King of my Castle von YunYun ================================================================================ Kapitel 6: ----------- Kapitel: 6/6 Disclaimer: Alle handelnden Personen gehören nur sich selbst – ich habe sie mir nur für die Geschichte ausgeborgt x) King of my Castle Kapitel 6 Kazukis Herz flatterte. Ihm stockte der Atmen und er war regelrecht außer Gefecht gesetzt und unfähig auch nur irgendetwas zu tun. Aber es geschah nichts. Ewige Sekunden, die sich anfühlten, als wären sie Stunden. Schließlich kroch auch die zweite Hand über seinen Körper. Sie schob sich über seine Taille zum Bauch und blieb dort liegen, um Kazuki einen merkwürdigen Schauder durch den ganzen Körper zu schießen. Dann summte ein leiser Ton in sein Ohr, der ihm deutlich machte, dass er still sein sollte. Kazuki roch das herbe Parfüm, spürte die großen, bekannten Hände. Genau genommen verstand er rein gar nicht, was das zu bedeuten hatte, aber die Finger auf seinem Mund löste sich einer nach dem anderen und er wurde umgedreht. Seine Augen weiteten sich, als sich seine Vermutung bestätigte. »Yuuki…«, wisperte er fast tonlos und bekam das Summen, welches dieses Mal aber eher einem Zischen glich und ihm das Sprechen verbieten sollte, noch einmal. Yuuki zog ihn in das Zimmer, in dem er ihn zuvor angewiesen hatte auf ihn zu warten und sah ihn durchdringend an. »Was machst du denn da draußen? Ich hatte doch gesagt, dass du hier bleiben sollst!«, sagte er ärgerlich und packte Kazuki bei den Schultern. Doch alles, was der tat, war die Flucht in seine Arme. Er drückte sich fest an den warmen Körper – an ihn, für den er zurück gekommen war und es nun in kleinster Weise bereuen konnte. Es ging ihm gut! Er war unversehrt. Eigentlich sollte Kazuki ihn sich unter den Arm klemmen und das Weite suchen. »Ich habe Angst bekommen und wollte abhauen, aber dann habe ich an dich gedacht und wollte dir helfen!«, erzählte er, wobei sich seine Worte in der Aufregung fast überschlugen und Yuuki einige Mal blinzelte, als würde er ihn damit besser verstehen. Was sollte Kazuki nur zuerst fühlen? Freude, über das Widersehen? Angst, weil er wieder in der Villa war? Selbst eine merkwürdige Erregung zuckte durch seinen Leib, als er diesen himmlischen Körper an sich spürte, nach dem er sich eigentlich schon jahrelang so verzweifelt sehnte. Yuukis lange Arme legten sich um ihn und strichen ein wenig fahrig über seinen Rücken. Jedoch fing er sich schnell wieder und hob Kazukis Kinn an. »Dafür ist jetzt keine Zeit«, begann er. »Ich habe einen Eingang zu einem unterirdischen Gang gefunden und wollte dich holen. Du besitzt die einzige Waffe.« Kazuki schluckte nur trocken bei der Erinnerung an das Messer und tastete sich schnell ab. Wo war es hin? Eilig ging er seinen anfänglichen Fluchtversuch durch, aber er hatte vergessen, wo er das Ding verloren hatte. Er war einfach so schrecklich aufgeregt gewesen, dass ihm dieses kleine Detail entwischt war. »Ich… ich hab es irgendwo verloren«, beichtete er und wurde kreidebleich. Yuuki schloss nur die Augen und stöhnte etwas gequält auf. Das machte es nicht wirklich leichter, aber er blieb weiterhin gelassen. Allerdings konnten sie sich jetzt nicht einmal mehr verteidigen. Kazukis wurde sofort wieder unruhig – das gute Gefühl, das er durch das Widersehen zurück gewonnen hatte, ging ihm erneut verloren. »Dann muss es ohne gehen. Ich kann mir eh nicht vorstellen, dass wir es brauchen«, durchschnitt Yuuki seine Gedanken und zog ihn am Arm mit sich. Schnell gingen sie den Gang entlang und zu einem der Privaträume. »Wie meinst du das? Willst du den Sakurai mit den Händen erwürgen?« Dafür bekam er nur einen bitterbösen Blick, aber woher sollte Kazuki auch wissen, was das alles bedeutete? Es wurde wirklich höchste Zeit, dass man ihn aufklärte. »Oder war er es gar nicht?« Yuuki schüttelte nur den Kopf. Was war denn plötzlich los? Woher wusste er denn, wer es war? Hatte er etwa doch etwas damit zutun? Der Raum, den sie aufsuchten, befand sich im Erdgeschoss. Kazuki wusste nicht, ob er überhaupt genutzt wurde, denn es roch etwas muffig und aufgeräumt hatte man da drin wohl auch schon ewig nicht mehr. Es glich eher einer Abstellkammer als einem Zimmer. Dort angekommen sah Kazuki aber schon, was Yuuki angesprochen hatte. Wie auch in Jins Zimmer war eine der Bodenplatten herausgelöst worden. Allerdings führte durch diesen ein Gang und zeigte nicht nur nackten Holzboden. Ein wenig gespenstig war es ja schon und kurz zögerte Kazuki. Seine Gesichtsfarbe war eh schon einem merkwürdigen Weiß gewichen und das Unbehagen machte sich fleißig in ihm breit. Yuuki aber ging die Treppe hinab ohne sich umzusehen, und so folgte auch der Rothaarige ihm schnell nach und blieb ihm dicht auf den Versen. Ein wenig ängstlich ergriff er seinen Oberarm und hielt sich fest, damit er nicht verloren gehen konnte. »Also? Wer war es?«, flüsterte er gespannt. Die Stufen waren schmal und scheinbar viel älter als alles was darüber lag. Offenbar sollte dieser Bereich eigentlich nicht mehr genutzt werden. Kazuki sah genau auf seine Füße um nicht auszurutschen und Yuuki in den Rücken zu fallen. Wahrscheinlich wären sie dann höchst unelegant hinunter gesegelt und dem ominösen Täter direkt vor die Füße. »Das wirst du gleich sehen.« »Sag mir endlich wer er war! Ich will wissen wer mir meine Freunde wegge-« Bevor Kazuki den Satz beenden konnte, kamen sie in einem achteckigen Raum an, der sogar ein wenig erleuchtet war. An einer Seite befand sich die Treppe - an allen anderen eine Zelle. Das Gemäuer wirkte mittelalterlich mit seinen grauen Wänden und verströmte einen seltsamen, ihm unbekannten Geruch. Aber das wurde schnell nebensächlich, denn Kazuki traute seinen Augen nicht, als er all seine Freunde in dem Kerkergewölbe sah. Seine Freunde und auch Ruki – alle waren sie da, keinem war etwas geschehen. Zumindest wenn man einmal davon absah, dass jeder in einer Zelle saß. Um Jins Kopf wandte sich ein weißer Verband, aber sonst schienen sie unversehrt zu sein. Jeder war einzeln eingesperrt - nur Byou und Jin teilten sich eines der kleinen Gefängnisse. Moment mal… Byou und Manabu waren hier? Kazukis Augen blinzelten ungläubig. Die beiden waren doch eigentlich davongelaufen - das hatte Kazuki mit eigenen Augen gesehen! Wie konnte es sein, dass er und auch sein schwarzhaariger Freund hier unten hockten? Deren Augen richteten sich nun auf die Besucher und sofort schmückte sich Byous Gesicht mit einem erleichterten Lächeln. »Ich glaub‘s ja nicht!« Kazuki konnte es nicht fassen, dass man seine Freunde einfach so gefangen hielt. Gleichzeitig war er aber auch erleichtert sie so vorzufinden - und nicht leblos am Boden liegend oder in ihre Einzelteile zerlegt. In seinen Vorstellungen war ihm so ziemlich jeder Wahnsinn in den Sinn gekommen. »Lauf weg Kazuki! Oder dir wird das gleiche passieren!«, wollte Byou ihn warnen und trat an die eisernen Gitterstäbe - das Lächeln war viel zu schnell wieder verschwunden. Im gleichen Moment ließ Kazuki Yuukis Arm aber auch schon los und eilte zu seinem vermissten Freund. Durch die Stäbe griff er nach seinen Händen und drückte sie. Sie waren kalt und schmutzig und ein wenig aufgeschürft, aber das spielte im Moment keine Rolle. »Geht es euch gut? Was ist passiert? Und wer war das?« Schon wieder waren seine Worte viel zu schnell. Er würde ganz bestimmt nicht weglaufen und sie allein lassen. Nun war er nur noch einen winzig kleinen Schritt davon entfernt sie alle zu befreien. An Flucht war einfach nicht mehr zu denken. Wenn er jetzt die Schlösser aufbekommen würde und sie befreien könnte… »Uns geht es gut - wir sind ihm im Wald zum Opfer gefallen. Bitte - du musst verschwinden!« Kazuki schüttelte wild den Kopf und sah ihn aus großen, abenteuerlustigen Augen an. Wahrscheinlich konnte ihn in diesem Zustand niemand mehr umstimmen. Er würde seine Freunde befreien - alle - und dann würden sie verschwinden und sich nie wieder umdrehen. »Was hat er euch angetan?« , fragte er nochmals eindringlich und wollte Byou zwingen den Mund aufzumachen. Die Frage nach dem Namen wollte schon hinterher poltern. »Nichts…« »Nichts?!« »Ich hab ihnen nichts getan, Kazuki. Ihnen fehlt nichts«, meldete sich eine andere Stimme zu Wort. Erschrocken fuhr der Angesprochene herum und sah zur Mitte des Raumes, in der ein schmaler, hellblonder Junge stand und ihn ansah. Kazuki blieben die Worte im Hals stecken, als er ihn erkannte. »Taa?« Kazuki war so fest davon ausgegangen, dass es Atsushi gewesen war, dass er niemals auf dessen Sohn gekommen wäre. Sein zweiter Verdacht wäre auf Uruha gefallen. Aber Taa selbst war doch eines der Opfer gewesen - wie konnte das nur sein? Doch er nickte nur in merkwürdiger Trance und verwässerten, trüben Augen. Er machte einen Schritt auf den Rothaarigen zu, doch bevor er sich ihm wirklich nähern konnte, fuhr Yuuki mit misstrauischem Blick dazwischen und stellte sich vor Kazuki. Er würde die Gewalt notfalls auf sich prasseln lassen, wenn es nötig war, auch wenn es ihm schrecklich widersprüchlich vor kam, dass ein kleiner zierlicher Junge wie er hinter all dem stecken sollte und es wagen würde auf einen Mann von Yuukis Statur loszugehen. Aber diese Reaktion verschreckte den jungen Taa scheinbar so sehr, dass er den Fuß gleich wieder zurück setzte. »Gib auf, Taa. Es ist vorbei!«, drohte Yuuki überlegen und mit feurigem Blick, doch der schmale Junge wich nur noch weiter zurück. Seine Augen waren leer und traurig und er wirkte eher wie eines der Opfer, dem schreckliches widerfahren war und der jetzt gänzlich missverstanden wurde. Kazuki erschrak vor ihm - was war nur mit ihm geschehen? Nur zu gut erinnerte er sich noch an ihre erste Begegnung, als er so liebevoll gelächelt hatte. Er war sehr zuvorkommend und höflich gewesen und stets mit einem Lächeln auf den Lippen umher spaziert. Niemals hätte Kazuki gedacht, dass ausgerechnet er hinter all dem Spuck steckte. Irgendetwas musste hier faul sein. »Ich habe ihnen nichts getan. Es geht ihnen gut«, versicherte Taa ihnen nochmals und sah überprüfend zu den Gefangenen, um noch mal sicher zu gehen. Er wirkte nicht wie ein Verbrecher, sondern wie ein kleiner Junge, der etwas ausgefressen hatte und jetzt dafür den Ärger seiner Eltern einstecken musste. Viel zu spät erkannte Kazuki, dass er ein Messer in der Hand hielt. »Wenn ihr nicht gewesen wärt…« Seine Stimme war dumpf. »wäre ihnen niemals etwas passiert.« Er richtete seine Worte an Yuuki. Seine Laune schwang augenblicklich um und er wurde zornig. Auf einmal schien er sich angegriffen zu fühlen. »Hör sofort auf damit, Taa!«, erklang eine weitere Stimme. Von der Treppe meldete sie sich, an deren Ende stand Atsushi. Sein Blick war streng und fixierte seinen Sohn, der zu ihm herumfuhr. »Keinen Schritt weiter«, knurrte er gleich angriffslustig wie ein wildes, gereiztes Tier - es fehlte nur noch, dass er die Zähne fletschte. Er hatte keine Nerven mehr für Spielchen und sofort zeigte er noch ein drittes Gesicht: eines, welches noch viel wütender war und vor nichts und niemandem mehr zurückschrecken würde. Oder täuschte das? War der traurige Junge nur eine Masche um sie auszutricksen? War Taa wirklich so gerissen? Kazuki stand noch immer bei Byous Zelle, dicht bei ihnen Jin und Yuuki. »Oder ich…« Taa dachte nicht lange nach, da hielt er sich das Messer auch schon an die Kehle und legte den Kopf so zurück, dass es nur einen einzigen Schnitt brauchte, um sich das Leben auszuhauchen. An diesem Ort würden sie nicht sehr schnell mit ärztlicher Unterstützung rechnen können und wenn Taa seine Drohung wahr machte, würde er sterben - vor ihren Augen. Aber was sollte das alles? Fast alle Anwesenden zogen scharf die Luft ein und rissen die Augen auf. »Wenn es auch nur einer von euch wagt sich mir zu nähern, bringe ich mich um!« Kazuki presste sich die Hand auf den Mund und auch Atsushi schien um Fassung bemüht - gerade fand er sein Kind wieder und musste feststellen, dass dieses dem Wahn vollkommen erlegen war. Allein Yuuki behielt scheinbar einen kühlen Kopf und erhob die Stimme. »Beruhige dich, Taa. Es wird alles wieder gut, wenn du ein bisschen mit uns zusammen arbeitest.« »Das geht nicht!« Taa schüttelte den Kopf, das Messer nahm er nicht von sich, welches schon leicht in seine Haut schnitt und einen kleinen Riss hinterließ. Ein winziges bisschen Blut trat aus und ran über seine sonst so reine, weiße Haut. »Du hast überhaupt keine Ahnung! Es hat doch alles keinen Sinn!« Niemand verstand, warum Taa so reagierte, doch besonders sein Vater schien wie gelähmt und bewegte sich keinen Millimeter. Selbst wenn er realisieren musste, dass sein Sohn hinter all dem Übel steckte - das er es selbst war, der ihm diesen Kummer bereitet hatte - wollte er nicht mit ansehen müssen, wie er sich ins Verderben stürzte. »Erklär es uns, vielleicht können wir dir dann helfen«, versuchte Yuuki es so feinfühlig wie es ihm nur möglich war. »Warum musstet ihr hierher kommen? Ohne euch hätte ich das niemals tun müssen!« Taa ignorierte ihn und seine Stimme zitterte gefährlich. Immer wieder huschten seine Augen zwischen seinem Vater und den beiden Männern hin und her, damit ihn niemand überrumpeln konnte. Erneut wandelte sich sein Ausdruck - in Verzweiflung. Er schien in Mitten eines Gefühlchaos zu stecken und wusste vielleicht selbst nicht wie ihm eigentlich geschah. »Wovon redest du, Taa?«, meldete Kazuki sich sanft zu Wort und sah ihn an. »Was haben wir dir getan? Warum wolltest du uns allen was antun?« »Das wollte ich doch gar nicht! Ich wollte nur…« Seine Stimme erstarb, aber er gewann einen kleinen Teil seiner Ruhe zurück. Wenn Kazuki mit ihm sprach fühlte er sich nicht wie ein Unmensch. Er hatte etwas wunderbar Warmes an sich - er sehnte sich nach solcher Wärme. Aber Kazuki bemerkte ihn nicht. Er hatte einen ganz anderen im Sinn - das war ihm natürlich nicht entgangen. »Niemand sieht mich! Und das ist allein eure Schuld!« Taa sah wieder zu Atsushi, dessen Augen fragend zu ihm blickten. Eines wurde den Anwesenden aber klar: er war kein böser Mensch. Alles was ihn trieb war Einsamkeit und Verzweiflung. »Ich dachte… wenn alle denken, dass hier Menschen verschwinden, würde der Ruf des Anwesens zerstört werden. Ich dachte, dass du dich dann endlich wieder mit mir beschäftigen würdest.« Taa klang gar nicht mehr so zornig wie am Anfang. Nun überwog die Trauer in seiner Stimme und so langsam verstanden die Anwesenden, was das alles bedeuten musste. Eigentlich war es sehr tragisch so etwas zu hören. »Niemand von ihnen war jemals in Gefahr, ich habe sie nur betäubt und eingeschlossen, damit alle denken, sie wären einem Mörder zum Opfer gefallen. Sobald das alles vorbei gewesen wäre, hätte ich sie gehen lassen!« »Wie konntest du das nur tun?« Es klang nicht wie eine Frage, als Atsushi endlich wieder zu seiner Stimme fand, doch als er sich zu seinem Kind bewegen wollte, drückte der gleich das Messer wieder fester an seinen Hals. »Bleib wo du bist!«, entkam es ihm bissig - und Atsushi gehorchte. »Und das Blut? Was hast du Jin angetan, wenn du ihn nur betäuben wolltest?«, fragte Kazuki und wurde von einem wachsamen Yuuki im Auge behalten, damit er nichts Dummes anstellen konnte. Er vertraute Taa nicht, auch wenn er überzeugt davon war, dass er ihnen allen nichts tun würde. Der einzige der jetzt noch in Gefahr war, war er selbst. »Das war ein Unfall! Jin hat mich gesehen und sich gewehrt, also musste ich zu anderen Mitteln greifen und habe ihm... Ich hab ihn mit einer Flasche niedergeschlagen, aber ich wollte ihm doch niemals wehtun - das müsst ich mir glauben!« Wieder diese verzweifelten Augen. Kazuki glaubte, dass jeden Moment glasige Tränen aus ihnen austreten würden. »Ich habe allen ein Tuch mit einer betäubenden Lösung auf das Gesicht gedrückt, damit sie bewusstlos wurden. Dann konnte ich sie besser von euch wegbringen.« Allein dass er das bei seinen geringen körperlichen Ausmaßen geschafft hatte, war ein kleines Wunder. Eines musste man ihm allerdings lassen: er hatte sich wirklich Mühe gegeben, damit er nicht aufflog. »Aber was hast du dir angetan?«, fragte Kazuki, denn er erinnerte sich sehr wohl an den schmerzverzerrten Schrei, als Taa verschwunden war. Das Blut konnte schließlich nicht von allein dorthin gekommen sein, aber der junge Täter zeigte nur seinen Arm. »Ich musste mir etwas einfallen lassen, damit ihr nicht auf mich kommt«, sagte er mit erstickter Stimme und gestand scheinbar nur vor Kazuki und blendete alle anderen aus. Nur wenn er eine Frage an ihn richtete blieb er so ruhig. Aber wie verzweifelt musste er gewesen sein, wenn er sich selbst verletzte, um den Verdacht abzulenken? »Du musst mir versprechen, dass keine Gäste mehr herkommen! Ich… ich brauche dich!« Taa richtete das Wort an seinen Vater. Er war völlig am Ende mit seinen Nerven - und das begriff auch Atsushi, der leise seufzte und den Blick resignierend senkte. »Es tut mir so leid. Ich wusste doch nicht, dass dich das so belastet. Du hast nie etwas gesagt.« Nun endlich hörte sich der Ältere einsichtig an und er schien tatsächlich zu bereuen. In seinem Eifer für sein ,Hotel’ war seine eigene kleine Familie unter gegangen - so weit, dass Taa sich nur noch mit kriminellen Mitteln zu wehren wusste und mehr Menschen in den Mittelpunkt der Geschichte geraten waren, als es notwendig war. »Bitte vergib mir, Taa. Ich werde es wieder gut machen, wenn du sie alle gehen lässt und das Messer wegwirfst. Es bringt doch nichts - niemand will, dass du dich verletzt.« Trotz dessen, dass er so ruhig sprechen konnte, klopfte Atsushis Herz rasend schnell und so aufgebracht wie niemals zuvor. Er bangte schon wieder um seinen Sohn - wenn er nun schon die Change bekam ihn zu retten, durfte er sie nicht verstreichen lassen. Und er selbst war Schuld gewesen, dass Taa so verzweifelt war. Dessen Augen füllten sich bei den Worten mit Tränen, die schließlich über seine Wangen kullerten. Er ließ den Arm mit dem Messer sinken und es fiel ihm schließlich aus der Hand und auf den steinernen Boden. Einfach so sackte sein gesamter Körper in sich zusammen und wollte schon hart aufschlagen, doch schnell war sein Vater zu ihm geeilt und fing den Jungen auf. Auch Kazuki und Yuuki waren sogleich an seiner Seite. Taa weinte einfach und machte seinem Kummer Platz, der ihm alle Kräfte aussaugte. Fest schmiegte er sich in die starken Arme, klammerte sich fest, damit sie ihn nicht wieder fallen lassen konnten. Er wollte nicht mehr allein sein, aber er wollte eigentlich auch nicht sterben. Aber hatte er überhaupt noch ein anderes Druckmittel nach seinem Geständnis gehabt? Dennoch war die Gefahr für sein eigenes junges Leben gebannt und nachdem Taa nach lange Minuten mit geröteten Augen zu ihnen aufblicke und bemerkte, dass nicht nur sein Vater bei ihm war, musste er ein bisschen lächeln. »Danke, dass ihr es herausgefunden habt«, sagte er an Kazuki gewandt und schenkte ihm einen zärtlichen Blick. Er hatte keine Angst vor Strafen oder was nun mit ihm passieren würde, denn jetzt gerade war er glücklich. Wieder sank er gegen seinen Vater und schloss die Augen. Er wurde ohnmächtig. Das alles musste ihn furchtbar viel Kraft gekostet haben. »Es ist alles meine Schuld«, sagte Atsushi und löste den runden, mittelalterlichen Schlüsselbund von seiner Hose, um ihn Yuuki in die Hand zu drücken. Und dann hob er den bewegungslosen Körper auf. Scheinbar mühelos konnte er ihn tragen. »Befreit eure Freunde«, sagte er und sah zu seinem schlummernden Taa. »Vielleicht solltet ihr dann besser gehen.« Mit diesen Worten verließ er die beiden, die sich ansahen und erleichtert aufatmeten. Sie bemühten sich die alten Schlösser schnell zu lösen und die Gefangenen zu befreien. Dankbar fielen sie sich in die Arme. Nur Yuuki hielt Abstand und beobachtete das Ganze aus sicherer Entfernung. Das waren wohl die abenteuerlichsten und verrücktesten Tage in seinem ganzen Leben gewesen. Er beobachtete, wie Kazuki seine Freunde immer wieder herzte und an sich drückte, dann untersuchte er zum dritten Mal Jins Kopf, ob er auch wirklich keine all zu schlimmen Verletzungen davon getragen hatte. Natürlich zog Byou ihn für sein mütterliches Benehmen auf, aber es war schön zu sehen, dass sie nicht mit einem Schock zu kämpfen hatten. Nur Ruki wirkte etwas verlassen und grummelte vor sich hin. Seine zweite Hälfte fehlte und er fühlte sich merklich verlassen. Was er wohl dachte? »Den Lover wollte die Polizei holen, um deinen Arsch zu retten. Tut mir leid, dass er jetzt nicht hier ist«, meinte Yuuki zu ihm ohne ihn dabei anzusehen. Lieber beobachtete er die anderen Vier - besonders diesen einen Rotschopf, dessen Augen wieder leuchteten und der nun auch einmal zu ihm sah, um ihm ein sanftes Lächeln zu schenken. Er sah immer ein bisschen frech dabei aus. Ruki nickte nur und klopfte sich den Staub aus den Kleidern, dann ging er voraus und verließ die muffigen Räumlichkeiten als Erster. Aber auch die anderen folgten ihm kurze Zeit später. »Woher wusstest du, dass es nicht Atsushi war?«, fragte Kazuki dann, als sie als gesammelte Gruppe die langen Treppen hinaufstiegen und wieder den wohnlichen Teil betraten, in dem mittlerweile auch wieder Licht brannte. Atsushi musste sich darum gekümmert haben. Auch das Gewitter war einem leichten Regen gewichen. »Er hat es auch bei mir versucht und ich habe ihn gesehen«, meinte er. »Diese Sache mit dem Betäuben. Nur war ich ihm einfach überlegen.« Er zuckte mit den Schultern und tat es als nebensächlich ab. Nur Kazuki sprang ihm halb auf den Rücken, legte die Arme um seinen Hals und küsste seine Wange. Er belohnte Yuuki mit einem wunderbar sanften Lächeln. »Du bist eben einfach ein Held! Ohne dich wären wir wohl alle im Kerker gelandet und wer weiß, wie lange Taa uns dort festgehalten hätte.« Yuuki nickte nur und wurde tatsächlich ein wenig rot. So etwas bei ihm zu sehen besaß höchsten Seltenheitswert. Er war eben einfach nicht der Mensch, der zu übermäßigen Gefühlsäußerungen neigte. »Ist doch nichts dabei.« Kazuki lachte nur leise und ging neben ihm. Unauffällig und vorsichtig fanden ihre Hände zueinander und verschränkten sich fest ineinander. Endlich, denn nun war die Belastung auch von Kazuki halbwegs abgefallen und er hatte wieder einen Sinn für so etwas. Sie hatten jetzt noch ein ganz anderes Abenteuer zu meistern. Eines, was nur sie beide betreffen würde - und da würde er sich ganz sicher nicht mehr rein reden lassen. Nun sahen sie sich an und Kazukis braune Augen leuchteten zuneigungsvoll und er schmiegte sich ein bisschen an den Arm seines Partners, für den er schon so lange Gefühle hegte. Diese Tage hatten also doch etwas Gutes mit sich gebracht: Yuuki. Und so schnell würde Kazuki sein Glück nicht mehr hergeben. Die ehemaligen Gefangen fanden sich schließlich im Foyer des Anwesens ein, wo sie schon vom Hausherrn empfangen wurden. Er verbeugte sich tief vor ihnen. Auch er sah geschafft aus und wirkte plötzlich älter, als er eigentlich war, seine Haut ganz fahl und die Kleider schmutzig. Doch das alles spielte keine Rolle mehr, denn der Albtraum war endlich vorüber. Schließlich stieß auch Uruha mit zwei Polizisten zu ihnen, aber die wurden schnell abgewimmelt und er konnte seinen schon tot geglaubten Partner endlich wieder in die Arme schließen. Ein wenig verwundert war er schon, dass ihm alle so heiter entgegen kamen und der Kummer versiegt war, denn er war nicht dabei gewesen, als Taa diesen Gefühlsausbruch zugelassen hatte. »Es tut mir sehr leid, was euch allen widerfahren ist«, entschuldigte er sich aufrichtig. »Ihr könnt euch liebend gern hier frisch machen und umkleiden, doch dann möchte ich euch bitten das Haus zu verlassen. Taa ist sehr geschwächt und ich möchte nicht, dass er sich aufregt.« Natürlich war das verständlich und Kazuki trat vor. »Kümmern Sie sich gut um ihn - er hat es verdient.« »Moment mal«, mischte Ruki sich jetzt ein und stapfte zu den beiden Gesprächspartner. Seine Kleider waren über und über mit Schmutz und Staub bedeckt, aber er sah zornig aus. Selbst seine Nasenspitze war ganz dunkel gefärbt und er stemmte die Hände in die Seiten. »Ich finde schon, dass Sie uns eine Erklärung schulden! Was zum Geier ist hier überhaupt passiert? Plötzlich sitze ich in diesem modrigen, muffigen Kerker. Da hat es übel gestunken! Ich wollte hier nur Urlaub machen und werde plötzlich angegriffen!« Natürlich musste sich die Diva darüber aufregen, aber auch die anderen verlangten nach der eigentlichen Geschichte. Und Atsushi begann die bisherigen Erzählungen zu vertiefen und holte etwas weiter aus als sein Sohn. »Es hat alles angefangen, als Taas Mutter vor einigen Jahren starb. Eigentlich habe ich die Gäste mit ihr zusammen betreut und es hat sie immer mit großem Stolz erfüllt, wenn die Menschen sich wohl bei uns gefühlt haben.« Die Erinnerung trieb ein Lächeln auf seine Züge. »Es war ihr größter Traum, aus dem Anwesen ein angesehenes und gut besuchtes Hotel zu machen. Doch als sie starb verging mit ihr auch dieser Wunsch. Ich wollte das nicht zulassen und habe versucht, mithilfe meines Sohnes ihren Traum zu verwirklichen. Ich habe ihn in diese Rolle gedrängt und als billige Arbeitskraft missbraucht.« Tatsächlich war es so gewesen. Taa hatte lange als Aushilfe und Dienstbote bearbeitet, ohne jemals eine Dankeschön dafür zu bekommen. In Kazuki staute sich schnell Mitleid auf und er konnte noch immer nicht begreifen, dass Taa keinen anderen Weg mehr gesehen hatte. Allerdings war es recht typisch für einen Jugendlichen seines Alters: die wenigsten Sprachen offen über ihre Sorgen und Nöte. »Und darunter haben sie seine Bedürfnisse vergessen?”, fragte Yuuki ein wenig vorwurfsvoll und Atsushi nickte, sichtlich einsehend, dass er einen Fehler gemacht hatte. Es war ihm wohl nicht einmal aufgefallen, dass er Taa damit verletzt und gekränkt hatte - und nun stand er vor dem schrecklichen Resultat. Als Vater sollte er sich doch etwas mehr für ihn interessieren. »Tatsächlich war er am Ende nur noch mein Mitarbeiter und nicht mehr mein Sohn. Er hat in jeder Minute für mich geschuftet und wenn etwas nicht funktioniert hat, habe ich ihn dafür verantwortlich gemacht«, berichtete er einsichtig. »Dabei ist er doch noch ein Kind! Nur ein Kind, dem die Zuwendung gefehlt hat. Und in seiner Einsamkeit dachte er, wenn er euch vertreibt, dass nie wieder jemand hier her kommen wollen würde.« Sicherlich wäre das auch passiert, wenn die Geschichte an die Öffentlichkeit gekommen wäre. Nun waren sich aber wohl alle einig, dass es so weit gar nicht kommen musste. Vater und Sohn hatten wohl schon genug mit ihrer Beziehung zutun. »Und ihr… wart leider nur zur falschen Zeit am falschen Ort«, meinte Atsushi an Ruki gerichtet, der dafür nur den Kopf schüttelte. Er fand wenig Verständnis für das alles. Eine Predigt lag ihm auf den Lippen, aber als Uruha den Arm um seine Schultern legte und seine Stirn küsste, beließ er es dabei. Eigentlich war es jetzt ja auch gar nicht mehr so wichtig. »Bei jedem von euch hat er es versucht, außer bei dir.« Atsushi sah Kazuki mit einem leichten Lächeln an, kommentierte es aber nicht weiter. Der zeigte ein bisschen unverstanden auf sich und blinzelte. Sollte das etwa bedeuten, dass Taa ihn verschont hatte, weil er an ihm Gefallen gefunden hatte? Yuuki stupste ihn dafür etwas mit dem Ellenbogen an und grinste. Er dachte wohl das Gleiche. Ende --- So. Mein erster Beitrag zum Thema Horror. Ich hoffe es hat gefallen und ich denke, es kommt auch noch mehr. Außerdem kommt bald noch ein One-Shot zu der FF ;D Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)