Das Shakespeare-Experiment von abgemeldet (oder der Widerspenstigen Zähmung (Seto x Joey)) ================================================================================ Kapitel 8: Phoenix und ... -------------------------- Dritter Aufzug 1. Szene Es treten auf: Seto, Joey und Roland "Warum habe ich mich darauf eingelassen? Warum habe ich dieser impertinenten Frau nicht gesagt, dass ich besseres zu tun habe als mich um Wheelers Mathematikprobleme zu kümmern?" Ich laufe im Zimmer auf und ab und fasse es selbst nicht. "Sir? Ich verstehe nicht ganz." Augenblicklich halte ich in meiner Bewegung inne und erstarre. Meine Augen wandern zu Roland, der mich fragend ansieht und erst jetzt wird mir klar, dass er meine Äußerung gehört hat. Ich habe meinen Gedanken ausgesprochen. Ich bin schockiert und mein Assistent ist sichtlich irritiert. Seto Kaiba führt Selbstgespräche. Ich seufze resignierend. "Nichts, Roland." sage ich nur und er lässt es dabei bewenden. Was auch immer er denken mag, er lässt es sich nicht ansehen. Ich bezahle ihm auch in der Tat genug dafür. Ein weiterer Seufzer und ich lasse mich mürrisch in meinen Sessel fallen. Ich verstehe die Welt nicht mehr. Seit 48 Stunden scheint sie Kopf zu stehen. Aktienberichte und Börsenkurse ziehen an mir vorbei, ich bin unaufmerksam während eines Meetings, aber vor allem muss ich permanent an Joey Wheeler denken. Doch damit nicht genug! Ich habe tatsächlich zugestimmt, diesem unfähigen Köter Nachhilfe in Mathematik zu erteilen. Was ist nur mit mir los? Ach ja... ich erinnere mich. "Sieh dich vor, Kumpel!" Wieder durchzuckt Wheelers Stimme meine sonst so strukturierten Gedanken. Fräulein Aino hat mich vollkommen überrumpelt. Ehe ich wusste, was geschah, hatte ich schon genickt. Dabei hatte ich überhaupt nicht zugehört. Und genau das ist nun das Problem. "Roland, ein Glas Cognac." seufze ich. "Bitte." Mein Assistent nickt und tritt zu dem kleinen Barschrank, den ich im Grunde nur angelegt habe, falls ich einmal einen Geschäftspartner im Haus empfange. Was bislang allerdings noch nie vorgekommen ist. Und bislang bin nur ich es, der sich ein Glas genehmigt. Dabei mache ich mir nicht einmal was aus Alkohol. Dennoch schätze ich zur Zeit die beruhigende Wirkung durchaus. "Bitte, Sir." Roland reicht mir ein Glas und ich nicke. Mein Kopf schmerzt noch immer und ich muss das Glas erst einmal auf dem Tisch abstellen, um meine pulsierenden Schläfen zu massieren. Joey Wheeler wird gleich hier sein. Jeden Moment. Genauer gesagt, in fünfzehn Minuten, sofern dieser Köter pünktlich ist. Ich stöhne unwillkürlich auf. Warum habe ich tatsächlich eingewilligt? Und warum hat dieser Köter auch nicht protestiert? In seiner derzeitigen Verfassung müsste er mir doch eigentlich aus dem Weg gehen wollen, oder? Mir kommt ein entsetzlicher Gedanke. Vielleicht freut er sich darauf mit mir alleine zu sein? Wenn ich tatsächlich das Objekt seiner Begierde bin, dann müsste ihm eine solche Zweisamkeit trotz der Umstände, die dazu führen, erfreuen. Ich leere das Glas in einem Zuge. Ich bin Wheelers Objekt der Begierde. Wie konnte es dazu kommen? Immer wieder keimt die gleiche Frage in mir auf. Dass ich auf die weiblichen Schüler eine gewisse Wirkung ausübe, habe ich inzwischen zur Kenntnis genommen. Nicht, dass es mich wirklich interessieren würde. Im Grunde verstehe ich nicht einmal, warum dem so ist. Schließlich tue ich nichts, was solch ein Verhalten erklären könnte. Aber ich kann nicht umhin zu registrieren, dass sich sogar einige Gruppierungen gebildet haben, die man als Fanclubs bezeichnen könnte. Lächerlich. Schließlich bin ich kein alberner Rockstar sondern Leiter einer Spielefirma. Aber pubertierenden Gören scheint das egal zu sein. Ob Wheeler in einem dieser Fanclubs ist? Natürlich nicht. So dämlich wäre noch nicht einmal dieser Streuner. Meine Nerven. Ich glaube, ich brauche noch ein Glas. Roland versteht das Zeichen direkt. Dieses Mal kommt er gleich mit der Karaffe. Noch elf Minuten. Wie soll ich das nur überleben? Wie kann diese Frau auch nur auf solch eine verrückte Idee kommen? Es müsste doch allseits bekannt sein, dass Wheeler und ich alles andere als auf freundschaftlichem Fuß verkehren? Ob er tatsächlich kommen wird? Gestern Morgen war er so... so kleinlaut. So ruhig. So ganz anders. Während des gesamten Unterrichts hat er mich immer wieder angesehen. Einfach alles an ihm war anders. Er schien vollkommen in Gedanken. Unwillkürlich verziehe ich die Lippen zu einem sarkastischen Lächeln. Wheeler und denken. Absurd. Zumindest schien es so, dass er nachdenkt, was auch immer dies bei ihm bedeuten mag. Und sein Blick... Ich habe ja schon oft gesehen wie seine Mimik entgleist ist, aber nie hat er so ernst ausgesehen, die braunen Augen waren sogar eine Spur dunkler als sonst. Einen Moment hatte ich den Eindruck, dass sie traurig aussehen. Dabei ist Wheeler für gewöhnlich alles nur nicht traurig oder still. Er ist für gewöhnlich sogar geradezu eine übersprudelnde Quelle an Lärm und Optimismus. Ein Stehaufmännchen, dessen Fähigkeit, sich immer wieder aufzurappeln, geradezu bemerkenswert sind. Selbst meine spöttischen Kommentare bringen ihn nicht aus der Fassung. Nein, er kontert stets. Manchmal sogar mit einem Funken Witz. "Joey Wheeler gibt niemals auf!" Das muss man ihm tatsächlich lassen, seine Zuversicht ist unerschütterlich. Ich habe ihn schon so oft geschlagen und er weiß genauso gut wie ich, wie haushoch ich stets gewonnen habe, dennoch... er versucht es immer wieder. Er wirkt direkt ehrgeizig, wenn es darum geht mich in einem Duell zu schlagen. Gut, wer kann ihm das verübeln? Ich bin der beste Duellant - ich wäre es auch offiziell, wenn dieser Muto nicht... Fünf Minuten. Ich wende mich an Roland. "Vermutlich wird jeden Augenblick ein Köter namens Joey Wheeler klingeln." sage ich betont gleichgültig. "Führen sie ihn in den Salon und passen sie auf, dass er keine Pfotenabdrücke auf dem Teppich hinterlässt." Roland nickt und schickt sich an zu gehen. Ich leere mein zweites Glas. Dann erhebe ich mich langsam aus meinem Sessel. Nun gut, bringen wir die Sache hinter uns. Ich werde einfach versuchen sachlich und ruhig zu bleiben und zu ignorieren, dass es Joey Wheeler ist, dem ich diese Formeln erläutere. Natürlich weiß ich schon jetzt, dass dieser Versuch zum scheitern verurteilt ist. Und die Bestätigung, sofern es noch einer bedurft hat, erhalte ich ein paar Minuten später als ich Joey Wheeler auf meinem weißen Sofa sitzen sehe. "Kaiba." Er zuckt ein klein wenig zusammen als ich den Raum betrete. Er wirkt definitiv unsicher und merkwürdig deplatziert in meinem farblich abgestimmten Salon. Er versucht zu grinsen, kratzt sich dabei scheinbar verlegen am Kopf, was die wuschligen, blonden Haare nur noch mehr durcheinander bringt und blickt unschlüssig zu mir rüber. "Wheeler." entgegene ich betont gleichgültig. Er hat sich erhoben und zupft unruhig an seinem T-Shirt. Einen Moment stehen wir beide unschlüssig da und sehen uns an. Scheinbar wissen wir beide nicht was wir von der Situation halten sollen, geschweige denn wie wir uns verhalten sollen. Es ist das erste Mal, dass wir uns unter solchen Bedingungen treffen. Und schlagartig wird mir bewusst, dass es für ihn weitaus schwieriger sein muss als für mich. Abgesehen von der Tatsache, dass seine Noten miserabel sind und er in der Tat Nachhilfe bedarf, folglich also Fräulein Ainos Anliegen nicht abweisen konnte, es muss mehr als unangenehm sein, ausgerechnet mir gegenüber zu stehen. Unter normalen Umständen hätte er sicher schon einen seiner banalen Kommentare los gelassen und mich als reichen Pinkel betitelt. Aber seine Gefühlslage verbietet es ihm scheinbar. Und ohne es zu wollen, ja, dass es auch nur einen wirklich logischen Grund dafür gibt, tut der kleine Köter mir plötzlich leid. Wirklich leid. Er ist der geborene Loser und genauso steht er auch da. Er, mit seiner Secondhandkleidung, in einem überstylten Salon. Ich muss unwillkürlich schlucken und mir fällt plötzlich wieder ein, dass das Leben bislang nicht gerade gut mit Joey Wheeler umgesprungen ist. Soweit ich weiß sind seine Eltern geschieden. Seine Mutter und auch seine Schwester leben weit weg. Er ist bei seinem Vater, über den man so manches Gerücht hört. Und... er arbeitet neben der Schule in einer Pizzeria. Komisch, dass ich dieses Dinge weiß. Dabei spielen sie für mich überhaupt keine Rolle. Im Grunde dürfte mich lediglich interessieren, wie seine Leistungen bei DuelMonsters sind. Hm. Serenitiy. Das ist der Name seiner Schwester. Auch die Information habe ich in meinem Kopf gespeichert. Ich glaube, ich bin dem Mädchen sogar begegnet, auch wenn ich mich nicht daran erinnern kann. Warum erinnere mich an ihren Namen? Ach ja, er wollte das Preisgeld für sie gewinnen. Joey brauchte das Preisgeld für Serenity. Verdammt, Seto. Reiß dich zusammen. Konzentrier dich auf das Wesentliche. All diese Dinge gehören nicht in den Fokus. "Hast du dein Buch dabei?" frage ich schließlich. Er nickt und hält es hoch. "Gut." Ich überlege. Dann deute ich zum Tisch. "Möchtest du etwas trinken?" Die Frage scheint ihn genauso zu überraschen wie mich. Wieder starren wir uns an. "Gerne." erwidert er nach kurzem Zögern und erst jetzt fällt mir auf, dass Roland gar nicht zugegen ist. Ich nickt und trete zum Telefon. Roland reagiert sofort. "Bringen sie mir irgendwas zu trinken für... meinen Gast." Meine Stimme klingt seltsam fremd. "Und die Flasche Cognac." füge ich hinzum, dann wende ich mich wieder Wheeler zu. Meinem Gast. Er ist bereits zum Tisch getreten und blickt mich immer noch unsicher an. Er macht fast den Eindruck als wäre er ein kleines Kaninchen, dass vor einer Königskobra sitzt. Unwillkürlich muss ich lächeln. Was denkt er denn? Dass ich ihn jeden Moment umbringe? "Du kannst dich ruhig setzen." sage ich mit immer noch fremder Stimme und er leistet meiner Aufforderung wortlos Folge. Verdammt. Dieser ruhige Wheeler macht mich nervös. Kann er nicht irgendwas erwidern? Kann er nicht so sein wie immer? Ich will unseren Modus nicht ändern. Mir gefällt unser Modus. Das hier... irritiert mich. Sehr. Und mich neben ihn zu setzen, ist noch irritierender. Ich spüre seine Gegenwart so deutlich, dass ich für einen Moment nicht weiß was ich tun soll. Er sieht mich dagegen erwartungsvoll an und seine Augen, sie haben einen ungewöhnlich warmen Braunton. Ich spüre wie sich meine Nackenhaare aufstellen. "Seite 208." sage ich mit rauer Stimme und er widmet sich dem Buch. Ich atme erleichtert auf. Es ist eigenartig auf diese Weise, von ihm angesehen zu werden. Ohne ein Fünkchen Wut darin. Frappierend. Ich müsste nur meinen Arm etwas bewegen und wir würden uns berühren. Welch Feuer durchströmt mein Ohr! Ists wirklich wahr? Wollt ihr mir Spott und Hohn so scharf verweisen? Leb wohl denn Stolz für immerdar, mich lüstet nimmermehr nach solchen Preisen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)