Frances von elfogadunk ================================================================================ Kapitel 5: Isabella ------------------- Die warme Gischt umspülte Frances’ Körper und holte sie nach und nach aus ihrer Bewusstlosigkeit zurück. Mühsam öffnete sie die Augen und stellte fest, dass sie bäuchlings im Sand lag. Die heiße Karibiksonne schien unbeeindruckt vom strahlend blauen Himmel auf sie herab, während sie sich unter einiger Anstrengung auf den Rücken drehte. Sie schloss die Augen wieder und atmete schwer. In ihrem Kopf dröhnte es, jeder Muskel ihres Körpers schmerzte und ihre Haut brannte. Mühevoll richtete sie sich auf und starrte auf den türkisfarbenen Ozean, der sich scheinbar unendlich groß vor ihr erstreckte. Nirgendwo war ein Schiff zu sehen und so begriff sie langsam, dass Captain McNally tatsächlich keinen Scherz gemacht und sie eiskalt ausgesetzt hatte. Frances spürte, wie erneut unbändige Wut in ihr aufstieg. Sie wollte ihren Ärger herausschreien, doch ihrer staubtrockenen Kehle entwich lediglich ein heiseres Krächzen. Dieser Umstand machte ihr bewusst, dass sie aus der prallen Sonne heraus und sich schnellstmöglich etwas zu trinken suchen musste. Sie drehte sich also um, um aufzustehen, hielt jedoch überrascht in ihrer Bewegung inne, als sie sah, dass nur wenige Meter entfernt von ihr eine junge Frau im Sand saß und sie beobachtete. Frances bemerkte sofort, dass sie außerordentlich hübsch war. Ihre ausladenden Kieferknochen gaben ihrem Gesicht ein markantes Aussehen, während ihre vollen Lippen und ihre großen, fast schwarzen Augen eine sinnliche Wirkung hatten, die durch ihre locker hochgesteckten schwarzen Locken noch unterstützt wurde. Ihre mokkafarbene Haut hob sich deutlich vom weißen Sand ab. Die beiden Frauen starrten sich einige Augenblicke schweigend an bis die Fremde etwas auf einer Sprache sagte, die Frances zwar als Spanisch identifizieren jedoch nicht verstehen konnte. Ratlos schüttelte sie also mit dem Kopf. „Wie ist dein Name?“, wiederholte die Frau nun verständlich, aber mit starkem spanischem Akzent, während sie Frances mit hochgezogener Augenbraue musterte. Als sie als Antwort nur ein weiteres Krächzen bekam, warf sie Frances einen Lederbeutel mit Wasser zu und forderte sie auf, davon zu trinken. Ohne Zögern leerte Frances gierig den Beutel und gab ihn anschließend dankend zurück. „Also, wie ist dein Name?“, wiederholte die Fremde ihre Frage erneut. „Äh... Frances Graham. Ich... ich wurde letzte Nacht von einem Piratenschiff über Bord geworfen und...“, wollte Frances erklären, doch sie wurde jäh unterbrochen. „McNally! Nicht schon wieder! Dieser Mistkerl kann es einfach nicht lassen!“, brauste die junge Frau auf. Ein paar spanische Schimpfwörter folgten, bevor sie an Frances gerichtet fortfuhr: „Dieser undankbare Sohn einer stinkenden Bilgratte lädt bei mir ständig seine unerwünschte Fracht ab und lässt es mich dann ausbaden.“ Erneut eine Tirade spanischer Schimpfwörter. „Mein Name ist Isabella. Du musst endlich aus der Sonne raus. Komm mit.“ Damit griff sie nach Frances’ Hand, half ihr auf und zog sie hinter sich her vom Strand weg hinein in den dahinter liegenden Palmenwald. **** Als Frances wieder zu sich kam, fand sie sich auf einer Bambuspritsche liegend in einer abgedunkelten Hütte wieder. Über die unbekannte Umgebung erschrocken, setzte sie sich ruckartig auf, sank aber sofort wieder zurück, als ihr ob der plötzlichen Bewegung ein heftiger Schmerz durch den Kopf pochte und ihr schwarz vor Augen wurde. „Bist du wieder wach?“, hörte sie Isabella mit ihrem prägnanten spanischen Akzent fragen. „... Was... ist passiert?“, wollte Frances wissen, während Isabella sich neben die Pritsche auf einen Schemel setzte und ihr einen Becher mit Wasser reichte. „Hier, trink das. Auf dem Weg hierher bist du ohnmächtig geworden. Wenn du nicht so leicht wärst, hätte ich dich liegen lassen.“ Frances nickte daraufhin ob dieser unerwarteten Offenheit nur irritiert und trank von ihrem Wasser. „Und wie geht es dir jetzt? Hast du Hunger?“, erkundigte sich Isabella, woraufhin Frances versicherte, dass es ihr besser ging und sie tatsächlich etwas zu essen vertragen konnte. „Dann komm.“, forderte Isabella sie auf, ging zur Tür und bedeutete Frances mit einem Kopfnicken, ihr zu folgen. Als Frances nach draußen trat, bemerkte sie, dass die Sonne bereits hinter den hohen Wipfeln der umliegenden Bäume verschwunden war und nur noch wenige goldene Lichtstrahlen ihren Weg durch das dichte Blattwerk fanden. „Komm, hier entlang.“, forderte Isabella und betrat den breiten Weg, der zwischen den Bäumen hindurch von der Hütte weg führte. Als die beiden Frauen nach einem kurzen Fußmarsch ihr Ziel erreichten, staunte Frances ob des Anblicks, der sich ihr bot, nicht schlecht. Sie befanden sich am Rande einer großen Lichtung, auf der gut zwanzig Holzhütten standen und eine Art kleines Dorf bildeten. Sie waren kreisförmig in mehreren Reihen aufgebaut und bildeten in der Mitte so etwas wie einen Dorfplatz. Isabella schenkte Frances’ Verwunderung jedoch keine Beachtung und lief weiter bis sie endlich bei einer der Hütten zum Stehen kam und eintrat. Mechanisch folgte Frances ihr und setzte sich auf eine am Boden liegende Decke, die Isabella ihr als Sitzplatz anbot. Kaum hatte sie Platz genommen, stand auch schon ein Teller mit Brot und gebratenem Fleisch vor ihr. Ungläubig starrte sie das köstlich duftende Essen an, das ihr mit ihrem knurrenden Magen wie ein wahres Festmahl vorkam. „Na los, iss schon. Es ist zwar schon kalt, da das die Reste meines Mittagessens sind, doch...“ Isabella sprach nicht weiter, sondern lachte auf, als sie sah, dass Frances sich bereits gierig über das Essen hermachte und ihr schon gar nicht mehr zuhörte. Während sie Brot und Fleisch in großen Stücken hinunterschlang, schaute Frances sich in der kleinen Hütte um. Sie war mit einem Bett, mehreren Schränken, einem Tisch ohne Stühle und einem Steinofen mehr als vollgestellt, wirkte aber dennoch sehr gemütlich. „Also, Liebes, jetzt erzähl: Was in Teufels Namen hast du auf McNallys Schiff zu suchen gehabt?“, forderte Isabella schließlich zu wissen, woraufhin Frances ihren mittlerweile leeren Teller zur Seite stellte und ihre Geschichte erzählte. **** „Liebes. Bist du noch bei Sinnen?“, erkundigte sich Isabella voller Sorge, nachdem Frances geendet hatte. „Hast du allen Ernstes geglaubt, dass du mit deinem kleinen hübschen Plan durchkommen würdest? Du kannst froh sein, dass es so lange gut gegangen ist und du noch am Leben bist.“ „Wa...? Wieso...?“, wandte Frances irritiert ein, doch Isabella unterbrach sie mit einer ausladenden Geste. „Ich will dir nicht deine Illusionen nehmen, Liebes, aber als Frau hast du in dieser Welt nichts zu melden, wenn du nicht gerade eine Waffe hast und sie auf die Weichteile eines Mannes richtest. Außerdem bist du viel zu vertrauensselig. Ich meine, du hast nicht einmal daran gedacht, dass ich dir etwas Böses wollen könnte, nicht wahr? Seit wir uns begegnet sind, hatte ich mindestens zehn Gelegenheiten, dich zu töten.“ Frances riss ob dieser Feststellung entsetzt die Augen auf, kam jedoch nicht dazu, etwas zu erwidern, da Isabella unbeirrt fortfuhr: „Und das meinte McNally wohl damit, dass du keine Herausforderung bist. Du bist so einfach zu täuschen und...“ „Das gibt ihm jedoch längst nicht das Recht, mich über Bord zu werfen!“, brauste Frances plötzlich auf. „Ich gebe zu, dass ich möglicherweise zu blauäugig war, doch deswegen mein Leben auf Messers Schneide zu legen, ist unverzeihlich und wenn ich diesen Menschen jemals wieder sehen sollte, wird er sein Verhalten bitter bereuen!“ Isabellas Blick wurde bei Frances’ entschiedenen Worten plötzlich nachdenklich. „Bist du dir sicher?“, hakte sie nach und musterte sie aufmerksam. „Natürlich! Ich werde ihm nie verzeihen können, dass er mich so schändlich und mit solcher Arroganz behandelt hat.“, erwiderte Frances bestimmt. Ein verschwörerisches Lächeln erschien daraufhin auf Isabellas hübschen Lippen. „Wenn das so ist, gibt es da jemanden, den ich dir vorstellen möchte...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)