Lächle für mich von hungrymon ================================================================================ Kapitel 7: Der erste Schritt ---------------------------- Ich dachte schon, Ruki würde mir nicht öffnen und wollte eine weitere Sturmklingelaktion starten, da blickte mir bereits ein äußerst besorgtes, kleines, bräunäugiges Etwas entgegen. „Aoi? Was machst du hier?“, fragte mich der Sänger. Er klang leicht abwesend. „Ich sagte doch, alles okay.“ Ich unterdrückte, die Wut, die in mir aufstieg und erwiderte so ruhig ich konnte: „So siehst du aber nicht aus.“ „Ach was, nur zu wenig Schlaf zur Zeit.“, winkte er ab. Ich schwieg und sah den Blonden einfach nur an. Ich konnte ihn einfach nicht verstehen. Schon seit wir uns kannten, hatte er sich wie ein Wachhund für Uruha benommen und hatte niemand anderes an den Brünetten rangelassen. Ich erinnerte mich, dass er sich anfangs Anderen sogar als „Uru-chans Freund“ vorgestellt hatte. Doch warum das Ganze?? Ich konnte einfach nicht verstehen, warum es in Rukis Augen notwendig war, den Gitarristen so zu behandeln und ihn sogar teilweise von uns abzugrenzen. Was verbarg er vor uns? All dies ging mir durch den Kopf, während ich den Vokalist musterte, der scheinbar immer ungeduldiger wurde. „Wir sind doch Freunde, Ruki-chan. Wir können einander doch vertrauen…“. Und schon waren diese Worte aus meinen Mund geschlüpft. Ein paar Sekunden lang sagte keiner von uns beiden etwas, und er wich meinem traurigen Blick aus. Dann brach er das Schweigen. „Natürlich können wir uns vertrauen.“, murmelte er leise. „Und trotzdem verschweigst du mir seit beinahe drei Jahren etwas.“, wagte ich fortzufahren. Ruki nickte zitternd. ‘Jetzt oder nie!!’, schrie etwas in meinem Inneren ‘Vielleicht beginnt er darüber zu reden und setzt deiner Unwissenheit ein Ende.’ „Glaubst du, denn ich - oder eher wir würden nicht alles tun, um dir zu helfen? Aber wenn du nichts sagst, können wir weder dir - noch Ruha helfen.“, versuchte ich es vorsichtig. Ich hatte einfach das Gefühl, diesen ersten, wichtigen Schritt tun zu müssen. „Aoi, bitte! Musst du jetzt darauf rumreiten?“, jammerte der Blonde. Als ich nicht antwortete, setzte er unter Tränen hinzu: „Ich - es ist nicht so, dass ich euch nicht vertraue. Es ist nur…“ Ich schloss meine Augen und atmete tief durch. Weiterhin starrte ich ihn einfach nur schweigend an. Ohne eine Antwort würde ich nicht gehen. Ruki wurde immer nervöser. Seine Augen hatten einen Punkt hinter mir fixiert und er trat die ganze Zeit von einem Fuß auf den anderen. Aber mein Wille verstärkte sich dadurch nur noch. Ich würde nicht nachgeben! Sicherlich erinnerte mich etwas in meinem Hinterkopf daran, dass Uruha vielleicht in Gefahr schwebte, oder es unfair war, Ruki über dieses Thema zu auszufragen, wo es doch eindeutig um den Gitarristen ging. Doch das ignorierte ich. Nach einer halben Ewigkeit änderte sich etwas in seinem Gesichtsausdruck. Zögernd fuhr er sich durch die wirr abstehenden Haare. Dann gab er sich geschlagen: „Wenn das Ganze vorbei ist, bring ich Licht in die Sache. Ich werde euch alles sagen, was ich weiß. Aber nur, wenn Uru zustimmt“ Ich gab mich mit diesen Worten zufrieden und nahm mir vor, in einer ruhigeren Minute wieder darauf zurückzukommen. Bestimmt war dies auch ganz im Sinne der restlichen Member. Der erste Schritt war also getan. Das eigentliche Problem war dadurch nur leider nicht gelöst: Sofort stellte sich wieder die Sorge um den vermissten Gitarristen ein. Doch ich bemühte mich, ruhig zu bleiben. ‘Geh objektiv an das Problem heran.’, ermahnte ich mich. „Seit wann ist er weg?“, fragte ich. Selbstverständlich wollte der sture, verliebte Aoi auch in dieser Hinsicht nicht nachgeben - das wusste Ruki anscheinend, denn er antwortete schnell: „Weiß nicht.“, nuschelte der Blonde „Als ich um 10 aus dem Haus bin, um einzukaufen, hat er noch geschlafen. Aber er war weg, als ich wieder zurückgekommen bin.“ „Und er hat nicht noch irgendwie Bescheid gegeben? Liegt irgendwo ein Zettel oder Ähnliches?“ „Nein. Nichts. Aber er haut sonst auch mal gerne mal für eine Stunde oder so ab. Dann ist er meistens in dem Park bei uns in der Nähe.“, erklärte er bereitwillig. „Und wieso glaubst du, dass er diesmal nicht dort ist?“ „Ich hab da schon geguckt.“ Ein weiteres Mal stieg dem Sänger das Wasser in die Augen „Aoi, ich mach mir so schrecklich Sorgen um meinen Uru!!“ Ich atmete tief durch, da ich wie Ruki mit den Tränen zu kämpfen hatte. „Wo könnte er sonst sein?“ Gerade als der Kleine zu einer Antwort ansetzen wollte, klingelte sein Handy. „Moshi-moshi.“, meldete er sich. Ich konnte ihm ansehen, wie viel Anstrengung es ihn kostete, seine Stimme so gelassen zu halten. „Ehm ja. Hay, Kai. Was? Nein ich übe nicht! Wieso sollte ich? Im Proberaum? Ich kann doch auch zu Hau - HÄ?“ Ungewollt entschlüpfte mir kleines Schmunzeln, als ich Rukis absolut ahnungsloses Gesicht ansah. „Also es spielt jemand im Proberaum, hab ich das richtig verstanden? Na gut, dann halt es spielt jemand LAUT im Proberaum. Mh, okay thank you, Kai-chan.“ Auf einmal grinste er über beide Backen. „Aoi, ich glaub ich weiß, wo Uru ist.“ Ich starrte ihn verdutzt an. „Meinst du Uruha spielt da im Proberaum?“ Der Blonde nickte eifrig. „Hat er zwar - so weit ich weiß - noch nie gemacht, aber er ist in einer… äh seltsamen Stimmung momentan, also ich denke schon.“ Auf der Stelle sprang ich in meinem Wagen und auch Ruki saß nur einige Sekunden darauf neben mir. Ich drückte das Gaspedal durch. „Was macht Kai eigentlich da?“, erkundigte ich mich nebenbei. „Er ist gar nicht da. Shou hat nur bei ihm angerufen, weil er - und türlich auch der Rest von alice nine - nämlich momentan probt, und als die bunte Bande an unserem Zimmer vorbei gegangen ist, haben sie seehr laute Gitarrenklänge gehört.“, klärte der Vokalist mich auf. „Verstehe.“ „Ein Glück, dass sie es bemerkt haben, ne?“, meinte Ruki mit einem Strahlen, das mit Kais konkurrieren konnte. Ich nickte nur. Die Frage nach dem ‘warum’ war selbst durch die unglaubliche Erleichterung nicht verschwunden. Ich hoffte, der Zwerg würde sein Wort halten. ‘Außerdem ist es noch nicht einmal sicher, ob es wirklich Uruha ist, der im Proberaum spielt.’, schoss es mir durch den Kopf. Ich verdrängte den Gedanken und legte noch einen Zahn zu. Wir beide waren nur noch zitternde Nervenbündel, als wir endlich vor der Eingangstür standen. Ruki sah kurz zu mir hoch, ich nickte ihm zu, dann drückte er die Klinke herunter und die Tür schwang auf. Als ob wir von einer wütenden Mafiabande verfolgt werden würden, flitzten wir die Gänge entlang und liefen beinahe an unserem Proberaum vorbei. Doch die Gitarrenklänge, die aus diesem Raum klangen, waren so laut, dass wir unwillkürlich stoppen mussten. Diesmal öffnete Ruki die Tür sofort und schoss durch den schmalen Spalt. Nervös folgte ich ihm. Was, wenn es gar nicht Uruha war, der hier spielte, sondern ein Irrer? Wie sollten sich ein Zwerg - klar, ein Kampfzwerg, aber trotzdem ein Zwerg - und ein bekennender Angsthase gegen einen Irren wehren? Aber meine Furcht war unbegründet. Noch bevor ich den ersten Schritt in den Vorraum gemacht hatte, hörte ich es: „URU!! Da bist du ja!“ Ich ging weiter und was ich in dem eigentlichen Proberaum sah, löste all die Spannung, die sich in den letzten Minuten angesammelt hatte. Grinsend betrachtete ich den Anblick, der sich mir bot: Ruki hatte sich in Klammeräffchenart an den sehr verdutzt guckenden Uruha gekuschelt und schimpfte ihn, wie eine besorgte Mutter ihr Kind. „Wie kannst du einfach so verschwinden, ohne mir Bescheid zu sagen?“ und „Was glaubst du, was ich mir Sorgen gemacht hab? Dir hätte sonst was passieren können!“ waren noch die harmlosen Anfänge des scheinbar unendlichen Wortschwalls aus Rukis großem Mundwerk. Doch die Tatsache, dass die Größenverhältnisse irgendwie überhaupt nicht mit dem Rest zusammenpassen wollten, machte es für einen Außenstehenden, zu dem ich gerade geworden war, einfach lächerlich. Und auch diese verdammte Eifersucht, die bei mir sonst aufkam, wenn jemand Ruha so nahe kam, quälte mich in diesem Moment nicht. Ich war einfach nur erleichtert. „Und weißt du eigentlich, was diese Penner mit so gutaussehenden jungen Männern wie dir ma -“, wollte Ruki gerade beginnen, als Uruha ihn auf einmal unterbrach. „Sag mal, Ruki-chan, was macht Aoi denn eigentlich hier?“, fragte er. Sein Gesichtsausdruck hatte inzwischen wieder den der Gleichgültigkeit und Distanziertheit angenommen. „Was?“ Damit war der Sänger, der sich anscheinend gerne noch weiter beklagt hätte, etwas überrumpelt. „Unser zweiter Gitarrist, Yuu Shiroyama, oder einfach Aoi, steht hier im Proberaum und lauscht deinem Anfall mit großer Belustigung, Ruki.“ Ohne Uruha loszulassen wandte der Kleine seine Aufmerksamkeit wieder mir zu. „Ach ja. Aoi hat mich nur hergefahren.“, erklärte er unschuldig. Während er diese Worte aussprach, bedachte er mich mit einem mahnenden Blick. Ich verstand sofort was er damit sagen wollte und nur widerwillig widersprach ich dem Vokalisten nicht. ‘Später.’ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)