Das Shakespeare-Experiment von abgemeldet (oder der Widerspenstigen Zähmung (Seto x Joey)) ================================================================================ Kapitel 14: Die Komödie ... --------------------------- Vierter Aufzug 2. Szene Es treten auf: Mokuba und Seto Meine Schläfen pochen gnadenlos und ich schließe unwillkürlich die Augen. Meine Nerven liegen blank, aber mein kleiner Bruder kennt kein Erbarmen. "Ich meine es ernst, Seto." beharrt er erneut. "Du bist überarbeitet und ein wenig Freizeit würde dir gut tun." Ich stöhne genervt auf. Seit geschlagenen zwanzig Minuten diskutieren wir über dieses Thema. Aus einem mir unerfindlichen Grund hat Mokuba den Entschluss gefasst, mich zu der Teilnahme an unserem Schulausflug zu animieren. Kaum war ich in der Küche, fing er mit diesem Thema an. Woher weiß der Kleine überhaupt davon? Vermutlich von Muto. "Mokuba, ich habe eine Firma zu leiten!" Den Satz sage ich nun schon zum dritten Mal. Mokuba ignoriert diese Tatsache beharrlich. "Zwei Tage wird die KC doch mal auf dich verzichten können!" sagt er erneut. "In der Zeit kann doch nichts passieren. Roland wird sich um alles kümmern und du hast selbst gesagt, dass zur Zeit nichts wichtiges ansteht." Ich ziehe die Augenbrauen zusammen und überlege mir welches Argument ich noch anführen könnte, obgleich ich weiß, dass kein Argument ausreichend sein wird für ihn. Mokuba kann genaus stur sein wie ich und er hat es sich in den Kopf gesetzt, mich zu dieser Schulfahrt zu bewegen. "Seit Tagen schläfst du nicht wirklich und du frühstückst nicht einmal mehr. Du wirst immer blasser und irgendwann kippst du dann um und dann muss die Corporation länger auf dich warten als 48 Stunden." Verdammt. Seine Argumente sind gut. Natürlich weiß ich, dass er Recht hat. Ich mute mir zur Zeit zu viel zu. Schule, Firma und Wheeler. Genauer gesagt, Nachhilfe für Wheeler. Und ich weiß selbst, dass ich mich nur von Kaffee und Tabletten ernähre. "Ich bezweifle stark, dass ein Ausflug mit diesen impertinenten Subjekten in meiner Klasse mir auch nur zehn Minuten Erholung einbringen würde." entgegne ich genervt. Mokuba verzieht schmollend das Gesicht und ich habe schon die stille Hoffnung, dass er endlich Ruhe gibt, als er das einzige sagt, dass diese Unterhaltung zu seinen Gunsten zu beenden vermag. Ich erkenne es direkt als er mir den Kopf zu wendet und mich mit seinen großen dunklen Kulleraugen ansieht. Ich ziehe scharf die Luft ein und schreie innerlich: NEIN! - aber Mokuba kennt in dem Moment keine Gnade. "Seto." sagt er. Mehr nicht. Mehr bedarf es auch nicht. Er sagt meinen Namen in diesem besonderen Tonfall, der keinen Widerspruch duldet, diesem Tonfall muss ich mich geschlagen geben. Das weiß er auch genau. Er verwendet diese Waffe selten, aber dieses Mal setzt er sie gezielt ein. Ich seufze resignierend und gebe mich damit geschlagen. Welch Schmach. Der große Seto Kaiba, geschlagen von seinem jüngeren Bruder. "Gut, wenn du dann endlich Ruhe gibst." knurre ich missmutig und er grinst. "Du wirst sehen, das wird bestimmt lustig." Ich presse die Lippen aufeinander. Dieser Ausflug wird sicher vieles werden - mir fallen schon auf Anhieb mindestens acht Adjektive ein, um ihn zu beschreiben, aber lustig gehört nicht dazu. Was bitte soll auch daran lustig oder auch nur erholsam sein, in einem Bus voller nervtötender Subjekte durch die Gegend zu fahren, um irgendwo in einer baufälligen Herberge abgesetzt zu werden und auf milbenverseuchten Matratzen zu nächtigen? Und reduziere ich das Übel nur auf einige Aspekte. "Ich werd Roland sagen, dass er alles nötige veranlassen soll." meint Mokuba und strahlt, dann lässt er mich einfach stehen und ich versuche mich innerlich darauf vorzubereiten, dass ich morgen um diese Zeit mit den anderen Individuen auf den Schulbus warten werde, bereit mich auf einen vollkommen unnötigen und sicherlich auch langweiligen Ausflug zu begeben. Nun denn, am Besten füge ich mich tatsächlich in mein trauriges Los und versuche wenigstens heute noch die wichtigsten Unterlagen durchzugehen. Ich spüle meinen Kaffee und den bitteren Beigeschmack, den ich nach dieser frustrierenden Unterhaltung habe, runter und begebe mich ins Arbeitszimmer. Und plötzlich kommt mir ein Gedanke. Joey Wheeler wird auch mitfahren. Einen Moment lang stehe ich einfach nur da und bin wie erstarrt. Natürlich wird Wheeler mitfahren. Er wird sich sicher auch schon auf den Ausflug freuen. Immerhin kommt er so um einige Stunden Unterricht. Und in Hinblick auf seinen Anhang, die Kindergartentruppe, wird er sicherlich Feuer und Flamme für dieses Vorhaben sein. Nein. An dem Bild stimmt etwas nicht. Sofort kommen mir wieder die Worte in den Sinn, die ich im Park gehört habe und das Bild des glücklich strahlenden Joey Wheelers verblasst. Er ist nicht glücklich. Augenblicklich ist er traurig... meinetwegen. So traurig, dass er... Vielleicht ist es doch eine gute Idee mitzufahren! So kann ich Wheeler zumindest im Auge behalten. Nur um sicher zu gehen, dass er nichts verdammt Blödes tut in seiner jetztigen Verfassung. Auf seine kleinen Freunde ist in der Hinsicht schließlich kein Verlass. Zumal er Muto, Devlin und Bakura gegenüber immer noch seine optimistische Maske trägt. Nur Gardner gegenüber hat er seine wirklichen Gefühle eingestanden und sie hatte ihm ja eigentlich versprechen müssen, zu schweigen. Wahrscheinlich hat sie nicht gewusst, was sie tun soll und sich deshalb an ihre Freunde gewandt. Nur, dass die überhaupt keine Ahnung haben, was man in einer solchen Situation machen muss. Habe ich denn irgendeine Ahnung davon? Nein. Nicht die Geringste. Aber ich vermute stark, dass es besser ist, wenn ich ein Auge auf Wheeler habe als es diesem Kindergarten zu überlassen. Wenn dieses kleine Hündchen wirklich daran denken sollte... Unsinn! Er hat nicht daran zu denken. Er hat so etwas weder zu denken noch zu tun. Das passt nicht zu Joey Wheeler! Und es passt nicht in mein Weltbild! Dieses alberne Hündchen... Ich seufze. 3. Szene - der nächste Tag Es treten auf: Joey, Seto, Fräulein Aino und Roland Die Limousine hält vor dem Schulegebäude und ich stelle genervt fest, dass der ganze Haufen bereits versammelt auf den Bus wartet. Sogar Fräulein Aino ist schon da. Scheinbar bin ich der Letzte. Roland öffnet mir die Tür und ich steige unter den unzähligen, aufdringlichen Blicken einer Gruppierung aus weiblichen Schülern aus. Geradezu penetrant sehen sie zu mir rüber und scheinen jeden meiner Schritte genaustens zu studieren. Ich fühle mich wie ein Insekt unter dem Mikroskop eines verrückten Wissenschaftlers. Genervt stöhne ich und setze meine Ray Ban auf, was mit diversen unkontrollierten Seufzern quittiert wird. Erstaunlich wie diese Subjekte auf eine vollkommen normale Geste reagieren. Was wohl passieren würde, wenn ich meine Hand hebe und ihnen zuwinke? Vielleicht fallen dann ein paar dieser pubertierenden Gören in Ohnmacht. Natürlich mache ich nichts dergleichen. Ich gebe mir Mühe diese epochalen Blicke zu ignorieren und unterdrücke sogar den Impuls spöttisch zu grinsen, denn es könnte mir als Lächeln ausgelegt werden. Roland hievt meinen Koffer aus dem Wagen und stellt ihn neben mich. "Brauchen sie noch etwas, Sir?" will mein Assistent wissen. Ich schüttele den Kopf. "Dann wünsche ich ihnen einen erholsamen Ausflug, Master Kaiba." Unter meiner Sonnenbrille schenke ich Roland einen sarkastischen Blick. Er weiß genauso gut wie ich, dass ich mir Erholung anders vorstelle. "Danke, Roland." erwidere ich nur und nehme meine Laptoptasche vom Rücksitz. Trotz Mokubas Protest habe ich sie samt Inhalt mitgenommen, sozusagen als Rettungsanker und für den Notfall. "Sie wissen was sie zu tun haben, Roland?" frage ich noch einmal. Er nickt. "Keine Sorge, Sir, ich habe ihre Liste dabei und werde die Punkte umgehend erledigen." Ich nicke. "Und ich werde dafür Sorgen, dass Master Mokuba pünktlich im Bett ist." fügt er hinzu. Ich seufze. "Gut, dann können sie jetzt fahren." Ich wende mich ab, zögere einen Moment und schreite dann langsam auf den Haufen Schüler zu, der momentan einem unruhigen Ameisenhaufen ähnelt. Dann sehe ich plötzlich Wheeler und irgendetwas in mir reagiert. Ich bin nicht sicher was es ist, aber mein Pulsschlag beschleunigt sich eindeutig. Er steht bei seinen Freunden und redet mit Muto. Jetzt wirkt er wieder wie immer. Er redet laut und grinst dabei und Muto blickt ihn mit seinen großen Augen an. Wahrscheinlich begreift der Zwerg nicht, dass der Blonde ihm gerade etwas vormacht und sein Lächeln nur aufgesetzt ist. Gerade als ich meinen Blick abwenden will, treffen die braunen Augen mich. Ich zucke unwillkürlich ein wenig zusammen. Für einen Moment habe ich das Gefühl, dass sich sein Blick verändert. Ich nicke ihm kaum merklich zu und er sagt etwas zu Muto, ohne mich aus den Augen zu lassen. Eine Sekunde später kommt er auf mich zu. Ich beobachte überrascht, wie er mir entgegen kommt und spüre wieder wie mich diese merkwürdige Unsicherheit befällt. "Ähm... hallo Kaiba." sagt er mit ungewohnt ruhigem Tonfall. Ich schlucke. "Wheeler." Er kratzt sich verlegen am Kopf und ich sehe ihn erwartungsvoll an. "Also..." hebt er an und versucht zu lächeln, aber es wirkt aufgesetzt. "Wir haben doch gestern den Test zurück bekommen..." meint er sichtlich unsicher. Ich nicke nur. "Den Mathetest, naja und ich dachte... also... ich wollte dir sagen..." Er bricht erneut ab und sucht scheinbar nach den richtigen Worten. Ich erwidere nichts. "Ich hab ne drei bekommen." sagt er schließlich. "So." entgegene ich. Was soll ich sonst auch sagen? Ich weiß ja nicht einmal genau warum er mir diese Information zuteil werden lässt. "Und ähm... also... das verbessert meine Note und so..." fährt er stammelnd fort und mir liegt auf der Zunge ihm zu sagen, dass mich das erstens nicht interessiert und es zweitens auch besser für ihn ist, dass er seine Noten einmal zu verbessern versucht. Doch ich sage nichts dergleichen. Ich starre ihn einfach nur an. "So ist das also und... ähm... das verdanke ich dir... Ich meine, du hast doch mit mir gelernt und... das hat was gebracht... Also, Danke, ähm, Kaiba." Er senkt leicht den Blick und ich habe das Gefühl, dass sich seine Gesichtsfarbe etwas verändert. Nun verstehe ich endlich. Natürlich. Ich nicke. "Gut." entgegne ich und meine Stimme klingt schon wieder so fremd. "Dann hat es tatsächlich was gebracht." Er nickt und... Ich starre auf Wheelers Lippen. Sekundenlang fokussiere ich seinen Mund und kann mich nicht rühren. Erst dann realisiere ich die Absurdität dieser Situation und auch, dass Wheeler dieser Umstand keineswegs entgangen sein kann. Ich spüre wie meine Wangen zu brennen beginnen, ein fremdartiges skurriles Prickeln, und meine Nackenhaare stellen sich auf, was ich nur allzu deutlich fühle. Instinktiv möchte ich mich abwenden, doch das würde bedeuten, ein stilles Eingeständnis zu machen, also zwinge ich mich Wheeler in die Augen zu sehen. Sein Blick ruht vollkommen ruhig auf mir, entsetztlich ruhig und fremdartig für Wheelers sonstiges Funkeln. Sollte er tatsächlich bemerkt haben, worauf mein Blick gerade noch abgerichtet war, so lässt er es sich nicht anmerken. Seine Augen... Sie haben einen unergründlichen warmen Ton angenommen und ich verspüre einen kleinen Stich in der Brust. Mein Pulsschlag ist nach wie vor stark erhöht und ich fühle förmlich wie das Blut durch meinen Körper gepumpt wird. Irritiert bemerke ich, dass meine rechte Hand sich langsam hebt, scheinbar einem unbewussten Befehl folgend und im nächste Moment durchzuckt mich der Impuls ihn berühren zu wollen. Meine Hand reagiert tatsächlich darauf und entsetzt stelle ich fest, dass ich wirklich einen Arm ausstrecke. Ich bewege mich wie in Zeitlupe. Wheelers Pupillen weiten sich und er sieht mich mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit, Überraschung und Erwartung an. Es bedarf all meiner psychischen Kräfte, meinem Arm Einhalt zu gebieten ehe meine Fingerspitzen Wheelers Wange streifen. Ich keuche auf und Wheelers Lippen öffnen sich, doch bevor er etwas sagen kann, steht plötzlich Fräulein Aino neben uns. "Joey, Seto, verstaut bitte euer Gepäck, wir starten in zehn Minuten." höre ich sie von weitem sagen. Weder Wheeler noch ich reagieren. Wir sehen uns nur an und ich habe das unbestimmte Gefühl ihm etwas sagen zu müssen. Irgendwas. Eine Erklärung? Aber wofür sollte ich mich rechtfertigen? Ich bin Seto Kaiba. Auch wenn ich augenblicklich nicht ganz Herr meiner Sinne bin. Dennoch kann ich mich dem Impuls nicht entziehen und erst als ich seine Stimme vernehme, lässt der innere Zwang schlagartig nach. Wieder vergehen ein paar Sekunden bis ich begreife, dass ich ihm längst nachgegeben habe. "Seto." sagt er mit heiserer, belegter Stimme und die Tatsache, dass er mich gerade bei meinem Vornamen genannt hat, überrascht ihn genauso sehr wie mich. Aber habe ich das nicht auch gerade getan? Ja. Ohne es zu wollen, ohne einen Grund habe ich tatsächlich "Joey" geflüstert. Und wir sehen uns immer noch an. Verwirrt, ungläubig und so als gäbe es in diesem Moment nur uns beide. Joey und Seto. Ich schlucke. Verdammt, was ist los mit mir? Warum reagiere ich so abnorm und das auch noch vor meiner gesamten Klasse? Und verflucht noch mal, warum schlägt mir mein Herz gerade bis zum Hals? In Joeys Gesicht scheine ich ähnliche Fragen zu entdecken. Seine schönen Augen sind noch eine Spur dunkler geworden und ja, seine Wangen haben sich gerötet. "Joey! Seto!" Fräulein Aino steht noch immer da und beäugt uns mit einem fragenden Blick. Joey blinzelt und ich wende minimal den Kopf in ihre Richtung. "Seto, bring dein Gepäck zum Bus." sagt sie und ich glaube, dass ich nicke. Sicher bin ich mir nicht. Um ehrlich zu sein, ich weiß in diesem Moment gar nicht wirklich wovon die Frau redet. Ich rühre mich nicht und erst als Wheeler den Blick senkt, bin ich wieder in der Realität. Nun ja, zumindest in dem was ich für die Realität halt. Jetzt auch sehe ich wieder den Bus und die Schuler, die sich bereits hinein begeben und erinnere mich daran, warum ich gerade hier bin. Mein Blick fällt auf meinen Koffer und wortlos nehme ich ihn auf. Wheeler folgt mir langsam während ich zum Bus schreite. Die nächsten Minuten ziehen an mir vorbei als würde ich sie wie ein unbeteiligter Zuschauer beobachten. Ich reiche meinen Koffer dem Busfahrer, der ihn zu den andern in den Laderaum befördert und nun folge ich Wheeler in den Bus. Seine Schritte wirken seltsam unsicher, genau wie meine und genauso unsicher lässt er sich neben Muto nieder. Ich suche mir einen Platz und bin froh als ich endlich sitzen kann. Langsam atme ich ein und wieder aus und spüre, dass ich allmählich die Kontrolle über meinen Körper und meine Gedanken zurück gewinne. Was war das gerade? Was ist da passiert? Mein Blick wandert erneut zu Wheeler. In mich verliebt? - nun - meiner Treu, das ist eben kein Zuwachs an Verständigkeit, aber doch kein großer Beweis für Torheit, denn ich will mich auch entsetzlich verlieben! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)