Der Herr der Zeit von KimRay (Part IV: Über dem Abgrund) ================================================================================ Kapitel 6: Bittere Wahrheiten ----------------------------- Wer hat gesagt, dass ich aufhöre? Kapitel 5 war nur das Ende des ersten Teiles! Ich weiß bloss nicht, ob es mit dem nächsten Kapitel so schnell geht!Also nich böse sein, wenn es diesmal länger als eine Woche dauert! Weiter geht es auf jeden Fall! Ich muss mir nur noch einig werden, wie es in Kapitel 7 weitergeht! Ich hoffe ihr schreibt weiter fleißig Kommis!Das baut auf und das brauche ich dringend! KimRay Zweiter Teil Machtkämpfe Kapitel 6 Bittere Wahrheiten Draco hatte keine Ahnung, wie lange sie diese Rutsche hinunter glitten. Er hatte Potter noch immer an einem Zipfel seines Umhangs im Griff, auch wenn er nicht wusste warum. Immerhin schien er diesen Weg zu kennen und keine Angst vor dem zu haben, was ihn in der Tiefe erwartete. Es wurde immer kälter und die Dunkelheit war undurchdringlich. Draco wagte es jedoch nicht einen Lumos heraufzubeschwören, denn wer konnte schon wissen, ob die Todesser sie dann nicht vielleicht fanden. Plötzlich war ein dumpfer Aufprall zu hören und die Rutsche endete. Ungeschickt versuchte Draco sich zu Seite zu werfen, um nicht auf Potter zu landen. Er stöhnte, als er sich den Kopf an der Wand stieß und mit der Schulter, die Crabbe junior ihm fast ausgerenkt hatte, auf den Boden knallte. >Verdammte!...Wo soll das enden?< Reglos blieb er liegen und versuchte zu realisieren, dass sie erst mal sicher waren, doch irgendwie tat ihm das nicht gut, denn das, was geschehen war, brach erneut über ihn herein. Draco schlang die Arme um den Kopf und biss die Zähne zusammen. >Jetzt nicht die Beherrschung verlieren....bloß nicht die Beherrschung verlieren...es reicht, dass Potter außer Gefecht ist.< Er konnte ihn nicht weit von sich entfernt rasselnd atmen hören. Draco versuchte sich auf das zu konzentrieren, was sie mit Potter gemacht hatten, um sich von sich selbst abzulenken, doch es klappte nicht. Jetzt wo er nicht mehr um sein Leben fürchten musste, wurde ihm bewusst, was Voldemort mit ihm gemacht hatte. Brennende Übelkeit machte sich in seinem Magen breit und er spürte das Würgen in seiner Kehle. Verzweifelt versuchte er es hinunter zu schlucken, doch als er wieder ein paar dreckige Stiefel vor sich sah, schaffte er es nicht. Er sprang auf und stolperte an der Wand entlang ins Dunkel, um sich zu übergeben. Immer und immer wieder würgte er bittere Galle hoch, als könne er so die Erinnerungen an die Demütigungen Voldemorts loswerden, doch es nützte nichts. Irgendwann hatte er nicht mehr die Kraft dem Brennen in seinem Magen nachzugeben, obwohl die Bilder immer und immer wieder vor seinen Augen flackerten. Kraftlos rutschte er auf Knien wieder dahin zurück, wo Potter liegen musste und als er gegen dessen Turnschuhe stieß, kauerte er sich daneben zusammen, zog die Knie an die Brust, umschlang sie mit den Armen und ließ den Kopf darauf sinken. Er war am Ende. Das wusste er und es hatte keinen Sinn, sich weiter dagegen zu wehren. Besser jetzt die Beherrschung verlieren, wenn Potter ohnmächtig war, als seine ungelenken Versuche ihm Mut zu machen zu ertragen, auch wenn er nicht wusste, ob er dazu noch in der Lage sein würde, wenn er aufwachte. Es hatte ihn selbst genug erwischt. Draco versuchte nicht mehr die brennenden Tränen zurückzuhalten, die sich hinter seinen Lidern sammelten. Nie zuvor in seinem Leben hatte er sich so schwach, verletzt und beschmutzt gefühlt, wie in diesem Moment. Nie zuvor hatte er sich so hilflos ausgeliefert gefühlt, wie unter Voldemorts Imperius und er wusste, dass er das nie wieder fühlen wollte. Erneut schüttelte ihn ein Weinkrampf und Bitterkeit stieg in ihm auf, wenn er daran dachte, wie sein Vater daneben gestanden und sich geschämt hatte, anstatt ihm zu helfen. Draco schluchzte und versuchte den Gedanken abzuschütteln. Seine Hände krallten sich in seine Haare, so fest, dass es wehtat, doch nichts schaffte es, dieses Bild aus seinem Kopf zu verdrängen und er musste sich die Frage stellen, wie lange er zugesehen hätte. Die Antwort auf diese Frage ließ erneut das schon bekannte Gefühl von Übelkeit in seinem Magen rumoren. Lucius Malfoy hätte bis zum bitteren Ende zugesehen, ganz gleich, wie das ausgesehen hätte. Etwas in seinem Herzen zerbrach. Er spürte es mit einer Klarheit, dass es wehtat, noch mehr als alles andere. Seine Gefühle für seinen Vater zerbrachen und bekamen ein ganz anderes Gesicht. War er nach dessen Versuch ihn zu töten bodenlos wütend und fassungslos gewesen, machte sich jetzt etwas anderes breit: kalte Verachtung und etwas, das sehr gefährlich an bitteren Hass erinnerte. Draco versuchte es zu verdrängen, doch so wie sich die Bilder der letzten achtundvierzig Stunden unauslöschlich in seinen Kopf gebrannt hatten, verschmolz dieses Gefühl langsam mit seiner Seele. Er war sich bewusst, dass er schon oft so weit gewesen war, immer dann, wenn er selbstherrlich und spöttisch auf ihn herabgesehen hatte, oder wenn er ihn gnadenlos bestrafte, egal wie nichtig der Fehler gewesen war und wenn er ihn mit seinen Gefühlen für seine Mutter verspottet hatte. Doch am schlimmsten war es immer dann gewesen, wenn er sie angeschrieen und gedemütigt hatte. Lucius Malfoy hatte seine Frau und seinen Sohn nie geschlagen, doch er hatte sehr viel perfidere und grausamere Methoden gehabt, um einen viel besseren Effekt zu erreichen. Bis vor zwei Tagen hatte er geglaubt, sich die Achtung seines Vaters sichern zu können, indem er sich neben ihn an Voldemorts Seite stellte. Dieser Traum war geplatzt, wie eine Seifenblase. All das setzte sich in Dracos Kopf zu einem Puzzle zusammen, das nichts anderes zuließ als dieses Gefühl von Verachtung, Wut und Hass. Die Erkenntnis ernüchterte ihn und ließ ihn seine Selbstbeherrschung wieder finden, auch wenn er rein körperlich noch lange nicht wieder so weit war. Mit zitternden Fingern zog er ein kleines ledernes Etui aus seiner Hosentasche und ließ nun doch noch seinen Zauberstab mit Lumos aufleuchten. Das Licht enthüllte eine Zaubererbildkarte in dem Etui, auf der Salazar Slytherin zu sehen war, doch ein leichtes Tippen mit dem Zauberstab ließ die Farben verschwimmen und sich neu zusammen fügen. Jetzt zeigte die Karte das lächelnde Abbild einer hübschen blonden Frau, die Draco zuzwinkerte, doch zum ersten Mal zauberte diese Zwinkern kein Lächeln auf Dracos Lippen, sondern ließ sie zu einem schmalen Strich werden, als neue Tränen über seine Wangen rannen. >Ich hätte dir glauben sollen...von Anfang an hätte ich dir glauben müssen...verzeih mir, Mum! ...Verzeih mir!< Das Licht erlosch so schnell, wie es aufgeflammt war. Draco presste das Etui mit der rechten an seine Brust, während er mit der Linken seine angezogenen Beine fester umschlang. Müde ließ er den Kopf auf seine Knie sinken. Die Tränen waren versiegt und selbst das Gefühl von Hass auf seinen Vater verklang. Draco fühlte sich leer, wie nie zuvor in seinem Leben. Alles, was ihm bisher in seinem Leben wichtig und wertvoll erschienen war, war heute zu Bruch gegangen und im Moment hatte er nicht die Kraft die Bruchstücke zu einem neuen Leben zusammen zu setzten. Das einzige, woran er sich noch festhalten konnte, war das Bild in dem Etui, welches seine Finger immer fester umklammerten. Er hatte es selbst verzaubert und niemand kannte sein Geheimnis. Draco wusste, dass es seine Seele offenbarte, doch es gab niemanden mehr, dem das Wissen darum Macht über ihn gegeben hätte. Hogwarts war vernichtet. Keiner wusste, was aus seinen Schülern geworden war und vor ihm, auf dem kalten Boden, lag Potter, von dem er nicht wusste, ob er jemals wieder aufwachen würde, obwohl er noch immer hören konnten, wie seine Lungen rasselnd Luft einsogen. Potter, der ihm zweimal das Leben gerettet hatte, Potter, den er hasste. Das seltsame war, dass dieser Hass für Potter mit dem Gefühl, dass er für seinen Vater empfand nicht zu vergleichen war. Die letzte Erkenntnis, die in seinem gequälten Hirn aufflackerte, bevor er einschlief, war, dass er bis heute wohl keine Ahnung gehabt hatte, was wirklicher Hass war. Harry wurde durch beißende Kälte geweckt. Nur langsam begann sein Kopf zu arbeiten und er erinnerte sich, dass er gemeinsam mit Malfoy den Geheimgang zum Honigtopf genommen hatte, nachdem sie Voldemort und den Todessern entkommen waren. Die Erinnerung brach über ihn herein, wie eine Welle eisigen Wassers. Harry verdrängte sie. Langsam wurde das zum Dauerzustand, doch im Moment, war es ihm unmöglich darüber nachzudenken und so konzentrierte er sich auf das wesentliche: Wie sollte es weiter gehen? Das Problem war, dass er darauf keine Antwort wusste, denn eigentlich konnte er von Glück reden, dass er mit diesem supersimplen Trick entkommen war. Noch immer zweifelte er an seinem Verstand, wenn er an die Fähigkeiten dachte, die sich offenbart hatten, als es keinen Ausweg mehr gegeben hatte. Harry wusste, dass es Voldemorts Fähigkeiten waren und er wusste, dass sie ihn umbringen würden, wenn er sie weiter nutzte. Überdeutlich hatte er gespürt, wie seine körperlichen und geistigen Kräfte abgenommen hatten, während er in Hass und Schmerz gefangen, alles eingesetzt hatte, was ihm zur Verfügung stand, um sich und Malfoy zu retten. Der Zustand, in dem er sich befand, war die Folge davon und Harry fragte sich, wie weit man vom menschlichen Dasein entfernt sein musste, um diese Kräfte gefahrlos nutzen zu können. Er brauchte nicht lange darüber nachzudenken, um zu entscheiden, dass er sie nie wieder einsetzen durfte, denn die Bilder seines Traumes standen ihm noch allzu deutlich vor Augen und er wusste jetzt, was er zu bedeuten hatte. Er hatte das Potential, wie Voldemort zu sein. Die Kräfte in seinem Körper ließen ihm die Wahl, so zu werden wie der schwarze Lord und ohne zu zögern weigerte er sich, diesem Weg zu folgen. Harry musste nicht einmal darüber nachdenken und ohne es zu ahnen, fällte er eine Entscheidung, die sein ganzes Leben betraf. Er wollte kein schwarzer Magier sein. Er wollte seine Freunde und sein Leben zurück. Harry stellte fest, dass ihn der Gedanke an Ron und Hermine entspannte, denn das Bewusstsein, dass sie zwar nicht mehr in der realen Zeit, dafür aber in Sicherheit waren beruhigte ihn. Er fragte sich, wie lange es dauern würde, bis Ron und Hermine wieder mit ihm lachen würden, bevor die Frage, ob ihm jemals wieder nach lachen zu Mute sein würde, sich wie ein Schatten über einen winzigen Hauch Hoffnung legte. Etwas anderes drang in sein Bewusstsein. Atem streifte seinen Nacken, warm und gleichmäßig. Es dauerte einen Moment, bis er sich darüber richtig klar wurde, doch dann spürte er auch den Körper an seinem Rücken, zweifellos auf der Suche nach einem klein wenig Wärme, die es hier auf dem Boden des Geheimganges nicht gab. Nur einen Sekundebruchteil später wurde ihm klar, dass Malfoy dicht an seinen Rücken geschmiegt hinter ihm lag und es sein Atem war, der seinen Nacken streichelte. Wie von einer Tarantel gestochen, fuhr er hoch - nur um im selben Moment vor Schmerzen stöhnend zur anderen Seite umzukippen. Bis zu diesem Moment hatte er keinen Muskel bewegt und als er jetzt wieder zu Boden ging, wünschte er sich es auch dabei belassen zu haben. Jede Faser seines Körpers tat weh und daran änderte auch die Tatsache nichts, dass er die letzten Stunden mehr oder weniger auf Eis gelegen hatte. Harry barg sein Gesicht in den Armen und versuchte sich zu fassen. Malfoy, den er des Umhangs, der einzigen Wärmequelle hier, beraubt hatte, wurde nur langsam wach. Auch er brauchte eine Weile, sich zurecht zu finden. "Potter?" Ein gequältes Keuchen war die Antwort. "Wo sind wir hier?" Harry fragte sich, ob Malfoy keine anderen Sorgen hatte. Offensichtlich nicht, denn er wartete auf die Antwort. Er öffnete die Zähne, um zu antworten, doch der Effekt war, dass seine Kiefer schmerzten. Das einzige, was er zu Stande brachte, war ein erneutes Keuchen. "Potter?" >Halt die Klappe, ich bin noch nicht so weit!< Im nächsten Moment flammte ein Lumos auf und Draco konnte Potter sehen. Er lag wie erstarrt am Boden, das Gesicht auf den verschränkten Armen. Er hörte Draco auf sich zu kommen, nur um im nächsten Moment vor Schmerzen zu Stöhnen, als er ihn an der Schulter stieß. "Fass mich nicht an!", presste er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Er konnte Draco nicht ins Gesicht sehen, sonst hätte er beobachten können, wie dessen Miene sich verschloss und die üblich Kälte an Stelle der leichten Besorgnis trat. "Hast du ein Problem?" "Nein gar nicht...ich fühl mich nur, wie Tysons Punchingball...ansonsten geht's mir gut!" "Was?" Die Bemerkung zu Mike Thyson überforderte Draco, denn er hatte keine Ahnung vom Boxsport in der Welt der Muggel. Leider war es Vernon Dursleys Lieblingssport und Harry kannte sich aus. "Mann, mir tut jeder Knochen im Leib weh, lass mich in Ruhe und halt die Klappe, bis ich mich gesammelt habe!" Draco schürzte die Lippen und entschied, ihn nicht weiter zu bemitleiden. Wenn er maulen konnte, war es nicht so schlimm. "Wo also sind wir?" "In einem Geheimgang nach Hogsmeade!" Die Antwort hatte eine Weile gebraucht und Draco hörte, dass Harry noch immer die Zähne zusammenbiss. Dieser Punchingball musste wirklich bedauernswert sein. "Können sie unsere Zauber orten?" "Keine Ahnung!...Aber ich schätze, wenn sie es könnten wären sie schon hier...!" Im selben Moment spürte Harry einen schmerzhaften Stich zwischen den Schulterblättern, wo Malfoys Zauberstab ihn berührte, und gleich darauf nichts mehr - zumindest keine Schmerzen, um den Rest wieder zu fühlen brauchte er einen Moment. "Was war das?" "Wirkt nur ne begrenzte Zeit...ist ein Trick von meiner Mutter!...gegen Migräne!" Harry drehte den Kopf und sah ihn zum ersten Mal an. Er war blass, noch viel blasser als sonst und hatte dunkle Schatten unter den grauen Augen, doch von seiner Arroganz und Selbstsicherheit hatte er nichts verloren. "Warum hast du das getan?" "Keine Ahnung...komm, beweg dich...ich will hier weg...!" Das klang gefährlich nach Flucht, doch es war Draco gleich, ob Potter es merkte. Im Moment wollte er wirklich nichts als Abstand zwischen sich und Voldemort bringen, denn einer weiteren Konfrontation wären sie beide nicht gewachsen. "...es ist arschkalt hier...!" Harrys Blick folgte ihm, als er langsam den Gang hinunter ging. Er wirkte wie immer. Zuminderst versuchte er es, doch er trug den Kopf noch ein wenig höher als sonst und seine Schultern wirkten steif. Harry wollte gar nicht wissen, wie mies er sich wirklich fühlte, denn er hatte mit sich selbst genug zu tun, doch sein Gedankengang hinderte ihn daran, sich über Malfoy zu ärgern und das gefiel ihm gar nicht. Er brauchte Wut und Ärger, um ihn los zu werden. Mühsam kam er auf die Beine. Dracos Zauber hatte ihm zwar seine Schmerzen genommen, doch Kraft hatte er noch immer keine. Malfoy war inzwischen um eine Biegung des Ganges verschwunden. "Wo bleibst du, Potter?" >Halt die Klappe, man!< Harry schleppte sich Schritt für Schritt vorwärts, doch er zweifelte nicht daran, dass Malfoy bewusst langsam ging, als er ihn wieder sehen konnte. Draco inzwischen fragte sich, was mit Potter los war. Nicht, dass es ihn wirklich interessierte, doch es verdrängte die anderen Dinge, die versuchten in seinem Kopf einen Platz zu finden. Er wirkte ziemlich angeschlagen, und er ließ es sich anmerken, etwas, das er normalerweise nie tat. Draco deutete es richtig, wenn er davon ausging, dass er noch immer völlig fertig war. Er hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, seit sie die Rutsche herunter gekommen waren, denn seine Uhr hatten die Wurzeltrolle geklaut, doch es musste eine ziemlich lange Zeit gewesen sein, denn er konnte die Kälte noch immer tief in seinen Knochen spüren, auch wenn er nicht ganz sicher war, ob sie von den Temperaturen oder dem Hass, der in ihm wütete, seit er aufgewacht war, herrührte. Draco stellte fest, dass er sich in den Hass auf seinen Vater hineinsteigerte, je mehr er wieder zu Kräften kam und er wusste nicht, ob das gut war. Nach einer Ewigkeit erreichte er eine Treppe, die ins nirgendwo zu führen schien. Sein Lumos reichte nur ein paar Yards weit und er beschloss auf Potter zu warten. Die Zeit zog sich in die Länge und als er Harry, der inzwischen selbst einen Lumos heraufbeschworen hatte, kommen sah, machte sich ungewollt Sorge auf seinem Gesicht breit. Potter war blass wie der Tod, die Schatten unter seinen Augen schimmerten bläulich und er stützte sich mit der Linken an der Tunnelwand. Ganz gleich, wie weit die Stufen nach oben führen würden, in diesem Zustand würde Potter es nicht schaffen. Harry starrte auf das Ende des Ganges. Nur zu genau erinnerte er sich an die endlosen Stufen, die hinauf zum Honigtopf führten und etwas sagte ihm, dass er das niemals schaffen würde. Ein Blick in Malfoys Gesicht zeigte ihm, dass er wohl ähnliches dachte, doch er war fest entschlossen, sich diese Blöße nicht zu geben. Unmerklich tief durchatmend, blieb er neben ihm stehen. "Irgendwo da oben ist der Honigtopf!...Ich hab keine Ahnung, was uns erwartet...wie weit kannst du apparieren?" "Nicht weit!...Ein Radius von einer Meile...allein!....Und du?...." Harry spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten bei dem Gedanken an die Wahrheit. "Gar nicht...!" Draco sah völlig verblüfft aus und Harry musste einsehen, dass er es mitbekommen hatte. "Gar nicht...und damit basta!" Er ging an ihm vorbei und begann die Stufen hinaufzusteigen, sich Dracos verblüfften Blickes in seinem Rücken überdeutlich bewusst, doch er hatte nicht die Absicht, ihm zu erklären, dass er Voldemorts Kraft nutzen konnte und machte einen gequälten Schritt nach dem anderen die Treppe hinauf, nur noch daran denkend, dass ihm ein Stück Schokolade aus dem Honigtopf sicher schnell wieder auf die Beine helfen würde. Es dauerte einen Moment, bis Draco über die Tatsache hinweg kam, dass Potter abstritt apparieren zu können, doch als er, ganz offensichtlich nur noch mit letzter Kraft, begann die Treppe hinauf zu steigen, musste er einsehen, dass er meinte, was er sagte, auch wenn es sich vollständig seinem Verständnis entzog. Langsam folgte er ihm und wartete darauf, dass er zu Boden ging, jetzt wieder mit seinem kühl, überlegenen Blick. Wenn er es so haben wollte, dann sollte er es haben. Harry hatte aufgehört die Stufen zu zählen, um sich abzulenken. Es hatte keinen Sinn mehr. Nur noch mit absoluter Konzentration schaffte er es einen Fuß vor den anderen zu setzen. Er wusste nicht, wie weit sie waren, doch er wusste, dass jeder Schritt sein letzter sein konnte. Draco war fünf Stufen hinter ihm und wartete darauf, dass er endlich aufgab. Es war unerträglich zu sehen, wie er all seine Kraft zusammen nahm und einen Fuß vor den anderen setzte, denn eigentlich hatte er alle Gründe, sich fallen zu lassen, wenn Draco an das dachte, was Voldemort mit ihm gemacht hatte. Wieder stieg Hass in ihm auf, nicht auf Potter, sondern auf Voldemort und seine Todesser, die ihn so gequält hatten. Es hatte Zeiten gegeben, in denen er Potter jedes Leid gegönnt hatte, doch die waren vorbei, wenn auch noch nicht lange. Niemand sollte solche Qual erleiden, auch Potter nicht. Draco fragte sich, wann er seine Meinung geändert hatte, doch er wusste, dass das nicht wichtig war. Er hatte sie geändert. Das war das einzige, was zählte und wenn er sich früher gefreut hätte, wenn Potter in die Knie ging, wusste er heute, dass das kein schönes Gefühl war, ganz gleich für wen. Noch immer fühlte er sich nicht ganz wohl dabei, wenn er sich um Harry Potter Gedanken machte. Das war zwar nicht neu, doch während es früher immer darum gegangen war, wie er ihm ein auswischen konnte, ging er jetzt darum, wie er helfen könnte. Das war neu, und er schaffte es nicht, diese Gedanken zu verdrängen. Es war ganz einfach so, dass er Harry inzwischen viel zu viel zu verdanken hatte. Potter hätte sich eine Menge ersparen können, wenn er einfach verschwunden wäre, doch er hatte es nicht getan. Er war geblieben und hatte seinen Hals gerettet und dabei seinen eigenen riskiert - so wie immer. Das war eine Eigenschaft, über die er und die anderen Slytherins sich immer lustig gemacht hatten. Es war ihm immer unbegreiflich gewesen, wie man zuerst an andere denken konnte. Er hatte gelernt, immer zuerst an sich selbst zu denken. Sein eigenes Wohlergehen war ihm stets am wichtigsten gewesen, ganz gleich, was mit den anderen passierte. Draco wünschte sich, dass das noch immer so wäre, doch ein Blick auf Potter, einige Stufen weiter oben, belehrte ihn eines besseren. Zumindest, was diesen betraf, schaffte er es nicht mehr, zuerst an sich selbst zu denken. Als Harry dann doch noch zusammenklappte, überraschte es ihn trotzdem. Sein linkes Bein knickte ein, und das rechte konnte die Last nicht tragen und gab ebenfalls nach. Die Treppe war an dieser Stelle so steil, dass er wahrscheinlich wieder bis hinunter gerollt wäre, denn er konnte seinen Sturz nicht abfangen, doch Draco hatte keine Mühe damit. Immerhin hatten sie ja nur seine Psyche gequält und seine physischen Kräfte waren einigermaßen okay. Harry rollte gegen seine Beine und ein Blick in sein Gesicht zeigte Draco, das er die Besinnung verloren hatte. Draco wusste nicht, wie lange er in das blasse Gesicht zu seinen Füßen geschaut hatte, bevor er in die Knie ging und ihn auf die Füße zog. Harry hing schwer in seinen Armen. Sein Kopf fiel kraftlos gegen seine Schulter und Draco erwischte sich dabei, wie er ihn in die Arme zog und an sich drückte. Er flüchtete sich in das Gefühl, jemanden zu haben, der den gleichen Horror erlebt hatte, wie er und wenigstens im Ansatz verstehen konnte, was er empfand, auch wenn es vermutlich eine Illusion war. Draco schalt sich einen Irren : Die Vorstellung, dass Harry Potter der letzte war, den er hatte, um sich im Moment daran festzuhalten, war keine beruhigende, doch als er auf der Treppe unter Potters Gewicht fast in die Knie ging, wusste er, dass es eine feststehende Tatsache war. Das, was ihnen passiert war, schweißte sie zusammen, ob sie wollten, oder nicht und die Fluchmale in ihren Gesichtern würden sie auf ewig daran erinnern. Hier unten, in Kälte und Dunkelheit gestand Draco sich ein, dass sich noch etwas verändert hatte, was er niemals für möglich gehalten hatte. Ohne es zu merken hatte er Harry Potter verziehen, dass er ihn bei ihrer zweiten Begegnung im Hogwarts-Express abgewiesen hatte, eine Demütigung, die seine Wut auf ihn jahrelang geschürt hatte. Es war vorbei und die Erkenntnis, dass es seine eigene Arroganz und Dummheit gewesen waren, die Potters Reaktion damals unumgänglich gemacht hatten, trug nicht zu seinem Seelenfrieden bei. Erneut sah er in Potters blasses Gesicht. Er wusste, dass diese Wahrheit einen Neuanfang bedeutete und ahnte, dass dieser das nicht einsehen würde, doch Draco war ihm zu viel schuldig und er würde nicht zulassen, dass das so blieb. Zu viele Rechnungen waren offen und Harry Potter gab ihm die Möglichkeit, sie zu begleichen. Draco brauchte nicht lange zu überlegen, um zu dem Schluss zu kommen, dass er nur eine Wahl hatte. Er würde Potter nicht die Treppe rauf tragen können. Dazu war er selbst zu entkräftet. Die Alternative, die blieb war apparieren. Die Frage war, mit welchem Ziel und als er schließlich mit einer ziemlich diffusen Zielangabe seinen Zauber sprach, fragte er sich nur noch, wo sie enden würden. Es war kalt und es regnete. Und es war wieder einmal Nacht, jedoch offensichtlich nicht mehr lange, denn am Horizont war ein grauer Streifen zu sehen. Dracos Augen hatte Mühe die Dunkelheit zu durchdringen, doch je klarer sein Blick wurde, desto mehr wünschte er sich, nicht sehen zu müssen. Sie waren in Hogsmeade, nicht allzu weit vom Honigtopf entfernt. Er erinnerte sich, dass Harry gesagt hatte, der Geheimgang würde dort enden - doch der Honigtopf war nicht mehr. Nichts war mehr außer verbrannten Ruinen, die nicht einmal mehr rauchten. Hogsmeade war vollkommen zerstört und je mehr der Morgen herauf dämmerte, umso mehr wurde Draco von Grauen ergriffen. Er stand noch immer am selben Fleck und hielt Potter umklammert, obwohl dieser zweifellos schon lange wieder auf eigenen Füßen stand. Harry war vom selben Grauen ergriffen, wie Draco. Seine Finger hatten sich in dessen Umhang gekrallt und er starrte auf die Überreste des Zaubererdorfes. Bis jetzt hatte er es irgendwie geschafft, alles zu ertragen, doch das hier setzte dem ein Ende. Mit brutaler Härte wurde ihm das fürchterliche Grauen bewusst, dass eine Herrschaft Voldemorts bedeutete. Was sich in diesem Moment in seinem Kopf abspielte, würde er niemals wirklich erfassen. Was blieb waren rasende Wut und bitterer Hass - und ein demütigendes Gefühl von Hilflosigkeit. "...das ist nicht wahr...." Es war eine Feststellung, doch so schwach, dass es keine Zweifel an Harrys hoffnungslosem Wunschdenken ließ. Draco atmete mühsam, denn sein Blick war an einer krallenden, völlig verkohlten Hand hängen geblieben, die unter Trümmern über die Schwelle des Honigtopfes ragte. "...doch ist es..." "...aber die Menschen..." "Frag dich nicht!" Dracos eisige Fassade brach zum zweiten Mal in den letzten Stunden zusammen. Er wurde von Abscheu, Übelkeit und Grauen geschüttelt und versuchte nicht daran zu denken, dass auch sein eigener Vater an diesen Gräueltaten beteiligt war. Er wollte Potter wegstoßen, um sich nicht bloßzustellen, klammerte sich jedoch genau wie dieser nur noch fester. Das konnte einfach nicht sein! Warum schlitterten sie von einem Alptraum in den nächsten? Warum waren sie nicht oben im Schloss, wie die anderen? Warum waren sie nicht tot? Selbst das wäre besser. Harry schob Draco von sich und ging ein paar Schritte ins trübe Grau, nur um von Malfoy wegzukommen. Zu deutlich war ihm bewusst, dass sie beide dasselbe empfanden, doch er wollte nichts mit Draco gemeinsam haben, nicht einmal das Grauen. Harrys Verstand gab Draco das Gesicht seines Vaters, der an diesem Massaker beteiligt gewesen war und es funktionierte. Wut und Hass, dass einzige, was ihn noch aufrecht hielt, machten sich breit. Draco riss ihn aus den Gedanken. "Wohin...was wolltest du hier?" Die Frage brachte ihn aus dem Konzept. "...Hilfe..." "Blödsinn...wenn es um Voldemort geht, hilft dir keiner!...Wohin?" Draco hatte seinen Kopf abgeschalten und merkte nicht, dass er versuchte Potter die Verantwortung für sie beide aufzuhalsen. Sein Blick irrte ungestüm umher, inzwischen schimmerte alles im trüben, regnerischen Grau der Morgendämmerung, doch wohin er auch sah, waren nur verkohlte Trümmer und sein Blick blieb wieder an Potter hängen. Dessen Augen hatten sich an der verkohlten Hand festgekrallt. Draco schluckte, denn in Harrys Augen war schon wieder die inzwischen vertraute Leere getreten. "Warum....warum tut er das?...." Er sah Draco an und dieser keuchte um Fassung ringend: "Woher soll ich das wissen?" Harry sah ihn voller Verachtung an. Die Wut hatte als letzter Rettungsanker völlig von ihm Besitz ergriffen. "Wenn du es nicht weißt, wer dann?" Draco war völlig überrumpelt. "Woher soll ich es wissen?" "Du bist doch derjenige, der immer ein Todesser sein wollte...du wolltest ein Anhänger Voldemorts werden...also wirst du doch wissen, warum er Menschen... ver ... ver...verbrennt...du..............." Harry keuchte nur noch. Die Erkenntnis, dass er ungerecht war machte es ihm unmöglich weiter zu reden. Er wusste, dass Draco sich nie bewusst gewesen war, was es bedeutete ein Todesser zu sein, er wusste, dass er ihn verletzte mit diesen Worten und er wollte es loswerden, dieses Wissen. Sein Verstand brauchte einen Sündenbock, an dem er sich abregieren konnte, doch Draco war der Falsche, nach all dem, was passiert war. Er war so am Boden, dass er es nicht mehr ertrug weiter auf sich rumtrampeln zu lassen und sich etwas von ihrer alten Feindschaft in ihm regte, denn Potter hatte kein Recht, ihn zu verachten. Niemand hatte das. "Du willst wissen, warum?...Geh hin und frag ihn...aber frag mich nicht...ich hab keine Antworten...ich find nicht mal auf meine eigenen Fragen Antworten...also lass mich damit in Ruhe..." Er wandte sich ab und wollte davon stürmen, ohne zu wissen, wohin, doch Harrys nächste Worte hielten ihn schon wieder auf. Harry hatte sich gefangen. "Die heulende Hütte...sie steht noch!" Draco sah sich um. Harry war wieder in die Knie gesackt, die Fäuste im Schlamm, denn der Regen hatte alles aufgeweicht. Die ungewohnt langen Haare verbargen sein Gesicht und klebten in nassen, gewellten Strähnen auf seiner blassen Haut. Draco fragte sich, wie er es immer wieder schaffte, sich zu fassen. Er selbst war schon lange an die Grenzen seiner Beherrschung gestoßen. War er gerade noch wütend gewesen, war er nun schon wieder nur noch müde, unendlich müde. Harry stand langsam auf und ging wankend und noch immer am Ende seiner Kräfte den Hügel hinauf. Es dauerte einen Moment, bis Draco sich entschloss, ihm zu folgen. Er hatte keine Ahnung, was er von Potters Launen halten sollte. Er wusste auch nicht, ob er wirklich das Bedürfnis hatte, die heulende Hütte von innen zu sehen, denn immerhin war sie das berüchtigtste Spukhaus in ganz England. Doch etwas veranlasste ihm trotzdem Potter erst mal nach zu gehen, denn eines war sicher, ohne Potter hätte er in den letzten Stunden und Tagen alt ausgesehen und die Erkenntnis aus dem Gang, wurde ihm wieder bewusst - Potter war im Moment das einzige, woran sein Verstand sich festklammern konnte, ob es ihm passte, oder nicht. Er wusste keinen anderen Ausweg. Und da war noch etwas, etwas, das ihn vorantrieb. Er wusste sehr genau, dass Voldemort es nicht aufgeben würde nach Harry Potter zu suchen und bei ihm war sein Vater, sein Vater, dem er unbedingt wieder begegnen wollte, um ihm klar zu machen, dass er nicht vergessen hatte, was er ihm beigebracht hatte. Die heulenden Hütte war natürlich mit Zauberbannen versiegelt gewesen und da sie sich ganz normal in der Zeit befand, wirkten diese auch noch, doch Harry setzte mit letzter Kraft noch einmal Voldemorts Kraft ein, um die Banne zu überwinden. Danach war er am Ende. Es interessierte ihn nicht, dass der Staub dick auf dem Bett lag, auf das er sich fallen ließ und er selbst vor Schlamm strotzte. Es interessierte ihn auch nicht, dass Malfoy neben ihm stand und sehen konnte, wie er schlapp machte. Er wollte nur noch schlafen, schlafen und vergessen, am liebsten nicht mehr aufwachen und so konnte Draco nur wenige Minuten später beobachten, wie er tief und gleichmäßig atmete und offensichtlich fest schlief. Noch immer fragte er sich, wie er die Banne der Hütte überwunden hatte und woher er wusste, dass ihnen keine Gefahr drohte, wenn sie dort eindrangen, doch eine Antwort würde er nicht bekommen. Das wusste er inzwischen. Potter war spitze darin, jedwede Frage zu ignorieren, wenn es ihm passte und dieses Talent schien er immer weiter auszubauen. Müde wie nie zuvor in seinem Leben, ließ er sich in den Sessel fallen, der nicht weit von dem Bett, auf dem Potter zusammen gebrochen war, stand. Draco war zu fertig, um sofort einschlafen zu können. Bilder spukten ihm durch den Kopf, die er nicht sehen wollte. Bilder aus Hogwarts, gemischt mit Bildern aus Hogsmeade. Er zerrte das Etui aus seiner Hosentasche, um sie loszuwerden. Müde, starrte er das Bild seiner Mutter an, so lange, bis alles andere aus seinem Kopf verschwand und der letzte Gedanke, der ihm durch den Kopf ging, bevor die totale Erschöpfung ihren Tribut forderte, war die Frage, ob sie in Ordnung war und sich rechtzeitig vor seinem Vater in Sicherheit hatte bringen können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)