Der Herr der Zeit von KimRay (Part IV: Über dem Abgrund) ================================================================================ Kapitel 13: Snapes Erkenntnis ----------------------------- Part III Krieg der Schatten Hi! I am back! Werß noch irgendjemand, wer ich bin? Wahrscheinlich nicht, so lange, wie ich gebraucht habe, diese Chap hochzuladen! *bittet tausendmal demütig um Verzeihung* Ich weiß, ich war nachlässig, aber es war so verdammt heiß! Mir ist das Hirn verdampft und ich war nur noch träge! Naja! Hier ist jedenfalls erst mal ein neues Kapitel und es ist richtig schon lang! Wahrscheinlich zu schnulzig und garantiert zu melodramatisch, aber ich liebe es genau so, wie es ist! Ich hoffe natürlich, ihr mögt es auch und darum vergesst nicht, mir ein Review zu schreiben! Auch wenn ich es mit meiner Trödelei nicht verdient habe! ^^° Hab auch keine Ahnung, wann das nächste Chap kommt! Werde auch keine Versprechungen machen! Das bringt nichts! Aber ich kann sagen, das Herbst und Winter meine creativsten Zeiten sind! Sehenh wir also mal! Viel Spaß mit Kapitel 13! Bye KimRay! PS: Thanks wie immer an Feary fürs Betalesen!!!!!!!! Kapitel 13 Snapes Erkenntnis Harry apparierte direkt in Snapes Büro. Er wusste, dass es keinen Sinn mehr hatte, lange zu zögern. Die Zeit lief und jede Minute, die er verlor, kostete möglicherweise weitere Menschenleben, doch als er dann vor Snape stand, der gerade etwas auf seinem Schreibtisch durchgesehen hatte, bevor er erstarrt war, schaffte er es einfach nicht seinen Zauber zu sprechen. Wohl zum hundertsten Mal verfluchte er die Tatsache, dass er es nicht geschafft hatte, den Bann über Dumbledores Büro zu brechen. Er wusste, dass dann alles anders aussehen würde, doch es hatte keinen Sinn, in Wunschdenken zu versinken. Er konnte Dumbledore nicht erreichen und der Lehrer mit der größten Erfahrung in Sachen schwarzer Magie war nun einmal Snape. Entschlossen hob er seinen Zauberstab und sprach den Zauber. Snape mochte in Hogwarts der Lehrer sein, der ihn am meisten hasste und Harry konnte nicht von sich behaupten, dass er ihn sonderlich mochte, doch er war der einzige hier neben Dumbledore, der schon mit Voldemort selbst zu tun gehabt hatte und das würde sicher hilfreich sein. Immerhin hatte Dumbledore in seiner unklaren Nachricht damals auf dem Nordturm immer wieder auf ihn hingewiesen, auch wenn Harry bis jetzt nicht verstanden hatte, was er meinte. Der Homorfus-Zauber würde ihm schon zeigen, auf welcher Seite Snape stand. Harry war entschlossen, ihm keine Wahl zu lassen, was das anging, doch er würde es auf jeden Fall zuerst im Guten versuchen. Wenige Minuten später hob Severus Snape die Hand mit dem Pergament, das er gesucht hatte und fragte sich gleichzeitig, was er damit wollte. Eine Sekunde später hob er den Kopf und sah in Harry Potters grüne Augen, die ihn unablässig beobachteten. "Potter...was tun Sie hier?" Erst danach fiel ihm auf, dass Potter irgendwie ganz anders aussah, als er es gewohnt war und dann sah er das Wappen Slytherins auf dem Kapuzenumhang, den er anhatte und geriet endgültig aus der Fassung, denn dieser Umhang gehörte ohne jeden Zweifel Draco Malfoy. "Was geht hier vor?" Snapes Stimme klang wie immer emotionslos. Harry hatte nichts anderes erwartet. "Setzen Sie sich, Professor!" Snapes Augen verengten sich zu Schlitzen, doch er tat was Harry verlangte. Etwas musste geschehen sein, denn alle Banne von Hogwarts waren außer Kraft. Severus Snape zweifelte nicht daran, dass Potter wusste, was es war, denn seine Erscheinung war befremdlich. Er sah viel reifer aus, als zu dem Zeitpunkt, als er ihm und Malfoy die Strafarbeit verpasst hatte. "Ich will jetzt von Ihnen wissen, was hier los ist! Warum sind die Banne außer Kraft?" "Voldemort hat Hogwarts eingenommen!" Snape fuhr aus seinem Sessel hoch, blieb jedoch irgendwie auf halber Strecke stecken. Etwas sagte ihm, dass es keinen Grund zum Aufregen gab, wenn Potter das so ruhig konstatieren konnte. Er ließ sich wieder in seinen Sessel zurück fallen. "Ich vermute, dass das nicht heute war!" Harry stellte fest, dass er Snapes raschen Verstand Achtung zollte. "Für Sie schon!...ich habe den Bann, den Voldemort am 11. November letzten Jahres gesprochen hat gerade gelöst, für sie zumindest!" Snape sah nun doch höchst befremdet aus. "Welcher Tag ist dann heute?" "Der 15. Juli!" Dem Gesicht des Hauslehrers von Slytherin war nichts anzusehen, doch seine Gedanken überschlugen sich bei der Tragweite dessen, was Potter da erzählte. "Das heißt mit anderen Worten, Voldemort hat einen Zeitbann über Hogwarts gelegt, doch warum sollte er uns ungeschoren davon kommen lassen?" Snape wusste, was er zu erwarten hatte, wenn der schwarze Lord ihn in die Hände bekam und er konnte sich nicht vorstellen, dass er sich das einfach so entgehen ließ. "Weil Professor Dumbledore in letzter Minute einen Gegenzauber gesprochen hat, der es ihm unmöglich gemacht hat, den Bann wieder zu lösen!" Die Erkenntnis ließ nicht lange auf sich warten. Nun machte sich doch noch leichte Überraschung auf Snapes Gesicht breit. "Und wie kommt es dann, dass du diesen Bann offensichtlich lösen kannst? "Weil Professor Dumbledores Gegenzauber bewirkt, dass nur ich es kann!" Snape starrte ihn nun doch einwenig fassungslos an. "Was da heißt, es ist nichts weiter als ein Siegel, dass nur du lösen kannst, denn du warst außerhalb des Bannkreises...weil du mit Malfoy im Wald warst, statt das zu tun, was ich euch gesagt habe und der Bann euch darum nicht erreicht hat!...Wie hast du das gemacht Potter?...Kein Fünftklässler ist dazu in der Lage." Das kalte Lächeln, das auf Potters Lippen erschien, erinnerte Snape an irgendjemanden und es war nicht James Potter, doch er kam nicht darauf, wer es sonst noch sein könnte. Was war bloß mit dem Jungen geschehen? "Ich hatte acht Monate Zeit!" Harry ließ Snape nicht aus den Augen, denn er konnte spüren, dass dieser nicht wusste, was er von all dem halten sollte. "Es gibt in Hogwarts keine Bücher über Magie der Zeit!", bemerkte Snape weiter und dabei interessierte es ihn gar nicht, dass das eine Lüge war. "Schwarze Magie, Professor Snape?", Harrys Stimme hatte einen unüberhörbar zynischen Ton angenommen und Snape sah ihn grimmig an, denn er ahnte, was er dachte. "...Sie müssten es doch wissen, oder?" Langsam aber sicher war ihm dieser Potter nicht mehr geheuer. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und versuchte zu ergründen, was er von ihm halten sollte. Die Kälte, die Harry ausstrahlte passte nicht zu ihm. Nichts passte mehr zusammen und dann trug er auch noch Draco Malfoys Kapuzenumhang. Snape konzentrierte sich erst mal auf das Wesentliche. Um den Rest würde er sich später kümmern. Zuallererst musste er wissen, was hier passiert war. "Wo ist Professor Dumbledore?" "In seinem Büro! Er ist durch einen Zauber von Fawkes geschützt. Es ist unmöglich dorthin zu apparieren und es ist mir nicht gelungen, seinen Bannkreis zu durchbrechen!" Das war vermutlich richtig. Wenn ein Phönix seine Magie anwandte, geschahen die unmöglichsten Sachen. "Wie können sie dann wissen, dass Dumbledore einen Siegelzauber gesprochen hat?" "Er hat es mir mitgeteilt!" Harry wusste, dass sich das unglaubwürdig anhörte. "Und wie bitte soll das gehen, wenn er selbst unter dem Zeitbann steht?" Snapes Zweifel waren angebracht. Harry verstand sie, auch wenn er davon ausging, dass Snape sicher nicht annahm, er, Harry, würde sich Voldemort anschließen. Irgendwie begann er dem Lehrer langsam zu trauen. Snape war zu misstrauisch, stellte zu viele Fragen und sorgte sich ganz offensichtlich um Dumbledore und außerdem war er selbst ihm nicht geheuer. Harry fragte sich, ob er Voldemorts Kräfte bei ihm spüren konnte. Er beschloss ehrlich zu antworten. "Es scheint, als sei es ihm mit Fawkes Hilfe noch eine ganze Weile gelungen, bei Verstand zu bleiben. So hat er es mir zumindest erklärt, als er mir über ein verhextes Pergament mitgeteilt hat, was geschehen ist. Er hat mir auch gesagt, wo ich die Bücher über Zeitmagie finden würde..." "Wo?", unterbrach ihn Snape. Er kannte die Antwort, er, Dumbledore, McGonagall, Sprout und Sinistra wussten, wo die geheime Kammer war und wie man sie öffnete. Potter konnte es nur von einem von ihnen erfahren haben, denn dieses Geheimnis war durch einen Zauber geschützt, den jeder der Eingeweihten nur selbst und freiwillig durchbrechen konnte. Wenn er sein Wissen tatsächlich aus der Kammer hatte, wurde das Risiko langsam überschaubar. Das größte Problem hatte Snape inzwischen mit der Tatsache, das Potter Malfoys Mantel trug. Harry zeigte währenddessen wieder sein kaltes Lächeln. "In der verbotenen Abteilung der Bibliothek! An der Rückwand! Man muss die Regale zu einem Pentagramm ausrichten!" Harry ahnte, dass es nicht viele Lehrer gab, die dieses Geheimnis kannten und hoffte, dass es Snape einigermaßen überzeugte. "Was sollten sie dann tun?...Ich kann nicht glauben, wieso Professor Dumbledore erwarten konnte, dass sie es schaffen!...Diese Chance war viel zu gering!" Irgendwie wirkte er bei diesen Worten verstimmt und ärgerlich und Harry fragte sich, ob es daran lag, dass er das wirklich geschafft hatte. "Es war aber die EINZIGE Chance, Professor Snape!", stellte Harry ganz ruhig fest und es war das erste Mal, dass er Snape an den Harry erinnerte, den er kannte. Seltsamerweise überzeugte ihn das mehr, als alles andere. "Wie sind Sie Voldemort entkommen? Und was ist mit Malfoy?" Es hatte keinen Sinn mehr irgendwelchen Zweifeln nachzujagen. Er musste wissen, was hier passiert war und wieso Potter Malfoys Mantel trug. Harry jedenfalls brachte diese Themenwechsel aus dem Konzept. Er war noch darauf konzentriert Snape von seiner Ehrlichkeit zu überzeugen. "Eh...?" Snape ließ ihn nicht zum Nachdenken kommen. "Sie werden doch nicht behaupten, dass er auch noch hier ist!" Das war absolut zu unwahrscheinlich, genau wie es unwahrscheinlich war, dass Potter die Seite wechselte. Voldemort würde es sich niemals nehmen lassen, ihn zu töten, nicht mal für die Chance, ihn auf seine Seite zu bekommen. Harrys anfängliche Verblüffung wich nun eisiger Kälte. Snape schauderte bei diesem Blick. Die Kraft mit der er hantierte war nicht zu unterschätzen. Das hatte er inzwischen begriffen. "Lassen Sie ihn aus dem Spiel!", sagte Harry kalt. "Er ist also wirklich noch hier?" Die Überraschung in seiner Stimme war nicht zu überhören. "Ich sagte, lassen Sie ihn aus dem Spiel!" Das war ernst und Snape maß Harry nun wieder mit kaltem Blick "Na dann anders!...Warum tragen Sie Malfoys Umhang, Potter?" Seine Stimme klang höhnisch und Potters Reaktion zeigte ihm, dass er sich dieser Tatsache gar nicht bewusst gewesen war. Betroffen senkte er den Blick und stellte fest, das Snape ihn nicht foppte. Er hatte Dracos Kapuzenumhang erwischt. "Das geht Sie nichts an!", konterte er. Es war nicht mehr zu ändern, doch nun trat ein kaltes Lächeln auf Snapes Lippen. "Na gut!...Ich gehe davon aus, dass Sie mich in die Zeit zurückgeholt haben, weil Sie etwas von mir wollen!...Glauben Sie wirklich, dass Sie das erreichen, wenn Sie mir nicht sagen, was ich wissen will?" Wieder dieses eisige Grinsen, dass Snape inzwischen eine Gänsehaut verursachte und das wollte etwas heißen. Potter hatte sich offensichtlich wieder gefasst. Er hätte zu gern gewusst, was in diesen acht Monaten passiert war. "Ich kann Ihnen versichern, dass ich es nicht nötig habe Sie zu fragen!...Aber gut...bleiben wir friedlich! Voldemort hat Malfoy keine Wahl gelassen!" Dieser Satz sagte Snape mehr, als Harry ahnte. Auch ihn hatte es überrascht Draco Malfoy nach den Ferien wieder zu sehen, doch Professor Dumbledore hatte ihm den Grund dafür sehr plausibel erklärt. Narcissa Malfoy wollte nicht, dass Draco sich seinem Vater anschloss, auch wenn er selbst das zu dem Zeitpunkt noch nicht eingesehen hatte. Ohne jeden Zweifel hatte sich das geändert, denn Potter trug Malfoys Umhang und das hieß, dass die beiden sich irgendwie zusammengerauft haben mussten. "Wo ist er?" Harry schwieg. Snape kniff wieder einmal die Augen zusammen. "Hören Sie endlich auf mit den Spielchen und sagen Sie mir, was ich wissen will!" Harry zog eine Phiole aus der Manteltasche, die er aus Dracos Vorrat genommen hatte. Er brauchte wenigstens ein bisschen Sicherheit darüber, was er von Snape zu halten hatte und wollte Snape nicht unbedingt gegen dessen Willen mit dem Homorfuszauber belegen. Er wusste ja nicht einmal, ob seine Kraft im Moment dafür reichte. Draco hatte zu Anfang alles zusammengebraut, was ihn interessiert hatte, darunter auch ein Veritaserum. Harry fragte sich, ob er ihm das auch mal untergejubelt hatte, doch er bezweifelte es. Das hätte er mit Sicherheit bemerkt. "Ich schätze Sie können sich denken, was das ist!...Es ist von Draco! Sie brauchen sich also keine Sorgen um ihr Leben zu machen!...Er versteht sein Handwerk, was das angeht!...Das ist meine Bedingung!" Snapes Blick wanderte von der Phiole zu Harrys Gesicht. "Das ist aber nicht Ihr ernst?" Er war absolut fassungslos. Was bildete dieser Bengel sich ein? "Doch...und entweder Sie nehmen es freiwillig, oder ich zwinge Sie!" Ein eisiges Funkeln war in Harrys Augen getreten und Snape konnte nicht mehr daran zweifeln, dass er meinte, was er sagte. Kurz entschlossen stand er auf, ging zu einem der Schränke und nahm eine andere Phiole heraus. Warum sollte er sich weigern? Er hatte nichts zu verbergen. "Nur für den Fall, dass Sie sich irren!" Bemerkte er giftig in Harrys Richtung und sah, wie das eisige Funkeln aus dessen Augen verschwand. Die Bedrohung, die von ihm ausgegangen war, nahm wieder ab. Snape fragte sich, wie er das machte, doch er wusste, dass er es nur dann erfahren würde, wenn Potter ihm traute und das würde erst der Fall sein, wenn er glaubte, dass er absolut ehrlich war. Wenn es dazu ein Veritaserum brauchte, so sollte er seinen Willen haben. Severus Snape stürzte den Inhalt von Harrys Phiole hinunter und spürte sofort, wie es zu wirken begann. Mit bitterem Humor stellte er fest, dass er sich in Malfoy wirklich nicht getäuscht hatte. Der Bengel verstand etwas von Zaubertränken. "Fragen Sie!" Harry ließ ihn nicht aus den Augen. "Waren Sie ein Freund meines Vaters?" Harry wusste, wie die Antwort auf diese Frage lautete. "Nein!" "Haben Sie ihn gehasst?" Snape starrte ihn wütend an. "Ja, das habe ich!" "Waren Sie in meinem ersten Jahr mit Professor Quirrell im Verbotenen Wald und haben ihn dort unter Druck gesetzt?" Überrascht hob Snape die Brauen. Woher wusste er das? "Ja!", antwortete er. "Was haben Sie zu ihm gesagt?", fragte Harry weiter. "Ich sagte ihm, dass er nicht vergessen sollte, wem er verpflichtet war!" Snape fragte sich noch immer, wie er das wissen konnte. "Was hat Malfoy vor der Prügelei in Zaubertränke zu mir gesagt?" Harry ahnte, dass Snape das gehört hatte. Niemals hätte er Draco sonst genauso hart bestraft, wie ihn. "Er sagte Was für'n Glück, dass Diggory den Löffel abgegeben hat!!! Glaubst du wirklich, dass du sie sonst rum bekommen hättest, Narbengesicht?...so oder so ähnlich müsste es gewesen sein." Die Vorstellung, dass Potter ihn so gut durchschaut hatte, schockierte Snape ein wenig, doch Hauptsache er glaubte ihm endlich und das schien der Fall zu sein, denn er fragte: "Welchem Herrn dienen Sie, Severus Snape?" Snape hob das Kinn und starrte auf das Dunkle Mal auf seinem Arm. Hatte er auch mit dieser Frage gerechnet, traf sie ihn doch irgendwie. Eigentlich war er der Meinung oft genug zur genüge bewiesen zu haben, auf welcher Seite er stand. "Ich bin Lehrer in Hogwarts, Potter! Und ich fühle mich Albus Dumbledore und dem, wofür diese Schule steht, absolut verpflichtet! Diesem Herrn diene ich! ... Wagen Sie es nie wieder daran zu zweifeln!" Harry stand auf und wandte ihm den Rücken zu. "Neutralisieren Sie es!" Snape nahm den Inhalt der Phiole, die er zuvor geholt hatte und schluckte ihn. Es überraschte ihn, dass Potter nicht weiter fragte. Er selbst hätte sicher ein paar Fragen mehr gestellt. "Wo also ist Mister Malfoy und wieso zum Teufel hat er sich nicht seinem Vater angeschlossen?...Das würde mich jetzt wirklich interessieren!" Harry sah ihn noch immer nicht an, als er endlich antwortete. "Draco schläft oben im Gryffindorturm und ich sagte doch schon, dass Voldemort ihm keine Wahl gelassen hat! Lucius sollte ihn töten und er hat es auch versucht! Aber sein Avadar Kedavra ging daneben und wir sind ihnen entkommen! Danach hatte er nicht mehr den Wunsch die Seite zu wechseln!" "Jetzt erzählen Sie mir verdammt noch mal endlich, was hier passiert ist, Potter!...Ich verliere nämlich langsam die Geduld." Harry stand auf und begann auf und ab zu gehen, doch er entschloss sich, in kurzen Sätzen zu berichten, was sich zugetragen hatte, nachdem Voldemort Hogwarts eingenommen hatte. Dabei machte er alles so unspektakulär, wie möglich und ließ weg, was später möglicherweise für Draco verfänglich werden könnte. Dass er oben im Gryffindorturm war, erklärte er damit, dass er selbst sich geweigert hatte die Räume der Slytherins zu nutzen und es Malfoy schnell zu langweilig geworden war, die ganze Zeit allein zu sein und niemanden tyrannisieren zu können. Mal ganz davon abgesehen, dass es im Winter da unten viel zu kalt gewesen war. Er sah Snape nicht an und so entging ihm, wie dessen Miene sich immer mehr verschloss. Die Erkenntnis dessen, was die beiden Jungen durchgemacht hatten, machte es ihm schwer, Potter im üblichen Licht zu sehen und er fragte sich, was er alles verschwieg. Dass er nicht die ganze Wahrheit sagte, konnte er mit seinem feinen Instinkt für die menschlichen Schwächen spüren. Interessant wäre es nur zu wissen, warum er das tat und der Umstand, dass er Malfoys Umhang trug verriet dabei viel mehr, als Harry lieb sein konnte, denn im Gegensatz zu den meisten in Hogwarts hatte Snape Malfoys Wesen schon lange durchschaut, doch Potter öffnete völlig neue Facetten. Niemals hätte er es ihm zugetraut, dass er was Malfoy anging über seinen Schatten springen könnte, nicht nach allem, was früher zwischen ihnen gewesen war. "Und was wollen Sie nun von mir?" Harry hatte geendet und sah ihn wieder an. Da war es wieder, dieses Lächeln. "Ihren Kopf!" Diesmal schaffte er es. Snape war die Überraschung deutlich anzusehen und es verschlug ihm einen Augenblick lang die Sprache. Doch er fasste sich natürlich schnell wieder. "Wie, bitte, soll ich das verstehen?" "Kennen sie Allmacht des Wissens ?" "Junge, du glaubst doch nicht wirklich damit etwas zu erreichen?" Snapes Fassade war endgültig zerbröckelt, wie eine ausgetrocknete Sandburg und das überraschte Harry nun wirklich. Jetzt war es Snape, der im Raum auf und abging. "Ich denke schon!" Snape ließ ihn nicht aus den Augen. "Das kann ich mir nicht vorstellen!" Er entlocke Harry keine Reaktion, "Es mag sein, dass man mit Homorfus in kürzester Zeit Wissen erlangen kann, dass einen mächtiger macht, als man sich vorstellen kann. Das Problem dabei ist aber, die Kunst nicht den Verstand zu verlieren. Das kann ich nicht zulassen, Potter!" Zu Snapes Entsetzen wischte Harry diese Tatsache ohne mit der Wimper zu zucken beiseite. "Dann werde ich Sie zwingen!" Snapes Hände schlugen lautstark auf den Tisch. "Das würde Sie Ihre Seele kosten, Potter, geht das nicht in Ihren Kopf! Die kann man nämlich nicht vor den Übergriffen des anderen Geistes schützen. Jede Macht hat ihren Preis!" "Das nehme ich in Kauf!" Grüne Augen trafen auf kalte schwarze. Snape versuchte zu begreifen, was dieser Junge da sagte, denn er sah die Entschlossenheit in seinen Augen und war nicht sicher, ob er ihm im Ernstfall entkommen würde. Potter hatte eine unglaubliche magische Aura entwickelt und er zweifelte nicht daran, sein Ziel zu erreichen. "Nennen Sie mir einen Grund!" "Wissen Sie das wirklich nicht, Professor Snape? Reicht es ihnen nicht, IHN zu kennen?" Snape ahnte, was er meinte, doch das reichte ihm nicht. "Ich bin mir sicher, dass Sie es mit ihren Fähigkeiten sehr bald schaffen würden das Schloss zurückzuholen!" "Sicher, aber was würde dann passieren?" "Nun, man müsste den Widerstand organisieren und beginnen, Voldemort zu bekämpfen!" "Und das hieße?" Potters grüne Augen hatten alle Lebendigkeit verloren. Snape fragte sich, was er meinte. "Es würden noch mehr Menschen sterben, Professor Snape!" Stück für Stück wurde Severus Snape klar, was Potter damit sagen wollte und genauso, wie ihm das klar wurde, wuchs das Bewusstsein, dass er keinen anderen Weg einschlagen würde, denn das war sein Hauptbeweggrund. Er wollte so wenige Tote, wie nur möglich. Er konnte nicht umhin eine gewisse Hochachtung für dieses Ansinnen zu entwickeln. Offenbar hatte sich Potter einen anderen Weg ausgedacht, auch wenn der Homorfus der falsche war. "Gut, reden wir Tacheles!" Harry setzte sich wieder auf den Stuhl vor Snapes Schreibtisch und dieser ließ sich in seinen Sessel fallen. In groben Zügen erklärte Harry Snape, wie er sich die Sache vorstellte. Sehr schnell wurde ihm klar, dass dieser Plan zwar erschreckend einfach war, jedoch genauso erschreckend wirksam sein konnte, falls Potter es schaffen konnte, seine Sinne einigermaßen beisammen zu halten, doch Snape wusste nur zu genau, dass er selbst es wahrscheinlich nicht schaffen würde und darum bezweifelte er, dass Potter es schaffte. Das Problem dabei war, dass ihn das mit hoher Wahrscheinlichkeit den Verstand und möglicherweise auch das Leben kosten konnte und das gefiel ihm nicht. Potter war Schüler dieser Schule und er sein Lehrer. Er durfte bei dieser Sache nicht mitspielen. "Ich kann nicht zulassen, dass Sie das tun!" "Sie können nicht verhindern, dass ich es auf jeden Fall versuchen werde! Entweder helfen Sie mir, oder ich zwinge Sie mir zu helfen! Es ist Ihre Entscheidung, Professor Snape!" Harry erschien es wie eine Ewigkeit, während Snape ihn ausdruckslos fixiert hatte und nachdachte. Er brauchte mehr Zeit. "Also gut, Potter Sie haben gewonnen! Lassen Sie uns von hier verschwinden!...bevor Malfoy aufwacht und hier auch noch auftaucht, das ist doch garantiert nicht in Ihrem Sinne, oder?...Halten Sie es übrigens für eine gute Idee, ihn hier allein zu lassen?..." "Er ist nicht allein!...Und außerdem kann er selber auf sich aufpassen! Voldemort ist nicht wieder aufgetaucht und wird es auch so bald nicht tun!..." Harry hoffte, dass er Recht hatte und Draco sich bis dahin aus dem Staub gemacht hatte, wenn er begriff, dass er nicht zurückkam. "Wenn Sie meinen!...Wohin sollen wir verschwinden?" Snape hatte sich wieder gefasst und sah ihn gewohnt unterkühlt an. Harry ließ die Schultern hängen. Er war am Ende. "Das überlasse ich Ihnen!" Snape stand auf und suchte ein paar Sachen zusammen, die er in einer Tasche verstaute, hauptsächlich handelte es sich dabei um Zaubertrankzutaten. Als er fertig war, trat er neben Harry, der ihm schweigend zugesehen hatte, nahm ihn am Arm und apparierte. Einen Augenblick später fanden sie sich in einem karg eingerichteten Raum wieder, an dessen Wänden sich Regale mit Flaschen, Dosen und anderen Gefäßen abwechselten. Snape entzündete ein Feuer im Kamin und sah ihn dann wieder mit seinem stechenden Blick an. Harry hätte am liebsten nur noch geschlafen, doch noch war er nicht so weit. "Wo sind wir?" fragte er. "Sky!", kam es von Snape. Also vermutlich weit weg von jeglicher Zivilisation. Das war beruhigend. Harry spürte, wie ihn die Kraft endgültig verließ, als ihm klar wurde, dass er es hinter sich hatte. Das Problem war, dass er sich in Snapes Gegenwart nicht sonderlich wohl fühlte und ihn die Vorstellung, zusammen zu klappen entsetzte. Snape ließ Harry nicht aus den Augen, denn es war nicht mehr zu übersehen, dass er sich nicht mehr lange auf den Beinen halten würde. Was wollte man auch von einem knapp sechzehnjährigen Magier erwarten, der mit Magie hantierte, die die meisten altgedienten Zauberer nicht beherrschten? "Traust du mir immer noch nicht!" Er hatte beschlossen alle Förmlichkeiten hinter sich zu lassen. Immerhin verlangte dieser Bengel, dass er seinen Kopf für seine Experimente hinhielt. "Würden Sie es denn tun?" "Ja, denn du hast keine andere Wahl! Mal ganz davon abgesehen, dass du jeden Moment schlapp machst!" Snape klappte seine Tasche auf und nahm ein Fläschchen heraus. "Ich stelle eine Bedingung, Potter!" "Welche?" "Ich will einen Seelenzauber durchführen, der das, was du jetzt bist so bewahrt, wie es ist!" Das war die einzige Lösung, die ihm eingefallen war und er konnte nur hoffen, dass sie funktionierte. Harry riss sich zusammen und konzentrierte sich auf das, was Snape sagte. "Geht denn das?" "Natürlich, vorausgesetzt, du hast den Mumm dich völlig in meine Hände zu begeben!" Er hielt Harry das Fläschchen hin. "Trink das! Danach geht es dir besser!" Harry starrte eine geschlagene Minute auf das Fläschchen. Er hatte sich diese Sache anders vorgestellt, doch eigentlich hätte ihm klar sein müssen, dass es ihn zuviel Kraft kosten würde, wenn er Snape aus dem Zeitbann befreite und sein eigenen Vorrat an Stärkungstränken war aufgebraucht. Das war gnadenlos leichtsinnig gewesen, aber leider nicht mehr zu ändern. Konnte er Snape seine Seele anvertrauen? Dumbledore vertraute ihm! Warum sollte er es nicht können? Weil er Severus Snape war und ihn vom ersten Tag an gehasst hatte, doch gleichzeitig glaubte er, seinem Vater etwas schuldig zu sein. Harry nahm das Fläschchen. Er wusste, dass er nicht mehr lange durchhalten würde und dann war er sowieso erledigt. Warum also sollte er dann nicht versuchen, Snape zu vertrauen? Immerhin war Draco sein Lieblingsschüler. Ein bitteres Lächeln huschte über sein Gesicht, als er an Draco dachte und ohne weiter darüber nachzudenken, trank er den Inhalt des Fläschchens in einem Zug aus. Snape hatte ihn nicht aus den Augen gelassen. Es überraschte ihn schon ein wenig, dass er einfach so tat, was er verlangte, doch scheinbar war er so am Ende seiner Kraft, dass er nicht mehr anders konnte. Augenblicke später sah Harry ihn jedoch mit hellwachen Augen an. Der Trank hatte gewirkt und ihm seine verbrauchte Kraft wieder gegeben. Snape setzte ein süffisantes Lächeln auf. "Na, wieder fit?" "Okay, was haben Sie vor?" Harry schaffte es nicht, die Förmlichkeit fallen zu lassen. Für ihn würde Severus Snape wohl bis ans Ende seiner Tage sein gnadenloser Zaubertränkelehrer Professor Snape bleiben. Snape erklärte Harry, was er im Sinn hatte. Es war nicht einfach, die Persönlichkeit eines Menschen in einem anderen zu bewahren, doch es war Harrys einzige Chance, diese Sache ohne bleibenden Schaden zu überstehen, eine Illusion, die er sich niemals gemacht hatte. "Ich muss Sie warnen, Snape, es gibt eine Seite in meinem Kopf, die Ihnen nicht gefallen wird!" "Was soll das heißen?" "Voldemort hat einen Teil seiner damaligen Macht auf mich übertragen!" Schlagartig wurde Snape klar, woher er das Lächeln kannte. Es war Tom Vorlost Riddles Lächeln, den er als jungen Heißsporn kennen gelernt hatte, und der ihn auf den Weg der Finsternis geführt hatte. Harry Potter hatte Riddles Lächeln und nach dem, was er gesagt hatte, wunderte ihn das nicht mehr. Unerwartet schlich sich ein ehrliches Lächeln in sein Gesicht, das Harry völlig überraschte. "Ich habe den Teufel schon getroffen Potter, und ich denke, dass ich mit ihm fertig werde! Nimm das!" Er hatte ein weiteres Fläschchen aus seiner Tasche geholt. "Was ist das?" "...Eine Art Opiat, das dafür sorgt, dass du dich entspannen kannst! Nur wenn du dich öffnen kannst, kann ich deine Seele schützen! Vergiss das nicht und lass deine Zweifel sein, auch wenn du glaubst allen Grund dazu zu haben!" Harrys Blick war alles andere als begeistert. Er wusste, dass er Snape ohne weiteres zwingen konnte, sich ihm zu offenbaren, doch die winzige Hoffnung dem Homorfuszauber nicht absolut ausgeliefert zu sein, hielt ihn davon ab. Das Risiko, dass er dann tatsächlich sein Wesen so veränderte, dass er sein Ziel aus den Augen verlor, war zu groß und so schluckte er auch diesen Trank, in der Hoffnung, dass er sich nicht in Snapes Absichten täuschte. Nur wenige Augenblicke später hatte er das Gefühl zu schweben und das seltsame Grinsen in Snapes Gesicht, war alles andere als beruhigend. "So in etwa fühlt man sich, wenn man High ist! Entspann dich, Potter! Jetzt hast du sowieso keine Chance mehr!" Snape schaffte es nicht, sich bei Potters völlig entgeistertem Gesichtsausdruck ein amüsiertes Grinsen zu verkneifen. Harry spürte, wie ihm die Augen zufielen. Einen Moment später spürte er Snapes kalte Hände an seinen Schläfen und ließ sich fallen. Snape sah in das schmale Gesicht des Jungen vor sich. Er wusste, dass Harry verloren wäre, wenn er es wollte, doch er wusste genauso gut, dass er das nur dem Umstand zu verdanken hatte, dass er keine andere Wahl hatte, wenn er nicht von seinem Plan abließ. Snape gab es nicht gern zu, aber diese Hoffnung, die Potter ihm eingepflanzt hatte, die Hoffnung auf einen unblutigen Krieg gegen Voldemort, bei dem dieser am Ende eigentlich nur verlieren konnte, an die wollte er glauben und wenn einer verrückt genug war, diese Geschichte durchzuziehen, dann war es dieser Bengel. Warum mussten unschuldige Jungs, wie er und Malfoy solche Wege gehen? Er fragte sich, was er in Harrys Seele finden würde und ahnte, dass es nichts zu seinem Seelenfrieden beitragen würde, doch es gab keinen anderen Weg. Wenn er ihn vor sich selbst retten wollte, musste er seine unschuldige Seele schützen. Snape begann die Formeln zu murmeln, die ein Abbild von Harrys Seele und Bewusstsein in ihm selbst erschaffen würden und er wusste, dass er ihm danach nie wieder etwas übel nehmen können würde, denn im Grunde besaß er keine wirklich schlechten Charakterzüge, wenn man mal von Snapes Abneigung gegen Heldentum absah. Er besaß nicht die schamlose Arroganz seines Vaters, die er so sehr gehasst hatte, auch wenn er immer wieder versucht hatte, sich das einzureden. Er konnte nur hoffen, dass Harry das niemals heraus bekam. Schon der erste Blick in Harrys Gedanken und Gefühle, verdrängte jeden Zweifel an dessen Absicht, diesen Plan durchzuziehen. Das Grauen, das nur wenig unter der beherrschten Oberfläche verborgen war und jedes einzelne Bild der Geschehnisse im November stand ihm so deutlich vor Augen, als hätte er es selbst erlebt. Dass er einen Weg suchte, weiteres derartiges Grauen zu verhindern, war kein Wunder mehr und Snape gab seinen eigenen Widerstand auf. Harry würde nicht aufzuhalten sein und dafür konnte man ihm nur Hochachtung entgegen bringen, denn immerhin hatte er die Wahl gehabt in die Welt der Muggel zu verschwinden und mit dem bisschen Magie zu überleben, das er kannte. Snapes Entschluss, dafür zu Sorgen, dass er das so unbeschadet wie nur möglich überstehen würde, wurde unumstößlich. Wenig später musste er dann trotz aller Maßnahmen feststellen, dass Harry sich noch immer wehrte und es war nicht der Teil, den Voldemorts Kräfte in seiner Seele einnahmen. Es war der Teil, der seine Gefühle für Draco Malfoy beschützen wollte, der es Severus Snape am schwersten machte. * * * Draco hatte keine Ahnung, wie lange es dauerte, bis die Lähmung, die der Schlafzauber verursacht hatte, endlich nachließ, doch auch nachdem ihm bewusst war, dass er sich wieder bewegen konnte, blieb er, wo er war. Er hatte keinen Augenblick lang geschlafen und fühlte sich noch immer wie gelähmt, jetzt jedoch nicht mehr körperlich, sondern emotional. Er war unfähig über das nachzudenken, was in ihm vorging und wünschte sich im Grunde nur noch, gar nicht mehr darüber nachdenken zu müssen, denn schon die ganze Nacht quälte er sich mit der Frage herum, wie es jetzt weiter gehen sollte. Hatte ihn zu Anfang die Verzweiflung über Harrys Handeln beherrscht, war das irgendwann durch grenzenlose Wut auf ihn abgelöst worden. Das was er getan hatte, war bodenlos überheblich gewesen. Er hatte nicht das Recht, über Dracos Gefühle zu entscheiden oder sie in irgendeiner Form zu beeinflussen. Da interessierte es ihn auch überhaupt nicht, warum Harry so gehandelt hatte. Es war unbedeutend, dass er ihn auf die Art eigentlich nur schützen wollte und es war Draco auch egal, wie schwer es Harry gefallen war, zu gehen. Er war gegangen. Er hatte versucht, sein Gedächtnis zu verändern, das, was sie gemeinsam gehabt hatten, auszulöschen, ihn vergessen zu machen, als hätte es all das nie gegeben, als hätte er ihm nie gesagt, was er für ihn empfand. Draco verdrängte das Bewusstsein, dass ihm das verdammt schwer gefallen war. Das einzige, was er sich immer wieder deutlich machte, war, dass er es versucht hatte und das war das, was für ihn im Moment zählte. Kein Wort von dem, was Harry gesagt hatte, ließ er in seine Gedanken, denn dann könnte er es nicht mehr ertragen, dass er fort war. Dass er dabei all seine eigenen Gefühle völlig verdrängte, war ganz in seinem Sinne. Draco rollte sich auf den Bauch und vergrub das Gesicht im Kopfkissen. Er wollte nicht daran denken, was Harrys Weggehen bedeutete. Er durfte nicht daran denken, dass Harry davon ausging, nie mehr zurück zu kommen, denn dann müsste er darüber nachdenken, was er ihm erst gestern gesagt hatte und er müsste sich eingestehen, dass der Gedanke Harry zu verlieren, nackte Angst in ihm auslöste. Das gehörte sich nicht für einen Malfoy. Ein Malfoy hatte keine Angst. Ein Malfoy hatte keine Gefühle, er durfte keine haben, und falls doch, würde er sie niemals zeigen. Gefühle bedeuteten schwach zu sein und er war nicht schwach. Er durfte sich nicht von dem aus dem Gleichgewicht bringen lassen, was mit Harry geschah. Er durfte nicht - doch es war so verdammt schwer. Dracos Finger krallten sich ins Kissen. Er war kein Malfoy mehr. Er wollte nie mehr einer sein, doch er durfte verdammt noch mal nicht schwach sein, denn er wusste, dass er es sonst nicht schaffen würde, mit diesem bitteren Abschied umzugehen. Er hatte jedoch keine andere Wahl mehr und darum tat er erst einmal das, was er immer am besten gekonnt hatte. Er besann sich auf sich selbst, auf Draco Malfoy, der immer eisig über allem gestanden hatte und für den Gefühle bedeutungslos waren und im Moment fiel ihm das nicht mal besonders schwer, denn es war der leichtere Weg. Draco machte sich keine Illusionen darüber, dass das nichts weiter als eine reine Schutzreaktion war, doch im Augenblick hatte er ganz einfach nicht die Kraft, sich mit seinen Gefühlen auseinander zu setzen. Im Grunde konnte er froh sein, die letzten achtundvierzig Stunden kaum geschlafen zu haben, denn schneller, als erwartet forderte seine totale körperliche und geistige Erschöpfung ihren Tribut und er sank in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Es mochte sein, dass das die bittere Wahrheit nur aufschob, doch vielleicht war er dann stark genug, neu anzufangen und irgendwie damit umzugehen, dass Harry ihn allein zurück gelassen hatte. Als vom Bett kein Geräusch mehr zu hören war, außer einem stetigen, ruhigen Atmen, wagte Dobby sich aus seinem Versteck hinter Seamus Nachtschrank hervor. Schon seit Stunden hatte er dort ausgeharrt und gewartet, bis Draco Malfoy sich rührte. Zuerst hatte er gar nicht mitbekommen, dass er sich wieder bewegen konnte und dann hatte er sich gewundert, dass er so ruhig blieb. Als er in der Nacht herauf gekommen war, hatte er sich nicht getraut, hinter die Vorhänge des Bettes zu spähen, denn die Wut, die Draco zu dem Zeitpunkt empfunden hatte, war alles andere, als beruhigend gewesen. Hatte er sich zuerst gewundert, dass er im Bett liegen blieb, war ihm bald klar geworden, dass er sich nicht bewegen konnte. Dobby war sich nicht so sicher, ob es eine gute Idee von Harry gewesen war, Draco zu lähmen. Er konnte ja nicht wissen, dass das gar nicht dessen Absicht gewesen war und der Blonde eigentlich nur fest schlafen sollte. Fest stand jedenfalls, dass es für Dracos Laune nicht sonderlich zuträglich war und darum hatte er sich auch erst mal gut versteckt. Doch jetzt tappte der Hauself langsam aufs Bett zu, schlüpfte hinter den Vorhang und warf einen Blick über den Rand der Matratze. Wie schon vermutet war Draco eingeschlafen, doch das war es nicht, was Dobby als erstes registrierte. Viel schockierender, als alles was er bis jetzt mitbekommen hatte, war die Tatsache, dass auf Dracos blassen Wangen im schwachen Licht des Morgens Tränen glitzerten. Er weinte im Schlaf. Dobby schluckte schwer. Bis jetzt hatte er geglaubt, dass Harry Potter einer Täuschung aufgesessen war und der junge Malfoy ihn nur benutzt hatte, doch das konnte er sich nun nicht mehr einreden. Mehr als einmal während der langen Nachtstunden, die er hinter dem Nachtschrank ausgeharrt hatte, war er von Dracos Reaktionen und Gefühlen, die er ganz genau erspüren konnte, überrascht gewesen, doch nichts hätte ihn davon überzeugen können, dass er Gefühle für Harry besaß, nicht mal die konfuse Verzweiflung und Angst, die immer wieder schwach unter der grenzenlosen Wut zu spüren gewesen waren. Als dann beherrschte Kälte von Dracos Gefühlen Besitz ergriffen hatte, war Dobby sich fast sicher gewesen, dass Harry für ihn nur Mittel zum Zweck gewesen war, doch als er jetzt diese Tränen sah, begriff er, dass er sich getäuscht hatte. Er hatte nicht gemerkt, das Draco seine Gefühle für Harry nur mit aller Macht unterdrückt hatte, um sich selbst vor der Wahrheit zu schützen, weil er das niemals für möglich gehalten hätte. Jetzt, wo er schlief konnte er das nicht mehr. Die Traurigkeit kam aus der Tiefe seiner Seele und fand mit diesen Tränen einen Weg an die Oberfläche. Mit einem Satz war Dobby auf dem Bett und berührte mit einem seiner langen Finger Dracos Schulter, um seine Gefühle noch genauer zu durchleuchten. Er musste Gewissheit haben, bevor er das Versprechen, dass er Harry gegeben hatte wirklich einlösen konnte, denn wenn er eines nicht wollte, dann war es jemanden zu beschützen, der Harry Potter am Ende womöglich noch mehr wehtat. Was er fühlte, waren abgrundtiefe Traurigkeit, Verzweiflung und unendliche Sehnsucht, doch was ihn am meisten schockierte, war dieses schmerzhafte Gefühl hoffnungsloser Liebe und Angst, das Draco im Moment beherrschte. Angesichts dieses Gefühlschaos' konnte er sich nicht mehr vormachen, dass Draco Malfoy Harrys Liebe nicht würdig war. Vorsichtig wischte er mit dem Finger eine der Tränen von Dracos Wange. Dessen Hände krallten sich noch immer verkrampft in die Leintücher und das Kissen und die Tränen hörten nicht auf zu fließen. Ein bedauerndes Lächeln erschien auf Dobbys Lippen. Was taten sich diese beiden Jungen nur an? Mit aller Kraft kämpften sie ihre Gefühle nieder, Draco genauso, wie Harry. Der Hauself fragte sich, wie Draco es schaffte, all seine Gefühle für Harry einfach so zu verdrängen, wenn er wach war. Auf die Idee, dass es ihn noch viel mehr Kraft kosten würde, wenn er sich damit auseinander setzte, kam Dobby nicht, doch im Grunde bestätigte das auch nur den Eindruck, den er schon bei Harry gehabt hatte. Sie beide hatten sich in den letzten Wochen hoffnungslos überanstrengt. Draco war genauso am Ende, wie Harry. Schon einmal hatte er sich gefragt, ob er Draco Malfoy wirklich helfen sollte, doch damals war ihm die Entscheidung bei weitem nicht so leicht gefallen, wie diesmal. Er hatte Harry Potter ein Versprechen gegeben und er würde dieses Versprechen halten, denn Draco war wirklich nicht mehr derselbe und dabei war es unwichtig, dass er im Moment versuchte, alles zu verdrängen, was mit Harry zu tun hatte. Dobby zweifelte nicht daran, dass er das auf Dauer nicht schaffen würde. Es bestätigte ihm nur, dass es wohl besser war nicht verlauten zu lassen, dass Harry ihn geschickt hatte. Das, was wirklich zählte, war, das Draco Malfoy Harry Potter genauso sehr liebte, wie dieser ihn und so sorgte Dobby mit einer sanften Berührung seiner Hand dafür, dass er Ruhe fand, Ruhe für seine Seele, Ruhe für sein Herz und Ruhe für seinen von Verzweiflung beherrschten Verstand. Als Draco erwachte, fühlte er sich erholt, wie lange nicht mehr und fragte sich, wie lange er geschlafen hatte. Er schob den Vorhang beiseite, nur um Harrys leeres Bett zu sehen. Sofort war alles, was er einen Augenblick lang hatte verdrängen können wieder da. Harry war fort. Er hatte ihn allein zurück gelassen und war gegangen, um gegen Voldemort anzutreten. Er hatte versucht, sein Gedächtnis zu verändern und ihn mit einem Schlafzauber belegt, bevor er sich verabschiedet hatte. Einen Moment lang drohten ihn seine Gefühle zu überwältigen, doch mit jahrelang antrainierter, eisiger Beherrschung drängte er sie zurück und sprang aus dem Bett. Sollte der verdammte Narr doch in sein Verderben rennen, wenn er der Ansicht war, dass das sein musste. Er hatte es nicht verdient, dass er sich Gedanken um ihn machte, wenn er sich auf so hinterhältige Art und Weise davon machte. Mit eisernem Willen schaltete Draco jeglichen Gedankengang der Harry betraf ab. Er war fort. Damit musste er leben und das würde er auch schaffen. Potter brauchte nicht glauben, dass er ihm nachtrauerte und so konzentrierte er sich auf das Wesentliche. Er würde auch ohne Potter klar kommen und sein Blick blieb an dem Stapel Bücher vor seinem Bett hängen. Er hatte genug zu tun, um sich von diesem sturen Möchtegernhelden abzulenken. Fast automatisch apparierte er in die Küche, um sich erst mal etwas zu Essen zu besorgen, doch kaum, dass er da erschien, traf ihn auch schon der Schlag. Dobby war mindestens genauso erschrocken, als Draco so plötzlich in der Küche erschien, doch er fing sich schneller als dieser. Hastig sprang er hinter einem der langen Tische in Deckung, bevor er meinte: "Draco Malfoy Sir, nicht hätten kommen müssen!...Dobby hätte Frühstück gleich gebracht!" Mit herunter geklappten Ohren lugte er über die Tischkante und fragte sich, was passieren würde. Draco stand noch immer am selben Fleck, den Zauberstab in der Hand auf den Hauselfen gerichtet. Er versuchte, seine Gedanken zu ordnen, denn das Erscheinen dieser Kreatur, von der er wusste, dass sie einmal seinem Vater gehört hatte, schockierte ihn völlig. Er wusste nicht, das Dobby schon seit zwei Jahren hier in Hogwarts war. "Was - tust - du - hier?" Dobby wagte sich nicht aus seiner Deckung und schaute weiterhin nur über die Tischkante zu ihm hinüber. Draco schien ihm ziemlich wütend zu sein und Harrys Worte fielen ihm wieder ein. Er hatte gesagt, dass er möglicherweise nicht begeistert sein würde. Im Moment hatte er jedoch eher den Eindruck, als sei er ziemlich wütend. "Dobby sein hier, um auf Draco Malfoy Sir aufzupassen!" Draco kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und funkelte ihn noch ärgerlicher an. Das war Blödsinn. Wer sollte dem Hauselfen das aufgetragen haben? Auf das Naheliegendste kam er nicht. "Erzähl mir keine Lügen!...Ich brauche keinen Aufpasser! ...Hat dich mein Vater geschickt, um mir eine Falle zu stellen?" Besorgnis machte sich in ihm breit bei der Vorstellung, Voldemort könnte nach Hogwarts zurückgekehrt sein. Dann müsste er von hier so schnell, wie möglich verschwinden. Doch eigentlich hätte garantiert irgendein Warnzauber reagiert, wenn jemand von draußen eingedrungen wäre. Draco wusste nicht, was er von diesem Hauselfen halten sollte und ließ ihn nicht aus den Augen. Dobby inzwischen sprang empört auf den Tisch und sah Draco nun wütend an. "Vater von Draco Malfoy Sir sein nicht mehr Dobbys Meister!...Er Dobby keine Befehle mehr geben kann und Dobby auch nicht hierher schicken!...Dobby ist frei!!...Bestimmt selbst, was er tut!" Die kleinen Fäuste in die Seiten gestemmt stand er auf dem Tisch und sah Draco, der seine leichte Verblüffung nicht verbergen konnte, selbstbewusst an. So hatte er noch keinen Hauselfen mit sich reden hören. "Riskier nicht so einen große Lippe!...Ich weiß, dass ihr kleinen Biester auf Befehl eurer Herrschaften auch lügen würdet!" Wieder machte Dobby einen Satz auf ihn zu und stand nun nur noch ein paar Yard vor ihm. "Dobby lügt nicht!", blaffte er, "Seid ihr blind? Dobby hat Kleidung!...Dobby ist frei!...Ist hier um auf euch aufzupassen!" Draco glaubte den Hauselfen da zu haben, wo er ihn wollte und murmelte einen Fluch, doch da hatte er sich schwer getäuscht. Dobby wich seinem Schockzauber behände aus und knallte ihm seinen eigenen Zauber entgegen. Spätestens, als er unsanft auf dem Rücken landete, wusste Draco, dass der Hauself die Wahrheit sagte, denn sonst wäre es ihm nicht möglich gewesen, ihn mit einem Zauber zu belegen. Hauselfen im Sklavenstand waren mit einem Bann belegt, der es ihnen unmöglich machte einen Zauberer mit ihren Flüchen zu attackieren. Nur wenn sie frei waren und sich selbst schützen mussten, konnten sie das. Einen Augenblick später erschien Dobbys Gesicht direkt über ihm. "Haben Draco Malfoy Sir sich jetzt abreagiert?...Dann kann er ja in Ruhe frühstücken!" Der Pragmatismus dieses Hauselfen war glattweg unglaublich. Es interessierte ihn scheinbar gar nicht, dass Draco immer noch wütend war. Draco schnappte Dobby mit einer schnellen Bewegung an seiner Krawatte und zerrte ihn mit einem eisigen Lächeln auf den Lippen zu sich herunter. "Wieso sollte ich dir kleinen Kröte trauen?" Dobby zappelte und umklammerte mit seinen langen Fingern Dracos Handgelenk, doch gegen dessen Griff konnte er nichts ausrichten. Wehtun wollte er ihm schließlich auch nicht unbedingt. "Dobby sein ein ehrwürdiger Hauself, keine Kröte!...Ihr seid hinterhältig!...Dobby hätte es wissen müssen!...Malfoys alle hinterhältig!" Draco war mit einem Satz auf den Beinen. Das Grinsen war verschwunden und er funkelte den Hauselfen mit zornigem Blick an, der ein Yard über dem Boden in seinem Griff zappelte. Hilflos versuchte er sich gegen Dracos Griff zu wehren und zog die Krawatte dabei immer fester zu. "Mach ja nicht den Versuch, mich mit meinem Vater zu vergleichen...und hör gefälligst auf zu zappeln!", fuhr Draco ihn an und Dobby hielt bei seinem eisigen Tonfall erschreckt still. "Wer hat dich zu mir geschickt?" Trotzig starrte er nun ins Leere und schwieg. Draco zog noch ein wenig fester an seiner Krawatte, obwohl er inzwischen auch noch die Träger seines Turnhemdes im Griff hatte. Immerhin war es möglich, dass er wieder anfing zu zappeln und dann konnte es leicht sein, dass er sich selbst die Schlinge zuzog. "Ich hab dich was gefragt!" Dobby mochte vielleicht ein freier Hauself sein, doch deswegen wollte er trotzdem wissen, wer ihn dazu angehalten hatte auf ihn aufzupassen. Draco war sich nicht sicher, was er von dieser Sache halten sollte. Dobby starrte weiter trotzig ins Leere und ließ sich auch von der Enge um seinen Hals nicht beeindrucken. Draco hätte ihn nun doch noch am liebsten gewürgt, doch dann begann er plötzlich zu ahnen, warum er schwieg. Im Grunde gab es nämlich nur einen, der einem Hauselfen einen solchen Auftrag geben würde und dieser eine würde diesem Hauselfen garantiert raten den Mund zu halten, denn er konnte sich denken, dass er, Draco, möglicherweise nicht begeistert sein würde. Die Erkenntnis war wie ein Schock und er ließ Dobby fallen, wie eine heiße Kartoffel, bevor er ihm den Rücken zuwandte. "Hat Harry dich geschickt?" Die Frage war eigentlich überflüssig und Dobbys Augen wurden groß. Draco zweifelte nicht daran, dass er Recht hatte. Das sah Harry ähnlich. Es würde wohl schwieriger als erwartet werden, ihn so einfach aus seinem Kopf zu verdrängen, denn offensichtlich hatte er an alles gedacht und nur die Möglichkeit, dass sein Zauber nicht klappen könnte außer Acht gelassen. In Sachen Überheblichkeit war Harrys ihm zweifellos ebenbürtig, auch wenn er das garantiert abstreiten würde. Dobby tippelte inzwischen unsicher um ihn herum, um ihn ansehen zu können. "Er hat gesagt, ihr würdet sauer reagieren!", bemerkte er vorsichtig, denn er hatte bemerkt, dass Draco Harry durchschaut hatte. Draco funkelte ihn zornig an. "Ach! Hat er das?...Er hat recht!...Ich bin sauer!", er sah Dobby von oben herab kalt an. Das Problem war, dass er nicht auf den Hauselfen, sondern auf Harry sauer war, obwohl er eigentlich nicht mal an ihn denken wollte. Trotzdem konnte er sich seine nächste Frage nicht verwehren. "Wo ist er hin?" "Dobby das nicht wissen!...Er sagen ich soll auf euch aufpassen!...Für Essen sorgen...Draco Malfoy Sir nicht kochen kann, er sagen!" Dracos Blick wurde noch ein wenig kälter. "So?...Sagt er das?...Soll er doch denken, was er will!" Ohne Dobby noch eines Blickes zu würdigen ging er zu dem Tisch, auf dem der Hauself bei seinem Erscheinen ein Tablett mit Frühstück abgestellt hatte. Wortlos nahm er es und disapparierte. Dobby starrte minutenlang auf die Stelle, an der er verschwunden war, bevor er sich sammelte. Erneut fragte er sich, was er von Draco Malfoy halten sollte. Ohne jeden Zweifel hatte er die Absicht, seine Gefühle weiterhin zu ignorieren und die vierundzwanzig Stunden, die er durchgeschlafen hatte, schienen ihm auch die Kraft gegeben zu haben, das im Moment problemlos zu schaffen. Doch Dobby bezweifelte nicht einen Augenblick lang, dass das eine vorübergehende Reaktion war. Draco versuchte die Traurigkeit zu verdrängen, obwohl er tief verletzt war und in Wirklichkeit nichts als abgrundtiefe Verzweiflung empfand. Auf Dauer konnte er das nicht durchhalten, vor allem, wenn ihm irgendwann bewusst wurde, wie allein er war. Schnell entschied er, dass er ihn nicht aus den Augen lassen würde, denn er befürchtete, dass er sich sonst möglicherweise aus dem Staub machen könnte. Dobby würde ihn zwar überall wieder finden, nachdem er ihn erst einmal als Schützling akzeptiert hatte, doch es war einfacher ihm auf den Fersen zu bleiben und so spürte er ihn wenig später in den Gemeinschaftsräumen der Slytherins auf. Mit einem Plobb verschwand er und Draco merkte nicht, dass er im Nebenraum erschien. Er würde erst einmal einen gewissen Abstand halten, um ihn nicht noch mehr aufzubringen. Draco starrte auf das Tablett mit Frühstück und stellte es auf einem der Tische ab, nur um es nicht mehr sehen zu müssen. Er spürte, wie er schon wieder begann, sich richtig über Harry aufzuregen. "Du bist ein Mistkerl, Harry! Es gibt nichts schlimmeres, als jemanden, der all meine Schwächen kennt!" "Wie konnte ich nur so tief sinken?" Draco trat voller Wut gegen einen Stuhl, der daraufhin krachend gegen die Wand flog. Warum war Potter nur so ein widerlich guter Mensch? Warum dachte er niemals nur an sich? Warum glaubte er unbedingt den Helden spielen zu müssen? "Du bist ein Idiot!...So ein Idiot!...Was glaubst du, dass du ausrichtest!...Denkst du wirklich, dass du ihn schaffen kannst?...Du, der du nicht mal einen Cruciatus anwenden kannst? Nicht mal für einen Sekundenbruchteil?...Oh, Harry...das wird doch nichts!" Draco ließ die Schultern hängen. Es hatte keinen Sinn! Er musste einsehen, dass er es nicht schaffte, Harry aus seinen Gedanken zu verdrängen. Wenn er ihn doch nur irgendwie aufhalten könnte, doch er zweifelte nicht daran, dass Harry dafür gesorgt hatte, dass das unmöglich war. Draco schlang sich die Arme um die Schultern und versuchte seine Wut am Leben zu erhalten. "Verdammt noch mal, das ist arschkalt hier unten!", fluchte er laut vor sich hin. Ein lautes Knacken war die Folge und das Feuer im Kamin brannte fast augenblicklich lichterloh. Fassungslos und vollkommen abgelenkt starrte Draco in die wärmenden Flammen. "Dobby?!?" Augenblicklich erschien der Hauself. "Draco Malfoy Sir haben gerufen?" Die Wut in ihm flackerte hoch wie ein wütendes Feuer, noch heftiger, als zuvor. Er fauchte: "Was willst du hier?" Dobby sah ihn unschuldig an. "Dobby kümmert sich um Draco Malfoy Sirs Wohlergehen!...Draco Malfoy Sir war es kalt!" Lodernde Wut funkelte nun in Dracos Blick. Erneut griff er sich das Tablett und verschwand, diesmal zu seinem eigenen, blanken Entsetzen in die Große Halle. Zwei Tage später platzte Draco dann endgültig der Kragen. Inzwischen hatte er mitbekommen, dass ihn Dobby nicht aus den Augen ließ und der Hauself hatte es aufgegeben, sich zu verstecken. Egal, was er tat, Dobby war in seiner Nähe und irgendwann nervte ihn das so sehr, dass er ausflippte. Draco merkte nicht einmal, dass Dobby ohne es selbst zu begreifen dafür sorgte, dass er immer neue Nahrung für seine Wut auf Harry bekam. Der Ärger über den Hauselfen machte es möglich, dass er weiterhin jeden Gedanken an Harry verdrängen konnte. Gerade eben kam er wieder durch die Tür zu Bibliothek spaziert und hatte in genau diesem Moment nichts Besseres zu tun, als da die Regale vom Staub zu befreien. Draco starrte ihn mit Mordlust im Blick an. Inzwischen hatte er das Gefühl, dass Dobby ihn absichtlich provozierte. "Verschwinde!" Dobby ignorierte ihn und putzte weiter. "Ich sagte, du sollst verschwinden!" "Dobby macht seine Arbeit!", warf er nur ein. "Hauselfen haben ihre Aufgaben unbemerkt zu verrichten!", mit jedem Wort wurde Dracos Stimme bedrohlich ruhiger. "Dobby leistet Draco Malfoy Sir Gesellschaft!" Keine Ausrede war dem unverschämten Knirps mager genug. Draco sprang auf und warf dabei den Stuhl um. "Lass - mich - in - Ruhe! ...ich sage es nur noch einmal: Geh mir aus dem Weg und lass mich verdammt noch mal in Ruhe...sonst bist du erledigt!" Dobby sah ihn an und schluckte. Er wusste, dass diese Drohung aus Dracos Mund leider sehr ernst zu nehmen war, doch er würde sich nicht weiter einschüchtern lassen. Er war ein freier Hauself und hatte ein Recht auf seine eigene Meinung. "Wollen Draco Malfoy Sir nicht, dass Dobby sich um ihn kümmert?" Draco konnte den Ausdruck in den Augen des Hauselfen nicht deuten. "Nein, verdammt! Das will ich nicht!", blaffte er ihn an und hoffte, dass er es endlich begreifen würde. "Wollen Draco Malfoy Sir nicht, dass Dobby Essen kocht, aufräumt, Feuer macht und ihn umsorgt?" Dobby wusste nicht, wie dieser Disput enden würde und hoffte nur, dass er Harry Potter nicht enttäuschen musste. Hitzig und unbedacht entgegnete Draco inzwischen: "Nein, verdammt!...Scher dich zum Teufel und lass mich in Ruhe!" "Ihr wollt Dobby fortschicken?" Der Hauself blieb zu ruhig. Das wurde Draco plötzlich bewusst, doch er ignorierte es. Er war so wütend auf Dobby, dass er ihm am liebsten den dürren Hals umdrehen würde. "Sofort und auf der Stelle, lieber gestern als heute! Ich kann deine penetrante Gegenwart nicht ertragen!" Dobby schien noch ein wenig zu wachsen, als er die Arme vor der schmalen Brust verschränkte und die Nase noch ein bisschen höher hob: "Dann tut es!...Schickt Dobby fort und sprecht Dobby von seinem Versprechen an Harry Potter Sir frei!...Er das sicher verstehen, dass ihr niemanden haben wollt, der sich um euch sorgt!" Das hatte gesessen! Draco starrte ihn an, das Gesicht zu einer eisigen Maske erstarrt. Etwas sagte ihm, dass Dobby ganz genau wusste, was er tat und er wollte nicht hören, was er zu sagen hatte. "Komm mir nicht so!", fauchte er leise, doch auch Dobby war sein Ärger nun anzusehen. "Wie Dobby euch kommen?...Mit der Wahrheit!" Ein Fluch zischte durch den Raum und Dobby musste in Deckung gehen, doch seine Klappe hielt er nicht. So konnte es nicht weiter gehen. Das würde er nicht zulassen. "Draco Malfoy will die Wahrheit nicht sehen...nicht wahr!" "Ich warne dich, du kleine Kröte, ich mach dich alle!" Der Fluch versengte die Kante des Tisches hinter dem Dobby in Deckung gegangen war und ging zwischen seinen Ohren durch, doch Dobby hatte ein Versprechen gegeben und das machte es unmöglich, dass er davonrannte. Er hatte mit Harry Potter einen bindenden Vertrag geschlossen, als er dieses Versprechen gab, auch wenn es ihn vielleicht das Leben kostete. Für Harry würde er alles tun. Ohne noch länger darüber nachzudenken hopste er auf den Tisch und sah Draco trotzig an, der mit dem Zauberstab in der Hand nicht weit von ihm entfernt stand. "Dobby es schon einmal gesagt. Er sein keine Kröte! Er sein ein ehrwürdiger Hauself, der sich an sein Wort hält!...Nur ihr ihn könnt entbinden von seinem Versprechen!... Ihr Dobby nur wegschicken müsst!...Wenn er nicht hätte versprechen müssen Harry Potter Sir, Dobby schon lange weg!...Malfoys immer schon undankbare Herrschaften...aber Dobby nicht erwarten Dankbarkeit...Ihm nur tun Harry Potter leid!...Draco Malfoy Sir nicht würdigen, was Harry Potter Sir für ihn wollen!...Sich mal fragen, was Harry Potter sich wünschen!...Harry Potter Sir sich getäuscht haben in seinem Freund!" "Halt deine verdammte Klappe und verschwinde!", kam es hohl von Draco. Seine Wut war verraucht und er fühlte sich leer. Was Dobby sagte fraß sich in seine Seele, wie ein Geschwür. "Dobby immer sagen, was er denken!...Er das von Harry Potter Sir gelernt!...Ihr nicht müsst ernst nehmen! Ihr nur müsst sagen Ich spreche Dobby frei von seinem Versprechen an Harry Potter!...Geh!...Dobby dann geht...Ihr dann Harry Potter erklären müsst, nicht Dobby!...Dobby wirklich nicht wild auf diesen Job, doch Harry Potter nicht aufhören zu bitten, bis Dobby nachgeben!...Eure Entscheidung, Dobby wegzuschicken! Ihr ihn entheben könnt von seiner Pflicht gegenüber Harry Potter Sir!...Dobby lieber heute geht, als morgen!...Ihr unerträglich!" Da stand er, auf seinem Tisch und sah Draco mit unschuldigen, zornigen Augen an. Mehr konnte er nicht tun, um ihm klar zu machen, warum er hier war. Dobby wusste nicht, ob Draco verstand, was er sagen wollte. Seine Wut und sein Ärger auf Harry machten ihn blind gegenüber dem, was Harry gewollt hatte, doch dass würde Dobby ihm nicht sagen, denn das wäre eine Beleidigung. Schon seine letzte Bemerkung war ihm schwer gefallen. Draco öffnete den Mund, doch kein Wort kam heraus. Er wollte ihn zum Teufel schicken, doch er konnte es nicht. Es ging nicht um Dobby, der war nur das Opfer. Es ging um ihn, um ihn und um Harry, der ihn verletzt hatte und trotzdem versucht hatte, es ihm, was sein Leben hier anging, so leicht wie möglich zu machen. Erneut versuchte er sich diesen Schmerz zu vergegenwärtigen und Harry die Schuld dafür zuzuschieben. Das funktionierte auch, doch Dobby hatte die zweite Wahrheit dieser Geschichte ans Licht gezerrt ...Draco Malfoy Sir nicht würdigen, was Harry Potter Sir für ihn wollen!...Sich mal fragen, was Harry Potter sich wünschen!... Er konnte die Gründe nicht länger ignorieren, so überheblich Harrys Handeln auch war. Plötzlich konnte er Dobbys Gegenwart nicht mehr ertragen und dissapparierte. Der Hauself machte es ihm unmöglich, sich weiter einzureden, dass Harry irgendetwas nur aus Egoismus oder Überheblichkeit getan hatte. Im nächsten Moment fand er sich im Gryffindorschlafsaal wieder und das war endgültig ein Schock für ihn. Draco hatte die letzten zwei Nächte in seinem Schlafsaal geschlafen und den Gryffindorschlafsaal gemieden. Eigentlich hatte vorgehabt, das auch weiter zu tun, doch er hatte einen Platz gesucht, an dem er Ruhe finden würde und war hier geendet. Er starrte ins Leere und konnte sich nicht helfen: Schon lange waren die Räume der Gryffindors für ihn der Platz geworden, an den er sich zurückzog, ganz gleich, wie sehr er Slytherin war. Zu lange hatte er sich hier wohl gefühlt und auch jetzt vermittelte ihm der Gryffindorschlafsaal einen Hauch von Geborgenheit. Sein Blick blieb an Harrys Bett hängen. Er schaffte es nicht mehr, dem Gedanken an ihn aus dem Weg zu gehen. Am Ende seiner Beherrschung ließ er sich auf Harrys Bett fallen. Es war unmöglich, der Wahrheit aus dem Weg zu gehen. Er vermisste ihn. Er wollte nichts mehr, als bei ihm zu sein und er wusste, warum er Dobby für ihn zurückgeholt hatte. Harry hatte gewusst, dass er einsam sein würde. Er mochte geahnt haben, dass er, Draco, den Hauselfen nicht einfach so akzeptieren würde und es Reiberein geben würde, doch er hatte genauso gewusst, dass ihm das im Grunde lag. Draco rollte auf den Bauch und vergrub sein Gesicht im Kopfkissen. Plötzlich war die Traurigkeit da. Die Wut war verraucht und mit der Traurigkeit kam die Einsamkeit. Er vermisste Harry so sehr. Da konnte er noch so genau wissen, dass er ihn nur nicht in Gefahr bringen wollte und selbst schwerer angreifbar war, wenn es niemanden gab, um den er sich sorgen musste. Da konnte ihm noch so klar sein, dass er eine Gefahr für Harry war, wenn er bei ihm war, denn er würde alles tun, um ihn zu beschützen, nicht sich selbst, doch all das änderte nichts daran, dass er bei ihm sein wollte. Er wollte bei Harry sein, egal, was es am Ende bedeuten würde. An diese verdammte letzte Konsequenz wagte er nicht einmal zu denken. Inzwischen wusste er, dass Harry Snape mitgenommen hatte und ihm war auch sofort, als er es mitbekommen hatte, klar gewesen, aus welchen Gründen er das getan hatte, doch das änderte nichts daran, dass er bei ihm sein wollte. Draco hoffte nur, dass Snape wusste, wohin er gehörte. Er spürte Tränen hinter seinen Lidern brennen und biss die Zähne zusammen. Hastig stand er wieder auf und zerrte ein Sweatshirt aus seiner Truhe. Er musste hier raus. Egal, wie, egal was, er musste erst einmal hier raus. "Dobby?" Der Hauself erschien augenblicklich. "Draco Malfoy Sir hat gerufen?" Dobby sah ihn an. Nichts war ihm anzumerken und er wirkte dienstbeflissen, wie immer, so als hätte es diese Diskussion vor ein paar Minuten nie gegeben. Draco fasste sich. Es hatte diese Diskussion gegeben und er wusste, dass sie nötig gewesen war. Dobby hatte ihm klar gemacht, was Harry erreichen wollte und es gab ein paar Sachen, die er mit Dobby klarstellen musste, wenn er schon gezwungen war, sich mit ihm zu arrangieren. "Es gibt ein paar Sachen, die wir klären müssen, Dobby!" Dobby nickte und Draco war froh, dass er nicht nachtragend war. Immerhin hatte er ihn mit Flüchen durch die Bibliothek gejagt. "Erstens! Hör bitte auf mit dem Draco Malfoy Sir!...Nenn mich Draco!...Zweitens! Hör auf mir ständig auf den Nerv zu gehen!...Es ist nicht notwendig, dass du ständig um mich herum bist!...Ich weiß, dass ich dir nicht entkommen kann, wenn du es nicht willst!...Wenn ich Gesellschaft haben will, werde ich es sagen!...Und drittens...Ich werde jetzt in die Muggelwelt gehen und komm du ja nicht auf die Idee, mir zu folgen!" Dobby betrachtete ihn nun sehr aufmerksam. Die Ruhe, die er im Moment ausstrahlte, gefiel ihm nicht. Das ganze sah für ihn irgendwie nach einer Fluchtreaktion aus und er hatte das Gefühl, dass die Trotzphase jetzt vorbei war. Dobby war froh, dass er es endlich begriffen hatte und sich damit auseinander setzte. "Wann werdet ihr wieder kommen, Draco Sir?" Resignation trat in Dracos Blick. Das war nicht die Anrede, die er hatte hören wollen, doch er ahnte, dass diese Art jemanden anzusprechen eine uralte Angewohnheit für Dobby war. Er beschloss es für den Moment dabei zu belassen. Der Hauself wirkte nervös und machte sich garantiert Sorgen, dass er sich doch noch aus dem Stab machen könnte. Verdammter Potter! Jetzt fing er schon an, sich um solche Kreaturen, wie Hauselfen Gedanken zu machen, doch das war jetzt gleich. Er musste hier weg, so schnell wie möglich und das war am einfachsten, wenn er sich Dobby in dieser Hinsicht fügte und nicht weiter mit ihm diskutierte. "Mach dir keine Gedanken!...Ich komme wieder!...Ich weiß eh nicht, wohin!...Aber im Moment brauche ich einfach meine Ruhe!...Verstanden, Dobby?" "Verstanden, Draco Sir!...Soll Dobby Draco Sirs Sachen in die Räume der Slytherin bringen?" Ihm war nicht entgangen, dass Dracos Sachen fast alle hier waren. Da er die letzten beiden Nächte jedoch im Slytherinschlafsaal verbracht hatte, nahm Dobby an, dass er dort bleiben wollte. Draco starrte Harrys Bett an und wünschte sich einfach so Ja sagen zu können, doch er schaffte es nicht. "Nein!" "Soll Dobby noch etwas zum Abendessen machen?" Draco sah ihn an und plötzlich erschien ein müdes Lächeln auf seinen Lippen. "Nein!...Mir ist der Appetit vergangen!" Und mit einem Plobb war er verschwunden. Wieder einmal starrte Dobby auf die Stelle, an der er gestanden hatte. Ohne jeden Zweifel hatte sich etwas verändert und er wusste nicht, ob zum Guten, oder zum Schlechten. Draco wusste nicht, wie lange er schon durch die, von Neonreklamen erleuchteten, Straßen ging ohne nach rechts und links zu sehen. Er war im London der Muggel und er hatte schon mehrere Pubs hinter sich, doch geholfen hatte es ihm nichts. Inzwischen war es weit nach Mitternacht und noch immer waren die Straßen voller Menschen. Er hatte das Gefühl schon eine Ewigkeit unterwegs zu sein, obwohl es erst ein paar Stunden her war, dass er Hogwarts fluchtartig verlassen hatte. Es war nicht Dobby, der ihn letztendlich zur Flucht bewegt hatte. Der Hauself konnte nicht wirklich etwas dafür, auch wenn er ihm die Augen geöffnet hatte. Es war das Bewusstsein, dass er dem Gedanken an Harry nicht weiter ausweichen konnte. Seit Tagen versuchte er vor der Wahrheit zu flüchten und er wusste, dass er sich etwas vormachte, wenn er glaubte, dass ihm das gelang. Er konnte der Tatsache, dass er Harry fürchterlich vermisste, nicht entfliehen. Ohne sich dessen bewusst zu sein hatte er wohl bis jetzt immer noch gehofft, er würde zurückkommen, doch inzwischen zweifelte er nicht mehr daran, dass Harry das nicht tun würde. Seit vier Tagen war er jetzt weg und mit jedem Tag war seine Hoffnung kleiner geworden. So, wie die Hoffnung geschwunden war, war die Einsamkeit gewachsen und daran konnte auch Dobbys provozierende Anwesenheit nicht wirklich etwas ändern. Dobby hatte ihn nur davon abgelenkt. Draco war sich nicht klar gewesen, wie sehr er sich an Harrys Gegenwart gewöhnt gehabt hatte. Wenn er vor einigen Wochen noch behauptet hatte, dass Harry allein untergegangen wäre, fürchtete er jetzt, dass es ihm genauso ging. Harry fehlte ihm und das machte ihn unendlich traurig. Um ihn herum war alles voller Muggel, doch er war nur grenzenlos allein und nichts und niemand konnte daran etwas ändern, außer dem einen Menschen, den er so schmerzlich vermisste. Einen kurzen Augenblick lang wünschte er sich sogar, dass Harrys Zauber funktioniert hätte. Lieber würde er ohne diese Erinnerungen leben, als mit den Gefühlen, die sie zurückließen. Irgendwann blieb er vor einem der Schaufenster stehen und starrte sein Spiegelbild im Glas an, doch er sah nur Harrys Gesicht vor sich. Niemals hätte er sich vorstellen können, dass es einmal einen Menschen geben würde, der ihm wichtiger war als alles andere, wichtiger, als er selbst, wichtiger als Macht, wichtiger als die Sicherheit, die Harry für ihn wollte, doch es war so. Er hatte so verdammte Sehnsucht nach Harry Potter, dass es weh tat und nichts konnte ihn davon ablenken, gar nichts. Verloren bewegten sich seine Finger zu der Narbe unter seinem Auge und er wünschte sich, bei ihm zu sein, egal, was das bedeuten würde. Harry löste seine Hände von Snapes Schläfen und taumelte mehrere Schritte rückwärts, die Hand auf der Narbe unter seinem Auge. Er war der vierte Versuch mit dem Homorfus und es hatte ganz so ausgesehen, als könnte es diesmal klappen, doch das war im Moment vorbei. Harry Hände zitterten. Er hatte das Gefühl, als stände Draco direkt vor ihm und war unfähig, sich auch nur noch eine Sekunde weiter zu konzentrieren. Das intensive Gefühl von Einsamkeit und Sehnsucht, das von Draco ausging, zerriss ihm das Herz. Snape inzwischen fuhr wütend hoch. "Bist du von Sinnen, Potter?...Wenn dir das nur ein paar Sekunden später passiert wäre, hätte es uns beide den Kopf gekos...!" Er brach mitten im Wort ab, denn wieder konnte er es spüren. Irgendwas war bei dem Seelenzauber anders, als es eigentlich sein sollte. Er konnte deutlich spüren, was in Potter vorging und das war nicht normal, mal ganz davon abgesehen, dass es ihm gar nicht gefiel. Harry hatte ihm den Rücken zugewandt, doch Snape wusste, was los war. Er spürte abgrundtiefe Verzweiflung, Schmerz und grenzenlose Sehnsucht. "Diese Narbe?...Wo stammt sie her?" Er hatte gesehen, wie Harrys Finger zu der Narbe unter seinem Auge geruckt waren, bevor absolute Konfusion von ihm Besitz ergriffen hatte. Harry sammelte sich mühsam. "Lucius Malfoy wollte Draco töten! Das hab ich doch gesagt!...Der Fluch ist zwischen uns durchgegangen!" "Du hast nicht gesagt, dass Malfoy ebenfalls eine Narbe hat!" Unwillig sah Harry ihn an. Er wusste nicht, worauf Snape hinaus wollte. Seit vier Tagen war er jetzt mit seinem Lehrer zusammen, doch das Rätsel um Snape wurde immer größer. Von dessen Hass war nichts mehr zu spüren, seit er aufgewacht war. Drei Tage hatte er durchgeschlafen und das hatte ihn ziemlich schockiert, denn es bewies, wie am Ende er gewesen war. Harry konzentrierte sich wieder auf Snapes Frage. "Na und?", entgegnete er ungehalten. Snape musste nicht alles wissen. Es reichte schon, dass Harry inzwischen manchmal das deutliche Gefühl hatte, Snape könnte spüren, was er selbst empfand. Snape inzwischen runzelte genervt die Stirn. Mann war der Bengel naiv. "Der Fluch hat euch verbunden!...Das müsste gerade dir doch eigentlich klar sein! Immerhin hast du schon eine Narbe, die dich immer wieder mit ihrem Verursacher verbunden hat." Fassungslos starrte Harry Snape an. Auf diesen Gedanken wäre er wirklich nicht gekommen, obwohl Snape Recht hatte. "Das heißt, er könnte mich finden!" Sorge machte sich in Potter breit und wieder bekam Snape einen Teil davon ab. Verdammt, wenn das so weiter ging, würde ihn dieser Bengel noch in den Wahnsinn treiben bevor er auch nur versucht hatte, etwas zu unternehmen. Die Flut an Gefühlen, die von Potter ausging, war unerträglich für ihn. "Das käme darauf an, wie gut er ist." In Harrys Kopf arbeitete es fieberhaft. Es musste einen Weg geben, diese Verbindung zu trennen, denn er wusste, wenn Draco begriff, dass er ihn auf diese Art finden konnte, würde er es versuchen und er zweifelte nicht daran, dass er dazu in der Lage war. Wo verdammt noch mal steckte Dobby, dass er sich so einsam fühlte? Wieder stürzten Gefühle auf ihn ein. Diesmal seine eigenen. Mit aller Macht drängte er sie zurück, ohne zu sehen, das Snape ihn mit größter Besorgnis betrachtete, doch plötzlich fiel ihm ein, was er versuchen könnte. Wenn der Reducio-Zauber Persönlichkeiten löschen konnte, dann konnte er möglicherweise auch diese Narbe für Draco unauffindbar machen und die Verbindung trennen. Sein Zauberstab berührte seine Haut, als er murmelte: "Reducio veritae signum!" Snape riss fassungslos die Augen auf - und spürte, dass es funktionierte. Hatte es ihn schon schockiert, dass er diesen Zauber kannte, machte ihn die Tatsache, dass er ihn beherrschte fassungslos. Schlagartig wurde ihm klar, dass Potter in seiner Naivität möglicherweise jeden noch so schwierigen Zauber auf die Reihe bringen würde. Das hatte er ja mit dem Zeitzauber schon bewiesen, doch gleich darauf nahm etwas anderes überhand. Es waren Schmerz und Verzweiflung. Harrys Verzweiflung darüber, dass Draco so einsam und unglücklich war und der Schmerz, als ihm klar wurde, dass es ihm nicht gelungen war, sein Gedächtnis zu verändern und er sich für den Rest seines Lebens daran erinnern müssen würde. Draco spürte einen Stich in der Narbe und viel zu spät wurde ihm klar, dass sie eine Verbindung zu Harry gewesen war, eine Verbindung, die er ohne jeden Zweifel gerade eben gekappt hatte. Plötzlich brannten Tränen in seinen Augen und er versuchte gar nicht erst, sie zurück zudrängen. Die Traurigkeit wurde übermächtig und er schaffte es nicht mehr, sie zu kontrollieren. Er hatte verdammt noch mal allen Grund traurig zu sein. Was Harry getan hatte war und blieb einfach unverzeihlich, ganz gleich, was er damit erreichen wollte. Draco starrte in das Gesicht, das er noch immer im Schaufensterglas sehen konnte. Harry konnte tun, was er wollte. Seine Gefühle konnte er nicht auslöschen und da interessierten ihn auch die Tränen nicht, die nun unaufhaltsam über seine blassen Wangen strömten. "Du entkommst mir nicht!...Hast du verstanden?...Du entkommst mir nicht!" Die Erkenntnis, dass Harry alles tat, um jegliche Verbindung zu ihm zu lösen, tat weh und drohte ihm alle Hoffnung zu nehmen, doch das Bewusstsein dessen, was sie verbunden hatte, konnte sie nicht zerstören. Er wusste, was Harry damit erreichen wollte und, was noch viel wichtiger war, er wusste, dass er dessen Überzeugung, seine Erinnerungen verändert zu haben zunichte gemacht hatte. Harry konnte sich nicht mehr einreden, dass sein Tod keine Bedeutung mehr für ihn haben würde und Draco zweifelte nicht daran, dass es ihm diese Tatsache viel schwerer machen würde, einfach sein Leben aufs Spiel zu setzen. Plötzlich und ohne es wirklich bewusst zu tun begann Draco jeden Zweifel daran, dass Harry zurückkommen würde, auszulöschen. Er würde nicht glauben, dass Harry sein Leben verlor, ganz egal, was dieser selbst darüber dachte. Sie hatten noch eine Rechnung offen und nach dieser Geschichte gerade eben erst recht. Noch war der Schmerz zu tief, als dass die Hoffnung ihn einfach so verdrängen konnte, doch Draco würde den Glauben an ihre Zukunft nicht aufgeben. Dieser Glaube war alles, was ihm blieb. Abrupt wandte er sich ab. Von einem Moment zum anderen hatte er das Gefühl, als würden ihn all diese Muggel anstarren. Hastig legte er den Tarnzauber über sich und disapparierte. Hatte er hier die Einsamkeit gesucht, konnte er es jetzt nicht mehr ertragen, auch nur noch einen Augenblick länger zu bleiben. Er gehörte nicht in diese Welt. Er gehörte nach Hogwarts und genau da würde er auf Harry warten, auch wenn das hieß, Dobby erst mal ein paar Grundregeln in Sachen Freiheit beizubringen und niemand ihm sagen konnte, wie lange er warten musste. Harry musste nach Hogwarts zurückkommen, denn er musste diesen Zeitbann lösen und dann konnte er was erleben. Als er Augenblicke später wieder im Gryffindorschlafsaal erschien konnte er Dobby auf dem Stuhl neben Seamus Bett schlafen sehen. Ein schiefes Grinsen huschte über sein Gesicht. Ohne jeden Zweifel handelte der Hauself nach der Devise allzeit bereit. Dracos Blick blieb an Harrys Bett hängen und die Sehnsucht, dort zu schlafen war übermächtig. Langsam ging er hinüber und strich mit den Fingern über das glatt gezogene Kissen. Der Gedanke allein darin zu schlafen tat weh und er wandte sich ab. Langsam ging er zu Seamus Bett, denn ihm war klar geworden, dass er sich nur dann mit der Wirklichkeit abfinden würde, wenn er Abstand nahm, so unerträglich dieser Gedanke auch war. Er musste ohne Harry weiter leben, und das war schon schwierig genug, denn immerhin war er hier in Hogwarts allgegenwärtig. Zu viele Dinge hatten sie hier zusammen erlebt. Es war keine gute Idee, auch noch in seinem Bett zu schlafen, wo die Sehnsucht ihn in die Verzweiflung trieb. Draco hatte immer geglaubt stark zu sein, stark genug, um mit allem fertig zu werden, doch dieses verdammte Gefühl, das ihn seit Wochen beherrschte, machte ihn Harry gegenüber schwach, denn es hatte ihm die Macht gegeben, ihn zu verletzen. Es mochte sein, dass sich das irgendwann änderte und diese Liebe ihm neue Kraft gab, doch im Moment tat sie ihm nur weh und er brauchte Abstand. Einen Moment lang überlegte er sogar, doch wieder in Slytherin zu schlafen, doch das brachte er dann auch nicht fertig. Er brauchte zwar Abstand, doch das hieß nicht, dass er sich selbst verleugnen konnte und im Moment war es nun einmal so, dass er sich hier wohler fühlte, als in den Kerkern. Müde hängte er seine Sachen über einen Stuhl und verkroch sich in Seamus' Bett, um sich nicht doch noch von der Sehnsucht unterkriegen zu lassen. Es war so verdammt schwer auf Distanz zu Harry zu gehen, doch diese Distanz war unbedingt notwendig. Distanz zu Harry, zu all dem, was geschehen war und Distanz zu seinen Gefühlen, auch wenn er wusste, dass er sich damit weiter von sich selbst entfernte, als jemals zuvor, doch im Moment sah er keine andere Möglichkeit seine Sehnsucht in den Griff zu kriegen. * * * "Leg dich hin, so hat es keinen Sinn, in deinem Zustand machst du mehr Schaden als alles andere!" Wortlos wandte Harry sich ab und verschwand ins Nebenzimmer. Snape sah zu, wie er die Tür hinter sich schloss und auch dann starrte er noch eine ganze Weile auf die Tür. Was um alles in der Welt war hier faul? Warum konnte er spüren, was Potter empfand? Das war eine Katastrophe. Seit Potter wieder wach war, konnte Snape immer wieder Gefühlsfetzen von ihm genauso klar und deutlich wie er selbst spüren und er fragte sich, wie er das auf die Dauer aushalten sollte. Abrupt wandte er sich ab und knallte mit seinem Zauberstab heftig auf den Tisch. Wie aus dem Nichts erschien ein altes, zerlesenes Buch vor ihm. Hastig begann er darin zu blättern. Er konnte sich nicht vorstellen, was er falsch gemacht hatte, doch nur wenig später hob er fassungslos den Kopf. Er hatte nichts falsch gemacht. Es war alles richtig, nur ein seltener Ausnahmefall war eingetreten, so selten, dass er den Abschnitt darüber nur einmal gelesen und schon lange wieder vergessen hatte. Irgendetwas musste es geben, das Severus Snape und Harry Potter gemeinsam hatten und die einzige Erklärung, die Snape fand, war das dunkle Mal, denn es war verbunden mit dem Teil Macht, den Voldemort bei dem Versuch Harry zu töten auf ihn übertragen hatte. Auf den Gedanken, dass es ihrer beider feste Absicht Hogwarts um jeden Preis zu schützen und Voldemort zu vernichten sein könnte und Harry dabei jede Hilfe brauchen konnte, die es nur gab, kam er nicht. Harry starrte in die Dunkelheit. Sein Zauberstab lag neben ihm auf dem Nachtschrank und dort stand auch eine Kerze, doch er wollte kein Licht. Er wollte nichts sehen. Das was er sah, wenn er die Augen schloss, reichte vollkommen, um ihn fertig zu machen. Noch immer konnte er Dracos so deutlich vor sich sehen, als würde er in einen Spiegel schauen, wenn er die Augen schloss. Noch immer konnte er dessen Traurigkeit, Verzweiflung und Einsamkeit spüren, als wäre es seine eigene. Harry wusste, dass es seine eigene war. Er konnte es so deutlich spüren, dass es wehtat. Snape hatte Recht. In diesem Zustand würde er nichts auf die Reihe bringen. Er rollte sich auf den Bauch und presste verzweifelt sein Gesicht ins Kissen. Warum hatte das passieren müssen? Warum war er nicht auf die Idee gekommen, dass dieser Fluch sie verbunden hatte. Dann hätte er es schneller abgestellt. Warum hatte sein Zauber nicht funktioniert? Das machte alles noch schlimmer, als es schon war. Es war ihm schon schwer genug gefallen, seiner Gefühle unter Kontrolle zu bekommen, als er Hogwarts verlassen hatte, doch jetzt, erneut damit konfrontiert, wollte er nichts so sehr, wie zu ihm zurückkehren und alles hinter sich zu lassen, egal, was das bedeutete. Hastig stand Harry auf. Er wusste, dass er nicht noch tiefer in diese Verzweiflung versinken durfte, denn es gab kein zurück. Ganz gleich, was er fühlte, ganz gleich, was er sich wünschte - es gab kein zurück. Er musste diesen Weg gehen, egal, was ihn am Ende erwartete und daran änderte auch die Tatsache nichts mehr, dass auch Draco dieses Ende ertragen musste, und dabei war es bedeutungslos, wie es aussah. Verzweifelt starrte er in die Nacht und suchte nach etwas, was ihn von Draco ablenken konnte. Millionen von Sternen funkelten an dem samtschwarzen Himmel, das einzige, was er von diesem Fenster aus sehen konnte und der älteste Wunsch, den er hatte, seit er denken konnte flackerte wieder einmal durch seinen Kopf. Es war der Wunsch, nicht der zu sein, der er war. Er wusste, dass er dann all das Gute, was ihm schon in seinem Leben widerfahren war, nicht erlebt hätte, doch alles war besser, als diese Verzweiflung. Tausendmal lieber wäre er ein einfacher Junge, mit Eltern und Freunden, nichts besonderes, kein Zauberer, nicht Harry Potter, der Junge der lebt. Ein ganz normaler Junge, irgendwo da draußen, der nichts besseres zu tun hatte, als abends mit seinen Freunden um die Häuser zu ziehen, ins Kino zu gehen, Computer zu spielen und keine Probleme zu haben. Schon lange hatte er diesen Wunsch nicht mehr verspürt, schon seit Hagrid ihn aus seinem mickrigen Dasein bei den Dursleys heraus geholt hatte, doch in diesem Moment kam dieser Wunsch zurück und mehr als je zuvor wünschte Harry sich, endlich aus diesem Alptraum zu erwachen. Doch er würde nicht aufwachen. Er würde morgen früh aufstehen, zu Snape gehen und diesen Homorfuszauber machen. Er würde alles tun, seinen Plan durchzuziehen, ganz gleich, was es ihn kostete und er fragte sich, ob es das war, was Dumbledore hatte erreichen wollen, als er ihn in dieses unwürdige Dasein bei den Dursleys entlassen hatte - dass er das, was er liebte auch unter Einsatz seines Lebens verteidigen würde, weil er es schätzen gelernt hatte. Harry bezweifelte, dass das so war, doch wenn er ehrlich war, musste er eingestehen, dass er genau das damit erreicht hatte. Die Dursleys hatten ihn gelehrt, was es hieß, wertlos zu sein. Es ging Harry nicht um seinen eigenen Wert, um Ruhm, Ehre und Anerkennung, doch er wusste, dass für Voldemort jedes Leben wertlos war - und das durfte nicht sein. "Ich krieg dich!...Hast du mich gehört?...Ich krieg dich!", flüsterte er tonlos und wusste, dass es sein voller Ernst war. Harry schloss die Augen und machte sich auf die Suche nach dem Mann, der ihm seine Narbe verpasst hatte. Wenn Draco ihn über diese neue Narbe erreicht hatte, musste er auch Voldemort erreichen können. Immerhin wäre es nicht das erste Mal. Hatte er nicht gesehen, wie Voldemort den alten Muggel getötet hatte? Hatte er nicht gesehen, wie er Wurmschwanz gequält hatte? Wenn er das konnte, konnte er auch sehen, was Voldemort sah und dann würde er wissen, wo er steckte. Es dauerte eine Ewigkeit, bis Dracos Bild vor seinen geschlossenen Augen verschwand. Mit aller Kraft konzentrierte er sich auf das widerliche Gesicht, dass ihn damals auf dem Friedhof voller Verachtung und Siegesgewissheit angestarrte hatte, versuchte sich an alles zu erinnern und sich vorzustellen, Voldemort zu sein, doch es gelang ihm nicht. Voller Wut schlug er so hart auf die hölzerne Fensterbank, dass der Schmerz durch seine Arme bis zu den Schultern schoss. Warum gelang es nicht? Er wusste, dass es möglich war. Warum gelang es nicht, wenn er es wollte? Die Antwort war einfach. Minutenlang starrte Harry ins Leere. Es ging um mehr, als die Fähigkeit, jemanden zu erreichen. Das wurde ihm langsam klar und ihm wurde auch klar, dass er mehr als nur seine Gefühle, sein Leben und Draco hinter sich lassen musste, wenn er diesen Weg ging. Er musste seine Angst hinter sich lassen. Sein Angst vor dem Tod, vor der Grausamkeit, vor dem, was er möglicherweise sehen würde, wenn er mit Voldemorts Augen sah. Wieder starrte er hinaus zu den Sternen. Er wusste, dass Snapes karges Zuhause auf einer Klippe nicht weit vom Meer entfernt stand. Als er gestern mal draußen gewesen war, hatte er die Brandung gegen bizarre Klippen schlagen hören und den Weg gesehen, der hinaus an die Steilküste führte. Snape hatte ihm gesagt, dass es am Ende dieses Pfades in die Tiefe ging, hinunter zu Stränden, die bei Ebbe unschuldig weiß unter kalter Sonne lagen und schon soviel Tod gesehen hatten. Mit einem leisen Plobb apparierte Harry hinaus, ans Ende dieses Pfades. Stetiger Wind wehte von den Weiten des Ozeans herüber und Harry fröstelte. Obwohl es Sommer war, war es hier nicht wirklich warm. Es dauerte eine Ewigkeit, bis er den Blick in die Tiefe senkte. Er konnte sie sehen, die unschuldigen weißen Strände, genau wie die weißen Gischtkronen zorniger Wellen, die unablässig gegen Fels und Strand schlugen und mit jedem neuen Versuch ein wenig mehr Land verschlangen. Er stand genau über dem Abgrund und der Wind zerrte an seinen Kleidern und Haaren, riss an ihm, lockte ihn in die Tiefe. Es war wie die Angst, die gnadenlos hinter seiner dünnen Fassade aus Selbstbeherrschung lauerte und darauf wartete anzugreifen, wie ein wildes Tier. Harry schloss die Augen und sofort war sie da. Er konnte sie spüren, sie wollte ihn zwingen zurück zu weichen, zu fliehen, doch er durfte nicht fliehen, vor dem Abgrund genauso wenig, wie vor Voldemort. Er wusste nicht, wie lange er bewegungslos dort oben stand, die Kälte drang durch sein T-Shirt, seine Jeans, immer tiefer bis in seine Seele, doch die Angst wurde immer weniger. Nur, wenn er sich fallen ließ, drohte ihm Gefahr, nur wenn er es zuließ, konnte Voldemorts Grausamkeit ihn erreichen. Schritt für Schritt gelang es ihm, sie hinter sich zu lassen - alles hinter sich zu lassen. Die Angst ging verloren mit dem Tosen der Brandung und dem Bewusstsein, dass nichts seine unschuldige Seele erreichen konnte, wenn er es nicht wollte. Und wieder machte er sich auf die Suche nach Tom Vorlost Riddle. ...Der Raum war groß und düster, doch schnell wurde ihm klar, dass er nicht leer war. Langsam gewöhnte sich sein Blick an die Dunkelheit. Er konnte steinerne Wände sehen, kalt und ohne jeden Schmuck. Trübe Fackeln schafften kaum Licht. Er konnte eine Tür, direkt gegenüber sehen und riesige Kamine in den Wänden links und rechts. Und dann erkannte er einen enormen runden Tisch, besetzt mit mehr als zwanzig Männern, Männer die respektabel und einflussreich wirkten. "...es wäre von größtem Vorteil für uns alle, wenn dieses Abkommen so schnell als nur möglich zu Stande kommt!...Sie alle wissen, wie Russland zu uns steht. Sie wissen, wie es zu den Staaten steht, die sie vertreten. Das russische Reich war schon immer machtbesessen. Es ist an der Zeit, dass ihm jemand in den Weg tritt und dieser Bund ist der erste Schritt in diese Richtung..." "Sie müssen verstehen, dass wir diese Entscheidung nicht von heute auf Morgen fällen können. Die Rechtslage ist dahingehend, dass nur der Minister selbst eine Entscheidung dieser Größenordnung fällen darf! Auch wenn ich keine Zweifel habe, dass Halström nur das beste für unser Land will. Er war niemals einer Meinung mit Fudge und hat dessen Einstellung niemals für richtig befunden. Es war stets eine Frage der internationalen Gemeinschaft!...Der Einfluss von außen war unserem Minister nicht besonders angenehm, doch erst jetzt werden die Möglichkeiten vielfältiger...Ich gehe nicht davon aus, dass er Einwände gegen ein solches Abkommen hat!" Der Mann, der gesprochen hatte, war klein, grauhaarig und hatte einen Spitzbart. Seine Augen zeigten keinerlei Gefühle. "Sie können versichert sein, dass es von Seiten Finnlands ebenfalls keine Probleme geben wird!...Auch wenn ich Sunvid Recht geben muss. Jede Entscheidung muss von offizieller Seite bestätigt werden, ansonsten gibt es keine Rechtsgrundlage in der internationalen Gemeinschaft..." Überall war zustimmendes Nicken zu sehen. Fassungslos starrte Harry auf die Szenerie, die sich ihm bot. Alle diese Männer schienen von der Aussicht, mit Voldemort zusammen zu arbeiten, begeistert zu sein. Dass es dessen Augen waren, durch die er sah, bezweifelte er keine Minute, denn immer wieder war sein Blick zu spinnengleichen, weißen Fingern geglitten, die Gedankenverloren mit dem Zauberstab spielten. Harry riss sich los und stolperte rückwärts. Er fragte sich, ob es wirklich Zauberer gab, die ohne Angst und Sorge Verhandlungen über irgendwelche Abkommen mit Voldemort führten, doch irgendwie hatte er das Gefühl, dass das alles andere als gut war. Offenbar versuchte der schwarze Lord sich Rückendeckung zu verschaffen. Er war noch immer auf der Klippe und inzwischen war ihm richtig kalt. Hastig apparierte er zurück in Snapes Hütte und versuchte, das gehörte zu verarbeiten. Was würde es bedeuten, wenn es Staaten gab, die es fertig brachten, Abkommen mit Voldemort zu schließen? Er wusste, dass nur Snape ihm das sagen können würde. Ohne auch nur noch einen Moment zu zögern stürmte er ins Nebenzimmer, wo Snape inzwischen auf einem Feldbett schlief. Das schmerzhafte Brennen in seiner Stirnnarbe, ignorierte er. Es würde wohl besser sein, sich langsam daran zu gewöhnen, denn Harry zweifelte nicht daran, dass dieser Versuch, zu sehen, wo Voldemort war und was er tat nicht der letzte gewesen war. Eine bessere Möglichkeit, herauszubekommen, was er tat gab es gar nicht. "Aufwachen!" Harry rüttelte an Snapes Schulter. Er war zu aufgeregt, um Rücksicht zu nehmen, doch Snape murrte nur leise im Schlaf und drehte sich auf die andere Seite. Harry betrachtete ihn überrascht mit hochgezogenen Brauen. Bisher hatte er immer den Eindruck gehabt, Snape habe einen sehr leichten Schlaf. Es war ihm jedenfalls nie gelungen, auch nur einen Mucks zu machen, ohne dass er aufwachte. Da änderte es auch nichts, dass das hier Snapes zu Hause war. Irgendwie passte dieses Karge zu dem Lehrer und es hatte Harry überrascht, dass er ihm sein Bett überlassen hatte. Ein Blick zum Tisch machte ihm jedoch klar, was los war. Dort lagen durcheinander geworfen mehrere Phiolen. Eine davon war leer und Harry bekam den Verdacht, dass Snape etwas gar nicht passte. Ohne Zweifel hatte er einen Trank genommen, um Ruhe zu finden und schlief nun, wie ein Toter. "Enervate!", Der Zauberstab berührte nur leicht Snapes Schulter, doch er fuhr hoch wie von einer Tarantel gestochen und starrte Harry konfus an. "Was soll der Blödsinn, Potter?", schneller als erwartet, hatte er sich wieder gefasst. Hastig stand er auf. "Gibst du eigentlich nie Ruhe?" Er hatte vergeblich versucht, diese Verbindung zwischen sich und Potter zu trennen und sich am Ende mit einem Schlaftrank betäubt, als Potter absolut keine Ruhe fand. Darum hatte er auch nicht mitbekommen, was er danach angestellt hatte. "Schluss mit der Aufschieberei...es ist keine Zeit mehr!" Harry ging wieder einmal unruhig auf und ab und Snape sah ihn verständnislos an. "Wie kommst du darauf!" Harry deutete mit seinem Zauberstab auf seinen Stirnnarbe. Der Schmerz war ein wenig abgeklungen und störte ihn kaum noch. Inzwischen war er daran gewöhnt, dass er diesen leichten Schmerz ständig spürte. Snape begriff jedoch nicht sofort, was er meinte. "Was ist mit der Narbe?" "Sie haben Recht!...Man kann damit Kontakt zu der Person aufnehmen, die dadurch mit einem verbunden ist!" Snape klappte die Kinnlade runter. "Was hast du getan?" Harry sah ihn vorsichtig an, denn er ahnte, dass Snape nicht begeistert sein würde. "Ich hab ihn gesucht...und gefunden!...Ich weiß zwar nicht, wo er ist....aber ich weiß, was er vorhat!" Zu seiner Überraschung reagierte Snape ganz ruhig. Er ging zum Tisch, verräumte die Zaubertränke und suchte einen aus der Tasche heraus. Harry wusste welchen. Es war der, der dafür sorgen würde, das Snape ihm keinen Widerstand entgegen bringen würde. "Was hat er vor!", fragte Severus Snape scheinbar gefasst, obwohl ihm gar nicht danach zu Mute war. Was Potter da trieb war absolut unglaublich. Sein ganzes Wesen war im Moment von eisiger Beherrschung kontrolliert und die Angst, die immer hintergründig gelauert hatte, verschwunden. Was hatte er nur angestellt? Das mochte zwar für ihn selbst ganz angenehm sein, doch er fragte sich, was passieren würde, wenn Harry noch mehr Macht bekam und lernte sich noch stärker zu kontrollieren. Harry inzwischen antwortete auf seine Frage: "Es ist düster und kalt, da wo er ist! Eine Halle mit steinernen Wänden, Fackeln an den Wänden und riesige Kamine an den Seitenwänden!" "Durmstrang!", Snape kannte die Halle von Durmstrang und Harrys Beschreibung traf exakt darauf zu. Es wunderte ihn nicht, das Voldemort sich dort befand. Er fühlte sich wohl in Dunkelheit und Kälte. "Das ist Durmstrang?" Harry war nicht besonders begeistert, denn er wusste, was das hieß. Voldemort hatte diese Schule unter Kontrolle, falls sie nicht schon lange in seiner Hand gewesen war. "Nun jedenfalls ist er dabei ein Abkommen mit Norwegen und Finnland zu treffen...." Er hatte von Halström im Tagespropheten gelesen und wusste, dass er Zaubereiminister von Norwegen war. Einer, der immer aus der Reihe tanzte. "Waaasssss?!?" Snape war fassungslos. Das durfte nicht sein. Wenn dieser Coup gelang, wurde es gefährlich. Falls es nur einen Staat in der internationalen Gemeinschaft der Zaubereinministerien gab, der Voldemorts Machtübernahme in England akzeptierte, würden die internationalen Institutionen gespalten und eine grenzüberschreitende Auseinandersetzung wurde möglich. Snape brauchte nicht an die großen Kriege der Vergangenheit zu denken, um zu wissen, was das bedeutete. Potter hatte Recht, wenn er der Meinung war, dass die Zeit knapp wurde. "Was bedeutet das?" "Es wäre eine Katastrophe, denn das hieße, dass die Konflikte sich international ausweiten würden!... Es wundert mich zwar nicht, das Norwegen und Finnland dazu bereit sind und es gibt sicher noch ein paar andere, die kein Problem mit finsterer Macht haben, doch das ändert nichts an den Konsequenzen! Er versucht ohne Zweifel Front gegen Dimitrenko zu machen!" "Wer ist Dimitrenko?" Harry war völlig durcheinander. "Der russische Zaubereiminister!...Er hatte vor dem Trimagischen Turnier gewarnt. Eigentlich sollte die Ralska-Schule für Zauberei teilnehmen, anstelle von Durmstrang, doch er hat seine Leute nicht rausgelassen!... Zu Recht, wie wir gesehen haben!... Mach deinen verdammten Zauber Potter und sei ja vorsichtig!... Du hast vollkommen Recht...es ist keine Zeit mehr, auch wenn ich nicht begreife, dass sonst scheinbar niemand etwas unternimmt!...Haben sie denn nur wirklich noch nicht begriffen, dass es sich nicht um ein rein englisches Problem handelt? Es wird ihm niemals reichen nur Abkommen zu schließen. Er will Angst und Schrecken verbreiten...Tod und Verderben...Wie dumm müssen Menschen sein, um so etwas nicht zu sehen...Soviel zu dem Thema internationale Zusammenarbeit!" "Hauptsache die Kesselbodenstärken sind geregelt, oder?" Nun starrte Snape Harry ungläubig an. Da brachte es der Bengel doch in der Situation wirklich fertig Witze zu machen. Snape runzelte die Stirn, doch plötzlich spürte er wieder Harrys grenzenlose Angst, über die er einen Moment lang die Kontrolle verlor und die Bemerkung bekam einen ganz anderen Sinn. Er versuchte sich von der Realität abzulenken, die ihm wohl gerade unzweifelhaft klar geworden war. Snape sah Harry ernst an. "Noch kannst du zurück!" Harry erwiderte Snapes Blick und einen Augenblick lang erinnerte er ihn wieder an den Jungen, der er mal gewesen war, doch dann spürte er, wie er die Angst wieder unter Kontrolle brachte und begriff, dass Harry Potter nicht zurückweichen würde. Einen Moment lang fragte er sich, wie er das machte. Schon die Tatsache, dass er es geschafft hatte, Voldemort zu erreichen und zu sehen, was er sah, war beängstigend genug. Harry wandte ihm den Rücken zu und richtete sich noch ein wenig mehr auf. Es gab kein zurück. "Nein!...Nehmen Sie ihr Zeug!...Wir haben keine Zeit mehr!" Snape sah ihn noch einen Augenblick an, bevor er alle Bedenken über Bord warf und nach dem Strohhalm griff, den Harry ihm bot. Es hatte keinen Sinn mehr über Konsequenzen nachzudenken. Verloren waren sie so oder so und er wollte wenigstens mit der Gewissheit weiter leben, alles getan zu haben. Auch wenn ihm der Gedanke, dass es Potter war, der sich vielleicht am Ende opfern würde, nicht gefiel. Warum war er nur so stur? Weil er erkannt hatte, wie das Spielchen ablief! Beantwortete er sich seine Frage selbst! Solange der Dreck nicht vor der eigenen Haustür lag, würde keiner kehren. England würde unter Voldemorts Kontrolle bleiben und es würde nicht das letzte Land sein, das von einer Diktatur übernommen wurde. Ohne noch weiter darüber nachzudenken nahm er den Trank und starrte die nächsten paar Minuten auf Potters Rücken. Es dauerte nicht lange, bis er die Wirkung seines Trankes spürte. "Ich bin so weit!...Denk daran...solche Ausrutscher wie vorhin können wir uns nicht leisten!...Bist du vor Malfoy sicher?" Harry funkelte ihn an. Er konnte Draco nicht mehr spüren und er würde es auch nie wieder können, solange die Verbindung der Narben getrennt war. "Lassen Sie ihn aus dem Spiel!" "Ich werd's versuchen!... Auch wenn er vielleicht die beste Chance ist, dich an der Kandare zu nehmen!...." Snape grinste, denn ihm war klar geworden, dass es ein schweres Stück Arbeit werden würde, mit diesem Bengel fertig zu werden, so spontan und sprunghaft, wie er war. Es war unglaublich, aber Potter kam wirklich auf die verrücktesten Ideen. Plötzlich wunderte es ihn nicht mehr, warum Albus Dumbledore ihn so mochte. Kurz fragte er sich, seit wann er zu Galgenhumor neigte. Das war es doch, was ihn sonst immer so aufgeregt hatte. Harry jedenfalls sah ihn aufgrund seiner Bemerkung und dieses seltsamen Grinsens sehr irritiert an. "Was soll das heißen!" Das Grinsen wurde noch breiter. "Schätze mal, das weißt du ganz genau!...Fang an, bevor ich es mir noch anders überlege und sei verdammt noch mal vorsichtig. Ich hab keine Lust, deinetwegen Schaden davon zu tragen!" Snape schloss die Augen. Harry wusste, dass es ein großes Zugeständnis seinerseits war, sich auf dieses Experiment einzulassen. Er hoffte nur, dass es keine Probleme gab, denn auch wenn er Snape nicht mochte, wollte er ihm doch keinen Schaden zufügen. Vorsichtig legte er seine Linke auf Snapes Stirn. Seine Hände waren noch immer eiskalt. "Bleib ganz ruhig und lass dich ja nicht dazu hinreißen, den Kontakt zu unterbrechen, wenn der Zauber wirkt, egal, was du siehst...das wäre das Aus für deinen Plan!", bemerke Snape noch, , setzte er in Gedanken hinzu. "Das weiß ich, verdammt noch mal!", knurrte Harry nun. Er hatte das verdammte Buch viermal gelesen und kannte es in und auswendig. "Na dann fang endlich an!", knurrte Snape zurück. Harry schloss die Augen und konzentrierte sich auf den Zauberspruch. In Gedanken ging er ihn noch einmal durch, bevor er ihn leise aufsagte und dabei mit dem Zauberstab seine hand auf Snapes Stirn berührte. Augenblicklich spürte er vertraute Hitze in seiner Hand, als der Zauber zu wirken begann. Was dann geschah, wollte er lieber so schnell, wie nur möglich wieder vergessen. Bilder stürzten auf ihn ein, in beängstigendem Tempo und unbeschreiblicher Fülle, mit solcher Heftigkeit, dass er sie kaum auseinander halten konnte. Bilder aus Snapes Leben, seiner Kindheit, der Schulzeit in Hogwarts und dann aus seiner Zeit in Voldemorts Gefolgschaft, seinem Verrat am Schwarzen Lord, der Spießrutenlauf, als er in Dumbledores Reihen zurückkehrte, Unterricht, Strafen und vieles mehr, doch Harry schaffte es nicht einmal die kleinsten Zusammenhänge zu erkennen. Nur weniges konnte er wirklich erfassen. Er wusste jedoch, dass er auch das verdrängen musste, auch wenn es ihm die Gewissheit gegeben hatte, dass Snape ihn nie an Voldemort verraten würde. Er hatte verdammt noch mal seine Gründe für seine Rückkehr zu Dumbledore gehabt. Harry versuchte sich zu sammeln. Er hatte Snape jetzt völlig in seiner Hand, doch er hatte sein Ziel noch lange nicht unter Kontrolle. Ihm war klar, dass es schon verblüffend genug war, dass er überhaupt dazu in der Lage war, auch wenn er es seit dem letzten Versuch schon geahnt hatte, doch dass es so schwierig sein würde, hätte er sich nicht vorgestellt. Die Eindrücke waren zu konfus und obwohl er wusste, wie er vorgehen musste, driftete er immer wieder in Bereiche ab, die er nicht wollte, so sah er mehrmals mit Snapes Augen, wie sein Vater und Sirius ihm in Hogwarts gleich zu Anfang als ihr Lieblingsopfer für Streit und Ärger auserkoren hatten. Erneut riss er sich zusammen, schloss die Augen und machte seinen Kopf frei. Er brauchte Snapes Wissen - das war alles, was er wollte, jedes weitere Bild würde seinen Verstand bedrohen, wie ein dunkler Schatten und Snapes Kopf würde nicht der letzte sein, den er auf die Art in Besitz nahm, deswegen musste er den Anteil dessen, was er übernahm so gering wie möglich halten. Es erschien ihm wie eine Ewigkeit, bis er fand, was er suchte und er Snapes gesamte Kenntnisse von Zauberei in sich aufnahm. Es war erschreckend, was sein Zaubertränkelehrer so alles drauf hatte und Harry fragte sich, wie viel davon von Voldemort stammte, doch er hatte nicht die Kraft weiter darüber nachzudenken. Mit letzter Anstrengung trennte er die Verbindung, die er mit dem Homorfus-Zauber geschaffen hatte und löste sich aus Snapes Bewusstsein, bevor er besinnungslos zusammenbrach. Es dauerte eine Weile, bis Severus Snape die Augen wieder öffnete. Er hatte gehört, wie Potter hinter ihm zu Boden gegangen war, doch er schaffte es nicht, sich nach ihm umzusehen. Der Zauber hatte ein Gefühl tiefster Demütigung bei ihm hinterlassen, obwohl er gespürt hatte, dass Potter mit aller Kraft versucht hatte, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und der Rest nur in wirren Bildern an ihm vorbeigerauscht war. Es war absehbar gewesen, dass es ihm nicht von Anfang an gelingen würde, sofort zu finden, was er suchte und er Dinge mitbekam, die er nicht wirklich wissen wollte. Hatte Snape bis jetzt nicht gewusst, warum dieser Zauber verboten war, so wusste er es jetzt. Niemand durfte bewusst undgehinderten Zutritt zum Wesen eines anderen Menschen haben und beliebig in dessen tiefste Geheimnisse eindringen. Dieses Wissen dann jedoch auch noch in vollem Umfang nutzen zu können, war moralisch nicht vertretbar. Entschlossen verdrängte er das Gefühl gedemütigt und missbraucht worden zu sein, indem er sich Harrys Beweggründe bewusst machte. Das Ziel, dass er verfolgte war wichtig und stand in Snapes Augen jenseits moralischer Bedenken. Er war schon sehr viel tiefer gedemütigt worden und das aus reiner Bosheit. Auch das hatte er überlebt, warum sollte er also jetzt jammern? Potter war mit Sicherheit noch sehr viel weniger begeistert von all dem, was er gesehen hatte Er hoffte nur, dass er die Sache wirklich im Griff behielt. Langsam stand er auf und sah ihn hinter dem Sessel am Boden liegen. Er wusste nicht, wie lange er in das blasse Gesicht gestarrt hatte und sich erneut fragte, ob es nicht einen anderen Weg gab, bevor er ihn mit mehr Kraft, als man ihm zutrauen würde vom Boden hob und in den Sessel setzte, in dem er selbst kurz zuvor noch gesessen hatte. In ihrer Situation war es eine Gnade, dass Potter diesen Zauber überhaupt beherrschte und zum wohl hundertsten Mal schob er alle Bedenken beiseite. Wenn er Harry richtig verstanden hatte, war die Zeit knapp und er hatte nicht die Muße, erst mal auszuschlafen, obwohl er es mit Sicherheit schon wieder nötig hatte. Ohne lange zu fackeln nahm er eine neue Phiole mit Stärkungstrank aus seiner Tasche, flößte sie ihm ein und beobachtete, wie er langsam wieder zu sich kam. So, wie es jetzt aussah, würde er wohl bald etwas Stärkeres brauchen, denn noch hatte er nicht die Kraft unbegrenzt auf seine Macht zuzugreifen und das würde er spätestens dann brauchen, wenn er alle Facetten des Zeitzaubers beherrschte und begann ihn anzuwenden. Also! Eure Meinung ist gefragt! Hab ich es diesmal übertrieben! Ich hoffe doch nicht! Bye! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)