Der Herr der Zeit von KimRay (Part IV: Über dem Abgrund) ================================================================================ Kapitel 14: Magie der Zeit -------------------------- Kaum zu glauben, aber ich hab's endlich mal wieder geschafft, ein Kapitel zu schreiben! Ich weiß, es hat viel zu lange gedauert! Aber Part III ist ganz einfach schwierig! Keine Ausrede schon klar und im Moment geht es wirklich ganz gut, auch wenn ich schon wieder gewisse räumliche Störungen habe! *ggggggggrrrrrrrrr* wenn ich mein Küche nicht zum Schreiben für mich allein habe bin ich ungenießbar...und bring nichts fertig! Hier ist jedenfalls erst mal wieder ein Chap! Auch wieder ein bisschen länger ( das nächste wird noch länger^^° ) und es ist gewidmet all denen, die das Warten nicht aufgegeben haben und all denen, die mir so fleißig Kommis geschrieben haben *strahlt und fröhlich durch IHRE Küche tanzt* Ihr seid so nett zu mir! Danke, danke, danke, danke.......*eine halbe Stunde später*...danke! Okay! Ich weiß ich bin durchgeknallt! Aber ich bin einfach happy, wenn ich Kommis lesen darf! *gg* Also, macht weiter so! ~ An dieser Stelle bin ich so frei und bedanke mich auch ganz herzlich bei all denen, die mir für das letzte Chap von ,Erkenntnis aus der Dunkelheit' Kommis geschrieben haben, falls Ihr das hier auch lest!!!!!!! Wenn nicht bedanke ich mich eben in VS noch mal! ~ Also, zum Chap, tja, was soll ich sagen, ich hatte Startschwierigkeiten und ich denke das merkt man, denn auch Feary - meinen besten Dank an Dich fürs beta-lesen - hat gemeint, dass die erste Hälfte sich schwer lesen lässt, obwohl es die ist, die schon seit Monaten fertig ist ( wenn ich mir diesen Satz so ansehe, wundert mich das irgendwie nicht mehr ~.~ ) Ich glaube ich halt einfach die Klappe und höre mir an, was Ihr dazu zu sagen habt! Reißt mir nicht den Kopf ab, sonst gibt's das nächste Chap nicht! (Wär Schade, wo's nun mal schon fertig ist *tralalalalala*) Oh man, dreh mir sofort jemand den Strom ab! Viel Spaß beim Lesen und zum nächsten Mal! Bye KimRay Kapitel 14 Magie der Zeit "Geht's wieder?" Snapes Stimme war kalt wie immer. Harry öffnete die Augen und das erste, was er feststellte, war, dass er nicht richtig sehen konnte. Alles war verschwommen. Mit zittrigen Händen tastete er nach seiner Brille, doch sie war da, wo sie hingehörte. "Was ist?" Snape klang bissig wie immer und Harry versuchte sich zusammen zu reißen. "Ich kann nicht richtig sehen!" Ein verschwommenes Gesicht erschien dicht vor ihm. Harry spürte, wie Snape ihm die Brille abnahm und es wurde noch schlimmer. "Sieht aus, als verkraftest du es nur sehr schlecht!...Wie fühlt sich dein Kopf an?" Snapes Zweifel kamen noch viel heftiger zurück. Es mochte ja sein, dass Potter den Homorfus anwenden konnte, doch es sah nicht so aus, als würde er ihm sonderlich gut tun. "Wie Watte...als wäre er leer! Das wird bestimmt gleich wieder!" Harry schloss die Augen und sammelte sich. Er musste dieses Gefühl aus seinem Kopf vertreiben und konnte es nicht brauchen, Snapes offensichtliche Zweifel noch mehr anzuheizen. Der Lehrer ließ ihn nicht aus den Augen. Die Würfel waren gefallen und es gab kein zurück mehr. Das war ihm klar, doch es hinterließ trotzdem ein richtig mieses Gefühl bei ihm. "Ruh dich aus!...Ich muss noch ein paar Sachen zusammen suchen, bevor wir hier verschwinden!" Geschäftig begann er erneut Zaubertrankzutaten aus seinem Vorrat zu nehmen und in seine Tasche zu packen. Je mehr er auf Lager hatte, desto besser. Man konnte nie wissen, wann man einen schwer aufzutreibenden Trank brauchte und Snape gehörte zu den Menschen, die immer auf alles vorbereitet sein wollten. Harry saß mit noch immer geschlossenen Augen in seinem Sessel und zumindest sein inneres Auge wurde langsam wieder klar. Das neblige Gefühl in seinem Kopf löste sich langsam auf und Bilder huschten durch sein Bewusstsein, Bilder aus Snapes Leben, diesmal langsam genug, dass er sie erkennen konnte und das gefiel ihm ganz und gar nicht. Er wünschte sich, all das, was Snapes Privatleben anging, nie gesehen zu haben, denn die Tatsache, dass Snape mehr als einen Grund hatte, seinen Vater und dessen Freunde zu hassen, war nicht angenehm. Es war jedoch nicht mehr rückgängig zu machen. Als sein Kopf sich nach einer scheinbaren Ewigkeit endlich wieder so anfühlte, wie er es gewöhnt war, öffnete er die Augen und beobachtete Snape, der gerade konzentriert den Inhalt seiner Tasche checkte, um ja nichts zu vergessen. Harrys Sicht war wieder klar, klarer, als er es erwartet hatte. "Professor Snape?" Snape sah nicht auf. "Hat sich dein Schädel normalisiert, wenn man das so sagen kann?" Er klang kalt und bissig, so wie Harry es gewohnt war und er nahm ihm das nicht übel. Snape gehörte nun einmal zu denen, die grundsätzlich an seinem Verstand zweifelten. Das würde sich nicht ändern bloß, weil er ihm erlaubt hatte seinen Verstand zu durchleuchten. Es würde diese Überzeugung wohl eher noch verhärten. "Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen!" Diesmal schoss Snape zu ihm herum und sah ihn an. Harry begegnete dem Blick seines Lehrers und es war das erste Mal, dass in dessen ausdruckslosen Augen eine Spur von Reaktion zu sehen war. Auch wenn Harry das nicht wirklich deuten konnte, wusste er doch, dass Severus Snape ganz genau verstanden hatte, was er meinte. Harry war sich nicht ganz klar, warum er das gesagt hatte. Irgendetwas tief in ihm hatte ihn dazu gedrängt. Vielleicht, weil er selbst wusste, wie es war, wenn man immer gepiesackt und verspottet wurde, vielleicht auch, weil der Heiligenschein seines Vaters einen Riss bekommen hatte, es war ihm ganz einfach ein Bedürfnis gewesen. Er wusste, dass eine Entschuldigung von ihm nichts am Verhalten seines Vaters in der Vergangenheit ändern konnte, doch etwas sagte ihm, dass Snape es trotzdem zu würdigen wusste. "Bist du wieder fit?" Snape wandte den Blick wieder seiner Tasche zu ohne irgendwie auf Harrys Entschuldigung einzugehen. Die Wahrheit war ganz einfach, dass er keine Ahnung hatte, wie er darauf reagieren sollte, denn das war das letzte, womit er gerechnet hatte. Harry stand auf. Er hatte nichts anderes erwartet. "Es geht wieder!" Nachdenklich putzte er seine Brille mit einem Zipfel von Dracos Umhang. Snape ließ die Tasche zuschnappen, schrumpfte sie und ließ sie in seinem Umhang verschwinden. "Gut! Dann sollten wir uns auf den Weg machen!" Er beobachtete, wie Harry seine Brille auf die Nase schob und den Umhang schloss. "Du solltest das Abzeichen abmachen, wenn du nicht willst, dass jemand auf die Idee kommt Hogwarts zu besuchen!" Harry senkte den Blick und starrte das Slytherinabzeichen auf Dracos Umhang einen Augenblick lang an. Snape hatte Recht, auch wenn er sich im Moment noch nicht überwinden konnte, es zu entfernen. Gleich darauf nahm sein Lehrer ihn am Arm und sie disapparierten. *** "Wach auf, Potter!" Harry knurrte leise und drehte sich auf die andere Seite. Snape hob die linke Augenbraue und rüttelte heftiger an seiner Schulter. "Du sollst aufwachen!...Du schläfst seit heute Morgen! Irgendwann muss es reichen!" Harry rollte wieder auf den Rücken. Er rieb sich mit den Händen übers Gesicht und versuchte die Müdigkeit zu vertreiben. Snape mochte glauben, er habe den ganzen Tag verschlafen, doch da irrte er sich. Die Bilder aus Snapes Kopf hatten ihm keine Ruhe gelassen und er war erst irgendwann am Nachmittag fest eingeschlafen. Zuvor hatte er immer wieder verwirrendes Zeug geträumt, in denen sein Vater, Snape und Draco die Hauptrolle gespielt hatten und das war nichts, was zu seiner Ruhe beitrug. Sie waren in einem kleinen Muggelhotel in Little Hampton, südlich von London am Kanal. Snape war mit ihm in einen kleinen Park appariert. Sie hatten ihre Umhänge ausgezogen und zu Harrys Überraschung trug der Zaubertränkelehrer darunter ganz gewöhnliche Muggelkleidung, nämlich eine Jeans, ein verwaschenes, kurzärmeliges Baumwollhemd und Turnschuhe. Snape hatte ihm seine Verblüffung angesehen und bemerkt, er sollte nicht so glotzen. Der Effekt war gewesen, dass er sich ein breites Grinsen hatte verkneifen müssen, als er ihm folgte. Es dürfte seinem Lehrer gar nicht gefallen, wenn ausgerechnet er soviel über ihn erfuhr. Snape hatte ihn direkt zu diesem Hotel gebracht, ihn als seinen Sohn ausgegeben und ein Doppelzimmer genommen. Er kannte sich hervorragend aus mit den Geflogenheiten der Muggel, doch das war keine Überraschung mehr für Harry. Er arbeitete schon seit Jahren als Spion für Dumbledore und den einfachen Muggel zu spielen war die beste Tarnung; wieder eines der Bilder aus seinem Kopf. Harry hatte es bei Seite gewischt und die Tatsache verarbeitet, dass Snape ihn einfach so zu seinem Sohn gemacht hatte. Dabei hatte er es als höchst schockierend empfunden, dass der Nachtportier des Hotels das nicht im Geringsten bezweifelte. Er hatte sie beide mit einem freundlichen Lächeln bedacht und versuchte Snape in ein Gespräch zu verwickeln, ein hoffnungsloses Unterfangen und ein mürrischer Blick von Seiten des Professors hatte diesen Versuch abrupt abgebrochen. "...müssen gehen!", drang Severus Snapes Stimme wieder an sein Ohr und Harry stellte fest, dass er kein Wort von dem, was er ihm erzählt hatte mitbekommen hatte. Er stand auf und verschwand im Bad. Gleich darauf war die Dusche zu hören. Snape starrte auf die Tür. Er hatte das unangenehme Gefühl, dass Potter ihm überhaupt nicht zugehört hatte. Er stellte keine Fragen. Das verwunderte ihn zwar nicht wirklich, aber dass er so einfach tat, was er sagte, war trotzdem verblüffend. Nachdem sie hier im Hotel eingecheckt hatten, hatte er ihm in groben Zügen erklärt, was er vorhatte. Potter brauchte einen erstklassigen Zeitmagier und der beste, den es in England gab war Armando Dippet, Albus Dumbledores Vorgänger in Hogwarts. Er lebte sehr zurückgezogen hier in der Nähe und nachdem er Potter schlafen geschickt und das Zimmer mit einem Schutzbann belegt hatte, war er damit beschäftigt gewesen, Dippet zu erreichen. Er hatte den ganzen Tag dafür gebraucht, doch dafür war Dippet einverstanden, sie noch heute Abend zu treffen - um Harry diesen Plan auszureden. Snape wusste, dass das sinnlos war, doch es würde interessant werden zu beobachten, wie er sich diesmal herauszureden versuchte. Ein paar Minuten später kam Harry aus dem Bad, in der obligatorischen Jeans und dem verschlissenen, grauen T-Shirt, das er unter dem Umhang getragen hatte. Snape hatte jedoch den Eindruck, als sähen die Sachen ein wenig besser aus, als in der Nacht und er vermutete, dass Harry einen Zauber verwendet hatte, um sie wieder in Schuss zu bringen. "Wie geht's weiter?" Gedankenverloren nahm er Malfoys Umhang und löste mit einem Tipp seines Zauberstabes das Slytherinwappen ab. "Du hast kein Wort von dem gehört, was ich zu dir gesagt habe, oder?" Snapes Tonfall war unerwartet aggressiv und sein Mund wurde zu einer schmalen Linie, als er zweifellos verärgert aufstand und Harry nicht mehr die Zeit gab, den Umhang auch noch mit dem Reinigungszauber zu belegen, mit dem er seine Sachen in Ordnung gebracht hatte. Aus dem Augenwinkel konnte er jedoch sehen, wie Harry das Wappen in die Tasche seiner Jeans schob. "Hab nicht zugehört, sorry!" Er wirkte müder als erwartet, dafür, dass er den ganzen Tag verschlafen hatte, doch Snape war nicht mehr so sicher, ob das wirklich so war. Vermutlich hatte er die ganze Zeit Gedanken gewälzt und war nicht zum schlafen gekommen, so jedenfalls fühlte sich die dumpfe Leere an, die im Moment von seiner Seele ausging. Er war wie ausgebrannt, kein guter Anfang und wieder verspürte Snape nagende Zweifel. Immerhin hatte er ja die Verantwortung für Harry übernommen und möglicherweise musste er sich irgendwann rechtfertigen, wenn ihm etwas zustieß. Snape wischte den Gedanken bei Seite und ging zur Tür. Die Chance, dass es dazu kam war ziemlich gering. Das wusste er. Knurrend trieb er Harry an und stutzte ihn zu Recht für seine Unaufmerksamkeit. Es war das, was er am besten konnte und je gewohnter ihr Verhältnis war, umso besser für ihn. "Dann hast du Pech gehabt! Komm schon! Wir müssen gehen! Um 9.00pm sind wir verabredet und wir müssen ein Taxi nehmen!" Harry legte den Umhang wieder über den Sessel. Lieber hätte er ihn übergezogen, so als könne er ihm Schutz bieten, doch wenn sie ein Taxi nahmen, war es nichts mit Zaubererumhang tragen. Resigniert folgte er Snape aus dem Zimmer und fragte sich, wen sie treffen wollten, dass sie ein Taxi nehmen mussten. Im Foyer hatte er Snape dann jedoch dank seiner Trödelei aus den Augen verloren. Irritiert sah er sich um und sein Blick blieb an der jungen Frau, die den Platz des Nachtportiers eingenommen hatte, hängen. Sie war nicht viel über zwanzig, blond und sehr hübsch. Harry spürte Hitze in den Wangen. "Kann ich Ihnen helfen?" Ein strahlendes Lächeln erschien auf ihren Lippen. "Eh...mein...ähm...Vater...Wo ist er?" Die Farbe auf seinen Wangen wurde intensiver und das Lächeln der Frau noch ein wenig wärmer. "Er hat ein Taxi rufen lassen und wartet vor der Tür!" "Danke!" Harry war sicher, dass man dieses Lächeln als wohlgesonnen definieren konnte. "Gern geschehen!" Er brachte es tatsächlich fertig zurück zu lächeln, bevor er nach draußen ging. Snape stand doch wahrhaftig draußen, neben dem Eingang und hatte eine Zigarette im Mundwinkel. Harry klappte die Kinnlade herunter. "Meinen Sie nicht, dass sie ein wenig übertreiben, Professor?" Snape funkelte ihn an. "Ich bin dein Vater!...Benimm dich!...Und das hier!..." Er wies auf die Zigarette. "...ist meine Sache!" Das Lächeln auf Harrys Lippen erreichte seine Augen nicht wirklich. "Klar...Dad!" Langsam wurde die Geschichte bizarr. Snape spielte sich tatsächlich auf, als habe er das Kommando. Im Moment war das leider wohl auch so, denn Harry war auf ihn angewiesen. Nur eine halbe Stunde später hielt ihr Taxi vor einem kleinen Cottage außerhalb von Little Hampton. Sie hatten kein weiteres Wort gewechselt und Snape schon drei Zigaretten geraucht. Es sah ganz danach aus, als sei das eine echte Angewohnheit seines Lehrers, die er annahm, sobald er sich als Muggel ausgab. Als das Taxi anhielt, zahlte Snape und komplimentierte Harry nach draußen. "Worauf wartest du?" Harry funkelte ihn immer noch verärgert an. "Keine Ahnung!", nuschelte er und ließ sich absichtlich Zeit, als er ausstieg. Provokativ beobachtete er, wie sein Lehrer ihm folgte und sich schon wieder eine Zigarette anzündete. "Halten Sie das für gesund?" "Geht dich das was an?" Harry stellte fest, dass er inzwischen fast genauso wütend war wie Snape. Ihr seltsames Verhältnis provozierte ihn ungemein und er konnte es nicht lassen ihn weiter zu reizen. "Klar, DAD! Schließlich bist du mein Ernährer und ich will mein Leben noch eine Weile genießen!" Ohne auf eine Entgegnung zu warten wandte Harry sich ab und Snapes Blick bohrte sich wie ein Dolch in seinen Rücken. In diesem Moment wünschte er sich nichts mehr, als all diese Erinnerungen irgendwann aus Potters Kopf blasen zu können. Augenblicke später standen sie vor der Tür des kleinen Cottages, das gut verborgen hinter Rosen und Efeuranken lag. Snape klopfte, während er zu Harry bemerkte: "Mach dich auf etwas gefasst! Er ist gar nicht begeistert von deinem Plan!" Inzwischen wusste Harry, dass er dabei war Armando Dippet zu treffen. Sein Haus war mit Bannen belegt und man konnte es nur auf Muggelart erreichen. "Es ist deine Sache ihm begreiflich zu machen, warum du sein Wissen brauchst!" Das klang vielversprechend nach Schwierigkeiten, doch Harry vergaß es erst einmal, als die Tür aufging und ein kleiner alter Mann, mit weißen Haaren und einem scheußlich braunen Hausmantel bekleidet, sie herein bat, nachdem Snape sie vorgestellt hatte. Harry hatte Dippet einmal gesehen, in einem verzauberten Tagebuch. Damals hatte er sehr viel größer und kräftiger ausgesehen und nun überraschte es ihn, wie winzig und zerbrechlich er wirkte. Er folgte ihm und Snape in einen kleinen Salon. Als könne Dippet Gedanken lesen meinte er inzwischen: "Nun ja, Mister Potter, das Alter geht nicht spurlos an einem vorbei und mit meinen einhundertdreiundzwanzig Jahren bin ich wirklich noch sehr rüstig!" Der alte Mann machte es sich in einem der Sessel bequem und wies auf zwei weitere gut gepolsterte Stühle. Harry senkte ein wenig verlegen den Blick, während er Snapes Beispiel folgte und sich setzte. "Entschuldigung!" Ein überraschend warmes Lächeln erschien nun in Dippets Gesicht. "Immerhin hat er ja Manieren, Severus, wenn er schon keinen Verstand hat!...Es tut mir leid, Mister Potter, aber dieser Plan, den sie sich da zurecht gelegt haben ist zwar clever, mutig und vielversprechend, aber er hat einen Haken. Ich kenne keinen Zauberer, der es geschafft hat den Homorfus anzuwenden ohne dabei in irgendeiner Weise geistig Schaden zu nehmen!...Ich kann dem nicht zustimmen!" Ohne Zweifel hatte Dippet kein Problem damit, sofort auf den Punkt zu kommen. Harrys Augen hatten merklich an Wärme verloren. Er warf Snape einen kurzen Blick zu, doch von dem war keine Hilfe zu erwarten. Das hatte er klar gemacht und Harry bezweifelte auch nicht, dass die Argumente die bei Snape gewirkt hatten, hier nutzlos waren. Armando Dippet war zu alt, zu weise und zu aufrichtig, um ihn einfach ins Verderben rennen zu lassen. "Und wie bitte glauben Sie dann, dass Voldemort Einhalt geboten wird?" Seine Stimme war nun kalt und beiden war es bewusst. Harry kämpfte mit dem Bewusstsein, was es bedeutete, wenn niemand den Lord stoppte. Seine Erinnerungen waren dabei nicht sonderlich hilfreich. "Holen Sie Dumbledore zurück! Das ist es, was ich empfehlen würde!...Albus wird einen Weg finden!" Dippet hatte dem Eindruck, als sei Harry plötzlich sehr angespannt, doch er blieb ganz ruhig. Dieser Junge verblüffte ihn völlig. Sicher hatte sich jeder ein bestimmtes Bild von Harry Potter gemacht und auch er hatte eines. Immerhin stand er in losem Kontakt zu Albus Dumbledore und wusste, was Harry schon alles fertig gebracht hatte, seit er in Hogwarts war. Dieser Plan jetzt, war in seinen Augen ein typischer Harry-Potter-Plan. Gnadenlos auf das Ziel losgehen, ohne Rücksicht auf persönliche Verluste. Dippet schob es auf den Überschwang der Jugend und wartete auf Harrys Antwort. Harry klang mühsam beherrscht, als er sagte: "Ich kann Professor Dumbledore nicht zurückholen, ohne Hogwarts zurück zu holen, mal ganz davon abgesehen, dass ich das im Moment eh noch nicht schaffen würde. Ich habe verdammt noch mal gesehen, wie lange es dauert, um nur eine Person zurück zu holen! Wenn Voldemort irgendetwas in Hogwarts hat, dass ihm zeigt, wenn es in die Zeit zurück kehrt, ist er innerhalb von Sekunden da und wird jeden vernichten, der ihm in die Quere kommt...und dann kann ich es nicht mehr rückgängig machen!" Dippets wohlgesonnener Blick war ernst geworden. Sicher war richtig, was er sagte, doch dafür würde es eine Lösung geben. Davon war der frühere Schulleiter überzeugt. "Das Risiko müssen sie eingehen! Es werden sich bestimmt Leute finden, die sie begleiten und versuchen werden das Schloss so lange zu sichern, bis der Zeitbann gelöst ist!" Harry stand auf und ging zum Fenster. Draußen wurde es langsam dunkel. Offenbar hatte Dippet keine Ahnung, was vor sich ging. Es war absolut notwenig, die Ruhe zu bewahren, doch angesichts der Tatsachen fiel ihm das sehr schwer. Dippet hatte nicht gesehen, was er gesehen hatte, und er wusste nicht, was er wusste. "Sie meinen die Leute, die die letzten acht Monate ständig versucht haben, mir zu helfen...die, die ich regelmäßig rauswerfen musste, weil ich sie nicht sehen wollte!" Er klang nach Smalltalk doch innerlich war er in Aufruhr. Snape konnte spüren, dass er wieder mit seinen Erinnerungen kämpfte und er stellte fest, dass dieses Argument gefährlich zutreffend war. Schließlich hatte niemand auch nur versucht herauszubekommen, was in Hogwarts passiert war. Dippet starrte inzwischen betroffen auf Harrys Schultern, bevor er meinte: "Sie wollen doch nicht sagen, dass niemand dort gewesen ist, oder?" Harry sah in nicht an und starrte weiter in die hereinbrechende Dunkelheit. Es half ihm ruhig zu bleiben. "Kein Mensch!...Nicht einer!...Professor Dippet, ich weiß nicht, inwieweit sie auf dem laufenden sind, was in der magischen Welt geschieht, ich hab auch nicht viel Ahnung, aber ich war in der Winkelgasse, vor ein paar Tagen. Alles, was ich gesehen habe, war Angst. Soviel Angst, dass die Zauberer es nicht mal gewagt haben sich gegenseitig in die Augen zu schauen...Ich weiß nicht, was Voldemort alles getrieben hat, nachdem er die Macht übernommen hat, aber ich habe keinen gesehen, der nicht mit gesenkten Kopf und der Angst im Nacken durch die Gegend gehastet ist! Es wundert mich nicht bei dem, was sie mit Hogsmeade angestellt haben!" "Was ist in Hogsmeade geschehen?... Es gab Gerüchte, doch sie waren zu unglaublich... ich..." Nun klang der alte Mann seltsam ausdruckslos, so als wolle er nicht hören, was Harry zu sagen hatte. Harry senkte den Kopf. "Sie können jedes Wort glauben...und wenn Sie es um das doppelte grausamer machen, wissen Sie, was da geschehen ist!...Ich war da...ich habe es gesehen! Voldemort hat Hogsmeade dem Erdboden gleich gemacht und jeden getötet, den er erwischen konnte. Dabei war es ihm gleich, ob die Leute bei lebendigem Leib verbrannten, oder anders ums Leben kamen. Hauptsache, sie waren tot...Ich will so etwas nie wieder sehen!...Nie wieder...und dazu brauche ich ihre Hilfe!" Schweigen legte sich über den Raum. Dippet starrte fassungslos ins Leere, Harrys musterte den Teppich und Snape ließ Harry nicht aus den Augen. Er hatte gesehen, was Harry meinte, doch ihn konnten diese Bilder bei weitem nicht so schockieren, wie Harry, denn er sah solche Grausamkeiten nicht zum ersten Mal. Mehr Sorgen machte ihm das Gefühl, das Potter im Moment beherrschte. Er hatte seine Angst wieder einmal mit eisiger Härte unter Kontrolle gebracht und zwang sich gerade, diese Bilder noch einmal zu sehen. Er wusste, dass er damit klar kommen musste, denn ohne jeden Zweifel würde er noch anderes zu sehen bekommen, ob er wollte oder nicht. "Es muss einen anderen Weg geben!" Dippets Stimme fehlte jede Überzeugung und Snape bezweifelte nicht, dass diese Aussage auf reinem Wunschdenken gründete. Es überraschte ihn, dass Harry ihn so schnell packte, doch es war wohl etwas in seiner spürbaren Ehrlichkeit und diesem unterdrückten Horror, der von ihm ausging, das Eindruck hinterließ. Harry hob den Kopf und starrte wieder nach draußen. Gnadenlos unterdrückte er jedes Gefühl. "Nennen Sie mir einen! Jetzt und hier, dann werde ich gehen und anderen die Sache überlassen, aber nur dann! Ansonsten werde ich sie zwingen, Professor Dippet!...Zweifeln Sie nicht daran!" Zu Snapes absoluter Überraschung zweifelte selbst er nicht eine Sekunde an dem, was er sagte. Es war keine Veränderung in seiner Stimme zu hören, kein Nachdruck in dem, was er sagte, doch es vermittelte Endgültigkeit. Potter würde keine Kompromisse machen und plötzlich fragte er sich, ob sein eigenes bisschen Wissen schon reichen würde, Dippet gegen seinen Willen einen Homorfus aufzuzwingen. Harry wandte sich ihnen wieder zu und sein Blick war eisig. Sofort war Snape klar, worauf er sich verließ. Für den Ernstfall hatte er immer die Finsternis zu seiner Rückendeckung und er schrak nicht davor zurück, sie zu verwenden. Er spielte mit seiner bedrohlichen Aura und schüchterte seine Umgebung damit ein, genau wie der Lord. Dippet jedoch konnte er damit nicht beeindrucken, auch wenn das, was er gesagt hatte, Eindruck bei ihm hinterlassen hatte. Harry war zu allem entschlossen. Daran gab es keine Zweifel mehr für den alten Zauberer. "Würden Sie uns bitte allein lassen, Severus!" "Sicher!" Snape stand auf und ging aus dem Zimmer. Einen Moment später hörte Harry die Vordertür und ahnte, dass der Lehrer schon wieder eine Zigarette in der Hand hatte. Dippet hatte Harry fixiert. "Du kannst damit aufhören, ich bin immun gegen solche Drohungen! Ich bin zu alt und zu müde, um mir darüber Gedanken zu machen!" Armando Dippet hatte beschlossen, alle Förmlichkeiten hinter sich zu lassen. Diese Geschichte war zu persönlich. Es ging um das Leben dieses Jungen. Harry antwortete nicht auf seine Bemerkung. Die Kälte blieb in seinem Blick. Er war wütend, wütend auf sich selbst, weil er glaubte, sich nicht wirklich verständlich machen zu können und wütend auf Dippet, weil er scheinbar nicht begreifen wollte, wie es momentan in der englischen Zaubererwelt aussah und welches Grauen Voldemort verbreitete. Auf Grund dieser Wut war es ihm im Augenblick unmöglich, diese unbewusste Drohung zu kontrollieren und Dippet merkte es. "Spürst du es?" "Was?" "Wie dir die Kontrolle entgleitet! Und dabei hast du gerade mal einen einzigen Homorfus durchgeführt!...Jeder weitere wird dich ein Stück deiner Kontrolle kosten und nur Zauber, die dein ganzes Wesen vernichten können das verhindern!...Ich bin mir aber sicher, dass du so weit nicht gehen wirst!...Du willst nicht wie Der-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf sein! Du wirst alles tun, um das zu verhindern und darum kann ich dich nur bitten hier und jetzt aufzuhören und einen anderen Weg zu suchen!" "Voldemort hat sein Wissen über den Homorfus erlangt?" Die Tatsache, dass auch Dippet den schwarzen Lord nicht beim Namen nannte, überraschte ihn. "Nicht nur!...Er war immer ein hochbegabter Zauberer, doch als er die Grenzen der Moral hinter sich gelassen hatte, war es ihm egal, welchen Weg er ging um unsterblich zu werden!" Der Themenwechsel sorgte dafür, dass Harry sich wieder auf das wesentliche konzentrieren konnte. "Ist er das?...Ist er unsterblich?" "In gewissem Sinne, ja!...Körperlich kann ihm ein einfacher Magier nichts anhaben. Seine Seele hat er schon lange verloren!" Dippet war aufgestanden und stand nun direkt vor ihm. Sein Blick ruhte bittend auf Harry, der ihn nicht ansah. "Tu es nicht! Harry!...Du hast deine Pflicht schon erfüllt...es kann nicht sein, dass du auch noch deinen Verstand und vielleicht dein Leben opferst!...Das wäre nicht fair!" Harry sah ihn noch immer nicht an. "Was ist schon fair? Helfen Sie mir, Professor Dippet!...Ich werde diesen Weg gehen und es ist mir egal, welchen Preis ich dafür zahlen muss!...Mein Leben ist verbunden mit Voldemort ...schon so lange! Wer weiß schon ob es nicht eh endet, wenn sich ein anderer findet, der ihn vernichtet!...Also kann auch ich es machen!" Harry konnte die dunkle Macht in sich spüren, pulsierend, als schlüge ein zweites Herz in seiner Brust. Wenn er seine Angst und seine Gefühle so stark niederkämpfte, dass sie erloschen, war das so. Das war ihm in der Nacht zuvor auf den Klippen klar geworden. Es war der Weg in die Seele des dunklen Lords, seine Chance zu sehen, was er tat. Seitdem wusste er, dass Voldemort ein Teil von ihm war und er wusste nicht, ob er ohne diesen Teil leben konnte. Dippet ließ ihn nicht aus den Augen. Die Vorstellung, dass er bereit war möglicherweise auch sich selbst zu vernichten, wenn er Voldemort besiegte, war beängstigend, doch gleichzeitig machte sie ihm klar, dass er nicht von seinem Plan ablassen würde. "Wie kann ich dich nur überzeugen, Junge?" Endlich traf Harrys Blick den von Armando Dippet. Das eisige Funkeln war daraus verschwunden und er strahlte ruhige Entschlossenheit aus. "Gar nicht!" Dippet hatte nichts anderes mehr erwartet. "Nun, es stand ja von Anfang an fest, dass du etwas Besonderes bist, warum also bin ich überrascht?" Harrys Haltung wurde noch ein wenig steifer und hätte den alten Professor fast zum Schmunzeln gebracht. Schon die Tatsache, dass er solche Dinge nicht hören wollte, zeichnete ihn aus. "Ich bin nichts Besonderes. Ich hatte nur Glück!" Das Schmunzeln setzte sich durch. "Nein, Harry!...Du hattest nicht nur Glück!...Du hast etwas, was man nicht lernen kann, etwas, dass angeboren ist!" "Was?" "Die Macht eines großen Herzens! Und ich bitte dich um eins: ganz gleich was du vergisst, vergiss niemals, warum du das tust! Niemals, ja!...Denn das ist wichtig! Es ist wichtig, dass diese einzigartige Gabe nicht verloren geht! Deine Beherztheit wird dir stets den richtigen Weg weisen! Ganz gleich ob gut oder schlecht für dich selbst!...Versprichst du mir das?" "Ich werde es versuchen!" "Die größte Gefahr ist nämlich, dass du in Finsternis versinkst und nicht mehr weißt, warum du tust, was du tust! Verinnerliche diesen Sinn, dann hast du eine Chance! Nur die Kraft deines Herzens und deiner Seele gibt dir die Chance vor der Finsternis zu bestehen! Nur ein Grund, der dir wichtiger ist, als dein eigenes Leben, gibt dir die Chance, dich aus der Finsternis zu retten." Harry nickte. Er war sicher, dass er niemals vergessen würde, warum er diesen Weg ging. "Und jetzt hol Severus rein! Nur für den Fall, dass ich eine Herzattacke kriege, während du deinen Zauber machst!" Dippet lächelte müde bei diesen Worten, "Und vergiss niemals, dass ich es nicht wollte! Ja! Es ist falsch! Davon bin ich überzeugt! Aber du bist ein verdammt sturer Bengel!...Etwas sagt mir, dass du nicht nachgeben wirst und ich bin zu alt, um mich mit dir rum zu streiten!" Er hatte Harrys Hände in seine genommen und sah ihn aufmerksam an. "Bist du dir ganz sicher, Junge?" Resignation trat in diese grünen Augen, ganz eindeutig derselbe Farbton, wie bei seiner Mutter und das Lächeln wurde noch ein wenig müder. Warum hatten sie nicht das Recht glücklich und zufrieden zu leben? "Ja, das bin ich!", antwortete Harry inzwischen. Der Händedruck wurde ein wenig fester, bevor Dippet seinen Griff löste. "Dann hol ihn mal rein!...Himmel, wie kann ich mich nur auf so etwas einlassen!", murmelte Dippet, während er zu seinem Sessel hinüber schlurfte und Harry nach draußen ging, um Snape zu holen. Er fragte sich, was dieser noch ausrichten konnte, wenn es wirklich zum Äußersten kam und Dippet tatsächlich eine Herzattacke bekam. Zehn Minuten später hatten sie es hinter sich und Harry lag erneut besinnungslos in einem Sessel. Dippet war ein wenig blass um die Nase. "Ein scheußliches Gefühl ist das!" Snape reichte ihm eine Phiole mit einem seiner Stärkungstränke. "Da haben Sie Recht!...Einer der schlimmsten Zauber überhaupt. Es ist ein Kreuz, dass er es herausgefunden hat! Solche Magie in Potters Händen kann nur in eine Katastrophe ausarten! Ich werde nie verstehen, warum dass Ministerium sich weigert, solche Zauber völlig auszulöschen! Niemand sollte diese Macht haben!" Dippets Blick hing an Harrys blassem Gesicht, als er leise meinte: "Nein, Severus! Das wäre der falsche Weg! Es braucht Leute, die diese Magie anwenden können! Für Zeiten, wie diese, Severus... für Zauberer wie ihn! So sehr ich ablehne, was er tut, ohne diesen Zauber würde es Jahrzehnte dauern, bis er in der Lage wäre zu tun, was er jetzt tun kann! Falls er überhaupt jemals so weit kommen würde!...Der Homorfus-Zauber ist eine Gabe, Severus, eine, die nur wenige bestimmte Zauberer besitzen!....Es ist sicher nicht der richtige Weg! Aber für diesen Jungen hier ist es der einzige! Er würde nicht alt genug werden, um seiner Bestimmung gerecht zu werden! Der Unnennbare weiß, was für eine Gefahr Harry Potter für ihn ist...er weiß es, da bin ich mir sicher! Nur das kann der Grund dafür sein, dass er ihn schon vor so vielen Jahren töten wollte!" Snape zog ein grimmiges Gesicht. Er hasste nichts mehr, als diese hymnischen Lobgesänge auf Harry Potters Heldenmut. "Es ist trotzdem falsch!" Dippet, der langsam wieder Farbe bekam, lächelte nachsichtig. "Sicher!...Leider stecken wir aber im Moment in Zeiten, in denen Recht und Gesetz wertlos sind, Severus! Solche Zeiten brauchen Heldenmut! Es schockiert mich, dass sich wirklich niemand um das Schicksal von Hogwarts geschert hat! Dass es niemanden interessiert, was aus den Kindern dort geworden ist!" Schlagartig begriff Snape, warum Dippet Potter nachgegeben hatte. Harrys Worte hatten ihm alle Illusionen genommen und er war wohl der Meinung, dass Harrys Leben wertlos wurde, wenn er nicht die Macht in die Hände bekam, die er brauchte um zu überleben. Dabei war es nebensächlich, dass er gleichzeitig die Macht bekam, um zu kämpfen. "Potter ist auch eines dieser Kinder, Professor Dippet!" Der alte Mann wandte den Blick und starrte aus dem Fenster in die Dunkelheit. "Er WAR eines dieser Kinder, Severus! Er WAR!...Die Zeit hat ihm keine Wahl gelassen...Er ist kein Kind mehr...und er wird nie wieder eins sein!...Der-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf hat ihm diese Entscheidung abgenommen...und ich habe selten jemanden gesehen, der so unbeirrbar und selbstlos seinen Weg geht!" Snape schnaubte abfällig, ob dieser letzten Bemerkung. Es lief immer wieder auf dasselbe hinaus. "Er ist mit Sicherheit nicht umsonst in Gryffindor!" Dippet lachte leise. "Du wirst dich nie überwinden können, sie so zu akzeptieren, wie sie sind, diese Gryffindors, nicht wahr?" "Potter würde jetzt sagen, dass ich das auch gar nicht könnte...weil ich kein Herz habe, dem ich folgen kann!" entgegnete Snape zynisch. Nun war es Dippet, der abfällig schnaubte. "Und was tust du dann gerade, Severus!" Snape funkelte ihn nur an und gab Harry einen unwilligen Klaps, um ihn wieder zu Bewusstsein zu bringen. "Wach auf, Potter! Langsam müsstest du es doch in den Griff kriegen!" Harry reagierte nicht und Dippet, wieder ernst, meinte: "Wenn er es im Griff hat, Severus, dann wird es erst richtig gefährlich, denn dann weiß er, wie viel Macht er wirklich hat!" Snapes Gesicht war alles andere als begeistert. Die Vorstellung es mit einem weiteren selbstgefälligen, aufgeblasenen Potter zu tun zu bekommen war nicht besonders erbaulich. Harry rührte sich immer noch nicht und er verlor die Geduld mit ihm. Unwillig nahm er eine weitere Phiole mit Stärkungstrank aus seiner Tasche, öffnete Harrys Lippen und flößte ihm den Inhalt ein. Nur einen Augenblick später schrak er hoch. "Wie geht es deinen Augen?" Snape betrachtete ihn skeptisch. Immerhin hatte er beim letzten Mal Probleme gehabt und auch im Moment ging ein Gefühl der Konfusion von ihm aus, doch er sammelte sich überraschend schnell. "Blendend!...Keine Probleme!", antwortete er mit leiser, emotionsloser Stimme und Armando Dippets Blick wurde eine Spur trauriger, denn er wusste, dass das eine Auswirkung des Homorfus war. Harry brauchte zuviel Kraft, um sich auf sich selbst zu konzentrieren. "Ich habe eine Bitte!", meinte er ruhig. Beide, Snape und Harry, sahen ihn an. "Welche?" Harry stand auf. Er hatte diesmal offensichtlich keine Probleme. Snape fragte sich, ob er es wirklich langsam in den Griff bekam, oder ob es der Stärkungstrank war, der so zielsicher wirkte. "Ich möchte, dass du mein Haus und mich unter einen Zeitbann legst!...Nur für den Fall, dass irgendjemand doch nicht von meinem Tod überzeugt ist!" "Tod?" Harry sah verständnislos drein und Dippet lächelte verschmitzt. "Nun, der Rest der Welt glaubt dank Albus, dass ich schon vor Jahren verstorben bin! Ich wollte meine Ruhe haben!...und außerdem...Ich muss den Ausgang dieser Geschichte erleben! Unbedingt! Mal ganz davon abgesehen, dass es ein guter Test wäre!" "Einverstanden!" "Gut! Dann bleibt mir nur noch eins, Harry Potter!...Ich wünsche dir viel, viel Glück!" Dippet war erneut aufgestanden und hatte Harrys Rechte in seine Hände genommen. Harry konnte die Sorge in seinen Augen sehen. "Ich muss Ihnen noch danken, Professor!" "Für diese Sache möchte ich keinen Dank, denn noch immer bin ich der Meinung, dass es falsch ist!...Aber ich hoffe von Herzen, dass du es schaffst, Junge!...Also dann, ich begleite euch hinaus! Dann gibst du mir noch ein oder zwei Minuten und sprichst den Bann. Hast du noch irgendwelche Fragen?" Harry setzte an den Kopf zu schütteln, doch dann überlegte er es sich anders. "Professor Dippet?...Was ist Perfectio-Magie?" Dippets Gesicht wurde sehr ernst. "Es tut mir leid, aber das musst du selbst herausfinden!...Ich kann es dir nicht sagen, es ist von einem Geheimniszauber geschützt!...Doch ich denke, du wirst es herausfinden...und dann ist es sehr wichtig, dass du deine Zeitmagie absolut beherrscht...und vergiss nie, was ich dir gesagt habe!" "Gewiss nicht!" Dippet begleitete sie beide hinaus, verabschiedete sie und verschwand wieder im Haus. Harry beobachtete von der Straße aus, wie das Licht erlosch. In Gedanken ging er durch, wie er vorgehen musste. Die Tatsache, dass es auch einen Zauber gab, der ihm die Möglichkeit gab später alle Banne von jedem Ort der Welt aus wieder zu lösen, war dabei von großem Vorteil. Der Zauber schuf eine Art Deathline, die entweder durch den Gegenzauber oder seinen Tod ausgelöst werden würde. "Bist du so weit?" Snape fragte sich, warum Harry so lange zögerte und Harry schreckte aus seinen Gedanken. "Ja...sicher!" "Alles okay?...Keine Probleme?" Snape betrachtete ihn sehr kritisch, doch Harry schüttelte nur den Kopf und hob den Zauberstab. Mit geschlossenen Augen wiederholter er den ungewohnten Zauberspruch noch einmal in Gedanken und fragte sich, ob das wirklich so einfach funktionieren würde, doch kaum, dass er den Spruch gemacht hatte, bildete sich eine leuchtend blaue Blase an der Spitze seines Zauberstabes, die sich von da aus immer weiter ausbreitete. Innerhalb weniger Augenblicke war Dippets Haus darin eingeschlossen. Harry hob die Hand und berührte den Bann, um ihn zu versiegeln und die Deathline zu aktivieren. Die Leichtigkeit, mit der ihm das gelang, überraschte ihn selbst. "Das glaube ich nicht!" Harrys Fassungslosigkeit war nicht zu überhören. Snape jedoch verzog keine Miene, obwohl er ihm in Gedanken zustimmen musste. Es war unglaublich, wie problemlos er diesen Zauber ausgeführt hatte, doch er dachte nicht daran auch noch Öl ins Feuer zu schütten, denn aus Harrys Seele empfing er ein Gefühl von grenzenlosem Stolz und absoluter Begeisterung, die sich auch in seinem Lächeln widerspiegelte. Er musste nicht auch noch hören, wie beeindruckend das gerade eben gewesen war. "Ich werde nur zur Kontrolle noch mal reingehen!" Er wollte sich auf den Weg machen, doch Harry schnappte ihn am Hemd. "Blödsinn! Wenn wir apparieren können hat es funktioniert!" Und mit einem Plobb waren sie verschwunden, nur um einen Sekundenbruchteil später in dem Park wieder zu erscheinen, in dem sie gestern schon aufgetaucht waren. Diesmal hatte Harry sie beide auch noch sicherheitshalber unter dem Tarnzauber verborgen. Mit selbstsicheren Schritten machte sich er auf den Weg ins Hotel. Den besorgten Blick, mit dem Snape ihm folgte, bemerkte er nicht. Wenig später, im Hotelzimmer, machte sich Snape an seiner Tasche zu schaffen, während Harry am Fenster stand und in die Dunkelheit hinaus starrte. Wieder spürte Snape die Kälte die von seiner Seele ausging und begann zu ahnen, dass er es irgendwie auf diese Art schaffte, seine Gefühle zu kontrollieren. "Ich mach mich auf den Weg in die Winkelgasse, um ein paar Neuigkeiten aufzuschnappen! In den Pubs wird viel getratscht!...Leg dich hin und ruh dich aus!" Snape hatte gefunden, was er gesucht hatte und füllte aus einer größeren Flasche etwas in eine kleine, handliche Flasche. Harry warf ihm einen Blick zu. Die grünlichbraune, zähe Flüssigkeit erinnerte ihn irgendwie an den Vielsafttrank, den er, Ron und Hermione in ihrem zweiten Jahr genommen hatten, um von Draco zu erfahren, wer der Erbe Slytherins war. "Ich werde Sie begleiten!" Snape hob den Kopf und sah ihn an. "Nein, das wirst du nicht!" Sein Tonfall ließ keinen Widerspruch zu. Harry interessierte das jedoch offensichtlich nicht besonders. "Sicher werde ich das!...Was soll ich hier rumsitzen! Ich bin fit!...Und ich hab keinen Bock, mich hier zu langweilen!" Snapes Augen verengten sich zu Schlitzen. Es hatte Zeiten gegeben, in denen Harry schon allein unter diesem Blick zusammengezuckt war, doch die waren vorbei. Unbeeindruckt erwiderte er Snapes eisiges Starren. "Jetzt hör mir mal zu, Freundchen!...Ich habe mein Leben lang allein gearbeitet und werde das jetzt garantiert nicht ändern! Es ist die einzige Chance in diesem Job erfolgreich zu sein und zu überleben!...Ich lass mir von dir nicht ins Handwerk pfuschen. Du bleibst hier und darüber werde ich mit dir nicht diskutieren!...Einen Grünschnabel kann ich nicht brauchen, wenn ich versuche brauchbare Informationen zu bekommen! Du warst es, der mich um Hilfe gebeten hat! Also musst du auch akzeptieren, dass ich entscheide, wie diese Hilfe aussieht!" Harry war empört und das konnte Snape spüren. Irgendwie war er darüber erleichtert, wieder etwas von seinen Gefühlen zu empfangen, denn die Leere, die sich in der letzten halben Stunde in ihm ausgebreitet hatte, wirkte bedrohlich. Harry schluckte Snapes verbale Ohrfeige und versuchte ihn trotz seines Statements zu überzeugen. "Was, wenn es nötig wird schnell was zu unternehmen! Wollen Sie dann erst noch hin und her apparieren und Zeit verschwenden?" "Das werden wir sehen!...Und es ist mir vollkommen egal, was du darüber denkst! Du bleibst hier und ruhst dich aus! Es ist nicht absehbar, wie lange Du noch die Zeit dazu hast!!" Snape hantierte weiter mit seinen Sachen, ohne Harry anzusehen. Harry kämpfte gegen seinen Ärger. "Verdammt noch mal, was soll der Quatsch! Es geht mir gut!...ich muss mich nicht ausruhen und habe auch keine Lust dazu!...Ich habe keine Probleme mehr meine Kraft einzuteilen!" Die Wahrheit war, dass er sich nicht mit seinen Gedanken auseinandersetzen wollte und das würde er müssen, wenn Snape ihn hier allein ließ. Im Moment versuchte er angestrengt alles zu verdrängen, doch es fiel ihm schwer. Snape inzwischen hatte seine letzte Bemerkung überrascht. Die Besorgnis von vor einer halben Stunde war wieder da, denn Dippet hatte ihn gewiss nicht umsonst gewarnt. "Wie das?" Er musste dem auf den Grund gehen, denn er konnte nicht das Risiko eingehen Potter zu unterschätzen. Er war unruhig und schien erneut extrem beherrscht. Die Barriere, die er mit Hilfe der Dunkelheit aufbaute, war jedoch scheinbar nicht sonderlich stabil. Seine Stimmung wechselte sehr schnell. Offenbar konnte er selbst nicht recht begreifen, was mit ihm geschah und je bewusster es ihm wurde, umso aufgekratzter wurde er. Harry begann auf und abzugehen. Noch immer wollte er Snape begleiten und betrachtete es als vorrangig, ihn davon zu überzeugen, dass er seine Kraftreserven unter Kontrolle hatte. Er merkte nicht, dass es Snape um etwas anderes ging. "Keine Ahnung! Irgendwas aus Dippets Kopf!" Das Wissen des alten Zauberers hatte großen Eindruck bei ihm hinterlassen. Snapes Kenntnisse hatten ihn ja schon überrascht, doch das, was Dippet drauf hatte, war einfach unglaublich. Es hatte ihn begreifen lassen, dass Magie unergründlich war und es unmöglich war, sie komplett zu erfassen. "Was?", Snape ließ ihm keine Ruhe. Er musste wissen, was in Potters Kopf Klick gemacht hatte, dass er auf einmal in der Lage zu sein glaubte, die Kraft, die er verwendete so genau zu dosieren, dass er keine Erholung mehr brauchte. "Ich weiß es nicht, es ist wie ein Bewusstsein. Ich weiß, wie viel Kraft ich für einen Zauber brauche und kann sie ganz genau einsetzen. Wie Mathematik! So und soviel brauche ich um auf einen Wert zu kommen und mehr setzte ich nicht ein!" Snape stellte fest, dass ihn die Vorstellung, Harry Potter könnte in der Lage sein Logik zu verwenden irgendwie aufbrachte. Niemals zuvor hatte er den Eindruck gehabt, dass er dazu in der Lage war. Er war viel zu emotional. Welche Facetten würde dieser Bengel noch ans Licht zerren? Seine Entgegnung war schroffer, als vorgesehen. "Erzähl mir nicht, du verstehst was von Mathematik! Das setzt logisches Denken voraus!" Es klang widerwillig. Snape schaffte es genauso wenig wie Harry, neutral zu bleiben, obwohl es möglicherweise nicht ratsam war ihn zu provozieren. Harrys Blick wurde kalt, als er mitten in der Bewegung stoppte und seinen Lehrer fixierte. Sein Ärger begann in Richtung Wut zu tendieren und Snape merkte das sehr genau. Die Möglichkeit, dass er wirklich so schnell gelernt haben könnte, seine Kraft gezielt einzusetzen und dann auch noch in solchen Mengen, wie bei dem Zeitzauber, gefiel ihm nicht, denn das machte ihn gefährlich. Schon jetzt musste sein Kopf vor Zaubern platzen und wenn er die auch noch anwenden konnte, ohne dabei zuviel Kraft zu verschwenden, dann war er definitiv gefährlich. Er musste es wissen. Es war sonst unmöglich mit ihm klarzukommen. , ging es ihm plötzlich durch den Kopf und etwas sagte ihm, dass er sich das vermutlich nicht zum letzten Mal fragen würde. Harry inzwischen beantwortete seine Frage mit kalter Stimme. "Sie scheinen zu vergessen, dass ich bei den Muggeln in die Schule gegangen bin, da lernt man die Grundkenntnisse der Mathematik!" Das war richtig, doch es einfach so auf Magie anzuwenden funktionierte normalerweise nicht. Zauberkraft war eine zu vage Größe. Snape war sich jedoch klar darüber, dass er vorsichtig sein musste. "Potter, hör auf mir Geschichten zu erzählen! Ein bisschen Mathe sorgt nicht dafür, dass du deine Kraft einteilen kannst! Du hast Glück gehabt bei diesem Zeitzauber! Das ist alles, aber darauf können wir uns nicht verlassen und du brauchst deine Kraft noch oft genug und darum bleibst du hier!" Er konnte das erwartete Aufbegehren spüren. Der bisher kontrollierte Ärger kochte hoch bis an die Schmerzgrenze, doch dann flaute er sofort wieder ab. Irritiert wandte er sich Harry wieder zu, denn er hatte zwischenzeitlich wieder mit seiner Tasche hantiert. Zu seiner Überraschung spielte ein schwaches Lächeln um Harrys Lippen, so als hätte er einen Geistesblitz gehabt. Ein Blick in dieses lächelnde Gesicht ließ ihn ahnen, dass er all seine Vorstellungen von Harry Potter überdenken musste. Er hatte seine Kräfte im Griff und er war sich dessen bewusst und genau dieses Bewusstsein hatte seinen Ärger ausgeschalten, denn es hatte ihm klar gemacht, dass er seinem Professor nun in Sachen Zauberei überlegen war. Severus Snapes linke Augenbraue zog sich bedenklich nach oben als er Harrys Blick erwiderte und er wusste, dass er Harry Potter nie wieder provozieren würde. Ein Funkeln war in diesem Blick und es war nicht das Funkeln, das von Voldemorts Wesen herrührte. Es war ein Funkeln, das Harry Potter aufsetzen würde, wenn er sich seiner Überlegenheit bewusst wäre, amüsiert und wissend, völlig unbeeindruckt. Schweigend wandte Snape sich erneut der Tasche und seinem Vielsafttrank zu. Ungerührt fügte er dem ekelhaften Trank eines der Haare aus seinem Vorrat zu und versuchte dabei, mit dem neuen Ungleichgewicht in ihrem Verhältnis klar zu kommen. Erst nach einer Weile, als dieser provokative Ausdruck aus Harrys Augen verschwunden war, konstatierte Snape ganz ruhig: "Nun, es ist nicht wichtig, ob du fit bist oder nicht!...Schlaf oder bleib wach!...Ich brauche dich jedenfalls hier, denn ich werde von hier aus apparieren und auch hier her zurück kehren. Das heißt du musst sicherstellen, dass es keiner mitbekommt und außerdem kann ich dich auf einem Streifzug durch die Pubs in der Winkelgasse wirklich nicht gebrauchen, klar?" Er war nicht einverstanden. Das war nicht zu übersehen, doch er fügte sich und eigentlich hätte ihm das reichen müssen, doch dieses neue, verschobene Verhältnis zu seinem verhassten Schüler machte Snape zu schaffen und zu wissen, dass ihm das auch noch bewusst war, regte ihn richtig auf. Harry jedenfalls hatte noch lange nicht genug davon, ihn zu provozieren und bemerkte: "Wenn Sie meinen!" Snape wurde angesichts seiner Lässigkeit entgegen aller Vernunft wütend, denn es passte ihm nicht, dass Potter ihn durchschaut hatte und ohne Probleme die Knöpfe drückte, die ihn zur Weißglut trieben. Er hasste nichts so sehr, wie Leute, die ihn nicht ernst nahmen, vor allem, wenn er sie nur vor sich selbst schützen wollte. Es gab niemanden außer Dumbledore, der sich nicht von Snape beeindrucken ließ. "Nimm das ernst, Potter, ich warne dich! Solltest du hier verschwunden sein, wenn ich zurückkomme, bin ich weg...und du musst selber zusehen, wie du klar kommst!" Seine Stimme enthielt eine eindeutige Drohung, die Harry jedoch ignorierte. Er wusste, dass er verloren hatte, doch das spornte ihn nur noch mehr an, Snape wütend zu machen. So wütend, wie sein Lehrer ihn immer gemacht hatte, wenn er seine Überlegenheit im Klassenzimmer ausgespielt hatte. Es machte ihm Spaß, dieses neue Gefühl der Macht über seinen eiskalten Kerkermeister zu genießen. Harry ließ sich aufs Bett fallen und entgegnete gelangweilt: "Sicher!" Snape hatte plötzlich Mühe sich zu beherrschen. Potters provokative Lässigkeit jagte seinen Blutdruck nach oben, wie zuviel Aufwecktrank, doch er wandte sich ab. In diesem Moment war es ihm vollkommen gleich, was er tun würde. Er war so wütend über den Umstand, dass Harry ihn durchschaut hatte, dass er nichts lieber wollte, als ihn los zu werden. Er würde verschwinden, falls er bei seiner Rückkehr nicht hier war. Da war er sich sicher und es war ihm im Moment völlig egal, dass er sich noch immer für sein Leben verantwortlich fühlte. Ohne ein weiteres Wort, nahm er einen Schluck von dem Vielsafttrank, wartete die Verwandlung noch ab und disapparierte. Harry starrte frustriert auf die Stelle, an der er verschwunden war. Das Hochgefühl war mit Snape verschwunden. Er hatte nichts erreicht und es brachte ihm gar nichts, dass er Snape überlegen war. Ohne ihn war er im Moment aufgeschmissen und so musste er tun, was der Lehrer erwartete. Noch ein wenig frustrierter sprang er wieder auf, ging zum Fenster und starrte von neuem in die Dunkelheit. Allein gelassen worden zu sein und nichts zu tun zu haben, war das schlimmste, was ihm im Augenblick hatte passieren können. * * * "Verdammter Bengel!", schon wieder wütend schob sich Snape auf einen der Hocker an der Bar des Roten Raben. Der Rote Rabe war ein ehemals verkommener Nachtclub in der Nocturngasse und soweit er bisher in Erfahrung bringen konnte, war es der Platz, wo sich Voldemorts Leute nach Dienstschluss nachts am liebsten herumtrieben. Nichts war mehr so, wie es mal gewesen war und das war auch der Grund, warum Severus Snape sich schon wieder über Harry aufregte. Hätte er eine Ahnung gehabt, worauf er sich einließ, hätte er den Bengel eher geknebelt und gefesselt, als ihn aus Hogwarts wegzulassen und ihm die Fähigkeiten zu geben, seinen Kampf gegen den schwarzen Lord aufzunehmen. Er war am offiziellen Apparationsplatz in der Winkelgasse erschienen und hatte im ersten Moment geglaubt, sich irgendwie vertan zu haben. Nichts war dort zu sehen gewesen, kein Mensch, kein Licht, kein Leben. Alles war wie ausgestorben und die ihm bekannten Kneipen in der Winkelgasse waren mit Brettern vernagelt. Auch die früher vorbildlich gepflegten Geschäfte wirkten trostlos und heruntergekommen, obwohl sie offenbar noch betrieben wurden. War das früher eigentlich Tag und Nacht der Fall gewesen, herrschte nun Totenstille, obwohl es gerade mal Mitternacht war. Kein einziger Zauberer war unterwegs und die eine Hexe, die er erwischte, drückte sich an den Ladenfronten entlang, um ja nicht gesehen zu werden. Sie hatte ihn eindringlich gewarnt zu verschwinden nachdem ihr klar geworden war, dass von ihm keine Gefahr drohte. Für die Winkelgasse gab es ab acht Uhr abends Ausgangsperre seit Du-weißt-schon-wer an der Macht war. Nachts hier erwischt zu werden, war lebensgefährlich. Gleich zu Beginn seiner Machtübernahme, hatte Voldemort mehrere Exempel statuiert. Zauberer, die nach der Ausgangsperre erwischt worden waren, hatte er von seinen Leuten zu Tode quälen lassen. Sehr schnell hatte es niemand mehr versucht und seit Monaten herrschte Ruhe. Das war der Grund dafür, das die Wachen in der Winkelgasse inzwischen nachlässig waren. Das Leben spielte sich jetzt in den schmutzigen und düsteren Nebengassen ab, die anständige Zauberer früher gemieden hatten. Die Hexe war dorthin auf dem Weg gewesen und zeigte Snape die neue geheime Passage in die Nocturngasse, bevor sie sich aus dem Staub machte. Einmal in der Nocturngasse, begann er zu ahnen, was sie ihm hatte sagen wollen. Was früher in der Winkelgasse an Leben gewesen war, herrschte jetzt in den Nebengassen, wenn auch auf eine andere Art. Hier war ans Licht gekrochen, was sich früher in den Schatten versteckt hatte und schnell dabei gewesen war, die neue Herrschaft zu preisen. Snape schockierte die herrschende Lage, doch die Sorglosigkeit dieser neuen Gesellschaft war auch hilfreich. Er erfuhr sehr schnell, wo es am leichtesten war, auf die Leute des schwarzen Lords zu treffen. Und so war er im Roten Raben gelandet und alles, was er bisher sonst noch herausgefunden hatte, sorgte dafür, dass er Potter wahrhaftig lieber unter Zeitzauber haben wollte, als ihn frei herum laufen zu lassen und sich mit einer Welt anzulegen, die sich in England ohne Zweifel manifestiert hatte. Es gab keinen Widerstand mehr in England. Voldemort hatte eine Diktatur errichtet, der er mit seinem so genannten Hohen Rat gnadenlos vorstand. Er besaß ein riesiges Heer regulärer Truppen, die seine Gesetze vertraten und jeden Versuch, sich dagegen aufzulehnen brutal im Keim erstickten. Öffentliche Hinrichtungen auf dem Platz vor dem Ministerium waren an der Tagesordnung und es war gang und gebe, dass Zauberer für das geringste Vergehen mit Cruciatus zu Tode gequält wurden. Snape lief bei diesem Gedanken erneut ein Schauer über den Rücken. Er kannte den Unnennbaren besser, als ihm lieb war. Er hatte unter ihm gedient und wusste, wie er regierte. Die Vorstellung, dass er genau das jetzt mit der gesamten englischen Zauberergemeinschaft tat, ließ ihn wünschen, nie mehr in die Zeit zurückgekehrt zu sein. Angst kroch in seinen Umhang, eine alte Angst vor dem Zorn des Lords, die früher einmal Teil seines Lebens gewesen war und es jetzt scheinbar wieder werden wollte. Das unterschwellige Grauen war überall spürbar, auch wenn viele es mit ihrer lautstarken Anhängerschaft überspielten. Für Severus Snape war es jedenfalls nicht im Geringsten verwunderlich, dass es keinen Widerstand mehr gab. Voldemort hatte den Leuten gezeigt, was Widerstand bedeutete, gnadenlos und grausam. Potter wusste das nicht. Das stand für Snape fest, auch wenn er nicht sicher war, ob er nicht trotzdem dasselbe tun würde. Aber eins stand ebenso fest. Wüsste er, was wirklich los war, wäre er nicht mehr so ruhig und Snape beschloss augenblicklich, ihm nicht die Wahrheit zu sagen. Es würde ihn noch schneller den Verstand kosten, wenn er wüsste, dass jeder verdammte Tag zählte. Wieder einmal fragte er sich, wie Albus Dumbledore Harry auf diese Mission schicken konnte. Das passte gar nicht zum Schulleiter von Hogwarts. "Was hast'n für'n Ärger, Süßer?" Snape kehrte unerwartet in die Gegenwart zurück und fragte sich augenblicklich, ob die dralle Hexe hinter der Bar an Geschmacksverirrung litt. Momentan hatte er dreckig blonde Haare, eine noch schiefere Nase und narbige, fahle Haut. Malcom Joseph, mit dessen Aussehen er sich heute tarnte, war alles andere, als ein Süßer. Snape hatte diesen Mann vor Jahren während eines Auftrages von Dumbledore kennen gelernt. Er war Kanadier und so war es recht sicher, sich in ihn zu verwandeln. "Kinder halt! Nichts als Ärger mit denen!", antwortete er jedoch unbeeindruckt und mit einer gewissen Zuvorkommendheit. Barkeeper war grundsätzlich eine hervorragende Quelle für Informationen. "Da hast'e Recht! Hab selber zwei verkommene Bälger! Einer ist abgehauen, der andere ist bei den Truppen unseres Herrn! Weiß was sich gehört!...Was willst'n?" "Feuerwhiskey! 'N Doppelten!" Gleich darauf stand das gewünschte vor ihm auf dem polierten Holz. Die Tatsache, dass die Nocturngasse bei weitem nicht mehr so vergammelt und schmutzig war wie früher, hatte ihn überrascht und auch der Rote Rabe schien inzwischen gut in Schuss zu sein. "Kommst'n her?" Die Barhexe hatte ohne Zweifel zu wenig zu tun, denn sie hatte es sich ihm gegenüber hinterm Tresen bequem gemacht. "Kanada!...Nicht viel los hier, oder?" Snape nahm einen Schluck vom Feuerwhiskey und beschloss vorsichtig ranzugehen. "Merkt man, dass de nich von hier bist! Sonst wüsstest de, dass um Mitternacht, Wachwechsel is! Erst danach kommen die Jungs von der Wache um einen drauf zu machen bis zum nächsten Dienstantritt!...Straff organisiert unsere neuen Herrschaften! Der alte Lestrange passt schon auf, dass alles glatt geht, solange der Lord nicht da is!" Das war die erste wirkliche Neuigkeit. Alexander Lestrange führte also in Abwesenheit des schwarzen Lords das Kommando hier. Snape wusste, dass das keinen wirklichen Unterschied machte. Nur die Brutalsten brachten es unter Voldemort zu etwas. Ihn wunderte nur, dass Lestrange Askaban überlebt hatte. "Hmhm!", meinte er nur ohne damit eine Bewertung abzugeben. Wie sollte er das auch können. Selbst als Kanadier müsste er eigentlich wissen, was in England vorging, wenn er hierher kam. Sie schien sich jedoch an seiner Wortkargheit nicht zu stören und plapperte weiter. "Angeblich soll er ja bald wieder kommen!...Wäre nich das schlechteste. Viele von den Truppen sin mit drüben in Norwegen!...Als könne er nich selber auf sich aufpassen...aber muss wohl so sein!...Will den Lahmärschen da wohl zeigen, dass nicht zu Spaßen is mit ihm...trödeln sowieso viel zu lange...können doch froh sein, dass er sie erst fragt, bevor er sie platt macht!" Snape zeigte keine Reaktion und nippte weiter an seinem Feuerwhiskey. Ohne zu fragen schenkte sie ihm nach, als sein Glas leer war. Er fragte sich, ob sich ihre Aussagen auf das Abkommen bezogen, über das Voldemort in Skandinavien verhandelte. "Wie kommt's eigentlich, dass sich ein Kanadier nach England verirrt?" Plötzlich betrachtete sie ihn ziemlich misstrauisch und Snapes Überzeugung, dass es geistig nicht weit her war mit der Guten, festigte sich. "Geschäfte!" "Geschäfte?" Sie runzelte die Stirn. "Es gibt Sachen, die gibt es nicht überall auf der Welt und England ist inzwischen ein guter Umschlagplatz dafür!" Die Miene der Hexe hellte sich auf und er fragte sich, ob sie wirklich begriffen hatte, was er meinte. Die schwache Andeutung, dass er illegale Geschäfte meinte, schien sie irgendwie zu überzeugen, dass er auf der richtigen Seite stand. "Das is wahr!...Wir sind 'n offenes Land geworden!" , dachte er, sagte jedoch: "Korrekt!" Erneut wurde sein Glas nachgeschenkt und Snape fragte sich, wie er so schnell trinken konnte. Er war hier um Informationen über den Lord zu bekommen, nicht um sich zu betrinken. In diesem Moment öffnete sich die Tür und zwei sehr junge Männer in schwarzen Umhängen traten ein. Sofort verfiel die Barhexe in hektische Betriebsamkeit, wischte den sauberen Tresen und ordnete ihre Flaschen neu. Die beiden Grünschnäbel, das waren sie in Snapes Augen, ließen sich am anderen Ende des langen Tresens nieder. Die Umhänge hatten sie an der Garderobe neben der Tür gelassen und als einer von ihnen die Ärmel seines ebenfalls schwarzen Hemdes nach oben krempelte konnte er das dunkle Mal auf seinem Unterarm sehen. Das waren also die Wachleute, von denen die Hexe gesprochen hatte. Snape fragte sich, ob alle Söldner des Lord so jung waren. Das Problem war sicher, dass es keine Alternativen gab, wenn man überleben wollte. Es blieb nicht bei den beiden. Innerhalb einer halben Stunde füllte sich der Club fast bis zum Bersten. Ihn beachtete keiner mehr und so lauschte er unauffällig den unterschiedlichsten Gesprächen, während die Barhexe, die inzwischen Verstärkung bekommen hatte, dafür sorgte, dass sein Glas nie leer blieb. * * * Harry hatte begonnen, im Zimmer auf und abzugehen. Er war nicht müde, obwohl er viel zu wenig geschlafen hatte, seitdem sie Sky verlassen hatten. Im Gegenteil hatte er eher das Gefühl, wie aufgezogen zu sein. Je länger er darüber nachdachte, umso ärgerlicher wurde er darüber, dass Snape ihn hier abgestellt hatte. Es mochte sein, dass sein Professor sehr viel erfahrener darin war, Informationen zu beschaffen als er, doch das war kein Grund, ihn hier fest zu setzen. Er begann gedankenlos mit einigen Zaubern zu experimentieren, die ihm in den Sinn kamen und sah zu, wie sich alle beweglichen Gegenstände immer Raum im Abstand von wenigen Sekunden neu anordneten, bis das absolute Chaos herrschte und er zufrieden war. Der nächste Wisch des Zauberstabes versetzte alles wieder in den Urzustand und Harry starrte von neuem aus dem Fenster. Es gelang im nicht, dem Weg auszuweichen, den seine Gedanken entlang zu wandern begannen. Harrys Augen fielen zu, als er den Widerstand aufgab und Dracos Bild vor seinem inneren Auge erschien. Seine Finger berührten fast unbewusst die Narbe unter seinem linken Auge, die Narbe, die ihn kaum vierundzwanzig Stunden zuvor noch mit Draco verbunden hatte. Harry hatte das Gefühl, als sei das eine Ewigkeit her. All das, was geschehen war dehnte die Spanne zwischen seinem Abschied von Draco und Jetzt ins Unendliche. Es begann unwirklich zu werden, obwohl es nur ein paar Tage her war, dass Draco ihn im Gryffindorturm im Arm gehalten hatte, wohl wissend, dass etwas nicht stimmte. Noch immer wünschte er sich, dass dieser Gedächtniszauber gelungen wäre und Draco nicht mit der Wahrheit leben müsste, doch es war anders gekommen und Draco kannte die Wahrheit. Dagegen konnte er nichts mehr tun, doch es war nicht das, was ihm am meisten Sorge bereitete. , ging es ihm durch den Kopf. Die Angst, dass Draco trotz allem versuchen könnte, ihm zu folgen, saß ihm im Nacken und ließ ihm keine Ruhe. Harry wusste, dass diese Angst eine Gefahr war, eine Gefahr, die seine Sinne schwächte, ihn noch mehr ablenkte, als er es eh schon war und er wusste, dass es seine schlimmste Angst überhaupt war. Er spürte die Mauer, die er um seine Seele errichtet hatte trotz der Dunkelheit draußen erneut einstürzen und ließ den Kopf hängen, als sich Verzweiflung in ihm ausbreitete und Tränen in seinen Augen zu brennen begannen. Er hatte zu Snape gesagt, er sei fit. Das mochte vielleicht für seine körperlichen Kräfte zutreffen, doch emotional war er am Ende. Der Wunsch, Draco zu sehen wurde übermächtig und das Bewusstsein, dass er innerhalb von Augenblicken bei ihm sein könnte, begann an seiner Entschlossenheit zu nagen. Harry warf sich aufs Bett und versuchte erneut, diese Gedanken in den Griff zu bekommen. Er hatte einen Entschluss gefasst und er wollte zu diesem Entschluss stehen, doch jeder Gedanke an Draco machte seine Zweifel größer und es war unmöglich, dem im Moment zu entkommen. Verzweifelt ließ er Dracos Umhang von der Sessellehne in seine Hand fliegen, schlang ihn um seine Schultern und versuchte sich in der Vergangenheit zu verkriechen. * * * Severus Snapes Finger klammerten sich inzwischen hart um sein Glas. Der Tumult in Potters Seele war unerträglich. Es war eine Qual zu spüren, wie er versuchte die Kontrolle zu behalten und immer wieder kläglich an seinen Gefühlen für den blonden Slytherin scheiterte. Plötzlich war ihm klar, warum Harry nicht allein bleiben wollte. Er hatte ganz genau gewusst, dass er dann keine Chance mehr hatte, seinen Gedanken zu entkommen. Es war eine ganze Weile ruhig gewesen und er hatte sich auf seine Aufgabe konzentrieren können, doch als Potters innerer Widerstand zusammengebrochen war, war es damit aus gewesen. Snape stürzte den Inhalt seines Glases in einem Zug hinunter und hoffte, seinen eigenen anwachsenden Widerstand gegen diesen irren Plan damit zu ertränken. Es kostete den Bengel einfach zuviel. Das wurde ihm immer deutlicher bewusst. Das Problem war, dass es kein Zurück mehr gab. Potter hatte seinem Kopf mit den beiden durchgeführten Homorfus-Zaubern wahrscheinlich schon bleibenden Schaden zugefügt und das ließ sich nicht mehr rückgängig machen. Noch immer bestand die Möglichkeit, Hogwarts zurück zu holen und mit Professor Dumbledore zu beraten, wie es weiterging, doch Harrys Bedenken in dieser Hinsicht waren angebracht. Falls Voldemort mitbekam, dass Hogwarts in die Zeit zurückkehrte, war er vermutlich schneller da, als man auch nur einen einzigen brauchbaren Schutzbann errichten konnte und dann gab es niemanden, der die Schüler dort schützen konnte. Egal, wie mächtig Potter schon war, daran würde er scheitern und das wäre das endgültige Aus für ihn. "...dann denkst du also, dass er wirklich schon morgen zurückkommt?" Der Satzfetzen drang an Snapes Ohr, ohne, dass er hätte sagen können, woher er kam, doch augenblicklich waren all seine Sinne aufs äußerste angespannt und Harrys innerer Tumult vergessen. Er versuchte unauffällig den Sprecher ausfindig zu machen. Snape hätte nicht sagen können, warum diese wenigen Wort derart seine Aufmerksamkeit erregten, doch dass konnte er meistens nicht, wenn er wichtige Informationen aufschnappte. Es mochte sein, dass er ein erfahrener Spion war, gewieft darin, das benötigte Wissen aufzuspüren, doch es war genauso Fakt, dass er einen ganz speziellen Instinkt besaß, der ihm schon mehr als einmal aus der Klemme geholfen hatte. Wie im Schlaf schaffte es sein Verstand, die Bedeutung von Kleinigkeiten zu durchleuchten, selbst dann, wenn sie nebensächlich und zusammenhanglos erschienen. In diesem Moment sagte ihm alles, dass es sich bei diesem Satzfetzen um die Information handelte, nach der er suchte. Er hatte keine Zweifel daran, dass der Sprecher den Unnennbaren gemeint hatte. Sehr schnell hatte er den nach Neuigkeiten lechzenden Fragesteller ausgemacht. Es war ein untersetzter, rothaariger Kerl, der alles andere, als sympathisch wirkte. Die Neugier stand ihm ins Gesicht geschrieben. Snape brauchte nur Sekunden, um in einzuschätzen. Unwichtig, hinterhältig, begierig Aufmerksamkeit zu erregen und perfekt darin, sich ins richtige Fahrwasser zu begeben. Ein Niemand, dem es problemlos gelang, sich wichtige Freunde zuzulegen. Zu dieser Sorte gehörte sein Gegenüber. Der Mann war nicht viel größer als der Rothaarige und trug dieselbe schwarze Uniform der Wachen, doch seine Ausstrahlung war eine ganz andere, offensiver, aggressiver, befehlsgewohnt. Wie alle Anwesenden hatte er seinen Umhang abgelegt, doch wenn Snape sich nicht sehr täuschte, gehörte er zu den Offizieren. Als er hereingekommen war, hatte er einen Umhang getragen, an dessen schmalem Stehkragen ein silbernes Abzeichen prangte. Snape betrachtete ihn genauer. Auf den ersten Blick unterschied er sich kaum von den anderen, doch einem genauen Beobachter entging es nicht, dass nicht nur der Rothaarige versuchte, sich an ihn zu halten. Er war von einer mehr oder weniger aufmerksamen Gruppe umgeben und die Frage erregte allgemeine Aufmerksamkeit. Der Mann wusste das offensichtlich ganz genau, denn der kalte Blick, den er in die Runde warf, enthielt eine gewisse Verachtung und ohne jeden Zweifel Spott über die Unwissendheit seiner Untergebenen. Mit schnarrender Stimme antwortete er dem Rothaarigen und genoss die ungeteilte Aufmerksamkeit der anderen sichtlich. "Ich hab es von einem Adjutanten von Rockwood. Er hat heute Lestrange Bericht erstattet und neue Befehle für den Sicherheitsdienst gebracht!...Hat sich drüber ausgelassen, dass es ausgerechnet ihn erwischt hat! Wollte heute dabei sein im Ministerium! Gibt wohl ein Bankett zu Ehren der Unterzeichnung!...Termin ist heute morgen um zehn Uhr! Hat fünf Ratsleute rüber zitiert und alle Minister von Halström sind dabei!" Snape war sofort wie elektrisiert. Offenbar hatte Potter das Gespräch in Durmstrang unterschätzt und die Verhandlungen waren weiter fortgeschritten, als es ersichtlich gewesen war. Voldemort war zuzutrauen, dass er schon zuvor geheime Verhandlungen zum Abschluss gebracht hatte, ohne dass die anderen Parteien davon wussten. Wie sonst sollte es möglich sein, dass dieses Abkommen mit Norwegen schon heute unterzeichnet wurde? Verdammt, das wurde knapp! Sie mussten diese Vertragsunterzeichnung verhindern und mit ein bisschen Glück konnte Potter auch den Lord schneller als erwartet mit dieser Falle schnappen, die er sich da ausgedacht hatte. Wenn Snape genauer darüber nachdachte, war das eigentlich die Lösung aller Probleme, die sie hatten und sie kam schneller als erwartet. Wenn Voldemort ausgeschaltet war, konnte Potter Hogwarts zurückholen und Albus konnte sich um den Rest kümmern. Es fiel ihm schwer, seine plötzliche Ungeduld zu verbergen, als er die Barhexe heran zitierte, um seine Rechnung zu zahlen. "Willst'e schon gehen?...geht doch gerade erst richtig los!" Sie grinste ihn breit an. "Geschäfte!...Muss früh genug raus!" "Schade!" Sie ließ sich Zeit mit der Rechnung und gewährte ihm einen gründlichen Einblick in ihr Dekolleté. Snape runzelte ein wenig irritiert die Stirn und war froh, als sie ihm endlich sagen konnte, was er zu zahlen hatte. Er warf den Betrag und ein angemessenes Trinkgeld auf den Tresen und rutschte ohne Hast von seinem Hocker. Die Barhexe warf ihm einen bedauernden Blick nach, als er den Club verließ und Snape zweifelte noch ein wenig mehr an ihrem Verstand. Eine Frau, die Malcom Joseph schmachtende Blicke nachwarf, wenn sie den ganzen Laden voller junger Todesser hatte, konnte nicht ganz normal sein. Draußen in der Gasse sah er sich um. Es wäre ein Fehler, sich noch mal in der Winkelgasse herum zu treiben, um den offiziellen Apparationsplatz dort zu benutzen und er fragte sich, ob es in den Nebengassen ebenfalls Plätze gab, die dafür vorgesehen waren. Es waren noch immer Leute unterwegs. Verspätete Wachleute waren auf dem Weg in die verschiedenen Pubs und Bars, zwielichtige Hexen lungerten in der Nähe herum und sprachen sie immer wieder an. Snape überlegte einen Moment, ob er einer davon eine Gallone in die Hand drücken und sie einfach fragen sollte, wie das mit den Apparationsplätzen war, doch dann entschied er, dass dieses Risiko zu groß war. Es würde nur seine Unwissenheit zeigen. Es war einfacher, einen Versuch zu wagen. Früher war der Platz in der Winkelgasse der einzige Platz zum Apparieren im magischen Distrikt von London gewesen. Nachdem jedoch alles Regeln gefallen waren, würde es nicht wundern, wenn es keinen mehr interessierte, wer wann und wo apparierte, oder disapparierte. Er brauchte nicht lange zu überlegen. Was er heute erlebt hatte, zeigte deutlich, dass Voldemorts Truppen die allgemeine Kontrolle hatten und er nur hoffen konnte, dass er keine Banne gab, die Disapparation verhinderten. Es zeigte jedoch auch, dass Recht und Ordnung keine Gültigkeit mehr besaßen. Als er einen Moment später ohne Probleme disapparieren konnte, sah er seine Ahnung bestätigt. In der Zaubererwelt gab es nur noch eine wirklich bindende Regel. Man hatte für den schwarzen Lord zu sein, alles andere war unwichtig. * * * Harry war gerade vom Bett geschnellt, als ein leises Plobb die Rückkehr des Zaubertränkelehrers ankündigte. Er wandte den Kopf und sah ihn an, erneut schwer irritiert von seinem Aussehen. Wer verwandelte sich freiwillig in so einen hässlichen Kerl? Gerade eben war er zu einem Entschluss gekommen und es passte ihm sehr gut, dass Snape diesen Zeitpunkt für seine Rückkehr gewählt hatte. Harry hatte sich entschlossen nach Hogwarts zu gehen und Draco unter einen Zeitbann zu legen. Es war der sicherste Platz für ihn. Daran gab es keine Zweifel. Es würde ihm zwar nicht leicht fallen, ihm noch einmal ins Gesicht zu sehen, doch eine andere Möglichkeit hatte er nicht. Er wollte Draco in Sicherheit wissen, bevor er weitere Schritte unternahm und jetzt war es kein Problem mehr für ihn, einen Zeitbann zu sprechen. Harry machte gerade den Mund auf, um Snape seine Entscheidung mitzuteilen, als dieser sich zurückverwandelte und ihm noch während der Verwandlung das Wort abschnitt. "Wir haben ein Problem Potter! Was auch immer du in Durmstrang gesehen hast, sie sind schon viel weiter! Du-weißt-schon-wer wird heute Vormittag in Oslo das Abkommen mit Halström unterzeichnen! Das musst du verhindern!...Egal wie!" Es war zu spät. Dieser Gedanke kreiste einen kurzen Augenblick in seinem Kopf. Er hatte nicht mehr die Zeit, Draco zu schützen und tief in sich drin ahnte er, dass er keine weitere Chance haben würde. Voldemort hatte ihm erneut einen Strich durch die Rechnung gemacht. Was auch immer Harry hatte sagen wollen, er verdrängte es aus seinen Gedanken. Sein Ziel war es, Lord Voldemort zu vernichten und das war gerade eben in greifbare Nähe gerückt. Kommis nicht vergessen, ja!!! PS: Im nächsten Chap kommen wir dann endlich auf den Herrn der Zeit! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)