Bittersweet von hungrymon (I don’t know what to do, ´cause I’ll never be with you) ================================================================================ Kapitel 1: Chapter 1: These Days -------------------------------- „Hyde!“, schrie ich quer durch die Umkleide. „Hydee! Sieh mal, was ich schon wieder entdeckt habe!“ Ich saß über meinen Laptop gebeugt und starrte grinsend auf ein Bild. Dieses hatte anscheinend ein seehr kreativer und fantasievoller Fan von mir und Hyde gestaltet. Es sah so aus, als wären wir beide in einen innigen Kuss vertieft. Inzwischen hatte ich aufgehört zu zählen, wie viele ich von solchen Bildern schon gefunden hatte. Aber es war nicht so, dass ich mich über diese Bilder ärgerte. Ich fand sie sogar sehr amüsant. Was sich manche Fans ausmalten, wenn zwei Männer zusammen einen Film drehen und sich einfach gut verstehen. Vor allem, obwohl sie ja keine Ahnung hatten, wie es wirklich zwischen Hyde und mir stand. „Was ist?“ Ich drehte mich ruckartig um. Hyde stand plötzlich hinter mir. Seine braunen Augen sahen mir fragend entgegen. Anscheinend war ich so in meine Gedanken vertieft gewesen, dass ich ihn nicht kommen gehört hatte. Ich sog den Duft seines Parfüms ein. Gott, wie ich diesen Geruch liebte. Schnell bemühte ich mich, weniger anständige Gedanken aus meinem Kopf zu vertreiben. Er war ein Freund. Nicht mein Lover. Immer wieder musste ich mich daran erinnern. Da wir während der Dreharbeiten viel Zeit zusammen verbracht hatten, war bald eine besondere Art von Freundschaft entstanden. Schnell waren wir beide nur noch zusammen am Set unterwegs gewesen und hatten unsere freien Abende auch meistens gemeinsam verbracht. Hatte ich in dieser Zeit Gefühle für ihn entwickelt? Ich wusste es nicht. Ich wusste nur, dass ich sie, wenn es sie gab, ignorieren sollte. Hyde war verheiratet. Mit einer Frau. Ich war nur sein Kumpel. „Gackt? Was ist denn?“, erkundigte sich Hyde ein weiteres Mal. Ich blinzelte. Was war noch mal so wichtig? Ach ja! Das Bild! „Schau mal.“, sagte ich und deutete auf den Bildschirm. Hyde betrachtete das Bild nur kurz, dann sah er mich wieder an. „Witzig, oder?“ Ich grinste wieder belustigt. Wie gut ich doch verbergen konnte, dass es mir eigentlich auch recht wäre, wenn dieses Bild nicht manipuliert wäre. Hyde wollte gerade zu einem Kommentar ansetzen, als wir beide Taros Stimme hörten. „Was ist so denn wieder so lustig?“ Der fröhliche Schauspieler mit kurzen, schwarzen Haaren hüpfte neugierig zu uns rüber und sah natürlich sofort auf den Bildschirm meines Laptops. Dann fing er schallend an zu lachen. „Hihi, wie cool. Was sich diese Fans immer einfallen lassen!“ Plötzlich kam eine weitere bekannte Stimme dazu und unterbrach den kichernden Taro: „Also ich fände das eigentlich nicht so witzig, wenn so ein Bild von mir und einer anderen Schauspielerin auftauchen würde. Ich meine, ich bin verheiratet!“, sagte Zeny. Sie begutachtete das Bild mit ihren intelligenten braunen Augen und fuhr sich nachdenklich durch ihre kurzen Haare. Himmel, eigentlich wollte ich doch bloß Hyde dieses Bild zeigen! Nicht der halben Besetzung von Moon Child! Fehlte nur noch – „So wie unser Hyde. Was sagt überhaupt deine Frau zu solchen Bildern?“ Wang. Er kam, mit den Händen in seiner Jeans und bereits perfekt gestylten Haaren, zu uns. Ich seufzte. Da merkte ich, wie Hyde hinter mir bei den Worten des Schauspielers zusammenzuckte. Ich drehte mich zu ihm um und musterte ihn. Schnell bemühte der kleine Sänger sich um ein fröhliches Lächeln. „Ich weiß es nicht. Aber sie wird sie bestimmt nicht ernst nehmen“, antwortete er auf die Frage. Zeny kicherte. „Also wenn ich von meinem Schatz solche Bilder sehen würde, würde ich mir, ehrlich gesagt, schon Gedanken machen.“ „Ach was. Hat ja nichts zu bedeuten. Richtig, Hyde?“. Schon wieder hatte Taro dieses dämliche Grinsen im Gesicht. Hyde sah irgendwie bedrückt aus. Schnell lenkte ich vom Thema ab. „Wie lange haben wir überhaupt noch Zeit?“ Ich sah Wang an. Er warf einen kurzen Blick auf seine Uhr. „Noch drei Minuten.“ „Himmel!“ Ich sprang von auf und warf dabei fast den Laptop vom Tisch. Geschickt hielt Hyde ihn auf. Kurz lächelte ich ihm dankend zu, bevor ich in die hinterste Ecke des großen Raumes verschwand. Ich kontrollierte ein letztes Mal Make-up und Frisur. Warum malten sich die Fans so etwas aus? Glaubten sie etwa wirklich, das zwischen uns wäre mehr als Freundschaft? Und wie kamen sie darauf? Konnten sie wirklich sehen, dass ich scharf auf Hyde war? „Eine Minute! Gackt, komm jetzt bitte!“, hörte ich Wang wieder nach mir rufen. „Ja. Moment.“ Ein letztes Mal fuhr versuchte ich eine widerspenstige Haarsträne in meine Frisur zu bannen, doch wie schon zuvor sprang sie immer wieder nach oben. Fluchend ging ich wieder zurück und schloss mich meiner nervös wartenden Crew an. „So. Wir können.“, stellte ich lächelnd fest. Kapitel 2: Chapter 2: Memories ------------------------------ „Arigatou für diese ausführliche Interview über den Film Moon Child.“ Lächelnd bedankte sich der kleine Moderator, Sunao Hashiba, bei uns und verabschiedete sich von jedem von uns. Zuletzt kam er zu mir. „Arigatou, Gakuto-san. Ich hoffe, wir können sie irgendwann erneut hier begrüßen und über ihren neuesten Film reden.“ Ich lächelte höflich zurück und antworte: „Nein, ich denke, ich werde mich nun wieder intensiver der Musik widmen. In den Wochen am Set ist mir erst wieder aufgefallen, wie süchtig ich nach Musik bin.“ Ich erntete fröhliches Gelächter von allen Anwesenden. Auch Hyde lachte mit. Ich musste mich beherrschen, um ihn nicht anzustarren. Hyde sah einfach bezaubernd aus, wenn er lachte. „Vielleicht nehme ich ja auch ein Duett mit Hyde auf.“, setzte ich grinsend hinzu. Kaum hatte ich diese Worte ausgesprochen blickte dieser mich seltsam an. Keiner bemerkte es außer mir. In meinem Körper zog sich etwas zusammen. Für einen kurzen Moment schien die Zeit stillzustehen und Hyde und ich sahen uns nur an. Was hatte ich nur gesagt? Da erklang wieder die Stimme des Moderators und riss mich aus meiner Starre: „Und zum Schluss noch bitte einmal einen tosenden Applaus für unsere Helden aus Moon Child!!!“ Ein unglaublicher Lärm aus Klatschen, Pfeifen und Kreischen erfüllte das Studio. Noch einmal winkten wir alle brav in die Kamera und in Richtung der ganzen Zuschauer. Dann standen wir von dem bequemen Sofa auf und gingen zurück. Während wir in Richtung Umkleideräume gingen, konnte ich nicht anders, als Hyde von der Seite zu mustern. Er sah die ganze Zeit auf den Boden. Was hatte ich da gesagt? Schweigend ging ich neben Hyde her und fragte mich, was ihn wohl so bedrückte. „Oh Mann, Leute, ich kann nicht mehr lächeln. Alles ist wie betäubt!“, beschwerte sich Taro lauthals, sobald die Tür hinter geschlossen war. Ich verdrehte genervt die Augen. Diesen Kommentar ließ er jedes Mal fallen. „Wie viele von diesen Shows müssen wir überhaupt noch überstehen?“, erkundigte sich Zeny. Ich überlegte. Seit der erfolgreichen Premiere von Moon Child hatten wir bestimmt schon über fünfzehn Auftritte in den verschiedensten Shows und Events hinter uns gebracht. „Ich weiß nicht. Aber schon noch ein paar.“, erwiderte ich schließlich. „Und das war heute unser letzter gemeinsamer Auftritt, oder Hyde?“, wandte sich Zeny dann an Hyde, der bereits begonnen hatte, sich abzuschminken. „Ja. Übermorgen bin ich schon in Osaka.“, kam die genuschelte Antwort von ihm. Ich seufzte. Übermorgen würde er zurück in Osaka sein, um seine Frau wieder zu sehen. Ich hatte es ihm vor den Dreharbeiten versprochen, weil Megumi ihn nicht selbst besuchen konnte. Ich wusste nicht, ob wir uns dann irgendwann einmal wieder sehen würden. Und ich wusste auch nicht, ob das besser für ihn und mich war. Vielleicht konnte ich die Gefühle für ihn vergessen, wenn ich ihn nie wieder sah. Oder ich würde vor Sehnsucht zerbrechen. Ich befürchtete ja letzteres, aber ich hatte begriffen, dass ich nicht in das Leben des Sängers passte. Und außerdem hatten wir dieses Thema nicht ein einziges Mal angesprochen, als spürte Hyde auch, dass etwas zwischen uns nicht sein dürfte. „Wie wollen wir dann unseren letzten gemeinsamen Tag gestalten?“ Ich runzelte die Stirn. Unser letzter gemeinsamer Tag. Morgen. Wortlos zog ich mich in meinen Teil der Umkleide zurück und begann mich umzuziehen. Sollten die doch etwas für Hydes Abschied planen. Noch wollte ich versuchen diese Tatsache so lange wie möglich zu verdrängen. „Wie wäre es, wenn wir alle so richtig Essen gehen würden? In einem edlen Restaurant und so weiter.“, hörte ich Taro vorschlagen. „Was hältst du davon Hyde?“ „Klingt gut. Können wir schon machen.“ „Cool. Welches Restaurant schlagt ihr vor?“ Ich blendete ihre Stimmen aus und konzentrierte mich nur darauf, die Knöpfe an meinem Hemd aufzumachen. Ich musste zugeben, dass ich nicht wollte, dass Hyde ging. Ich wollte, dass er bei uns blieb. Bei mir blieb. Ich konnte mir ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen. Ein Leben ohne den älteren Sänger erschien mir so unsinnig. So unvollkommen. Wehmütig erinnerte ich mich an unser erstes Treffen. Ich hatte bereits für fast alle Charaktere aus Moon Child Schauspieler gefunden, die ich für wirklich geeignet hielt. Sogar für Son, obwohl ich mir sicher gewesen war, dass diese Rolle am schwersten zu besetzen sein würde. Aber dafür machte mir jemand anderes Sorgen. Kei. So viele hatten sich für die Rolle des lebensmüden Vampirs beworben, doch mit keinem konnte ich mich zufrieden geben. Daraufhin schlug mein Manager vor, unter meinesgleichen zu suchen. Ich wäre ja schließlich auch ein passabler Schauspieler. Wieso sollte sich nicht noch ein Zweiter finden lassen? Am Anfang war ich skeptisch, doch als er mir die Liste der geeigneten Kandidaten vorlegte, veränderte sich alles. Einer stach mir nämlich sofort ins Auge. Hyde. Ich wusste damals noch nicht wirklich viel über ihn, doch kaum hatte ich die Kurzvorstellung mit seinem Bild gesehen, wusste ich: Der oder keiner. Er schien einfach perfekt für Keis Rolle. So hatte ich ihn mir vorgestellt. Alles schien zu stimmen: Sein Aussehen. Seine Ausstrahlung. Einfach alles. Also machte ich mich sofort zu ihm auf. Ich ließ mich nach Osaka fahren und besuchte ihn einfach. Im Nachhinein musste ich zugeben, dass diese Sache sehr unüberlegt war und auch locker schief laufen hätte können. Sein Haus war ein einfaches Einfamilienhaus mit großem Garten. Es war schon etwas dunkel, so dass ich sah, wie in einem der Zimmer Licht brannte. Ich klingelte also bei ihm und wartete nervös, bis mir geöffnet wurde. Es war Hyde höchstpersönlich. „Konichi wa. Ich bin Gackt und ich wollte Ihnen ein Angebot machen, Hideto-san.“, sagte ich zur Begrüßung. Er starrte mich einen kurzen Moment verwirrt an, in dem ich ihn gründlich musterte. Er sah sogar noch perfekter aus, als auf den vielen Bildern, die ich mir von ihm angesehen hatte. Seine dunkelblonden Haare waren damals noch ziemlich lang. Er trug ein weißes Hemd und eine blaue Jeans. Dass ich mich daran noch erinnerte? „Gackt? Gackt Camui?“, fragte er verwirrt. Ich nickte. „Genau. Darf ich reinkommen?“ Noch immer blickte er mich etwas verwirrt entgegen, doch er trat zur Seite und deutete einladend in das Innere seines Hauses. Ich lächelte ihn dankbar an, dann trat ich ein und schlüpfte aus meinen Schuhen. Nachdem er die Tür wieder geschlossen hatte, folgte ich ihm in das Wohnzimmer, in dem auch seine Frau Megumi war. So weit ich mich erinnern konnte, hatte Megumi lange, schwarze Haare und eine recht zierliche Gestalt. Sie sah mich irritiert an, als ich den Raum betrat. „Wer ist das, Schatz?“, fragte sie ihren Mann. „Das ist Gackt Camui. Du weißt schon, der, der das Lied gesungen hat, das dir so gut gefallen hat.“, erklärte Hyde lächelnd. Ich merkte, dass ich ein wenig rot wurde. Megumi stand auf und verbeugte sich ein wenig vor mir und begrüßte mich freundlich: „Willkommen, Gakuto-sama.“ Sie lächelte. Ich war erleichtert. Die erste Hürde war überwunden. Ich war nicht einfach wieder rausgeschmissen worden. „Aber was beschert uns diese Ehre?“, fragte Hyde mich schließlich. Lächelnd erklärte ich: „Wie ich schon sagte, ich bin hier, um Ihnen ein Angebot zu machen. Ich hatte leider keine Zeit mehr, mich vorher anzukündigen, da die Idee mir spontan gekommen ist. Gomen.“ „Kein Problem. Aber Sie haben mich neugierig gemacht. Um welches Angebot handelt es sich denn nun?“ Himmel, sah Hyde niedlich aus, als er mich aus den braunen, neugierigen Augen ansah! Ich war im Begriff den älteren Sänger zu verfallen. Schon von diesem Moment an. Aber er durfte es nicht merken. Also sprach ich geschäftig weiter: „Vielleicht ist Ihnen bereits zu Ohren gekommen, dass ich vorhabe, einen Film zu drehen. Und mir fehlt noch ein Schauspieler…“ Hyde riss die Augen ungläubig auf. „Und Sie wollen mich?“ „Hai. Alle Kandidaten, die sich beworben haben, entsprachen in keinster Weise meinen Vorstellungen, aber Sie…“ Noch immer starrte die dunkelblonde Schönheit mich mit großen Augen an. Ich musste mir ein Grinsen verkneifen. Niedlich war schon gar kein Ausdruck mehr für diesen Anblick. Megumi hatte eine wirklich vortreffliche Wahl getroffen. „Also? Nehmen Sie mein Angebot an?“ Natürlich hatte ich mich ein wenig informiert, ob er überhaupt ein wenig Talent zum Schauspielern besaß, und mir wurde damals bestätigt, dass er - zumindest so eine Rolle – bestimmt geeignet sein würde. Aber ich war mir sicher, ich hätte ihn auch ohne diese Bestätigung gefragt. Völlig unerwartet meinte Hyde sofort: „Hai. Ich werde annehmen.“ Daraufhin brach eine Welle unterschiedlichster Gefühle in mir aus: Vorfreude, dass ich mit HYDE zusammenarbeiten würde, Erleichterung, weil alles geklappt hatte und Verwirrung über seine sofortige Zusage. Ich verbeugte mich tief vor Hyde und bedankte mich: „Arigatou, Hideto-san. Ich bin mir sicher, Sie werden diese Entscheidung nicht bereuen.“ Hyde lächelte mich an. Schon wieder verlor ich mich in seinem perfekten Gesicht und ich bekam nur halb mit, wie er mir antwortete: „Es wird mir ein Vergnügen sein, mit Ihnen zusammen zu arbeiten, Gakuto-san.“ „Bist du fertig? Gackt? Hörst du mich?“ Ich blinzelte. Taro stand vor mir. „Taro? Was? Was ist?“, fragte ich verdutzt. „Was weiß ich? Du starrst schon seit Minuten selig lächelnd die Wand an! Ist etwas??“ Ich schüttelte schnell den Kopf. „Nein, mir geht es gut. Ich hab nur etwas wenig geschlafen die letzten Tage.“ Das war nicht einmal gelogen. Kapitel 3: Chapter 3: Fallen ---------------------------- Ich lag in meinem Bett und starrte trübsinnig an die Zimmerdecke. Morgen schon. Morgen würde Hyde abreisen. Zurück zu seiner Frau. Weg von mir. Wütend drehte ich mich auf den Bauch. Immer wieder schlug ich mit meinem Kopf gegen das Kissen, bis sich in meinem Kopf ein nerviges Rauschen einstellte. Ich spürte, wie mir ein paar Tränen an den Backen herunterliefen. Warum lief mein Leben nur immer so kompliziert ab? Warum konnten wir nicht wirklich nur befreundet sein? Dann könnten wir uns irgendwann einmal wieder treffen und wie echte Freunde etwas unternehmen. So wie in den Monaten am Set und den Wochen danach. Aber ich wusste nicht, wie ich reagieren würde, wenn seine Frau dabei wäre. Würde ich vor Eifersucht platzen? Wahrscheinlich wäre es doch besser, wenn wir uns nie wieder sähen. Ich stand auf und stieg aus dem Bett. Mit unsicheren Schritten ging ich in die Küche. Dort nahm ich ein Glas aus dem Schrank und ließ es mit Leitungswasser voll laufen. Während langsam in Richtung Wohnzimmer tapste, leerte ich es in großen Schlücken. Ich wünschte, ich könnte stattdessen Sake trinken. Aber dann wäre ich wohl morgen zu nichts zu gebrauchen. Ich ließ mich auf die Couch sinken und schloss die Augen. Schon wieder schmeckte ich einige salzige Tränen. Nur so würde es gehen. Ich durfte nicht schwach sein. Ich musste mich von Hyde verabschieden und dafür sorgen, dass ich ihn nie wieder sah. Aber würde ich das wirklich können? Nein. Genervt schmetterte ich das Glas gegen die Wand und zuckte zusammen, als es in viele kleine Scherben zerbrach, die auf den Boden fielen. ‘Warum musste ich mich nur in diesen Sänger verlieben?’, fragte ich mich verzweifelt. Doch sofort schossen mir unzählige Antworten durch den Kopf. Wegen seiner unglaublichen Ausstrahlung. Wegen seiner faszinierenden Stimme. Wegen seinem perfekten Äußeren. Und noch viel mehr. Ich erwischte mich dabei, wie ich Hyde mit den unterschiedlichsten Flüchen beschimpfte, bis mir auffiel, was ich da gerade tat. Dann ging ich, während ich immer wieder laut „Gomen, gomen, Hideto.“ murmelte, zurück ins Schlafzimmer. Noch ein letztes Mal entschuldigte ich mich bei Hyde. Danach legte ich mich in mein riesiges Bett und schloss die Augen. Ich war so fertig, dass ich sofort einschlief. Natürlich träumte ich von Hyde. Er stand vor mir. Und er trug nur eine Jeans. Die gleiche wie bei unserem ersten Treffen. Mir lief wortwörtlich der Sabber herunter aber der kleine Sänger stierte die ganze Zeit in die Ferne. Lange stand ich einfach nur da und sah Hyde an. Da bewegten sich meine Füße plötzlich von ganz alleine auf ihn zu. Als ich ihn schon fast berühren könnte, wandte er sich endlich mir zu. Und er lächelte mich an. Ich versank in seinem Lächeln und bemerkte zu spät, dass ich meine Hand nach Hyde ausgestreckt hatte. Doch er ergriff meine Hand einfach und zog mich näher an ihn heran. Verwirrt ließ ich ihn machen. Immer näher kam ich seinem Gesicht und ich sog gierig seinen Duft ein. Ich neigte meinen Kopf ein wenig, um meine Lippen auf die seinen drücken zu können, doch da ließ mich ein Räuspern innehalten. Ich sah verwirrt zur Seite und erblickte Megumi. Sie sah mich wütend an. Ich merkte, wie sich Hyde hinter mir versteckte. Schlagartig wachte ich auf. Mein Atem ging unregelmäßig und ich zitterte ein wenig. ‘Himmel, nicht einmal in meinen Träumen kann er mich in Ruhe lassen!’ Draußen dämmerte es bereits. Ich setzte mich auf und versuchte, mich wieder etwas zu beruhigen. ‘Du darfst nicht so für ihn empfinden. Also lass es. Du tust dir doch nur selbst weh.’ Seufzend stand ich auf und ging ins Bad. Ich erschrak, als ich mein Spiegelbild erblickte. Meine Frisur war total zerstört; meine Haare standen in alle Richtungen ab. Meine Augen starrten mir müde und auch leicht missmutig entgegen. Und auch sonst sah ich nicht gerade ansehnlich aus. Also stieg ich erst einmal unter die Dusche. Während ich das Wasser an meinem Körper herunter laufen ließ, musste ich immer wieder an diesen Traum denken. Er ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Aber ich musste ihn vergessen. Sonst würde Hyde noch etwas merken. Was würde dann passieren? Eigentlich würde sich doch nichts ändern. Er würde trotzdem nach Hause fliegen. Mit einem schlechtem Gewissen? ‘Mach dir keine falschen Hoffnungen. Die Freundschaft zwischen euch beiden war nur für die Zeit am Set. Es war nie mehr und es wird nie mehr sein.’ Ja. Ich redete mir diese Sätze so lange ein, bis ich es tatsächlich glaubte und beinahe begann, Hyde zu hassen. Kapitel 4: Chapter 4: Gentle Lie -------------------------------- ‘Heute wird das alles beendet.’ Schon seit einigen Stunden spukte mir diese Erkenntnis in meinen Gedanken. Heute würde ich mit der ganzen Sache abschließen und danach würde ich alles vergessen. Oder es zumindest versuchen. Ich sah auf die große Uhr in meinem Gang. Taro wollte schon vor einer Viertelstunde hier sein. Gott, war ich nervös. Den ganzen Tag hatte mich die Angst vor diesem Abend gequält. Was, wenn Hyde heute etwas merkte? Aber andererseits hatte er es ja auch in den letzten Monaten nicht gepeilt, wie scharf ich auf ihn war. Und außerdem würde das auch nicht viel ändern. Immer wieder versuchte ich mich mit diesen Argumenten zu beruhigen. Da hörte ich schon das Quietschen von bremsenden Reifen. Ich ging auf meine Haustür zu und öffnete sie. Der rote Flitzer des Schauspielers stand auf der Straße und ich musste mir die Ohren zuhalten, als dieser hupte, um mich auf ihn aufmerksam zu machen. Leise grummelnd kam ich auf ihn zu und klopfte gegen die Fensterscheibe. Taro öffnete er das Fenster und grinste mich an. „Steig ein. Tut mir leid, dass ich so spät dran bin.“ Ich schluckte einen bissigen Kommentar herunter und stieg hinten ein. „Gackt.“ Lächelnd lehnte sich Zeny, die vorne neben Taro saß, zu mir hinter. Ich lächelte zurück. „Hallo Zeny. Und, freust du dich schon?“ „Naja. Ich finde es sehr schade, dass Hyde dann zurückfliegen wird. Aber ich verstehe ihn auch. Wenn mein Mann mich nicht ab und zu besuchen könnte, würde ich vor Sehnsucht sterben.“ Ich nickte. Ja, Hyde vermisste seine Megumi bestimmt. Würde er mich vermissen? „Stimmt etwas nicht, Gackt? Du siehst irgendwie bedrückt aus.“ War das so offensichtlich? Ich schüttelte schnell den Kopf. „Nein. Alles in Ordnung.“ „‘kay.“ Zeny sah wieder nach vorne. Das hatte ich an ihr wirklich lieben gelernt. Sie hakte nicht nach. Aber wenn man sie brauchte, konnte man sich auf sie verlassen. Ich sah nachdenklich aus dem Fenster. Aber ich nahm die Häuser und Bäume, die an uns vorbeizogen kaum war. Ich konnte nur an Hyde denken. Heute würden wir das letzte Mal zusammen sein. Dann nie wieder. Wenn ich es schaffen würde. Ich spürte einen stechenden Schmerz, der mir bei diesem Gedanken kam. Das wäre schlimm. Nie wieder seine wundervolle Stimme hören. Sich nie wieder in seinen schönen braunen Augen verlieren. Wütend verdrängte ich diese trübsinnigen Gedanken. Es musste so sein. Da sah ich schon das große leuchtende Schild des Restaurants, das Taro ausgewählt hatte. Zielstrebig fuhren wir in diese Richtung und suchten uns einen Parkplatz in der Nähe. Wir stiegen aus dem Auto und gingen zum Eingang des Restaurants, da sahen wir schon Hyde und Wang dort stehen. Hyde trug einen Anzug. Götter im Himmel! Sah er toll damit aus. Lächelnd gingen die beiden auf uns zu. ‘Heute ist Schluss.’ Ich schloss Hyde in eine kurze, freundschaftliche Umarmung, als sie bei uns ankamen. Als ich Hyde wieder loslassen musste, schenkte ich ihm ein Lächeln. Nur zaghaft erwiderte er es. Spürte er die Spannung in mir? Wie sollte ich diesen Abend nur überleben? „Wollen wir dann?“, fragte Wang vorsichtig. Wir standen noch immer am Eingang. „Ja sicher.“ Ich ging voraus. Hyde ging direkt hinter mir. Bis jetzt hatte er noch kein einziges Wort gesagt. „Der große, runde Tisch da hinten. Den hab ich reserviert.“, erklärte uns Taro grinsend. „Hübsch nicht?“ „Klar. Er ist echt wundertoll.“, stimmte Zeny mit einem ironischen Unterton zu. Taro schien sie nicht gehört haben. Er überholte mich hüpfend und eilte zu dem Tisch. Ich schüttelte lächelnd den Kopf. Durch seine lustige Art konnte Taro die Stimmung tatsächlich ein wenig lockern. Eine niedliche, kleine Bedienung holte Taro ein und fragte nervös, ob er denn den Tisch, den er gerade ansteuerte, reserviert hatte. Taro nickte schnell. Ja, das wäre der Tisch, der auf seinen Namen reserviert worden wäre. Zeny kicherte. „Jedes Mal dasselbe mit ihm.“ Sie wandte sich mir zu. „Das letzte Mal, wo du mit Hyde beim Bowlen warst, ist und so was Ähnliches passiert.“ Ich lächelte. „Ja, ich glaube, das ist typisch Taro Yamamoto.” Warum schwieg Hyde noch immer? Er sah starr aus dem Fenster. Ich berührte seine Schulter kurz. Sofort zuckte er zusammen und drehte sich zu mir um. „Wir können jetzt zu unserem Tisch gehen.“ Hyde nickte. „Ok.“ Er hatte gesprochen. Aber seine Stimme klang irgendwie traurig. Langsam ging Hyde zu dem Tisch und nahm auf einen der Stühle platz. Das Bedürfnis, ihm helfen zu wollen machte sich in mir breit, als er da betrübt in die Leere stierte und wartete, bis wir uns ebenfalls hinsetzten. Wortlos ließ ich mich neben ihm fallen. Taro diskutierte immer noch mit der Bedienung. Ich schnappte die Worte „Abschiedsfeier“, „Musik“ und „BERÜHMT!!!“ auf. Wang schritt schließlich auf die beiden zu und führte Taro mit hochrotem Kopf an den Tisch. Nun laberte Taro eben Wang zu. Zeny folgte dem Schauspiel noch eine Weile, dann setzte sie sich gegenüber von uns. Ich sah zu Hyde. Er schien endlich ein wenig amüsiert. Ein angedeutetes Lächeln hatte sich um seine perfekten Lippen gelegt. ‘Kawaii…’ Ich versuchte, ihn nicht anzustarren und wandte mich stattdessen Zeny zu. Sie lächelte mich freundlich an. Ob sie die seltsame Stimmung bemerkt hatte? Endlich nahmen auch Wang und Taro Platz. Wang war noch immer leicht rot, doch Taro grinste zufrieden vor sich hin. Der konnte einen verrückt machen. Auch bei den Dreharbeiten hatte mich sein aufgedrehter Charakter das ein oder andere Mal beinahe den Verstand gekostet. Eine andere Bedienung als die, mit der Taro diskutiert hatte, kam an den Tisch. Ja, ich würde diesen Abend überleben. Langsam konnte ich es wirklich glauben. Und, ja, ich würde es schaffen. Ich würde mich nach diesem Abend von Hyde verabschieden können. Kapitel 5: Chapter 5: Purple Rain --------------------------------- Ich saß mit gemischten Gefühlen auf meinem Sofa. Noch leicht spürte ich die Wirkung des Sake, den ich im Laufe des Abends zu mir genommen hatte. Ich war noch nicht vollkommen betrunken gewesen, aber Taro hatte mich dennoch nicht fahren lassen. Obwohl er noch viel mehr getrunken hatte. Ihm war es nur um die Feier gegangen; ich hatte aus Angst so viel gesoffen. Ich runzelte die Stirn und dachte nach. Wie viel Sake hatten Wang und Zeny getrunken? Und wie viel Hyde? Ich konnte mich irgendwie kaum an die letzten paar Stunden erinnern. Es war nur ein Gemisch aus gespielter Heiterkeit und dem Nebel, der durch meinen angetrunkenen Zustand entstanden war. Nicht einmal an die letzten Minuten konnte ich mich erinnern. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wie ich mich von Hyde verabschiedet hatte. Draußen regnete es. Ich hörte die Tropfen, die gegen mein Fenster prasselten. Nun war es vorbei. Ein stechender Schmerz fuhr von meinem Herz durch meinen ganzen Körper. Ich keuchte auf und erhob mich. Ich wollte nur noch raus. Raus aus meiner Wohnung. Raus in den Regen. Warum? Es war mir egal. Ich schlüpfte nur schnell in meine Schuhe, dann riss ich meine Haustür auf und rannte auf die Straße. Zufrieden schloss ich meine Augen, als die Regentropfen an meinem Gesicht herunterliefen und sich mit meinen Tränen vermischten. Ich weinte schon wieder. Warum? Ich folgte der Straße, ohne dabei nachzudenken. Immer weiter ging ich und merkte kaum, dass mir langsam kalt wurde. Als ich endlich stehen bleib, klapperten mir die Zähne vor Kälte. Ich war durchnässt bis auf die Unterwäsche, aber ich fühlte mich besser. Ich glaubte, mich nun endlich mit der Tatsache zufrieden geben zu können, dass jetzt alles vorbei war. Da merkte ich, dass ich nicht alleine war. Ich sah mich um. Auf der anderen Straßenseite saß eine zusammengekauerte Gestalt. Sie kam mir seltsam bekannt vor. Langsam näherte ich mich ihr und als ich ankam hob sie ihren Blick. Es war Hyde. Ich erstarrte. Sein Anzug war tropfnass und seine Haare klebten ihm im Gesicht. Er guckte mich aus leeren Augen an. Wie war er hierher gekommen? Er sah mich nur an. Erkannte er mich überhaupt? Schließlich fragte ich ihn verwirrt: „Hyde? Was machst du hier im Regen? Du wirst dich noch erkälten.“ Hyde antwortete nicht. Sanft rüttelte ich ihn an der Schulter. Da klärte sich sein Blick etwas und er murmelte leise: „Gakuto? Wo bin ich?“ Der Sänger klang richtig verloren. „Ach Hyde…“, seufzte ich, „Du musst raus aus dem Regen. Du darfst morgen doch nicht krank sein.“ Ich hielt ihm meine Hand hin. Er starrte mir verdattert entgegen. Himmel, war der zu. Ich zog ihn einfach hoch und zuckte zusammen, als er sich an mir festklammerte, um nicht sofort wieder umzukippen. „Alles ok?“, erkundigte ich mich besorgt. „Naja, alles dreht sich… Und wo bin ich? Gakuto, ich will nach Hause!“, beschwerte er sich traurig. Ich strich ihm tröstend über den Rücken. „Du kommst gleich nach Hause. Komm mit.“ Ich lächelte ihm aufmunternd zu und ging los. Hyde hielt sich an meinem Arm fest und wankte neben mir her. Während wir so zu mir gingen, fiel mir ein, dass ich gar nicht gemerkt hatte, dass er so betrunken gewesen war. Wie viel hatte ich im Verlauf des Abends noch nicht mitbekommen? Hyde stolperte und riss mich fast zu Boden, doch ich zerrte ihn rechtzeitig hoch. „Arigatou.“, nuschelte er. Ich erwiderte nichts. Als ich endlich mein Haus erblickte, atmete ich erleichtert auf. Hyde war inzwischen ziemlich unbequem geworden. Mein Arm war schon beinahe taub. Aber natürlich genoss ich seine Nähe. Jede einzelne Sekunde war wertvoll für mich. Besonders da wir uns eigentlich vor ein paar Stunden das letzte Mal gesehen hätten. ‘So darfst du nicht denken!’, rief mir mein Verstand zu, doch ich ignorierte ihn. Hyde sah sich verwirrt um. „Gakuto, das ist aber nicht mein Haus.“, stellte er dann fest. Ich schloss die Tür auf. „Gomen. Das ist meines. Das kennst du doch auch. Du warst hier doch auch schon ein paar Mal.“ Irgendwie sah Hyde noch süßer aus, wenn er total durcheinander war. Er nickte abwesend. „Hai. Ich war hier schon. Aber warum sind wir jetzt hier?“ „Weil dein Haus zu weit weg ist.“ Ich lächelte ihn beruhigend an. „Und jetzt komm. Du musst unbedingt wieder ins Trockene.“ „Uhm, ‘kay.“ Er hielt sich noch immer an meinem Arm geklammert und folgte mir in das Haus. Langsam führte ich ihn durch den Gang. Kapitel 6: Chapter 6: Bathroom ------------------------------ Hyde und ich tropften den Teppich vollkommen zu, als wir in Richtung Bad gingen. Ich öffnete mit meiner freien Hand die Badtür und trat ein. Hyde folgte mir. Er klammerte sich noch immer an mir fest. Wie sollte er da alleine aus den nassen Klamotten rauskommen und sich abtrocknen?? Ich würde ihm helfen müssen. Sofort machten sich hoffnungsvolle Vorstellungen in meinem Kopf breit, in denen Hyde und ich, beide nackt im Bad und – ‘Hyde braucht deine Hilfe und nicht deinen erregten Körper.’, erinnerte mich mein Verstand. „Gakuto?“, riss der Kleinere mich aus meinen Gedanken. „Mh..? Ja?“, fragte ich ihn noch leicht geistesabwesend. „Was soll ich hier?“ „Uhm, also - “ „Gakuto, ich will nur ins Bett. Biittee…“, jammerte er wieder. „Du kannst ja dann ins Bett,“, versuchte ich ihn zu beruhigen, „Aber zuerst musst du aus den nassen Sachen raus.“ „Nasse Sachen?“ Hyde klang verwirrt. „Bin ich nass?“ Ich zog ein wenig an seinem tropfenden Hemd und nickte. „Hai. Kannst du dich alleine ausziehen?“ Auf einmal grinste Hyde. „Gac-chan, du willst mich doch nur nackt sehen. Das ist gemein. Ich kann doch momentan gar nicht richtig denken.“ Schlagartig lief ich knallrot an. „Bitte, du musst wirklich raus aus diesen Klamotten“, stammelte ich. Hyde kicherte. „Schon klar, Gac-chan.“ „Bitte, Hyde.“ Meine Stimme klang schon beinahe flehend. Na gut, ich wollte ihn schon nackt sehen, aber eigentlich machte ich mir im Moment mehr Sorgen um seine Gesundheit. Ich wusste ja nicht, wie lange er dort draußen schon gewesen war. Endlich begann Hyde, sich sein Hemd aufzuknöpfen. Währenddessen murmelte er leise: „Du bist wirklich ein schlimmer Junge, Gac-chan. Einen unschuldigen, verheirateten Mann zwingen, sich nackt auszuziehen.“ Plötzlich bekam er Schluckauf. Das irritierte ihn so, dass er beinahe in die Badewanne fiel. Gerade noch rechtzeitig konnte ich ihn an seine inzwischen freigelegten Schultern packen und festhalten. Ich spürte seine kalte Haut unter meinen Händen und erschauderte ein wenig. „Arigatou.“, murmelte Hyde. Ich musste mich nahezu zwingen, die Hände wieder von seinen Schultern zu nehmen. Eigentlich sollte ich unsere Situation ja witzig finden: Zwei Männer, einer angetrunken, der andere sturzbetrunken, standen gemeinsam im Bad und einer war im Begriff, sich zu ausziehen. Wobei man noch hinzusetzen musste, dass der eine total scharf auf den anderen war. Und eigentlich sollte ich diese Situation ausnutzen. Vielleicht würde sich Hyde ja morgen an nichts mehr erinnern. Aber ich konnte nicht. Der Kleine sah einfach zu verloren aus. Patschnass und total zu. Das konnte ich nicht. Und außerdem würde ich ihn sonst wahrscheinlich nie vergessen können. Hyde hatte inzwischen begonnen, aus seiner Hose zu schlüpfen. Doch er hatte einige Schwierigkeiten: Ständig kippte er beinahe um und konnte sich nur in letzter Sekunde an irgendetwas festhalten. „Warte, ich helfe dir.“, hauchte ich und ging dichter an Hyde heran. Mein Verstand hatte sich in dieser Sekunde verabschiedet. Hyde wehrte sich nicht, als ich den Bund seiner Hose umfasste und vorsichtig nach unten zog. Ich ging in die Knie und hob zuerst sein eines Bein hoch, um es aus der Hose zu holen, dann das andere. Nun war ich ihm so nah, wie ich es mir schon seit ein paar Monaten gewünscht hatte. Na gut, ich hatte es mir anders vorgestellt… Aber ich fühlte mich in diesem Moment einfach nur gut. Schließlich erhob ich mich wieder und konnte nicht anders, als Hyde endlich ausführlich zu mustern. Himmel, sah sein kleiner, drahtiger Körper sexy aus!!! Er war einfach perfekt. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ich ihm noch mehr verfiele. Doch nun war es passiert. Ich stand hier und hatte alles vergessen außer Hydes herrlichem Anblick. ‘Genau das wolltest du doch verhindern, du baka!’, brüllte mein Verstand. Ich konnte an nichts anderes denken, als an ihn. Sämtliche andere Gedanken waren aus meinem Kopf verbannt worden. Etwas regte sich in meiner unteren Gegend. Ich begann mir vorzustellen, wie sich dieser Körper unter meinem anfühlen würde. Wie er erregt meinen Namen aussprechen würde und mich anflehen würde – Da riss mich ein seltsames Geräusch aus meinen Träumereien. Es war Hyde, der mit den Zähnen klapperte. Oh nein! Ich hatte völlig vergessen, dass er ja wirklich halbnackt und tropfnass in meinem Badezimmer stand. Schuldbewusst griff ich mir ein Handtuch und reichte es ihm, damit er sich abtrocknen konnte. Doch er sah mich nur verwirrt an und klapperte weiter mit den Zähnen. Kurz zögerte ich, doch dann begann ich, ihn mit dem Handtuch abzurubbeln. So nah. Ich war ihm wieder so nah. Ein wohliger Schauer lief mir den Rücken hinunter und ich wurde noch härter. So nah. Nun hatte sogar mein Verstand aufgehört, mich für meine Dummheit zu schimpfen. So nah. Ich würde diesen Moment einfach genießen. Ich würde vergessen, dass Hyde völlig betrunken war und sich nur deshalb von mir anfassen ließ. „Gackt, ich glaube, ich bin jetzt trocken.“, murmelte Hyde nach einer Weile. Ich schrak aus meinen Gedanken. „Uhm, ja natürlich.“, stotterte ich und stoppte. Mit leicht zitternden Händen hängte ich das Handtuch über die Badewanne. War das noch normal? Dass jemand einen so verrückt machen konnte? „Kann ich jetzt ins Bett?“, erkundigte sich Hyde hoffnungsvoll. Ich lächelte ihn an. „Hai. Komm mit.“ Unbewusst hielt ich ihm meine Hand hin und - er ergriff sie. Mein Herz machte einen Hüpfer. Vorsichtig ging ich mit Hyde Hand in Hand zu meinem Schlafzimmer. Ich fühlte mich einfach nur wieder gut. Ich genoss Hydes Nähe und seine harmlose Berührung in vollen Zügen. Was für ein Idiot ich doch war. Aber es war mir egal. Heute würde ich einfach nur genießen. Völlig egal, was morgen passieren würde. Ich öffnete die Tür in mein Schlafzimmer und wir traten ein. Mit merklich schnelleren Schritten tapste Hyde in Richtung Bett. Lächelnd sah ich zu ihm herunter, nachdem er sich mit einem zufriedenen Seufzer in mein Bett plumpsen lassen hatte. „O-yasuminasai.“ Sofort schloss Hyde seine Augen. „Arigatou.“, murmelte er noch einmal leise. Dann verließ ich mein Zimmer und eilte in das Wohnzimmer. Dort nahm ich auf meiner Couch platz. Lange schwirrten mir die Gedanken sinnlos durch meinen Kopf. Hyde lag in meinem Bett. Ich war ihm so nah gewesen. Langsam fuhr ich mir über die Wölbung in meiner Hose. Und es war auch kein Traum. Eine große Dankbarkeit machte sich in mir breit. Das war unser letzter gemeinsamer Tag. Comment: „O-yasuminasai.“ heißt frei übersetzt „Gute Nacht.“ Wörtlich ist es eher ein Befehl („Ruh dich aus.“) Kapitel 7: Chapter 7: I just wanna kiss --------------------------------------- Wie würde der morgige Tag werden? Nur langsam und widerwillig begann ich mich seelisch vorzubereiten. Morgen würde Hyde mit einem Kater aufwachen. Er würde sich vielleicht nicht mehr an gestern erinnern können. Und ich würde mich ein weiteres Mal verabschieden müssen. Die Euphorie von vor wenigen Minuten verflog Stück für Stück. „Aishiteru, Hyde.“, murmelte ich. Ich sprach das aus, was ich schon seit einer Ewigkeit aussprechen hatte wollen. Ich sprach es nur für mich aus. Niemand anders würde diese Worte jemals hören. Wie würden die nächsten Tage, Wochen, Monate werden? Würde ich aus lauter Sehnsucht nach Hyde zerbrechen? Noch nie war mir eine Person in meinem Leben so wichtig gewesen. Warum ausgerechnet er? ‘Ich will ihn sehen.’ Ich wollte ihn noch einmal sehen. Wie er in meinem Bett lag und so zufrieden aussah. Ohne nachzudenken stand ich von der Couch auf und ging zurück ins Schlafzimmer. Wo war mein Verstand? Hyde öffnete seine Augen, als ich eintrat. „Gackt?“ Er sprach sehr leise. „Habe ich dich geweckt?“ Langsam kam ich näher. Hyde war vollkommen unter der Decke verborgen. Besser so. Sonst hätte ich seinen nackten Oberkörper anstarren müssen. „Nein. Ich habe noch gar nicht geschlafen.“ „Ah. Okay.“ Ich stand vor ihm und sah in seine großen, braunen Augen. „Aber Gac-chaan?“, hörte ich Hyde sagen. Doch aufgenommen hatte ich es nicht. Wie süß Hyde da in meinem riesigen Bett aussah! Schon wieder war ich völlig in Gedanken versunken, während ich den Sänger einfach anstarrte. Kawaii. So kawaii… „Gac-chan?“ Hyde hatte sich aufgesetzt und zupfte an meinem Hemd. „Gac-chan?“ Wie niedlich seine Stimme klang! „Gac-chan!“ Ich spürte, wie er meine Hände ergriff und mich auf das Bett zog. Dann landete ich mit dem Gesicht auf Hydes Brust. Himmel! Tief sog ich seinen Duft ein und genoss diese Nähe. In meinem Kopf herrschte ein einziges Rauschen. Wo war mein Verstand? Da wurde ich sanft an den Schultern gepackt und weg geschoben. „Gomen, Gac-chan.“ Lächelnd entschuldigte Hyde sich bei mir. Ich war sprachlos. Erstarrt saß ich vor ihm und konnte nicht antworten. Und keinen klaren Gedanken fassen. Was war das gerade eben gewesen? Noch immer rauschte es in meinem Kopf. Als hätte die kurze Nähe das Sängers wie eine Droge auf mich gewirkt. „Alles ok, Gac-chan?“ Noch immer lagen Hydes Hände auf meinen Schultern. Langsam kam sein Gesicht näher. So nah. Ich wollte nur noch eines. Seine weichen Lippen auf meinen spüren. ‘Das wirst du dir niemals verzeihen können.’, meldete sich mein Verstand noch leise. Doch ich beugte mich vor und drückte meine Lippen gegen seine. Sie waren so weich. Hyde erstarrte unter meiner Berührung. ‘Baka’, schimpfte mein Verstand. Ich wollte mich schon wieder zurückziehen, doch er hatte plötzlich mein Gesicht umfasst und hielt mich fest. „Nicht.“, murmelte er leise. Sanft begann ich meine Lippen zu bewegen. Es war einfach herrlich. Noch viel schöner, als ich es mir erhofft hatte. Und als wäre er nur dazu bestimmt worden, erwiderte Hyde meinen Kuss. Es küsste gut. Seine wunderbaren Lippen bewegten sich mit meinen, wie eine Einheit. Langsam schob ich meine Zunge in seinen Mund und spielte mit seiner. Hyde gab einen wohligen Laut von sich. Das ganze war wie ein Traum. Als wir uns schließlich wieder voneinander lösten, sah Hyde so glücklich aus, wie ich mich in diesem Moment fühlte. „Gac-chan.“ Seufzend ließ er sich nach hinten auf die Kissen fallen. Ich sah unschlüssig zu ihm herunter. ‘Was hast du da gemacht??’ Mein Verstand und ich wurden wieder eins und mir wurde bewusst, was wir da gerade getan hatten. Aber wieso? Hyde war doch verheiratet. Ich erschauderte. Warum? Verstört musterte ich Hyde, der sich zufrieden in die vielen Kissen kuschelte. Die ganze Sache schien ihn nicht zu stören. War er so betrunken? Was war nur mit ihm los? Warum hatte er das gerade getan? Warum verhielt er sich so seltsam? Und warum nutzte ich das so schamlos aus? Nun würde es nur noch schlimmer sein, ihn morgen gehen zu lassen. Warum, Hyde? Warum? ‘Aishiteru, Hyde.’ Ich seufzte. Wie würde das enden? „War es so schlimm, Gac-chan?“ Der Kleine klang bekümmert. Nein. Es war traumhaft gewesen. Ich schüttelte den Kopf. ‘Aber warum hast du das getan, Hyde?’ Wollte er mich quälen? War das seine Absicht? Hyde setzte sich wieder auf und sah mir direkt in die Augen. Ich war gefangen in diesem Anblick. Seine wunderschönen braunen Augen fesselten mich. „Gomen.“, murmelte er. Ich runzelte verwirrt die Stirn. „Für was denn?“ Etwa für den Kuss und die Verwirrung? Doch Hyde antwortete nicht. „Gomen.“, murmelte er ein weiteres Mal. „Bitte! Du musst dich doch nicht entschuldigen für – “ Weiter kam ich nicht, denn Hyde presste seine Lippen auf meine. Dieser Kuss war drängender, als der vorherige, aber mindestens genauso schön. Und, Himmel! Ich spürte, wie sich schon wieder etwas – jemand - regte. Gott, Hyde!!! Ich packte ihn am Hinterkopf und drückte seine Lippen stärker gegen die meinen. Da stieß Hydes Zunge gegen meine Zähne. Willig öffnete ich meinen Mund und ließ sie meinen Mund erkunden. Mir entwich ein leises Stöhnen. Es war herrlich. Als wir uns nach einer Weile schwer atmend wieder voneinander lösten, sah ich, dass Hyde leicht zitterte. Schnell hob und senkte sich seine nackte Brust. Ich hob eine Hand und strich ihm vorsichtig über die Wange. Da sah er auf und lächelte mich verlegen an. „Besser?“, erkundigte er sich leise. Ich musste grinsen und nickte. Hyde war bestimmt nur einfach zu betrunken. Morgen würde er es vergessen haben. Ich nicht. Aber das war mir egal. Der Kuss hatte meinen Verstand wieder in die hinterste Ecke meines Gehirns gedrängt. Ich würde diese wunderbaren Momente einfach ausnutzen. Völlige egal, wie sehr ich ihn jetzt vermissen würde. Völlige egal, dass das eigentlich nie passieren hätte dürfen. Hyde schmiegte sich an meine Hand. „Das ist schön.“ Er sah so zufrieden aus. Es machte ‘klick’ in meinem Kopf und ich musterte den kleinen Sänger. So betrunken. War das nicht egoistisch von mir? Ich nutzte Hydes Zustand einfach aus. Sollte ich ihn nicht in Ruhe lassen und seinen Rausch ausschlafen lassen? ‘Aber er wollte es doch so.’ Ich schüttelte meinen Kopf und schob Hyde wieder von mir weg. Er wusste doch momentan nicht, was er wollte. Comment: Ich muss zugeben, dass Gackts Gedankengänge sehr verwirrend sind und auch iwie unrealistisch erscheinen können, aber ich wusste nicht, wie ich es anders schreiben sollte… Kapitel 8: Chapter 8: Alone --------------------------- Es regnete. Schon wieder? Immer noch? Langsam liefen die Tropfen an meinem Gesicht herunter. Ich versuchte meine Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen. Meine Lippen kribbelten noch immer. Ich war so schnell ich konnte aus dem Schlafzimmer gerauscht und hatte den verdutzten Hyde alleine zurückgelassen. Wer weiß, wie weit ich sonst noch gegangen wäre… Ich betete, dass Hyde morgen wirklich alles vergessen haben würde. „Und warum hast du meinen Kuss erwidert? Du weißt doch, dass ich überglücklich verheiratet bin! Wie kann ich Megumi jetzt noch unter die Augen treten?“, würde Hyde mich entsetzt fragen, falls er sich erinnern würde. Ich war ein schlechter Mensch. Selbstsüchtig. Unfähig mein Verlangen zu unterdrücken und Hyde einfach in Ruhe zu lassen. Und außerdem: Wie sollte ich ihn nun noch gehen lassen können? Ich begann, zu zittern. Es war noch kälter geworden. Widerwillig ging ich zurück in mein Haus. Noch immer leicht schlotternd schloss ich die Tür hinter mir. „Gackt?“, hörte ich eine leise Stimme. Es war Hyde. Er stand im Gang. Immer noch trug er nur seine Shorts. Aus traurigen Augen sah er mir entgegen. „Hyde?“ Ich kam näher. „Was ist los? Brauchst du etwas?“ Meine Stimme klang beherrscht und distanziert. Ich war stolz darauf. „Nein. Ich wollte mich bei dir entschuldigen.“ Hyde sah verlegen zu Boden. „Ich bin momentan etwas durcheinander. Es tut mir wirklich leid, dass du jetzt darunter leiden musst.“ Er sah so aus, als ob er es wirklich so meinte. Es schien, als ob die Wirkung des Alkohols schlagartig verschwunden war. Ich zwang mich zu einem freundlichen Lächeln. „Ach was. Ist halb so schlimm.“ „Danke Gackt. Du bist ein echter Freund.“ Ich zuckte zusammen. „Ist doch kein Ding.“, murmelte ich. Hyde ging nicht auf meine Antwort ein und sah aus dem Fenster. „Ich glaube, jetzt lohnt es sich auch nicht mehr, zu schlafen. Es dämmert ja schon. Hast du Kaffee hier?“, fragte er. Ich nickte geistesabwesend. „Hai. Ich dürfte irgendwo in der Küche noch Filter und Kaffeepulver haben. Soll ich uns einen machen?“ „Ich mach schon.“ Hyde lächelte. Leicht berührten sich unsere Körper, als er an mir vorbeiging. Ich schnappte nach Luft und erzitterte unter dieser kurzen Berührung. Nervös folgte ich Hyde in die Küche. Er hatte schon begonnen, Wasser in meine Kaffeemaschine laufen zu lassen. Ich konnte nicht anders, als die ganze Zeit seinen sexy Oberkörper anzusehen. Warum zog er sich denn nichts an? „Du, Gackt?“ Hyde drehte den Wasserhahn aus. „Mhh…?“ „Sag mal, hat dir das gefallen?“, fragte er scheinbar ganz beiläufig. Ich spürte, wie ich rot anlief. Schnell drehte ich mich um, damit Hyde es nicht sah. Was sollte ich darauf antworten? Die Wahrheit? Wohl kaum. Ich öffnete die Tür eines Schrankes und nahm zwei Tassen heraus. Aber was sollte ich denn sonst sagen? Ich musste diese Unterhaltung führen, wie jede normale Unterhaltung zwischen uns beiden. Ich durfte mich nicht von den Ausrutschern der letzten paar Minuten verwirren lassen. „Warum fragst du?“, wich ich seiner Frage aus. Hyde zuckte mit den Schultern. „Ach, nur so. Würde mich halt interessieren. Ich meine, ich hab noch nie nen Typen geküsst. Auch nicht, wenn ich zu war.“, gab er grinsend zu. Ich stellte die Tassen auf den Tisch. „Es war – ok. Aber soll ich das jetzt als Kompliment nehmen, dass ich der erste Typ bin, den du mit deinen Küssen beehrt hast?“ „Wenn du willst.“ Grinsend brachte Hyde die volle Kanne an den Tisch und setzte sich. Ich nahm gegenüber von ihm platz. Dann schüttete ich den Kaffee in die Tassen und begann an meinem zu nippen. Es war erfrischend und ich spürte, wie meine Müdigkeit langsam verflog. Koffein war schon eine praktische Sache. Lange musterte ich Hyde, der sich zurückgelehnt hatte und seinen Kaffee in großen Zügen leerte. Sein Blick war viel klarer. ‘Nun wird alles wieder normal. Das vorhin waren Ausrutscher.’ Kurz durchzuckte mich ein Schmerz bei diesem Gedanken, doch ich erinnerte mich, dass es so am besten war. Ich stellte meine leere Tasse auf den Tisch. Diese Nacht durfte keine Auswirkungen auf uns beide haben. ‘Egal, wie sehr du dir das wünscht.’ Ich seufzte genervt auf. „Ist was?“, erkundigte sich Hyde. „Nein. Es ist nichts.“ So würde das weitergehen. Zu zweit und doch allein. Aber nicht mehr lange. In ein paar Stunden war Hydes Flug nach Osaka. Kapitel 9: Chapter 9: Homecoming (Hyde) --------------------------------------- „It remembered at last all that I was dead, I was dead At that time it jumped down from building and died, building and died Carry? Carry? Can you love such me?” Laut dröhnte die Musik in meinen Ohren. Ich gab mich völlig dem unsinnigen Text hin. Noch wollte ich nicht nachdenken. Noch wollte ich verdrängen, was letzten Abend passiert ist. Nachdem Gackt mir meine Koffer geholt hatte (ich konnte in Shorts ja schlecht durch die Gegend fahren), war ich sofort mit dem Taxi zum Flughafen gefahren. Nun saß ich in dem Flugzeug, das mich zurück nach Osaka bringen sollte. Ich hörte die Stimme des Piloten, der mir und den anderen Passagieren verkündete, dass die Landung kurz bevorstand. Der Mann neben mir schnallte sich mit einem leisen Murren wieder an, als ihn die Stewardess mit einem höflichen Lächeln darauf hinwies. Auch mir erklärte sie, dass ich jetzt meinen iPod abschalten sollte, da seine Wellen die Geräte des Fliegers stören könnten. Gehorsam würgte ich das Lied mitten in einem traumhaften Solo ab und steckte ihn zurück in meine Hosentaschen. ‘Willkommen zu Hause.’, dachte ich missmutig, während ich spürte, wie sich der Flieger langsam nach unten neigte. Während sich ein nerviger Druck auf meinen Ohren bemerkbar machte, kamen die ganzen Überlegungen, die ich mit der Musik verdrängen hatte wollen. ‘Warum freust du dich nicht, dass du nun wieder zu Hause bist? Warum spürtest du einen Schmerz, als du Gackt zurückgelassen hast? Warum habt ihr noch nicht einmal Handynummern ausgetauscht? Willst du ihn nicht irgendwann einmal wieder sehen?’ Mit einem Rumpeln kam der Flieger auf der Landebahn auf. Ich schloss meine Augen und atmete tief ein. „Bitte schnallen sie sich erst ab, wenn das Symbol über ihnen nicht mehr leuchtet.“, dröhnte die Stimme einer Stewardess. Ich hasste diese Prozedur. Sehr langsam rollten wir noch etwas weiter über die Landebahn. ‘Megumi wartet jetzt bestimmt schon sehnsüchtig auf dich.’ In mir verkrampfte sich etwas. ‘Sie freut sich schon, dich endlich wieder zu sehen.’ Endlich stand der Flieger still. Ein paar Sekunden darauf erlöschte auch das Symbol mit dem Gurt. Der Mann neben mir schnallte ich sofort ab und sah mich wartend an, als ich mich noch immer keinen Zentimeter bewegt hatte. Ich konnte einfach nicht. Endgültig zurück in meine Welt. Das Gesicht des Mannes wurde immer ungeduldiger. „Nun kommen Sie schon, der Flieger steht doch schon seit einer halben Ewigkeit.“, maulte er mich an. Fast schon alle Passagiere hatten das Flugzeug inzwischen verlassen. „Was ist mit Ihnen los?“ Seine Stimme klang wütend. Wortlos schnallte ich mich ab und stand auf. „Na also.“, schnaubte der Mann und schlängelte sich an mir vorbei in zur Tür. Ich trat als letzter aus dem Flieger. Ein sanfter Windhauch spielte mit meinen Haaren, als ich die Treppen hinunterstieg. ‘Nun ist es wirklich zu spät.’ Ich folgte der Menschenmasse zur Gepäckausgabe und wartete ungeduldig auf meine Sachen. Um mich wieder abzulenken, steckte ich mir sofort wieder die Stöpsel in die Ohren. Ich wollte nicht nachdenken müssen. Plötzlich erklang Gackts Stimme: „Yasashii egao de boku ni hohoemu kimi ga Ima mo kawarazu ni soba ni iru Me wo tojireba hora ikutsu mono kisetsu ga Bokura wo sotto tsutsumi konde yuku yo“ Sofort schlug mein Herz schneller und ich sog scharf Luft ein, da mir seine Worte den Atem nehmen zu schienen. Seine Stimme klang so traumhaft schön. So gefühlvoll. Ich spürte, wie mir die Tränen kamen. Schnell übersprang ich dieses Lied. Eine fröhliche Melodie, die von eine hellen Stimme begleitet wurde, ersetzte seinen Gesang. Völlig unpassend für meine Lage, aber besser als seine Stimme zu hören. Da sah ich meinen knallroten Koffer aufblitzen. Ich hastete zu dem Förderband und schnappte mir mein einziges Gepäckstück. ‘Jetzt geht es zurück.’ Ich seufzte leise. Dann begab gemächlich in Richtung Ausgang. Endlich war dieses nyappy-Lied vorbei. Ein Schrei, der mich an ein Rülpsen erinnerte, folgte. Dann setzte die Gitarre ein. Ich ließ mich von der Musik tragen und ging weiter. Die Menschen, denen ich begegnete, nahm ich kaum war. ‘Nur nicht nachdenken.’ Ich erreichte die letzte Kontrolle, hinter der schon die ganzen Verwandten und Freunde der Passagiere dieses Fliegers auf einen warteten. Irgendwo unter diesen Menschen war Megumi. Noch ein letztes ließ ich mich durchchecken, dann trat ich durch einen offene Tür in die riesige Menschenmenge. „Hi-chan!!!“, rief Megumi, als sie mich erblickte. Sie drückte mir einen Kuss auf die Wange. ‘Die Wange, über die vor wenigen Stunden Gackt zärtlich gestrichen hat.’ Ich spürte – nichts. Comment: Das erste Lied ist Carry? von Gazette (http://www.youtube.com/watch?v=UtrQYjpHUiQ) Das zweite ist Love Letter von Gackt (http://www.youtube.com/watch?v=zWsJL7Raf9o) Die anderen beiden weiß ich selbst nicht sou recht xDD (ich dachte da eig an ein Lied von Kra oder An Café und an eins von Girugämesh oder Dir en Grey^^) Kapitel 10: Chapter 10: Bye, Bye Beautiful ------------------------------------------ Er war weg. Endgültig. Lange war ich an der Straße gestanden und hatte dem immer kleiner werdenden Taxi nachgesehen. Nun saß ich an meinem Flügel und klimperte missmutig vor mich hin. Die Musik beruhigte mich. Mir fiel auf, dass ich meinen Song ‘Love Letter’ spielte. „Eien wo aruite yukeru Kore kara mo zutto futari de Kono mune ni tsuyoku dakishimetara Omoi wa kawaranai tatta hitotsu dake no Aishiteru" Instinktiv hatte ich begonnen mit zu singen. Als ich die letzten Worte aussprach, rann mir eine Träne an der Wange hinunter. „Aishiteru, Hyde.“, murmelte ich leise. Auf einmal hörte ich ein seltsames Geräusch. Es dauerte eine Weile, bis ich es als mein Telefon identifizieren konnte. Es klingelte. Seufzend erhob ich mich und tapste zu meinem Wohnzimmmertisch. „Moshi-moshi desu Gackt.“ Wer konnte es sein? „Hallo, Gackt. Hier ist Zeny.“, erklang die Stimme auf der anderen Seite. „Ahh...“ Zeny. Was wollte sie? „Wie geht es dir, Gackt? Du warst gestern so seltsam.“ Oh, ich verstand. Sie machte sich Sorgen. Typisch Zeny. „Ach, war ich das?“, erkundigte ich mich scheinheilig. Ein leises Seufzen. „Hai. Warst du.“ „‘kay.“ „Also, wie geht es dir?“ „Mir – mir geht’s bestens.“ Meine Stimme verriet genau das Gegenteil. Hoffentlich merkte sie es nicht. „Klingst aber nicht so.“ Mist. „Uhm, ja... Ich hab nen Kater.“ Ich musste niesen. Hätte ich doch gestern nicht nur an Hydes Gesundheit gedacht. „Und du bist verschnupft. Was hast du denn gemacht?“ „Ach ich weiß nicht. Ist aber nur eine einfache Erkältung.“ „Und dir geht es sonst gut?“, fragte sie erneut besorgt. „Hai. Mach dir keine Sorgen.“ „Ok. Aber wenn dich was bedrückt, ruf mich an, ja? Oder hol mich her, wenn du persönlich mit mir reden willst.“ „Wirklich nett von dir, aber bei mir ist wirklich alles in Ordnung.“ „Ich wollte bloß, dass weißt, dass ich für dich da bin, wenn du Hilfe brauchst. Oder jemanden zum reden.“ „Ok. Arigatou. Bis in drei Tagen.“ Die nächste Talkshow. Ohne Hyde. „Hai. Bis dann.“ Dann legte ich wieder auf. War das so offensichtlich gewesen? War ich so durchschaubar? Konnte wirklich jeder sehen, wie schlecht es mir ging? War ich so ein schlechter Schauspieler? Ich ließ mich wieder auf dem Hocker vor meinem Flügel fallen. Zögernd hob ich meine Hände und begann eine langsame Melodie zu spielen. Ich musste an Hyde denken. Ob er und Megumi inzwischen wieder glücklich vereint waren? Eifersucht kochte in mir hoch. Da erinnerte ich mich an das Gefühl von Hydes Lippen auf meinen. Berauscht von der Erinnerung schloss ich meine Augen. Beinahe konnte ich es wieder spüren. Die Melodie wurde etwas schneller. Ich rief mir das Bild seines drahtigen Oberkörpers ins Gedächtnis. Noch nie hatte ich so etwas Schönes gesehen. Allein der Gedanke daran ließ mich erschaudern. Aber nun war er weg. Zurück zu Megumi. Weg von mir. All meine traurigen Gefühle packte ich in die Bewegungen meiner Hände auf den Klaviertasten. Ich spielte mir meinen Schmerz von der Seele. Die Tränen, an meinem Gesicht hinab liefen, ignorierte ich und spielte nur noch inbrünstiger. „Aishiteru, Hyde.“, flüsterte ich. Ich schluckte. „Sayounara, Hyde.“, setzte ich hinzu. Wie viel Zeit war vergangen, als ich aufhörte, auf die Tasten einzuprügeln? Ich wusste es nicht. Erschöpft stand ich auf und blinzelte, als ich feststellte, dass es bereits dämmerte. Mein Magen knurrte, aber ich nahm es nicht wahr. Am ganzen Körper zitternd ging ich in mein Schlafzimmer. Ich wollte mich schon einfach in mein Bett fallen lassen, als mir ein kleiner Zettel, der auf dem Boden lag, auffiel. Ich hob ihn neugierig auf und las, was ich mir vor ein paar Tagen in einer krakeligen Handschrift notiert hatte. Mi, 27.11. um 19.00 Party bei Ruki. KOMMEN!!! Ich überlegte. War das nicht heute? Da ich keine Ahnung hatte, schlenderte ich zurück in die Küche, wo ein kleiner Kalender hing. Der gestrige Tag war rot markiert. Fett geschrieben stand dort: Hyde fliegt zurück. Ich verdrängte den Schmerz, der mit diesen Worten verbunden war und sah mir stattdessen das heutige Datum an. 27.11. Nachdenklich lehnte ich meinen Kopf an den Kühlschrank. Eine Party. Das wäre genau das, was ich jetzt bräuchte. In der Hektik alles vergessen. Hyde vergessen. Ja, ich konnte wirklich nur durch die Stimmung einer richtigen Party alles vergessen. Ich schielte zur Uhr. 18:35 Uhr. Dann würde ich eben etwas später kommen. Aber ich würde kommen. Der Entschluss war gefasst und ich huschte ins Bad. Dort zog ich mich ohne nachzudenken aus, schlüpfte unter die Dusche und begann mich im Eiltempo abzuschrubben. Schnell noch die Haare gewaschen dann ich stieg tropfnass aus der Dusche. Ich fuhr mir nervös durch die Haare und dachte nach. Was sollte ich anziehen? Kurzerhand entschied ich mich für eine enge Hose und ein schwarzes Hemd. Man wollte ja nicht auffallen. Obwohl, unter den ganzen Paradiesvögeln, konnte es mir in diesem Aufzug gut passieren. Ich trocknete mich hektisch ab und hastete in mein Schlafzimmer. Nachdem ich mir die ausgewählten Kleidungsstücke angezogen hatte, hetzte ich zurück ins Bad. Noch etwas Make-Up. Ein kritischer Blick in den Spiegel. Ob die mich so hereinließen? Nein. Meine Frisur! Dass ich das beinahe vergessen hätte!!! Also stylte ich mir mit einer halben Flasche Haarspray noch meine Haarpracht und begutachtete mich danach erneut. So schon eher. Schließlich verließ ich zufrieden mein Haus und stieg in meinen Wagen. Ich wollte gerade gedankenverloren mein Autoradio anstellen, da kam mir ein berechtigter Gedanke: Wenn jetzt ein Lied von Hyde käme, wären meine ganzen Bemühungen umsonst. ‘Dann eben ohne Musik.’ Ich fuhr los. Comment: hehe, ich wollte UNBEDINGT noch Gazette einbauen xDD Tjaa, und so ist es eben zu dieser Wendung gekommen^^ Wen wird ich da wohl alles antanzen lassen…? Also ich denke mal, das ganze wird so ziemlich surreal ;-) „Sayounara“ sagt man, wenn man nicht erwartet, denjenigen bald wieder zu sehen Kapitel 11: Chapter 11: Celebration ----------------------------------- „Gac-chan! Da bist du ja! Du bist aber spät dran.“ Mit einem fröhlichen Grinsen empfing mich Ruki, der kleine Sänger, der seine Haare heute kurz und blond trug, an seiner Haustür. „Gomen. Ich hatte echt Stress die letzten Tage und hab die Party total verpennt. Zum Glück hab ich dann noch den Zettel, der auf einmal in meinem Schlafzimmer lag, entdeckt. Sonst hättet ihr ohne mich feiern müssen.“ „Ahh, na dann.“ Immer noch grinsend deutete er hinter sich. „Na dann komm mal rein. Die anderen haben schon nach dir gefragt.“ Ich ging an ihm vorbei in das Innere seiner Wohnung. Sie war relativ klein, aber für jede Party, die er feierte, räumte Ruki sie beinahe leer, so dass sie gar nicht mehr so klein erschien. Außerdem hatte es den günstigen Nebeneffekt, dass die Partygäste nichts schrotten konnten. Langsam ging ich durch den Gang in Richtung Wohnzimmer, wo sich wahrscheinlich die meisten Gäste aufhielten. Ruki folgte mir. Ich hörte seine tapsenden Schritte hinter mir. „Du sag mal, wen hast du eigentlich alles eingeladen?“, fragte ich, als ich an der Tür stand. Der Sänger zuckte mit den Schultern. „Ach, diesen und jenen. Du wirst dann ja sehen. Ich bin gleich wieder da, okay? Geh du schon mal rein.“ „Okay.“ Ich öffnete die Tür und sofort schlug mir die laute Musik entgegen. Neugierig sah ich mich in dem Raum um. Viele irre gestylte Haarschöpfe, unbekannte und vertraute. Ich erblickte Shous niedlichen Wuschelkopf und ich glaubte, auch irgendwo Miyavi gesehen zu haben. Da gesellten sich die vier restlichen Gazettos zu mir. „Heey, Gac-chan. Reita hatte schon alle Hoffnungen aufgegeben, dass du noch kommst.“, begrüßte mich Aoi kichernd. Dafür bekam er einen Stoß in die Rippen von dem blonden Bassspieler verpasst. „Du hast dir aber wirklich Zeit gelassen.“ Uruha. Der Gitarrist, der heute mal wieder seine heißgeliebte Strapsen trug, stand etwas abseits von den anderen und sah mich an. Ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht wirklich deuten. „Gomen. Hatte viel um die Ohren.“ „Ist doch egal. Wir sollten uns freuen, dass Gackt überhaupt kommen konnte.“, erklärte der Letzte der Gazettos mit einem gutmütigen Lächeln. Kai. Er gab mir einen freundschaftlichen Klaps auf den Rücken, dann wandte er sich wieder zum gehen. „Also ich bin dann mal wieder weg. Shou scheint nämlich endlich kapiert zu haben, wie gut wir beide zusammenpassen.“ Vor sich hingrinsend verließ er uns wieder. Ich hob eine Augenbraue. „Wie jetzt?“, erkundigte ich mich ungläubig. „Kai und Shou?“ Reita nickte wortlos und Aoi begann mich aufzuklären: „Hai. Seit wir mal aus Versehen in eine Probe der fünf von alice nine reingerumpelt sind, konnte unser Sonnenschein nicht aufhören, von Shou zu schwärmen.“ „Das war auch der Grund, warum ich die Party organisiert habe.“ Ruki schob sich zwischen uns. Sofort zog Reita den kleinen Blonden zu sich. Genüsslich seufzend schmiegte sich Ruki an seinen Bassisten. Augenblicklich zog sich etwas in mir zusammen. „Ich hol mir dann mal was zu trinken.“, hörte ich mich sagen und drehte mich um. Aus dem Augenwinkel sah ich noch, wie sich Uruha ebenfalls abwandte. Schwankend trat ich zu einem Tisch und schüttete etwas Bowle in einen Plastikbecher. „Du bist Gackt Camui, oder?“ Ich drehte mich um, als ich diese unbekannte Stimme hörte. „Uhm… Hai. Bin ich.“ Ich starrte die schwarzhaarige Schönheit vor mir verwirrt an. „Ich bin Kanon. Ich spiele Bass. Bei An Café.“, erklärte er mir. „Aha.“ Mehr brachte ich nicht heraus. Verzweifelt versuchte ich mich zu erinnern, ob ich den Schwarzhaarigen mit Lippenpiercing schon einmal gesehen hatte. ‘Er sieht beinahe so aus wie Aoi.’, schoss es mir durch den Kopf. ‘Aber er ist es nicht. Er ist doch bestimmt etwas jünger, oder?’ Kanon grinste nur. „Du musst mich nicht kennen. Wir sind noch relativ neu im Geschäft.“ Ich seufzte erleichtert auf. „Ach so.“ Irgendwie hatte ich das Gefühl, noch etwas sagen zu müssen. „Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du auf den ersten Blick fast so aussiehst wie Aoi?“, fragte ich schließlich. Kanon nickte kichernd. „Hai. Schon ziemlich oft. Das ist auch glaub ich einer der Gründe, warum wir zu der Party eingeladen wurden. Ruki hat davon gehört, dass einer seinen Gitarristen doubelt und hat uns eingeladen. Also zumindest erklärt Miku sich das so.“ Miku? Ein Bandmitglied, folgerte mein Verstand. „Das muss doch sicher nerven, wenn man ständig darauf angesprochen wird, oder?“, erkundigte ich mich amüsiert. „Ach was. Ich find’s witzig. Und Aoi und ich haben uns schlappgelacht, als wir uns das erste Mal gesehen haben.“, antwortete er. „Na dann.“ Ich kippte mir meine Bowle runter. „Willst du auch etwas?“, erkundigte ich mich und deutete auf die große Schale. Kopfschüttelnd lehnte Kanon ab. „Nein danke. Ich mag dieses Zeug nicht so. Ist mir zu süß.“ Während ich an meinem zweiten Becher nippte musterte ich Kanon erneut. Er sah ziemlich gut aus. Seine braunen Augen sahen mir neugierig entgegen und er kaute nervös auf seinen schön geschwungenen Lippen herum, während er wartete, bis ich weitersprach. Er trug ein weißes T-Shirt mit Druck und eine schwarze Hose. Abgerundet wurde das ganze durch einen niedlichen Hut, der auf seinem schwarzhaarigen Kopf saß. Ich stellte den Becher wieder ab. Wartend sah mich der Bassspieler an. Noch immer kaute er auf seinen Lippen herum. Es verschaffte mir immer eine gewisse Zufriedenheit, wenn ich andere Menschen nervös machen konnte. Ich fand es immer interessant, ihre Reaktionen zu beobachten. Aber da ich gerade eine seltsame Laune hatte, nahm ich das Gespräch wieder auf. „Weißt du, ob in Rukis Tracklist auch Songs von euch drauf sind?“, fragte ich. Kanon runzelte die Stirn. „Ich weiß nicht. Er hat – glaube ich – eine CD von uns. Aber ich weiß ja nicht mal, ob ihm und den anderen unser Sound gefällt.“ Er lächelte verlegen. „Aber warum fragst du?“ „Ach nur so. Ich hätte gerne mal etwas von euch gehört.“ „Das geht auch einfacher.“ Grinsend zog der Schwarzhaarige einen iPod aus seiner Hosentasche und hielt in mir vor die Nase. „Ahh.“ Ich nickte. „So geht es natürlich auch.“ „Hai. Wollen wir uns da hinsetzen?“, sagte Kanon und zeigte auf eine kleine Couch, die als eines der weniges Möbelstücke in Rukis Wohnung bleiben durfte. „Können wir machen.“, erklärte ich mich bereit. Also gingen wir zu der Couch und nahmen beide darauf platz. Kanon hatte schon begonnen, an seinen iPod zu suchen und sah konzentriert auf den kleinen Bildschirm. „Hier.“ Er hielt mir einen der Stöpsel hin. „Ich weiß nur nicht, ob dir das gef – “ Ich unterbrach ihn. „Egal.“ Gespannt, was ich nun zu hören bekommen wurde, steckte ich mir den Stöpsel in die Ohren. Der lang gezogene Laut einer E-Gitarre erklang. „Bou ist übrigens unser Gitarrist. Er konnte aber leider nicht kommen.“, erklärte Kanon mir leise. „Okay.“ Konzentriert lauschte ich der Musik. Da begann der Sänger – Miku? – zu singen. Seine Stimme klang etwas ungewöhnlich, aber irgendwie passte sie zum Rest der fröhlichen Melodie, die nun gespielt wurde. Kanon sah mich gespannt an. Beinahe schon ängstlich. Ich lächelte ihm beruhigend zu. „Das Lied klingt gut. Etwas ungewohnt. Aber gut. Ich wünsche euch auf jeden Fall viel Erfolg.“ Seltsamerweise schienen Kanon meine Worte richtig glücklich zu machen. Er schwieg und strahlte mich nur überglücklich an. Ich zuckte mit den Schultern. „Aber ich kann dir natürlich keine Garantie geben.“ „Das du es gut findest, Gackt-sama, reicht mir vollkommen.“, erwiderte er freudestrahlend. Ich musste lächeln. „Na dann.“ Plötzlich hüpfte ein grinsendes Etwas auf uns zu. „Da bist du ja, Kanon! Teruki und ich suchen dich schon seit Ewigkeiten!!!“, rief es. Immer noch grinsend setzte sich das Etwas zwischen uns. Oder quetschte. Da schien es endlich mich zu bemerken und drehte sich zu mir. „Oh… Gomen ne. Ich hab dich noch gar nicht bemerkt. Hab leider etwas Stress. Ich bin Miku.“ Das Etwas war also der Sänger. Der mit der ungewöhnlichen Stimme. Ja, irgendwie passte sein Aussehen auch dazu. Niedlich aussehende, große Augen. Eine wuschelige Frisur. Und ein wirklich süßes Shirt mit kleinen Bären drauf. „Ich bin Gackt. Kanon hat mir gerade ein Lied von euch gezeigt.“ Miku machte große Augen und sah Kanon an. „Du – du hast ihm einen Song von uns gezeigt??“ Der Bassist nickte schnell. „Hai. Er fand es aber gut.“ Nein. Ich habe gesagt es klingt gut. Aber wo war da schon der Unterschied? Der aufgedrehte Sänger wandte sich wieder mir zu. „Wirklich?“ „Hai. Es klingt gut. Ich wünsche euch viel Erfolg damit.“ „Arigatou.“ Miku lächelte mich strahlend an. Die waren vielleicht alle drauf. Schon wieder drehte die Wuschelfrisur seinen Kopf in die andere Richtung und begann, wieder mit Kanon zu reden. „Wir müssen dann. Bou kommt in einer Stunde am Flughafen an und wir haben doch versprochen, dass wir da sind.“ Erschrocken riss der Schwarzhaarige die Augen auf. „Ist es schon so spät??“ „Hai. Und jetzt komm bitte.“ Ein letztes Mal sah Miku noch zu mir und schenkte mir ein Lächeln, dann stand er auf und zog Kanon gleich mit hoch. Er zerrte Kanon schon beinahe aus dem Raum. Ich sah ihnen nachdenklich nach. Ein lustiger Haufen. Da bemerkte ich, dass Kanon seinen iPod liegen gelassen hatte. Er lag neben mir auf dem Polster der Couch. ‘Oh Shit!’ Ich sprang auf und flitzte aus dem Zimmer. ‘Hoffentlich erwische ich sie noch.’ Ich rannte auf die Straße, doch ich sah nur noch den dunklen Wagen wegfahren. Missmutig starrte ich auf das kleine Teil in meinen Händen. ‘Ich muss es ihnen Wohl oder Übel irgendwann vorbei bringen.’ Ich steckte ihn in meine Hosentasche und ging zurück. Comment: ka, warum ich den Mist mit Kanon geschrieben habe, aber iwie gefällt er mir auch. Ich konnte es nicht übers Herz bringen, den Teil zu löschen ~ Kapitel 12: Chapter 12: Love hurts ---------------------------------- Nachdem ich mir meinen Becher wieder gefüllt hatte, hatte ich mich wieder auf die Couch platziert und hatte begonnen, die Partygäste genauer zu mustern. Gerade, als ich dabei war, mir Gedanken über Hirotos sonderbare Frisur zu machen, merkte ich, dass sich jemand neben mich setzte. Es war Uruha. Der brünette Gitarrist schlug seine langen Beine übereinander an starrte mich an. Ich seufzte. Aber ich konnte auch nicht anders, als meine Augen an Uruhas unglaublichen Beinen entlang wandern zu lassen. Mit den Strapsen sahen sie noch besser aus. Es schien ihm zu gefallen, wie ich meinen Blick nicht von seinen Beinen lassen konnte und er schwieg. Doch nach einer Weile wurde es ihm doch zu dumm und er sprach mich an. „Gac-chan?“ Ich sah auf. „Mhh…?“ „Warum sitzt du denn ganz alleine hier?“ „Ach, nur so. Bis vor ein paar Minuten war noch Kanon bei mir.“ Uruha nickte. „Der süße Bassist, der Aoi so ähnlich sieht.“ „Hai. Genau der.“ Gut zu wissen, dass ich nicht der einzige war, der den Schwarzhaarigen niedlich fand. „Aber er ist nichts gegen Ruki.“, erklärte mir Uruha. In seiner Stimme schwang Bedauern mit. „Wenn du meinst.“ Shit! Ich hatte völlig vergessen, dass der Brünette absolut unglücklich war, da Ruki ja nun an Reita vergeben war. Unbeabsichtigt musste ich an Hyde denken. Ja, gegen Hyde war Kanon auch nichts. Ich seufzte. „Gomen. Ich wollte dich nicht runterziehen.“, entschuldigte Uruha sich leise. Ich schüttelte schnell meinen Kopf und lächelte. „Du ziehst mich nicht runter. Keine Angst.“ ‘Nein, das mache ich selbst.’ Ich war doch nur zu der Party gekommen, um den ganzen Mist ein paar Stunden zu vergessen! Und nun holte er mich schon wieder ein... Auf einmal saß Uruha auf mir und sah mir in die Augen. Seine Hände lagen auf meinen Schultern. Ich blinzelte. Was sollte das? „Was ist es dann?“, hauchte der Brünette. Er lehnte sich vor und begann, mich hemmungslos zu küssen. Ich konnte die Verzweiflung, die in diesem Kuss lag, spüren. Und verstehen. Ebenso gierig erwiderte ich ihn. Uruhas Zunge drang in meinen Mund ein und ich stöhnte leise auf. Ich spürte, wie heiße Tränen meine Augen verließen. Als ich schließlich keine Luft mehr bekam, drückte ich den Gitarristen sanft weg. Auch Uruhas wunderschönes Gesicht war voller verzweifelter Tränen. Ich schnappte kurz nach Luft und zog ihn wieder an mich. Fest presste ich meine Lippen gegen seine. Es tat gut. Warum, wusste ich nicht. Lange ging dieses Schauspiel, bis wir beide erschöpft auf der Couch lagen. Unregelmäßig gingen Uruhas Atemzüge und seine Schminke war durch die Tränen und meine fahrigen Bewegungen total verschmiert. „Ich wusste, dass dich etwas bedrückt, Gackt.“, keuchte er. „Woher?“, fragte ich ihn verwirrt. „Du hast den gleichen leeren Blick, wie – ich.“ Dann erhob er sich und sah mich lüstern an, „Kommst du?“, erkundigte er sich. Wankend stand ich auf und folgte Uruha in Rukis Schlafzimmer. Unser Gastgeber ließ bei seinen Partys nämlich auch immer noch sein Bett in der Wohnung. Er erklärte zwar immer, es sei nur, weil es so ein Auffand war, aber normalerweise nutzte er es dann mit seinem derzeitigen Lover. Noch immer schwer atmend ließen wir beide uns darauf fallen. Uruha ließ mir nur eine kurze Atempause, dann kroch er langsam auf mich zu und sah mich fordernd an. Sofort zog ich den Brünetten wieder an mich und küsste ihn begierig. Ich spürte, wie sich seine Hände unter mein Hemd schoben und er begann, mir über den Rücken zu streichen. Ein Stöhnen entwich meinen Lippen und ich küsste Uruha noch leidenschaftlicher. Nach einer Weile entzog sich Uruha meinen gierigen Lippen und er zog mein Hemd vorsichtig nach oben. Schweigend ließ ich ihn machen. Der Gitarrist fuhr langsam an meiner Brust entlang. „Stell dir vor, ich bin der, den du liebst. Es stört mich nicht.“, flüsterte er lautlos. Ich nickte. Für ihn war ich ein Ersatz für Ruki. Und für mich war er ein Ersatz für Hyde. Wir waren doch so erbärmlich. Aber es tat gut. Ich strich über Uruhas Oberschenkel und sah, wie er unter dieser Berührung erschauderte. Langsam wanderten meine Hände weiter nach oben. Der Brünette wurde immer ungeduldiger. Schließlich nahm er eine Hand und legte sie wortlos auf die Wölbung an seinen Lenden. Dann stöhnte er laut auf. Es lag nicht an mir, das wusste ich. Es lag an Ruki. Ich nahm wieder beide Hände und strich langsam an seinen Seiten entlang. Bis zu seinem Oberteil. Ich zog es ihm über den Kopf. Uruha lehnte seinen Kopf gegen meine nackte Brust. „Gackt. Es tut so weh.“, flüsterte er auf einmal. Seine Tränen liefen an mir herunter. Ich nickte. „Hai, das tut es.“ Da spürte ich, wie der Gitarrist sich an meiner Hose zu schaffen machte. Ich konnte nicht anders, als mir vorzustellen, wie Hyde es anstatt Uruha tat. Genüsslich seufzend schloss ich meine Augen und ließ ‘Hyde’ machen. Plötzlich wurde die Tür geöffnet und ich umfasste Uruhas Hände, damit er stoppte. Einen Moment starrte er mich verwirrt an, bis er ebenfalls merkte, dass wir nicht mehr alleine waren und er wandte sich den Neuankömmlingen zu. Es waren Ruki und Reita. Kichernd stolperten die beiden in den Raum. Sie schienen uns noch nicht bemerkt zu habe. Uruha neben mir verkrampfte sich augenblicklich bei diesem Anblick. Schützend nahm ich ihn in die Arme. Der Gitarrist schluckte und schnappte hörbar nach Luft. Zögernd drückte ich ihm noch einen Kuss auf die Haare, dann räusperte ich mich, um die beiden auf uns aufmerksam zu machen. Sofort hörte das fröhliche Gekicher auf und sie sahen verdattert zu uns. „Gac-chan und Uru-chaan? Was macht ihr denn hier?“, lallte Ruki, der sich auf Reita stützen musste, um nicht einfach umzukippen. Uruha klammerte sich schon beinahe an mich. Er zitterte. Reita schien noch nicht so betrunken zu sein. Der Bassist sah uns aus klaren, aber eindeutig verwirrten Augen entgegen. „Sollen wir wieder gehen?“, erkundigte er sich trocken. Ich sah den zitternden Gitarristen neben mir an. Dann schüttelte ich den Kopf. „Nein. Wir sind schon wieder weg.“ Ich schnappte mir mein Hemd und zog es wieder an. Schweigend ging ich an den beiden vorbei. Uruha folgte mir. Doch als ich die Tür hinter uns geschlossen hatte, war der Brünette schon wieder verschwunden. Ich seufzte. Was er jetzt wohl machen würde? Hoffentlich stellte er nichts zu Dummes an. Ich beschloss ihn sicherheitshalber zu suchen. Eine Ablenkung war es schließlich allemal. Und die brauchte ich jetzt. Ich wollte nicht daran denken, wie weit ich in meiner Verzweiflung noch gegangen wäre. Ich ließ meine suchenden Augen durch den Raum schweifen. Aber der Gitarrist mit den unbeschreiblichen Beinen war unter den ganzen bunten Haarschöpfen nirgends zu finden. Da entdeckte ich Aoi. Vielleicht konnte er mir ja helfen. Ich bahnte mir einen Weg durch die ganzen Gäste. Aoi grinste mich vielsagend an, während ich auf ihn zukam. „Na? Spaß mit unserem Leadgitarristen gehabt?“, begrüßte er mich immer noch grinsend. Ich rollte genervt mit den Augen und strafte ihn mit Schweigen. „Ach komm schon, Gac-chan, verstehst du heute wirklich keinen Spaß?“ „Nur nicht, was euren Gitarristen betrifft. Merkt denn niemand von euch, wie verzweifelt er momentan ist?“, erwiderte ich emotionslos. Da gefror Aois Grinsen und er nickte nachdenklich. „Hai. Wir merken es sehr wohl. Aber wieso spielst du dann mit ihm?“ Damit hatte er meinen wunden Punkt getroffen. Ich wich seinem neugierigen Blick aus. „Ist nicht so wichtig. Ich wollte mal wieder Spaß haben.“ „Und das soll ich dir jetzt glauben? Dass du dich an unserem armen, verzweifelten Uruha vergreifst, nur weil du mal wieder Spaß haben willst?! Ich bitte dich! So ein Arsch bist du dann auch mal wieder nicht!“, konterte der Schwarzhaarige. Ich verzog das Gesicht. „Arigatou.“ „Für dieses Kompliment?“ Aoi lächelte. „Mach ich doch gerne. Aber jetzt sag: Was hat dich dazu getrieben, es mit Uruha zu machen?“ Himmel, konnte Aoi nerven, wenn er etwas wissen wollte! „Ich glaube, momentan sind wir uns ziemlich ähnlich. Uruha und ich, meine ich.“ , gab ich zu. Der Gitarrist hatte ähnliche Worte benutzt. Wir hatten den gleichen leeren Blick. Ja, das konnte sein. Wir beide fühlten uns leer. Aoi riss die Augen auf. „Ach was. Ist unser Gackt auch mal unglücklich verliebt?“ Das war doch so was von unsensibel! ‘Vielen Dank, Aoi. Damit machst du meine Stimmung nun vollkommen zunichte.’ Als hätte der Gitarrist meine Gedanken gelesen, lief er plötzlich rot an und stammelte: „Gomen. Wenn du nicht darüber reden willst, dann sag mir bloß, das ich die Klappe halten soll.“ „Halt deine unsensible Klappe und hilf mir lieber Uruha zu suchen, Aoi.“ Der Schwarzhaarige zog eine Grimasse. „Das war jetzt aber auch nicht gerade freundlich.“, beschwerte er sich. „Du hast angefangen.“, erklärte ich. „Na gut, stimmt auch.“ „Also, weißt du, wo Uruha ist?“ „Küche. Ich glaube, ich hab Ruha dahin flitzen sehen.“ Ich konnte genau sehen, dass Aoi noch viele neugierige Fragen auf der Zunge lagen, doch er stellte sie nicht. ‘Braver Junge.’ „Was will er denn in Rukis Küche?“, fragte ich verwirrt. „Keine Ahnung. Ich hoffe er randaliert nicht mit Rukis Sachen.“ Also gingen wir in Richtung Küche. Aoi betrachtete mich von der Seite. „Darf ich noch einen unsensiblen Kommentar fallen lassen?“, fragte er leise. „Nein. Klappe.“ „Dann sag ich`s eben zu Ruha.“ Schmollend sah Aoi wieder nach vorne. Wir hörten ein leises Klappern, als wir in dem kleinen Raum ankamen, der von Ruki so gut wie nie genutzt wurde. Es war stockdunkel, so dass ich nur den schwarzen Schatten einer zusammengekauerten Gestalt in der Ecke erkennen konnte. „Ruha?“ Ein Schluchzen. „Geh weg, Aoi.“ „Lass den Scheiß, Ruha und komm her.“ Langsam ging Aoi auf den Schatten zu. Das Schluchzen wurde lauter. „Aoi. Geh. Weg.“ Doch der Schwarzhaarige schüttelte nur den Kopf. „Nein. Und jetzt komm her und leg das Messer wieder weg, Ruha.“ Das Messer??? Erschrocken sah ich genauer hin. Tatsächlich. Ein leichtes Blitzen verriet den spitzen Gegenstand, den Uruha fest umklammert hielt. Was zur Hölle tat er da? War er so verzweifelt? Vor meinen Augen verschwamm die Sicht und ich sah anstatt dem Gitarristen mich selbst mit dem Messer sitzen. Ich blinzelte. So weit würde ich doch nie gehen. Oder...? „Ruha. Mach keinen Scheiß.“, ermahnte Aoi den Brünetten zischend. Langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit, so dass ich sah, wie Uruha seinen Arm hob. Da packte Aoi ihn und versuchte energisch, den gefährlichen Gegenstand aus Uruhas eisernem Griff zu bringen. Eine Weile rangen die beiden Gitarristen miteinander, bis Uruha auf einmal laut aufschrie. „Du Arsch! Das tut weh!“, fluchte er und funkelte Aoi an. „Ach was. Du hättest das gleiche doch gerade beinahe selbst gemacht!!!“, wehrte sich der Schwarzhaarige betroffen. Traurig ließ Uruha den Kopf sinken. Das Messer landete klirrend auf den Fliesenboden. Ich sah, wie dunkle Tropfen eine Wunde in Uruhas rechtem Arm verließen. Der Verletzte schluchzte. „Uruha bitte! Reiß dich jetzt mal zusammen!“, fauchte Aoi ihn an. Doch Uruha schluchzte nur noch lauter und seine Hand suchte wieder das Messer. Mit schnellen Schritten verließ ich die Küche und stürzte aus Rukis Wohnung. Kapitel 13: Chapter 13: Damned ------------------------------ „Das... das war... einfach wunderbar, Gackt-sama.“, hauchte der junge Mann neben mir. Seine Lippen waren gerötet von den vielen intensiven Küssen und er zitterte vor Erschöpfung. Ich setzte mich auf und nickte. „Natürlich.“, antwortete ich selbstgefällig. Auch ich spürte eine erdrückende Müdigkeit aber ich verbarg meine Schwäche erfolgreich. ‘Wie so vieles in meinem Leben.’ Langsam hob ich die Beine aus dem Bett und stand auf. Da weiteten sich die Augen des Mannes und er fragte leise: „Willst du denn schon gehen, Gackt-sama?“ „Natürlich.“, erwiderte ich emotionslos. Ich ignorierte seinen verletzten Blick und begann, mich wieder anzuziehen. Während ich mein Hemd zuknöpfte, hörte ich ein leises Schniefen. Genervt verdrehte ich die Augen. Hatte der Kleine wirklich gedacht, ich würde jetzt noch zum Kuscheln bleiben? Ohne mich noch einmal zu dem Mann umzudrehen, schnappte ich mir meine Tasche und verließ ich das kleine Hotelzimmer. Ich setzte mir meine Sonnenbrille auf und ging den Gang entlang. Der Teppichboden dämpfte meine schnellen Schritte. Da surrte etwas in meiner Hosentasche. Ich griff hinein und zog mein Handy heraus. Zögernd hielt ich an und starrte auf das leuchtende Display. Es war Ruki. Schließlich nahm ich doch ab. „Moshi-moshi desu Gackt.“ „Moshi-moshi desu Ruki.“ Der Sänger klang fröhlich. „Was ist los?“, erkundigte ich mich neugierig. „Ich wollte fragen, ob du in ner Woche Zeit für ne Party hättest.“ „In einer Woche? Wieso? Welcher Anlass?“ Ein lautes Seufzen. „Dass du dir noch immer keine Daten merken kannst Gackt! Da hat unser Leadgitarrist Geburtstag!!! Und außerdem feiern Aoi und er doch auch noch ihr Sechsmonatiges!!!“, erklärte mir Ruki genervt. „Oh.“ War das schon so lange her, dass sich die beiden Gitarristen endlich gefunden haben? Schon ein halbes Jahr? „Also, kannst - ?“, begann Ruki, doch er wurde unterbrochen. „Ruki, komm doch endlich! Wie lange muss ich noch warten?“ Ich erkannte Reitas genervte Stimme. „Klappe, Rei-chan, sonst kannst du’s heute alleine machen! Und morgen auch noch!!“, fauchte der Sänger. „Oh. Okaay. Dann warte ich.“ Ich musste schmunzeln. „Also kannst du?“, fragte mich Ruki erneut, als wäre er gar nicht von seinem Schatz unterbrochen worden. „Ich glaube schon. Ich guck mal nach. Wenn ich wieder zu Hause bin.“ „Wo bist du denn gerade?“, erkundigte er sich. Ich ahnte, dass er bereits wusste, was ich antworten würde. „In einem Hotel.“, klärte ich ihn also gleichgültig auf. „Schon wieder? Gehen dir nicht inzwischen die willigen jungen Männer und Frauen aus?“ „Du glaubst es kaum, aber es finden sich immer wieder welche. Du musst nur wissen, wo du suchen musst.“, erklärte ich. „Gackt, zum wievielten Mal muss ich es dir noch sagen? So etwas erfüllt einen nicht! Nur eine richtige Beziehung kann einen glücklich machen.“, philosophierte Ruki lauthals. „Das sagst du auch nur, weil du zufällig gerade in einer bist.“, erwiderte ich genervt. „Ja, aber das schon seit einem Jahr!“, konterte er. „Schon gut. Ich habe keine Zeit zum diskutieren. Bis in einer Woche dann. Ich melde mich, wenn sich was ändert.“ Ich legte auf, ohne auf eine Antwort zu warten. Dann ging ich weiter den Gang entlang. Am Ende war ein Aufzug. Als ich ankam, trat gerade eine Frau heraus. Sie schenkte mir einen verwunderten Blick, den ich ignorierte. Der junge Mann lag wahrscheinlich immer noch in dem unbequemen Bett und schniefte vor sich hin. Zutiefst gekränkt von meiner Herzlosigkeit. Aber ich hatte keine Schuldgefühle. Die hatte ich schon seit Monaten nicht mehr. Ich wandte mich nach links und nahm die Treppen nach unten. Da musste ich wieder an Rukis Worte denken. „Nur eine richtige Beziehung kann einen glücklich machen.“ Ich schnaubte genervt. Wieso grübelte ich denn schon wieder so viel? Mein Leben war doch auch ohne einen Partner völlig in Ordnung. Und das seit mehreren Jahren. Ich wollte gar keinen, mit dem ich jede freie Sekunde meines Lebensverbringen sollte. Nur kurz störte mich ein bedauernder Gedanke: ‘Einen bestimmten hättest du gewollt.’ Schnell verdrängte ich ihn. Ich trat in die Lobby und ging in Richtung Ausgang. Ohne irgendjemandem noch eines Blickes zu würdigen, verließ ich das Hotel. Comment: Nun ist ein halbes Jahr vergangen, seit der Trennung von Gackt und Hyde. Ich hoffe, das ist durch seine Gedanken und Rukis Worte klar geworden. Aber ich weiß echt nicht, wie lange ich es durchhalte, Gac-chan so herzlos zu schreiben T_T Kapitel 14: Chapter 14: Do you know (Hyde) ------------------------------------------ “Sehr gut machen Sie das, Hyde-sama.“, lobte mich mein Produzent, „Diese Gefühle in dem Song können wirklich nur Sie so gut rüber bekommen.“ „Äh, arigatou.“, nuschelte ich. „Oh! Es ist ja schon sechs. Sie wollten doch jetzt mit ihrer Frau essen gehen, richtig?“, bemerkte er mit einem Grinsen auf dem breiten Gesicht. Ich sah au die Uhr und nickte. „Genau. Danke noch mal, dass ich früher gehen darf.“ „Ach, kein Problem. Bis morgen dann.“, erklärte er. Dann verschwand sein Kopf hinter einem Stapel Papier. „Hai, bis morgen. Und gönn dir ruhig auch mal etwas Ruhe.“, rief ich ihm zu, dann verließ ich das kleine Tonstudio. Mit gemütlichen Schritten trat ich aus dem Gebäude und ging auf den Wagen zu, der bereits auf mich wartete. Als ich ankam, steckte Megumi den Kopf aus dem Fahrerfenster. „Hay, Schatz.“, begrüßte sie mich lächelnd. Ich bemühte mich um ein ebenso herzliches Lächeln. „Hey.“ Megumi streckte ihren Kopf meinem entgegen und ich drückte ihr einen kurzen Kuss auf die Stirn. Das seltsame Gefühl, das in meiner Brust aufkam, ignorierte ich. Dann ging ich auf die andere Seite und stieg in den Wagen. Sofort fuhr Megumi los. „Ich kann aber immer noch nicht glauben, wie du das jetzt noch in einer Stunde schaffen willst, Schatz.“, bemerkte sie und sah mich kurz von der Seite an. Ich rollte genervt mit den Augen. „Ich schaffe das schon, Megumi. Ich bin ein Mann. Und wir brauchen halt keine drei Stunden, um uns für ein Abendessen zu stylen.“ „Ach, ein paar aus deiner Branche brauchen bestimmt noch länger als manche Frauen.“ „Stimmt. Aber ich muss meine Haare nicht erst mit einer Dose Haarspray festkleben. Und ein Kilo Schminke brauch ich auch nicht.“ Ich versuchte ein Grinsen. Aber bei Megumis Kommentar waren mir sofort einige der Menschen, die sie gemeint hatte, eingefallen. Und der Gedanke an einen von ihnen – störte mich. „Das weiß ich doch.“ Megumi hielt vor unserem Haus. „Gut. Ich dachte schon...“ Mit meinem aufgesetzten Grinsen stieg ich aus dem Wagen. Auch Megumi stieg aus. Ich atmete tief ein. ‘Mach dich nicht so fertig. Ignorier es. Das ist nur Einbildung. Nur der Stress.’ Beinahe wollte ich meine Bemühungen wieder zunichte machen. ‘Stress? Seit einem halben Jahr? Und trotz mehreren Wochen Urlaub?’ Aber ich hielt mich zurück. Heute würden Megumi und ich uns einen schönen Abend machen. Ich atmete wieder aus. „Schatz? Wo bleibst du?“, rief Megumi von der Haustür. „Ich komme schon.“ Schnell lief ich an ihr vorbei durch den Gang und direkt in das Bad. Ich schlüpfte aus meinen Klamotten und wollte gerade in die Dusche steigen, als plötzlich Megumis Hände an meinen nackten Hüften langen. Erneut spürte ich dieses unangenehme Gefühl. Ich schob ihre Hände weg. „Bitte. Ich habe nicht viel Zeit. Das hast du doch selbst erkannt.“, murmelte ich. „Gomen.“ Ich drehte mich zu ihr um. Sie sah traurig zu Boden. „Ach Megumi.“ Ich hob ihr Gesicht an und lächelte sie an. Megumi erwiderte das Lächeln zaghaft und küsste mich kurz auf die Lippen. „Weißt du, Schatz, ich habe nur das Gefühl, dass du dich immer mehr von mir entfernst.“, sagte sie betrübt. „Wie kommst du denn darauf?“, fragte ich sie verwirrt, während ich in die Dusche stieg. „Ach ich weiß nicht. Ich habe nur Angst, dass du mir etwas verheimlichst, Hyde.“ Ich sah meine Frau an. „Es tut mir leid, dass du auf solche Gedanken kommst, Schatz, aber ich würde dir niemals etwas verheimlichen.“ Dann drehte ich das Wasser an und schloss meine Augen. Ich hörte nicht, ob Megumi etwas erwiderte. Aber ich wollte auch nichts mehr hören. Ich entfernte mich doch nicht von der Frau, die ich liebte. Auch wenn ich zurzeit nicht diese Befriedigung, dieses Glück spürte, wenn ich sie küsste und berührte, wusste ich, dass ich sie liebte. Oder? Oh, wie ich ihn verfluchte, dass er mir diese Zweifel beschert hatte! Er hatte mich inzwischen doch bestimmt wieder vergessen, so wie ich ihn vergessen wollte. Oh ja, ich wollte ihn vergessen. Aber obwohl ich ihn seitdem nicht mehr gesehen hatte, konnte ich es nicht. Ich stieß einen leisen Fluch aus, als ich wieder aus der Dusche stieg. Megumi war nicht mehr im Bad. Ich schnappte mir ein Handtuch und trocknete mich ab. Sofort stiegen wieder die Erinnerungen an jene Nacht auf. Seine warmen Hände an meinem vor Kälte zitternden Körper. Sein glückliches Lächeln. Meine Verwirrung über meine Empfindungen. Ich schüttelte den Kopf. Nein, daran wollte ich nicht denken. Das an diesem Abend war ein völlig unbedeutender Ausrutscher gewesen. Und es hatte nichts zu bedeuten, dass ich dieser Erinnerungen einfach nicht vergessen konnte. Mit dem Handtuch um die Hüften eilte ich in das Schlafzimmer. Während ich durch den Gang flitzte, hörte ich den Fernseher laufen. „Und in der nächsten Show können wir dann unter anderem den großartigen Sänger Hyde bei uns begrüßen. Also schaltet auch morgen - “ Ich schloss die Tür zum Schlafzimmer. Kapitel 15: Chapter 15: Raising Hell ------------------------------------ “Was? Du stehst vor der Tür? Für was?“ fragte ich verwirrt. „Sagen Sie bloß, dass sie den Termin vergessen haben, Gackt-sama.“ „Eh. Termin? Was denn?“ „Eine Talkshow. Und nun kommen Sie bitte endlich heraus, sonst kommen sie zu spät.“ „Oh Shit.“ Ich legte auf und schmiss das Telefon auf die Couch neben mir. Wie hatte ich diesen Termin nur vergessen können?? Ich hörte das vertraute Hupen. „Shit!!“, fluchte ich und flitzte in Richtung Haustür. Ich riss sie auf und eilte zu dem Wagen, der vor meinem Haus stand. Der Fahrer musste meinen gehetzten Blick bemerkt haben und musterte mich von der Seite. „Alles in Ordnung, Gackt-sama?“, wollte er besorgt wissen, als ich einstieg. Ich schenkte ihm ein beruhigendes Lächeln. „Natürlich. Fahren Sie schon los.“ „Hai." Gehorsam drückte er das Gaspedal durch. Ich sah aus dem Fenster, an dem die Häuser der meiner Straße vorbeizogen. „Sie haben schon wieder einen Termin vergessen, Gackt-sama. Stehen Sie zurzeit so unter Stress?“ „Stress? Kann schon sein.“ Ich wollte, dass er aufhörte. Ich wollte nicht über meinen Zustand reden. Nur weil ich zurzeit etwas vergesslich war, glaubten alle, ich bräuchte ihre Hilfe. Konnte ihnen doch egal sein, wenn ich unter Stress stand. Sollten sie doch erstmal beinahe jeden Tag einen jungen Mann oder eine junge Frau abschleppen. Dann würden sie sicher auch ein paar Termine vergessen. Ich verdrängte die Frage nach dem ‘warum’. Es war einfach so. Ich wollte niemandem sie Schuld für das alles geben. Obwohl ich es könnte. „Sie haben auch abgenommen, Gackt-sama.“, erklärte mir der Fahrer. Ich drehte mich zu ihm. „Ich bitte Sie: Fahren Sie mich einfach zu dem Termin, ja?“, bat ich den Mann genervt. „Oh. Gomen. Natürlich.“, stammelte er. „Arigatou.“ Ich seufzte. Der Fahrer war erst aus einer fünfmonatigen Pause nach einem Unfall gekommen. Er war schon lange mein Fahrer und ihn besorgten meine Veränderungen anscheinend. Erschöpft schloss ich meine Augen. Ich musste eingenickt sein, denn auf einmal weckte mich die Stimme des Fahrers. „Wir sind da, Gackt-sama.“ Vorsichtig berührte er mich an der Schulter. Erschrocken riss ich die Augen auf. Wir standen auf dem großen Parkplatz des Senders. „Vielen Dank fürs Fahren.“, murmelte ich automatisch und stieg aus dem Wagen. Ich lief über den Parkplatz und auf den Eingang des Gebäudes zu. Da sah ich eine der Mitarbeiterinnen, die mir entgegenkam. „Gackt-sama! Da sind Sie ja!“, rief sie erleichtert und hielt vor mir an, „Kommen Sie bitte mit mir.“ Ihr kleiner schwarzer Zopf wackelte hin und her, während sie vor mir herging. Wir betraten das Gebäude und sie erklärte mir. „Sie haben noch zwei Stunden, in denen Sie gestylt werden. Die Umkleiden sind am Ende des Ganges. Danach müssen sie dort, “ Sie deutete auf eine Tür, „durch und ins Studio.“ „Ok. Arigatou.“ Wie ich diesen Stress hasste! „Also kann ich Sie nun alleine lassen?“, erkundigte die Mitarbeiterin mit einem höflichen Lächeln. Ich nickte und ging in Richtung Umkleiden. Dort erwartete mich schon eine weitere junge Dame. Mit einem höflichen Lächeln wies sie auf einen Stuhl. „Wenn Sie bitte dort Platz nehmen würden…“ Ich setzte mich hin und ließ die Dame und ihre Assistentin machen. Doch nach etwa anderthalb Stunden hörte ich eine Stimme: „Wie lange haben wir noch?“ „Zehn Minuten.“ Ich spürte ein seltsames Gefühl, als ich diese Worte hörte. „Komm, lass mich das machen, du zitterst ja vor lauter Aufregung.“ Woher kannte ich diese Stimme? Ich schloss meine Augen und überlegte. Sie kam mir seltsam vertraut und doch so fremd vor. Und sie berührte etwas tief ihn mir, von dem ich geglaubt hatte, es nie wieder zu spüren. „Ist das in Ordnung so?“ „Ja passt so. Arigatou.“ Wieso konnte ich die Stimme nicht zuordnen? Ich wollte aufstehen und nachsehen, doch die junge Frau verpasste meinem Look gerade den letzten Schliff. Außerdem spürte ich, dass das nicht richtig war. Ein Gefühl, hielt mich davon ab, meiner Neugierde nachzugeben. Ich hatte Angst, diese Person wieder zu sehen. Warum, wusste ich nicht. Schließlich war ich fertig und verließ immer noch leicht verwirrt den Raum, nachdem ich mich bei den beiden Frauen bedankt hatte. Ich trat auf Tür zu, die in das Studio führen sollte. Wieso hatte mich diese Stimme so verstört? Nervös sah ich auf eine Uhr, die an der Wand hing. Immer noch zwei Minuten. Ich wollte mich nicht länger mit dieser Stimme beschäftigen. Bestimmt war es bloß irgendjemand gewesen, den ich schon lange nicht mehr gesehen hatte und darum schon fast vergessen hatte. Aber warum hatte ich so auf die Stimme reagiert? Endlich bewegte sich der Zeiger der Uhr. Ich seufzte erleichtert auf und öffnete die Tür. Der Moderator der Sendung, Sunao Hashiba, nickte mir kurz zu, als ich den Raum betrat. Er trug einen edlen Anzug, der seinen kleinen Bauch erfolgreich verbarg. Seine braunen Augen funkelten lebendig, während er mit einem der Mitarbeiter sprach. „Sie haben noch eine Minute.“, erinnerte uns eine Stimme aus dem hinteren Ende des Raumes. Da öffnete sich die Tür ein weiteres Mal und die beiden, die ich in den Umkleideräumen gehört hatte, traten ein. Es waren Hyde und K.A.Z. Ich schnappte nach Luft und taumelte ein paar Schritte nach hinten. Auch Hyde riss seine braunen Augen erstaunt auf und starrte mich an. Kapitel 16: Chapter 16: Love the way you lie -------------------------------------------- “Gackt?” Ich brachte kein Wort heraus und musste mich daran erinnern, wieder zu atmen. Der ganze Schmerz, den ich seit einem halben Jahr versucht hatte zu verdrängen, kam wieder auf. Und gleichzeitig ein Gedanke: ‘Wie hast du nur eine Sekunde ohne ihn leben können?’ Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als Hyde mich besorgt musterte. ‘Gar nicht. Ich habe nicht gelebt.’ „Gackt? Es geht gleich los.“ Endlich konnte ich mich wieder bewegen und ich nickte schnell. Den Schmerz verdrängte ich in die hinterste Ecke meines Bewusstseins, zusammen mit meinen Gefühlen für Hyde. Ich drehte mich um und ging hinter der Kulisse hervor zu Sunao Hashiba. Der Moderator kam mir lächelnd entgegen. „Herzlich willkommen Gackt-sama. Ich freue mich, Sie heute hier begrüßen zu dürfen.“ Ich lächelte ebenfalls. „Ich freue mich, dass ich heute hier sein darf.“ „Nehmen Sie doch schon mal platz, während ich die beiden anderen Gäste, die ich für heute ausgesucht habe, begrüße.“, bot Sunao mir an. Ich nickte und setzte mich auf die Couch. „Denn zusätzlich zu unserem Gackt habe ich noch die Gruppe VAMPS eingeladen.“ Ich wandte mich ab und sah stattdessen in das Publikum. „Hier sind Hyde und K.A.Z.“, hörte ich den Moderator rufen. ‘Du hast den Menschen jetzt ein halbes Jahr heile Welt vorgespielt. Nun gib deine Fassade nicht so einfach auf, nur weil er wieder da ist!’, schimpfte mein Verstand. Es stimmte, denn die Situation hatte sich eigentlich nicht viel geändert. Hyde war nur nun nicht mehr viele Kilometer von mir entfernt sondern nur wenige Meter. Unerreichbar war er trotzdem. Die beiden Vamps nahmen ebenfalls auf der Couch platz. Ich stierte noch immer konzentriert in das Publikum, doch die Stimme von Sunao riss mich schließlich aus meiner Starre. „Also stimmen die Gerüchte doch, was?“, fragte er grinsend. Ich blinzelte und sah den kleinen Moderator an. Hyde und K.A.Z. runzelten die Stirn. „Welche Gerüchte meinen Sie denn?“, erkundigte ich mich höflich. „Es hieß, Sie und Hyde-sama hätten sich nach Moon Child zerstritten.“, erklärte Sunao. Oh. Ich erinnerte mich. Ich hatte dieses Gerücht gestreut, um einen Vorwand zu haben, mich nicht mehr treffen zu müssen. Die Idee war aus meiner Sicht genial gewesen und Hyde hatte sich nie bei mir gemeldet und sich bei mir über diese unbedachte Reaktion beschwert. Anscheinend war er auch nie wirklich scharf darauf gewesen, mich erneut zu treffen. Ich hatte seine Motive nicht gekannt, aber ich hatte gewusst, dass es zumindest für mich besser so gewesen war. Doch nun musste ich nach dem ‘warum’ fragen. Warum hatte Hyde mich auch nicht sehen wollen? Da setzte Hyde ein strahlendes Lächeln auf, und sofort ich wusste sofort, was er nun tun würde. So wie ich am Set manchmal gewusst hatte, was er dachte, bevor er es aussprach, wusste ich jetzt, dass er lügen würde. Und er würde sich darauf verlassen, dass ich mitspielte. „Hai. Wir haben uns, bevor ich nach Hause geflogen bin, etwas in die Haare gekriegt.“, begann der kleine Sänger. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie K.A.Z. sein Bandmitglied verwirrt musterte. „Aber vor ein paar Wochen hatte ich diese Funkstille zwischen uns beiden so satt.“, log ich munter drauf los. Ich wusste genau, dass Hyde so einen Kommentar erwartet hatte. „Und er rief mich an. Nach einem langen Gespräch haben wir alles wieder geklärt.“ Ich nickte. „So war das. In den Monaten, in denen wir nicht mehr miteinander gesprochen haben, ist mir nämlich erst aufgefallen, wie wichtig Hyde mir geworden war. Also als Freund.“ Eigentlich hatte ich das nicht sagen wollen. Doch es war aus meinem Herzen, direkt in meinen Mund geflossen. Bis auf den letzten Satz, den mein Verstand noch schell dazugesetzt hatte. Schon wieder war der Rhythmus meines Herzens viel zu schnell. Als müsste es die Zeit nachholen, in der ich nur halb gelebt hatte und es nie richtig schlagen hatte dürfen. Und es nie für Hyde schlagen hatte dürfen. „Ich habe mich sehr gefreut, als Gackt sich bei mir meldete. Ich habe ihn eigentlich auch sehr vermisst.“ Auch wenn ich wusste, dass Hyde noch immer seine Geschichte erzählte, berauschten mich diese Worte. „Oh dann ist ja wieder alles gut.“ Sunao lächelte uns beide an. Wir beide nickten gleichzeitig und ich spürte, wie die Verbindung zwischen uns beiden wieder langsam verschwand. Und wie als wollte es protestieren, hörte mein Herz für einen Moment auf zu schlagen. Erschrocken schnappte ich nach Luft und krallte mich an dem Polster der Couch fest. Ich versuchte, regelmäßig zu atmen, doch meine Lungen wollten den Saustoff, den ich gierig aufsog, nicht aufnehmen. Vor meinen Augen entstanden schwarze Punkte und ich hörte ein unerträgliches Rauschen in meinen Ohren. Ich bemerkte kaum, wie ich zur Seite sank. Und als ich außer dem Rauschen noch Hydes besorgte Stimme hörte, verlor ich das Bewusstsein. Kapitel 17: Chapter 17: Confrontment (Hyde) ------------------------------------------- Langsam hielt ich das nicht mehr aus. Ich zappelte vor Nervosität. Noch immer durfte ich nicht zu ihm. Ich platzte beinahe vor Sorge. Was war überhaupt passiert? Auf einmal hatte Gackt seltsam in die Leere gestarrt und nach Luft geschnappt. Und dann war er umgekippt. Einfach so. Eine Krankenschwester hatte mir erzählt, dass die Ärzte immer noch rätselten, was da passiert war. Sie wussten nur, dass sein Herz auf einmal ganz kurz ausgesetzt hatte. Aber warum? Obwohl ich ihn so lange nicht mehr gesehen hatte, machte ich mir unglaubliche Sorgen um den jüngeren Sänger. Doch eigentlich sollte er mir ja egal sein. Ich hatte mir nach jener Nacht geschworen, ihm nie wieder zu nahe zu kommen. Nur darum hatte ich dieser Lüge um unseren Streit weiterverbreitet. Ich hatte ihn nie wieder auch nur sehen wollen. Und nun saß ich da und wartete, bis die Ärzte mich zu ihm ließen. Wie eine Frau, die sich um ihren Mann sorgte. Ich hasste mich für diese Gedanken, doch es war so. Auf einmal kamen fünf weitere in den Warteraum. Sofort waren alle Blicke auf die Neuankömmlinge gerichtet. Nicht, weil sie Neuankömmlinge waren, sondern weil es immer so war, wenn sie kamen. Ein kleiner Schwarzhaariger mit roten Strähnen, der an einem etwas größeren Blonden mit einem Nosetanga, hing. Ein Brünetter mit sehr langen Beinen und ein Schwarzhaariger mit Piercing. Und als Letzter ein niedlicher Schwarzhaariger, der ausnahmsweise mal nicht grinste. Auch ich starrte sie verwirrt an. Was machten Gazette hier? Die fünf wandten sich zum Informationsschalter und fragten die Krankenschwester etwas. Ich konnte leider nichts verstehen, da ich zu weit entfernt war. Da deutete die junge Frau auf den Gang hinter mir und dann auf mich, während sie etwas erklärte. Ich runzelte die Stirn. Wollten sie etwa auch zu Gackt? Gazette kamen auf mich zu. Ich bemerkte, dass die fünf mich die ganze Zeit ansahen. Aber ich konnte ihre Blicke nicht deuten. War es Mitleid? Neugier? Hass? Als sie bei mir ankamen, trat Ruki aus etwas vor. „Konichi wa. Können wir uns zu Ihnen setzen, Hyde-san?“, fragte er. Ich sah zu den fünf freien Stühlen, die um den Tisch standen, an dem ich saß. Dann nickte ich. „Hai. Setzt euch ruhig.“ Der Schwarz-Rothaarige setzte sich neben mich. „Ich denke, wir müssen uns nicht mehr vorstellen, oder?“ Sein Lächeln sah irgendwie erzwungen aus. „Nein, Ruki-san.“, erwiderte ich höflich. Noch immer spürte ich die Blicke der anderen vier auf mir. Sie machten mich noch nervöser, als ich bis jetzt gewesen war. Was wollten sie von mir? Der Blick des Brünetten, Uruha, war am intensivsten. Seine braunen Augen waren konzentriert auf mich gerichtet. Was wollte er? Ich starrte einen Moment zurück, doch bald gab ich auf und senkte meinen Blick. Nervös kaute ich an meiner Unterlippe herum. Die Ankunft von Gazette hatte meine Sorge um Gackt nicht gemildert. Ich wollte endlich sehen, wie es ihm nun ging. „Sorgst du dich um Gac-chan?“, fragte Kai mich. Ich schloss, dass die fünf den Sänger ziemlich gut kannten. Woher wohl? „Hai.“, brachte ich hervor. Ich konnte sehen, wie Uruhas Gesichtsausdruck sich ein wenig änderte. Nun lag auch eindeutig Verachtung in seinem Blick. Erschüttert begann ich mich zu fragen, was ich dem Gitarristen getan hatte. „Es muss ein ziemlich großer Schock gewesen sein, als er da plötzlich umkippte, oder?“, fuhr Kai fort. Er schien der einzige zu sein, der an einer Unterhaltung interessiert schien. Auch wenn er mich ebenfalls etwas seltsam ansah. „Hai.“ Da sprang Uruha auf. „Ich geh mal schnell auf raus. Brauche frische Luft.“, murmelte er. Aoi, der sich bis jetzt keinen Zentimeter bewegt hatte, sah den Brünetten drohend an, doch dann erhob er sich ebenfalls. Schweigend verließen die beiden den Raum wieder. Und mir kam das bedrückende Gefühl, dass Uruha wegen mir gegangen war. Für ein paar Sekunden war die Angst um Gackt verdrängt. ‘Was habe ich ihm und den anderen nur getan?’ Ich beobachtete Ruki aus dem Augenwinkel. Er hielt unter dem Tisch Händchen mit Reita. Auch den beiden schien meine Nähe unangenehm. Nur Kai schenkte mir ein kurzes Lächeln, als ich ihn ansah. → währenddessen draußen: „Ie! Ich halte es mit diesem falschen Schwein keine Sekunde länger mehr aus!“, brüllte der Brünette. Aoi versuchte gar nicht erst, seinen Liebsten zu stoppen, denn diese Worte hatte der Leadgitarrist schon seit Gackts Unfall auf der Zunge. „Er heuchelt doch nur Sorge und Mitleid wegen den Fans! Gackt ist ihm völlig egal! Und, ich bin mir sicher, dass Gackt nur wegen ihm so irre geworden ist!“, schloss Uruha atemlos. Vorsichtig nahm der sonst so fröhliche Gitarrist seinen Uruha in die Arme. „Ich weiß, ich weiß. Aber wir können da wenig tun...“ Doch der Schwarzhaarige wusste auch nicht, ob sein Freund da nicht etwas übertrieb. Was, wenn...? „Das ist so gemein! Wieso ist Gackt nur in diesen Arsch verknallt, der ihn nicht mal mit dem Hintern angucken würde, wenn er es nicht müsste?“, heulte der Brünette und zog Aoi fester an sich. → wieder Hydes Sicht: Verwirrt starrte ich die beiden Männer an, die da eng umschlungen vor dem Krankenhaus standen. Ich hatte es nicht mehr ausgehalten, und war den beiden gefolgt. ‘Was ist da los?’ Mich irritierte nicht die Tatsache, dass die beiden anscheinend ein Pärchen waren. Sondern, dass die beiden ziemlich fertig aussahen. Uruhas Schminke war von einigen Tränen zerstört worden und auch Aoi sah nicht unbedingt glücklich aus. Machten die beiden sich solche Sorgen um Gackt? Da öffnete Uruha seine Augen wieder und sah direkt in meine. Sofort lag wieder dieser Hass in seinem Blick. Ertappt senkte ich meinen Blick und wollte wieder zurückgehen, doch auf einmal lag Uruhas Hand auf meiner Schulter. „Du.“, knurrte er, „Du hast ihn so kaputt gemacht!“ Mit diesen Worten verpasste er mir eine Ohrfeige, die ich dem schmächtigen Gitarristen nie zugetraut hätte. Ich zuckte vor Schmerz zusammen, als seine Hand auf mein Gesicht klatschte. Doch ich war mir keiner Schuld bewusst. Wen sollte ich kaputt gemacht haben? „Was - ?“, begann ich, doch Uruha ließ mich nicht ausreden. „Halt die Klappe, du mieses Schwein. Du weißt ganz genau, was du Gackt angetan hast!“ Was? Ich hatte Gackt etwas angetan? „Das glaube ich nicht. Er macht es nicht mit Absicht.“, hörte ich Kai sagen, der plötzlich neben mir stand. „Das sagst du nur, weil du ihn nicht an diesem Abend gesehen hast!“, schrie Uruha den Drummer an. Noch immer lag dieser unglaubliche Hass in seinen Augen. Ich schwieg verwirrt und ließ mich von Kai verteidigen. Welcher Abend? Wie war er denn damals? Und wieso sollte es meine Schuld sein? „Aber du weißt auch nicht, wie die beiden sind, wenn die zusammen sind. Kann doch gut sein, dass sich Gac-chan nie was anmerken hat lassen.“, setzte sich Kai für mich ein. Und obwohl ich kein Wort verstand, empfand ich große Dankbarkeit für den Sonnenschein-Drummer, als er diese Worte aussprach. Uruha wollte schon wieder zu einer Antwort ansetzten, da erklang ein schüchternes Räuspern. „Ähm. Ich will euch eigentlich nicht stören, aber Sie können Gackt-sama nun sehen.“, erklärte uns die zierliche Krankenschwester leise. Kapitel 18: Chapter 18: I need to know (Hyde) --------------------------------------------- Nervös standen die fünf Gazettos und ich vor dem Zimmer, in dem Gackt lag. Noch immer konnte ich diesen brodelnden Hass spüren, der von allen Bandmembern ausging, außer von Kai. Ich hatte noch immer nicht verstanden, was die vier mir anhängen wollten. Traurig ballte ich meine Hände zu Fäusten. Ich könnte Gackt nie verletzen, auch wenn ich es wollte. Niemals. Also warum beschuldigten die anderen mich? Da kam endlich ein größerer Mann in einem weißen Kittel aus der Tür. Als er uns alle sah runzelte er neugierig die Stirn. „Er ist noch nicht zu Bewusstsein gekommen, aber er ist außer Gefahr. Er wird es überleben.“ Mit diesen Worten ließ er uns alleine und ging in das Nebenzimmer. Ich sah mit gemischten Gefühlen zu den fünf. Sofort schenkte mir Uruha einen giftigen Blick und Reita, Ruki und Aoi sahen demonstrativ an die gegenüberliegende Wand. „Wie lange wollt ihr noch rumstehen? Also ich gehe jetzt rein.“, erklärte Kai genervt. Ich folgte ihm sofort und auch die vier anderen Bandmember traten in das kleine Zimmer. Gackt lag mit geschlossenen Augen auf dem Bett. Ich musterte ihn besorgt. Mir war schon während der Talkshow aufgefallen, dass der Sänger sich verändert hatte. Nur hatte ich nicht bestimmen können, wie er sich verändert hatte. Jetzt, wo er bewusstlos in diesem Bett lag, konnte ich es genau sehen. Ich konnte seine Erschöpfung beinahe spüren. Der Arm, an dem eine Infusion hing, sah viel schmaler aus, als ich ihn in Erinnerung hatte. Seine Wangeknochen traten weit hervor und er hatte starke Augenringe, die er anscheinend immer mit viel Schminke verdecken hatte müssen. Jetzt wusste ich, was Uruha mit ‘kaputt’ gemeint hatte. „Oh mein Gott.“, murmelte ich. „Hai. Und es ist alles deine Schuld!“, fauchte Uruha. „Uruha! Jetzt ist aber Schluss!“, zischte Kai, „Wir haben jetzt genug von deinen Anschuldigungen gehört! Du siehst doch, wie mitgenommen Hyde aussieht!“ „Pah! Wir wissen doch alle, wie gut er schauspielern kann.“, schnaubte Reita. „Reita!“ Kai funkelte den Bassisten böse an. Ich sah hilflos zwischen den Streitenden hin und her. Und noch immer verstand ich nichts. Ich wusste nur, dass die Sache geklärt werden sollte. Ich musste wissen, was ich Gackt angetan haben sollte. „Könntet ihr mir bitte erklären, was ihr mir anhängen wollt?“, fragte ich vorsichtig. Uruha starrte mich wütend an. „Hör doch endlich auf, den Unschuldigen zu spielen!“ „Er spielt nicht den Unschuldigen, Uru.“, mischte sich Ruki auf einmal wieder ein. Dann sah er mich an. Auch die anderen wandten sich wieder mir zu. „Du hast wirklich keine Ahnung, von dem, was wir dir die ganze Zeit an den Kopf werfen, oder? Er hat es dir nie gesagt.“ Ruki klang bedrückt, als er diese Worte aussprach. Ich schüttelte langsam den Kopf. „Nein. Ich wüsste nicht, was ich ihm getan haben soll.“ „Und das glaubt ihr ihm jetzt einfach?“ Uruha war rasend vor Wut. Ich traute mich nicht, dem Gitarristen zu widersprechen. Da schüttelte Aoi den Kopf und sah mich zum ersten Mal an diesem Tag direkt an. „Hyde-san. Hat Gackt dir jemals seine Gefühle zu dir gestanden?“ „Seine – seine Gefühle?“ Mit diesen Worten hatte der Schwarzhaarige nun völlig durcheinander gebracht. Was sollte Gackt für mich empfinden? „Hai. Er liebt dich, Hyde.“, flüsterte Aoi. „Und diese Liebe zu dir hat ihn zerstört.“, murmelte Ruki bedauernd. Atemlos ließ ich mich auf einen Stuhl fallen, der zum Glück in meiner Nähe stand. Kai war sofort bei mir und legte mir seine Hand auf die Schulter. „Ich sagte doch, er wusste es nicht.“ Meine Gedanken überschlugen sich. Er hatte mich die ganze Zeit über geliebt, und ich hatte es nicht bemerkt. Nun hatten alle seine Berührungen eine völlig andere Bedeutung. Was er dabei wohl gedacht hatte? Ob er jedes Mal schmerzlich daran erinnert wurde, dass ich verheiratet war? Und als er mich in dieser Nacht geküsst hatte... Nur bei der Erinnerung daran, begannen meine Lippen wieder zu kribbeln. Er war so leidenschaftlich und doch so vorsichtig gewesen. Weil er mich liebte. Traurig sah ich zu dem Bett, in dem er lag. Es war also doch alles meine Schuld. Plötzlich riss mich ein Vibrieren in meiner Hosentasche aus den Gedanken. Erschrocken zog ich mein Handy heraus und sah auf das Display. Es war Megumi. In mir zog sich alles zusammen. Lange starrte ich auf das surrende Handy, bis es auf einmal verstummte und kurz darauf eine Meldung über den versäumten Anruf folgte. „Wer war es?“, erkundigte Ruki sich. „Meine Frau.“ Ich sah, wie Uruha sich verkrampfte, als er diese Worte hörte. Langsam stieg eine Wut auf den Brünetten in mir hoch. Was konnte ich denn dafür, dass sich Gackt in mich verliebte? Was konnte ich dafür, dass er es mir nie gesagt hatte, und es ihn so fertig gemacht hatte? Und was konnte ich dafür, dass ich diese Gefühle nicht erwidern konnte, weil ich eine Frau hatte, die ich liebte? Ich konnte mich doch nicht völlig ändern, nur weil ein Mann in mich verliebt war! Auch wenn ich diesen Mann mochte. Wirklich mochte. Aber auch nicht mehr. Da war ich mir sicher. Ich liebte nur Megumi. Da kamen auf einmal wieder die Erinnerungen an jene Nacht. So wie an jener Nacht hatte ich noch nie gefühlt, auch wenn ich damals betrunken gewesen war. Sonst hätte ich diese Dummheiten auch nie begangen. Aber genau die Erinnerungen an diese Dummheiten lösten Zweifel in mir aus. Was, wenn meine Gefühle für Gackt mehr wären als Freundschaft? Was, wenn es Liebe wäre? Ich stand auf und verließ das Zimmer. Kapitel 19: Chapter 19 (final): Secret in my heart -------------------------------------------------- „Meine Frau.“ Wem gehörte diese Stimme? Krampfhaft versuchte ich mich an die Person zu erinnern, der diese traumhafte Stimme gehörte. Ich wollte meine Augen öffnen, aber ich war zu müde. Ein weiteres Mal schlief ich ein. Ich blinzelte und schlug die Augen auf. Sofort erkannte ich die fünf Gestalten, die in dem Zimmer waren. Die fünf Gazettos, Ruki, Reita, Uruha, Aoi und Kai hatten also beschlossen, mich zu besuchen. Wie nett von ihnen. Sie hatten mich schon lange nicht mehr besucht. Gab es etwas zu feiern? Hatte ich schon wieder etwas vergessen? Aber warum standen sie dann um mein Bett herum? Wie waren sie überhaupt reingekommen? Aber nun fiel mir auch auf, dass derjenige, der vorher gesprochen hatte, fehlte. Endlich erinnerte ich mich, wer er war. Hyde. Und da kamen die Erinnerungen an die letzten Stunden wieder auf. Die Talkshow. Die Lügengeschichte. Dieses Gefühl der Vertrautheit. Und die Rebellion meines liebeskranken Herzens. Ich war nicht zu Hause. Ich war in einem Krankenhaus. Vorsichtig hielt ich die Hand, an der keine Infusion angeschlossen war an meine Brust. Mein Herz schlug wieder regelmäßig. Etwas schneller als sonst, aber wieder regelmäßig. „Gac-chan?“ Uruhas Stimme klang gleichzeitig erleichtert und besorgt. Ich sah in seine hübschen braunen Augen. „Wie geht es dir?“, fragte Kai leise. Innerhalb weniger Sekunden hatten sich alle fünf Bandmember um mein Bett versammelt. Die Anwesenheit der fünf zauberte mir ein glückliches Lächeln auf das Gesicht. „Mir geht es gut. Bis auf den Schlauch in meinem Arm zumindest.“, witzelte ich. „Wir haben uns wirklich Sorgen um dich gemacht.“, erklärte Ruki mir vorwurfsvoll. „Hai. Wir dachten schon: So, jetzt ist`s aus mit unsrem Gac-chan.“, seufzte Aoi. Kopfschüttelnd musterte ich die fünf. „So schlimm war es doch jetzt auch nicht.“ Da änderte sich der Ausdruck in den Augen der Bandmember und Reita sprach aus, was die anderen dachten: „Wir machen uns schon seit einem halben Jahr Sorgen um dich, Gackt. Ehrlich gesagt, habe ich schon viel früher damit gerechnet, dich im Krankenhaus besuchen zu müssen. Oder am Grab.“ Bei diesen Worten zuckte ich erschrocken zusammen. „Bitte versprich mir, dass du damit aufhörst, Gackt.“, flehte Uruha leise. Missmutig starrte ich auf meine Hände. Ich wusste genau, was der Gitarrist meinte. „Ich – ich kann nicht damit aufhören, Ruha. Es ist der einzige Weg, mit dem ganzen umzugehen. Sonst überleb ich es nicht.“ „Das glaube ich nicht. Ich habe doch auch einen Weg raus gefunden.“ Uruha hatte Tränen in den Augen. „Und außerdem überlebst du so auch nicht mehr lange.“, erklärte mir Reita ruhig. „Ich kann aber nicht. Dann lebe ich halt nur halb. Oder gar nicht.“, widersprach ich. Dieser Gedanke war mir schon vor ein paar Wochen gekommen, als ich mal wieder ein paar Tage kaum etwas getrunken oder gegessen hatte und darum zusammengebrochen war. Blitzartig ging die Tür auf und Hyde kam herein. „Sag so etwas nie wieder, Gackt.“, sagte Hyde laut, während er zu mir ans Bett trat. „Bitte. Sag nie wieder, dass du nicht mehr leben willst, Gackt.“ Warum lag soviel Schmerz in seiner Stimme, während er mich das bat? Ich schwieg und sah den älteren Sänger an. Waren das Tränen in seinen Augen? „Du kannst nicht so einfach sterben, Gackt. Das geht nicht. Viele Menschen würden dich vermissen.“, sprach er weiter. Einfach sterben. Ich wäre beinahe einfach gestorben. „Würdest du mich auch vermissen?“, flüsterte ich. Ich musste es einfach fragen. Auch wenn es nicht viel ändern würde. Hyde nickte. „Hai. Ich würde dich sehr vermissen. Weil ich dich liebe, Gackt.“ Mein Herz drohte zum zweiten Mal an diesem Tag stehen zu bleiben. Das wiederum änderte sehr viel. „Sag es noch mal, Hyde.“, befahl Uruha. „Ich liebe dich Gackt.“ Der Sänger kniete sich neben das Bett und nahm meine Hand. ‘Moment!’ Mein Verstand ratterte, während ich Hyde anstarrte. Das konnte nicht war sein. Bestimmt hatten die Ärzte mir irgendwelche Mittel gegeben, und nun halluzinierte ich. Hyde würde mir nie seine Liebe gestehen. Ich entzog meine Hand seiner und versuchte, meine Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen. Hyde seufzte. „Es tut mir so leid, dass du dass alles durchmachen musstest. Ich hätte es dir schon vor einem halben Jahr sagen sollen. Aber ich habe es einfach verdrängt, weißt du? Es war so verwirrend. Ich habe immer geglaubt, es würde vorbeigehen, aber ich habe deine Berührungen nie vergessen können.“ Wütend schüttelte ich den Kopf. „Nein! Hör auf! Ich träume doch nur. Und wenn ich in ein paar Stunden aufwache, bin ich ganz alleine in diesem kalten Krankenhauszimmer und du bist bei deiner Frau!“ Ich merkte, wie einige Tränen meine Augen verließen. „Gackt.“, begann Ruki vorsichtig, doch ich unterbrach ihn. „Nein! Lasst mich alle in Ruhe! Ich will aufwachen.“ Oder wollte ich überhaupt wieder aufwachen? Wie war das noch mal mit dem ‘einfach sterben’? Wie schon vor ein paar Minuten erschien mir diese Möglichkeit gar nicht mehr so abwegig. Ich hatte ein halbes Jahr nur halb gelebt, weil ich gehofft hatte, irgendwann würde sich etwas ändern, und nichts war passiert. Und nun halluzinierte ich sogar. „Bitte Gackt. Du träumst nicht. Glaube uns halt.“ Kai klang beunruhigt. Sah er diese immer kleiner werdende Lebenslust in meinen Augen? „Hyde, küss ihn.“, forderte Uruha emotionslos. Ich wollte protestieren, doch da lagen schon die Lippen des Sängers auf meinen. Und in diesem Moment realisierte ich, dass es kein Traum war. Ich schlang meine dünnen Arme um den Sänger und zog ihn noch näher zu mir. Überglücklich erwiderte ich seinen vorsichtigen Kuss. Es war anders als in jener Nacht, denn heute wusste ich, dass Hyde mich küsste, weil er es wollte und nicht, weil er nur betrunken war. Als wir uns wieder voneinander lösten, sah Hyde mich schuldbewusst an. „Gomen, Gackt. Ich war blind und dumm, dass ich nicht vorher verstanden habe, was ich für dich empfinde.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)