Lächle für mich von hungrymon ================================================================================ Kapitel 16: Es würde nicht so wehtun, mich zu lieben... ------------------------------------------------------- Ich fühlte mich, als würde ich so viel wiegen wie ein Elefant, als ich mich mit einem Stöhnen in meinen Schlafsack sinken ließ. Mein Magen rebellierte heftig, als ich mich noch einmal aufsetzte, um den Platz, an dem ich meine Taschenlampe hingelegt hatte, wieder zu finden. Meine Finger trafen etwas hartes, rundes, was ich erleichtert als meine Taschenlampe identifizieren konnte und ich machte es mir wieder in meinem Schlafsack bequem. Uruha lag rechts neben mir und schlief schon, wie ich aus seinem regelmäßigem Atem schließen konnte. Kai würde bald wieder kommen - er war noch etwas holen gegangen. Ich konnte es immer noch nicht glauben, dass ich Uruha so nahe sein durfte. Doch er hatte nicht protestiert als Kai kurzerhand festlegte, dass Reita und Ruki in meinem Zweimannzelt schlafen sollten. Auch er schien von Reitas Gefühlen für den Zwerg zu wissen. Ich machte mir zwar nicht so viele Hoffnungen wie der Bassist in dem Moment, als Ruki nach einem kurzen Blickaustausch mit Uruha der Zeltaufteilung zustimmte, aber - ich war glücklich. Ich vergaß für diesen Moment alles, was mich die letzten Tage so betrübt hatte. „Uhh…“ Ein lautes Grummeln in meiner Bauchgegend ließ mich auch den Rest des Abends in Erinnerung rufen. Wir hatten viel Spaß gehabt, viel geredet, doch mindestens genauso viel gelacht. Besonders, als wir auf die intelligente Idee kamen, Karaoke zu singen - ohne Karaokemaschine. Und ich konnte mich an keinen Moment erinnern, an dem ich nicht etwas im Mund hatte oder redete - oder sang, solang man die Worte, die aus meinem Mund kamen als Gesang bezeichnen konnte. Natürlich hatten wir es nicht geschafft. Nachdem wir etwa ein Drittel des Knabberzeugs vernichtet hatten, hatten wir einstimmig beschlossen, ins Bett zu gehen, da wir uns kaum noch bewegen konnten. „Okay, dann hab ich mich eben eeetwas verschätzt.“, hatte Reita zugegeben, bevor er zusammen mit Ruki in mein Zelt geschlüpft war. Ich hörte, wie jemand - Kai - ins Zelt kam. „O-yasumi.“, murmelte ich leise. „O-yasumi.“ Ein Rascheln - Kai musste sich umgedreht haben. Mitten in der Nacht wachte ich durch ein äußerst seltsames Geräusch auf. Wie zwei Gegenstände, die sehr schnell immer wieder aufeinander schlugen. Sehr leise. 'Zähneklappern.', erkannte ich und drehte ich mich nach links. Eindeutig. Es kam von Kai. Ich richtete mich auf, griff nach meiner Taschenlampe und knipste diese an. Kai lag mit dem Rücken zu mir. „Kai? Du zitterst ja.“, flüsterte ich und krabbelte zu ihm rüber. Ruckartig drehte er sich zu mir und guckte mich aus schuldbewussten Augen an. „H-h-hab ich d-d-dich gew-w-weckt?“, fragte er. „Schon okay.“, winkte ich ab, „Aber sag mal, was ist los?“ „M-m-mir ist n-nur etwas k-k-kalt.“ Ich runzelte die Stirn und legte meine Hand auf seine Stirn. Heiß. Kai zuckte unter meiner Berührung zusammen. „Du hast Fieber, Kai.“, stellte ich alarmiert fest. „Ha-ha-hab ich?“ Der Drummer blinzelte mich an. Noch immer schüttelte sein Körper sich vor Zittern. „Ja, ziemlich hoch sogar. Soll ich Reita fragen, wo er seine Medikamente aufbewahrt?“ „Nein!“, lehnte Kai schnell ab, „Ich hab die beiden nicht zusammen in ein Zelt gesteckt, damit ... - “ Ich schüttelte verständnislos meinen Kopf. „Soll ich nach weiteren Decken für dich suchen?“ „N-nein! Schlaf d-du ruhig wie-wieder...“ Nur für weniger Sekunden der Schwäche sah ich mich selbst wieder zurück in meinen Schlafsack kriechen. Doch ich blieb vor dem Schwarzhaarigen knien und erwiderte den traurigen Blick seiner Rehaugen. „Ach Kai! Du bist einfach viel zu nett.“, seufzte ich. Da begannen die Lippen des Drummers zu beben. Er blickte zu Boden, doch ich sah, wie sich seine Augen mit Tränen füllten. Und instinktiv legte ich meine Arme um ihn und zog ihn an mich. Kai versteifte sich einen Moment lang, doch dann ließ er sich in meine Umarmung sinken und begann zu schluchzen. „D-du bist es, d-der z-z-zu ne-nett ist.“, meinte er und schniefte leise. „Schscht...“ Ich strich ihm beruhigend über den Rücken. Nun merkte ich, wie Kai sich an mich klammerte, ich spürte seine Hände an meinem Rücken. Aber er sagte nichts mehr. Lange saßen wir so da und ich hörte nicht auf, ihn festzuhalten und über seinen Rücken zu fahren. Auch wenn mir irgendwann meine Beine und meine Hand einschliefen. Irgendwann hob Kai seinen Kopf und - zum ersten Mal seit dem Besuch wichen seine Augen meinem Blick nicht aus. Er schluckte. Dann lehnte er sich langsam vor. Es war nur ein kurzer Moment, in dem sich unsere Lippen berührten, nur der Hauch eines Kusses, denn Kai rutschte sofort von mir weg, als er merkte, was er gerade getan hatte. Ich hörte seine gestammelte Entschuldigung nicht. Völlig unbewusst war mein Blick zu Uruha gewandert. Seine Augen waren offen. Und sie sahen uns beide an. Ich wusste nicht, was ich in seinem Gesichtsausdruck suchte. Scham, da er etwas gesehen hatte, das er nicht sehen wollte? Freude, darüber, dass die Zuneigung, die ich Kai gegenüber hatte noch größer werden könnte und ich ihn nicht mehr verletzen würde? Oder Eifersucht? Wahrscheinlich war es Eifersucht, die ich suchte. Doch ich fand nichts. Und dieses Nichts tat so weh - ich dachte, meine Brust würde gleich explodieren. Mein Gesicht vor Schmerzen verzogen schoss ich aus dem Zelt, fummelte an der Terassentür herum, bis sie endlich aufging und rannte in Reitas Garten. Die beißende Kälte dieser Winternacht war nichts gegen den Schmerz in meiner Brust. Ich spürte den Schnee unter meinen Füßen kaum. „Aoi...“ Nur ein Flüstern in der kalten Nacht. Er kam näher. „Aoi.“ Arme, die sich vorsichtig und doch bestimmt um meine Brust schlangen. Ich reagierte nicht. Spürte zwar seinen warmen Atem durch meinen dünnen Schlafanzug an meinem Rücken. Hörte zwar das leise Zähneklappern. Sah zwar das Weiß des Schnees. Doch ich nahm nur eines wirklich war: den Schmerz in meiner Brust. Mit jedem Herzschlag durchzuckte er mich. „Es tut weh, oder?“ Ich erwiderte nichts. Bumm. Bumm. Der Schmerz ließ nicht nach. „Es tut sehr weh... oder? Es würde nicht so wehtun, mich zu lieben.“ Dieser Satz holte mich wieder zurück in die Realität. Die Arme waren verschwunden und ich drehte mich um. Kai stand ein paar Schritte entfernt, sein Blick starr auf den Boden gerichtet. Ich trat zu ihm. Es war seltsam, doch genau in diesem Moment dachte ich: Das war es also. Der Blick... „T-t-tut mir L-Leid, dass ich die S-S-Situation s-so aus-nutze.“, stammelte Kai. „Du solltest wieder reingehen.“ „I-ich hätte das ni-nicht t-t-tun sollen.“ „Geh wieder rein, Kai.“ Ich wollte wirklich nicht, dass meine Stimme so hart klang. Der Schlagzeuger schluckte, doch er nickte, drehte sich um und verschwand im Inneren des Hauses. Ich starrte noch eine ganze Weile in die Leere und versuchte, an nichts zu denken. Ich gab dieses Vorhaben jedoch bald auf. Meine Augen waren geschlossen. Doch ich war hellwach. Während ich dem leisen Gespräch von Reita und Ruki lauschte, durch das ich aufgewacht war, dachte ich zurück an gestern. Nun, es waren keine wirklichen Gedanken. Nur Bilder. Das häufigste Bild: Uruhas ausdrucksloses Gesicht. Und Worte. Doch nicht meine eigenen. Die häufigsten Worte: Es würde nicht so wehtun, mich zu lieben. Kais Worte. Ich wusste, dass er Recht hatte. Und jedes Mal, wenn ich an Uruhas Gesicht denken musste, durchfuhr mich dieser Schmerz. Aber dennoch - „Okay! Eins, zwei drei! AUFSTEHEN!!!“ Rukis Stimme riss mich aus meinen Gedanken und die anderen zwei wahrscheinlich aus dem Schlaf. Mit schweren Gliedern und ebenso schwerem Herzen kroch ich aus dem Zelt. „Musste das jetzt sein?“, schimpfte Reita gerade, als ich gähnend zu den zwei nach ‚draußen’ ging. Ruki nickte und guckte dabei wie ein kleines Kind. „Sonst wären die doch nie aufgestanden, oder Aoi?“ Für eine Diskussion mit dem Kampfzwerg war ich noch zu müde also stimmte ich ihm schnell zu: „Gaanz genau, Ruki-chan.“ „Oha, Kai, was ist denn mit dir passiert? Du siehst echt ganz schön eh - ... tot aus.“ Reita legte den Kopf schief und runzelte die Stirn. Kai antwortete nicht, er drehte sich nicht einmal nach dem Bassisten um. „Bin Bad.“, hörte ich ihn murmeln. „Was ist denn da passiert?“, wandte sich Reita an mich. „Er ist krank.“, erklärte ich, „Fieber. Ich hab ihm gestern noch was dagegen gegeben und ein paar zusätzliche Decken gesucht.“ Ja, nachdem meine Zehen beinahe eingefroren gewesen waren, hatte ich noch schnell in Reitas Medikamenten-Vorrat nach einem Mittel gegen Fieber gesucht und Kai ein paar Decken aus dem Wohnzimmer mitgebracht. ‚Er hat noch nicht geschlafen, als ich ihn zugedeckt habe, aber er hat seine Augen geschlossen gehalten und geschwiegen. Das Fiebermittel habe ich ihm neben sein Kissen gelegt.’ „Hast du lange suchen müssen? Du hättest mich ruhig fragen können.“, meinte Reita. „Tut mir Leid, dass ich einfach so dein Haus durchsucht habe, aber es war schon ziemlich spät.“. entschuldigte ich mich. „Ach, das geht schon in Ordnung.“ Der Blonde lächelte mich versöhnlich an. „Er hat das Mittel genommen, als er dachte, du müsstest schlafen.“ Ich hatte ihn nicht bemerkt. Uruha stand auf einmal neben mir. Ich zuckte zusammen und trat ein paar Schritte von ihm weg. Bumm. Bumm. „Gut.“ Das war das einzige, was ich herausbrachte. Der Brünette sah genauso aus wie gestern Nacht. Genauso distanziert. Genauso emotionslos. „Ich mach mir Sorgen um ihn.“, nuschelte Ruki. Der Kleine biss sich auf die Lippe und sah zu mir hoch. „Es ist doch noch was passiert. Was ist los?“ „Es ist nichts.“ Ich log, ohne eine Miene zu verziehen. „Ah.“ „Der Nächste kann ins Bad.“ Kais Stimme klang schon etwas fester, doch jeder, der ihn kannte, konnte aus ihr hören, dass etwas nicht stimmte. Er blieb an der Tür zum Wintergarten stehen und blickte uns an. „Ist was?“ „Nein, es ist nichts.“, wiederholte Ruki meine Worte. Kai nickte. „´kay.“ Reita, dem diese Stimmung sichtbar unangenehm war, verabschiedete sich mit einem Winken: „Ich mach uns Frühstück. Kai, du kommst mit, ich mach dir Tee. Uruha, du bitte auch, wäre nett, wenn du mir helfen könntest. Und Ruki und Aoi, Aufräumen.“ „Aye, Sir.“, rief Ruki mit einem Grinsen und zog mich an meinem Arm in die Richtung der Zelte. Als die anderen drei aus dem Raum waren, sagte er mit ernstem Gesichtsausdruck: „Es geht mich zwar sicher nichts an, aber du musst das klären, Aoi. Sonst geht die ganze Arbeit von über drei Jahren kaputt.“ Dass das auch Auswirkung auf die Band haben könnte, daran hatte ich bis jetzt nicht gedacht. Ich senkte schuldbewusst meinen Blick. „Hai...“ „Ach Aoi, ich hab zwar keine Ahnung, was da zwischen euch drei vorgefallen ist, aber ich bin mir sicher, irgendwie bekommt ihr das schon wieder hin.“, machte der Zwerg mir schnell Mut, als er sah, wie niedergeschlagen ich war. Doch Moment - Wir drei? Wie viel wusste er nun? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)