Ein philosophisch-moralisches Paradoxon von abgemeldet (oder wieviele Züge braucht man, um Seto Kaibas Herz zu gewinnen?) ================================================================================ Kapitel 8: Ablenkung -------------------- Puh, mir ist gerade ganz schön seltsam zumute. Irgendwie bin ich immer noch nicht ganz wieder bei mir. Naja, es ist ja auch alles irgendwie anders gelaufen als ich geplant hatte. Diesen Ausdruck habe ich wirklich noch nie auf deinem Gesicht gesehen. Das hat mich echt hart getroffen. Echt jetzt. Das ist sogar noch verstörender als mir meine Gefühle für dich einzugestehen. Ich meine, du und Panik! Das passt einfach nicht. Das ist... nein, so etwas erschien mir immer undenkbar. Gott, ich habe dich in so vielen Situationen erlebt: Beim Triumph, bei einer Niederlage... traurig, wütend, verzweifelt... Eigentlich die volle Palette, wenn man so will, aber dich je ängstlich zu erleben, nein. Ich dachte echt, dass du diese Regung gar nicht kennst. Wenn ich daran denke, wie du dich Pegasus gestellt hast oder bereit warst dein Leben in die Hände des Pharaos zu legen... selbst beim Zusammentreffen mit Marik hattest du keinerlei Angst. Und jetzt... jetzt verstört dich eine einzige Berührung von mir. Weißt du, sie war wirklich nicht geplant. Es war ein Versehen. Zugegeben, ich hatte den Wunsch dich zu küssen, ja, ich hatte es mir auch vorgenommen, aber dieser Moment war nicht einkalkuliert und ich hätte auch nie gedacht, dass dich dergleichen so verstören könnte. Ich sehe dich immer noch vollkommen erstarrt vor mir stehen. Deine Augen... Mann, dieser Blick jagte mir einen Schauder über den Rücken - allerdings keinen wohligen. Ich hatte in dem Moment auch Angst und ich war fassungslos. Fassungslos, weil es plötzlich Klick in meinem Kopf machte und eine Vermutung, die ich zuvor nicht gewagt hatte auch nur zu denken, plötzlich Gewissheit wurde. Mit einem Mal ergab alles Sinn. Zumindest soweit so was Sinn ergeben kann. Und glaub mir, ich hätte es gerne ungeschehen gemacht. Wenn ich vorher auch nur eine Ahnung gehabt hätte, ich wäre nie so vorgegangen. Selbst jetzt würde ich es gerne ungeschehen machen und könnte ich die Zeit zurückdrehen... Das geht leider nicht. Aber wer weiß. Vielleicht hat es auch sein Gutes. Ich meine, jetzt verstehe ich dich wenigstens wirklich. Ich muss nicht mehr spekulieren. Ich weiß nicht ob du mein "Tut mir leid" in dem Moment realisiert hast. Wahrscheinlich konnten die drei Worte in diesem Augenblick ohnehin nichts wieder gut machen. Ich hatte echt Angst, dass du umkippst. Du musst mir glauben, ich wollte keineswegs, dass das passiert. Wie hätte ich auch wissen sollen, dass... Natürlich macht das jetzt alles etwas komplizierter. Ich mag einen Vorteil gewonnen haben, weil ich nun weiß oder zumindest eine genauere Vorstellung habe, was mit dir los ist, aber es hat mich auch ein wenig zurück geworfen. Immerhin wird es nach heute Nachmittag noch schwerer für mich sein an dich heran zukommen. Jetzt, wo du dir mir gegenüber diese Blöße gegeben hast, wirst du sicherlich dein Möglichstes tun, um mir aus dem Weg zu gehen. Ich wette, dass du morgen nicht zur Schule kommen wirst. Du wirst dich in die Arbeit stürzen, verdrängen und mich erst einmal ignorieren. In gewisser Weise kann ich das auch verstehen. Ich meine, ausgerechnet vor deinem so genannten Erzfeind mussten dir deine Masken fallen und das auch noch scheinbar aus heiterem Himmel. Und du weißt nicht einmal, warum ich heute bei dir war. Wie ich dich kenne, wirst du denken, dass ich dir auf die Nerven gehen wollte oder sonst einen perfiden Plan ausgeheckt habe, um dich fertig zu machen. Wie solltest du dir auch vorstellen könnten, dass mir etwas an dir liegt und ich deshalb bei dir war? Verflucht! Hätte ich nur geahnt, dass so etwas passieren könnte! Dass eine einzige Berührung solch eine Wirkung auf dich hat. Es hat doch wirklich eine traurige Ironie, dass eine kleine Sache, die mein Blut zum kochen zu bringen vermag, dich in einen Abgrund stürzt. Mokuba hatte wirklich Recht. Dein Stiefvater hat etwas in dir getötet und nun weiß ich auch was. Allerdings habe ich noch keine Ahnung wie ich nun damit umgehen soll. Ich weiß nur, dass ich bald möglich etwas unternehmen muss. Bevor du noch irgendeinen Unsinn machst. Nicht, dass ich denken würde, du tust dir was an. Oh nein, der Typ bist du nicht. Du würdest nie dein Leben wegwerfen. Alleine schon wegen Mokuba und aus purem Trotz. Beides hält dich aufrecht und wird es auch weiterhin tun, weil du weißt, dass du funktionieren musst - für deinen Bruder und auch um dir etwas zu beweisen. Das ist es doch, oder? Niederlagen liegen dir nicht. Wie hast du damals gesagt? "Schmerz ist der Stachel der Niederlage. ...Ich habe ihn schon zu lange gespürt." Nein, ein Seto Kaiba gibt nicht auf. Nicht nach allem was du erreicht hast. Du wirst erst aufgeben, wenn du eines Tages umfällst und dein Herz aufhört zu schlagen. Wobei einige Leute jetzt schon vermuten, dass es nicht schlägt. Echt! Es gibt Personen, die denken du wärst ein Untoter oder so. Oder du hättest deine Seele verkauft, um an all den Reichtum zu gelangen. Hm. In gewisser Weise hast du das tatsächlich, fällt mir gerade auf. Ja, ich glaube, echt man kann es so ausdrücken. Du hast zwar sicher keinen faust´schen Pakt geschlossen, aber im Grunde ist doch so was ähnliches passiert, nicht wahr? Weißt du, der Pharao hat mal gesagt, dass die Unschuld das Kostbarste ist, was ein Mensch hat. Und wenn man seine Unschuld verlieren würde, dann würde man auch seine Seele verlieren und somit auch sein Herz. Das ist es was dir passiert ist, nicht wahr, Kaiba? Und du hasst dich dafür. Ich frage mich, ob ich mit Mokuba darüber reden sollte. Ich weiß ja, dass er diverse Vermutungen hat, aber naja... kann ich so was mit einem Kind besprechen, gleichgültig wie erwachsen der Kleine auch erscheinen mag? Fuck, das ist jetzt echt schwer. Ich muss echt gut darüber nachdenken. Vielleicht sollte ich auch mal mit einem der anderen reden. Also so wertneutral... ohne Namen und Hintergründe zu nennen. Einfach mal um... Das ist natürlich Quatsch. Erstens würden sie mich mit Fragen löchern und zweitens würdest du mich töten, wenn du das je erfahren würdest, was ganz sicher passieren würde. Einerseits würde es den andern sicher auch klar machen, dass du eigentlich... Mann, Mann... Bislang war ich so rational unterwegs bei dieser Sache. Echt. Ich bin so vorgegangen wie du es getan hättest. Zumindest hab ich mir das so vorgestellt. Also sollte ich auch jetzt rational bleiben und nicht den Kopf verlieren nur, weil gerade etwas vom Plan abgewichen ist, oder? Das Ziel ist immer noch das Gleiche. Die Ausgangslage hat sich etwas verändert. Ich denke, augenblicklich ist es das Wichtigste, dir klar zu machen, dass ich dich weder verarschen will, noch stressen noch sonst was, dass du dir sicher gerade in deinem ansonsten so klugen Köpfchen ausmalst. Ich bin sicher, dass es bei dir gerade mörderisch rattert. Du wirst dich selbst verfluchen, dass dir das passiert ist. Tja, normalerweise würde ich dir sagen, dass das alles gar nicht so wild ist. Im Gegenteil. Dass ich es trotz aller Überraschung schön fand, dich einmal so... menschlich zu erleben. Dass es meinem Herz einen Stich versetzt hat, Entsetzen und dann die Spur von Tränen in deinen schönen Augen zu sehen und dass ich fast gestorben wäre vor Glück als du mir fast hilflos in die Arme gesunken bist. So gesehen wäre das echt schon fast unser erster gemeinsamer romantischer Moment gewesen. Bedauerlicherweise musstest du ihn zerstören. Aber du wusstest ja auch nicht, wie die Sachlage ist. Daher habe ich dir deine harsche Handlungsweise auch verziehen, die du an den Tag gelegt hast, nachdem du dich wieder gefasst hattest. Btw. Kompliment! Ja, Respekt! Ich glaube, es gibt keinen anderen Menschen auf dem Planeten, der sich so schnell wieder zu fassen vermag. Besonders in solch einer Situation. Ich meine, nicht nur, dass du scheinbar mit einem Trauma aus deiner Vergangenheit konfrontiert wurdest, nein, im nächsten Moment hast du dich auch in den Armen deines Erzfeindes wiedergefunden. Muss echt ein bescheidener Nachmittag für dich gewesen sein. Also zurück zum Wesentlichen. Was tue ich jetzt? Nun, ich schätze, erst einmal muss ich dir erklären, dass ich keineswegs darauf aus bin, deinen schwachen Moment publik zu machen oder dich sonst wie damit zu foltern, auch wenn es zugegebenermaßen echt mal ne krasse Waffe gegen dich gewesen wäre - für den Joey, der keine Gefühle für dich hat jedenfalls. Ich bin zwar nicht sicher ob dich das beruhigt oder es überhaupt was bringt, leider bist du ja etwas paranoid, was solche Dinge anbelangt - gut möglich, dass du mir gerade schon deine Anwälte auf den Hals hetzt... Aber ich hoffe einfach mal, dass es mir gelingen wird, dir das begreiflich zu machen. Ich meine, wie krank müsste ich sein, um aus so was auch noch meinen Triumph zu ziehen? Ich denke, nicht einmal du würdest solch einen Umstand nutzen nur um zu siegen. Und überhaupt, wir befinden uns ja nicht mehr im Krieg, aber das habe ich dir ja schon erklärt. Leider konnte ich dich nicht mehr fragen ob du das verstanden hast. Zum Glück weißt du augenblicklich nichts von meiner Vermutung oder meinem Gespräch mit Mokuba. Das wäre gerade auch sicher zu viel. Ich schätze dann, werde ich dir die Wahrheit sagen müssen. Ich meine, was mich anbelangt bzw. meine Gefühle. Andernfalls wirst du mir ohnhin nicht glauben, dass ich keine gemeinen, fiesen Hintergedanken hege. Eigentlich hätte ich das ja gerne noch ne Weile aufgeschoben, aber so wie die Dinge liegen, werde ich meine Pläne wohl beschleunigen müssen. Zudem glaube ich, du brauchst augenblicklich jemanden, der für dich da ist. Und damit meine ich nicht Mokuba. Du brauchst einen Freund. Vielleicht kann ich dieser Freund sein. Ja, vielleicht sollten wir das erst einmal so versuchen. Von Feinden zu Freunden, das wäre bei uns doch schon was. Und ich bin ja auch geduldig. Wie die Dinge jetzt liegen werde ich das wohl auch sein müssen. Ich wünschte, du wüsstest, was gerade in mir vorgeht, Kaiba. Ich glaube, ich teile gerade ein bisschen von deinem Schmerz. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)