beiseite, rückte näher an mich heran und küsste sich meinen Hals entlang. "Danke", flüsterte er dazu und schob seine Hand gierig unter mein Shirt. Ein leises Stöhnen entfuhr meinen Lippen, als er schließlich ein Bein um meine Hüfte legte und mir nun bei seinen Berührungen in die Augen sah. Dieser urplötzliche Themenwechsel faszinierte mich regelrecht.

"Waren wir nicht fleißig genug in den letzten Tagen?", grinste ich schief und legte nun doch meine Arme um seinen Körper.

"Schon, aber es gefällt mir mittlerweile immer besser. Oder hast du andere Pläne für heute Abend?" Nach diesen eigentlich rhetorischen Worten hauchte er mir zunächst einen sanften Kuss auf die Stirn, dann auf die Wange und schließlich berührten seine Lippen hauchzart meinen Mund.

Natürlich wollte ich mit ihm schlafen. Das wollte ich immer. Aber ich rief mir wieder in Erinnerung, dass wir seit dieser einen bedeutenden Nacht beinah täglich Sex hatten und ich unsere Beziehung doch eigentlich nicht bloß darauf reduzieren wollte. Das hatte ich noch vor wenigen Wochen beteuert. Obwohl ich zu dem Zeitpunkt auch noch nicht ahnen konnte, wie viel Spaß diese Form von Sport doch machte.

Trotzdem sollte es nicht zur langweiligen Gewohnheit werden. Es sollte etwas Besonderes bleiben, wenn wir miteinander schliefen.

"Wir könnten uns einen gemütlichen Abend vor dem Fernseher machen", murmelte ich deshalb und fuhr mit den Fingerspitzen durch sein schwarzes Haar.

"Einen Moment noch", hauchte er mir erneut zu und drückte mich dann in die Kissen, um sich schief grinsend auf mich zu setzen. Wieder wurde mir bewusst, dass er mit jedem Mal, in dem wir Sex hatten, mehr und mehr seine Hemmungen verlor. Er wurde dominanter, sowie fordernder und ich befüchtete, dass ich diese Wünsche bald nicht mehr erfüllen und sich das Blatt wenden würde.

"Sag mal, Sasuke...", begann ich stockend, als seine Hand in meine Hose glitt. "Hm?", machte er nur, sah dabei aber nicht zu mir auf.

"Ist das so okay für dich?"

Diese Frage stand ein paar Sekunden unbeantwortet im Raum, wodurch mein Blick ungeduldig zur weißen Zimmerdecke schweifte und diese fixierte. Dann bemerkte ich schließlich, dass er mit seinen intimen Berührungen inne hielt und nun nur noch meine Seite auf und ab fuhr.

"Was ist wie okay?", hakte er nach und an seiner Tonlage konnte ich erkennen, dass er leicht schmunzelte. "Na ja, mit uns", druckste ich herum und kniff verlegen die Augen zusammen. Bislang fand ich einfach nicht die richtigen Worte, um es verständlich zu umschreiben, aber auch nicht den Mut, es gerade heraus zu sagen.

"Ich weiß nicht, worauf du hinaus willst. Du musst schon konkreter werden."

Für einen Moment überlegte ich daraufhin, es einfach auf sich beruhen und ihn mit dem fortfahren zu lassen, was er soeben begonnen hatte.

"Na mit unserer Rollenverteilung", gestand ich nun doch und machte mich darauf gefasst zur Antwort auf den Bauch gedreht zu werden.

"Ach das meinst du", erwiderte er jedoch und strich nun meine Brust entlang. "Na ja, ich sagte doch, dass es mir zunehmend besser gefällt. Und außerdem mag ich es, diese spezielle Kontrolle über dich zu haben", murmelte er und als ich die Augen daraufhin überrascht öffnete, sah ich direkt sein noch immer schiefes Grinsen.

"Weißt du, wenn ich die Führung übernehmen würde, dann wäre doch irgendwie der Reiz weg. So ist es doch viel lustiger. Schließlich kann ich auch auf diese Weise die Führung übernehmen und dich kontrollieren", raunte er nun in mein Ohr und leckte anschließend meinen Hals entlang. Ein Schauer lief dabei meinen Rücken hinab, als seine Zunge meine nackte Haut berührte.

"So gefällt mir das Spiel viel besser."

Und bei diesen Worten legte sich nun auch auf meine Lippen ein fieses Grinsen. "Weißt du, Sasuke. Dieses Spiel kann man aber auch zu zweit spielen", erwiderte ich und schlang die Arme besitzergreifend um seinen Oberkörper.

"Übernimm dich nicht, Usuratonkachi", lachte seine leicht heisere Stimme, doch schon im nächsten Augenblick hatte ich ihn bei den Schultern gepackt und nach oben gedrückt, so dass er wieder breitbeinig auf mir saß, ohne mich zu berühren.

"Zieh' dich aus", befahl ich nun mit nüchterner Miene und machte eine kurze Drehbewegung mit dem Finger, während ich unseren Blickkontakt eisernen Willens aufrecht erhielt. Für einen Moment betrachtete er mich überrascht, dann umspielte erneut ein breites Grinsen seine Lippen und er stemmte beide Hände auf meiner Brust ab, um meinem Gesicht so nah wie möglich zu kommen, ohne mich zu küssen. Damit ich in seine vor Lust auffunkelnden Augen blicken konnte, die plötzlich das Feuer der Leidenschaft widerspiegelten.

"Ich gebe hier die Befehle: Also ziehst du dich aus", entgegnete er verführerisch und hob mein Kinn mit dem Zeigefinger an.

Wie gesagt: Das Spiel konnte man auch zu zweit spielen.

"Nö", machte ich deshalb nur trotzig und entlockte Sasuke damit einen verdutzten Gesichtsausdruck. "Dann zieh ich dich eben selbst aus", fügte ich an und gerade, als ich meine Hände an seinen Körper legen wollte, packte er mich auch schon bei den Handgelenken und drückte sie hinunter auf das Bettlaken.

"Ich sagte, dass du dich ausziehen sollst", grummelte er mir entgegen und ich musste postwendend grinsen. "Tja, an deiner tollen Kontrolle musst du wohl noch etwas feilen, mein Liebling."

Diese Aussage war der Stein des Anstoßes und führte dazu, dass es an diesem Abend keinen Sex, aber dafür eine ausgesprochen intensive Rangelei und beinah eine, wenn auch herzliche, Prügelei zwischen uns gab.
 

"Für die nächsten zwei Wochen kannst du's dir selbst besorgen, du Usuratonkachi", motzte Sasuke, als wir beide auf der Couch Platz nahmen, wobei jedoch ein leichtes Grinsen sein Gesicht zierte.

Deshalb zuckte ich nur lachend mit den Schultern. "Das hab' ich jahrelang machen müssen, also was sind schon zwei Wochen mehr oder weniger?"

Sasuke breitete daraufhin lachend die große Wolldecke über uns aus, während ich den Fernseher einschaltete und zunächst die Fernsehzeitung zur Hand nahm. Neugierig guckte er mir dabei zu.

"Und? Was läuft so?", fragte er und bettete seinen Kopf erschöpft auf meiner Schulter. Dabei legte ich einen Arm um ihn und zog ihn näher zu mir. Es war schön ihn so nah bei mir zu wissen. Und diese Gewissheit, dass es die nächsten zwei Tage genauso sein würde, ließ mein Herz höher schlagen.

"Also in zehn Minuten fängt 'n Actionfilm an, gerade läuft so eine Schnulze und in ein paar Minuten beginnt noch ein Horrorfilm", erklärte ich, als meine Augen das Programm überflogen.

"Dann mach' den Horrorfilm an", meinte Sasuke und schlang beide Arme um meinen Oberkörper, während er einmal laut aufgähnte. "Vielleicht schlaf ich dann nicht direkt ein", fügte er an und ich konzentrierte mich für den Moment auf den wohligen Duft, der von ihm ausging. Der Duft, der hoffentlich noch Tage später meine Wohnung erfüllen würde, auch wenn er längst wieder Zuhause schlief.

"Gut", stimmte ich dann zu und schaltete den entsprechenden Sender ein. "Du und Itachi seid übrigens echt anstrengend", murmelte Sasuke beiläufig, während im Hintergrund noch die Werbung lief.

Augenblicklich zogen sich meine Augenbrauen zusammen. An dieses Ekelpaket wollte ich momentan am allerwenigsten denken. Dass er auch gerade dieses Thema anschneiden musste, ärgerte mich schon ein wenig.

"Ich kann nichts dafür. Er provoziert mich andauernd", murrte ich vor mich hin und biss die Zähne zusammen. Ich wollte mich nicht aufregen. Das sollte doch eigentlich ein schöner Abend werden. Ein Abend, der nur Sasuke und mich beinhaltete. Da war kein nervtötender Itachi vorgesehen. Es konnte doch nicht wahr sein, dass er mir den Abend sogar dann noch versaute, wenn er überhaupt nicht anwesend war!

"Ihr gebt euch da nicht viel. Du provozierst genauso viel wie er. Und allmählich wird euer Verhalten ziemlich kindisch. Schließlich seid ihr beide intelligente und vor allem erwachsene Männer. Ihr solltet mit der Situation beiderseits anders umgehen können", tadelte mein schwarzhaariger Freund nun und ich begann daraufhin mit den Zähnen zu knirschen.

"Versuch' wenigstens, dich in Zukunft ein wenig mehr zu beherrschen", bat er im Befehlston und ich nickte nur. "Ich werd's versuchen, aber ich garantiere für nichts. Nicht, wenn er mir wieder mit irgendwelchen Perversionen kommt, die dich beinhalten. Diese elende Inzest-Sau", brummelte ich und versuchte erst einmal mich wenigstens in diesem Augenblick zu beherrschen und nicht direkt aus der Haut zu fahren bei dem Gedanken an Sasukes Bruder und seine kranken Interessen.

Doch Sasuke stöhnte nur entnervt auf. "Dir fällt es also nicht auf, dass er das nur sagt, um dich aufzuziehen? Und ich meine, das gelingt ihm ja nun wirklich wunderbar, wie ich sehe."

"Woher willst du wissen, was sich sein krankes Hirn zusammen spinnt?", konterte ich direkt aufgebracht und ballte eine Faust.

"Du verrennst dich da in etwas, Naruto. Aber selbst wenn es so wäre: Kann dir das nicht total egal sein? Du weißt doch, dass es nur einen Bekloppten für mich gibt. Und das bist du, Usuratonkachi", murmelte er und drückte mir einen kurzen Kuss auf die Wange.

Daraufhin lief ich ein wenig rot an. Eigentlich hatte er ja recht. Eigentlich sollte es mir egal sein, was Itachi von Sasuke wollte oder nicht wollte. Aber trotzdem machte mich allein der Gedanke daran nahezu rasend vor Wut.

"Du hast recht", erwiderte ich jedoch, um des lieben Friedens willen, wandt mich dann zu ihm und verwickelte ihn in einen leidenschaftlichen Kuss, ehe der Film begann.

Eine geraume Zeit später lösten wir uns wieder voneinander und schenkten schließlich dem Film, dessen Vorspann soeben begonnen hatte, unsere gesamte Aufmerksamkeit.

Es dauerte nicht lange, bis ich schließlich feststellte, dass ich mit dieser Filmauswahl einen riesigen Fehler begangen hatte. Denn ich hatte zuvor nicht gesehen, dass es sich hierbei um Geister drehte.

Und ich hatte selbst in diesem Alter noch eine scheiß Angst vor so etwas. Und während Sasuke allmählich immer müder wurde, rutschte mir das Herz beim Zusehen weiter und weiter in die Hose.

"Du zitterst ja. Sag' bloß, du hast Angst vor Geistern", stellte Sasuke schließlich belustigt fest und kniff mich in die Seite. Doch ich schüttelte nur heftig mit dem Kopf, erschrak aber gleich darauf beim unerwarteten Auftauchen des nächsten Geistes.

Aus diesem Grund war Sasuke urplötzlich wieder hellwach und amüsierte sich gar prächtig über meine Furcht. "Wer den Schaden hat", murrte ich nur und verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust.

Kurz darauf verstummte sein Gelächter wieder und ich horchte auf. Wie erwartet spürte ich nur Sekunden später seinen heißen Atem an meinem Ohr und er flüsterte mir zu: "Keine Sorge. Ich bin ja heute Nacht bei dir. Und wenn du noch ein bisschen lieb zu mir bist, dann beschütz' ich dich auch."
 

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Für die Interessierten: Ich fange am WE mit einer Freundin eine ItaSakuSasu-Story an, also eine Hetero-Story (wow!!!), aber nein kein Dreier, sondern eine Dreiecksbeziehung, nur zum besseren Verständnis *hust*. Und das, obwohl ich das Pairing eigentlich nicht sooo wirklich mag :D Aber ich hab' mich weichklopfen lassen und es letztendlich selbst vorgeschlagen, töhö.

Was ihr erwarten könnt: Keine 'normale' SasuSaku-Story.

Wer Interesse hat, der lässt es mich iwie wissen und bekommt dann 'ne ENS von mir, sobald wir das erste Kapitel veröffentlicht haben. ;-)
 

lg,
 

sissyphos

Die zweite Prüfung

Hallo, meine lieben Leser!

Ich hoffe, dass wir die letzte Durststrecke noch gemeinsam überwinden können, ehe das eigentliche Ziel erreicht ist.

Nur noch ein wenig Geduld, bitte ;-)
 

lg,

sissyphos

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Die nächste Woche verging deutlich schneller, als wir zunächst gedacht hatten. Es war einfach noch zu viel zu tun. Jeden Tag trainierten wir mehrere Stunden und guter Dinge ging ich nebenbei auch weiterhin zu Ankos Tanzunterricht - das letzte Mal in meinem Leben. Ich würde nach diesem einen, dem heutigen Tag, nie wieder dort aufkreuzen. Das stand schon mal fest.

Denn jetzt gingen die Scheinwerfer an und ich trat mit kurzen Schritten auf die Bühne. Gekleidet war ich in eine schwarze Trainingshose, ebenso schwarze Schuhe und ein weinrotes Oberteil. Meine Laune war, als ich in das Publikum sah - dabei Kakashi betrachtete, der gerade an alle Umsitzenden Fähnchen mit unseren Namen verteilte, außerdem Sakura sah, die mir aufgeregt zuwinkte und Kussmünde zuhauchte - durch ein paar wenige Drinks auf dem Hochpunkt. Alle waren da. Die ganze Klasse, Itachi und auch mein elender Vater.

Doch nun galt es zunächst Ruhe zu bewahren und absolut überzeugend zu klingen.

"Nabend", rief ich ins Mikrophon, woraufhin die Menge lauter wurde und mich Jiraiya nur völlig verdutzt musterte.

"Wo ist denn dein Freund? Das Blondchen da. Naruto", hakte er nach und auch die beiden anderen Juroren bedachten mich mit überraschten Blicken. Keiner ahnte, was geschehen würde.

"Naruto ist leider heute nicht anwesend. Ihm ist was dazwischen gekommen. Es ist wichtig", erwiderte ich nur nüchtern und verschränkte die Arme vor der Brust.

Daraufhin zog Jiraiya jedoch verstimmt die Augenbrauen hoch und räusperte sich einmal. "Das will ich auch hoffen, dass es wichtig ist. Schließlich geht's hier nicht um 'ne Packung Kaugummi. Sondern um eure Zukunft, Junge."

Zustimmend nickte ich. Dessen war ich mir durchaus bewusst. Hier ging es um alles. Dieser Wettbewerb war weit mehr wert, als so manch einer glaubte. Zumindest für mich. Er konnte schließlich als Sprungbrett nach ganz oben dienen. Wenn wir gewannen. Und wir würden gewinnen. Wir mussten gewinnen.

"Tanzte jetzte alene?", fragte nun Mr. Might Guy nach und tippte mit den Fingern unruhig auf seinem Glas Wasser herum. Genauso wie Tsunade. Den beiden schien diese Vorstellung absolut nicht zu gefallen.

"Ja, tut mir leid", sprach ich daraufhin klar und deutlich, worauf ich nur ein leichtes Nicken erntete, das als Startschuss für meinen Auftritt diente.

Auch ich nickte noch einmal, dann drehte ich mich um und ging in Position. Es dauerte nicht lange und die Bühne verdunkelte sich. Ein Scheinwerfer fiel nun genau auf mich, als die Musik leise zu spielen begann. Ein klassisches Lied, zu dem ich mit ruhigen Bewegungen tanzte. Zunächst im Sitzen und natürlich im altbewährten Modern Dance, genauso wie mein Vater es erwartete. Ich zeigte die Choreographie, die mich Anko für eben jenen Auftritt gelehrt hatte.

Als schließlich die Unruhe und das Gemurmel innerhalb des Publikums größer wurde, umspielte ein leichtes Grinsen meine Lippen, während meine Bewegungen ungehindert fortliefen. Soeben musste Naruto die Bühne betreten haben. Wie geplant war er, auch wenn ich es in jenem Moment nicht sehen konnte, mit einem Radschlag auf die Bühne gekommen und befand sich nun direkt hinter mir. Die Musik wurde allmählich schneller und aggressiver, als Naruto von hinten die Arme um meinen Körper legte und mich im Takt der Musik hin und her bewegte.

Dann setzte die Musik urplötzlich aus. Die Bühne verfinsterte sich. Es lief alles nach Plan. Dann setzte das Lied ein, welches Naruto für mich rausgesucht hatte, während auch das Licht zurückkehrte.

Gitarrensound ertönte. Dann kam das Schlagzeug hinzu. Die erste Strophe des Liedes sang der Originalinterpret, während wir dazu ein paar akrobatische Elemente vorführten: Flickflack in entgegengesetzte Richtungen, eine Drehung, dann sprintete ich auch schon auf das Mikrophon zu und griff danach, führte es in die Nähe meiner Lippen und sang das, was ich schon lange hatte aussprechen wollen, um meinen Aggressionen Platz zu machen:
 

I know my mother loves me

But does my father even care

If I'm sad or angry

You were never ever there

When I needed you

I hope you regret what you did

I think I know the truth

Your father did the same to you

Did the same to you
 

I'm crying day and night now

What is wrong with me

I cannot fight now

I feel like a weak link

Crying day and night now

What is wrong with me

I cannot fight now

I feel like a weak link[1]
 

Bei meinem Gesang grölte uns das Publikum entgegen. Nicht, weil ich so herausragend gut sang. Ich hatte unheimlich viel üben müssen, um überhaupt auf ein akzeptables Niveau zu gelangen, aber ich transportierte mit dem, was ich tat, etwas. Und das schien den Rest direkt anzusprechen. Vielleicht konnten sie sich selbst darin wiederfinden. Aber egal, was es war, es war ein unbeschreiblich gutes Gefühl so gefeiert zu werden. Zu dieser Strophe hatte Naruto sich außerdem die bereitstehende Gitarre geschnappt und spielte nun die wenigen Töne, die er in der kurzen Zeit gelernt hatte, während er sich mit dem Rücken an meine Schulter lehnte und einen auf obercool machte, was mich sogar beinah zum Grinsen brachte, obwohl ich eigentlich völlig vertieft in den Text war und dieser auch eine ernste Miene forderte, um überzeugend zu wirken.

Aber Naruto war in nahezu jeder Situation in der Lage mich aus dem Konzept zu bringen. Das war seine große Kunst, die mich am meisten an ihm faszinierte. Er übte eine unglaubliche Kontrolle auf mich aus, ohne es wirklich zu wollen.

Doch nun endete dieses ausdrucksstarke Lied und im direkten Kontrast dazu, setzte nur wenige Sekunden später die Partymusik ein. Simple Töne waren zu hören und Naruto und ich gingen erneut in Position. Kurz führten wir einige unpassende Breakdance-Moves vor, um nicht völlig von dem abzukommen, was wir eigentlich verkörpern wollten, um uns dann ebenfalls dieser simplen Musik anzupassen. Heute lag unser Schwerpunkt nicht auf dem, wofür wir normalerweise unser letztes Hemd geben würden. Und das war Breakdance. Kein anderer Tanz.

Doch für unser heutiges Ziel war das absolut irrelevant. Das einzig Wichtige war, dass sich mein Vater blamiert vorkäme. Also folgte nun die Tanzeinlage mit den Tänzerinnen, die nach Narutos Wünschen allesamt leicht bekleidet waren und um uns umhertanzten. Die Bühne wurde währenddessen in ein buntes, tanzendes Licht gehüllt, während die elektronische Musik in voller Lautstärke ertönte.

Zunächst dienten die Tänzerinnen nur als Begleitung, dann tanzten wir mit ihnen und schließlich dominierten sie über uns, drückten uns zu Boden, setzten sich auf uns, während unsere Bewegungen weiterhin zuckend im Takt verliefen. Das volle Programm. Die ganze Aktion war unheimlich peinlich. Aber es war mir egal. Hauptsache es erzielte den gewünschten Effekt.

Schließlich verstummte die Musik und Naruto und ich klatschten einmal unsere Hände ab, als wir uns grinsend zur absolut sprachlosen Jury wandten. Wir traten näher auf diese zu, mein blonder Freund legte mir lachend einen Arm um die Schulter und als ich das ratlose Publikum sah, wenn man einmal von den bereits Eingeweihten absah, konnte ich mich nicht mehr beherrschen.

"Ich kann nicht mehr", prustete ich los, krümmte mich beinah vor Lachen und Naruto tätschelte beruhigend meinen Rücken, während ich kaum mehr Luft bekam.

"Ja, das sieht man", entgegnete Jiraiya nur leise und als ich daraufhin wieder aufsah, erkannte ich, dass er in Denkerpose auf seinem Stuhl saß, wohingegen mich Tsunade nur weiterhin überrascht anblinzelte. Sie konnte es anscheinend nicht ganz glauben, was soeben geschehen war.

"Das war wirklich mal was anderes", fuhr er ruhig und bedächtig fort, wobei er seinen Blick kurzzeitig nachdenklich Richtung Decke richtete. "Der Kontrast war ziemlich hart. Ich meine, das passte eigentlich überhaupt nicht richtig zusammen. Erst dieses Ernste, dann plötzlich diese Partymusik. Ich weiß nicht, ob es dadurch nun dramatischer oder einfach nur lächerlich wurde."

"Tja, wir nennen uns ja nicht umsonst 'Black & White'", wandt Naruto frech ein und rieb sich schief grinsend über den Hinterkopf.

"Das stimmt wohl", grinste Jiraiya zurück. "Na ja, also der Gesang war nicht perfekt, das weißt du sicher selbst. Aber ich finde, dass du damit etwas transportieren konntest. Ihr habt das sicherlich nicht aus Spaß eingebaut, oder?", wandt sich Jiraiya nun explizit an mich und durchbohrte mich mit fragenden Blicken.

"Nein und an dieser Stelle würde ich gerne noch ein paar Worte an meinen Vater richten. Ich wollte nur sagen: Ich zieh aus", sprach ich nun laut und deutlich ins Mikrophon, lächelte dabei zufrieden und triumphierend, während meine Augen das Publikum überflogen, das plötzlich wie verstummt war. Doch genauso plötzlich, wie sie verstummten, ertönte auch der darauffolgende Applaus und ließ mich erleichtert aufatmen. Mir schien die ganze Last der letzten Jahre abrupt von den Schultern zu fallen. Narutos Idee war wirklich Gold wert. Und anscheinend hatten wir uns so auch die Sympathie der Zuschauer erkämpfen können - zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

Nur leider konnte ich in jenem Moment in dem ganzen Getümmel nicht erkennen, ob mein Vater noch anwesend war und ob er meine tragschweren Worte überhaupt mitbekommen hatte. Aber auch das war egal. Hauptsache ich hatte es gesagt. Endlich gesagt. Endlich ausgesprochen. Mich selbst befreit.

"Das ist dann wohl eindeutig. Aber was mich wirklich überrascht hat: Du hast gelacht, Sasuke. Und gegrinst. Beim letzten Auftritt musste ich dich noch als Eisklotz beschreiben, jetzt scheinst du mir fast wie ausgewechselt. Die Bühne tut dir gut. Das freut mich. Naruto scheint hier dagegen ja eh schon Zuhause zu sein. Ich hatte erst schon befürchtet, dass du wirklich nicht aufkreuzen würdest. Dabei mag ich dich doch jetzt schon. Erinnerst mich immer an mich selbst als junger Kerl", grinste Jiraiya nun in Narutos Richtung und hob einmal anerkennend den Daumen in die Höh'.

"Yo, danke, alter Mann!", erwiderte Naruto lachend darauf und ich musste schmunzeln. Naruto nahm das Ganze total gelassen. Seine lockere Art war beneidenswert.

"Also ich fand euch auch großartig, Jungs. Und ich fand auch diese Kombination super. Auch die Fotos, die im Hintergrund von euch beiden und euren Freunden gezeigt wurden, waren sehr authentisch. Ihr habt euch bei der ganzen Aktion sicherlich was gedacht, aber worauf ich eigentlich hinauswollte: Die Tänzerinnen waren ziemlich hübsch. Seid ihr eigentlich vergeben oder wie sieht das bei euch aus?", fiel Tsunade direkt mit der Tür ins Haus und lächelte uns schelmisch entgegen.

"Nee, sind wir nicht", erklärte Naruto und verstärkte seinen Griff merklich um meine Schulter. Ich hoffte bloß, dass er nichts Unüberlegtes tun würde.

"Also dürfen die Mädels noch hoffen?", lachte Tsunade und tippte mit ihren Fingern auf der Tischplatte herum. Es war nicht zu übersehen, dass sie eigentlich kein persönliches Interesse an diesem Thema hatte. Sie fragte nur im Sinne der Einschaltquoten. Das war schließlich ihr Job.

"Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt", murmelte ich nun ins Mikrophon und meinte es genauso, wie ich es sagte.

"Dat seh ick och so, aba Jungs: Das wa so Drama, Baby. Hätt weinen können. Meha möcht ick nich dazu sagen", ergriff nun Mr.Might Guy das Wort und rieb sich über die Augen, um die aufkommenden Tränen zu unterdrücken.

"Drama, Baby!", lachte Naruto daraufhin und löste endlich seinen Arm von meiner Schulter.

"Obwohl ich ja nochmal anmerken muss", begann Jiraiya mit einem fiesen Grinsen auf den Lippen. "Übertreibt es nicht mit solchen Tänzereien. Das war ja schon relativ offenherzig und dein Hüftschwung war auch ganz großes Kino, Naruto, aber sonst bekommt ihr bald Post von den ganzen Männern, die sich angesprochen und animiert fühlen euch zu schreiben."

Daraufhin erfüllte ein schadenfrohes Lachen den Raum, das sowohl von Jiraiya als auch dem Publikum ausging, und Naruto betrachtete den Juror zunächst etwas stutzig, dann grinste er ebenfalls nicht minder schadenfroh. Die beiden waren sich in gewisser Hinsicht ziemlich ähnlich. In diesem Moment legte sich auf meine Wangen jedoch eine unangenehme Röte, die hoffentlich niemand bemerkte. Weil ich mir nur durch diesen Kommentar ertappt vorkam. Ich wollte darauf nichts sagen. Aber ich musste locker bleiben. Ansonsten verriet ich mich selbst mit meinem merkwürdigen Verhalten.

"Wenn dann kriegt sowieso nur Mr. Pretty-Face hier neben mir die ganze Post. Ich brauch da keine Angst zu haben", lachte mein blonder Freund und ich verpasste ihm daraufhin ein leichten Stoß gegen die Schulter, woraufhin er mir entschuldigend in die Augen sah. Mit diesem Hieb versuchte ich mein Unwohlsein gekonnt zu überspielen und mich völlig normal zu verhalten.

"Na, wenn du dich da mal nicht verschätzt. Aber die Fanpost wird ja demnächst bei euch eintrudeln, dann seht ihr das Ergebnis eures Werks ja", schmunzelte Jiraiya für einen kurzen Moment. "Jedenfalls hoffe ich, dass die Leute für euch anrufen. Ihr gefallt mir. Ihr habt Persönlichkeit."

Damit war das Gespräch eindeutig abgeschlossen, weshalb Naruto und ich unter riesigem Applaus die Bühne verließen und wie von der Show vorgesehen, in der ersten Reihe Platz nahmen, um auch die restlichen Auftritte in Augenschein nehmen zu können. So konnten wir uns einen guten Überblick über unsere Konkurrenz verschaffen.

Und die war zugegeben ziemlich groß. Es gab einige Akrobaten, Tänzer, Sänger, Komödianten - das volle Programm nunmal. Es war wirklich von allem etwas vertreten.

Bis zu dem Augenblick, als zwei große schlanke Frauen die Bühne betraten, blieben Naruto und ich noch relativ gelassen, doch dann konnten wir beide unseren Augen nicht mehr recht trauen.

"Das ist unmöglich...", murmelte Naruto schockiert, als sich die beiden Frauen vorne noch einmal vorstellten und von Jiraiya sowohl begeisterte, als auch lüsterne Blicke ernteten.

Die zwei Tänzerinnen stellten sich als Naruko und Sasuko vor und im ersten Moment glaubte ich, dass das ein ziemlich schlechter Scherz sei. Das konnte einfach nicht sein. So einen Zufall konnte es doch gar nicht geben. Die beiden waren uns erschreckend ähnlich, das Einzige, was sie von uns unterschied war ihr Geschlecht. Ansonsten sahen sie uns zum verwechseln ähnlich und mir klappte bei dem Anblick wahrlich die Kinnlade herunter, wohingegen Naruto nun amüsiert zu kichern begann.

"So seh ich also als Frau aus. Ganz schön heiß, oder Sasuke?", grinste er mir nun entgegen und stieß mir seinen Ellenbogen in die Seite. Doch ich starrte nur weiterhin fanatisch auf die Bühne, die sich nun genau wie bei uns zuvor, zu verdunkeln begann.

Dann ertönte Musik und die beiden legten einen ziemlich heißen, erotischen Tanz aufs Parkett, von dem das ganze Publikum hörbar begeistert war. Auch die Jury lobte die beiden jungen Frauen in höchsten Tönen und drückte ihnen ebenfalls die Daumen, dass das Publikum für sie anrufen würde.

Es musste ein Zufall sein. Aber daran hatte ich eigentlich noch nie wirklich geglaubt. Für mich gab es keine Zufälle im Leben. Irgendetwas musste das hier zu bedeuten haben. Und wenn es auch noch so banal sein mochte, das konnte nicht das Ende dieser Begegnung sein.

Als sie nach dem Urteil die Bühne wieder verließen, betrachtete mich diese Sasuko für einen kurzen Augenblick. Ein Blick, den ich nicht deuten konnte. Ein Blick, der mich erahnen ließ, dass sie bereits etwas wusste, was ich noch nicht erkannt hatte. Aber das war lächerlich. Totaler Schwachsinn. Dennoch ängstigte mich dieser Anblick. Weil es war, als würde ich direkt in den Spiegel sehen.

Trotzdem war sie vollkommen anders, als ich es war. Sie war anders und gleichzeitig völlig identisch. Diesen Augenblick würde ich mein Lebtag nicht vergessen, dessen war ich mir sicher. Schon zu diesem Zeitpunkt.
 

Stunden vergingen und als die Entscheidung schließlich vom Publikum getroffen war, wer ins Finale kommen würde, da wurde Naruto mit einem Mal ganz unruhig neben mir auf seinem Stuhl.

"Was hast du?", fragte ich vorsichtig nach und glaubte im ersten Moment, er sei genauso aufgeregt wie ich. Dass er ebenfalls Angst habe, zu versagen. Doch das passte nicht zu Naruto. Und als er daraufhin breit grinste, wusste ich, dass meine ersten Bedenken nicht zutrafen.

"Ich muss mal", murmelte er und ich bemerkte, dass sich seine Wangen vor Scham leicht rot färbten. Einen Augenblick benötigte ich, um das zu verarbeiten, was er gesagt hatte, dann entfuhr meinen Lippen ein entnervtes Seufzen.

"Nicht dein Ernst", sagte ich nur, während ich die Augen verdrehte und meinen Blick wieder starr auf die Bühne richtete.

"Ich beeil mich auch", erwiderte er daraufhin und noch ehe ich ihn aufhalten konnte, war er auch schon mit berauschender Geschwindigkeit an mir vorbei gestürmt, auf der Suche nach der nächsten Toilette. Der Kerl war die Ruhe in Person. Nerven aus Stahl.

"Du Usuratonkachi", flüsterte ich nur gedankenversunken, als mein Blick seiner kontinuierlich unschärfer werdenden Silhouette folgte.

Als der Moderator nun begann, die Ergebnisse vorzulesen und ein absolutes Geheimnis mit ellenlangen Pausen darum zu veranstalten, schweiften meine Gedanken wieder zu diesen beiden Frauen ab, die ich vor einiger Zeit auf der Bühne gesehen hatte. Obwohl ich mich mehrmals umsah, konnte ich sie nirgends in der ersten Reihe ausmachen. Die ganze Situation war komisch.

Aber ich übertrieb.

Es gab kein Geheimnis um diese beiden. Das einzige Geheimnis war, warum sie uns nahezu identisch sahen und auch noch ähnliche Namen trugen.

Ich schüttelte die Gedanken schließlich ab. Das war doch kindisch.

"Black & White bitte auf die Bühne", rief der Moderator erneut und ich schreckte nun durch seine laute Stimme auf, erhob mich schnell von meinem Platz und ging über wenige Stufen hinweg, direkt wieder die Bühne, auf der Naruto und ich zuvor getanzt hatten.

"Heute Abend werden insgesamt vier Teams bzw. Kandidaten in die Endrunde kommen. Und diese wurden von ihnen, liebe Zuschauer, bestimmt. Doch wer wird schlussendlich das Rennen machen? Wir haben die Ergebnisse", erklärte der brillentragende Moderator nun in die Kamera und ich sah mich in der Zeit um. Wie zu erwarten, standen auch die beiden Frauen hier. Sie waren hübsch. Und talentiert. Und das Publikum, sowie die Jury waren hin und weg gewesen. Sie trauten sich vor allem mehr, als wir. Stellten ihre Körper zur Schau. Die beiden wussten, was sie taten. Sie waren professionell.

Dann fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen: Neid.

Ich war neidisch. Zumindest kam es mir so vor. Weil sie uns so ähnlich waren, aber gleichzeitig mehr überzeugten. Das störte mich. Jetzt durchschaute ich endlich meine anfänglichen Gedanken und kam mir bloß noch lächerlicher vor.

"Außerdem weiter sind: Unsere heißen Jungs von Black & White!", rief der Moderator nun und entriss mich abermals meinen Überlegungen. Zunächst konnte ich es nicht fassen. Dass er tatsächlich unseren Namen ausgesprochen hatte, konnte ich nicht glauben. Ich starrte einfach nur sprachlos drein, dann umspielte urplötzlich ein siegreiches Grinsen meine Lippen und kurz darauf entfuhr meinem Mund ein kurzes Jubeln. Der anerkennende Applaus der Zuschauer folgte und ließ mein Herz nur immer wilder schlagen. Das war einer der besten Momente meines bisherigen Lebens. Definitiv.

Dann wurden die letzten beiden Teams bekannt gegeben, die ebenfalls ins Finale kamen. Und während der Moderator davon sprach, versank ich tief in meinen Träumereien. Für einige Momente schwebte ich geradewegs auf Wolke Sieben. Als hätte ich es bereits geschafft.

Dabei hatten wir noch überhaupt nichts geschafft.

Als meine Augen über das jubelnde und applaudierende Publikum schweiften, machte ich schließlich auch Naruto aus, der sich durch die Masse durchquetschte und den Weg zur Bühne suchte. Als er diese kurze Zeit später auch betrat, sah er mich fragend an. Doch als ich daraufhin den Daumen hob und ihm ein Grinsen zukommen ließ, das wahrlich bis über beide Ohren reichte, da lachte auch er herzlich auf.

Anschließend ging er in Position und nahm Anlauf, um mich nur wenige Sekunden später krachend zu Boden zu reißen und nun gänzlich auf mir zu liegen. Dass die Kameras in jenem Moment alle auf uns beide gerichtet waren, war mir bewusst. Und auch Naruto schien es zu wissen. Denn nachdem er sich sichtlich gefreut hatte und schließlich bemerkte, in was für einer Situation wir uns befanden, sah er zur Seite, geradewegs in eine Kamera hinein, lachte und rutschte mit den Worten: "Uh, Baby, Baby", über meinen Körper hinweg, als sei er ein schlechter Rodeo-Reiter, wodurch er jedoch den Text eines unserer Lieder wieder aufgriff.

Daraufhin lachte der Saal laut auf und ich drückte diese Klette ebenfalls lachend von mir herunter. In jenem Moment war es mir egal, was die Leute nun dachten oder nicht dachten. Weil ich schlichtweg zu glücklich war, dass wir tatsächlich mit unserem Rumgehampel ins Finale gehampelt waren, um mir ernsthafte Gedanken über die Folgen zu machen.

Dieses Gefühl war einfach atemberaubend. Als hätte man soeben etwas wirklich Gigantisches auf die Beine gestellt. Oder etwas mit eigenen Händen und Schweiß erbaut. So ein Gefühl hatte ich innewohnend.

"Liebe Finalisten", erhob nun Jiraiya lauthals das Wort und lenkte damit augenblicklich die gesamte Aufmerksamkeit auf seine Person.

"Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums von 'Das Hammertalent', haben wir uns für euch etwas ganz Besonderes überlegt", verkündete er stolz und erhob sich mit diesen Worten von seinem bequemen Stuhl, den er während der gesamten Show nicht ein einziges Mal verlassen hatte.

"Dieses Finale wird nämlich anders verlaufen, als alle bisherigen. Und um euch nicht länger auf die Folter zu spannen, sag ich gerade heraus: Es werden Teams gebildet."

Daraufhin war der gesamte Saal still. Keiner wusste so recht, was Jiraiya damit meinte. Schließlich waren Naruto und ich bereits ein Team.

"Und wir haben beschlossen, da es die Entscheidung des Publikums anbietet, eine Jungen- und eine Mädchengruppe zu bilden. Wir haben nämlich zwei männliche und zwei weibliche Tänzer, sowie einen männlichen und einen weiblichen Sänger. Es wäre eine Schande, diesen Zufall nicht auszunutzen", fuhr er fort und rieb sich grinsend mit dem Daumen über die Nasenspitze.

Wieder dieses Wort: Zufall.

"Wir wollen hierbei ein für alle Mal die Frage klären, welches der beiden Geschlechter heißer bzw. attraktiver ist. Wer das Publikum mehr verzaubern kann. Demnach befinden sich nun 'Black & White' gemeinsam mit dem Sänger Dustin in einer Gruppe, wohingegen 'Sweet Surrender' zusammen mit der Sängerin Lilly ein Team bilden. Per Zufallsprinzip wird den beiden Gruppen nun ein Lied zugewiesen, zudem ihr eine Choreo gestalten müsst. Aber vorweg: Ihr bekommt keine Hilfsmittel. Weder weibliche, noch männliche Tänzer stehen euch dabei zur Verfügung. Das wäre schlichtweg zu einfach. Schließlich geht es hierbei um eure eigene Leistung", erklärte Jiraiya ausführlich und wies anschließend auf die riesige Leinwand hinter uns, auf der auch die Fotos, während unseres Auftritts zu sehen gewesen waren.

"Zunächst wählen wir den Song für das Mädchenteam aus - Ladies first."

Meine Augen verfolgten, wie unendlich viele Lieder hintereinander aufgereiht wurden und der Auswahlgenerator abrupt inne hielt: Lady Gaga - Love Games stand dort in dicken, fetten Buchstaben geschrieben und die Menge jubelte auf.

"Das wird nun euer Lied in der nächsten Woche sein. Kommen wir zu unseren Jungs", murmelte Jiraiya und wieder richteten sich meine Augen starr auf den Bildschirm. Nun war ich aufgeregt. Hoffentlich bekamen wir etwas, das nicht allzu peinlich war.

Und dann das, das mich beinah aus den Latschen kippen ließ: Rihanna - S & M.

"Das ist ja wohl ein Scherz", murrte ich direkt vor mich hin, ohne es wirklich zu bemerken. Doch unser Juror bemerkte meine Abneigung augenblicklich.

"Möchtest du vielleicht mit den Mädels tauschen, Sasuke?", fragte er sarkastisch und in meinem Kopf lief dieses Lied von Lady Gaga ab, was mich dazu bewegte, verneinend mit dem Kopf zu schütteln.

"Aber, das ist doch absolutes Mobbing, dass wir zu so etwas tanzen müssen", fuhr ich entnervt fort und war mir selbst gar nicht im Klaren darüber, wie schwachsinnig ich mich gerade anhören musste.

"Krieg dich wieder ein", warf nun dieses Mädchen mit den langen, schwarzen Haaren, die den Namen Sasuko trug, ein und funkelte mich wütend aus ihren pechschwarzen Augen an. Diesen Blick erwiderte ich direkt.

"Nah, das wird doch lustig", wandt Naruto nun grinsend ein, um die Stimmung aufzulockern und legte um die Schultern dieses sechszehnjährigen Dustin und meine eigenen, einen Arm. "Holt die Peitschen raus, Jungs", lachte er vor sich hin und Jiraiya stimmte in sein Gelächter ein.

"Dann könnt ihr uns ja noch ein wenig mehr von der Einlage eben zeigen", witzelte er und spielte ganz eindeutig auf Narutos Aktion vor wenigen Minuten an.

"Klar, da stehen wir drauf", grinste mein blonder Freund weiter und ich wäre am liebsten im Erdboden versunken, obwohl das Publikum alles, was er sagte, als eine Art Gag aufzufassen schien.

"Ich hab' jetzt schon keinen Bock mehr", meldete sich nun auch Dustin mürrisch zu Wort und entpuppte sich in meinen Augen bereits als pubertierende Diva. Auch wenn mein Verhalten nicht unbedingt besser war.

"Nehmt euch die Aufgabe lieber zu Herzen. Schließlich wird euer erster Auftritt darüber entscheiden, ob ihr euren zweiten Soloauftritt überhaupt noch zeigen dürft. Ihr müsst die erste Runde nämlich als Team gewinnen. Das heißt, dass das Team mit den meisten Anrufen gewinnt und dann nach dem Teamplay wieder gegeneinander in der Entscheidungsrunde antritt. Also lernt miteinander auszukommen", riet uns Jiraiya zum Abschluss und damit war die Show fürs Erste zu Ende.
 

Seit einigen Stunden befanden wir uns nun schon auf dieser After-Show-Party. Sasuke und ich hatten uns zur Feier des Tages so richtig einen gebechert und waren inzwischen ziemlich betrunken, passten also demnach recht gut zum Rest der Gäste.

Auf jeden Fall war es insgesamt ein lustiger Abend. Mein Freund wurde wie immer mit jedem Glas hemmungsloser, beteiligte sich aus diesem Grund an sonst für ihn belanglosen Gesprächen, während ich mich mehr im Hintergrund aufhielt und die Ruhe, sowie unseren Erfolg genoss.

Ich saß einfach nur auf dieser Couch, hielt mein Bier in den Händen und betrachtete das tanzende Licht an der Decke. Vielleicht hatten wir tatsächlich eine realistische Chance auf den Sieg. Es wäre zu schön. Aber selbst wenn nicht, so hatten wir trotzdem einiges gelernt. Wir gingen also nicht leer aus. In keinem Fall. Außerdem machte es unheimlich Spaß zusammen mit Sasuke und unseren Freunden, die uns allesamt tatkräftig zur Seite standen, die Choreographien einzustudieren.

Nun kam mein betrunkener Freund auch schon lächelnd auf mich zugetorkelt und ließ sich krachend neben mir auf die Couch plumpsen.

"Wir sinn sowas vo die Geilstän", lallte Sasuke erheitert vor sich hin und ich grinste ihm daraufhin ebenfalls zufrieden entgegen. Dann sah ich, wie ihm ein lautes Gähnen entfuhr und er sich langsam zurücklehnte.

"Isch kann nemma", murmelte er und hielt sich die Hand vor die Stirn. Er sah wirklich ziemlich geschafft aus. Und ich war mindestens genauso müde wie er. Außerdem hatten wir morgen einen ohnehin anstrengenden Tag vor uns, schließlich müssten wir Sasukes Habseligkeiten bei seinen Eltern abholen und vor allem am Montag das Ummelden auf einen neuen Wohnsitz in die Wege leiten, was ziemlich viel Papierkram versprach. Trotzdem war ich glücklich, dass es soweit kam. Wir würden endlich zusammen sein. Endlich.

Während ich über die nahe Zukunft sinnierte, war Sasukes Kopf inzwischen schwerfällig auf meine Schulter gefallen. Sein Körper war insgesamt nah an mich geschmiegt und auch mir fielen allmählich die Augen zu, obwohl ich wusste, dass es nicht gut war in dieser Position und vor allem an diesem Ort so nah beieinander einzuschlafen.

Schließlich wimmelte es hier von Paparazzi, die raffgierig auf den nächsten Klatsch und Tratsch warteten.
 

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[1] Papa Roach - Broken Home (=> http://www.youtube.com/watch?v=mwx0ug_sdxo)

Schluss mit lustig

Liebe Leser!
 

BITTE LESEN:

Entweder noch heute Abend oder aber morgen werde ich ein kleines 'Bonuskapitel' für euch hochladen, zum 'krönenden' Abschluss dieser FF xD. Weil's gerade so schön reinpasst. Das Kapitel hat aber eigentlich nichts in dem Sinne mit dem Storyverlauf zu tun, ist also relativ unerheblich, so dass ihr euch nicht gezwungen sehen müsst das zu lesen. Es werden keine relevanten Informationen darin zu finden sein xD

In diesem Sinne würde ich mich auch über ein paar abschließende, konstruktive Meinungen der Leserschaft freuen, damit ich mich im nächsten Teil weiter verbessern kann. (Merke ich hier schon mal an, am Ende sind wir ja noch nicht ganz.)
 

Liebe Grüße & Vielen Dank an alle fleißigen Leser!
 

sissyphos

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Meine letzten Sachen waren an diesem Montag gepackt. Gedanklich ging ich noch einmal durch, ob ich auch wirklich nichts vergessen hatte, zog dann die große Tasche zu und betrachtete noch ein letztes Mal mein großes, geräumiges Zimmer. Dieses Zimmer, in dem ich so viele Stunden meines bisherigen Lebens verbracht hatte. Nur selten in Gesellschaft, häufig allein und in mich gekehrt. Vor allem in jüngeren Jahren.

Mein Blick schweifte aus dem einzigen Fenster hinaus und fiel direkt auf unseren Garten. Alles wirkte so freundlich, mit den ganzen Blumen, die meine Mutter so sehr erfreuten und dem strahlenden Sonnenschein, der unsere Umgebung so paradiesisch erscheinen ließ.

Dabei war meine Mutter das einzig Schöne an diesem Ort meiner Kindheit. Wenn ich genauer darüber nachdachte, hatte ich eigentlich nie eine Kindheit in dem Sinne gehabt. Zumindest nicht so wie andere, die sich keine Gedanken über den nächsten Tag machen mussten. Die Kinder, die völlig unbeschwert durchs Leben gingen. Denn ich hatte jeden Tag über meine Zukunft und auch über meine Vergangenheit gegrübelt. Manchmal stundenlang. Mit darauffolgenden Kopfschmerzen. Auf der Suche nach einer Lösung. Nach einem Ziel. Aber ich wurde nicht fündig. Nie.

Seufzend schulterte ich die große, schwere Tasche und dachte darüber nach, ob meine Entscheidung ausschließlich richtig war. Schließlich ließ ich meine Mutter zurück. Ich verließ sie. Ließ sie allein bei diesem Monstrum zurück. Aber vielleicht würde es auch für sie leichter werden, sobald ich aus dem Haus war. Vielleicht würden sich meine Eltern dann wieder besser verstehen.

Denn ich war der hauptsächliche Grund, warum es zu Streitereien zwischen Vater und Mutter kam. Streitereien, die eigentlich überhaupt keine waren. Es war viel mehr ein kurzer Wortwechsel. Aber in diesen Momenten traute sich meine Mutter immerhin das Wort gegen den selbsternannten Herr im Hause zu erheben. Doch das währte nicht lang. Meine Mutter hatte einfach keine Kraft, nicht den Mut, geschweige denn das Durchhaltevermögen sich langanhaltend mit Fugaku auseinanderzusetzen. Letzendlich war es immer sie, die kleinbei gab. Und das würde sich wohl niemals ändern. Auch in Zukunft nicht.

Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend ging ich schließlich die Treppenstufen hinunter, betrachtete auf meinem Weg ebenfalls zum letzten Mal die vielen Bilder und Ikonen, die unsere Wände zierten. Es war ein merkwürdiges Gefühl zu wissen, dass man sein Elternhaus bis auf Weiteres nicht mehr betreten würde. Vielleicht sogar nie wieder. Dass man es überhaupt nicht mehr betreten durfte. Dass mir dies untersagt wurde. Dem eigenen Kind. Weil ich nicht mehr nach der Nase meines Vaters tanzte. Weil ich ihn nicht mehr widerspruchslos über mich und mein Leben bestimmen ließ.

Und diese Gedanken genügten, um mir sicher zu sein, dass meine Entscheidung, die ich größtenteils Naruto zu verdanken hatte, goldrichtig war. Ich würde es nicht bereuen. Darin würde mich Naruto bestärken. So wie er mich auch darin bestärkt hatte, diesen Weg zu überwinden, an der Tür zu schellen und meinem Vater, der mich wie so oft wortlos musterte, wenn er wirklich wütend war, entschlossen ins Gesicht zu sehen. Ich bot ihm die Stirn. Hielt direkten Augenkontakt. Dank dem Menschen, den ich liebte. Obwohl mich Naruto nicht wirklich begleitet hatte. Nur geistig war er auf meinem Weg bei mir geblieben. Denn er war der Meinung gewesen, es sei wichtig, dass ich diesen Schritt alleine ging. Um ein für alle Mal mit diesem Thema abzuschließen.

Außerdem würde es sowieso nur zu noch mehr Problemen führen, wäre er mitgekommen. Das wussten wir beide. Deshalb blieb diese Entscheidung für alle Beteiligten die beste.

Unten warteten bereits meine Eltern auf mich. Fugaku stand dort mit verschränkten Armen, verzogenem Mundwinkel und bedachte mich mit kühlen, abwertenden, aber zugleich auch ausdruckslosen Blicken und sprach noch immer kein einziges Wort. Meine Mutter stand dagegen ein wenig hinter ihm, lächelte mir kurz bestärkend zu, aber ich wusste, dass kein Abschied in dem Sinne zwischen uns möglich war. Das würde Vater unterbinden. Und das akzeptierte ich, weil ich ihr keine unnötigen Probleme bereiten wollte. Nicht meinetwegen.

"Tschüss", sagte ich noch, als ich die Tür öffnete und es kam ebenfalls ein gemurmeltes: "Tschüss" zurück. Nicht mehr und nicht weniger. Diese Situation war unendlich makaber. Ihr jüngster Sohn verließ geradewegs das Haus, um nie wieder zurückzukehren und es gab keinen anderen Abschied, als ein simples: Tschüss. So, als würde ich nur schnell zum Supermarkt gehen oder aber, und das war bei Weitem erdrückender, als würden wir uns überhaupt nicht kennen. Wie Fremde. Meine eigene Familie wurde für mich zu Fremden. Vielleicht war sie es schon immer gewesen. Aber erst jetzt wurde es mir so richtig bewusst. Schmerzlich bewusst. Erst jetzt begann ich die Wahrheit, die sich mir seit Jahren bot, zu erkennen und vor allem zu akzeptieren.

Und diese Einsicht bestärkte mich nur weiter darin, dass es an der Zeit war zu gehen. Das Buch zu schließen und ein neues Kapitel zu beginnen. Ich hatte lange genug gekämpft. Doch das Einzige, was ich in all der Zeit erreicht hatte, waren unzählige Selbstzweifel, ein unendlicher Hass auf meinen einzigen Bruder, der mich zum Glück trotz allem noch liebte und die Tatsache, dass ich zu einem eingeschweißten Einzelkämpfer geworden war.

Das größte Problem bestand jedoch darin, dass sich ein Einzelkämpfer häufig dadurch auszeichnet, dass er immerhin sich selbst liebt, aber im Gegenzug dem Rest der Welt bis aufs Blut misstraut. Doch ich tat das nicht. Meine Selbstzweifel schlossen dieses Empfinden aus. Ich hatte mich nie gemocht. Weil ich dachte, dass Vater recht mit dem behielt, was er zu mir sagte. Durch sein Dasein fühlte ich mich wertlos. Ungeliebt. Missverstanden. Überflüssig. Genauso wie er es mir tagtäglich vermittelte. Es gab hier keine Grauzone. Es gab nur Schwarz und Weiß in diesem Haus.

Und dieses Empfinden begleitete mich. Wie ein Parasit, den ich in dem Umfeld meiner Eltern nicht mehr loswurde.

Jeden Tag. Jede Nacht. Und zu jeder Zeit.

In meinen Träumen. In der Schule. Zuhause in meinem Zimmer. Letzendlich an jedem Ort. Weit über das erwähnte Umfeld hinaus. Solange ich mit dieser Geschichte nicht abschloss, würde mich dieser Parasit weiter begleiten. Aber ich hatte abgeschlossen. Endlich.

Als ich meinen Weg zu Naruto nun beschritt, wurde mir plötzlich eines ganz klar: Bei ihm erwartete mich das genaue Gegenteil.

Er gab mir das Gefühl wertvoll zu sein. Geliebt. Verstanden. Und gebraucht.

Dieses Gefühl gab mir Kraft. Seine Liebe gab mir die Kraft mein Ziel zu erreichen. Er fing mich auf, wenn es mir schlecht ging, spendete mir Trost und baute mich schlussendlich wieder auf. Meine Energie wurde mit seiner Hilfe allmählich endlos. Zusammen würden wir es packen. Wir würden berühmt werden.

Ich würde mein Ziel erreichen.

Ruhm. Erfolg. Reichtum. Und Anerkennung. All das, was ich am meisten wollte.

Und mein Vater würde sich wünschen, er hätte mich so behandelt, wie er es bei Itachi all die Jahre lang getan hatte und auch weiterhin tun würde. Denn auch das würde sich niemals ändern.

So wie viele Dinge.
 

Als ich hörte, wie im Flur ein Schlüssel herumgedreht wurde, wusste ich direkt, dass Sasuke zurück war. Das war das erste Mal in meinem Leben, dass jemand anderes als ich selbst den Schlüssel zu meiner Wohnung herumdrehte. Und dieses Gefühl war wundervoll.

Meine Augen leuchteten augenblicklich vor Freude auf, ich legte Stift und Papier schnell beseite, sprang vom Küchenstuhl auf und eilte direkt mit holprigen Schritten in den Flur hinein, aus der das Geräusch ertönte.

Wie erwartet sah ich Sasuke, beladen mit einer riesigen Tasche, der gerade seine Jacke an der Garderobe aufhing. Also war es zumindest in soweit gut verlaufen, als dass er zu mir zurück kam und sich nicht wieder von seinem Vater beeinflussen ließ. Er hatte die Nummer durchgezogen.

"Willkommen daheim", murmelte ich, drückte ihm zur Begrüßung einen flüchtigen Kuss auf die Wange und es tat unheimlich gut diese eigentlich so selbstverständlichen Worte auszusprechen. Vielleicht würden sie endlich auch für mich zu einer Selbstverständlichkeit werden.

"Danke", murmelte Sasuke, wandt sich mit einem leichten Lächeln zu mir und hauchte mir nun seinerseits einen Kuss auf die Lippen. Dann ging er auch schon an mir vorbei und steuerte direkt auf die Küche zu, die momentan durch den ganzen Papierkram noch mehr nach einem Bombenanschlag aussah, als ohnehin schon.

"Wie ich sehe, warst du schon fleißig", grinste er, als er den Papierstapel auf dem Tisch betrachtete und mich anschließend über die Schulter hinweg musterte.

"Ja, ist noch einiges zu klären und ich hatte auch schon ein paar echt ätzende Leute am Telefon, aber na ja. Dieser ganze Ummeldescheiß beim Amt muss ja durchgezogen werden. Und zwar zügig", erklärte ich mehr kurz angebunden, weil das momentan einfach nebensächlich war. "Aber wie ist es dir denn bei deinen Eltern ergangen? Ging's problemlos?", fragte ich vorsichtig nach und nahm zur Sicherheit schon mal auf einem der beiden Stühle Platz.

Sasuke zuckte nur mit den Achseln, wobei ein leichtes Lächeln seine Lippen zierte. Kein Lächeln, das mir verriet, dass es lustig gewesen war, sondern ein Lächeln, das mich erahnen ließ, dass er es immerhin locker zu nehmen und herunterzuspielen versuchte.

"Nicht anders, als sonst. Fugaku hat mich nicht eines einzigen müden Wortes gewürdigt und meine Mutter hat sich nicht getraut, sich auf eine normale Art und Weise von mir zu verabschieden. Das Einzige, was geschah, war, dass wir tschüss gesagt haben und dann bin ich gegangen", schilderte mir Sasuke die Situation und nahm dabei seufzend mir gegenüber Platz. "Aber ich bin froh, dass ich da weg bin", fügte er hinten an und schenkte mir ein leichtes Lächeln.

Dieses winzige Lächeln bedeutete mir eine Menge. Weil für mich war es nichts anderes, als ein Zugeständnis, dass er meinetwegen darüber froh war. Und das machte mich glücklich. Im Moment war mein Leben einfach perfekt. Aber nach all den einsamen Jahren, hatte ich mir das auch in gewisser Weise verdient, dass es endlich einmal Bergauf ging.

"Das freut mich", murmelte ich noch leise und daraufhin blieb es einige Sekunden still zwischen uns, bis ich schließlich wieder das Wort ergriff, um die träge Situation etwas aufzulockern: "Da fällt mir ein, dass ich noch was gefunden habe, das ich dir unbedingt zeigen wollte."

Ein verheißungsvolles Grinsen umspielte dabei meine Lippen, als ich begann in diesem Papierchaos nach der Zeitung von heute Morgen zu kramen. Schlussendlich wurde ich fündig und schlug direkt die entsprechende Seite auf, die ich Sasuke auch sofort unter die Nase hielt:
 

Das Hammertalent - 'Black & White': Beste Freunde oder doch innige Liebschaft?

Was ist wirklich zwischen Sasuke und Naruto aus 'Das Hammertalent'? Die Show am Samstag warf diesbezüglich so einige heiße Fragen auf!

Es ist nicht zu übersehen, dass die beiden sich sehr nahe stehen. Gerade weil sie ihre Leidenschaften für das Tanzen teilen. Doch ist das wirklich die einzige Leidenschaft, die die beiden miteinander verbindet?

Und was halten die Fans von diesen Vorwürfen? Wir haben exklusiv ein Interview mit ihnen gestartet! Besuchen Sie dazu unsere Homepage.
 

Darunter befanden sich gleich zwei Bilder von uns. Eines, das noch während der Show geknipst wurde, als ich mich etwas ungeniert auf Sasukes Körper bewegt hatte und schlussendlich auch das, als wir so nah beeinander auf der After-Show-Party eingeschlafen waren.

Während Sasuke den Text überflog, stellte ich mit einem belustigten Grinsen fest, dass sein Gesicht zunehmend mehr die Farbe einer Tomate annahm.

"Das...Das ist doch...", stammelte er daher und fasste sich kurz darauf mit der Hand an die Stirn, um seine angespannte Schläfe zu massieren.

"Scheiße", fügte er dann hinzu und mir entging nicht, dass sein Blick plötzlich ins Leere glitt. Diese Banalität schien ihn deutlich mehr mitzunehmen, als der Abschied von seinen Eltern.

"Hey", begann ich beruhigend auf ihn einzureden und griff dann nach seiner Hand, um vorsichtig deren Handrücken zu streicheln.

"Das ist nicht halb so schlimm, wie du glaubst, Sasuke. Eigentlich ist das sogar ziemlich gut. Dadurch bleiben wir immerhin in den Medien präsent. Das ist wichtig für's Image", versuchte ich ihn aufzuheitern und lächelte ihm ermutigend zu.

"Ein Image, das wir uns gerade ganz schön versauen", grummelte er und entzog mir missbilligend seine Hand. "Nein, ich meine, wir sind in den Medien doch eh immer nur das, für das sie uns haben wollen. Wenn die Medien wollten, dass wir schwul sind, dann wären wir das doch längst. Völlig unabhängig davon, ob wir es in Wirklichkeit sind oder nicht. Das nennt man 'Die Macht der Medien'", erklärte ich weiter und hoffte, dass ihn meine Worte beruhigen konnten.

"Weiß ich selbst", konterte Sasuke schroff und sah mich immerhin wieder an. "Aber trotzdem, ich will nicht, dass uns sowas im Weg steht, weißt du? Vor allem nicht jetzt, wo wir schon so weit gekommen sind. Deshalb solltest du deine komischen Anspielungen während der Show auch mal sein lassen", forderte er und durchbohrte mich mit seinem Blick. Für ihn war ich schuld an dieser Zeitungsannonce, obwohl er derjenige gewesen war, der sich auf der Party an mich geschmiegt hatte, wie eine liebesbedürftige Katze.

"Aber das ist doch eigentlich der beste Schutz", verteidigte ich mich und erwiderte seinen ernsten Bick. "Ich meine, jeder sieht das Ganze als eine Art Scherz. Mehr ist das nicht. Würden wir uns mit Händen und Füßen dagegen wehren, dann wäre es doch viel auffälliger. So wird niemand glauben, dass das, was ich sage, auch tatsächlich der Wahrheit entspricht."

Daraufhin musterte mich Sasuke skeptisch, zog dabei sogar eine Augenbraue hoch und sah mich für einige Sekunden einfach nur mit diesem forschenden Blick an. "Mag sein", murmelte er dann und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. "Aber was mich mal interessieren würde", begann er und ließ den Satz vorerst unvollendet im Raum stehen, so dass ich mich neugierig zu ihm vorbeugte, als könne ich ihn dadurch besser verstehen, obwohl er überhaupt nichts sagte. "Mich würde mal interessieren, was dieses komische Interview ergeben hat."

Erst war ich mir nicht ganz sicher, ob er diese Worte wirklich ernst meinte, doch als ich seinen nachdenklichen Blick bemerkte, musste ich unweigerlich auflachen. "Ja, dann hol' doch mal deinen Laptop. Dann können wir nachsehen", meinte ich, weil ich mir sicher war, dass er sein liebstes Spielzeug mit Sicherheit nicht in seinem alten Heim gelassen hatte.

Nur Sekunden später erhob sich Sasuke mit einem Satz, ging schnurstracks in den Flur, woraufhin ich etwas rascheln hörte, dann kehrte er auch schon mit diesem angefressenen Apfel zu mir zurück und zog den Stuhl heran, so dass er neben mir saß. In der Mitte des Tischs platzierte er nun das Gerät, ließ es zunächst hochfahren, öffnete daraufhin das Internet und tippte die Adresse ein, die in dem Artikel angegeben war.

Dann wuselten wir uns auch schon mit aufgescheuchten Blicken durch das schier endlose Interview von annährend dreizig oder vierzig Befragten.

Die Ausgangsfrage war bei jedem die gleiche: Glauben Sie, dass Sasuke Uchiha und Naruto Uzumaki ein Verhältnis miteinander haben?

Doch die Antworten waren teilweise so genial, dass ich beinah in schallendes Gelächter ausbrach.
 

Kandidat Eins (männlich): "So ein Bullshit, Alter! Ey, die sind nich gay, so ein Schwachsinn. Die sind total cool, ich mag die. Vor allem Naruto, der ist halt so abgedreht. Aber gay sind die nich, ja."
 

Kandidat Zwei (weiblich): "Äh, weiß nich. Hab' ich bislang noch nich so drüber nachgedacht. Aber na ja, ich meine, wenn sie's sind, dann wäre das ziemlich süß. Also die beiden sind echt hübsch, da macht das doch nix."
 

Kandidat Drei (männlich): "Schwul? Alter, willst du mich beleidigen oder so? Ich guck mir doch keine Schwuchteln an. Wenn das Schwuchteln wären, dann wüsste ich das verdammt nochmal. Das sind aber keine Schwuchteln, okay? Das sind keine!!"
 

Kandidat Vier (männlich): "Ist das nicht eigentlich völlig egal? Ich meine, selbst wenn, dann ändert das doch rein gar nichts an ihrer momentanen Leistung. Ich fände die trotzdem noch gut."
 

Kandidat Fünf (weiblich): "Ja, also ich glaub' schon, dass die aufeinander stehen. Ich meine, Blicke sagen mehr, als tausend Worte. Und oh, bei denen, da knistert das so richtig."
 

Während wir diesen Text überflogen, taute auch Sasuke allmählich immer weiter auf. "Oh Mann, du hast recht, Naruto. So wie's aussieht, checkt das wirklich keiner, was eigentlich abläuft."

Daraufhin räusperte ich mich einmal und plusterte mich neben ihm auf meinem Stuhl auf: "Alter, willst du mich beleidigen oder so? Ich steh' doch nicht auf dich, du Schwuchtel."

Für einen Moment betrachtete mich Sasuke irritiert und schien tatsächlich zu überlegen, ob ich das gerade ernst meinte, doch dann lachte er plötzlich auf und schlug mir mit der Faust gegen die Schulter. "Du bist echt ein Spinner."

Noch ehe ich darauf etwas erwidern konnte, ertönte urplötzlich das Geräusch der Türklingel und ließ mich aufhorchen. Ein Blick auf die Uhr genügte: Das konnte nur der Postbote sein.

"Bin gleich wieder da", murmelte ich, als ich mich von meinem Stuhl erhob, durch den Flur schlenderte und dem Mann in gelb die Tür aufschloss.

"Moin", grüßte ich, doch als ich ihn näher betrachtete, bemerkte ich, dass er überhaupt kein Päkchen in den Händen hielt, wofür es sich eigentlich nur lohnte zu klingeln. Briefe konnte er schließlich auch in den Postkasten schmeißen. Aber auch davon fehlte jede Spur.

Doch als dieser Mann mittleren Alters an sich herunterdeutete und geradewegs mit dem Finger auf den Boden verwies, sah ich plötzlich die zwei riesigen Kartons zu seinen Füßen.

Überrascht blinzelte ich, doch da hielt er mir schon sein elektronisches Gerät entgegen. "Eine Unterschrift, bitte", murmelte er monoton dazu und ich tat wie mir geheißen. Daraufhin wandt er mir direkt den Rücken zu und ließ mich mit den gigantischen Päkchen zurück.

"Ähh, Sasuke? Hilfst du mir mal?", rief ich schließlich ratlos in Richtung Küche und kurz darauf stand er auch schon neben mir, wobei er die Kartons ebenso kritisch musterte, wie ich es zuvor getan hatte.

"Und was ist da drin?", fragte er schließlich, doch ich zuckte nur mit den Schultern. Nur zu zweit waren wir letztendlich in der Lage, die beiden Überraschungspakete in die Wohnung zu transportieren. "Gott, sind da Steine drin, oder so?", beschwerte sich mein schwarzhaariger, schnaufender Freund und durchwühlte nun seine Jackentasche, zog sein Messer heraus und öffnete das Päkchen mit wenigen Schnitten.

"Du hast also ein Neues", stellte ich fest, als er das Taschenmesser wieder zusammenklappte. Doch Sasuke nickte zur Antwort nur grinsend und betrachtete dann mit großen Augen den Inhalt der Überraschung.

"Ich hoffe, das sind nicht alles Rechnungen", murmelte ich nur, als mir plötzlich ganz anders wurde. "Hast du schon mal Rechnungen mit Herzchen und Damenparfum gesehen? Also ich nicht", grinste Sasuke schließlich und auch ich erkannte, dass meine Bedenken nicht ganz gerechtfertigt waren.

"Das scheint unsere Fanpost zu sein", verkündete er voller Stolz und zog wahllos einige Briefe heraus, auf denen sein Name geschrieben stand. Und auch ich widmete mich nun vorfreudig den bunten und duftenden Umschlägen.

Die ersten Briefe lasen wir noch gründlich, doch als der Haufen nicht kleiner zu werden schien, überflogen wir das Geschriebene mehr und mehr. Zwischendurch hielten wir jedoch inne, um dem anderen einen besonders schönen oder aber besonders bekloppten, im Sinne von fanatischen, Brief vorzulesen.

"Oh, hier. Hör' mal zu, Sasuke. Ich les' das mal vor, wie es im Fernsehen wäre", grinste ich und musste ein Lachen bereits unterdrücken.

"Lieber Naruto. Eigentlich stehe ich nicht auf solche Typen wie dich. Aber du hast mich wirklich verzaubert. Zu gern würde ich mal richtig intensiv mit dir *piep* und dabei deinen harten *piep* in meiner *piep* *piep* spüren, während du mich *piep* und am besten die ganze Nacht lang. In meinen Träumen sehe ich dich vor mir mit deinem gigantischen *piep*, deiner gebräunten Haut und dem leicht markanten Gesicht. Ich finde dich wunderschön. Wenn du nun Interesse an mir hast, dann meld dich doch mal", las ich vor und sah in Sasukes schockiertes Gesicht, das nahezu eingefroren zu sein schien.

"Soll ich ihr zurückschreiben, dass ich impotent bin?", grinste ich meinem Freund entgegen, der daraufhin nur verwundert blinzelte, als wäre er soeben aus einem Tagtraum erwacht. "Das ist nicht lustig. Es gibt Leute, die darunter wirklich zu leiden haben."

Daraufhin verzog ich verstimmt meine Mundwinkel, kramte in meinen Briefen umher und richtete meinen Blick auf die geschriebenen Worte. "Dazu sage ich nur, ich zitiere: Nicht so wie dieser spießige Sasuke, der 'nen scheiß Stock im Arsch hat. Zumindest bewegt er sich so. Zitat Ende."

Nur wenige Sekunden später hatte mir mein schwarzhaariger Freund den Zettel schon aus der Hand gerissen und überflog ihn nun mit den Augen, um den armen Brief anschließend mit seinem altbekannten Todesblick zu bestrafen.

"Nimm's nicht so krumm", grinste ich ihm entgegen, doch anstatt mir zu antworten hielt er mir nur einen weiteren Zettel entgegen, den ich nun blinzelnd musterte.
 

Hey Sasuke Uchiha,

ich wollt dir nur mal sagen, dass ich dich absolut nicht abkann. Deine arrogante Art und Weise kotzt mich sowas von an. Scheinst dich echt für den Größten zu halten, nur weil du gut aussiehst und ein paar genauso hübsche Mädchen um dich herum tanzen.

Du bist für mich nichts weiter, als ein eingebildetes Arschloch. So präsentierst du dich zumindest. Dass so jemand wie du, einen besten Freund wie Naruto abbekommt, ist mir echt schleierhaft.

Übernimm dich nicht zu sehr.

Sonst wirst du verdammt tief fallen.

Und weißt du was? Das gönne ich dir auch so richtig.

Weil jeder das kriegt, was er verdient.
 

"Wow. Ganz schön angepisst", murmelte ich nur verwundert und Sasuke entriss mir den Zettel, betrachtete ihn noch einmal selbst, knüllte ihn dann zusammen und warf ihn hinter sich.

"Na ja, man kann nicht 'Everybody's Darling' sein, Sasuke", erklärte ich schlichtend und musterte seine angespannte Miene. "Du scheinst es aber zu sein", erwiderte er und biss sich leicht angesäuert auf die Unterlippe. Dass er tatsächlich eifersüchtig auf mich war, konnte ich kaum glauben.

"Nö, mir hat vorhin auch jemand geschrieben, dass meine Frisur scheiße sei", versuchte ich aufmunternd zu grinsen, doch Sasuke erreichte diese Geste nicht. "Das ist was anderes. Das was dieser Mann oder diese Frau mir geschrieben hat, das klang schon fast nach einer Drohung. Ich versteh' nicht, was die gegen mich haben. Die kennen mich doch überhaupt nicht."

In diesem Moment empfand ich, obwohl ich es vielleicht sollte, kein wirkliches Mitleid mit ihm. Weil ich mich wieder an vergangene Zeiten erinnerte. Eigentlich an meine gesamte Schulzeit, in der er immer von allen angehimmelt und vergöttert worden war, während ich nur wie der Depp daneben stand, den die anderen auslachten. Das hatte ich auch nie verstanden. Aber ich hatte es mit der Zeit akzeptiert und mich schlussendlich bestmöglich damit arrangiert.

"Na ja, dann weißt du jetzt vielleicht mal, wie ich mich damals immer neben dir gefühlt habe. Außerdem würde ich sagen, dass man sich damit abfinden sollte. Es wird immer Menschen geben, die uns nicht leiden können. Ob nun begründet oder unbegründet. Das ist nicht nur im Showbusiness so. Aber da nunmal verstärkt."

Inzwischen hatte Sasuke abweisend die Augen geschlossen und seine Arme vor der Brust verschränkt. "Hast du dir schon Gedanken über unseren Soloauftritt ohne den Knirps gemacht?", hakte er nach, um das Thema damit abzuschließen und ich war sofort damit einverstanden. Es hatte keinen Sinn, mit Sasuke über Derartiges zu diskutieren, wenn er erst einmal wütend war. Und das war er ganz offensichtlich.

"Schon. Ich muss nochmal mit Kiba sprechen, ob der uns hilft."

Daraufhin wandt mein Freund schließlich doch seinen Kopf zu mir und besah mich mit überraschtem Blick. "Warum gerade Kiba?", fragte er nach und bedachte mich erwartungsvoll.

"Na ja, der kann Basketball", grinste ich Sasuke verschmitzt zu und rieb mir mit der flachen Hand über den Hinterkopf.

"Ich bin gespannt, was du jetzt schon wieder vorhast", grinste er nun doch zurück und las anschließend in seinen Briefen weiter.

Ich tat es ihm gleich und stieß nur einige wenige Minuten später auf etwas wirklich Interessantes. "Hey, Sasuke. Wir wurden geradewegs zu einem Shooting für die Bravissimo eingeladen", verkündete ich und hielt ihm das Schreiben munter entgegen.

"Auf so einen Scheiß hab' ich keinen Bock", erwiderte er jedoch nur und las weiter in seinen Briefen. Für einen Moment betrachtete ich ihn mit einem genervten Blick, doch dann erhob ich erneut meine Stimme, um ihn mit einem Totschlagargument zu überzeugen: "Die zahlen uns 1000 Euro dafür."

Abrupt sah Sasuke wieder auf und sein Gesichtsausdruck ließ darauf schließen, dass er das soeben Ausgesprochene für einen miesen Witz hielt. Doch als ich seinem Blick auch weiterhin standhielt, schien er schließlich einzusehen, dass dem nicht so war.

"Ja dann. Meinetwegen", grinste er und ich sah wieder dieses Funkeln in seinen schwarzen Augen.

"Gut so. Weil wir können das Geld wirklich gebrauchen. Ich hab jetzt ja zwei Mäuler zu stopfen", verkündete ich scherzhaft, doch eigentlich schwang in diesen Worten ein bitterer Ernst mit. Wenn wir nicht bald dazu kamen, wirklich Kohle zu verdienen, dann würde uns früher oder später mit Sicherheit das Geld ausgehen. Schließlich waren die Ersparnisse nur darauf ausgelegt mich zu ernähren. Da war kein Sasuke vorgesehen.

"Du laberst eine Scheiße", lachte mein Freund jedoch aufgrund meiner Wortwahl und hauchte mir einen Kuss auf die Wange. "Wir müssen gleich zum Training mit dem Knirps. Haben ja nur eine knappe Woche Zeit", rief er mir gleich darauf in Erinnerung, doch mein Blick blieb getrübt.

"Sasuke", begann ich noch einmal, um das vorige Thema wieder aufzugreifen. Ich wartete, bis ich seine Aufmerksamkeit hatte, dann fuhr ich langsam fort: "Gesetz dem Falle, dass wir diesen Wettbewerb nicht gewinnen, müssen wir uns was überlegen. Entweder wir finden dann zügig einen Job in dem, was uns Spaß macht oder wir müssen's woanders versuchen. Das geht leider nicht anders."

Es dauerte gerade einmal einen Moment, dann hatte er auch schon seine Arme um mich gelegt und ich schlang meine ebenfalls haltsuchend um seinen Körper. "Tut mir leid", entschuldigte ich mich einfach, weil ich ihm nicht mehr bieten konnte. Nicht so viel, wie es sein Vater gekonnt hatte. Zumindest materiell.

Vorsichtig strich er meinen Nacken entlang und dank seiner Berührungen kam ich allmählich wieder zur Ruhe.

"Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Wir schaffen das. Und wir werden tanzen. Nichts anderes", flüsterte er in mein Ohr. In seiner Stimme lag feste Entschlossenheit.

Aber ich war mir nicht so sicher, wie es weitergehen würde. Ob wir wirklich in dem Fuß fassen konnten, was uns am meisten lag. In dem, was wir beide liebten. Manchmal blieben Träume eben nur Träume. Und auch damit musste man sich im Laufe seines Lebens arrangieren.

Aber wenigstens einer von meinen wenigen Träumen war mir bislang in Erfüllung gegangen.Und diesen hielt ich gerade in meinen Armen. Von daher wäre es nicht schlimm. Wir könnten ein normales Leben führen und ich wäre dennoch glücklich. Mit ihm. Mit einem 'uns'.

Wenn er bei mir war, dann war alles gut. Dann fühlte ich mich geborgen. Dann war alles andere nicht mehr so wichtig. Solange er nur bei mir war.

Ohne es wirklich zu merken, hatte ich bei diesen Gedanken meine Arme fester um seinen Körper geschlungen. Es war alles so schön. Ich wollte nicht, dass sich dieser Erfolg zwischen uns drängte. Auch wenn ich wusste, dass eben jener Sasukes Traum war. Ich hatte meinen eigentlich erreicht. Ich hatte immer von Anerkennung geträumt. Und die hatte ich inzwischen bekommen. Nicht nur von ihm, von Sasuke, sondern auch dem Rest der Klasse, sowie den Fernsehzuschauern.

Aber für ihn würde ich weitermachen. Gemeinsam würden wir auch seinen Traum verwirklichen. In gewisser Weise war und blieb sein Ziel auch meins.
 

Seit geschlagenen zwei Stunden befanden wir uns bereits in der Tanzhalle, die den Kandidaten nun exklusiv von der Show zur Verfügung gestellt wurde und waren seitdem noch keinen Millimeter voran gekommen. Aus dem einfachen Grund, weil Sasuke und Dustin sich absolut dagegen sträubten, eine liedgerechte Choreographie einzustudieren, was ein wenig Sexappeal voraussetzte. Doch die beiden schienen geradezu eine regelrechte Paranoia zu entwickeln, was die Vorwürfe von Homosexualität anbelangte, weil der Tanz ja nun erzwungener Maßen unter Männern wäre.

Es war der reinste Kindergarten.

"Also ich finde, wir sollten einfach ein bisschen auf brutal machen. Passt ja dann auch irgendwie zu S & M", bemerkte Dustin und kaute weiter auf seinem Kaugummi herum, das mir schon seit mindestens zwanzig Minuten gehörig auf die Nerven ging.

"Ich find' die Idee scheiße. Also ey, Leute. Das passt null, nicht mal im Ansatz. Wenn wir sowas vorstellen, dann machen wir uns doch nur noch mehr zum Deppen. Und gewinnen werden wir damit sicherlich auch nicht", wandt ich nun hochroten Kopfs ein, weil mich die ganze Situation einfach nur noch aufregte und fuhr mir einmal unruhig durch mein Haar.

Sasuke, der sich die ganze Zeit Notizen machte, tippte währenddessen gedankenversunken mit dem Kugelschreiber auf seinem Block herum. Worüber er sich Notizen machte wusste ich auch nicht so recht. Schließlich kam bei unseren Überlegungen ja insgesamt nichts Produktives raus.

"Ach, ich find' das alles kacke. Warum müssen wir so einen Scheiß auch aufgedrückt bekommen? Das ist doch echt ätzend. Lassen wir's einfach. Der Text ist sowieso ober mega peinlich", beschwerte sich der Sechszehnjährige nun und schmatzte vor Wut nur umso lauter.

"Quatsch, wir werfen die Flinte nicht ins Korn. Irgendetwas Sinnvolles wird uns schon einfallen", versuchte Sasuke nun seinerseits ein bisschen die Situation aufzulockern. Doch mir entfuhr daraufhin nur ein theatralisches Seufzen. Das würde nichts werden. Nicht mit dieser komischen "das-ist-mir-aber-zu-peinlich"-Einstellung.

Dann ratterte es plötzlich und ich hörte gleich darauf das Geräusch von klackernden Schuhen. Als ich mich aufgrund dieser Geräusche schließlich zur Quelle umwandt, was mir die anderen zwei gleich taten, erkannte ich die beiden schlanken Frauen, die kichernd auf uns zukamen.

"Na, Jungs? Kommt ihr nicht weiter mit eurer Choreographie?", grinste uns die Schwarzhaarige schadenfroh entgegen und warf einmal ihr langes Haar zurück.

"Doch", log ich aus Trotz und verschränkte die Arme vor der Brust. "Also ich will ja nichts sagen, aber das hörte sich eben noch ganz anders an", kicherte Naruko, wobei sie sich die Hand vor den Mund hielt und geradewegs gestand, dass die beiden gelauscht hatten.

"Was soll der Scheiß? Habt ihr nichts zu tun?", fuhr Sasuke nun die beiden an, da er sowieso schon ziemlich gereizt zu sein schien, weil es der bitteren Wahrheit entsprach, dass wir nicht voran kamen und warf ihnen deshalb böse Blicke zu.

"Na, na. Werd mal nicht gleich so frech, Schätzchen. So spricht man nicht mit einer Lady", lachte Sasuko nun und stieß ihrer Freundin einmal mit dem Ellenbogen in die Seite. Als mein Blick daraufhin wieder forschend zu Sasuke wanderte, bemerkte ich gleich, dass er sich kurz vor der Eskalation befand. Das würde einen gewaltigen Knall geben. Aber ich würde mich sicherlich nicht heldenhaft dazwischen werfen.

"Ich sehe hier keine Ladies. Das Einzige, was ich sehe, sind zwei aufgebretzelte Tussen. Mehr nicht", bemerkte Sasuke abwertend und durchbohrte diese Sasuko mit seinem finsteren Blick.

Dustin lachte auf, während ich mir mein Lachen aus Anstand einfach mal verkniff. Vielleicht würde Sasuke heute mal ein paar coole, lustige Sprüche loslassen.

"Hast du irgendein Problem, oder sowas? Scheinst ja ganz schön neidisch zu sein. Unsere Choreo steht ja aber auch schon, im Gegensatz zu eurer. Weil ihr euch in eurer bescheuerten Männlichkeit gekränkt fühlt durch so einen Song. So sieht's doch aus. Wir hingegen holen das raus, was wir bieten können. Egal zu welchem Song. So wie es Profis machen. Und wir zeigen den Leuten das, was sie sehen wollen. Genau aus diesem Grund, werden wir euch auch platt machen, ihr Loser", giftete Sasuko, aber mit einer beeindruckenden Stimmgewalt in ihren Worten und im Endeffekt behielt sie mit dem, was sie sagte, auch noch recht.

Mit unserem Verhalten würden wir tatsächlich nicht gegen das Mädchenteam gewinnen. Mit Sicherheit wusste Sasuke das auch und wurde gerade deshalb noch wütender auf diese Frau.

"Ihr könnt doch nur nichts anderes", fuhr er sie an, jedoch mit betont ruhiger, gelassener Miene, um ja keine Angriffsfläche zu bieten.

Doch daraufhin lachte sie nur laut auf und Naruko stimmte ebenfalls in ihr Gelächter ein. "Weißt du, das ist echt lächerlich. Methodisch sind wir absolut fit, aber wir zeigen das, was ankommt. Sex sell's. Das ist die Realität, Junge. Wenn du da nicht mitziehst, dann bleibst du ganz einfach auf der Strecke. Du hast echt überhaupt keine Ahnung vom Geschäft. Ganz ehrlich. Sonst würdest du nicht so einen Bockmist erzählen. Ein Model kann schließlich auch nicht sagen: "Hey, das Kleid gefällt mir aber nicht, also zieh ich das nicht an." Die Ironie darin dürftest selbst du verstehen. Und beim Tanzen ist es genauso. Leb' du mal weiter in deiner kleinen Traumwelt, dass du nur das machen kannst, was dir Spaß macht. Umso einfacher wird letztendlich der Sieg für uns, du Versager", lachte sie und verschränkte ihrerseits nun die Arme vor der Brust. Diese Worte waren erschreckend ernüchternd. Weil es stimmte, was sie sagte.

Wir würden auf der Strecke bleiben. Es war unmöglich einfach einen Auftrag abzulehnen, nur weil er nicht den eigenen Wünschen entsprach. Zumindest in unserer Position. Sasuke vergaß einfach, dass wir noch keine Berühmtheiten waren. Wir mussten uns mit dem zufrieden geben, was wir bekamen.

Während ich Sasukes Zähneknirschen betrachtete, entging mir nicht, dass sich die klackernden Schritte erneut lachend von uns entfernten.

"Solche Loser", kicherte Naruko noch einmal. "Denen hast du's richtig gezeigt." Und auch Sasuko lachte daraufhin herzlich auf. "Ich hab' dem Kerl lediglich die Wahrheit erzählt. Mehr nicht. Selbst schuld, wenn er die Realität nicht checkt. Kleiner Möchtegern-Star."

Für einen Moment war es dann ganz still zwischen uns Dreien. Lediglich Sasukes schweres Atmen drang in meine Ohren und das Kaugummikauen, das ebenfalls immer hektischer wurde.

"Die machen wir fertig", presste Sasuke nun wutentbrannt hervor und ich blickte direkt in sein angespanntes Gesicht, das noch immer in Richtung Ausgang gewandt war.

"Die machen wir sowas von fertig", wiederholte er zornig und ich erkannte daraufhin aus dem Augenwinkel, wie Dustin aufgeregt nickte. Mit einem zischenden "Solche Zicken", kommentierte er das Geschehen seinerseits und blies eine große Kaugummiblase, die kurz darauf zerplatzte und nun großflächig in seinem Gesicht klebte.

"Scheiß egal, wie. Und wenn ich mich halbnackt auf dieser beschissenen Bühne rekeln muss, damit wir gewinnen. Die machen wir fertig. Das ist ab jetzt was Persönliches. Von solchen Tussen lass ich mir doch nicht erzählen, wie das Showgeschäft läuft."

Nach diesen Worten umspielte ein breites Grinsen meine Lippen. "Gute Einstellung. Weil genau das wird schlussendlich auf dich zukommen, Sasuke", lachte ich, stützte mich hinterrücks mit den Händen auf dem Boden ab und betrachtete für einen Moment die hellerleuchtete Decke, obwohl auch von außen genug Licht in die Halle drang.

"Dann würd' ich aber mal ganz gerne was wissen, Naruto", murmelte Sasuke und strafte mich mit angsteinflößenden Blicken. Ich befürchtete Gott weiß, was jetzt kommen mochte. Deshalb sah ich ihn einfach nur mit großen Augen an und wartete ab.

"Du bist doch...Na ja, besser in sowas. So erotische Bewegungen und so. Ich wüsste gern...wie du das machst", presste er hervor und mir fiel direkt auf, dass es Sasuke nicht sonderlich leicht fiel, zuzugeben, dass jemand anderes in etwas besser war, als er. Noch immer nicht. Und das brachte mich aus irgendeinem Grund zum Grinsen.

Nun kratzte ich mich grübelnd an der Nase, während mich Sasuke mit roten Wangen erwartungsvoll musterte und auch Dustin gespannt drein blickte.

"Na ja...Also wie soll ich das sagen. Das Geheimnis ist...Sex. Ich denke beim Tanzen einfach an Sex", gestand ich und lachte einmal laut auf, wobei ich meine Arme hinter dem Kopf verschränkte und nun leicht im Sitzen auf meinem Hintern hin und her schaukelte.

Im ersten Moment starrte mich Sasuke einfach nur verwundert an, dann verengte er die Augen zu einem Spalt und schnaubte einmal. "Wie hatte ich auch nur etwas anderes erwarten können?", murmelte er und betonte es mehr als Aussage, als als ernstgemeinte Frage.

"Wie auch immer. Jedenfalls müssen wir uns jetzt in kürzester Zeit auf diesem Gebiet weiterbilden. Oder kann einer von euch nennenswertes Wissen in SadoMaso vorweisen?"

Sasuke sah einmal in unsere kleine Runde, mehr aus Reflex, als um sich wirklich zu vergewissern, dann erhob er erneut das Wort: "Dachte ich mir. Also will ich, dass bis morgen alle eine Ahnung haben, was das ist, wie man sich kleidet und der ganze Kram halt."

"Alles klar, Chef", grinste ich daraufhin und Sasuke verwickelte mich wieder in seinen Blick. "Wir beenden dann heute das Training. Naruto und ich müssen noch einkaufen gehen. Und anschließend werde ich noch Itachi um ein wenig Hilfe bitten."

Verwundert blinzelte ich ihn an. Ich wusste in diesem Moment nicht recht, worauf er mit seiner Aussage hinaus wollte, doch als wir uns nur eine Stunde später in einem kleinen, stickigen Pornoladen wiederfanden, erübrigte sich die Frage danach.

In Windeseile durchwühlte Sasuke den Laden, nahm so ziemlich jede DVD mit, wo die Begriffe Sado und Maso vorkamen und stand schließlich mit einem ganzen Haufen Schmuddelfilmen beladen an der Kasse, wo ihn ein dünner Mann mit einer Brille empfing. Er mochte nicht viel älter sein, als wir, weshalb er uns erheitert zupfiff.

"Wow. Nettes Hobby für die Freizeit", ulkste er und warf Sasuke einen schelmischen Blick zu, der gerade sein Portemonnaie aus der Tasche zog.

"Das ist für meinen Job", erklärte er bloß nüchtern und ich musste mich aufgrund dieser Aussage beherrschen, nicht urplötzlich in schallendes Gelächter auszubrechen.

Auch der Kassierer war sichtlich überrascht, wenn nicht sogar schockiert von dem, was Sasuke sagte und murmelte nur ein: "Ähm ja, das wären dann 121, 99 Euro." Darauf folgte ein kurzes Husten, dann nahm er das Geld von meinem Freund entgegen und wir verabschiedeten uns von dem nun verstörten Kassierer.

Wir hatten kein Geld. Keinen müden Cent. Aber Pornofilme, die konnten wir uns leisten.

"Komischer Typ", murmelte Sasuke zu allem Überdruss auch noch, da er anscheinend wirklich nicht verstand, was an seinen Worten in dem Zusammenhang so lustig war. Doch ich empfand es nun bloß als umso lustiger und gab meinem Verlangen schließlich nach, indem ich ungehalten losprustete.

Das Lachen verging mir allerdings schon bald, als wir Zuhause auf der Couch saßen und nun schon den vierten Porno in Folge guckten, der sich von den anderen Dreien auch nicht merklich unterschied. Anfangs hatte ich noch gehofft, das könnte in unserem Liebesleben als eine Art Inspiration dienen, aber da hatte ich auch noch nie S & M live gesehen. Für mich war das defintiv nichts und Sasuke zu betrachten, wie er völlig nüchtern einen Pornofilm verfolgte, als sei es eine Dokumentation über das Paarungsverhalten von Primaten, verhalf mir auch nicht wirklich zu einer Erregung.

Also saß ich einfach nur da und langweilte mich zu Tode.

Und langweilte mich.

Und langweilte mich.

Inzwischen war es schon der sechste Pornofilm in Folge und mittlerweile reichlich spät am Abend, während Sasuke sich weiterhin Notizen auf seinem Block machte.

Um ehrlich zu sein, war der Anblick nicht nur merkwürdig, sondern irgendwie auch ziemlich angsteinflößend. So stellte sich schließlich niemand einen Mann vor, der sich gerade Pornos anguckt. Aber Sasuke war ja auch nicht wie jeder andere.

"Mach's aus...Ich kann's echt nicht mehr sehen...", maulte ich nun jedoch, klang dabei wie ein quängeliges Kind und war dabei von mir selbst überrascht, dass ich mir zum ersten Mal Sex, in welcher Form auch immer, entgehen ließ.

Doch Sasuke blieb völlig eisern, sah mich nicht einmal an und entgegnete nur schroff: "Du guckst dir das gefälligst an, Usuratonkachi."

SPECIAL: Icha Icha

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Die dritte Prüfung

Hi Leute!

Sorry, hatte einiges zu tun. Ich fang dann gleich mal an, euch auf eure Kommentare zu antworten! Tut mir leid, dass sich da bislang noch nichts getan hat ^___^ Aber trotzdem schon mal vielen Dank dafür!
 

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Hier standen wir nun also. Vielleicht zum letzten Mal auf dieser Bühne. Der Weg hierher war steinig gewesen und das vor allem in der vergangenen Woche. Dustin hatte sich zwar als begnadeter Sänger erwiesen, doch Itachi fand dennoch großen Spaß daran, uns stundenlang durch die Gegend zu scheuchen, während Sakura die Initiative ergriff und sich gemeinsam mit Hinata um unsere Kostüme kümmerte. Die Informationen, wie diese auszusehen hatten, bekamen die beiden von Sasukes fleißig beschriebenem Notizblock.

Trotzdem waren diese Tage auch schön gewesen. Zumindest für Sasuke, der das Blitzlichtgewitter allmählich zu genießen schien und mich nur vorschob sobald es um die Beantwortung von Fragen ging, die uns beide betrafen. Ansonsten war er derjenige, der die Gespräche führte. Darauf bestand er sogar.

Einerseits war ich froh, dass er sich so zur Schau stellte, das Ganze mehr mit Begeisterung aufnahm, aber im selben Atemzug wirkte sich dieses Verhalten auch bedrückend auf mein Gemüt aus. Weil er bis vor einigen Wochen niemals so reagiert hätte. Vor ein paar Wochen hatte er nicht einmal viel auf diesen Wettbewerb gegeben. Aber jetzt, jetzt stand er da und genoss diesen ersten Hauch von Ruhm genüsslich.

Wenn Sasuke nicht bald auf den Boden der Tatsachen zurückkehrte, dann würde dieser anonyme Schreiber womöglich recht behalten, indem er sagte, dass er tief fallen würde. Und zwar tief auf den steinharten Boden der Realität.

Doch sobald die Fans ihn umschwärmten und kreischend Autogramme forderten, war für Sasuke eben jene Realität kilometerweit entfernt. Hier bekam er die Anerkennung, die ihm sein Vater niemals geschenkt hatte. Und aus diesem Grund, ließ ich es zu. Irgendwann würde er es selbst erkennen. Irgendwann würde er von diesem ganzen Trubel genug haben. Da war ich mir sicher.

"Meine sehr verehrten Gäste! Hier nun das, auf das Sie alle seit einer geschlagenen Woche warten! Dustin in Begleitung von unseren Boys aus 'Black & White'!", kündigte der Moderator ein letztes Mal unseren Auftritt an, als wir bereits auf der dunklen Bühne in Position standen. Vereinzelt hörte ich Mädchengekreische, noch ehe die Scheinwerfer einsetzten.

Nun vollführten wir unsere mühselig einstudierte Choreographie, die weniger mit Tanzen, als mit Entertainment zu tun hatte. Die Bewegungen waren einzig und allein darauf ausgelegt, die Frauen bei unserem Anblick um den Verstand zu bringen. Doch in diesen hautengen Lederklamotten, die wir trugen, fiel es schwer sich überhaupt zu bewegen. Unser Kostüm bestand beiderseits aus einer kurzen Lederjacke, einem darunter liegenden, zerrissenen Netzhemd, einer ebenfalls schwarzen Lacklederhose und schwarzen Schuhen. Hinzu kam ein ledernes Halsband, das mir beinah den Atem abschnürte, fast so als würde ich ein Korsett tragen und außerdem eine blickdurchlässige, rote Augenbinde.

Dustin trug dagegen bloß eine Lederjacke und die dazu passende Hose, weil wir davon absahen einen Jugendlichen so auf den Präsentierteller zu legen und sich Dustin nebenbei auch mit Händen und Füßen dagegen wehrte, etwas Freizügigeres anzuziehen.

Wir, Sasuke und ich, hatten nun letztendlich die Aufgabe Dustins Gesang gebührend zu begleiten, wobei wir uns wortwörtlich von einem Typ, der mindestens einen Kopf kleiner war als wir, durch die Gegend schubsen ließen. Um ehrlich zu sein, kam ich mir bei dem, was wir vortanzten, ziemlich minderwertig vor und konnte mir nicht richtig vorstellen, wie jemand so etwas als erotisch bezeichnen konnte.

Aber vielleicht lag dieses Empfinden auch ganz einfach an der Tatsache, dass man mir die Rolle des Masochisten zugeschrieben hatte, der nun nicht nur vom Sänger, sondern auch von meinem Tanzpartner dominiert wurde. Sasuke drückte mich unsanft an den Schultern zu Boden, ich ließ mich theatralisch fallen, wobei die Bühne bis auf die Lichtkegel, die uns umgaben, völlig abgedunkelt war. In diesem Moment umspielte Sasukes Lippen das von mir herzlich getaufte 'Rape-Grinsen', das er so ausgiebig in den letzten Tagen zusammen mit Itachi einstudiert hatte.

Schließlich saß Sasuke auf meinem Rücken und bewegte sich an der entsprechenden Liedstelle zuckend im Takt, als befände er sich geradewegs in Ekstase. Und das plötzliche Gekreische ließ mich erahnen, dass er dabei ziemlich überzeugend wirkte.

Es folgten weitere derartige Posen und als sich das Lied dem Ende zuneigte, war der Applaus gigantisch. Und der Sieg war nah. Das wussten wir alle drei.

Deshalb nahmen wir kurzerhand unsere Augenbinden ab und traten lässig ans Mikro heran, wobei ich unauffällig versuchte mit meiner Hand hinten in meine Hose zu gleiten, da mir der Allerwerteste ganz schön von diesem Zeug juckte. Es war eine einzige Qual solche Klamotten zu tragen. Dass die Kameras wirklich überall waren, war mir in jenem Moment einerlei.

"Jungs, mich habt ihr definitiv überzeugt. Da soll nochmal einer sagen, nur Frauen seien das schöne Geschlecht. Astrein. Ihr habt gezeigt, dass wir genauso sexy sein können", lachte Jiraiya und rieb sich, genau wie ich es immer tat, mit dem Zeigefinger über die Nasenspitze.

"Also ich fand euch auch toll", warf Tsunade direkt freudig ein, noch ehe wir uns für Jiraiyas Lob überhaupt bedanken konnten und grinste uns entgegen. "Eure Kostüme sind der Hammer. Aber vor allem dieser Blick von dir, Sasuke. Der war einfach magisch", lächelte sie ihm auffordernd zu.

"Zeig' uns nochmal dein Rape-Face", ulkste ich herum und stieß ihm neckisch in die Seite, wobei das Publikum herzlich auflachte. So wie bei fast allem, was ich sagte. Es musste gar nicht mehr richtig lustig sein. Mein Image, dass ich als lustig galt, genügte, um die Leute über alles lachen zu lassen.

Und in diesem Moment, während wir von Tsunade und Mr. Might Guy ausschweifend gelobt wurden, wurde mir eines wieder ganz klar: Nicht du selbst, sondern die Presse bestimmt, wer und vor allem wie du bist.

Für mich war das fortan eine bittere Tatsache. Und diese Tatsache schreckte mich auch ein Stück weit vor dem Showbusiness ab. Im Fernsehen sah man immer wieder allerlei Schauermärchen, was die Medien aus Schauspielern machten, wie Menschen durch die Presse zu Grunde gerichtet wurden. Aber es musste ja nicht zwangsweise so sein. Die Presse war schließlich auch für den Erfolg verantwortlich. Im Moment befand ich mich diesbezüglich jedoch in einem ganz schönen Zwiespalt. Aus eben jenen genannten Gründen. Eigentlich schon seit mehreren Tagen. Aber das, was wir bislang erreicht hatten, würde ich nicht einfach wieder fallen lassen.

Nicht aufgrund solcher Hirngespinste.

"Naruto", rüttelte Sasuke plötzlich an meiner Schulter und ich fuhr mit dem Kopf herum, während das Publikum abermals im Hintergrund lachte. Dann nickte mein Freund von der Bühne herab, direkt in die erste Reihe, wo bereits Dustin Platz genommen hatte und wir uns nun ebenfalls dazugesellten.

Während die Mädchengruppe auf die hell erleuchtete Bühne trat, musterte ich Sasuke aus dem Augenwinkel. Ein leichtes Lächeln umspielte meine Lippen, als ich seinen entschlossenen und euphorischen Gesichtsausdruck sah. Er veränderte sich. Auch wenn ich manchmal meine Bedenken hatte, weil er sich so sehr in der Presse zur Schau stellte, so war diese Entwicklung doch letztendlich positiv. Sasuke kam aus sich heraus. Er lachte häufiger. Manchmal strahlte er sogar, wenn wir mit den Proben fertig waren und wieder Fortschritte machten, für die uns Itachi lobte.

Und deshalb war ich mir sicher, dass dies der richtige Weg war. Der Weg, den Sasuke und ich gemeinsam beschreiten würden. Niemals würde ich aufgeben. Ich würde seinem Glück nicht im Weg stehen.

"Was ist?", lächelte mir Sasuke plötzlich entgegen und grinste dann leicht. "Hab' ich was im Gesicht?" Postwendend erwiderte ich sein Grinsen und bemerkte, dass mein Herzschlag immer schneller wurde. Ich hatte alles, was ich mir die ganzen Jahre lang erträumt hatte. Alles binnen weniger Wochen erreicht. Es war wahrhaftig wie ein Traum aus dem ich nicht mehr erwachen wollte.

"Ich bin einfach nur glücklich", murmelte ich und ließ meinen Blick dann wieder Richtung Bühne schweifen, wo nun die Choreographie der Mädchen einsetzte. "Ich auch", entgegnete Sasuke leise und fügte ein paar Sekunden später an: "Das hier ist alles, was ich immer machen wollte. Es ist ein tolles Gefühl, wenn man seine Träume wenigstens ein Stück weit erfüllen kann. Nicht wahr, Naruto?"

Als ich daraufhin noch einmal zur Seite blickte, sah ich in seine dunklen Augen. Ich sah erneut dieses Funkeln darin, aber keinerlei Kälte. Aus Sasukes Augen war die Kälte gewichen, die ihn jahrelang begleitet hatte. Und deshalb nickte ich einfach nur grinsend.

Für nichts auf der Welt würde ich mein momentanes Leben tauschen wollen.

Dann folgte auch schon der Applaus und ich begann motorisch Beifall zu klatschen, wobei ich mich jedoch zu Sasuke herüber lehnte. "Die waren echt schlecht", murmelte ich, wenngleich auch mit ironischem Unterton und er lachte kurz auf. "Ich hoffe, das Publikum sieht das wirklich so. Dann können wir nämlich das machen, was wir extra für die Tanten einstudiert haben."

Während sich die drei Frauen verbeugten, brüllte plötzlich Dustin neben dem ganzen Geklatsche ein lautes: "Schlampen!", auf die Bühne und ich fror für einige Sekunden nahezu ein.

"Hast du sie noch alle?", fauchte ich ihm schließlich mit einem kalten Blick zu und zog verdutzt eine Augenbraue hoch, als er mich schelmisch angrinste, als sei er die Unschuld in Person. "Wir haben schließlich nicht viel anders getanzt, als die", erklärte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. "Du siehst das falsch", warf nun Sasuke ein und betrachtete weiterhin die Bühne, die sich nun langsam verdunkelte.

"Wir sind jetzt entweder schwul oder Macho-Arschlöcher. Obwohl wir nahezu das Gleiche gemacht haben. Das ist halt so", zuckte er mit den Achseln und Dustin nickte zustimmend. "Aber dann will ich doch lieber als Macho-Arschloch gelten", lachte er direkt und zwinkerte mir zu.

Daraufhin entfuhr mir ein leises Seufzen. "Komische Logik", sagte ich und verfolgte nun mit den Augen die Silhouetten der Mädchen, die sich von der Bühne bewegten.

"Eigentlich nicht. Ist halt menschliche Logik. Die ist selten objektiv", lachte Sasuke und stellte allmählich das Klatschen ein. So wie der Rest des Publikums.
 

Eine gute Stunde später, in der wir uns wenigstens wieder in angenehm luftige Klamotten hüllen durften, standen wir erneut auf der Bühne. Jetzt neben dem Mädchen-Team und bereit, der Wahrheit ins Gesicht zu blicken. Nervös trat ich von einem Fuß auf den anderen, während der Moderator mal wieder ellenlang um das eigentliche Thema herumschwafelte und das Ganze ins Endlose zog.

Der Brillenträger wandt sich nun zu unserer Gruppe, nachdem er die Mädchen eine gute Weile zugetextet hatte und setzte ein freundliches Lächeln auf. "Ihr hättet bewiesen, dass Männer genauso sexy wie Frauen sein können, meinte Jiraiya. Aber sieht das das Publikum genauso? Waren die Leute genauso überzeugt von eurer Leistung?" Es folgte eine kurze, bedeutsame Pause ehe er fortfuhr. "Zumindest sexy genug, um von den Zuschauern in die nächste Runde gewählt zu werden! Die Entscheidung findet zwischen Dustin und 'Black & White' statt!", verkündete der Moderator in die jubelnde Menge und unsere drei Münder zierte, nachdem wir ebenfalls kurz aufgejubelt hatten, ein verheißungsvolles Grinsen. Kurz wurden noch ein paar Blicke ausgetauscht, dann zählte Dustin ein, womit Sasuke und ich uns erneut auf regelrechtes Grundschulniveau herabbegaben. "Drei, zwei, eins: IHR KÖNNT NACH HAUSE GEH'N, IHR KÖNNT NACH HAUSE GEH'N", sangen wir im Chor, wobei wir wie bei einem besoffenen Fußballspiel die Arme um den jeweils anderen legten, uns dabei zu den Mädchen wandten und einige Jungs aus dem Publikum direkt in unseren Gesang einstimmten.

Sasuko und Naruko starrten uns nun fassungslos an, während es mich juckte, die Hose runterzulassen und diesen Zicken meinen nackten Arsch mit hervorgezogenem Mittelfinger zu zeigen. Doch ich konnte mich beherrschen. Ihre langgezogenen Gesichter waren Befriedigung genug für mich. Aber auch Dustin und Sasuke schienen bei diesem göttlichen Anblick ihre helle Freude zu haben.

Als unser Singsang wenige Sekunden später wieder verstummte, ertönte noch einmal Applaus aus den Zuschauerreihen, dann erhob jedoch Jiraiya das Wort: "Na, na, Jungs. Wir wollen doch fair bleiben." Er sagte diese Worte zwar ernst, doch ein ebenfalls belustigtes Grinsen konnte er sich dennoch nicht verkneifen. Es war nunmal sein Job, die Fairness innerhalb des Wettbewerbs zu bewahren. Aber meiner Meinung nach, war unsere Reaktion mehr als fair, wenn man daran dachte, was die Mädels bei uns für eine Show abgeliefert hatten.

"Tja, wer zuletzt lacht", grinste Sasuke nun Sasuko mit einem Zwinkern entgegen, wandt sich dann voller Freude zum Publikum, griff sich das Mikrophon und brüllte hinein: "Dankeschön! Ihr habt mir den Tag gerettet! Ich liebe euch!"

Daraufhin ertönte lautes Mädchengeschrei, das Blitzlicht ging an und Sasuke schien sich sichtlich wohl zu fühlen. Er befand sich regelrecht auf einem Höhenflug. Und es tat mir gut, ihn so zu sehen.
 

Nur knappe zwanzig Minuten später standen wir bereits zum zweiten Mal an diesem Abend auf der Bühne. Dieses Mal wollten wir wieder richtig rocken. Mit einer absolut lächerlichen Choreographie. Kiba war beinah an uns beiden verzweifelt, als er versucht hatte uns Basketball beizubringen. Vor allem die Einlage für die Choreo. Es war ein einziges Desaster gewesen, weshalb wir uns letzten Endes immerhin für eine etwas leichtere Alternative entschieden hatten.

Nun standen wir hier und zeigten in Begleitung von ein paar gutaussehenden Tänzern die Choreographie aus High School Musical, während ich - natürlich ohne Sasukes Wissen - im Hintergrund auf der Leinwand in riesigen Buchstaben 'High Gay School Musical' zeigen ließ. Das Publikum lachte, doch Sasuke schien darüber nicht verwundert zu sein. Schließlich war er von Anfang an der Meinung gewesen, dass die Choreo scheiße sei. Aber ich hatte ihn, ohne nennenswerte Bemühungen, doch noch von der Idee überzeugen können. Allmählich schien er mir diesbezüglich zu vertrauen. Und er zog das Ganze sogar völlig ohne Anheiterer durch. Es war erstaunlich.

Nun kam der Wechsel, wobei die Männer die Bühne verließen und ein paar attraktive Frauen erschienen, mit denen wir nun zu moderner Musik tanzten. Dabei wurde das Bühnenbild von vielen bunten Lichtern erhellt und erinnerte annährend an einen Disco-Besuch. Das 'Highlight' des Ganzen war, dass die Vorstellung damit endete, dass das Licht ausging und sich jeweils eine der Tänzerinnen zu uns gesellte und in einen leidenschaftlichen Kuss verwickelte. Sasuke bestand auf diese Schlussszene, um ein für alle Mal jegliche Vorwürfe von Homosexualität von uns zu weisen. Dass das mit dieser Methode völlig schwachsinnig und wenn überhaupt nur merkwürdig auffällig war, hatte ich ihm nicht verklickern können. Wenn Sasuke sich etwas in den Kopf setzte, dann konnte ihn nichts und niemand mehr von seiner Meinung abbringen. Oftmals nicht einmal mehr er selbst.

Das Lob der Jury war für mich das selbe Geschwätz wie die ganzen Male zuvor. Es wurde betont wie hübsch wir doch seien, dass wir uns toll bewegen könnten und die Leute gut entertaint worden seien. Für Sasuke schienen diese Worte wie Balsam für die Seele zu sein, wohingegen sie für mich nichts weiter, als unpersönliches Gelaber blieben. Es war eine Beurteilung. Und noch nicht einmal eine Professionelle, sondern einzig und allein auf die Interessen der Zuschauer ausgelegt, die sich nunmal mit ziemlicher Sicherheit mehr für unser Aussehen, als unsere Begabung interessierten. Genauso wenig konnte man den Großteil für reinen Breakdance begeistern, der infolgedessen mehr und mehr aus unseren Choreos verdrängt wurde.

Erst jetzt, am Ende der Show, fiel mir auf, dass wir uns in eine tänzerische Richtung bewegten, die wir eigentlich niemals angestrebt hatten. Bis zu jenem Moment war ich mir selbst darüber noch nicht im Klaren gewesen. Ich hatte überzeugen wollen. Ich wollte Sasuke glücklich sehen. Und hatte letztendlich meine eigenen Interessen und Überzeugungen im Sinne der Masse und des Erfolgs aus den Augen verloren.

Aber das war das Showgeschäft.

Während des gesamten Auftritts von Dustin, der eine auf die Tränendrüsen drückende Ballade sang, konnte ich mich nicht mehr aufs Wesentliche konzentrieren. Die ganze Zeit über ließ ich die Entwicklung unseres Tanzes in meinen Erinnerungen Revue passieren und ich kam zu dem Schluss, dass wir uns tatsächlich mehr und mehr davon entfernten, was wir eigentlich machen wollten. Aber es machte mir trotzdem noch Spaß. Nicht umsonst war es mir bis zum heutigen Tag überhaupt nicht bewusst geworden.

Diese Feststellung ließ mich aufatmen. Irgendwann war es schließlich immer an der Zeit für etwas Neues. Und diese Zeit war nun gekommen. Solange uns die Freude an dem blieb, was wir taten, war alles okay. Dann mochte es Breakdance, Modern Dance oder sonst irgendein Tanz sein. Solange wir nur den Spaß nicht verloren.

Im Hintergrund hörte ich allmählich den Applaus aufkochen, der immer näher an meine Ohren drang und mich unmittelbar dazu zwang, ebenfalls Beifall zu klatschen. Nur Sasuke saß neben mir und regte sich nicht - er applaudierte nicht.

"Alles okay?", murmelte ich ihm zu und blinzelte einmal verwundert, als ich sein angespanntes Gesicht sah. "Ich hab kein gutes Gefühl bei der Sache", knirschte er hervor und schien Dustin mit seinem Todesblick zu verschlingen.

"Nah, Sasuke", lachte ich grinsend und legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Das wird schon werden. Sonst sind wir Zweiter, ist doch auch toll. Waren ja mal ein paar Tausend Bewerber", erzählte ich aufmunternd und rieb einmal über den Stoff, der seine Schulter bedeckte.

Doch Sasuke blieb ablehnend und starrte weiterhin auf die Bühne. "Wir verlieren nicht", entgegnete er schroff und schien sich seiner Sache plötzlich ziemlich sicher zu sein.
 

Eine ganze Stunde hatten die Zuschauer nun Zeit, um sich zu entscheiden wer der diesjährige Gewinner von 'Das Hammertalent' werden sollte.

Und diese Stunde war nun vorüber. Meine Anspannung wuchs mit jeder Sekunde. Obwohl ich eigentlich ganz locker bleiben wollte, war diese Situation dennoch Nervenkitzel pur.

Das machte die endlos lange Rede des Moderators nicht unbedingt besser. Obwohl man meinen könnte, ich müsste mich allmählich daran gewöhnt haben. Doch das tat ich nie. Am liebsten würde ich dem Kerl so manches Mal meinen Gürtel um die Ohren schlagen, wenn er uns mal wieder wie auf heißen Kohlen sitzen ließ.

"Meine lieben Zuschauer. Die Entscheidung ist nun gefallen. Einige Wochen haben sie unsere Kandidaten wachsen sehen. Haben Höhen und Tiefen innerhalb dieser Show erlebt. Einige hielten dem Druck nicht stand. Doch diese drei Kandidaten, sie haben alle bisherigen Hürden überwunden. Doch die letzte Hürde bleibt: Die Meinung der Zuschauer. Sie haben entschieden. Sie haben Ihren Liebling gewählt für den fortan ein völlig neues Leben beginnt. Ein Leben voller Abenteuer. Mein sehr geehrtes Publikum, ich darf Ihnen nun verkünden - und oh, es war ein Kopf an Kopf Rennen! - dass der diesjährige Gewinner von 'Das Hammertalent'...Dustin ist!"

Die letzten Worte schrie der Moderator heraus, wies mit der Hand auf den Sechszehnjährigen, der daraufhin unter Freudentränen zu Boden ging. Ein breites Grinsen umspielte nach wenigen Sekunden, die ich brauchte, um das Ausgesprochene zu verarbeiten, meine Lippen.

"Hey, Glückwunsch, Dustin! Hast du dir echt verdient", lachte ich ihm zu und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter, woraufhin er aufsprang und mich vor Freude fest drückte. Ich wartete darauf, dass Sasuke ihm ebenfalls seine Glückwünsche zusprechen würde, doch diese Reaktion blieb aus. Sasuke blieb still. Er versuchte zwar, seine Fassung zu bewahren, nicht zu sehr aufzufallen oder zu zeigen, wie sehr ihn diese Entscheidung traf, doch ich wusste es. Ich konnte es daran erkennen, dass er eben nicht ausflippte oder sich freute, sondern ganz ruhig blieb, dass er ziemlich getroffen war.

Sasuke musste lernen, dass man im Leben auch Niederlagen einstecken und mit Würde tragen muss.
 

"Dieser verdammte Scheißkerl!", schrie Sasuke nun, als wir unsere Wohnung betraten und trat einmal mit voller Wucht gegen die geschlossene Tür, die daraufhin erzitterte.

"Beruhig' dich mal", versuchte ich zu schlichten und schritt näher auf ihn zu. "Letzten Endes war der Wettbewerb doch nur ein Spiel. Und es hat doch Spaß gemacht daran teilzunehmen, oder nicht?", lächelte ich ihm zu, während er mich mit seinen finsteren Blicken durchbohrte.

"Hier geht's um beschissene 100.000 Euro, die uns dieses Scheißkind vor der Nase weggeschnappt hat! Das ist verdammt nochmal kein Spaß!", schrie er mir ins Gesicht, als könnte ich etwas für die Entscheidung des Publikums. Sasuke war völlig außer sich.

"Du solltest es aber trotzdem besser als solchen betrachten. Du nimmst das viel zu ernst und flippst im Nachhinein unnötig aus. Das bringt jetzt auch nichts mehr. Wir sollten unseren Blick geradeaus richten", versuchte ich sachlich zu erklären und sah, dass immerhin sein Atem allmählich ruhiger ging.

Noch einen Moment sah er mir starr in die Augen, dann wandt er sich auf der Stelle um und vergrub die Hände in seinen Haaren. "Scheiße! Der ganze Mist war umsonst!", fluchte er und stampfte in die Küche hinein, wohin ich ihm direkt folgte und erst einmal auf einem Stuhl Platz nahm.

"Quatsch. Umsonst war das nicht. Wir haben Erfahrungen gesammelt, auf einer großen Bühne gestanden, vor Millionen von Zuschauern und die Medien reißen sich um uns. Das wird bestimmt nicht das Ende sein. Wir sollten es als Chance betrachten", pflichtete ich bei und tippte mit den Fingern auf der Tischplatte herum, während Sasuke mir mit verschränkten Armen den Rücken zuwandt und aus dem Fenster sah.

Es dauerte eine Weile, doch dann fragte er ruhig: "Und was schlägst du vor?"

Daraufhin lehnte ich mich lächelnd im Stuhl zurück und richtete meinen Blick an die Wand. "Na ja, also uns sind 100.000 Euro entgangen, das hast du schon richtig erkannt. Und wir brauchen das Geld. Ich kann schließlich nicht ewig vorstrecken. Also sollten wir das vorgestreckte Geld dazu nutzen, um ein paar ordentliche Bewerbungen an Agenturen zu verschicken. Oder was meinst du?"

Nach diesen Worten musterte mich Sasuke über die Schulter hinweg und bedachte mich mit einem kritischen Blick. "Bewerbungen?", hakte er nach.

"Klar, wir sind gut genug. Bald sind Sommerferien und die Schule haben wir ohnehin bald hinter uns. Wenn wir jetzt den Mega-Vertrag kriegen, dann sollten wir unseren Schwerpunkt vielleicht sogar darauf legen. Ich denke, dass wir mit deinem Hirn auch gut ohne sonderlich viel in der Schule zu sein, das Abi packen. Am besten wir schicken sowohl an kleine, als auch an große Agenturen Bewerbungen und teilen uns dann später bei den Gesprächen auf. Wenn wir nicht direkt zu einem Vortanzen eingelanden werden. Aber meistens wird ja bei einem bloßen Gespräch nicht zwangsweise erwartet, dass wir beide anwesend sind. Dann können wir auch eine an deine tolle SNAKE-Agentur schicken", grinste ich, auch wenn ich mir persönlich nicht viel von meinem letzten Argument versprach, doch Sasuke erwiderte mein Lächeln daraufhin und nahm umgehend vor mir Platz, sowie seinen Laptop zur Hand, den er direkt aufklappte.

"Ja, dann mal los. Das packen wir", sprach er mit seinem zurückgekehrten Optimismus und richtete seine Augen auf den Bildschirm.

Man konnte zwar nicht immer gewinnen, aber dennoch das Beste aus der Situation machen.

Genauso wie wir es gerade taten.

Die Chance sich zu beweisen

Ein paar Tage nach unserer Niederlage, kam Sasuke plötzlich mit trampelnden Schritten und völlig außer Atem zu mir in die Küche gestürmt. Dabei hielt er mir einen fast völlig zerknickten Zettel entgegen.

"Was ist denn los?", fragte ich verblüfft und legte meine Zeitung beiseite. Aufgeregt wedelte er sich Luft zu, versuchte seine Fassung zurückzuerlangen und holte dann einmal tief Luft.

"SNAKE", presste er einfach nur hervor und hielt mir abermals den Zettel entgegen. Wieder blinzelte ich überrascht und konnte dem Ganzen noch nicht vollständig folgen.

Doch als ich das Papier schließlich zur Hand nahm und die wenigen Worte grob überflog, stockte mir ebenfalls der Atem.
 

Sehr geehrter Herr Uzumaki,

Sehr geehrter Herr Uchiha,
 

wir haben Ihre Bewerbung kürzlich erhalten und würden Sie recht herzlich zu einem ersten Vortanzen einladen. Alles weitere würden wir dann vor Ort klären, sofern Sie unseren Ansprüchen entsprechen.
 

Wir erwarten Sie am Freitag in unserer Agentur.

Bei eventuellen Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
 

Mit freundlichen Grüßen,
 

SNAKE-Corporation
 

Ich konnte es kaum glauben. Immer wieder überflogen meine Augen den Text, doch mein Hirn war nicht in der Lage das Geschriebene vollständig zu verarbeiten.

"Ganz schön kurzfristig", war alles, was mir in jenem Moment vor lauter Überraschung dazu einfiel.

"Scheiß drauf! Und wenn die uns noch heute Abend hinbestellt hätten, ich wäre pünktlich gewesen, um die von den Stühlen zu tanzen", lachte Sasuke und ließ sich nun vor mir auf den Stuhl plumpsen.

"Das ist so unfassbar genial", schwärmte er weiter, während ich nur weiter das weiße Papier betrachtete. "Ja, unfassbar", stimmte ich zu und sah dann zu ihm auf. Sein ganzes Gesicht strahlte pure Freude aus. In diesem Augenblick hatte ich das Gefühl, Sasuke in seinem ganzen Leben noch nie so glücklich gesehen zu haben.

Und es freute mich. Aber gleichzeitig bedrückte mich diese Tatsache auch.

"Weißt du, die zahlen mit Sicherheit richtig gut. Dann könnten wir uns eine neue Wohnung suchen. Und neue Klamotten kaufen. Wir wären mit einem Schlag richtig reich", erzählte er weiter und ich ballte währenddessen ganz leicht eine Faust.

"Das hier ist die Wohnung meiner Eltern. Die werde ich nicht verkaufen", entgegnete ich und versuchte ruhig zu bleiben, weil es mit Sicherheit nicht seine Absicht war mich zu kränken. Er freute sich ganz einfach nur außerordentlich. Irgendwie konnte ich diesen Enthusiasmus auch nachvollziehen, wenngleich ich ihn nicht ganz teilte.

"Krieg' dich wieder ein. Das war doch nur ein Vorschlag. Ein Gedanke. Ein Wunsch. Mehr nicht, okay? Zunächst sollten wir uns sowieso um eine ausgefeilte Choreographie kümmern. Damit wir richtig punkten können", lächelte er mir zu und erhob sich. Sasuke war voller Energie, seit er diese Nachricht erhalten hatte.

"In der kurzen Zeit? Das Vortanzen ist schließlich schon in zwei Tagen", murmelte ich nur, stand aber ebenfalls in jenem Moment auf, da eine Diskussion letztendlich sinnlos blieb. Das erkannte ich direkt an Sasukes verstimmten Gesichtsausdruck.

Schwerfällig machte ich mich gemeinsam mit ihm auf den Weg zu Kakashis Tanzstudio, obwohl ich eigentlich völlig ausgelaugt war und Ruhe brauchte. Schließlich wäre das Vortanzen bei SNAKE nicht das erste. In den letzten Tagen hatten wir so allerlei Agenturen abgeklappert und aufgrund dessen kaum noch Zeit für Schlaf gefunden.

Allmählich war ich am Ende. Aber dennoch zwang ich mich, auch weiterhin oder gerade an jenem Tag, der Sasuke so unendlich wichtig zu sein schien, einfach alles zu geben. An mir sollte es nicht liegen.
 

Die zwei folgenden Tage hindurch, probten wir fast ununterbrochen und voller Elan. Doch nun, als wir vor diesem riesigen Gebäude standen, das fast vollständig aus Glas erbaut war und an dessen Seiten überall in gigantischen Buchstaben 'SNAKE' geschrieben stand, wurde mir so langsam ein wenig unwohl zumute. Wir waren zwar gut vorbereitet, doch meiner Meinung nach genügte eine einfache Vorbereitung nicht, um bei diesem Weltkonzern zu bestehen.

Deshalb schluckte ich hart und sah noch einmal zu Naruto hinüber, der mir ein letztes Mal aufmunternd zunickte, ehe wir das Gebäude betraten. Zunächst gelangten wir in eine Empfangshalle, die mindestens dreimal so groß war, wie Narutos gesamte Wohnung. Von allen Seiten kamen uns Männer und Frauen in dunklen Anzügen entgegen, die uns auf unserem Weg kritisch beäugten, bis wir schließlich die Rezeption erreichten.

Eine ältere Frau begrüßte uns, fragte gleich darauf nach unseren Namen und überprüfte, ob wir erwartet wurden. Sie nickte uns schließlich zu und bat uns noch für einen Moment in der Lounge Platz zu nehmen, da Herr Orochimaru gerade noch ein wichtiges Gespräch führe.

Kurz nickten wir in ihre Richtung, dann gingen wir auf besagte Sitzecke zu und ließen uns dort nieder, während sich in meinem Hals ein immer größerer Kloß bildete. Mein Lebtag hatte ich auf diesen Moment gewartet. Doch jetzt, wo er gekommen war, wünschte ich, ich könnte ihn noch ein Weilchen hinauszögern. Weil ich Angst hatte, zu versagen. Ich war unendlich nervös.

"Bleib ganz ruhig, Sasuke", pflichtete mir nun auch Naruto bei und streifte für einen unscheinbaren Moment mein Bein mit seiner Handfläche. Einmal atmete ich tief durch, schloss für einen kurzen Moment die Augen und nickte ihm dann zu.

"Ich versuch's", lächelte ich, um mich selbst zu beruhigen und betrachtete dann den Saal näher. Alles war völlig modern eingerichtet und durch das viele Glas war es hier drin auch ziemlich hell. Eigentlich sehr gemütlich und freundlich. Aber momentan erschien es mir einfach unmöglich, mich zu entspannen.

Das hier war alles so unwirklich.

Man träumte zwar, weil man hoffte, dass sich diese Träume irgendwann erfüllen würden, aber eigentlich glaubte man doch nie daran, dass es wirklich einmal soweit kommen würde. Und kam dieser Tag doch, so erschien er einem doch nur wie ein weiterer Traum.

"Herr Uzumaki? Herr Uchiha?", fragte plötzlich eine förmliche Stimme direkt vor uns und als ich den Blick hob erkannte ich einen weiteren Mann, der in einen schwarzen Anzug gehüllt war. Er lächelte uns zu und als wir auf seine Frage hin bloß kurz nickten, wies er uns mit einer Handbewegung an, ihm zu folgen.

"Herr Orochimaru erwartet Sie schon", murmelte er und geleitete uns durch ein paar kleinere und größere Gänge, ehe wir eine breite Tür erreichten an der wir inne hielten. "Ich hoffe, Sie sind bereit und tragen angenehme Kleidung", sagte er noch, bevor er die Tür öffnete und ließ uns schließlich eintreten.

Unsere Füße führten uns geradewegs auf eine riesige Bühne. Eine Bühne, die noch viel größer war, als jene, auf der wir bei diesem Wettbewerb getanzt hatten. Allmählich wurde ich immer unruhiger, vor allem als ich diesen Mann vor der Bühne einzeln an einem Tisch sitzen und uns kritisch mustern sah. Mir rutschte das Herz in die Hose. Ich wollte, dass es schnell wieder vorbei wäre. Dass er sagen würde, wir hätten den Job und dass es damit genug sei.

In diesen wenigen Sekunden, die wir brauchten, um die Mitte der Tanzfläche zu erreichen, ging ich mitunter noch einmal unsere kürzlich einstudierte Choreographie durch. Jeden einzelnen Schritt. Um mir ein gewisses Gefühl von Sicherheit zu verschaffen.

"Guten Tag", begrüßte uns die raue Stimme des Mannes, der dort unten mit übereinander geschlagenen Beinen, in Denkerpose und mit einem kleinen Block sowie Stift vor sich liegend saß.

"Guten Tag", murmelte Naruto und ich fügte ein: "Und herzlichen Dank für die Einladung", schnell an. Ich wollte einfach keinen unhöflichen Eindruck hinterlassen. Dafür hing hiervon viel zu viel für mich ab.

"Keine Ursache. Aber ich denke, die ganzen Formalitäten können wir uns sparen. Ich weiß genug über Sie", erwiderte Orochimaru und senkte seinen Blick kurz auf das Blatt Papier vor ihm.

"Zum Ablauf: Ich werde Ihnen gleich einige Songs vorspielen lassen und Sie werden einzeln dazu improvisieren. Das Ergebnis werde ich dann bewerten und danach entscheiden, ob Sie für mein Unternehmen geeignet sind oder nicht", fügte er an und betrachtete uns eindringlich.

Improvisieren.

Mir schlug das Herz augenblicklich bis zum Hals hoch.

Improvisieren.

Demnach konnte ich unsere Choreographie direkt wieder vergessen. Doch noch ehe wir überhaupt etwas darauf erwidern konnten, setzte auch schon die Musik ein. Naruto blickte kurz zu mir rüber, bemerkte, wie nervös und geschockt ich war und trat deshalb zuerst nach vorne.

Er bewegte sich ganz normal, total lässig, führte einige Kunststücke vor und versuchte sogar den kritischen Orochimaru mit in seinen Tanz einzubinden, indem er ihn mit seinen Blicken fesselte. Naruto war wirklich talentiert.

Und mit jedem Schritt, den er vollführte, wurde ich unsicherer.

"Jetzt Sie, Herr Uchiha", ertönte plötzlich eine laute Stimme aus dem Mikrophon und ließ mich aufschrecken. All meinen Mut und mein Können nahm ich in jenem Moment zusammen, trat nun ebenfalls nach vorne und versuchte krampfhaft im Takt zu bleiben.

Doch zu meinem großen Pech musste ich feststellen, dass ich keinen einzigen dieser Songs jemals zuvor gehört hatte. Das war ein ziemlicher Nachteil. Ein regelrechtes Desaster.

Ich wusste, dass meine Schritte lächerlich aussehen mussten, wurde deshalb zunehmend unruhiger und kam plötzlich völlig aus dem Takt heraus, vertanzte mich und blieb schließlich abrupt stehen. Die Musik setzte daraufhin aus und Naruto trat langsam an mich heran, legte mir sachte eine Hand auf die Schulter. Als wolle er sagen: Ist schon gut.

Trotzdem wagte ich aufgrund meiner miserablen Leistung, den Blick gar nicht erst zu heben.

Das war's.

Ich hatte alles versaut. Ich allein. Ich war schuld.

Es war vorbei.

Das, was noch nicht einmal begonnen hatte, war nun schon wieder vorbei. Mein Traum war zerplatzt. Und ich hatte die Seifenblase eigenhändig zerstochen.

"Kommen Sie einmal zu mir", bat Orochimaru dann und wir gingen zusammen mit langsamen Schritten zu ihm, hielten vor seinem großen Tisch inne und ich zwang mich, endlich den Blick anzuheben.

Nun sah ich, wie die Augen dieses Mannes, der knapp um die 50 sein mochte, immer wieder zwischen Naruto und mir hin und her huschten.

"Also nun ja. Ich will auch nicht lange drum herum reden. Ihnen, Herr Uzumaki, würde ich einen Vertrag anbieten. Aber für Herrn Uchiha sehe ich leider keine Chance. In dieser Liga sind Fehler absolut inakzeptabel", erklärte er und sprach damit die Worte aus, die ich ohnehin schon befürchtet hatte. Für einen Moment sank mein Blick wieder zu Boden. Man musste merken, wie nah mir das Ganze ging. Aber wenigstens für Naruto war der Traum noch nicht zu Ende. Auch wenn das ein geringer Trost war.

"Tut mir leid. Aber wir sind ein Duo. Uns nimmt man entweder zusammen oder gar nicht", entgegnete Naruto jedoch und als ich daraufhin zu ihm sah, bemerkte ich seinen ernsten und standhaften Blick.

"Nun, wenn das so ist. Dann kann ich leider nichts machen. Die Leistung von Herrn Uchiha entsprach leider nicht meinen Ansprüchen", sagte Orochimaru und für ihn schien das Gespräch damit zu Ende zu sein. Doch für mich war es das noch längst nicht.

"Geben Sie mir noch eine Chance. Ich kann das. Glauben Sie mir", bat ich mit ebenso ernster Miene, wie Naruto zuvor seine Absage ausgesprochen hatte und versuchte den Blicken dieses Geschäftsmannes standzuhalten.

"Ich habe genug gesehen. In Stresssituationen scheinen Sie nicht in der Lage zu sein, volle Leistung zu bringen. Tut mir leid, aber so etwas kann ich mir beim besten Willen nicht erlauben", entgegnete er und ein leichtes, süffisantes Lächeln zierte dabei seine Mundwinkel.

Und dieses süffisante Lächeln brachte mich dazu, unendlich wütend zu werden. Nicht genug, dass ich auf ganzer Linie versagt hatte, jetzt musste ich mich von diesem Kerl auch noch belächeln lassen. Als sei es nichts. Dabei bedeutete das hier alles für mich.

"Jetzt hören Sie mal zu!", schrie ich und schlug mit geballter Faust einmal auf den Tisch, so dass dieser Orochimaru wieder direkten Blickkontakt zu mir aufnahm.

"Sasuke", versuchte Naruto mit beruhigender Stimme zu schlichten, doch ich ignorierte ihn einfach. Ich wollte diesem Typen nur ein einziges Mal sagen, dass nicht alle Menschen auf dieser Welt in seiner Position standen. Dass nicht alle Menschen über die selben finanziellen Mittel verfügten, wie er es tat. Dass nicht jeder der Leiter eines Weltkonzerns war.

"Das ist doch hier kein beschissenes Spiel für uns! Wir brauchen diesen Job, verdammt! Wir brauchen das beschissene Geld! Verstehen Sie das denn nicht? Verstehen Sie das nicht, weil Sie noch nie am eigenen Leib erfahren haben wie es ist, wenn man nicht alles haben kann? Wissen Sie nicht, was Träume sind? Verdammt, das hier ist unser Traum!", brüllte ich und spürte, dass mir vor kochender Wut Tränen in die Augen stiegen. Ich verlor völlig die Beherrschung.

Dieser Typ war schuld. Für mich war er es. Ganz gleich, ob meine Leistung akzeptabel oder inakzeptabel war. Er war schuld.

Doch das Einzige, was ich sah, war erneut dieses süffisante Lächeln.

"Wenn Ihnen wirklich so viel daran läge, dann hätten Sie sich eben mehr bemüht, als Sie die Gelegenheit dazu hatten. Dann hätten Sie alles gegeben. Das haben Sie aber nicht. Und jetzt verlassen Sie meine Agentur, ansonsten lasse ich den Sicherheitsdienst kommen. Auf Wiedersehen", murmelte Orochimaru darauf und senkte zum Abschluss den Blick, um erneut in seinen Blättern zu versinken.

Noch ehe ich abermals das Wort erheben konnte, legte mir Naruto wieder seine Hand auf die Schulter. Dieses Mal fordernder, so dass ich zu ihm sah. Er schüttelte eindringlich mit dem Kopf. "Lass es gut sein", meinte er und deutete in Richtung Ausgang.
 

"Dieser aufgeblasene Wichtigtuer!", schrie Sasuke schon zum zweiten Mal, als wir schließlich durch die Wohnungstür traten.

"So ein Scheißkerl! Hält sich wohl für was Besseres, oder wie?", tobte er in seiner Wut und trat, wie nach der letzten Niederlage gegen die geschlossene Schlafzimmertür.

"Was hast du denn erwartet, Sasuke?", fragte ich leise, aber eindringlich und ging näher an ihn heran. Daraufhin blieb es still.

"Hast du erwartet, er würde uns den Job einfach so schenken? Das ist doch naiv, Sasuke. Und das sieht dir nicht ähnlich. Dieser Mann beurteilt nach Leistung. Er will daraus Profit schlagen, ist doch ganz klar. Würde er immer aus Menschlichkeit Leute einstellen, wäre er längst Pleite. Und außerdem: Es wird eine neue Chance geben. Einige von den anderen Agenturen wollten sich doch nochmal bei uns melden", sagte ich leise und legte von hinten beide Arme um seinen aufgebrachten Körper.

"Ich will aber in keine andere Agentur. Ich wollte dahin. Verstehst du das denn nicht?", grummelte er und ich spürte wie sich sein Körper mehr und mehr verkrampfte.

"Dann hättest du dir deinen Wutausbruch vielleicht verkneifen sollen. Damit ist sicherlich auch unsere letzte Chance auf eine Aufnahme geplatzt", flüsterte ich, um ihn nicht weiter aufzuregen und küsste sanft seinen Hals entlang.

Eine ganze Weile blieb es daraufhin still zwischen uns. Und während dieser Stille schlaffte Sasukes Anspannung mehr und mehr ab.

"Ich hab's tatsächlich versaut, nicht wahr?", fragte er nun leise nach und ließ allmählich den Kopf hängen.

"Du warst einfach zu nervös. Aber es wird sich eine neue, vielleicht sogar bessere Gelegenheit bieten. Da sei dir sicher. Das wird schon alles, mein Liebling", entgegnete ich mit einem leichten Lächeln und verstärkte meinen Griff um seinen Oberkörper.

"Tut mir leid. Ich meine, das war doch mit Abstand...Die beste Gelegenheit, um schnell an Geld zu kommen. Und das brauchen wir doch", murmelte er und wandt sich dann zu mir, legte die Arme um meinen Körper und drückte sich fest an mich.

"Wir werden schon einen anderen Weg finden, um an Geld zu kommen. Schließlich ist schnelles Geld auch nicht immer das sauberste."

Der Anfang von etwas Neuem


 

"Zum Reichtum führen viele Wege, und die meisten von ihnen sind schmutzig."

Marcus Tullius Cicero
 

Am darauffolgenden Montag saß ich am Morgen in der Küche und trank gerade in aller Seelenruhe meinen Tomatensaft, da mir noch etwas Zeit blieb, ehe ich meinen Schulweg antreten musste, als plötzlich Naruto den Raum betrat und sich mit der Post gedankenversunken zu mir gesellte.

"So, mal sehen, was wir so alles bekommen haben: Rechnungen, Rechnungen, Werbung...Und noch einen Brief, der dich interessieren könnte, Sasuke", murmelte er verdutzt und als ich zu ihm aufsah, bemerkte ich den weißen Brief in seiner Hand.

"Von SNAKE", erklärte er mit ratlosem Unterton und mir gefror augenblicklich das Blut in den Adern. "Meinst du, der verklagt mich oder sowas? Weil ich so rumgeschrien hab? Keine Ahnung, auf Beleidigung oder so? Der kriegt das doch durch, wenn der angepisst von mir ist", schauderte ich und wünschte mir, ich hätte tatsächlich einfach die Klappe am vergangenen Freitag gehalten.

"Wir wollen's mal nicht hoffen", sagte Naruto daraufhin, reichte mir den Brief, der sogar als Eilpost markiert war und den ich nun mit gemischten Gefühlen öffnete.

Doch als ich schließlich wie eine aufgescheuchte Katze das überflog, was dort geschrieben stand, glaubte ich im ersten Moment, meinen Augen nicht richtig zu trauen.
 

Sehr geehrter Herr Uzumaki,

Sehr geehrter Herr Uchiha,
 

nach langem Überlegen, habe ich mich schließlich doch dazu entschieden Ihnen eine zweite Chance zu geben. Sie haben mich überzeugt. Ich würde gerne heute mit Ihnen über den weiteren Verlauf und die Vertragsunterzeichnung sprechen. Dafür wird es nicht zwingend von Nöten sein, dass Sie, Herr Uzumaki, ebenfalls anwesend sind.

Dieses Gespräch wird sich hauptsächlich auf den weiteren Verbleib von Herrn Uchiha und mir beziehen.
 

Ich erwarte Sie gegen 19:00 Uhr in meinem Büro.
 

Mit freundlichen Grüßen,
 

Orochimaru; SNAKE-Corporation
 

Nachdem ich diese Zeilen gelesen hatte, umspielte ein breites Grinsen meine Lippen, das Naruto zu Recht zu verwirren schien.

"Was ist denn nun?", hakte er schließlich ungeduldig nach und musterte mich aus großen Augen. "Du wirst es nicht glauben. Aber meine Standpauke scheint bei dem Kerl gezogen zu haben", lachte ich und konnte mein Glück kaum fassen.

"Wie meinst du das jetzt?", fragte er ungläubig weiter und lehnte sich zu mir über den Tisch hinweg. "Na, dass wir eine zweite Chance bekommen. Er will sich heute Abend noch einmal in einem persönlichen Gespräch mit mir unterhalten. Und zwar über die Vertragsunterzeichnung! Ich kann's kaum fassen", lachte ich weiter und glaubte zu träumen, während Narutos kritischer Blick nun ebenfalls den Brief überflog.

"Komischer Typ. Dem muss man wohl erstmal so richtig die Meinung geigen, ehe der einen für voll nimmt. Aber na ja, solche Leute gibt's. Aber für den Fall der Fälle, dass sich unser Prinzesschen die ganze Angelegenheit doch nochmal anders überlegt, bin ich ganz froh, dass nur du hin musst. Weil ich wollte gegen Abend auch noch zu einem Vorstellungsgespräch. Mir wär's ganz lieb, wenn wir uns nicht zu sehr auf eines fixieren."

Freudig sprang ich nach diesen Worten von meinem Stuhl auf, ging auf Naruto zu und verwickelte ihn direkt und unvorhergesehen in einen leidenschaftlichen Kuss. Er brauchte nur einen kurzen Augenblick, um mit der Situation zurecht zu kommen, dann zog er mich auch schon auf seinen Schoß, so dass ich breitbeinig auf ihm sitzen konnte.

Eine halbe Ewigkeit später lösten wir uns wieder voneinander und im Moment glaubte ich, dass ich an diesem Abend und zur Feier des Tages, Lust auf ein erotisches Liebesspiel mit ihm haben könnte. Doch das würde meine Überraschung für ihn bleiben. Vorerst zumindest.

"Wow", presste er nur atemlos hervor und zog mich näher an sich. "Du bist wirklich ziemlich gut drauf." Daraufhin musste ich erneut kurz auflachen.

"Das könnte dir in nächster Zeit öfters passieren", lächelte ich und strich seine heiße Wange entlang.

"Ich liebe dich", flüsterte ich noch einmal sanft, als ich in seine blauen Augen sah und küsste ihn abermals, dieses Mal jedoch zärtlicher.

"Und ich dich erst", erwiderte er, nachdem wir unseren Kuss beendet hatten und betrachtete mich mit liebevollen Blicken. "Jetzt wird endlich alles gut, Naruto", lächelte ich sanft und strich über seine Lippen.

"Ich hoffe es. Das Geld von SNAKE könnten wir tatsächlich gut gebrauchen. Also vermassel es nicht schon wieder", grinste er ironisch und küsste mich noch einmal auf die Wange.

"Bestimmt nicht", erwiderte ich daraufhin ernst und legte haltsuchend die Arme um seinen Hals. Ganz langsam ließ ich mich in seiner Umarmung fallen.

Heute würde sich mein größter Traum erfüllen.

Mein allergrößter Traum.

Ein neues Leben würde beginnen. Ein besseres. Ein sorgloseres. Eines, das viel mehr Abenteuer bot, als mein bisheriges. Ich könnte meine Leidenschaft zu meinem Beruf machen. In einer der weltgrößten Agenturen. Ich müsste nicht wie etliche andere ganz klein anfangen.

Ganz oben würde ich beginnen und auf den Rest hinunter spucken. Vor allem auf meinen Vater. Er würde mich in den Zeitungen sehen und seinen Augen nicht trauen.

Diese Wünsche mussten zur Realität werden. Gewissermaßen gehörten sie ab diesem Zeitpunkt bereits zu meiner persönlichen Realität. Das Buch war geschrieben. Jetzt würde ein neues beginnen. Zusammen mit Naruto. Und vor allem mit meinem Erfolg.
 

"Ja, ich habe einen Termin mit Herrn Orochimaru", bestätigte ich an der Rezeption mit einer leichten Ungeduld in meiner Stimme. Noch immer hatte ich vage Befürchtungen, dass doch noch etwas schief gehen könnte. Aber von diesen Befürchtungen versuchte ich mich so gut wie möglich zu befreien. Denn beim letzten Mal hatten sie mir auch nicht sonderlich geholfen, sondern um ein Haar sogar alles zerstört, worum ich jahrelang so verbissen gekämpft hatte.

Die ältere Dame nickte zuerst in meine Richtung, dann wandt sie sich an eine jüngere Frau und wies sie an, mich zu seinem Büro zu bringen.

Während ich ihr folgte, legte ich mir nochmal alle meine Worte zurecht. Ich würde mich nicht für mein Verhalten entschuldigen und mich allgemein sehr kurz halten, damit ich mich nicht unnötig in unangenehme Themen manövrieren konnte. Denn dies gelang bei einem ausschweifenden Gespräch bekanntlich leichter.

Und das würde meine Chancen, noch heute Abend diesen Vertrag zu unterzeichnen, um ein beachtliches Maß senken, sollten bei meinen Plaudereien unvorteilhafte Aussagen meinen Mund verlassen. Deshalb wollte ich ihn lieber größtenteils geschlossen halten.

"Da wären wir", meinte nun die jüngere Frau, klopfte zweimal an und öffnete dann vorsichtig die Tür, die sie mir zuvorkommend offen hielt. Kurz nachdem ich eingetreten war, schloss sie diese auch direkt wieder hinter mir.

"Ah, Herr Uchiha. Sie sind pünktlich. Setzten Sie sich. Setzen Sie sich", hieß mich Herr Orochimaru willkommen und wies auf den ledernen Drehstuhl, der genau vor seinem Schreibtisch stand. "Vielen Dank", murmelte ich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, als ich vor ihm Platz nahm und näher an den Tisch heran rückte. Auch hierin fand sich die allgemeine Moderne wieder, wobei die Einrichtung insgesamt ziemlich teuer auf mich wirkte. Aber dieser Mann musste auch nun wirklich an nichts sparen. Für ihn gab es die Worte 'zu teuer' mit Sicherheit überhaupt nicht.

"Ich freue mich, dass Sie gekommen sind. Und auch darüber, dass wir allein sind. Ich meine, dadurch wird das ganze Gespräch doch direkt ein wenig vertraulicher. Finden Sie nicht auch?", lächelte er mir zu und ich beantwortete seine Frage mit einem leichten Nicken.

Wenige Sekunden später fügte ich jedoch hinzu: "Doch, da haben Sie recht."

"Nun, Sie fragen sich sicherlich, warum ich Sie noch einmal hierher bestellt habe. Dazu muss ich sagen: Weil mich Ihre Worte erreicht haben. Schließlich hatte ich auch einmal einen Traum. Ich kenne das. Und mich hat einfach fasziniert, dass Sie den Mut fanden, mir genau das ins Gesicht zu sagen. Zuvor waren Sie ja eher etwas zurückhaltender im Vergleich zu Ihrem blonden Freund. Nun ja, diese Verbissenheit überzeugt mich. Sie sind doch sicher von der Sorte Mensch, die alles tun würde, um die gesetzten Ziele zu erreichen, nicht wahr?", grinste er schelmisch, schlug erneut die Beine übereinander und ließ dieses Gespräch mehr in Plaudereien abdriften.

"Wer würde das nicht?", konterte ich nur lächelnd mit einer Gegenfrage und hoffte inständig, dass er dies nicht als unhöflich auffassen mochte.

"Eine wirklich löbliche Einstellung, Herr Uchiha. Wirklich löblich. Ihr Freund scheint diese Einstellung nicht zu teilen, nicht wahr?", fragte er weiter und rieb sich nachdenklich mit Zeigefinger und Daumen das Kinn entlang.

"Naruto nimmt das alles etwas lockerer. Aber trotzdem ist er sehr ehrgeizig. Man kann sich auf ihn verlassen", erwiderte ich wahrheitsgemäß und hielt nun Blickkontakt mit dem Mann mir gegenüber. Dem Mann, der mein Leben neu aufrollen könnte. Der mein Leben vollkommen verändern könnte. Das lag in seiner Macht. Aber nur zum Teil in meiner.

"Das freut mich zu hören. Aber kommen wir nun zum Geschäftlichen", fuhr er fort und legte mir binnen weniger Sekunden ein paar Zettel vor die Nase. Als ich das Geschriebene überflog versuchte ich ruhig zu bleiben, doch als ich dick gedruckt die Startprämie in Höhe von 100.000 Euro las, war es für mich fast unmöglich nicht vor Freude laut aufzuschreien.

Das war eine ganze Menge Geld. Eine wirklich verdammt große Menge Geld. Damit wären mit einem Mal alle Sorgen von uns gefallen. Und wir könnten es uns so richtig gut gehen lassen. Denn wenn das schon die Startprämie war, wie hoch mochte dann erst unser Monatsgehalt sein?

Ein leichtes Lächeln zierte meine Lippen, als ich inne hielt. Eigentlich wollte ich nicht zu viele Fragen stellen, viel lieber den Mund halten, doch die folgende Frage brannte mir nahezu auf der Zunge.

"Warum das alles?", fragte ich schüchtern nach und hob für den Moment den Blick, um in das lächelnde Gesicht des Mannes zu sehen, der sich nun von seinem Stuhl erhob und mit lockeren Schritten in seinem Büro auf und ab ging, wobei er mich, sowie die Bilder, die die Wand zierten, musterte.

"Nun ja, für mich ist das schließlich nicht viel Geld. Ein Kinderspiel. Für meinen Zuwachs will ich doch selbstverständlich nur das Beste. Und außerdem, musst du wissen, habe ich zu deinem Glück eine leichte Schwäche für hübsche, junge Männer", lachte er herzlich und ich stockte im ersten Moment. Weil er mich mit einem Mal duzte. Das war mir nicht entgangen.

Und das war nach einer derart kurzen Zusammenarbeit unüblich, aber ich wollte mich nicht beschweren. Sollte mich dieser Mann ruhig duzen, sofern ich nur endlich diesen Vertrag unterzeichnen durfte.

Das zweite, was mich im allerersten Moment überrascht hatte, war die Tatsache, dass er mich zu hübschen, jungen Männern zählte. Oder viel mehr, dass er dies so explizit erwähnte. Aber ich fasste es als einen lockeren Scherz auf, weshalb ich grinsend meinte: "Ich verstehe nicht so ganz."

Doch als sich nur Sekunden später zwei Arme von hinten um meinen Oberkörper legten und mir diese Stimme des Mannes: "Oh, ich denke, du verstehst sehr gut, Sasuke", zuraunte, war die Situation mit einem Mal eine völlig andere.

Das hier war weder ein Scherz, noch zählte es zu meiner Auffassung von Normalität. Doch ich war in jenem Moment viel zu überrascht und überrumpelt von dem ganzen Geschehen, als dass ich auch nur noch einen Finger hätte regen können.

Aber obwohl ich plötzlich keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte, war ich mir sicher, dass mir dieses unvorhersehbar Vertrauliche, dieses beim Vornamen nennen und duzen, nicht mehr geheuer sein durfte. Mein Atem ging allmählich schneller und stockender, als seine Hand langsam meine Brust entlang strich.

Ich konnte in jenem Augenblick nicht begreifen, was plötzlich vorging.

Dass alles in sich zusammen brach.

Alles wovon ich träumte.

"Weißt du, es gibt tausende von deiner Sorte da draußen. Tausende Talente, die doch niemals entdeckt werden. Du glaubst doch wohl nicht allen Ernstes, dass du so viel Geld und vor allem einen Vertrag bei mir bekommst, nur weil du ein bisschen Tanzen kannst und eine große Klappe riskierst? So naiv bist du doch wohl nicht, Sasuke? So naiv kannst du doch gar nicht sein."

Diese Worte verschwammen nahezu in meinen Ohren. Das Einzige, was ich noch klar und deutlich vernahm, war mein Blut, das immer mehr in Wallung geriet. Der Schwindel, der plötzlich in mir aufstieg.

Die Angst.

Und das gleichzeitige Verlangen, nicht schon wieder versagen zu wollen.

"Es ist deine Entscheidung", war das Letzte, was er zu mir sagte, ehe er mich zu sich drehte.

Es war meine Entscheidung.

Und zwar die schwierigste meines gesamten Lebens.
 

__________________________________________________________________________
 

Liebe Leser,
 

vielen, vielen Dank für's Lesen meiner FF! Ihr habt tapfer durchgehalten. Das ist nun also das Ende von Teil 1. Und ich hoffe, ihr hattet bis dahin euren Spaß.

Der Link zur Fortsetzung wird hier in der Beschreibung dann zu finden sein, wobei ich nicht weiß, wann genau dazu das erste Kapitel veröffentlicht wird. Aber ihr werdet es ja sehen.

Diejenigen, die noch eine extra ENS haben wollen, sobald das erste Kapitel der Fortsetzung veröffentlicht ist, weisen mich ganz einfach darauf hin.^^

Abschließend würde ich euch noch bitten an meiner blöden Umfrage teilzunehmen, weil mir sicherlich nicht jeder eine Rückmeldung erteilen wird und ich dort noch ein 'wenig' gezielter fragen kann ;-)
 

Bis zur Fortsetzung!
 

LG,
 

eure sissyphos



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Von:  -_Lulubell-chan_-
2015-01-13T19:36:21+00:00 13.01.2015 20:36
OMG! ich weiß ganz genau warum du das chap nicht weiter ausführen wolltest! ich wurde ja selbst rot bei dem was da passiert ist- nur vom lesen! >///< hätte ich noch mehr gelesen wäre mein hirn jetzt matsch xD hast du super gut geschrieben.. ich finde es keinesfalls blöd das du es nicht noch weiter vertieft hast! ich muss echt sagen ..GEIL!!!! haha aber warum der vadder :O kann der nicht einfach verschwinden >_<
so morgen lese ich weiter und wehe der ist dann noch da!

LG dein großer Fan~ xD
Von:  Kyuubi44
2014-01-27T21:52:27+00:00 27.01.2014 22:52
LOL mag ihn aber nicht der ist richtig sche***
Von:  Kyuubi44
2014-01-27T21:47:07+00:00 27.01.2014 22:47
Dustin 16 soll das eine Anspielung auf Justin Bieber sein
Antwort von:  sissyphos
27.01.2014 22:49
jep ;)
Von:  Kyuubi44
2014-01-20T22:31:20+00:00 20.01.2014 23:31
gEIL :):)
Von:  Kyuubi44
2014-01-20T21:55:50+00:00 20.01.2014 22:55
SO Geil du bist richtig gut würde mich freuen wenn ich meinen Freunden den Link schicken darf
Antwort von:  sissyphos
20.01.2014 23:04
Hey (:

Klar, kannst du gerne machen. Auch wenn ich inzwischen nicht mehr besonders stolz drauf bin ;)

LG N0VA
Von:  fighter_
2013-08-09T00:11:14+00:00 09.08.2013 02:11
Heeeey :D
Erst einmal will ich dir nur sagen das du einfach unbeschreiblich geil schreibst und ich wegen dir jetzt Gelenkschmerzen hab *-* -.-'
Ich bin irgendwie per Zufall auf deine FF gelandet und hab mir dann einfach mal das erste Kapitel durchgelesen was dann dazugeführt hat das ich dann das zweite auch gelesen hab undso weiter :-DD jetzt saß ich den ganzen Tag ununterbrochen fast immer in der gleichen Haltung und Stelle das ich schmerzen hab ._. xD
Haha ja eigentlich noch deine FF ist geil und joaa ich glaube ich les jetzt noch wahrscheinlich das zweite und ich find Orochimaru pädo -.-arschface tjaahah :D
Von:  sasunarufangirl1990
2013-01-11T18:23:51+00:00 11.01.2013 19:23
Die Geschichte war echt klasse und dein Schreibstil und die Ideen erste Sahne.
Ich dachte mir iwie dass das so ein Ende nimmt armer Sasu aber Naru erwischt es eindeutig schlimmer als Sasu selbst, immerhin wird er der leidtragende sein. Ich hoffe sie raffen sich zusammen und bekommen es auch ohne den reichen Schnösel hin und werden vorallem glücklich.

Ich geh jetzt erstmal weiter zum 2. Teil deiner FF, die ist ja zum Glüch schon da (man hab ich ein Glück ;)) das muss jetzt einfach sein.

Mach auf jeden Fall weiter so

GLG sasunarufangirl

PS: Ich konnte irgendwie nicht aufhören zu lesen und hab deshalb jetzt einfach alles aufeinmal gelesen deshalb gibts auch jetzt erst nen Kommi, tut mir leid.
Von:  Tales_
2011-09-16T20:07:14+00:00 16.09.2011 22:07
Huhu,
also erst ma gut das Sasuke und Naruto nun zusammen sind.
Aber oh mein Gott!
Ich habs geahnt das da was komisch is…
Was wird Sasuke nun machen???

Eine echt gut geschrieben Story!

Es tut mir Leid das es so wenige Kommis sind -.-
Aber auf Grund von Animexx Auflage, bleibt mir leider weniger Zeit als mir lieb is.

Lg Shanti

Von:  Tales_
2011-09-16T20:06:54+00:00 16.09.2011 22:06
Huhu,
oh man, das is wirklich heftig….
Armer Sasuke aber bei seiner Familie kein Wunder, das er solche Angst hat…
Ich hoffe das sich das alles irgendwie wieder einrenkt und die beiden gemeinsam eine lösung finden!
Lg shanti

Von:  Tales_
2011-09-16T20:05:54+00:00 16.09.2011 22:05
Huhu,
okay da is in der Familie aber ganz schön was schief gelaufen 0o
Itachi und Sasuke 0o
Na ich bin mal gespannt wie es weiter geht ^^
Lg Shanti



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