Just when I needed you most von moonlight_82 (Harry und Ginny) ================================================================================ Kapitel 2: 2. Kapitel --------------------- ~*~*~*~*~*~ Ginny stand an dem großen, bodenlangen Fenster, umrahmt von schweren grünen Samtvorhängen und sah schweigend auf die Straße hinaus. Ohne dass sie es beabsichtigt hatte, kullerten ihr ein paar Tränen die Wangen hinunter. Der Tränenschleier hatte es ihr eigentlich schon die letzten Minuten nicht mehr erlaubt, einen klaren Blick auf das allabendliche Treiben der Menschen draußen zu bekommen. Harry trat leise an sie heran und Ginny bemerkte ihn erst, als er dicht an ihrem Rücken zum Stehen kam. Er legte behutsam einen Arm um ihre Taille und lehnte sein Kinn an ihren Kopf. Ginny schmiegte sich ihm leicht entgegen und schloss entkräftet die Augen, was zur Folge hatte, dass weitere Tränen ausbrachen. „Du denkst an Fred.“ Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Harry drehte seine Nase in ihr weiches Haar und schloss die Augen. Ginny nickte lediglich, da sicherlich auf ihre Stimme kein Verlass war. „Verstehe! Ich lasse dich besser allein.“ Er löste seinen zärtlichen Griff. „Nein!“ Sie hatte leise geantwortet und nur Harry, da er dicht bei ihr stand, hätte es hören können, wenn sie nicht ohnehin allein gewesen wären. Ginny strich ihm sanft über den Unterarm und bemerkte dabei eine feuchte Stelle in seinem Pullover. Irritiert sah sie hinab und erkannte einen dunklen Fleck. Der Stoff war noch nicht stark durchdrängt, aber Ginny wollte es nicht auf sich beruhen lassen. „Lass mich das mal sehen“, bat sie schnell. Sie wartete keine Antwort ab und führte ihn zum Schein der Kerzen am Kamin, wo sie den Pullover am Arm nach oben streifte. „Warum hast du dich nicht von Mrs. Pomfrey verarzten lassen?“ „Weil andere es nötiger haben … hatten.“ Er wollte ihr bereits seinen Arm wieder entziehen, doch Ginny hielt ihn auf und schüttelte den Kopf. „Du hast immer gewusst, dass du vor mir nicht den Helden zu spielen brauchst. Einmal habe ich es zugelassen. Ein weiteres Mal, das habe ich mir mehr als einmal in den letzten Wochen und Monaten geschworen, werde ich es nicht akzeptieren.“ Ginny wandte den Blick nicht gleich von ihm ab, als sie endete. Harry schluckte und begriff, wie ernst es ihr war. „Ich wollte, dass du in Sicherheit bist, ich wollte mir nicht mehr Gedanken um dich machen, als ich es ohnehin schon tat. Wenn sie gewusst hätten, wie viel ich für dich empfinde …“ Harry stockte bei der Vorstellung der Atem. „Nach Dumbledores Beerdigung damals am See“, Ginny begann, ihm sein Pullover vorsichtig, um ihm keine Schmerzen zuzufügen, auszuziehen, „habe ich nur eingewilligt, dich gehen zu lassen, weil ich genau das verstand. Du musstest dich auf den heutigen Tag konzentrieren. Dass du nicht allein warst, Ron und Hermine an deiner Seite hattest, war ein kleiner Trost für mich.“ Harry ließ sie gewähren und als sie den Pullover über seine in die Höhe ausgestreckten Arme streifen wollte, trat sie unweigerlich sehr nah an ihn und sein Gesicht heran. Ihre Nasenspitzen berührten sich streichelnd und der Atem des jeweils anderen glitt wie ein Seidentuch über die geschundenen Hautpartien, bevor Ginny wieder etwas mehr Raum zwischen ihren Körpern entstehen ließ, um zu schauen. Sie sah entsetzt auf alle seine Wunden am Oberkörper, die bislang im Verborgenen lagen. „Was hat er dir nur angetan?“ Ginny verlor zum ersten Mal vor ihm und vor allem wegen ihm den Kampf mit ihren Tränen. Sie drehte sich schnell von ihm weg, griff nach ihrem Zauberstab und sagte: „Accio Verbandskasten.“ „Danke,“, brummte Harry nach einer Weile, „das wäre nicht nötig gewesen.“ Ginny hatte nach einer Decke gegriffen, die in ihrer Reichweite lag und sie mit einem gezielten Schwung um Harrys Körper gelegt. Beide hatten es sich vor dem nun mit dichten Flammen besäten Kamin gemütlich gemacht, während sie bis jetzt fein säuberlich jeden noch so kleinen Riss gereinigt und größere Stellen verbunden hatte. Harry hatte sich nicht von der Stelle gerührt, als sie aus der Küche mit zwei Tassen Tee zurückkam. Ginny sah, wie gebannt er ins Feuer schaute. Sie wollte ihn nicht erschrecken, als sie näher trat, und doch ließ es sich nicht vermeiden. „Es wird nicht einfach werden, die vergangenen Jahre als das hinzunehmen, was sie nun einmal sind. Aber …“ Ginny hatte die Tassen auf den Boden abgestellt und nahm zwischen Harrys Beinen Platz. Er hatte ihre Absicht schnell erkannt und spreizte auch noch sein linkes Bein, was bislang angewinkelt war, ab, damit sie mehr Raum hatte. „Aber“, wiederholte er auffordernd und sah genüsslich zu, wie Ginny es sich an seinem Oberkörper gemütlich machte. Die weiche Decke lag immer noch um seine Schultern und um seinen entblößten Oberkörper, sodass auch sie in den Genuss der mittlerweile entstandenen Wärme kam, als er von hinten seine Arme um sie schlang. „Aber die Gewissheit zu haben, dass es eine Zukunft ohne Voldemort gibt, ist sehr attraktiv.“ Sie drehte ihren Kopf, sodass sie ihn ansehen konnte und versuchte sich an einem aufmunternden Lächeln. Eine ganze Weile sahen sie sich nur an, bis Harrys Lippen ihren näher kamen. Trivial hob sie ihr Kinn an, um den letzten Abstand schnell zu verringern. Kurz bevor sich die Münder berühren konnten, stoppte Ginny und sah hinauf in seine dunkelgrünen Augen, die liebevoll und ohne zu zwinkern auf ihrem Gesicht ruhten. Und im nächsten Augenblick spürte Harry ihre weichen und warmen Lippen federleicht auf seinen und genoss das bekannte Gefühl, was er so lange schon vermisste. Es war umwerfender, als er es in Erinnerung hatte. Leicht entzog sie sich ihm, doch Harry gab sich noch nicht zufrieden und der kleine Abstand zwischen ihnen existierte schon bald nicht mehr. Erneut trafen sich die Lippenpaare leicht geöffnet und zärtlich. „Es ist schön, dass du hier bist“, murmelte Harry, der Ginny enger und für sie überraschend ziemlich fest an sich drückte. Gemeinsam sahen sie zu, wie die Flammen im Kamin ihr hektisches Spiel immer wieder von neuem begannen. „Willst du nicht versuchen, ein wenig zu schlafen?“ Ginny sah eine Weile später besorgt zu ihm zurück. Ihr war nicht entgangen, dass er sich kaum noch aufrecht sitzend halten konnte. „Nein.“ Harry wollte die Atmosphäre nicht ruinieren. „Lügner.“ Ginny löste sich aus seinem Griff und arrangierte die Kissen vor dem Kamin neu. „Ich gehe kurz ins Bad und bin gleich zurück.“ Schwerfällig stand sie auf. Harry blieb nichts anderes übrig, als zu nicken und dem Drängen seines Körpers nachzugeben. Sie war keine fünf Minuten verschwunden, als er bereits eingeschlafen war. Ginny, die geduscht hatte, kam schweigend zurück und sah, dass er jetzt schlafend in den Decken und Kissen vor dem Kamin lag. Sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, die schmutzige und vor Qualm stickende Kleidung wieder anzuziehen. Sie trug ihren Slip und ein T-Shirt, was sie fand und wohl Hermine gehören musste. Auf Zehenspitzen und so leise wie es auch nur in einem alten Haus mit knarrenden Dielen möglich war, trat sie näher und legte sich zu ihm. Ihre Beine schmuggelten sich in seine und ihre Finger strichen sanft um seine Rippen, bevor ihre Hand das Ziel auf seinem Rücken streichelnd erreichte. „Ich liebe dich!“ Überrascht öffnete sie ihre Augen. Harry schlief nicht mehr, sondern sah sie unverwandt an. „Und ich liebe dich“ flüsterte sie. „Kannst du mir je verzeihen?“ Ginnys Gesicht nahm irritierte Züge an, bevor er weiter sprach. „Dass ich Fred und all die anderen nicht retten konnte?“ Mit jedem Wort ergriff die Traurigkeit mehr Besitz von seinem geschundenen Gesicht. Ginny strich ihm zärtlich mit der flachen Hand über die Wange. „Es gibt nichts zu verzeihen, hört du?“ „Ich war da, als Fred …“ Harry begann, leicht zu zittern. „Harry, niemand außer dir selbst gibt dir die Schuld an dem, was passiert ist. Lass mich noch ein wenig um meinen Bruder trauern, aber lass mich das in der Gewissheit tun, dass du dich nicht von Selbstvorwürfen auffressen lässt. Wir alle sind dir unsagbar dankbar. Was wir empfinden, kann man nicht in Worte fassen.“ Harry floh zunächst mit seinen Augen und als ihm dies nicht ausreichend genug erschien, drehte er den Kopf zur Seite. Ginny, die dies mürrisch beobachtete, griff beherzt an sein Kinn und zwang ihn somit bestimmt, ihr seinen Blick wieder zu schenken. „Wir sind dir alle dankbar“, wiederholte sie eindringlicher. „Du hättest nie im Leben alle retten können.“ „Ich, wir waren da, als der Angriff passierte. Vielleicht hätten wir, wenn wir schneller gewesen wären …“, erinnerte er sich. Bilder huschten vor seinem inneren Auge vorüber. Ginny wurde klar, das es noch viele Situationen geben würde, die ihn lange beschäftigen würden, egal, was auch immer sie jetzt sagen würde. „Ron hat es unserem Vater erzählt.“ Harry hörte es, entgegnete aber nichts. Ginny hingegen kuschelte sich näher an ihn heran und atmete seinen Geruch ein. „Du hast nicht zweimal überlebt, um dich jetzt von deinen eigenen Schuldgefühlen umbringen zu lassen.“ Kurz darauf nahm Harry ihre gleichmäßigen Atemzüge an seinem Oberkörper wahr. Er dankte ihr für die gefühlvollen Worte mit einem Kuss auf ihre Stirn. Auch er lag nicht mehr lange wach. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)