Schuldigs Adventskalender von Shiva (oder: Wie erobere ich Brad in 24 Tagen?) ================================================================================ Kapitel 9: 09. 12. Let it snow! ------------------------------- 9. Dezember – Let it snow! Am Morgen des 9. Dezembers war Brad zwar früh auf den Beinen, aber wenig erfrischt. Er hatte wenig geschlafen, viel nachgedacht und hätte er seine Gabe nicht, hätte er sich Sorgen um das heutige Geschäftstreffen gemacht. Nur aus Höflichkeit hatte Brad zugestimmt, dass die Geldübergabe am letzten, abgelegensten Ryokan der alpinen Bergwelt Japans stattfand. Zumindest gab es dort auch einen Onsen, den man nutzen konnte, Nozawa Onsen in der Nagano Präfektur war ein beliebtes Urlaubsgebiet. Dennoch hatte ihr Auftraggeber es geschafft, ein eigenes Anwesen mit heißem, traditionellem Außenpool zu erstehen und wollte seine Geschäftspartner wohl damit beeindrucken. Dass dies bei Brad nicht fruchten würde, konnte der alte Herr ja nicht ahnen. Allerdings war der Kerl mehr als nur wohlhabend und so war Brad bestrebt, ihn auch als Klienten zu behalten. Also pochte er an Schuldigs Zimmertür und rief hindurch: "Wenn du mitwillst, solltest du dich JETZT fertig machen." Nicht einmal zehn Sekunden später riss ein fertig hergerichteter Schuldig seine Tür auf und grinste seinen Leader breit an. "Guten Morgen. Ich bin schon lange fertig und warte nur auf dich", gab er zu verstehen - was wieder einmal einer gewissen Doppeldeutigkeit nicht entbehrte. Er war für seine Verhältnisse sogar hochanständig, fast schon spießig gekleidet, aber er hatte so das dumpfe Gefühl, dass ihn Brad in Jeans und Schlabberpulli gar nicht erst mitnehmen würde. Also hatte er sich ordentlich in einen Anzug geworfen und trug einen dunklen Wollmantel über dem ansonsten hellen Outfit. "Gefall ich dir?", wollte er wissen, nachdem er sah, wie der Andere ihn anstarrte. "Oder soll ich mich nochmal umziehen?" Brad musterte den adrett gekleideten Telepathen von oben bis unten und nickte zufrieden. "Nein, ich bin mit deiner Garderobe sehr zufrieden. In eineinhalb Stunden geht der Shinkansen nach Nagano, wir sollten uns beeilen." Mit dieser kurzen, sachlichen, aber nicht unfreundlich gegebenen Information verschwand Brad nach unten in die Küche. Kopfschüttelnd zog sich Schuldig wieder ins Innere seines Zimmers zurück. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass er bei Brad im Moment rein gar nichts richtig machen konnte. Sogar dieses unterschwellige Lob des Anderen hatte sich angehört, als würde er etwas Anderes sagen wollen. Und dabei hatte der Telepath sich doch wirklich Mühe gegeben... Frustriert nahm er seine Tasche, in der er vorsichtshalber Ersatzkleidung, Handtücher und Ähnliches verstaut hatte, schlüpfte in seine Schuhe, schlang sich noch einen Schal um den Hals und begab sich dann ebenfalls nach unten. Er hoffte zwar, dass er für seinen morgendlichen Kaffee noch Zeit haben würde, aber wirklich rechnete er nicht damit. Naja, dann würde er sich eben im Zug mit dem labbrigen Gesöff vollpumpen, das für gewöhnlich serviert wurde. Doch Crawford hatte sehr fürsorglich bereits beide Kaffeemaschinen angestellt, in Schuldigs befand sich die doppelte Menge an Kaffeepulver. Schnell tischte er noch ein paar Scheiben Weißbrot auf, da er das Haus sicher nicht ohne ein anständiges Frühstück verlassen würde. Dazu durfte auch seine geliebte Himbeermarmelade nicht fehlen. Als Schuldig dann auch in die Küche kam, schaute er nur kurz davon auf, seinen Toast zu schmieren und meinte: "Ich hab dir Kaffee gemacht. Starken." Er grinste ein wenig und bemerkte beruhigt, dass sich sein gestriger Anfall von Schwärmerei glücklicherweise gelegt hatte, nicht zuletzt, weil Schuldig auch sehr züchtig bekleidet war und ihn nicht wie üblich verlocken konnte. Na, wenn das mal keine Überraschung war! Schuldig schaute Brad fast ein wenig ungläubig an, bedankte sich dann aber höflich und holte sich eine frische Tasse aus dem Küchenschrank. Er warf einen kurzen Seitenblick auf die dunkelrote Masse, die sich der Schwarzhaarige auf seinem Toast verteilte und leckte sich rasch über die Lippen. Ob Brad ahnte, wie oft er sich heimlich an der Marmelade vergriff? Himbeeren hatte er ja noch nie widerstehen können... Aber jetzt würde er den Teufel tun und fragen, ob er etwas davon abbekam. Nein, so weit hatte er seine Sucht dann doch noch unter Kontrolle... Endlich war sein Kaffee durchgelaufen und er füllte die Tasse voll, blieb aber an der Anrichte stehen und lehnte sich nur dagegen, statt sich, wie üblich, mit an den Tisch zu setzen. Er brauchte ein wenig Distanz, wenn er diesen Tag heil überstehen wollte, und am Besten fing er gleich damit an. "Du solltest auch noch etwas essen, wir haben sonst keine wirkliche Gelegenheit mehr und ich weiß nicht, ob wir im Zug noch etwas bekommen, das genießbar ist." Brad wusste, dass Schuldig genauso anspruchsvoll war wie er selbst, was Essen und Trinken anging, und so wäre es in seinen Augen besser, wenn Schuldig hier noch etwas essen würde. "Willst du auch?", bot er also sein eigenes Marmeladenglas an. Das war wieder so ein Moment, in den Schuldig nicht wusste, ob er lachen oder heulen sollte. Einerseits schien Brad ihn doch besser zu kennen, als er gedachte hatte - das bewies die dargebotene Marmelade. Andererseits sollte er eigentlich wissen, dass der Telepath vor drei Uhr nachmittags schon aus Prinzip nur selten etwas aß. Er beschloss, seinen Vorsätzen treu zu bleiben und schüttelte dankend den Kopf. "Nein, lass nur. Es ist noch viel zu früh für mich zum Essen." Trotzdem drängte sich ihm die Vorstellung auf, wie es sein mochte, das süße Fruchtgelee von diesen verführerischen Lippen zu lecken... Ergeben schloss der Telepath die Augen und atmete tief durch, um sich zu beruhigen. "Kein Wunder, dass du so dünn bist, wenn du nichts isst", schalt Brad mit hochgezogener Braue. Allerdings war es nicht so, als ob ihm das schlecht stand. Vermutlich futterte er alles, was er zum Leben brauchte, erst nachmittags und vor dem Schlafengehen in sich hinein. Über den Tag verteilt bekam Brad vom Privatleben seines Telepathen nicht so viel mit, da er selbst mit Arbeiten beschäftigt war. "Aaaber du bist ja ein erwachsener Mann", fügte er lächelnd hinzu. Innerlich zuckte Schuldig schon wieder zusammen. Hielt Brad ihn vielleicht für zu dünn? Aber nein, seine Figur war perfekt und durchtrainiert, er hatte nichts mehr mit dem mickrigen Teenager gemein, der er einmal gewesen war. Aber wenn Brad es dann doch noch lieber etwas kräftiger hatte? Oder wenn er gar nicht der Typ des Anderen war? Daran hatte er noch nie gedacht... Auf der Stelle machte sich wieder Unsicherheit in ihm breit. Er nickte nur schwach auf die letzten Worte des Amerikaners. Was hätte er auch sagen sollen? Um seine aufkeimende Nervosität zu verbergen, drehte er sich um, stützte sich mit einer Hand auf die Arbeitsplatte und stürzte seinen Kaffee die Kehle hinunter. So hatte er wenigstens ein Alibi für seine momentane Sprachlosigkeit und konnte gleichzeitig den panischen Ausdruck in seinen Augen verstecken, der sich eingeschlichen hatte. Brad aß in Windeseile seinen Toast auf, spülte mit dem Kaffee hinterher und räumte dann sein Geschirr weg. "Bist du so weit?", fragte er Schuldig mit einem Lächeln und wartete ein Nicken ab. "Gut, dann lass uns nun aufbrechen. Ich rufe uns ein Taxi zum Bahnhof." Eine halbe Stunde später stiegen sie in den Zug ein und fuhren Richtung Nordwesten nach Nagano. Lang verbrachten sie nicht in der ersten Klasse des Shinkansen, dann waren sie auch schon da. Dennoch war diese eine Stunde lang genug, um Schuldig über den Rand seiner Zeitung immer wieder anzuschauen, wie er mit geschlossenen Augen der Musik auf seinem MP3-Player lauschte. Der Telepath hatte es sich auf seinem Sitz gemütlich gemacht und die Musik voll aufgedreht. So bekam er absolut nichts davon mit, was rund um ihn herum geschah - was volle Absicht war. Er wollte sich auch keine Gedanken mehr machen müssen über das, was ihm in der Küche alles durch den Kopf geschossen war. Und wie immer wirkte seine geliebte Rockmusik Wunder. Deswegen riss er erschrocken die Augen auf, als er plötzlich an der Schulter berührt wurde. Er sah auf und in Brads Gesicht. Mit fragender Miene zog er die Ohrstöpsel aus den Ohren und bekam den Rest noch mit, dass sie wohl gleich ankämen. "Okay", meinte er lässig, verstaute den MP3-Player wieder in seiner Manteltasche und sah aus dem Fenster, vor dem die verschneite Berglandschaft zusehends langsamer an ihnen vorbeizog. Schön war es hier, das musste man wirklich zugeben. Auch wenn diese Abgeschiedenheit nicht unbedingt nach Schuldigs Geschmack war. Aber für diesen einen Tag würde er es schon überleben... Hoffte er zumindest. Das hieß, wenn er Brad nicht zu lange zu nahe kam. Was er tunlichst vermeiden wollte. Sie standen auf, als die Bremsen des Zuges schrill zu kreischen begannen, und begaben sich zu der Tür, die sich im Bahnhof automatisch für sie öffnen würde. Am Bahnhof mietete Brad einen exklusiven Wagen für ihren Weg bis zum Ryokan, in dem sie den Tag verbringen würden. Auch Brad hatte sich für den Schnee- und Notfall eine Reisetasche gepackt, doch sein Ziel war es, noch am selben Abend nach Hause zu fahren. Die traditionelle, japanische Gaststätte lag abseits jeder anständigen Straße am Fuße eines kleinen Hügels. Sachte rieselte Schnee vom Himmel und sorgte so dafür, dass Brad sehr langsam und vorsichtig fahren musste. Dafür verwöhnte das Auge sie auch bald mit einer herrlichen, weiß überzuckerten Schneelandschaft. Nach einer weiteren Stunde Autofahrt waren sie dann auch da und wurden höflich von den Angestellten des Hauses begrüßt. Artig zogen Brad und Schuldig ihre Schuhe aus und ließen sie im dafür vorgesehenen Vorraum stehen. Das war etwas, das Brad an Japan überhaupt nicht mochte und ihm immer wieder Sorge um seine 3000 Dollar Schuhe bereitete. Dennoch war noch nie etwas weggekommen und so tröstete er sich auch diesmal damit, dass er keine kalten Füße haben musste, da ihnen bereits die Hauspantoffeln gereicht wurden. Sie wurde darüber informiert, dass der Hausherr noch überraschenden Familienbesuch bekommen hatte und dass sie doch bitte über eventuellen Kinderlärm hinwegsehen möchten. "Schon gut, erwiderte Brad gelassen, "Wir bleiben ohnehin nicht über Nacht. Ist Amano-san schon hier? Wir haben eine Verabredung." "Ja. Er erwartet Sie im Onsen." Brad schluckte. "Bitte?" "Er wünscht Ihnen einen angenehmen Aufenthalt. Handtücher liegen im Umkleidezimmer." Damit trippelte die Dame in ihrem traditionell eng gebundenen Kimono vor und zeigte ihnen den Weg. Baden. Na wunderbar. Es war draußen schon kalt genug und nun sollte er auch noch ein Freiluftbad nehmen! Unglaublich. Und dann noch mit Schuldig zusammen, der mit Klamotten schon gut aussah. Und ohne nicht weniger. Das würde ihn auf eine sehr harte Probe stellen. Aber nicht nur Brad war bei den Worten der Empfangsdame blass geworden, auch Schuldigs Gesicht zeigte eine fahle Leichenfarbe. Um Himmels Willen! Das war ein Alptraum! Hilfesuchend sah er sich nach seinem Anführer um, doch der zeigte nur sein übliches Pokerface - also war keinerlei Hinweis zu erwarten, wie er sich nun am Besten verhalten sollte. Okay, vielleicht war es auch ein wenig viel verlangt, ausgerechnet bei Brad auf Hilfe zu hoffen. Noch dazu in dieser Angelegenheit, die dem Amerikaner sowieso auf den Geist zu gehen schien. Schuldig versuchte einfach, sich sein Entsetzen nicht zu sehr anmerken zu lassen und die personifizierte Lässigkeit zu sein. Was früher jedoch wie von selbst geklappt hatte, stellte jetzt eine schier unüberwindliche Hürde dar, weil sich seine elende Nervosität nicht und nicht in den Griff bekommen ließ. Ehrlich, er schwor sich, bevor er sich noch einmal derart verliebte, würde er sich erschießen. Das war ja nicht auszuhalten! Mutiger, als er sich fühlte, hob er den Kopf stolz an und schlenderte gelassen hinter der Lady her. Sein Herz schlug in einem irren Stakkato und er spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Und das alles galt es zu überspielen. Also war es wohl das Beste, wenn er gar nicht so oft zu Brad hinüber sah, während sie sich auszogen. Was einfacher gesagt als getan war... Brad hatte sich so schnell wie möglich in sein Handtuch und einen Yukata gewickelt, der dort ebenfalls bereit lag. Zumindest auf dem Weg bis zum natürlichen Pool wollte er sich angezogen fühlen. Was hatte Amano, dieser alte Sack, sich nur dabei gedacht? Das würde Brad ihm in hundert Jahre nicht vergeben. In dem weiten, traditionellen Bademantel war es doch sehr frisch und Crawford spürte, wie seine Nackenmuskulatur sich verkrampfte, da er dagegen ankämpfte, den Kopf zwischen die Schultern zu ziehen. Doch die Kälte war nicht sein einziges Problem und auch nicht sein größtes. Es stelle sich nämlich als viel schwieriger heraus, Schuldig nicht anzusehen, dessen Kleidung er hinter seinem Rücken rascheln hörte. Erst, als er selbst fertig war und glaubte, Schuldig war es ebenfalls, wagte er einen Blick über die Schulter. "Bist du soweit? Gerade schloss der Telepath den Gürtel, mit dem er eine Weile gekämpft hatte, als sich sein Leader zu ihm umdrehte. Zur Antwort nickte er nur knapp, seiner Stimmte traute er gerade nicht so wirklich. Er fragte sich nicht zum ersten Mal, auf was zum Geier er sich da nur eingelassen hatte. Hatte Brad nicht von einem Wellness-Tag gesprochen? Wie sollte er sich bitte entspannen und die freie Zeit genießen, wenn ihm der Amerikaner in einer sicher knappen und hautengen Badehose gegenübersaß und damit seine Fantasie nur noch mehr anstachelte? Den Blick stur nach vorne gerichtet kam Schuldig zusammen mit dem Älteren aus dem Umkleideraum. Die eisige Winterluft fraß sich sofort erbarmungslos durch den dünnen Stoff. Zum Glück stiegen in nicht allzu weiter Entfernung schon Dampfschwaden auf, die auf angenehm warmes Wasser schließen ließen. Schuldig atmete erleichtert auf. Noch länger halb nackt in dieser Kälte und er bräuchte sich über rebellierende Körperteile bei gewissen Anblicken keine Sorgen mehr machen... Brad schaute noch einmal an sich und Schuldig herab. Bei sich selbst saß alles tadellos, nur bei Schuldig fiel ihm ein fataler Fehler auf. "Schuldig, so wie du den Yukata gebunden hast, tragen ihn nur Tote", flüsterte er ihm zu. "Die linke Seite muss ÜBER die rechte." Noch verdeckte die heiß dampfende Quelle den Blick auf ihren Gastgeber, so dass diese Blamage noch nicht offenkundig wurde. Na ganz toll! Schuldig schnaubte genervt und machte sich daran, den Gürtel wieder aufzupfriemeln, um das elende Ding anschließend richtig herum zu binden. Dabei ließ sich nicht ganz verhindern, dass er - wenn im Moment auch eher ungewollt - wieder einmal mehr Haut zeigte, als nötig gewesen wäre. Doch dann hatte er es endlich geschafft und stand wieder züchtig bekleidet und mit korrekt gebundenem Yutaka neben seinem Leader. Durch die Zeitverzögerung fror er inzwischen nun doch gewaltig und wollte nichts weiter, als sich in dem warmen Thermalwasser aufzuwärmen. "Sehr schön, werter Gaijin. Nun gehen wir da rein und zeigen ihnen, was für gute Japaner wir sein können", sagte Brad und grinste breit. Zwar fror er ziemlich aufgrund der Minustemperaturen, aber er freute sich schon sehr auf das heiße Bad im Onsen. Dieser war bereits von einem älteren Herrn, Amano, und drei jungen Damen belegt. "Ahhh, Crawford-san! Wie schön, Sie zu sehen. Und Sie haben ja einen reizenden Besuch mitgebracht", meinte er mit Blick auf Schuldig. "Wie gut, dass ich noch immer eine Lady in Reserve habe. Kommen Sie rein, kommen Sie!" Eine Sekunde lang stand dem Telepathen der Mund offen. Dann schloss er ihn mit einem vernehmlichen Klappen wieder, schälte sich aus dem Yukata - wofür er ihn überhaupt angezogen hatte, wunderte ihn nun schon - und stieg in das herrliche warme, fast heiße Wasser. Kaum befand er sich in dem Becken, kam ein ausgesprochen hübsches Mädchen auf ihn zugewatet und kicherte leise und verlegen, während sie ihn betrachtete. Aus den Augenwinkeln sah Schuldig, wie auch Brad Gesellschaft bekam, und versteckte das plötzliche Grummeln seines Magens hinter einem niedlichen und aufreizenden Lächeln zu seiner Begleiterin. Brad allerdings ließ sich zwar unbeirrt von der Dame anfassen, unterhielt sich jedoch mit dem Mann über das Geschäftliche und über eventuelle zukünftige Projekte. Amano war sehr zufrieden mit seiner Arbeit und würde sie gern wieder buchen. Die Frau wurde dabei völlig ignoriert, was sie aber nur dazu veranlasste, noch kühner zu werden und sich bei Crawford auf den Schoß zu setzen. Der aber bugsierte sie aber sanft davon herunter und wandte seine Aufmerksamkeit weiter dem Gespräch mit Amano zu. Da sich Schuldig prinzipiell aus Geschäftsgesprächen heraushielt, wandte er dagegen seine Aufmerksamkeit durchaus dem Mädchen zu, das sich an ihn schmiegte, und unterhielt sich leise mit ihr, was sie ein ums andere Mal erröten ließ. Natürlich entgingen ihm ihre Flirtversuche ebenso wenig wie das aggressive Verhalten von Brads Gesellschafterin. Doch war beides nichts, das ihn sonderlich tangierte. Okay, doch, insgeheim wurmte es ihn ungemein, dass die junge Frau ungeniert auf Brads Schoß Platz nahm und ihre Finger über den herrlichen Körper gleiten ließ. Wenn er ehrlich war, war er schon drauf und dran, sie ihr einfach abzubeißen... Über sich selber innerlich den Kopf schüttelnd wandte er sich wieder der Kleinen zu, die in einem leisen, aber irgendwie aufdringlichen Ton auf ihn einredete. Hä? Nein, er würde ganz sicher nicht mit ihr in welches Zimmer auch immer gehen... Unter 'Entspannungstag' hatte er sich aber ganz bestimmt was anderes vorgestellt, als mit dieser Tussi rumzumachen... Besagte Tussi ließ jedoch nicht von Schuldig ab, eher im Gegenteil. Nun beschmuste sie sehr offensiv seinen Hals und strich ihm durch die leuchtenden Haare, die noch länger waren als ihre eigenen. Diese Beobachtung machte auch Brad und so schob er sein eigenes Mädchen wieder etwas von sich, in der Hoffnung, dass Schuldig es ihm gleichtun würde. Tatsächlich brachte es der Telepath fertig, dass die Kleine ein wenig von ihm abließ. Okay, er ging dabei nicht ganz so offensichtlich und abwertend vor, wie Brad das tat, sondern verließ sich dabei eher auf seine ihm eigenen Möglichkeiten, indem er ihr den Gedanken einpflanzte, dass es keine sonderlich gute Idee war, ihm so auf die Pelle zu rücken. Auch wenn er das früher nie geglaubt hätte, so war er doch erleichtert, als sie tatsächlich ein wenig Abstand nahm. Zufrieden mit sich und seiner Lösung des Problems lehnte er sich zurück gegen den warmen Rand des Beckens und seufzte erleichtert auf. Brad hatte heimlich mit beobachtet, wie Schuldig die Frau zurückwies und spürte heimliche Genugtuung. Seltsamerweise wollte er nicht, dass Schuldig mit jemand anderem flirtete, schon gar nicht mit so einem billigen Flittchen wie diesem. Noch während sie im dampfenden, heißen Wasser saßen, begann es heftig zu schneien. So heftig, dass der Dampf nicht mehr in der Lage war, die kleinen Flocken zu schmelzen, ehe sie auf ihre Köpfe fielen. Es dauerte auch gar nicht lange, bis Amano dieser Umstand auffiel und sie unter den blumigsten Äußerungen zurück ins Haus bat. Schuldig grauste es vor dem Moment, an dem er aus dem warmen Wasser in die Schneekälte musste. Da würde auch der dünne Yutaka nicht helfen... Resigniert seufzend stemmte er sich in die Höhe, um den Anderen zu folgen, die schon auf dem Weg aus dem Onsen waren, und biss die Zähne gegen die Kälte zusammen. Boah, da sollte einem nichts einfrieren... Er schnappte sich den dünnen Stoff und streifte ihn über seine nasse Haut, um gleich darauf den beiden Männern und drei Frauen zu folgen. Noch während er hinter ihnen hertrabte, versuchte er, den Kimono wieder zu binden - diesmal gleich richtig. Blamieren wollte er sich ja ebenso wenig wie Brad, der als sein Boss für so einen Fehler auch verantwortlich wäre. Amano bat sie beide höflich, sich anzukleiden und dann mit ihm zu speisen. Brad kam dieser Aufforderung nur zu gern nach und trabte gerade so langsam, wie es noch anständig war, ins Umkleidezimmer, um sich anständig abzutrocknen und sich wieder anzuziehen. Die Damen hatten glücklicherweise ihren eigenen Raum. "Die Mädchen sind ziemlich aufdringlich", bemerkte Brad, dem so kalt war, dass er nicht einmal Schuldig heiß genug finden konnte, um aus dem Konzept gebracht zu werden. Statt einer Antwort schnaubte der Telepath nur. 'Aufdringlich' war in seinen Augen noch die Untertreibung des Jahres. Er trocknete sich sorgfältig ab und schlüpfte wieder in den Anzug, der doch um einiges wärmer war als der leichte Yutaka. "Die werden uns doch nicht den ganzen Tag beehren?", fragte er hoffnungsvoll, obwohl er schon ahnte, dass er mit dieser Vermutung durchaus Recht haben könnte. Anscheinend war es Brauch, für das Wohl der Gäste auch einen dementsprechenden Service anzubieten... Nur gut, dass sie nicht allzu lange hier bleiben würden. Verzweifelt versuchte der Deutsche, nun auch seine Haare wieder trocken zu bekommen, die gerade mal wieder dem struppigen Fell eines Rauhaardackels ähnelten. Pf, die ganze Pflegerei beim Teufel! Ätzend, einfach ätzend! Er brummelte leise genervt vor sich hin, ohne dabei auf den Älteren zu achten. "Ich hoffe nicht", entgegnete Brad auf Schuldigs Frage. Er selbst war auch schon wieder in seinen Anzug gehüllt und beobachtete Schuldig dabei, wie er an seinen Haaren herumfummelte, diesmal weniger hingebungsvoll als beim letzten Mal. "Brauchst du einen Kamm oder so was?", fragte er und holte einen solchen aus seiner Innentasche des Jackets hervor. Es war ein kleiner Kamm mit engen Zinken, doch vielleicht war es besser als nichts. Angewidert verzog der Telepath das Gesicht. Wie sollte er mit diesem Folterinstrument bitte durch seine Mähne kommen, nachdem sie nass und verklebt war? "Ich hab eine Bürste dabei", verneinte er höflich und kramte dabei schon in seiner Tasche nach dem besagten Utensil. Mit einem leisen, genervten Aufzischen frisierte er sich seine Mähne und seufzte noch einmal, als er fertig war und die langen Haare feucht und glatt an seinem Kopf lagen. Pfff, das war nichts gegen die Löwenmähne, auf die er sonst so stolz war... Aber gut, für heute würde es schon gehen. "Fertig!", teilte er Brad mit, nachdem er die Brüste wieder verstaut hatte, setzte ein strahlendes Lächeln auf, das nur ein klein wenig gezwungen wirkte, und betrachtete seinen Boss mit einem kurzen, aber eindringlichen Blick. Woraufhin sein Lächeln weicher und echter wurde. "Das ist schön. Freu dich aufs Essen, das wird sicher nicht schlecht werden. Und was die Frauen angeht, so hast du meine Erlaubnis, ihnen eine andere Idee zu geben." Brad seufzte, denn er hatte wirklich keine Lust, sich weiter so umgarnen zu lassen. Er führte den Weg zurück in den Raum an, den die Ryokanangestellte ihnen als den Speisesaal des Hausbesitzers benannt hatte. Dort wurden sie bereits erwartet und Brad war erleichtert, dass die Damen nun zumindest bekleidet waren. Na, das war ja immerhin schon mal was. Schuldig nickte und eine ziemlich boshafte Idee blitzte in seinem Denken auf. Oh, das würde ein Spaß werden! Ein wenig besser gelaunt folgte er dem Älteren, nur um kurz darauf seine Schuhe wieder auszuziehen und den Speisesaal zu betreten. Tatsächlich standen schon die kleinen Schüsseln auf dem traditionell niedrigen Tisch. Die Mädchen kicherten leise, und rutschten ein Stück, um den beiden Männern Platz zu machen. Die grünen Augen des Telepathen blitzen kurz auf, ein gemeines Lächeln huschte über seine Lippen. Ihre Gesellschafterinnen rückten ein wenig enger zusammen und warfen sich eindeutige Blicke zu, die kein Interesse an den beiden Ausländern mehr zeigten. Problem gelöst. Vorläufig wenigstens. Brad bemerkte wohl, dass Schuldig etwas plante. So ein Gesicht machte der Telepath nur, wenn er etwas im Schilde führte. Und tatsächlich zeigten die Damen nun mehr Interesse aneinander als an Schuldig und Brad. Letzterer sanfte einen stummen Dank an seinen Kollegen, da er sich nun endlich auf das Gespräch mit Amano konzentrieren konnte, der schon weitere Aufträge für Schwarz im Petto hatte. Von draußen klang, wie bereits angekündigt, entferntes Kinderlachen herein. Der Winter war also nicht für alle ein Graus, gerade Kinder hatten ihren Spaß daran, im Schnee herumzutollen. Von den beiden Schwarz unbemerkt, fiel der Schnee im Laufe des Nachmittags immer weiter und puderte die ganze Straße ein, bis kein Durchkommen mehr war. Doch das sollte Crawford erst bemerken, als er gegen 18 Uhr zum Aufbruch drängte. Als sie dann nach draußen traten sahen sie nichts - außer Schnee. Ihr Mietwagen war darunter so begraben, dass sie nicht einmal mehr sagen konnten, welches der Autos ihres war. Und da die Straßen knöchelhoch zugeschneit waren und noch kein Winterdienst für freie Straßen gesorgt hatte, fragte sich Brad ernsthaft, wie sie hier wegkommen sollten. "Unter den gegebenen Umständen sind Sie natürlich herzlich willkommen, hier zu übernachten", bot Amano an, der sie nach draußen geleitet hatte. "Allerdings müssten Sie sich ein Zimmer teilen." Brad fiel aus allen Wolken. Wie sollte er das nur überstehen? Auch Schuldig erstarrte förmlich zur Salzsäule, als er das hörte. Um Himmels Willen! Na, das konnte heiter werden... Er schluckte hart und versuchte auf der Stelle, seinen Blutdruck irgendwie dazu zu bekommen, sich wieder auf einem Normalmaß einzupegeln. Mit zittrigen Knien und feuchten Händen folgte er Amano und Brad zurück ins Haus, für seine Verhältnisse ungewöhnlich schweigsam. Es war zwar nicht das erste Mal, dass sie gemeinsam in einem Bett übernachteten, und doch hatte Schuldig diesmal ein seltsames Gefühl im Bauch. Hier war das doch etwas anderes als zuhause, wo sich jeder in sein eigenes Refugium zurückziehen konnte, wenn es nötig war. Der Tag zusammen mit Brad hatte ihm ohnehin schon einiges abverlangt, was seine Beherrschung anging. Vor der Nacht grauste ihm. Dass Brad diese Gefühle teilte, ließ sich das Orakel von Schwarz sich zwar genauso wenig ansehen wie Schuldig, aber Fakt war, dass ihn allein der Gedanke an ein gemeinsames Futon mit Schuldig geradezu irre machte. Da half wohl nur noch eins: Dem Alkohol zusprechen. Das tat er dann auch, als ihr Gastgeber dazu einlud. Schuldig trank mit, allerdings hielt er sich dabei schon ein wenig zurück, allein schon, damit er nicht die Kontrolle über seine Telepathie verlor. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)