Der Herr der Zeit von KimRay (Part IV: Über dem Abgrund) ================================================================================ Kapitel 24: Zwischen Vergangenheit und Zukunft ---------------------------------------------- Titel: Der Herr der Zeit (24/ ca.30+Epilog) Autor: KimRay e-mail: KimRay@gmx.de Kategorie: ?? Unterkategorie: Drama Inhalt: Der schwarze Lord übernimmt in England die Macht und Hogwarts erstarrt in der Zeitfalle, doch wie es der Zufall gibt es zwei Schüler, die wie üblich nicht das tun, was sie eigentlich tun sollten. Was passiert, wenn Harry Potter den Helden spielt, Draco Malfoy mit Hauselfen und Velas streitet und Severus Snape seine Meinung ändert? Lest selbst! Das ist wirklich eine üble Inhaltsangabe! *heul* DISCLAIMER: Alle urheberrechtlich geschützten Figuren in dieser Story gehören natürlich den jeweiligen Eigentümern. Ich habe sie mir nur ausgeliehen. Einzig die Idee und neue Charaktere sind komplett von mir. Anmerkungen: Okay, wie versprochen: vierzehn Tage! Und ich denke bein nächsten chap klappt es auch wieder so! Bin gespannt, wer mich diesmal alles killen will! Beta: Feary und fiZi, die diesmal so schnell waren, das ich regelrecht geschockt war! Vielen Dank, ihr wisst gar nicht, was Ihr mir für ne große Hilfe seid! Das gilt, übrigens auch für Dich, Hexlein!! Big thanks für die kommis an: sekhmet, Jazar, chipo-chan, Jeanca, muse, CatarinaBlack, SanguisCorvus, Astrido, noire_hiver, Masquerade, LittleRanchan, Medialuna, Aya Malfoy, teufelchen_netty, sailorkriegerin, YamiAtemu, CaptainHarlock und elbin-luna-chan (*wink*) Macht weiter so! Das spornt mich an! ;) Kapitel 24 Zwischen Vergangenheit und Zukunft Es schlug ein wie eine Bombe. >> Sirius Black von nicht genanntem Zeugen voll rehabilitiert - war Peter Pettigrew tatsächlich noch am Leben?<< Das war die Schlagzeile, die am Montagmorgen auf der Titelseite des Tagespropheten prangte und nicht nur in Hogwarts löste sie große Diskussionen aus. Niemand konnte so recht glauben, was in diesem Artikel stand, doch das Ministerium ließ keinerlei Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen aufkommen, obwohl es die wildesten Spekulationen darüber gab. Noch am Sonntag, kaum, dass Aurelia Bones von Albus Dumbledore über das wahre Ausmaß der Geschehnisse informiert worden war, hatte man Severus Snape ins Ministerium kommen lassen. Im Beisein der Ministerin, der Chefauroren Moody und Shaklebolt und Albus Dumbledores hatte dieser seine Aussage über den Feldzug des Herrn der Zeit gegen den schwarzen Lord noch einmal machen müssen. Beide Auroren hatten auf einen Test mit Verita-Serum bestanden und nachdem Snape dann zum zweiten Mal dasselbe erzählt hatte, glaubten sie ihm endlich. Severus hatte Pettigrew im Ministerium gesehen. Daran gab es keine Zweifel und somit musste Sirius Black von allen Vorwürfen freigesprochen werden, denn der Hauptvorwurf gegen ihn war der Mord an Pettigrew gewesen. Der Verrat an den Potters war nur eine zugegebenermaßen berechtigte Schlussfolgerung. Nach Professor Snapes Aussage, war es jedoch unmöglich, diese Vorwürfe weiterhin aufrecht zu erhalten. Albus Dumbledore selbst war es, der die verbliebenen Lücken füllte. Immerhin wusste er von Remus, dass Sirius im letzten Moment seinen Platz als Geheimniswahrer mit Peter getauscht hatte und das räumte dann auch die letzten Zweifel aus. Der Wirbel um diese Entwicklung war groß und dabei ging eine ganz andere überraschende Sinnesänderung des englischen Zaubereiministeriums fast vollkommen unter. Auf einmal waren die Töne, die Angst und Sorge um die Absichten des Herrn der Zeit verbreitet hatten nur noch sehr leise und es dauerte nicht lange, bis sie ganz verstummten. Der Fakt, dass Harry Potter die magische Welt zum zweiten Mal vor dem schwarzen Lord gerettet hatte, war für die Ministerin und ihre Auroren ein Schock gewesen, denn so etwas hatte niemand erwartet. Dumbledores Absicht, über diese Tatsache den Mantel des Schweigens zu hüllen, war darum zuerst auf ein wenig Unverständnis gestoßen. Die Ministerin war der Meinung Harry verdiene es, dass die Welt wusste, welche Opfer er gebracht hatte, zumal Dumbledore der Überzeugung war, dass der Herr der Zeit mit dem Unnennbaren untergegangen war. Dumbledore bestand jedoch darauf, dass Harry nicht mit dem Herrn der Zeit in Verbindung gebracht werden durfte. Er hatte schon genug um die Ohren und sollte erst einmal wieder zu Bewusstsein kommen. Er habe das Recht, selbst zu entscheiden, ob die Zaubererwelt die Wahrheit erfahren sollte. Die Gerüchte um seinen Zustand und eventuelle Zusammenhänge mit dem Herrn der Zeit waren schon phantastisch genug. Der Schulleiter von Hogwarts vermutete die verbliebenen Todesser dahinter, doch seine Stillhaltetaktik zeigte erste Erfolge. Die Brocken Wahrheit, die öffentlich geworden waren, führten zielsicher zu den falschen Schlüssen und er dachte nicht daran, etwas dagegen zu unternehmen. Harry brauchte seine Ruhe und die würde er nicht haben, wenn alle Welt glaubte, er sei der Herr der Zeit. Und immerhin war es ja eh unwahrscheinlich genug, dass ein siebzehnjähriger Zauberschüler zu solchen Leistungen fähig war. Bones ließ sich jedenfalls widerwillig von seinen Ansichten überzeugen. Sie würde Harry fragen, ob die Wahrheit ans Licht sollte oder nicht. Albus Dumbledore hoffte jedoch, dass es soweit niemals kommen würde - und falls doch, so kannte er Harrys Antwort auf diese Frage ganz genau. * * * Dracos Finger trommelten ungeduldig auf die Oberfläche des Haustisches von Slytherin und Fleur konnte sich bei diesem Anblick ein geheimnisvolles Lächeln nicht verkneifen. Selten hatte sie ihn so nervös gesehen. Es war Freitagabend, Harry lag schon seit elf Tagen im Koma und es war vermutlich das erste Mal, dass Draco wenigstens ein bisschen von den düsteren Gedanken abgelenkt wurde, die ihn seit Tagen im Griff hatten. Das Quidditchturnier wurde ausgelost und Fleur wusste, welche Sorgen Draco beherrschten. Was, wenn das erste Spiel Slytherin-Gryffindor lautete? Es würde Samstag in zwei Wochen stattfinden, um den Mannschaften noch genügend Zeit fürs Training zu geben und auch, wenn es für Draco nur von Vorteil wäre möglicherweise gegen eine Gryffindormannschaft ohne Harry zu spielen, so wusste sie doch, dass das das Letzte war, was er wollte. Gerade eben spuckte ein eigens verhexter Pokal das erste Pergamentröllchen aus und selbst Fleur konnte sich der gespannten Erwartung nicht entziehen. "Gryffindor!", tönte Madam Hoochs Stimme klar durch die Halle. "Shit!", kam es von Draco, während Ron Weasley am Gryffindortisch blass wurde. Er tat Fleur beinahe leid. Die Sorge unter Harrys Freunden nahm von Tag zu Tag zu. Sie verbrachten jede freie Minute in der Krankenstation, doch der Zustand des Schwarzhaarigen änderte sich nicht. Fleur kannte die Bedenken, die die wenigen Eingeweihten inzwischen hatten. Madame Maxime hatte mit ihr darüber gesprochen, bevor sie Hogwarts wieder verlassen hatte. Dumbledore bezweifelte inzwischen, dass Harry jemals wieder zu sich kam. Seiner Meinung nach war es ganz einfach zuviel für ihn gewesen. Das mochte vielleicht sein, doch Fleur glaubte nicht daran. Sie hielt an ihrer Überzeugung, dass Harry zurückkommen würde, bedingungslos fest. Wer vollbracht hatte, was er getan hatte, konnte sich auch dem Leben stellen. "Ravenclaw!", tönte in diesem Moment Madam Hoochs Stimme durch die Halle und Draco stieß unhörbar die Luft aus, die er angehalten hatte. Sie mussten nicht als erstes gegen eine geschwächte Gryffindormannschaft spielen. Wenigstens etwas. Doch die Begeisterung am Gryffindortisch war trotzdem nicht besonders groß. George und Ron wechselten einen Blick. Das war eine ausgemachte Katastrophe. Sie hatten das erste Spiel und sie hatten keinen Sucher. Es war vollkommen nebensächlich, als Madam Hoch auch noch die anderen Pergamente verlas, denn logischerweise lautete die zweite Begegnung zwei Wochen später Slytherin-Hufflepuff. Als auch das feststand, herrschte bedrücktes Schweigen in der Großen Halle. Alle wussten, dass Gryffindor nun ein Problem hatte und von einigen Slytherins einmal abgesehen, nahmen fast alle Schüler in Hogwarts regen Anteil an Harrys Schicksal. Professor McGonagall saß mit gesenktem Kopf auf ihrem Platz. Snape starrte mit eisiger Miene ins Leere. Professor Sinistra schaute betreten drein und Professor Sprout hatte Professor Snape fixiert. Es war jedoch Sache der Mannschaftskapitäne, dieses Problem aus der Welt zu schaffen und Draco bekam unter dem Tisch einen heftigen Tritt gegen das Schienbein. Irritiert betrachtete er die vollkommen unbeteiligt aussehende Fleur - bis er begriff, was sie von ihm wollte. Er erhob sich fast im selben Moment, wie Jed Logan von den Ravenclaws, was ungemeine Irritation hervorrief, doch Logan warf ihm einen Blick zu - wohl wissend, dass er am Zug war, denn der Teamcaptain von Ravenclaw konnte zwar anbieten, an einem anderen Termin zu spielen, doch auch Slytherin musste mit einem solchen Tausch einverstanden sein. "Slytherin erklärt sich bereit, das erste Spiel gegen Hufflepuff zu spielen, falls alle anderen einverstanden sind." Er sah Snapes und McGonagalls Blick zu sich flackern und erwiderte unbeteiligt Dumbledores erfreutes Lächeln, während er sicher war, dass so mancher Slytherin nicht verstand, warum er das tat. "Einverstanden!" kam es von Logan und dem Teamcaptein der Hufflepuffs. Nur am Tisch der Gryffindors herrschte Schweigen. Alle Blicke ruhten auf den Teammitgliedern. Fred, George und Ron wechselten verhaltene Blicke. Trotz spiegelte sich in ihren Augen, denn sie waren überzeugt, dass Harry ein Angebot Malfoys niemals annehmen würde. Keiner von ihnen war gewillt, sich damit einverstanden zu erklären - nicht, wenn das Angebot von Malfoy selbst kam und die Anspannung war beinahe greifbar. "Ron!", fauchte Hermione ihrem Freund ins Ohr und trat ihn unter dem Tisch auf den Fuß. "Nein!", fauchte er entschlossen zurück, "Nicht für Malfoy!" "Idiot!", gab sie zurück, verschränkte die Arme und fixierte Seamus. Dessen Blick huschte gehetzt zwischen den drei Weasleys hin und her, doch keiner der drei machte Anstalten zu reagieren, obwohl der Blick Professor McGonagalls schon düstere Gewitterstimmung verhieß. "EINVERSTANDEN!", es war Angelina Johnson, die aufgesprungen war und nun den Weasleys giftige Blicke zu warf, bevor sie Malfoys Blick herausfordernd erwiderte und ihm anerkennend zunickte. Es war seine Geste - da konnte er sein, wie er wollte - und es war eine großzügige Geste. Angelina war nicht gewillt aus falschem Stolz eine Chance wie diese zu vergeuden. Immerhin bestand ja trotz aller Zweifel Hoffnung, dass Harry vielleicht doch noch zu sich kam und wenn nicht, war jede Minute Zeit, die sie einen anderen Sucher trainieren konnten, wertvoll. Professor McGongall warf Angelina einen wohlwollenden Blick zu, als sie sich wieder setzte, froh, dass wenigstens einer den Mut gehabt hatte, über seinen Schatten zu springen, obwohl das Angebot von Slytherin kam. Immerhin hatte ihr Team im Moment keinen Captain - und wenn eins fest stand, dann, dass die Weasleys diesen Posten nicht einmal ersatzweise bekommen würden. "Na, Malfoy? Noch nicht an deiner ,großen Geste' erstickt?", Ron hatte den Zeitpunkt genau abgepasst und erreichte den Ausgang fast zeitgleich mit Draco, Fleur und Gabrielle. Er kochte. Es war in seinen Augen einfach unerträglich, wie Malfoy sich aufspielte und er konnte es nicht ertragen, dass ihr Team von seiner Großzügigkeit abhängig war. Harry würde das nicht gut heißen. Dessen war er sich vollkommen sicher. Der Blick, den ihm Draco zuwarf, hätte verächtlicher nicht sein können, doch er war nicht derjenige, der auf die Bemerkung antwortete. Gabrielle war schneller: "Verwe'kseslt du da nischt etwas? Isch hatte e'er den Eindruck, als würde euer Team an dem bloßen Gedanken ersticken!" Entschlossen hakte sie sich bei Draco ein, strahlte ihn an und zog ihn weiter. Ron stand der Mund offen, während Fleur leise meinte. "Ist sie nischt ein schnippisches Ding, diese Kleine?" und mit einem Augenzwinkern ging auch sie weiter. "Und? ...Das war es jetzt, oder? Wunderbar, Ron, wirklich eine großartige Leistung!", Hermione schloss sich dem Beispiel der Delacour-Schwestern freudig an und ließ ihn ebenfalls stehen. Sein Verhalten regte sie auf. "Sag mir einer, warum diese beiden blonden Hexen auf einmal so auf Malfoy abfahren, wo sie doch Ende letzten Schuljahres nur um Harry herumscharwenzelt sind!" George war neben Ron aufgetaucht und warf den drei Blondschöpfen, die im Gang zu den Kerkern verschwanden einen nachdenklichen Blick nach, während dieser nur verächtlich schnaubte. Das Verhalten der Delacour-Schwestern gab vielen Rätsel auf. Niemand verstand, warum sie auf einmal so eng mit Draco Malfoy befreundet waren und es gab eine Menge Getuschel. Natürlich kannten alle die Geschichte, die Fleur jedem erzählte, der sie hören wollte, doch deswegen war es trotzdem schwer zu verstehen. Vor allem, weil George vollkommen Recht hatte. Nach dem Trimagischen Turnier waren Fleur und Gabrielle vollkommen von Harry bezaubert gewesen - und sie hatten ganz genau gewusst, wie er zu Draco Malfoy stand. "Er benimmt sich wie ein Idiot!" Hermione saß mit angezogenen Knien auf einem Stuhl neben Harrys Bett. Eigentlich hatte sie Hausaufgaben machen wollen, doch als sie Ginny bei Harry vorgefunden hatte, hatte sie diesen Plan verworfen. "Das brauchst du mir nicht sagen! Sie benehmen sich alle drei wie die Idioten!" Ginny fixierte Harrys Bettdecke. Sie wusste, was Ron, Fred und George antrieb. Sie konnten sich nicht mit der Ungerechtigkeit in diesem Krieg abfinden und hackten auf allem herum, was nur annährend mit dem Unnennbaren zu tun hatte. Das waren Slytherins im Allgemeinen und Malfoy im Besonderen. Ginny selbst wusste nicht, was richtig war. Noch immer fiel es ihr schwer zu begreifen, was mit ihrer Familie und so vielen anderen, die sie kannte, geschehen war. Sie war froh und dankbar, dass dieser Krieg zu Ende war, doch genau wie Fred fragte sie sich manchmal, warum dieser Magier nicht eher aufgetaucht war. Ihr war klar, dass das Percy nicht mehr gerettet hätte, denn er war beim Überfall aufs Ministerium ums Leben gekommen, doch sie war sicher, dass viele andere Leben hätten gerettet werden können. Die feindselige Haltung vieler Hogwartsschüler gegenüber den Slytherin konnte sie verstehen, doch andererseits war ihr klar, dass keiner von ihnen wirklich Schuld an dem trug, was geschehen war. "Sie sind der Meinung Malfoy und die Slytherins gehören genauso bestraft, wie die wirklichen Todesser, weil sie eh die gleiche Meinung hätten!" Hermione fixierte Ginny genauer, denn sie hatte den Eindruck, als sei sie nicht ganz dieser Meinung. Dass Ron tatsächlich so dachte, wusste sie. "Und du?", fragte sie leise nach, als Rons Schwester schwieg. "Ich denke, es ist genug!" Ihre blauen Augen füllten sich mit Tränen, als sie Harrys bleiches Gesicht betrachtete. "Bill, Percy, Rebeccas Vater, so viele andere... und Harry!" Eine Träne rollte über ihre Wange und Mione stand auf, um sie in die Arme zu nehmen. Sie hatte Ginny noch nie so oft weinen sehen und wusste, dass sie unter dem, was geschehen war litt, unter ihrem eigenen Schicksal genauso, wie unter dem anderer, die sie kannte. Rebecca war eine Klassenkameradin Ginnys. Ihr Vater war Auror im Ministerium gewesen und genau wie Percy dort ums Leben gekommen. "Harry wird nicht sterben, Ginny!", versuchte sie Rons kleine Schwester zu trösten. Ginny erwiderte Hermiones Umarmung. Sie war schon lang nicht mehr rettungslos verliebt in ihr schwarzhaariges Idol, doch irgendwie war Harry trotzdem für sie zum Zünglein an der Waage geworden. Niemals hätte sie sich vorstellen können, dass der Unnennbare ihn irgendwann vielleicht doch noch besiegen könnte. Seit ihrem ersten Schuljahr, als er sie aus der Kammer des Schreckens gerettet hatte, war er in ihren Augen unbesiegbar. Ihn hier jetzt so liegen zu sehen, erschütterte diesen Glauben vollkommen. Es war so erdrückend, so wirklich und es war ein Stück der grausamen Realität außerhalb von Hogwarts. Während man sonst trotz aller furchtbaren Nachrichten noch immer das Gefühl hatte, als habe es diesen Krieg nicht wirklich gegeben, schwebte Harry zwischen Leben und Tod. Er war der lebende Beweis für das, was geschehen war, denn er war ein Opfer dieser Geschehnisse. Man konnte viel hören und lesen, es jedoch mit eigenen Augen zu sehen, war etwas anderes. Der Tod ihrer Brüder und das Unglück ihrer Familie waren für sie noch immer irgendwie unwirklich. Es war weit weg - draußen - außerhalb der Mauern von Hogwarts und die Wirklichkeit würde sie erst einholen, wenn sie nach Hause kam und mit eigenen Augen sah, dass ihr Zuhause zerstört und Bill und Percy nicht mehr da waren. Mit Harry war das anders. Er war hier, vor ihren Augen. Sein Schicksal war real und ließ sich nicht verdrängen. "Wie kannst du dir da nur so sicher sein?", schluchzte sie leise an Hermiones Schulter und diese nahm all ihre Entschlossenheit zusammen, als sie entgegnete: "Weil das hier Harry ist! Ginny! Er wird es schaffen! Er hat es immer geschafft! Er wird sich vom Tod des Unnennbaren nicht unterkriegen lassen! Das kann einfach nicht sein!" Ginnys Herz zog sich bei diesen Worten zusammen. Hermiones grenzenloses Vertrauen in Harry machte sie beinahe neidisch und sie wünschte sich, genauso stark zu sein - glauben zu können - doch im Augenblick fiel ihr das sehr schwer. "Hoffentlich!", entgegnete sie leise und wusste nicht, dass hinter Hermiones geschlossenen Lidern genauso die Tränen brannten, wie bei ihr. Tag für Tag versuchte Hermione sich mit dem unerschütterlichen Glauben, den ihr Ron ganz zu Anfang vermittelt hatte, über Wasser zu halten, doch es fiel ihr immer schwerer. Mit jedem Tag, den Harry nicht aufwachte, wurde die Angst größer. Es war so schwer, nur hier zu sitzen und nichts tun zu können, so schwer, sehen zu müssen, wie er zwischen Leben und Tod schwebte und sich sein Zustand nicht veränderte. "Weißt du, Hermione, ich glaube, das ist das Schlimmste für Ron! Er sieht Harry jeden Tag hier liegen und weiß nicht, wird er es schaffen, oder nicht. Und Malfoy... der stolziert mit den beiden Delacours durch Hogwarts und tut erhaben. Dabei hätte er selbst nichts lieber getan, als Dem-dessen-Name-nicht-genannt-wird zu folgen! Mit welchen Recht, Hermione? Mit welchem Recht?" , fragte Ginny plötzlich und brach endgültig in haltloses Schluchzen aus. Hermione spürte, wie ihre Tränen die Oberhand gewannen und stumm über ihre Wangen rannen, als sie sich nun beinahe genauso an Ginny klammerte, wie diese an sie. Sie versuchte diese Frage aus ihrem Kopf zu verdrängen und tat sich schwer damit, denn es war ungerecht. Es gab dafür keine Antwort, die man guten Gewissens mit dem Verstand geben konnte. Nur das Herz konnte diese Frage richtig beantworten - und das musste erst noch lernen zu vergeben. * * * "Diese verdammte Ravenclaw-Hexe!" Draco fluchte, was das Zeug hielt und Fleur hob die Brauen. Es war später Abend und unerwartet war er in ihren und Gabrielles Räumen, die sich im Osttrakt befanden, aufgetaucht. Eigentlich durfte er da nicht hin, doch sie wusste besser als jeder andere, dass Draco eine ganze Menge Tricks drauf hatte und immer öfter davon Gebrauch machte. Seine Laune wurde mit jedem Tag schlechter und Fleur hatte Mühe, ihn aufzumuntern. Harry machte es ihnen nicht gerade einfach, auch wenn Fleurs Hoffnung unerschütterlich war. "Was war denn los?" Was würde los gewesen sein? Sie wusste, dass er schon ein paar Mal Cho Chang und ihre beste Freundin spät abends in der Krankenstation vorgefunden hatte und er wurde immer ungehaltener deswegen. Die Tatsache, dass Harry vor dem Zeitbann immerhin mit der schwarzhaarigen Ravenclaw liiert gewesen war, setzte ihm zu. Fleur ging jedoch nicht davon aus, dass Harry das noch interessieren würde, wenn er endlich beschloss, wieder zu sich zu kommen. Dazu war das, was zwischen ihm und Draco passiert war, viel zu tief greifend. "Was wohl!", gab Draco inzwischen ungehalten zurück. "Wie oft muss isch dier noch sagen, dass du dier deswegen keine Gedanken machen sollst!" Draco warf sich in einen der Sessel, zog die Knie an und schmollte. Fleur schürzte die Lippen. Wer hätte einen solchen Hitzkopf in diesem Kerl vermutet? Bei ihrer ersten Bekanntschaft hatte sie ihn für einen kalten, emotionslosen Menschen gehalten, doch das war er nicht - nicht mehr. Sie bezweifelte, dass er es jemals gewesen war. Es waren der Drill und die Ansichten seines Vaters gewesen, die diesen Eindruck hervorgerufen hatte "Draco, was bedrückt disch wirklisch! Warum warst du 'eute über'aupt schon wieder in der Krankenstation? 'atten wir nischt vereinbart, dass du disch mal ausschlafen sollst?" Sie hockte sich auf die Sessellehne und ließ ihn nicht aus den Augen. Seit Tagen hatte sie deswegen endlose Diskussionen mit ihm. Er hatte abgenommen, wirkte übermüdet und gestresst, doch sie kam nicht dahinter, warum das so war. Er schwieg sich aus - starrsinnig und stolz, wie er eben war. Gerade sprang er abrupt wieder auf, zweifellos um ihrem wissenden Blick aus dem Weg zu gehen. Mit dem Rücken zu Fleur starrte er aus dem Fenster in die Dunkelheit. Es war ja eigentlich seine Absicht gewesen, sich auszuschlafen, aber leider gelang ihm das nur auf der Krankenstation, wenn Harry in seiner Nähe war. Das war der Schluss, zu dem er mittlerweile gekommen war. Nacht für Nacht hatte er versucht in seinem Bett zu schlafen. Nacht für Nacht machten es seine Alpträume unmöglich. Der Kampf, den er sich mit dem Herrn der Zeit geliefert hatte, ließ ihn einfach nicht mehr aus seinen Krallen und jedes Mal hatte er dasselbe unwirkliche Ende - Harry, verbrannt in den Flammen der Tentacula ignis. Das war der Grund, dafür, dass er sich später am Abend meist hinauf in den Krankenflügel schlich, sich einen Stuhl an Harrys Bett zog und so schlief. Es mochte unbequem sein, doch es funktionierte. Es gab ihm das Gefühl, sicher zu sein und doch riss es ihn immer tiefer in den Zwiespalt, denn inzwischen glaubte er, dazu kein Recht mehr zu haben. "DRACO... was ist es?" Fleurs Geduld war am Ende. Er versuchte ihr ganz klar etwas vorzumachen und das würde sie nicht zulassen, denn es fraß ihn offensichtlich auf. Sie kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, entschlossen, der Sache jetzt endlich auf den Grund zu gehen. "Nichts.", kam teilnahmslos die Antwort und Fleurs Temperament ging mit ihr durch. "WENN DU NISCHT AUF DER STELLE DAMIT AUF'ÖRST, MIR ETWAS VORMACHEN ZU WOLLEN, LERNST DU MISCH GLEISCH RISCHTIG KENNEN!", schnauzte sie ihn mit erhobener Stimme an, doch Draco hatte die Frechheit, auch das zu ignorieren. "D-R-A-C-O!!!" "Was... Fleur?" "Draco isch 'abe keine Geduld me'r mit dier! Isch weiß, dass es dier nischt gut geht! REDE MIT MIR!" "Worüber denn?", noch immer sprach er mit dem Fenster, doch seine Stimme klang gezwungen ruhig. "DRACO!" Sie baute sich neben ihm auf und funkelte ihn aus ihren himmelblauen Augen wütend an, bevor sie fauchte, "Du weißt ganz genau, was isch meine!" Draco sah sie nicht an. Er würde nicht zugeben, was ihn fertig machte. Er würde es alleine schaffen. "Willst du hören, dass ich mir Sorgen um Harry machen? Oder, dass ich langsam die Hoffnung verliere? Soll ich dir sagen, dass ich es zum Kotzen finde, so tun zu müssen, als sei alles beim alten, oder, dass mir diese Idioten in meinem eigenen Haus mörderisch auf die Nerven gehen mit ihrem Gewinsel über Voldemorts Tod?" "Nein... isch will wissen, warum du disch jede Nacht da 'och schleischst, obwohl du eigentlisch in deinem Bett schlafen müsstest!" Draco funkelte sie an und Fleur wusste, dass sie den springenden Punkt getroffen hatte. "Draco, was ist los mit dier?" Wieder starrte er stumm in die Nacht. Fleurs Augen kniffen sich zu schmalen Schlitzen zusammen. "Gut! ...Wenn du glaubst nischt reden zu müssen, werde isch wohl dursch die Blume mit Madame Pomfrey reden müssen." Es mochte eine leere Drohung sein, doch notfalls würde sie sie ernst machen. Wenn die Krankenstation abgeriegelt war, konnte er nicht mehr zu Harry. Fleur hatte den Eindruck, als würde das zu einer Manie für ihn. Es half ihm nicht und er musste sich erholen. Schließlich war Harry nicht der einzige, den dieser verdammte letzte Kampf ziemlich mitgenommen hatte. Die Antwort kam nach einer kleinen Ewigkeit. "Ich kann nicht schlafen!", brachte Draco resigniert heraus und überraschte sie damit beinahe, doch vermutlich war er sich ganz einfach klar darüber, dass sie tatsächlich dazu fähig war, diese Drohung wahr zu machen. Ihre Hartnäckigkeit hatte er zur genüge kennen gelernt. "WAS?" Er hatte einen Moment gedauert, bis sie vollkommen erfasste, was er gesagt hatte und Draco funkelte sie an, das Gesicht eine regungslose Maske. "Was erwartest du? Hast du wirklich geglaubt, ich könnte einfach so weiter machen? Fleur... ich war drauf und dran Harry zu töten!" Er brachte das so emotionslos heraus, dass bei Fleur alle Alarmglocken schrillten. Er schien so teilnahmslos, dass es ihr fast so vorkam, als stehe er noch immer unter Schock. "Du warst nischt du selbst... das ist Blödsinn!" Wieder wandte er ihr den Rücken zu, doch sie hatte den kalten Ausdruck in seinen Augen gesehen. Ein Schauer rann über Fleurs Rücken. Was spann er sich da in seinem Kopf zusammen? Dass er Schuld an dem trug, was er Harry angetan hatte? "Draco, Du machst dier doch nischt etwa Vorwürfe deswegen?", fragte sie ungläubig und beinahe fassungslos. Draco wandte sich ab und ging auf die Tür zu. "Du hast recht... ich sollte schlafen gehen!", wechselte er das Thema. Mittlerweile waren die Ravenclaws sicher verschwunden und auf diese Debatte mit Fleur wollte er sich auf keinen Fall einlassen, doch Fleur murmelte einen Fluch und Draco rüttelte vergeblich an der Türklinke. "Fleur, hör auf mit dem Unfug!" Panik griff mit eisigen Fingern nach ihm, denn er ahnte, dass sie ihn diesmal nicht entkommen lassen würde. "Machst du dir Vorwürfe, Draco Malfoy?!", hakte sie ganz ruhig nach, fest entschlossen, dass jetzt zu klären. "Fleur... HÖR auf!", versuchte er noch einmal abzuwehren. "Nein... das werde isch nischt tun! Sag mir die Wahr'eit! Machst du dier Vorwürfe, weil du gegen 'arry gekämpft 'ast!" Kalte Wut funkelte nun in Dracos Augen, als er sie wieder anstarrte. Sie hatte ihn zu sehr in die Enge getrieben und so war seine Antwort lauter, als nötig. "Was erwartest du? Das ich happy darüber bin, ihn beinahe umgebracht zu haben? Fleur... ich hätte ihn getötet!" "Voldemorts Marionette 'ätte ihn getötet! Du niemals!" "Wo ist da der Unterschied?", fauchte er sie an und zerrte an der Türklinke, in Gedanken alle Zauber durchgehend, die er kannte, um Türen zu öffnen, um ihr vielleicht doch noch zu entgehen. Fleur schnappte ihn mit mehr Kraft als man ihr zutraute an der Schulter und zerrte ihn zu sich herum. "Da ist ein gewaltiger Unterschied!" Draco wusste, dass sie von dem, was sie sagte überzeugt war, doch ihm war diese Überzeugung schon lange verloren gegangen. "Ach... welcher?", gab er mit beißendem Hohn zurück. "Wo ist der Unterschied? Ich war es Fleur! Ich - Draco Malfoy! Ich... der glaubte..." Er sprach nicht zu Ende, doch Fleur wusste auch so, was er sagen wollte. Himmel, was war da in Dracos Kopf schief gelaufen, dass er sogar seine Liebe in Zweifel zog? "Draco... was glaubst du, dass du für eine Chance gegen Voldemort hattest? "Ich hätte eine Chance haben müssen! Ich hätte nicht zurückgehen dürfen, ich hätte mich nicht erwischen lassen dürfen... ich hätte nicht unterliegen dürfen!" "Du hast Dobby gerettet!" "Und Harry beinahe dafür geopfert! Sag mir, warum es alle schaffen, seinem leuchtenden Beispiel zu folgen? Warum konnte Snape seine Meinung für ihn ändern! Warum hat er es geschafft, alles dafür zu geben, um Harry zu helfen? Oder Weasley? Er mag in dieser Sache kein Held gewesen sein, aber in allem, was sie zusammen durchgemacht haben hat er nie gezweifelt... immer hat er es geschafft, Harrys Idealen gerecht zu werden!" "Das..." "Nein, Fleur, hör auf! Ich sehe es jede Nacht! Immer und immer wieder! Ich sehe ihn vor mir, wie er in der Tentacula ignis verbrennt! Freiwillig, für mich! Weil er mich nicht töten wollte! Weil er das Monster in sich im Zaum gehalten hat! Er hat gegen eine Macht gekämpft, die stärker als Voldemort war.... und ich... ich bin an Voldemort gescheitert!" Gott, was tat er sich nur an? Fleur tat es in der Seele weh ihn an sich selbst verzweifeln zu sehen. Immer war er stark gewesen und niemals hatte er seine Ideale verraten. Und nun das? Wusste er denn nicht mehr, was Voldemort ihm angetan hatte, um ihn so weit zu bekommen? "Draco, du 'attest keine Chance! Niemand 'ätte da noch eine Chance ge'abt, auch 'arry nischt!" Fleur war den Tränen nahe. "Aber er hat gekämpft Fleur, er hat gekämpft!", schrie er sie an, unnatürlichen Glanz in den Augen und Fleur bekam das Gefühl, dass er tatsächlich nicht mehr wusste, wie es dazu gekommen war, auch wenn sie es nicht verstand. "Draco...du 'attest keine Chance! ...So glaub mir doch... isch 'abe es gese'en...", Draco wollte ihr erneut widersprechen, doch sie hinderte ihn daran, "...nein... du 'örst mir jetzt zu! ...isch war dabei! Isch 'abe gese'en, was er mit dir gemacht hat! Was er dier angetan 'at!" Der Unglaube war Draco anzusehen und er schwieg. Fleurs Finger streichelten seine blassen Wangen und ihr Blick war ernst und voller Bedauern. Seine Erinnerungen an Voldemorts Folter waren bruchstückhaft und kaum durchschaubar, und sie enthielten keine Entschuldigung für ihn. Er hatte sich umdrehen lassen - das war der springende Punkt - und das hätte seiner Meinung nach nicht geschehen dürfen. Es war egal, wie es dazu gekommen war. "Du warst nischt in der Position, eine Chance zu 'aben!", versuchte Fleur ihn zu beruhigen, "Du warst nischt in der Lage, deinem Willen zu folgen! Er 'at deinen Verstand gnadenlos umgebaut, deine Gefühle vollkommen vernischtet und einen komplett anderen Menschen aus dir gemacht! Er 'at.... er...", sie hatte Probleme mit dieser Vorstellung, doch sie musste ihm begreiflich machen, dass er keine Chance gehabt hatte. "Weißt du, was 'arry tun wollte, nachdem isch Profeseur Snape unter Zeitbann gelegt 'atte?" "Homorfus!", antwortete er ohne auch nur eine Sekunde nachdenken zu müssen. Draco schüttelte fassungslos den Kopf. Woher wusste er das? Dieses Wort peitschte durch seine Gedanken und er wusste, dass er es schon einmal gehört hatte! "Draco, er war auch in deinem Kopf! Voldemort ist in deinen Geist eingedrungen! Er wusste alles über disch! Auch das von 'arry! Und er wusste, was er tun musste, um eusch beide zu vernischten!" Draco wich vor Fleur zurück und sie ließ es zu, denn sie wusste, dass er nicht mehr wegrennen konnte. Bittere Bilder von Misshandlung und Dominanz flackerten vor seinem inneren Auge. Bilder, denen er niemals hätte glauben dürfen. Falsche Bilder! Voldemorts Bilder! Der Hebel, mit dem er ihn gegen Harry verwendet hatte! Draco kannte sie, doch er wusste nicht, woher sie kamen. In seinem Kopf begann es sich zu drehen und seine Atmung wurde flach. Unnatürlich Röte breitete sich auf seinen blassen Wangen aus, während ihm kalt wurde. Fleur sprach weiter. "Ich weiß nicht, was er mit deinem Geist gemacht hat, aber ich weiß, dass er verloren war, als Voldemort mit dir fertig war! Du erinnerst dich nicht wirklich, nicht wahr?" Sie verstand nicht, wie das möglich war, doch vermutlich lag es daran, dass sie ihren Seelenzauber vor Voldemorts Folter durchgeführt hatte. Was danach geschehen war, schien verschüttet und er erinnerte sich nur noch an dass, was nach dieser Gehirnwäsche passiert war - daran, dass er geglaubt hatte, was Voldemort ihm eingepflanzt hatte - einfach so, ohne eine Sekunde zu zweifeln. Wenn es das war - und so schien es ihr - verstand sie beinahe, dass er sich Vorwürfe machte. Wie konnte er nur denken, dass es so einfach gewesen war? Draco antwortete ihr nicht. Er sah sie nicht einmal an. In seinem Kopf arbeitete es. Erinnerungsfetzen tauchten auf und verschwanden wieder - furchtbare Erinnerungsfetzen. Voldemorts Peitsche, die Prügel, die er kassiert hatte - Schmerzen. Und Demütigung? Woher hatte er gewusst, was zwischen ihm und Harry geschehen war? Woher konnte er wissen, dass er die perfekte Waffe gegen ihn war? Furcht übermannte ihn, und das Bedürfnis wegzulaufen, nicht wissen zu wollen, sich weiter die Schuld geben zu wollen, doch es gab kein Zurück mehr. Sein Atem wurde abgehakt und sein Verstand kämpfte gegen seinen Willen um jeden kleinen Erinnerungsfetzen. "Nein!", kam es gehetzt über seine Lippen, "Nein!", doch die Blockade in seinem Kopf brach trotzdem und die Wahrheit stürzte auf ihn ein. Die Erinnerung kam so klar zurück, als erlebe er alles noch einmal. Es war, als spüre er den schwarzen Lord noch einmal in seinen Kopf eindringen und wieder wurden seine Mauern des Widerstandes mit brutaler Gewalt niedergerissen. Als er zu schwanken begann, zog Fleur ihn zu dem Sessel, in dem er schon zuvor gesessen hatte. Und in seinem Kopf lief ab, was zwischen Fleurs Zauber und seinem Erwachen als Voldemorts Marionette geschehen war. Voldemorts Folter, Veritaserum, der Homorfus... und dann die Einflussnahme! Wieder konnte er fühlen, wie sein Widerstand zusammenbrach, wie er gegen den schwarzen Lord in seinem Kopf verlor. Doch Draco verwunderte nichts mehr, denn Fleur hatte Recht. Das war nicht mehr er, aber gekämpft hatte er trotzdem. Die Initialisierung stand deutlich vor seinen Augen - und wieder schrie Harrys ,Niemals' in seinem Kopf. Er hatte es nicht freiwillig getan. Er hatte sich gewehrt, doch das Grauen, was er im Moment empfand, machte diese Tatsache nicht leichter. Quälend rollte die Verzweiflung, die er empfunden hatte zum zweiten Mal über ihn hinweg und überwältigte ihn als er zitternd die Hände vors Gesicht schlug. Das war es, was in ihm brodelte, seit dieser verdammte Alptraum vorbei war, ohne, dass er sich dessen bewusst gewesen war. Wie hatte er das nur vergessen können? Fleur nahm ihn in die Arme. "Weißt du jetzt, was isch meine? ...Du 'attest keine Chance, Draco! Niemand kann sich gegen Voldemort zur Wehr setzen, wenn er ihm derart ausgeliefert ist und isch bin mir fast sischer, dass auch 'arry das nischt geschafft 'ätte! Glaubst du wirklisch, 'arry weiß das nischt? ...Glaubst du wirklisch, er weiß nischt, wozu der schwarze Lord in der Lage war? Er wusste, dass das nischt mehr du warst und er wusste, dass er disch verloren hatte. Aber er hat nischt eine Sekunde geglaubt, dass du ihn freiwillig so verraten 'aben könntest! Sonst 'ätte er disch auf der Stelle getötet. Draco, glaub mir, 'arry kennt disch! Er kennt disch besser, als isch disch kenne, denn er 'at schon an disch geglaubt, bevor du ihm jemals eine Chance dazu gegeben 'ast!" Die Szene am Rande des Verbotenen Waldes, damals, noch bevor Draco sich entschieden hatte, welchen Weg er gehen wollte, stand ihr deutlich vor Augen. Es war eine der wenigen, die sich bei ihrem Seelenzauber für immer in ihren Erinnerungen eingebrannt hatte. Sie war sicher, dass Harry schon damals überzeugt gewesen war, dass Draco nicht durch und durch böse war, denn sie hatte die Hoffnung und den Glauben genau daran in seinem Blick gesehen, als er Draco an seine Mutter erinnerte. "Er 'at nie an dir gezweifelt! Niemals! Das kannst du mir glauben!" Tränen. Dieses Bild stand so klar vor Dracos Augen, dass es wehtat. Harry mit Tränen auf den Wangen, als er die wohl letzte Konsequenz - auch ihn noch zu opfern - gezogen hatte. Dank Fleur war es ja dann zum Glück dazu nicht mehr gekommen. Draco schloss die Augen und spürte seine eigenen Tränen. Der Knoten der Verzweiflung in seiner Seele hatte sich gelöst, doch vorbei war es noch lange nicht. "Warum kommt er nicht zurück, Fleur?", stellte er fast tonlos die Frage, die ihn trotz allem am meisten quälte und wusste, dass ihm die Tränen dabei über die Wangen liefen. Fleur wischte sie zärtlich ab: "Mon petit cherie! Gerade eben 'ast du gespürt, was ein Trauma für Folgen 'aben kann! Kannst du es dir wirklisch nischt vorstellen?" Draco wusste, dass sie Recht hatte, doch über die Frage, die blieb, wollte er nicht einmal nachdenken. Was, wenn Harry gar nicht mehr zurück kam? * * * Hermione starrte den Himmel über ihrem Bett an. Sie war todmüde, doch es gelang ihr nicht einzuschlafen. Beinahe drei Wochen lag Harry nun schon im Koma und so sehr sie sich auch dagegen wehrte, langsam verließ sie die Hoffnung, dass sich das noch einmal änderte. Heute war es in VgddK zum Eklat zwischen Ron und Malfoy gekommen und so ungern sie es zugab. Die Schuld lag ganz eindeutig nicht bei Draco Malfoy. Das Frettchen hatte im Gegenteil eher den Eindruck gemacht, als wollte es Rons Attacken lieber ignorieren, doch der hitzköpfige Rotschopf ließ sich nicht ignorieren. Er ritt gnadenlos auf dem Fakt herum, dass Malfoy einer von zwei Hogwarts-Schülern war, die von niemandem Post bekommen hatten. Während man jedoch wusste, dass die Familie des Mädchens aus Ravenclaw von den Anhängern des Unnennbaren vollkommen ausgelöscht worden war und es sonst keine lebenden Verwandten mehr hatte, war über das Schicksal der Malfoys nur eins bekannt: Lucius Malfoy gehörte zu den Todessern, die dem Herrn der Zeit entkommen waren. Das war jedoch etwas, womit man Malfoy nicht im Geringsten provozieren konnte und Hermione hatte sogar ein oder zwei Mal den Eindruck gehabt, als rege dieser Umstand den Slytherin selbst auf. Heute war Ron jedoch auf das Nonplusultra gekommen um die eisige Fassade seines verhassten Gegners zu durchbrechen. Er hatte mit kalten Augen gemutmaßt, dass vermutlich nicht einmal mehr Malfoys hochnäsige Mutter etwas mit ihm zu tun haben wollte, nachdem er ja damals überlaufen wollen hatte. Malfoy war explodiert wie ein überhitzter Kessel. Er hatte Ron so schnell so viele üble Flüche auf den Hals gejagt, dass nicht einmal Snape eine Chance gehabt hatte, dazwischen zu gehen, obwohl er es wirklich versucht hatte. Ron musste auf die Krankenstation, während Snape nicht darum herum kam, Malfoy zu Dumbledore zu schicken, denn sie hatten nicht einen dieser wirklich hässlichen Flüche gekannt. Hermiones schüttelte sich noch jetzt, wenn sie an Rons verschrumpelte Zunge dachte, obwohl das der harmloseste Fluch gewesen war. ,Damit du endlich dein dreckiges Maul hältst', war Malfoys Kommentar dazu gewesen. Der Rest sollte Ron für alle Zeiten daran erinnern und so waren seine Haut von Geschwüren entstellt, seine Hände schmerzhaft versteift, sein Rücken, wie unter Imperius gebeugt und sein feuerrotes Haar ausgefallen. Die Klasse war starr vor Entsetzen gewesen und selbst Snape konnte nicht fassen, was Malfoy getan hatte. Er hatte ihm die Chance gegeben, die Flüche zurück zu nehmen, sein einziges Zugeständnis. Als er das jedoch eisig verweigert hatte, war nur noch eine Konsequenz geblieben - Dumbledore. Sie hatte ihn noch nicht wieder gesehen, obwohl VgddK vor dem Mittag stattgefunden hatte und im Grunde war er ihr ja auch egal - versuchte sie sich zumindest einzureden. Heute, nach diesem hässlichen Zwischenfall gelang ihr das auch. Ansonsten musste sie sich mit ziemlich gemischten Gefühlen eingestehen, dass er ihr beinahe Leid tat. Er trug den Kopf noch ein wenig höher als früher und gab sich unnahbarer als jemals zuvor, doch irgendwie hatte sie das Gefühl, dass das nur Fassade war und das hatte seine Reaktion heute bewiesen. Es sah ganz so aus, als habe auch Draco Malfoy wunde Punkte und es überraschte sie, dass es offenbar tatsächlich seine Mutter war. Die Situation war vertrackt. Nun, wo Ron wusste, wie er ihn packen konnte, würde er davon gewiss nicht die Finger lassen und Hermione hatte größte Zweifel daran, dass er im Augenblick dazu in der Lage war, aus irgendetwas eine vernünftige Lehre zu ziehen. Dazu waren auch Malfoys übelste Flüche nicht fähig. Die Weasleys und ein paar andere vom Krieg arg gebeutelte Schüler hatten es sich zweifellos zur Aufgabe gemacht, ihre Meinungen klar und deutlich zu verbreiten und die Slytherins waren nun die Opfer, obwohl sich inzwischen heraus gestellt hatte, dass nicht nur ihre Familien besonders dafür prädestiniert gewesen waren Dem-dessen-Name-nicht-genannt-wurde zu folgen. Auch in Familien von Ravenclaws und zu Miones Entsetzen sogar Gryffindors hatten sich Todesser wieder gefunden. Die meisten hatten keine Erinnerungen mehr und saßen irgendwo in Haft, weil sie irgendwann dem Herrn der Zeit in die Quere gekommen waren, genau, wie viele Angehörige von Slytherins. Was sie zu Ginny gesagt hatte, fiel ihr wieder ein. Sie mussten langsam lernen zu vergeben - alle - und das würde sie Ron auch endlich in seinen Dickschädel einhämmern. Kurz entschlossen stand sie auf, zog sich etwas über und verließ den Schlafsaal. Der Gemeinschaftsraum war still und verlassen. Hermione hoffte, dass oben, in Rons Schlafsaal alle schliefen, als sie Harrys Tarnumhang mit einem Aufrufezauber zu sich beorderte. Der Zauber gelang und oben blieb es still. Sie warf sich den Umhang um ihre Schultern und verließ den Gemeinschaftsraum, um mit Ron zu reden. Auf der Krankenstation war es still, wie immer, doch im Gegensatz zu sonst, brannten heute zwei Kerzen, eine neben Harrys Bett, die andere bei Ron, doch dessen Bett war leer. Hermione wunderte sich nicht wirklich, ihn neben Harry sitzen zu sehen, doch sie erstarrte in der Bewegung, als sie ihn reden hörte. "Snape ist so ein Bastard, Harry, du hast keine Vorstellung! Nachdem er von Parkinson gehört hat, was ich zum Frettchen gesagt habe, hat er sich geweigert, Madam Pomfrey eine Tinktur gegen die verdammten Geschwüre zu geben! Jetzt darf ich bis zum Samstag hier abwarten, bis der Mist von allein verheilt ist. Dann kann sie sich um die Narben kümmern hat sie gesagt! Und weißt du, was für eine Strafe Malfoy gekriegt hat? Hagrid auf den Ländereien helfen! Einen Tag lang! Ist das gerecht? Ich frage mich wirklich, ob Dumbledore jetzt langsam durchdreht! Rausgeschmissen gehört die dreckige Ratte! Dann kann er endlich zu seinem Vater rennen!" Danach war eine Weile Pause. Hermione war still. Der Fakt, dass Ron Harry offenbar sein Herz ausschüttete, überraschte sie. Ihr Freund hatte sich in den letzten Wochen auch vor ihr verschlossen, war oft nur noch bissig und fies gewesen und hatte sich von niemandem etwas sagen lassen. Ron sprach weiter. "Mum und Dad sind übrigens auch endlich zurück in England. Seit dem Wochenende. Mum hat es uns geschrieben. Sie wohnen im Augenblick in einer Wohnung in London, doch das Ministerium hat angekündigt, dass die direkten Opfer von Todesserangriffen entschädigt werden. Man, ich wünschte, sie würden die Malfoys dafür enteignen, dass sie ihm gedient haben. Du hast kleine Vorstellung, wie ich diesen arroganten Bastard verabscheue! Es ist so unfair! Er hat es am allerwenigsten verdient davon gekommen zu sein und ich gönne ihm, dass er seine ganze Familie verloren hat!" Hermiones Hand schlug über ihre Lippen. Sie konnte es nicht fassen. Wie konnte er so etwas sagen? "Weißt du, was ich wirklich traurig finde? Dass er es nicht geschafft hat, raus zu kommen. Du hättest ihm den Gang in die Heulende Hütte zeigen sollen. Dann hätte er haben können, was er unbedingt wollte! Ich wette, er hätte es nicht überlebt! ....Genau, was er verdient hätte!" "Ron!" Hermiones Stimme war schrill vor Entsetzen. Sie konnte nicht fassen, dass sein Hass so tief saß. Ron fuhr erschrocken herum und starrte entsetzt zu der Stelle, von der er Hermiones Stimme gehört hatte. Sie schob hastig den Umhang von den Schultern und das Entsetzen stand ihr dabei noch immer ins Gesicht geschrieben. "Ron... das kann doch nicht dein Ernst sein! Sag, dass du das nicht wirklich denkst!" "Wa... wa... was machst du hier?", stotterte er. "Musst du mich das wirklich fragen? Ron! Wie kannst du so etwas sagen? Man wünscht niemandem den Tod, egal, wie sehr man ihn verabscheut." Sie würde nicht locker lassen. Das, was er tat, konnte sie nicht tolerieren, ganz gleich, ob sie Malfoy verabscheute oder nicht. Rons Miene verschloss sich. Er war sich klar, dass sie ihn gehört hatte. Unwillig wandte er sich ab und starrte wieder in Harrys blasses Gesicht, das sich in den mehr als drei Wochen, die er jetzt im Koma lag, kaum verändert hatte. Wenn möglich war es höchstens noch ein wenig blasser geworden. "Und? ...Ist es denn nicht wahr? Warum sollte Malfoy ungestraft davonkommen?" "Weil er nichts dafür kann, Ron!", entgegnete Mione hitzig. "Er vielleicht nicht, aber sein Vater!" "Malfoy kann aber nichts für die Dinge, die sein Vater tut! Oder kannst du etwas für die Dinge, die Percy früher getan hat?" Ron funkelte sie ärgerlich an. "Lass Percy da raus!", warnte er dumpf. Es mochte sein, dass es nicht die cleverste Entscheidung gewesen war, Percy ins Gespräch zu bringen, doch was auch immer Ron sagte. Er war mit Percys Ansichten nie konform gewesen und hätte sich niemals mit ihm vergleichen lassen. Leider tat er das gleiche unberechtigterweise mit Draco Malfoy und dessen Vater und offensichtlich störte es ihn überhaupt nicht, dass es unfair war. "Ron...Malfoy ist nicht sein Vater!" "Ja, weil er nicht die Chance dazu gekriegt hat, oder glaubst du wirklich, da wäre ein Unterschied gewesen, wenn Malfoy damals raus gekommen wäre?" "Das ist unbedeutend!", erwiderte Hermione mit Nachdruck. "Er war NICHT draußen! Und er ist NICHT sein Vater! Er hat NICHTS getan, um den Tod zu verdienen!" Ron schwieg und sie ging zu ihm, um ihm ins Gesicht zu sehen. "Ron! Ich weiß, wie du dich fühlst! Ich bin auch traurig über das, was deiner Familie zugestoßen ist. Ich... es... Himmel jeder würde sich fragen, warum wir! Jeder würde es als ungerecht empfinden. Ich glaube, das gehört dazu! Aber es gibt dir nicht das Recht, Malfoy den Tod zu wünschen!" Verzweifelt nahm sie ihn in die Arme. Die Kälte in seinen Zügen machte ihr Angst und wieder einmal wünschte sie sich inständig, dass Harry endlich aufwachte, um wenigstens diese Verzweiflung von Rons Schultern zu nehmen. Ron kam ihr nicht entgegen. Steif hielt er seine innere Distanz, doch Hermione ließ ihn nicht los. "Hör mir zu! Bitte! Ich weiß, dass du Malfoy verabscheust und wir beide wissen, dass Harry ihn auch nicht leiden kann! Ich kann es auch nicht! Er ist ein Slytherin und eine Ratte, sein Vater ist ein Todesser und er selbst wollte auch einer werden! Aber er war keiner! Er war nicht mit diesen Ungeheuern da draußen unterwegs und hat Unschuldige getötet." "Er hätte, wenn er die Chance dazu gehabt hätte!", beharrte Ron dumpf. "Vielleicht, vielleicht auch nicht. Das wissen wir nicht, denn er hatte nicht die Gelegenheit, es zu versuchen! Die hatte keiner von Slytherin! Auch keiner von den Ravenclaws, deren Verwandte Todesser waren oder von...", hier schwang noch immer Empörung in ihrer Stimme, "...Gryffindor! Wir haben nicht das Recht, sie für ihre Ansichten zu verurteilen. Ron, dieser Krieg ist vorbei! Er hat viele Opfer gekostet und viel Leid über dieses Land gebracht, aber er ist vorbei und der Unnennbare für immer besiegt! Es ist vorbei!" Sie starrte auf Rons gesenkten Kopf und wollte nichts lieber, als ihn fest in die Arme zu nehmen und seine Traurigkeit zu verjagen, doch er ließ sie nicht, schon seit Tagen nicht mehr. Es dauerte eine Ewigkeit, bis er antwortete: "Das alles weiß ich, Mione! Mag sein, dass dieser Krieg vielleicht vorbei ist... mag auch sein, dass wir mit den Opfern leben müssen, aber... aber ich kann es einfach nicht ertragen, dass... dass Harry hier so liegt und alle sagen, er wird nie mehr aufwachen, während Malfoy... das verdammte Frettchen... und all die anderen Verräterbastarde einfach so weiterleben dürfen!" "Glaubst du, dass Harry das so wollen würde?", entgegnete sie gnadenlos. "Was?" "Dass du seinetwegen mit der ganzen Welt haderst? Ungerecht, gemein und fies bist? Glaubst du, dass er das so wollen würde?" Ron starrte sie ungläubig an. "Harry hat diese beiden kleinen Slytherins beschützt, als sie von größeren Mädchen attackiert worden sind, Ron, weil er wusste, dass sie nichts dafür können! Glaubst du wirklich, er fände richtig, was du tust?" Es war fies, das wusste sie, doch sie musste ihn zur Vernunft bringen, egal mit welchen Mitteln. "Ich will auch, dass er zurückkommt, Ron, ich wünsche mir nichts so sehr, als dass er endlich wieder aufwacht, aber... aber deswegen müssen wir trotzdem lernen zu vergeben. Erst dann kann es weiter gehen! So glaub mir doch!" Wieder einmal schossen ihr die Tränen in die Augen und unwillig wischte sie sie weg, doch sie hörten nicht auf zu fließen. Sie wusste, dass Harry der Grund dafür war und sie schaffte es einfach nicht, das abzustellen, egal, wie ungelegen ihr das gerade kam, denn Ron stand auf und nahm sie trotz all der Verbände, in die er gehüllt war, in die Arme. "Ist ja gut, Mione! Ist ja gut!" "Bitte Ron, Harry zuliebe, hör auf so mit dem Schicksal zu hadern! Es muss weiter gehen!", schluchzte sie leise. Ron verzog resigniert das Gesicht. Hermione zu widerstehen, wenn sie weinte, war unmöglich. "Ich werde es versuchen!" "Versprich es mir!", schluchzte sie. Er musste endlich aufhören, sich einzuigeln. Er musste ihre Hilfe und ihren Trost annehmen, sonst wusste sie nicht mehr weiter. Sie wollten ihren Ron zurück, genauso, wie sie Harry zurück wollte. "Versprochen!", kam unwillig die Antwort. "Versprich mir, Malfoy nicht mehr zu provozieren!", setzte sie dann jedoch unbedacht nach, froh, dass er wenigstens versuchen wollte, diese Krise hinter sich zu lassen. "Was?", fuhr er sie hart an und schob sie von sich. Noch immer schimmerten Tränen auf ihren Wangen und ihre Augen waren gerötete. Es gab Ron einen Stich, doch das änderte nichts. Draco Malfoy würde zahlen - für alles, was er den Weasleys jemals angetan hatte und dabei war es ihm egal, ob er etwas mit dem Tod von Rons Brüdern zu tun hatte. Hier ging es ums Prinzip und Ron, wusste trotz aller schmerzhaften Konsequenzen, dass er den wunden Punkt des Frettchens gefunden hatte. "Vergiss es, Hermione!", blaffte er, als sie schwieg. Das würde er nicht versprechen. "Ron! Bitte." "Nein!", abrupt ließ er sie los und Mione spürte, wie er sich wieder verschloss, doch sie konnte nicht aufgeben. "Ron... irgendwann muss es vorbei sein!", flehte sie. "Nein!" Er hatte nicht die Absicht, nachzugeben und wieder stieg der Ärger in Hermione auf. "Ach, dann geht es also gar nicht um Bill und Percy? Es geht nur um deine ganz persönliche Vendetta gegenüber Malfoy!" Ron funkelte sie kalt an. "Da kannst du von mir denken, was du willst Mione, Malfoy ist ein Bastard und er hat verdient, was er kriegt! Egal, was du mir von vergeben erzählst!" Und damit wandte er sich ab, ging zu seinem Bett, legte sich hin und ignorierte sie. Wieder spürte sie die Tränen in den Augen brennen und ihr Blick wanderte flehend zu Harry. Wenn er doch nur endlich aufwachen würde. Dann würde auch Ron sicher wieder zu Sinnen kommen - und ihr Leben hörte auf im freien Fall aufs Chaos zuzustürzen. Resigniert legte sie den Tarnumhang wieder um ihre Schultern, um zu gehen, doch bevor sie die Tür hinter sich zu zog sagte sie leise: "Ich kenn dich nicht mehr, Ron! Warum tust du mir das an? Als wäre das alles nicht schon schlimm genug." Ron antwortete nicht und als er hörte, wie die Tür sich schloss, kniff er die Augen zu, um seine eigene Verzweiflung mit aller Macht abzuwürgen. * * * Das Rauschen der Brandung - stetiges auf und ab. Weiß - hell und licht. Immer wieder driftete das ferne Geräusch an seine Ohren, wie Wellen auf weißem Strand. Es war seltsam vertraut und doch so fremd, dass es ihm unwirklich vorkam. Fernes Rauschen, mal lauter, mal leiser. Jubelndes Getöse und verzweifeltes Geheul. Es dauerte eine Weile bis er begriff, was es war Quidditch. Jemand spielte Quidditch, und die Zuschauer taumelten hin und her zwischen Begeisterung und Verzweiflung. Harry schlug die Augen auf. Die Krankenstation war still. Draußen schien strahlend die Maisonne und frische, milde Luft strömte durch die weit geöffneten Fenster. Es war ein wunderschöner Tag für ein Quidditchspiel und aus der Ferne trug der sanfte Wind gelegentlich den Jubel oder das Geheul der Zuschauer herüber. Slytherin spielte gegen Hufflepuff und die Fronten waren klar. Ginge es nach drei Häusern von Hogwarts musste Hufflepuff gewinnen und Slytherin in den Boden gestampft werden. Dobby interessierte das nicht. Sein Auftrag war es auf Harry Potter Sir acht zu geben und das tat er. Als Harry die Augen aufschlug klappte dem treuen Hauselfen fassungslos die Kinnlade herunter. Damit hatte er nicht gerechnet. Harrys Blick erfasste verschwommen seine Umgebung. Er brauchte eine Weile um zu begreifen, dass er auf der Krankenstation war. Warum war er auf der Krankenstation, wenn draußen Quidditch gespielt wurde? Er brauchte seine Brille. Seine Hand fühlte sich an wie Blei, schwer und kraftlos. Leise keuchend ließ er sie wieder sinken. Das war ganz klar zu anstrengend. "Harry-Potter-Sir!", drang eine vertraute Stimme an sein Ohr. Dobby hatte die Spinnenfinger über den Mund geschlagen und brachte diese paar Worte vollkommen entgeistert heraus. Selbst er hatte aufgegeben daran zu glauben, dass Harry wieder aus diesem Koma erwachte. "Dobby!" Harrys Stimme war heiser und fühlte sich ungewohnt an. "Gewiss, Harry Potter Sir, gewiss! Dobby ist da! Was kann Dobby für Euch tun?" "Wasser!", es war eigentlich nicht sein erster Gedanke. Er wollte wissen, wer Quidditch spielte, doch seine Stimme funktionierte nicht und selbst dieses eine Wort tat ihm in der Kehle weh. Dobby hopste von seinem Hocker und einen Moment später spürte Harry ein Glas kühlen Wassers an seinen Lippen. Es fiel ihm schwer zu schlucken, so, als sei er es nicht mehr gewohnt. Doch das war nebensächlich. "Wer spielt?", brachte er nun endlich heraus, doch Dobby ignorierte ihn vollkommen, so aufgeregt war er. "Dobby muss Professor Dumbledore informieren. Geht es Harry Potter Sir gut?" "Ja... wer...", Harrys hatte das Gefühl, Sand gegessen zu haben, so rau und schmerzhaft war jedes Wort. Er begann zu husten und Dobbys eh schon verschreckter Blick wurde besorgt. "Dobby muss jetzt Professor Dumbledore und Madam Pomfrey holen! Dobby es versprochen hat! Kann Dobby Harry Potter Sir allein lassen?" "Sicher!", brachte er angestrengt heraus. Das interessierte ihn eigentlich im Moment überhaupt nicht. Er wollte wissen, wer Quidditch spielte. "Dobby..." "Dobby ist gleich wieder da... Harry Potter Sir bleiben, wo er ist!", und mit einem Plopp war der Hauself verschwunden. Harry schloss erschöpft die Augen und seufzte leise. Was hatte er von Dobby erwartet? Was war hier überhaupt los und wer spielte da verdammt noch mal Quidditch? Er fühlte sich furchtbar und wollte eigentlich nichts weiter, als wieder einzuschlafen, doch das Quidditchspiel ließ ihm keine Ruhe. Er musste wissen, wer spielte und verspürte einen Anflug von Panik, wenn er daran dachte, dass es möglicherweise seine Mannschaft war. Mühsam machte er einen weiteren Versuch seine Hand zu heben, um nach seine Brille zu suchen. Diesmal schaffte er es und fand sie auf dem Nachttisch. Als er sie dann endlich auf der Nase hatte, fühlte er sich gleich viel wohler, doch es machte das Aufrichten im Bett nicht einfacher. Er konnte sich nicht erinnern, sich jemals so am Ende gefühlt zu haben. Wieso war er so am Ende? Was war verdammt noch mal mit ihm passiert? Endlich aufrecht im Bett musste er mit den Händen nachhelfen, um seine Beine über die Kante zu bewegen. Harrys Gesicht verzog sich grimmig. Das war demütigend. Als er dann endlich auf seinen eigenen Beinen stand, wollte er sich eigentlich nur noch wieder hinlegen. Er ignorierte es. Er musste wissen, wer da draußen Quidditch spielte. Wenig später hatte er es bis zum Fenster geschaffte, die Finger fest in den hölzernen Rahmen gekrallt, um auf den Beinen zu bleiben. Wieder flog Jubel herüber... laut und tosend. Ein Grinsen schlich sich auf Harrys Lippen. Es fühlte sich so vertraut an, doch dann folgte das Geheul... und es schwoll ebenfalls zum Tosen an. Solches Geheul war nur zu hören, wenn Slytherin gewann, denn dann waren alle außer den Slytherins selbst in schlechter Stimmung. Hatte Malfoy es also wieder einmal geschafft! Es war einerseits deprimierend und andererseits eine Erleichterung, denn Harry wusste, dass er sein Spiel gegen Malfoy schon abgeliefert hatte. Der blonde Bastard hatte wie gewohnt verloren und das gab ihm ein gutes Gefühl. Gegen ihn würde Malfoy niemals eine Chance haben und das Grinsen auf seinen Lippen war schief und selbstzufrieden, doch dann nahm er seine Umgebung wahr und das Grinsen verflog. Draußen schien strahlend die Sonne. Der Frühling hatte klar seinen Spuren auf den Ländereien von Hogwarts hinterlassen. Frühling? Vögel zwitscherten, Bäume zeigten ihr frisches Grün, die Sonne küsste sein Gesicht und der Wind streichelte seine Wangen. Kälte, Nebel und tief stehende Sonne geisterten durch seine Erinnerung. Harrys Blick wanderte in Richtung des Quidditchfeldes, sein Verstand versuchte sich wieder darauf zu konzentrieren. Slytherin hatte gewonnen, doch Harry würde Malfoy nicht die Chance geben den Pokal zu gewinnen. Ein zitronengelber Schmetterling flatterte an seinem Fenster vorbei und Harrys Finger krallten sich in den Rahmen, als er spürte, wie seine Beine unter ihm nachzugeben drohten. Trockenes Laub und Nieselregen - Krähen im Nebel - Herbst. Warum kam ihm all das so falsch vor? Einen Augenblick später gaben die Beine unter ihm nach, begann dunkler Nebel ihn einzuhüllen und der schwarzhaarige Gryffindor brach zusammen, erneut in tiefer Ohnmacht versunken, die sich beinahe wie Erlösung anfühlte. * * * Als Harry die Augen das nächste Mal aufschlug sah er sich einem sehr ernst dreinschauenden Albus Dumbledore gegenüber. "Pro.. fess... Professor..." "Nicht sprechen, Harry, deine Stimmbänder sind ein wenig aus der Übung!", der Schulleiter wandte den Blick, "Severus... den Trank bitte!" Severus Snape reichte Albus Dumbledore nervös eine Phiole. Seit der Hauself auf der Lehrertribüne am Quidditchfeld aufgetaucht war, standen alle unter Strom, doch so nervös, wie er war wohl keiner, denn während Madam Pomfrey und Professor McGonagall zwar besorgt, aber trotzdem hoch erfreut waren, wusste er, was auf dem Spiel stand und fragte sich, wie er sich nun verhalten sollte. "Wir wollten dir diesen Trank für deine Stimme nicht einflößen, während du bewusstlos bist!", meinte Dumbledore inzwischen und hielt ihm die Phiole an die Lippen. Sein Blick war ungewohnt ernst und forschend. Das war das Erste, was Harry auffiel, während er den Kopf hob und den honigsüßen Zaubertrank schluckte, der seine offenbar ein wenig aus der Übung geratenen Stimmbänder wieder in Schwung bringen sollte. Wärme durchflutete ihn, als die Flüssigkeit seinen Magen erreichte. Es musste wohl ein wenig mehr, als ein gewöhnlicher Trank gegen Halsschmerzen gewesen sein. "Was ist passiert?", brachte er dann schon viel leichter heraus. "Du fragst mich, was passiert ist?", diesmal war der Blick des Schulleiters beinahe stechend. Das war das Letzte, womit er gerechnet hatte. Er konnte Professor Snape aus dem Augenwinkel heraus die Stirn runzeln sehen. Sollte da...? "Warum bin ich auf der Krankenstation?" Der Trank, den Severus da zusammengebraut hatte, schien hervorragend zu wirken. Harry war ohne Zweifel ungeduldig. "Und wer hat Quidditch gespielt?" Das brachte das altvertraute Schmunzeln auf Dumbledores Lippen. Es sah ganz so aus, als habe er sich umsonst solche Sorgen wegen Harrys Erwachen gemacht. Der Junge schien ganz der Alte zu sein. "Hufflepuff hat gegen Slytherin gespielt!" "Und verloren?" Ein Nicken des Schulleiters war die Antwort. Severus Snapes Miene wurde grimmig. Harry Verhalten irritierte ihn. "Harry, woran erinnerst du dich?", kam Professor Dumbledore Augenblicklich auf den Punkt. Harrys Augen kniffen sich zu schmalen Schlitzen zusammen, als er offensichtlich über diese Frage nachdachte und dann ein wenig unsicher zu antworten begann. "Ich..." Was war das? Was war mit ihm los? "Ich... ich weiß nicht genau!" Er wusste gar nichts um genau zu sein und er verstand absolut nicht, warum Dumbledore ihm diese Frage stellte. Ein Bild blitzte in seiner Erinnerung auf. Rons seltsames Benehmen im Hogwartsexpress, als er begriff, dass Hermione in diesem Jahr Vertrauensschülerin sein würde und auch an ihren verletzten Gesichtsausdruck erinnerte er sich ganz genau. Mit etwas Mühe erinnerte er sich dann auch an das Festmahl zum Schuljahresbeginn und den Sprechenden Hut. "Welchen Tag haben wir?" Etwas stimmte hier ganz und gar nicht, aber er konnte nicht definieren was, und Dumbledore wollte ihm offensichtlich nicht antworten. "Harry, bitte sag mir zuerst, woran du dich erinnerst!", hakte er gerade sanft aber entschlossen nach. Harry versuchte sich zu sammeln und seine Besorgnis zu ignorieren. "Ich weiß es nicht genau!" Sein Blick wanderte zum Fenster. Noch immer konnte man sehen, dass es ein strahlend schöner Tag war, obwohl die Sonne sich dem Horizont näherte. Und dann fiel ihm ein, was er gesehen hatte, vorhin, am Fenster. Es war Frühling. "Was ist passiert?", seine Stimme klang bei dieser Frage hohl und Furcht ergriff von seiner Seele Besitz, Furcht, wie er sie noch nie verspürt hatte. "Harry?" "WAS ist passiert?", Harrys Blick war dunkel, als er Dumbledore bei dieser Frage fixierte. Da war er, der Anflug auf den Severus Snape wartete, seit Dumbledore Harry aufgeweckt hatte. Der Schulleiter, der sich die ganze Zeit ein wenig zu Harry gebeugt hatte, richtete sich auf. Was jetzt geschah, gefiel ihm nicht. Da waren Anzeichen, die er früher nie bei Harry bemerkt hatte. Dieser herrische Ton war neu und die Undurchschaubarkeit, die er an den Tag legte, ebenfalls. Er wollte nicht nachgeben, nicht herauslassen, was ihm durch den Kopf ging. Es hatte Zeiten gegeben, da war Harry Potter für Albus Dumbledore ein offenes Buch gewesen, doch die waren offenbar vorbei. "Wir haben den 10. Mai 1997, Harry!" Das brachte ihm Harrys volle Aufmerksamkeit und diesmal war sein Blick offen geschockt und fassungslos. "Harry, bitte! Woran kannst du dich erinnern?" Harrys Begriffsvermögen war wie betäubt und seine Antwort kam automatisch: "An den Hogwartsexpress.... und das Festmahl! Und an ein Quidditchspiel!" Das stand ihm erschreckend deutlich vor Augen. Ein richtig fiese Spiel gegen Malfoy - und er hatte Malfoy erfolgreich fertig gemacht. Das war jedoch alles und wieder wurde sein Blick dunkel und unlesbar. Er konnte nicht fassen, was er von Dumbledore gehört hatte, denn es hieß, dass seine letzten Erinnerungen beinahe zwei Jahre zurück lagen? Was war hier passiert? Verständnislos starrte er den Schulleiter an und bemerkte nicht, wie Severus Snape sich abwandte und zu einem der Fenster ging. Snape konnte es nicht fassen und versuchte sich zu sammeln, während Dumbledore sich einen Stuhl zu Harrys Bett heran zog, um zu erklären, was geschehen war und Madam Pomfrey begann, um ihn herum zu wuseln, einen Analysezauber nach dem anderen zu sprechen und den Jungen auf Herz und Nieren durchzuchecken. Quidditch! Das konnte doch alles nicht wahr sein. Dieses denkwürdige Quidditchspiel im November '95 war das letzte, woran Harry sich erinnern konnte. Der Meister der Zaubertränke konnte es nicht glauben. Er hatte alles vergessen. Harry hatte alles vergessen. Das musste er erst einmal verarbeiten, obwohl er sich vollkommen darüber im Klaren war, was geschehen war. Es waren nur noch die Erinnerungen des Abbildes, die er da aufzählte, doch warum verdammt noch mal war auch davon soviel verloren? Er konnte verstehen, dass die Erinnerungen des Herrn der Zeit verschwunden waren, doch das auch seine Zeit mit Draco Malfoy vollkommen verloren gegangen war, ging nicht in seinen Kopf. Severus wusste zwar, dass der Herr der Zeit einen Teil dieses Abbildes erwischt hatte, als er ihn attackierte, und es sah ganz so aus, als habe er das Abbild von den neuesten Erinnerungen rückwärts zerstört, doch das es so viel sein könnte, hatte er nicht erwartet. "Harry, bist du damit einverstanden, dass ich einen detego memorabilis mit dir durchführe?" Das brachte Snapes Aufmerksamkeit zum Geschehen an Harrys Bett zurück. Er fixierte den schwarzhaarigen Jungen, der sich so überraschend unter seinen eisigen Panzer geschlichen hatte und hoffte plötzlich, dass Dumbledore mehr ans Licht zerren konnte - mehr von dem, was wichtig war - mehr für den jungen Malfoy, der so hart mit seinen eigenen Erinnerungen kämpfte. Der Herr der Zeit würde sich weigern, das wusste er, doch Harry nickte nur und jeder Fetzen Hoffnung erlosch fürs erste. Er war nicht mehr der Herr der Zeit. Er hatte ihn erfolgreich vernichtet. Das war natürlich ein großer Vorteil in Anbetracht der Gefährlichkeit dieser Kreatur, doch warum hatte er auch vernichtet, was ihm monatelang das Wichtigste gewesen war? "Natürlich!", antwortete Harry gerade und es war nicht zu übersehen, dass er noch immer absolut nicht fassen konnte, was passiert war. "Gut, dann lehn dich zurück, entspann dich und schließ die Augen. Ich werde versuchen, dir bei deinen Erinnerungen zu helfen! ...Können wir das Risiko eines so starken Zaubers eingehen, Poppy?" Madam Pomfrey strahlte über das ganze Gesicht, als sie antwortete: "Harry ist vollkommen wiederhergestellt, Albus! Nur ein wenig mehr essen muss er in den nächsten Wochen!", setzte sie mit einem Augenzwinkern in Harrys Richtung nach. Die Freude über sein Erwachen war der Schulkrankenschwester anzusehen und er managte ein schiefes Grinsen. Ihm war die ganze Sache alles andere als geheuer. Eineinhalb Jahre, die ihm auf Grund eines Zeitbannes vollkommen fehlen sollten! Das konnte ja wohl nicht wahr sein. Und dann hätte ihn der schwarze Lord am Ende beinahe doch noch geschafft. Er konnte nicht glauben, dass Voldemort tatsächlich für immer vernichtet war. "Bist du bereit, Harry?" "Ja!" Er ließ sich in die Kissen zurückfallen, schloss die Augen und wartete. Einen Moment später hörte er Albus Dumbledore den Zauber sprechen, den er versuchen wollte, um seine Erinnerung aufzufrischen, doch als er spürte, wie Dumbledores Geist versuchte, in seinen Verstand einzudringen, versetzte ihn das augenblicklich in höchste Alarmbereitschaft. Er konnte regelrecht fühlen, wie etwas in ihm alle Abwehrmechanismen in Gang setzte, um das zu verhindern und hörte Dumbledore erschreckt keuchen. Entsetzt riss er die Augen wieder auf. Der Schulleiter war ein wenig zurückgewichen, so, als habe Harry ihn von sich gestoßen. "Harry! ...Du ...du darfst dich nicht zur Wehr setzen!", brachte er sichtlich schockiert heraus und hatte Mühe sich zu sammeln. "Ich hab mich nicht gewehrt!", entgegnete Harry heftiger als nötig und wusste doch, dass er sich gewehrt hatte. "Nicht absichtlich!", setzte er darum nach. Dumbledore betrachtete ihn mit ernstem Blick. Er wusste noch immer nicht, was er von der ganzen Sache halten sollte. Harry machte nicht den Eindruck, als wolle er sie alle täuschen. Er wirkte im Gegenteil vollkommen arglos und doch hatte er sich aufs heftigste gesträubt, ihn in seinen Verstand blicken zu lassen. Er musste diesen Zauber machen. Erst dann konnte er Gewissheit haben, dass es wirklich vorbei war. "Dann versuche es bewusst zuzulassen! Du kannst mir vertrauen, Harry! Ich will dir nicht schaden!" "Einen Moment, Professor Dumbledore!" Snape tuschelte mit Madam Pomfrey und die Krankenschwester machte ein düsteres Gesicht, doch sie nickte. "Madam Pomfrey hat einen Trank, der sicher zu Mister Potters vollkommener Entspannung beitragen kann!" Ungerührt erwiderte Severus Harry giftigen Blick, während Madam Pomfrey etwas aus ihrem Büro holte und dem Schulleiter hinhielt. Dumbledore war nicht begeistert, doch möglicherweise war es von Vorteil, wenn Harrys unbewusste Abwehr vollkommen ausgeschaltet wurde. "Gut. Versuchen wir es so!" Er reichte die Phiole Harry und dieser war sichtlich unglücklich darüber innerhalb einer halben Stunde gleich zwei Tränke Snapes schlucken zu müssen, doch er hatte den deutlichen Eindruck, als sei es Dumbledore sehr wichtig - und er wollte auch selbst unbedingt wissen, wieso er so viel vergessen hatte. Er schluckte den Inhalt der der Phiole in einem Zug und spürte augenblicklich, wie die Welt um ihn herum ein wenig verschwommen wurde. "Shit!", rutschte es ihm heraus. Es war wie Nebel, der sich in seinem Kopf ausbreitete und er fühlte sich gefährlich wehrlos, doch es wurde noch schlimmer. Ein paar Augenblicke später fühlte er sich wie betäubt. Wie sollte er so noch erkennen, was Dumbledore möglicherweise ans Licht zerrte? "Keine Sorge, Mister Potter! Das trägt nur zu ihrer Entspannung bei!", schnarrte Snape und wusste, dass es Harry im Ernstfall auch ausbremsen würde, sollte Dumbledore Dinge finden, die ihm nicht gefielen. Der Trank betäubte sein Nervensystem fast vollkommen und auch sein Bewusstsein wurde eingeschränkt, während er trotzdem wach blieb. "Gut, versuchen wir es noch einmal! Lass es bewusst zu, Harry!" <...eine weitere Ohrfeige, wie gerade eben vertrage ich nämlich nicht!>, setzte er in Gedanken nach. Harry hatte ihn so hart geblockt, dass er wirklich schockiert war, auch wenn nichts Außergewöhnliches an der Kraft gewesen war, die Harry verwendet hatte. Es zeugte nur von seinen unglaublichen Fortschritten, auch wenn er sich dessen nicht bewusst war. Harry schloss zum zweiten Mal die Augen und er war diesmal beinahe dankbar dafür. Snapes Trank musste eine Droge enthalten haben. Er fühlte sich wie berauscht. Wieder hörte er Dumbledore seinen Zauber sprechen und diesmal waren alle Türen in seinem Kopf weit offen, als Albus Dumbledore begann in seinem Kopf spazieren zu gehen. * * * "Es ist das Abbild!" Severus starrte aus Dumbledores Bürofenster, noch immer ein wenig fassungslos darüber, dass alles andere in Harrys Kopf offenbar vollkommen ausgelöscht war. Dumbledore starrte ins Leere. Er hätte nicht zufriedener sein können, mit diesem Ergebnis seines Zaubers. Vom Herrn der Zeit war in Harrys Kopf nichts mehr zu finden. "Kann er es verbergen? Absichtlich oder unabsichtlich, ich weiß nicht!" Severus schaffte es ganz einfach nicht, die Hoffnung loszulassen. Er konnte nicht begreifen, dass von dem, was Harry durchgemacht hatte nichts mehr da war - nicht einmal seine Gefühle für Draco. "Das wäre möglich, könnte er die Perfectio-Magie beherrschen, doch ich kann davon nichts spüren! Ich kann in Harrys Kopf nur noch das finden, was in Ihrer Seele verborgen gewesen war!" "Pf." Ein zerstörtes Abbild - eine schale Hülle von dem, was Harry in Severus' Augen inzwischen ausmachte. Warum hatte der Herr der Zeit es nur zerstört? Warum hatte er ihm nicht wenigstens Draco gelassen? Für den jungen Malfoy war alles verloren. Dumbledore stand auf. "Severus, ich weiß, was sie denken! Ich weiß auch, dass es für Mister Malfoy tragisch ist! Und wir wissen nicht, ob sich an Harrys Einstellung gegenüber Mister Malfoy wirklich nichts mehr ändert! Konnte es einmal so weit kommen, kann es das auch wieder!" "Er wird ihm niemals eine Chance dazu geben!" Die deutlichste Erinnerung in Harrys Kopf war das Quidditchspiel. Sein Hass-Level auf Draco war niemals zuvor so hoch gewesen - etwas, das Severus Snape nicht wirklich wunderte bei dem, was zwischen den beiden zuvor vor sich gegangen war - und doch war es eine Katastrophe für Draco. "Ich glaube Sie sollten es auch noch von einer anderen, in meinen Augen viel wichtigeren Seite sehen, Severus! Sie kennen Harry... besser als jeder andere... Sie wissen, was er durchgemacht und wie sehr er darunter gelitten hat! Ich denke, wir sollten es als Chance betrachten - als Harrys Chance, ohne diese grausame Vergangenheit leben zu können!" Severus wusste, dass Dumbledore Recht hatte. Für Harry hatte nichts Besseres passieren können! Er musste nicht mehr durch die Hölle dieser Erinnerungen, musste diese Qual nie mehr spüren, die er empfunden hatte, als er in Stanz ganze Reihen finsterer Kreaturen niedergemetzelt hatte. Er wusste, dass es besser so war und doch tat es weh, denn gleichzeitig hatte er etwas verloren, was ihn gegen alle Erwartungen bis zum Schluss hatte durchhalten lassen - eine Liebe, die sogar die dunkelste Finsternis überstanden hatte. Er schloss einen Moment lang die Augen und zog gedanklich einen Schlussstrich. Es war vorbei. Harry war nicht mehr der, den er kannte - er würde es nie mehr sein - doch Draco hatte mehr verloren und er musste es ihm sagen. "Wann werden Sie es den Schülern sagen?" Die Gerüchte schwirrten schon seit Stunden durch die Schule. Alle wussten, dass Harry erwacht war, doch niemand wusste, wie es ihm ging. "Beim Abendessen!" Severus wandte sich ab und ging zur Tür. "Dann ist es wohl Zeit, dass ich Mister Malfoy informiere!" Dumbledore nickte nur, als er das Büro verließ. So bitter es sein mochte, für Harry war es das Beste so. Davon war er vollkommen überzeugt und er wusste, das Aurelia Bones über diese Entwicklung sehr froh sein würde, denn was auch immer es bedeutete, dass Harry Potter der Herr der Zeit war - sie würde froh sein, dass diese finstere Kreatur nicht mehr existierte. * * * "Draco, Professor Snape sucht dich!" Greg Goyle warf einen vorsichtigen Blick durch die zugezogenen Vorhänge von Dracos Bett. Es war eigentlich nicht seine Art, doch sie fanden ihn nicht und Greg gehörte zu den wenigen, die bemerkt hatten, das Draco nicht mehr derselbe war. Sein Boss hatte sich von ihm entfernt. Das hatte er schon, bevor sie unter diesem Zeitbann eingesperrt worden waren, doch inzwischen, schien es immer schlimmer zu werden. In Gregory Goyles Welt war nichts mehr so, wie er es immer gewohnt gewesen war. Sein Vater saß im Hochsicherheitstrakt des Ministeriums und war ein Squib. Seine Mutter war und blieb verschwunden und er hatte die Hoffnung aufgegeben, sie jemals wieder zu sehen. Er wusste noch immer nicht so genau, was er von dieser neuen Welt halten sollte und noch weniger wusste er, was er von Draco halten sollte. War er vor dem Zeitzauber bösartig und eisig gewesen, so schien er nun manchmal regelrecht verloren. Nicht wirklich ein Wunder? Immerhin hatte er vermutlich noch ein wenig mehr verloren, als er selbst. Draco öffnete die Augen. Das war der Moment, den er fürchtete, seit er Dobby auf der Lehrertribüne gesehen hatte. Das bisschen Freude, dass er über seinen Sieg empfunden hatte, war augenblicklich verschwunden und die Furcht hatte sich in ihm breit gemacht. Furcht davor, was Harry von ihm denken könnte. Sein Blick war entsprechend kalt, als er Greg ansah. Sein Freund schrak ein wenig zurück - wohl wissend, dass er etwas getan hatte, was Draco gar nicht leiden konnte. Umso mehr überraschte ihn Dracos Reaktion. "Ich komme!", gab er nur leise von sich, als er aufstand seine Sachen richtete und nach seinem Schulumhang griff. Greg sah ihm nach, als er den Schlafsaal verließ. Das war nicht mehr der Draco Malfoy, den er kannte. Es hatte fast den Anschein, als hätte er auf so etwas gewartet. Greg fragte sich warum - und er stellte fest, dass er diesen neuen Draco beinahe als Mensch akzeptieren konnte und aufhörte seinen fiesen Boss in ihm zu sehen. Als es an seiner Bürotür klopfte, zögerte Professor Snape länger als nötig und sein Blick blieb noch einen Moment an der Schlagzeile von vor einigen Wochen hängen. Von Black war nichts zu hören und zu sehen - weiterhin. Er hatte gehofft jemanden für Harry zu finden, doch es war nicht eingetreten und wieder einmal wusste er, dass sie froh sein konnten über dieses unerwartete Vergessen. Warum war er es dann nicht? "Herein!" Die Tür öffnete sich leise und Draco Malfoy trat ein. Darum! Darum war er nicht froh über diese Entwicklung. "Setzen Sie sich, Mister Malfoy!" Draco setzte sich, sah ihn jedoch nicht an. "Was ist passiert?" "Haben Sie die Gerüchte noch nicht gehört?" Er war davor davon gerannt. Selbst Fleur hatte er gemieden. Er wollte nicht hören, dass Harry erwacht war. Wäre alles in Ordnung, wäre er schon längst bei ihm. Es konnte nur eins bedeuten - Harry konnte ihm nicht verzeihen. Er schüttelte den Kopf, obwohl es eine Lüge war. Noch bevor er es ins Schloss und in den Schlafsaal geschafft hatte, war das Getuschel dank Dobby überall gewesen - Harry war aufgewacht. Er sollte heute einen Sieg feiern, doch er fühlte sich eher nach Beerdigung. Severus schürzte die Lippen. Es hatte keinen Sinn drum herum zu reden. "Harry ist wieder wach!" Draco schaffte es, jedwede Reaktion zu unterdrücken: "Und?" "Draco, seine Erinnerungen enden bei eurem letzten Quidditchspiel!" Der blonde Schopf schnippte hoch. Unglaube schimmerte in den grauen Augen und Severus Lippen kniffen sich zu einer dünnen Linie zusammen. Draco konnte nicht fassen, was er gehört hatte. "Er... er... er erinnert sich nicht?" "An gar nichts! Ich... ich denke, seine eigene Persönlichkeit ist mit dem Herrn der Zeit vernichtet worden! Es... sind nur die... die Erinnerungen des Abbildes, die wir bei ihm finden! Und... und...", Severus stand auf und begann auf und ab zu gehen, "... sie sind beschädigt!" Ein Bild flackerte vor Dracos Augen. Er sah, wie der Herr der Zeit Professor Snape angriff. ,Gib mir meine letzte Seele!' Er hatte nach dem letzten bisschen Harry verlangt. "Als er versuchte, mir das Abbild zu entreißen, hat er offenbar begonnen es zu vernichten. Von der neuesten Erinnerung rückwärts!" "Er kann sich nur teilweise an den Beginn des fünften Schuljahres erinnern! Die Rückkehr zur Schule, das Festmahl und die Auswahl sind noch relativ klar!" "Danach sind es nur noch Erinnerungsfetzen! Ein bisschen Unterricht! Seine Ernennung zum Vertrauensschüler! Der Ball an Halloween und..." "Die letzte und interessanter Weise deutlichste Erinnerung ist das Quidditchspiel!" Draco sammelte sich. "Geht es ihm gut?", fragte er leise. Severus Snape wandte ihm den Blick zu. Stumm. Draco saß aufrecht auf diesem Stuhl, starrte ins Leere und zeigte keine Regung. "Er ist gesund. Vollkommen wiederhergestellt. Seine Magie hat sich regeneriert und er wird am Montag wieder in den Unterricht kommen!" "Das ist gut.", kam es emotionslos zurück und Severus Bedürfnis, Zweifel an den Tatsachen zu entflammen wurde übermächtig. Das war so falsch. "Draco, hör zu..." Draco stand abrupt auf und starrte ihn an, die Augen kalt und ausdruckslos. "ICH WILL ES NICHT HÖREN! Sie wissen, dass es besser so ist... und ich weiß es auch! Danke, dass Sie es mir persönlich gesagt haben, Professor Snape, aber es ist vorbei und damit müssen... wir beide leben!" Und damit wandte er sich ab und verließ das Büro. Severus Snape starrte auf die Tür und verspürte Wehmut bei dem Bewusstsein, dass Draco Recht hatte. Es war vorbei - für sie beide. Greg schrak von seinem Bett hoch, als die Tür zum Schlafsaal aufflog. Er wusste nicht warum, doch er hatte es für besser gehalten auf Draco zu warten. Was auch immer geschehen war, sie waren einmal Freunde gewesen und er wusste, das Draco trotz all seiner Bosheit der beste Freund war, den er hier hatte. Die Tür flog genauso laut zu, wie sie aufgeflogen war und Draco stürmte wie gehetzt in den Raum. Nie zuvor hatte Greg ihn so gesehen und der erste Schluss, den er daraus zog war simpel. Draco hatte schlechte Nachrichten erhalten - sehr schlechte. Stumm sah er zu, wie Draco im Raum auf und ab zu hetzten begann, angespannt bis in den letzten Nerv, aufgewühlt, bis auf die Grundfesten. "Draco, was...!" Mit eisiger Miene fuhr sein Freund zu ihm herum. Die Worte blieben ihm im Halse stecken und er wusste, sofort, dass es besser gewesen wäre, nicht zu warten. "Raus!" "Draco... wa... wa... was ist passiert? ...Ist alles in Ordnung? Geht es deiner Mutter gut?", stotterte er, während er sich erhob und langsam in Richtung Tür schob. Noch einmal riss Draco sich mit aller Macht zusammen. Er wusste, dass er Goyle Kopfzerbrechen machte. Zuvor hatte er ihn zu mies behandelt und verjagt, doch offenbar merkte er, dass sich etwas geändert hatte. Draco konnte das nicht zulassen. Er musste wieder der Alte werden. Es war seine einzige Chance, das durchzustehen. "Ich sagte raus!" "Ich... ich geh ja schon... Aber... wenn... ich!" "Lass mich verdammt noch mal einfach allein!", brauste er auf. Er konnte niemanden mehr ertragen, jetzt nicht und wahrscheinlich nie mehr. Greg senkte den Blick und ging zur Tür, doch er hielt noch einmal inne. "Was auch immer du glaubst! Ich bin dein Freund, Draco! Egal, was die anderen denken!", und mit diesen Worten verließ er den Schlafsaal, fest entschlossen, zu dem zu stehen, was er gesagt hatte. Draco starrte die Tür an und spürte, wie alle Anspannung sich auflöste und ihn leer zurückließ. "Idiot!", murmelte er. Er hatte keine Freundschaft verdient. Er hatte verdient, was er bekam. Verzweifelt wischte er sich mit den Händen übers Gesicht. Harry war wach und hatte ihn vergessen. In seiner Brust zog sich etwas so schmerzhaft zusammen, dass es ihm die Tränen in die Augen trieb. Er hatte verloren. Er hatte Harry verloren. Fest pressten sich seine Hände über sein Gesicht, um zurück zu drängen, was aus ihm hervorbrechen wollte, doch sie konnten die Bilder nicht verjagen, die seinen Verstand bombardierten. Dieser Blick. Dieser letzte Blick an diesem verdammten Tag. Diese wunderschönen grünen Augen - wie sie erloschen. Harry war erloschen - das, was sie waren, war erloschen. Harry hatte ihn vergessen und es war das Letzte, was er je mit ihm geteilt hatte. Am Ende seiner Kraft ließ er sich auf sein Bett fallen und ließ die Hände sinken. Er musste loslassen. Die Vergangenheit war nicht mehr. Er musste Harry freigeben. Leer hing sein Blick am grünen Samthimmel seines Bettes und er erinnerte sich an etwas, was Harry ihm vor einer scheinbaren Ewigkeit gesagt hatte. ,Hör auf dich meinetwegen zu verbiegen. Du bist Draco Malfoy... ein Slytherin... und das ist genau richtig so!' Warum war es so bitter? Warum hatte er das Gefühl, dass das nicht mehr stimmte? Er war kein Slytherin mehr. Er hatte dieses Haus längst weit hinter sich gelassen. Mit Harry und für Harry, doch es war vorbei. Es gab kein ,mit' Harry mehr und alles, was er noch für Harry tun konnte, war weiterzuleben - als Draco Malfoy/ Slytherin gehasst und verachtet. "Leb wohl, Harry!", flüsterte er leise, bevor er spürte, wie die Tränen über seine Wange rannen und die Augen schloss. Es tat so weh. Hatten ihn bis gestern die Zweifel in den Wahnsinn getrieben, so wusste er heute, dass es etwas viel Schlimmeres gab. Fehler konnten vergeben werden, doch Vergessen war endgültig und Harry hatte vergessen. Wie von Zauberhand schlossen sich die Vorhänge seines Bettes, als er der Verzweiflung nachgab, die ihn beherrschte, doch er fragte nicht mehr nach dem ,Warum' und dachte auch nicht mehr an ,vielleicht'. Es gab keine Antworten mehr auf seine Fragen. Die Vergangenheit war vorbei und morgen begann die Zukunft, doch heute, heute musste er Abschied nehmen. * * * "HARRY!" Hermiones Jubelschrei riss Harry am späten Sonntagvormittag aus dem Schlaf und im nächsten Moment fiel sie ihm auch schon um den Hals, während Madam Pomfrey grinsend in ihrem Büro verschwand. Sie hatte Harrys Freunden erst glaubhaft versichern müssen, dass sie ihn wirklich wecken durften. Er hatte eh lange genug geschlafen - um genau zu sein schlief er, seit Dumbledore seinen Zauber beendet hatte. "Oh Harry, Harry, Harry, ich kann es einfach nicht glauben, du bist wieder da!" Harry hatte ein wenig Mühe sich zu sammeln und sah Ron über Miones Schulter grinsen. "Mione, wenn du so weiter machst, wird er bestimmt gleich wieder ohnmächtig!", scherzte der Rotschopf. Hermione ließ sich nicht von ihm beeindrucken und drückte Harry noch ein wenig fester. "Wag es ja nicht, uns noch einmal solche Angst zu machen! Hörst du, sonst bring ich dich eigenhändig um." Die Drohung klang dank ihrer übersprudelnden Freude vollkommen lächerlich. Sie war so froh, dass er endlich wach war, dass sie gar nicht anders konnte. Mit einmal schien alles leichter - auch für Ron. "Nun lass ihn mal wieder los, Mione! Er kriegt ja keine Luft mehr.", Hermione lockerte ihre Umarmung. Sie ließ Harry aus ihrem eisenharten Griff und strahlte ihn an. Harry grinste nur schief, während Ron sich auf die Kante seines Bettes sinken ließ und seine Hand schwer auf Harrys Schulter landete "Man Kumpel, aber wirklich! Da hast du uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt!" "Sorry! War keine Absicht!" "Na ja... zum Glück ist es ja vorbei! Schätze mal es gibt keinen gefährlichen Schwarzmagier mehr, der dir noch Ärger machen können! Oder?", setzte Ron grinsend nach. Als Dumbledore gestern beim Abendessen verkündet hatte, das Harry tatsächlich wohlbehalten ins Bewusstsein zurückgekehrt war, hatte sich der Knoten, der ihm seit Wochen in der Brust saß, endlich gelöst. Sogar Malfoys Sieg war daraufhin nur noch nebensächlich gewesen. Es war vollkommen unwichtig, dass ihr Freund ein wenig vergesslich war und offenbar ein paar seiner Erinnerungen verloren gegangen waren. Die konnte man auffrischen. "Was hab ich gehört? Du hast ein paar Löcher in deinem Gedächtnis?", scherzte er und handelte sich damit einen giftigen Blick von Hermione ein. "Hör auf, Ron!" "Wieso? Das ist es doch, was Dumbledore gestern gesagt hat, oder?", schoss Ron zurück. "Das ist... das... das ist schwierig! Es ist unfair auf Harry rumzuhacken!" "Na ja... aber deswegen müssen wir die Lücken doch trotzdem auffüllen!" "Aber nicht mit der Holzhammermethode!" "Aber...!" "Kein ,aber'!" Es war Harrys Lachen, das sie unterbrach. Seine Freunde streiten zu hören war die erste einigermaßen normale Erfahrung, die er machte, seit er die Augen aufgeschlagen hatte. Alles andere war wie ein surrealer Film, mit dem er bis jetzt noch überhaupt nichts anfangen konnte. Ron und Hermione sahen ihn überrascht an, als er plötzlich anfing zu lachen und scheinbar gar nicht mehr aufhören konnte, doch dann schlich sich ein Lächeln auf Miones Gesicht, bevor sie ihn erneut umarmte. "Ach Harry, du hast ja keine Ahnung, was ich für Angst um dich hatte!... Was wir alle für Angst um dich hatten." Diesmal erwiderte Harry die ungewohnte Zuschaustellung ihrer Zuneigung. "Tut mir leid, Mione!" Ein leises Schnüffeln war die Antwort und Harrys Blick traf entsetzt Rons, denn seine Ahnung sagte ihm, dass Hermione weinte. Ron zuckte cool mit den Schultern. Er war inzwischen dran gewöhnt. Eigentlich müsste er sich Gedanken um Miones Benehmen machen, doch er tat es nicht. Er wusste, dass Hermione Harry wohl schon lange als Bruder adoptiert hatte. Was sie empfand verstand er nur zu gut. Ihm war es ähnlich gegangen, auch wenn er nicht die Absicht hatte noch einmal in Harrys Gegenwart in Tränen auszubrechen, schon gar nicht, wenn er wach war. Er hob die Hand und seine Finger verschränkten sich mit Harrys, als er mit einem schiefen Grinsen meinte. "Schätze mal, dass wird sich jetzt dann auch langsam wieder legen, oder, Mione?" Antwort bekam er keine, doch Harry deutete Hermiones Gezappel als ,Ja'. Ungelenk klopfte er ihr beruhigend auf den Rücken, nun doch ein wenig verlegen. "Ist ja gut, Mione! Es ist vorbei! Und ich bin wirklich wieder wach! Echt! ...Äh... und gegen die Holzhammermethode hätte ich, wenn ich ehrlich bin, auch nichts einzuwenden!" Das veranlasste sie zum Lachen und sie richtete sich auf, die Tränen mit dem Handrücken von ihren Wangen wischend. "Mir ist es gleich! Hauptsache du bist wieder da!" Und dann begannen sie zu erzählen, von der Zugfahrt nach Hogwarts, dem Festmahl und der Auswahl, von Harrys ,Heldentaten', Snapes Fiesheiten, von Cho, dem Quidditchspiel und dem Halloweenball und die ganze Zeit fragte sich Harry, warum das für Ron und Hermiones alles wie gestern war, während er selbst sich fühlte, als liege ein ganzes Menschenleben dazwischen. "Hallo, Harry!" Harry schrak aus dem Halbschlaf. Den ganzen Tag über war die Krankenstation von Schülern belagert gewesen. Ron und Hermione waren noch nicht mit erzählen fertig gewesen, als Harrys kompletter Jahrgang Gryffindor, die Weasleys, die Creevys und noch eine ganze Menge anderer Schüler seines Hauses auftauchten um ihn zu begrüßen. Am Ende artete es dank der Weasley-Zwillinge beinahe in einen ,Welcome back' Party aus und dass war dann der Punkt gewesen, als Madam Pomfrey alle hinauskomplimentiert hatte. Es hatte ihn nicht wirklich gestört. Er hatte soviel zum Nachdenken bekommen, dass ihm der Kopf schwirrte. Es war unmöglich gewesen zu einem logischen Schluss zu kommen, denn irgendwie war ihm alles fremd, doch gerade eben war das größte Fragezeichen in all diesen Erzählungen bei ihm aufgetaucht. Die Erinnerungen an eine... äh... Beziehung zu Cho Chang fehlte ihm komplett, doch genau die war es, die gerade fast schüchtern neben seinem Bett stand und ihn aus großen braunen Augen anschaute. Harry spürte einen Kloß im Hals und wusste nicht, was er sagen sollte. "Äh... Hi, Cho!" Er spürte ein Kribbeln im Bauch und stellte fest, dass er nicht mehr gerade aus denken konnte. Es musste wohl etwas dran sein an dem, was seine Freunde ihm erzählt hatten. Verlegen setzte er sich im Bett wieder auf und spürte, wie ihm das Blut in die Wangen stieg. Warum verdammt noch mal, erinnerte er sich ausgerechnet daran nicht? "Ich...", brachte er mit Mühe heraus, doch er konnte nicht weiter sprechen, denn Cho fiel ihm um den Hals und brach in Tränen aus. "Oh Harry... ich... als Professor Dumbledore sagte, dass... dass du vielleicht sterben würdest... ich... das... es war so furchtbar... ich musste sofort daran denken, dass... ich, Gott, Harry, ich hatte solche Angst um dich!" Verlegen nahm er sie in die Arme. Sie klammerte sich an ihn, wie eine Ertrinkende und weinte herzzerreißend. Harry kam sich ziemlich dämlich vor, denn er brachte kein Wort heraus. "Ich bin so froh, dass du endlich wieder wach bist! Ich war jeden Tag hier und hab gehofft und gebetet, dass du endlich zurückkommst! Alle haben gesagt, dass du es nicht schaffen würdest! Das hat mich wahnsinnig gemacht! Ich wollte dich nicht verlieren! Das war so unfair! Warum du? Warum ausgerechnet immer wieder du! Aber zum Glück ist es ja endlich vorbei!" Ja! Es war vorbei. Der Herr der Zeit hatte Voldemort erledigt. Das hatte ihm Dumbledore gesagt und seine Freunde hatten es immer wieder bekräftigt. Sie hatten seine verkohlten Überreste vor dem großen Eingangsportal des Schlosses gefunden, als Hogwarts endlich wieder in der Zeit war. Und vom Herrn der Zeit gab es keine Spur mehr. "Is ja gut, Cho! Ist ja gut!" Noch immer schluchzte sie an seiner Schulter und Harry wurde langsam komfortabel mit dem Gefühl sie im Arm zu haben. Cho hob den Kopf und sah ihn an. "Ich hab dich so vermisst!", gestand sie mit Tränen in den Augen und dann hob sie den Kopf ein wenig höher und küsste ihn. Harry Augen fielen zu. Es war fremd und doch vertraut. Es war schön und doch irritierend. Cho schmiegte sich an ihn, schob ihn in die Kissen zurück und küsste ihn, als bedeutete es ihr Leben. Harrys Verstand verabschiedete sich. Das war richtig so. Egal, ob er sich erinnern konnte oder nicht. Das war es, was er immer gewollt hatte, so lange er in diesen Bahnen denken konnte. Cho war in seinen Augen das hübscheste Mädchen an der Schule und sie war seine Freundin. Beherzt strichen seine Hände über ihren schmalen Rücken, liebkosten sie und zogen sie fester an sich. Das war die zweifellos positivste Überraschung dieses Abends. Die nächste war weniger positiv, denn sie erinnerte Harry stark an eine kalte Dusche. "Oh pardon! Es lag gewiss nischt in meiner Absischt zu stören!" Das war eine glatte Lüge, doch das interessierte Fleur ganz und gar nicht. Cho kam hastig auf die Beine und starrte die Französin empört an, doch sie schwieg. Harry fiel die Kinnlade herunter, als er die Halbveela in der Tür der Krankenstation stehen sah und seine Verblüffung wurde noch größer, als ihm klar wurde, dass es ihre nicht mehr so kleine Schwester Gabrielle war, sie an ihr vorbeilugte und ihn irgendwie grimmig ansah. "Fleur... Gabrielle!" Wieso wunderte er sich nicht? Er hatte keine Zeit darüber nachzudenken, denn kaum, dass Gabrielle ihren Namen hörte, stürmte sie an Fleur vorbei, schupste Cho zu Seite und fiel ihm um den Hals. "Oh 'arry! Endlisch!" Harry verspürte rosa Nebel im Kopf. Veela-Zauber. "Gabrielle du kleines Dummerschen! Das kannst du mit dem armen 'arry nischt machen!", ging Fleur dazwischen. Sie murmelte einen Zauberspruch und der rosa Nebel verzog sich. "Pardon, 'arry aber Gabrielles Zauber als Veela ist noch ein wenig stärker, als meiner. Dummes kleines Ding, das sie ist! Isch 'abe einen Gegenzauber gesprochen. Jetzt bist du immun dagegen." "Danke!", murmelte er höchst verlegen. Fleur ließ sich auf die Kante von Harrys Bett sinken und himmelte ihn an, obwohl ihr gar nicht der Sinn danach stand. Soviel zu dem Thema ,ich hab mich unter Kontrolle'. Das konnte Draco Snape erzählen, aber nicht ihr. Den ganzen Tag über war er damit beschäftigt gewesen, sich auf die ultimative Konfrontation mit seinem wunden Punkt vorzubereiten - und er hätte Fleur auch beinahe davon überzeugt, dass es ihm gelang. Ha! Von wegen! Er war halb acht in seine Gemeinschaftsräume verschwunden. Halb neun hatte er vor ihrer Tür gestanden und sie postwendend zu Harry geschickt. Etwas, wovon er sie zuvor den ganzen Tag über mit seiner Anhänglichkeit abgehalten hatte. Und dann jagte er sie mitten in der Nacht durch halb Hogwarts, um Harry endlich den obligatorischen Krankenbesuch abzustatten. Als sie jedoch gerade eben Cho so heftig mit Harry in Aktion gesehen hatte, war ihr klar geworden, warum sie so plötzlich hier her kommen sollte. Er hatte Cho auf der Karte des Rumtreibers hier gesehen. Es sah ganz so aus, als brauche Draco, was seine Konsequenz anging, ein wenig Nachhilfe. Fleur lächelte zuckersüß. Nun, sie würde ihn liebend gern unterstützen. "Wie geht es dir, mon cherie?", flötete sie, doch Harry kam gar nicht dazu zu antworten. "Ach, ich dachte Malfoy wäre DEIN ,cherie'!", schnappte Cho. "Malfoy?", platze Harry heraus. Fleurs Blick zu Cho wurde eisig. "'Cherie' ist en francais ein Kosename für einen lieben Freund und ,'arry ist ein genauso lieber Freund, wie es Draco ist!", wies sie die Schwarzhaarige in die Schranken. "Draco Malfoy?" Harry kam sich ziemlich dämlich vor. Das hatte ihm keiner gesagt. Sie hatten ihm nicht mal gesagt, dass Fleur in Hogwarts war. Warum war sie überhaupt in Hogwarts? "Non! ,'arry! Das darfst du nischt falsch verstehen, intervenierte da auch schon Gabrielle. "'arry! Isch weiß, du magst Draco nischt! Aber... aber er ist ein Freund... Er ist gar nischt so! Und er 'at es so schwer! Sein Vater wird gesucht... vollkommen zurescht, wenn du misch fragst... und seine Mutter ist verschwunden... Hoffentlich ist sie nischt tot.", setzte sie Harry emotional unter Druck und ein Bild flackerte vor dessen Augen: Narcissa Malfoy, wie sie sich in Kings Cross beinahe verzweifelt an ihren Sohn klammerte. Gabrielle fuhr fort und Fleur konnte nicht umhin, als sie für ihr Schauspieltalent zu bewundern. "Oh... isch ,'offe so se'r, dass Narcissa nischts gesche'en ist! Sie ,'atte solsche Angst um Draco! Wir 'aben sie in den Ferien vor zwei Jahren nä'er kennen gelernt! Oh... 'arry, bitte, er ist wirklich ein Freund und du bist auch unser Freund. Du ,'ast misch gerettet!" Harry war irritiert. Das sah Fleur ihm deutlich an und sie wusste auch, dass es haarig werden könnte. Harry würde sich hier und jetzt entscheiden und sie hoffte von ganzem Herzen, eine Brücke zwischen den beiden schaffen zu können. Zu allem entschlossen, schloss sie sich Gabrielles Methode an und machte noch ein wenig mehr Druck. "Isch wusste, dass du es vielleischt nischt verste'en würdest! Aber kannst du es nischt wenigstens akseptieren?" Es war schwer für eine Veela einen Bettelblick aufzusetzen, denn sie bekamen sonst immer, was sie wollten, doch Fleur kannte Harry und wusste, dass es etwas mehr brauchen würde. Er war störrisch und sie würde alles tun, um ihn als Freund zu behalten - schon allein um Dracos willen. Harry versuchte eine grimmige Miene aufzusetzen, doch er hatte das deutliche Gefühl, dass es misslang, denn Gabrielle sah ihn so erwartungsvoll an, als hinge ihr Leben davon ab. Man, hatte die Kleine sich gemacht! Nun ja. Seit dem Trimagischen Turnier waren zwei Jahre vergangen. "Muss das wirklich sein, Fleur?" Harry hatte das mit dem Bettelblick auf jeden Fall auch drauf, stellte Fleur fest, doch sie war nicht in der Position nachzugeben, auch wenn er sich ganz offensichtlich schwer in der Zwickmühle fühlte. "Ja!!", gab sie energisch zurück und setzte ihr verführerischstes Lächeln auf. Harrys Miene wurde grimmig. Er wusste, dass er es nicht schaffen konnte, den beiden etwas abzuschlagen. Dazu wusste er viel zu genau, dass ihre Freundschaft aufrichtig war. Der Gedanke diese Freundschaft mit Malfoy teilen zu müssen, ärgerte ihn gewaltig. "'arry, bitte!", bettelte Gabrielle mit treuherzigem Augenaufschlag und Harry begann an der Wirkung von Fleurs Zauber zu zweifeln. "Mein Gott! Na ja, so lange ich nicht mit ihm Händchen halten muss!" schmollte er. "Warum nischt?", das wäre genau das, was Draco sich vorstellte, doch Harry klappte fassungslos der Mund auf. "...Das war ein Scherz! Das war ein Scherz, 'arry! Entschuldige!", setzte sie nach, doch das Lachen konnte sie sich trotzdem nicht verkneifen bei Harrys schockiertem Gesichtsausdruck. "Fleur! Ich bringe damit nur eins zum Ausdruck: ich kann akzeptieren, dass du ihn als Freund betrachtest! Das heißt aber garantiert nicht, dass er MEIN Freund ist!" "Schon gut, schon gut!", beruhigte sie ihn und unterdrückte mühsam ihr Lachen. Seine Reaktion war so absolut himmlisch - wenn er doch nur wüsste, dass er schon viel mehr getan hatte, als Händchen zu halten. Das war der Gedanke, der sie auf den Boden der Realität zurückholte. Es würde schwierig werden, das hatten diese wenigen Worte ihr schon klar bewiesen. Zwischen Harry und Draco war alles beim Alten und sie hatte keine Ahnung, wie sich das jemals wieder ändern sollte. "Harry!", meldete sich Cho nun energisch zurück. Die hübsche Ravenclaw konnte nicht recht fassen, was sich hier abspielte. "Das kann doch nicht dein ernst sein!! Malfoy ist der Sohn eines Todessers... und jeder weiß, dass er immer überlaufen wollte!" Empört wollte Fleur sie erneut in die Schranken weisen, doch Harry kam ihr diesmal zuvor. "Malfoy ist ein Idiot! Er hat keine Ahnung, wovon er schwafelt und wenn sein Vater ihn in die Finger gekriegt hätte, hatte er ihn gekillt ohne mit der Wimper zu zucken." Er sah Cho an und bekam so nicht mit, wie überrascht ihn Fleur bei diesen Worten ansah. Er hatte genau das beschrieben, was geschehen war. Sie sammelte sich schnell und begann lauthals zu lachen. "Isch glaube deine Wortwahl wird ihm nischt gefallen, 'arry!" Daraufhin fiel Gabrielle in ihr Gelächter ein und es geschah, was geschehen musste. "WAS.IST.HIER.LOS?" Madam Pomfrey stand im Morgenmantel in der Tür ihres Büros und betrachtete die Mädchen Zorn erfüllt. Sie ließ sie jedoch gar nicht zu Wort kommen, um sich zu rechtfertigen. "Raus hier! Sofort. Alle drei. Mister Potter braucht Ruhe! Ab morgen steht er Ihnen allen wieder zur Verfügung, aber heute steht er noch unter meiner Aufsicht und das bedeutet, dass jetzt Schluss ist! Raus!" Niemand widersprach ihr und Fleur musste zugeben, dass ihr diese Entwicklung sehr Recht war. Harry würde noch genug Erklärungen von ihr fordern, doch die wollte sie nicht geben, so lange diese schwarzhaarige Ziege dabei war. Etwas stimmte nicht mit dieser Cho Chang, sie wusste nur noch nicht was. "Gute Nacht, 'arry!" Unverfroren gab sie Harry einen Kuss auf die Wange und Gabrielle schloss sich ihrem Beispiel an, während Cho sie wutentbrannt anfunkelte, Harry über die Wange streichelte und davon rauschte. Gleich darauf waren dann auch Fleur und Gabrielle gegangen. "Alles in Ordnung, Harry?", wandte sich Madam Pomfrey nun wieder höchste besorgt an Harry. "Ja ja!" "Schlafen sie! Es ist an der Zeit! Gute Nacht!" und damit marschierte sie wieder in ihr Büro davon. Harry ließ sich in sein Kissen fallen. Nichts war in Ordnung. Cho schmollte, Fleur war mit Malfoy befreundet und er wusste nicht einmal ansatzweise, was er von all dem halten sollte. Was ihn dabei am meisten aufregte, war, dass er Fleur nicht einmal seine dringlichste Frage hatte stellen können. Warum in alles in der Welt waren die beiden Halbveelas in Hogwarts? * * * "Morgen, Harry!", Hermiones Laune war bestens, als Ron und sie kamen, um Harry zum Frühstück abzuholen. Harry rieb sich grimmig übers Gesicht. "Morgen!" Geschlafen hatte er nach den Events am Vorabend mehr oder weniger gar nicht und zu einem Schluss war er auch nicht gekommen. Das Ganze war ihm vollkommen rätselhaft. "Hey Kumpel, was ist los? Hast du schlecht geschlafen?" Wieder einmal landete Rons Hand schwer auf Harrys Schulter. "Junge, du solltest wirklich mehr essen, du bist knochendürr! Wieso überhaupt?" "Keine Ahnung!" und es war auch vollkommen nebensächlich. Harry verjagte Cho, Fleur, Gabrielle und Malfoy aus seinem Kopf. Alles würde sich aufklären. Dafür würde er schon sorgen. Er warf sich seinen Schulumhang, den ihm Hermione vorsorglich mitgebracht hatte um die Schultern und marschierte mit langen Schritten in Richtung Tür davon. Nicht, dass er was gegen die Krankenstation hatte, doch im Moment hatte er wirklich die Nase voll davon, hier zu sein. Ron und Hermione sahen ihn ein wenig perplex an, als er sich an der Tür noch einmal zu ihnen umwandte. "Was ist? Habt ihr keinen Appetit? Ich sterbe vor Hunger! Los jetzt! Bewegt euch! Ich muss hier raus! Ich hab das Gefühl schon viel zu lange hier zu sein und wenn ihr so weiter trödelt kommt Madam Pomfrey womöglich auf die Idee, mir noch hier das Frühstück zu servieren!" und damit war er aus der Tür. Ron schüttelte grinsend den Kopf. "Sieht aus, als hätten wir ihn wieder, Mione!" Hermione konnte zu diesen Worten nur glücklich lächeln, als sie Harry nachhasteten. Ein paar Minuten später stand Harry vor der Tür zur Großen Halle und atmete tief durch. Er wusste, was ihn erwartete. Der Auflauf auf der Krankenstation hatte das nur allzu deutlich gemacht und er war jetzt schon froh, wenn die Sache endlich in Vergessenheit geriet. Warum musste nur immer er so aus der Norm fallen? "Komm schon, Kumpel! Ist doch nicht das erste Mal, dass dich alle anstarren!", definierte Ron sein Zögern punktgenau und öffnete die Tür. Harry lachte trocken. Damit hatte er wohl Recht und so akzeptierte er Rons Arm um die Schultern und ließ sich von seinen besten Freunden flankiert in die Halle schieben. Am Gryffindortisch kam Jubel auf, als Harry ohne den Blick zu heben zu seinem Platz ging und nicht wenige an den anderen Tischen schlossen sich an. "Die benehmen sich, als habe Potty den Lord selber besiegt!", konnte Draco von irgendwo an seinem Tisch jemanden tuscheln hören und er war fast sicher, dass es Theodore Nott war. , ging es ihm durch den Kopf, während er sich zwang, nicht zu ihm hinüber zu schauen. Harry hatte Voldemort besiegt. Zweimal. Einmal als Herr der Zeit und das zweite Mal, als er aufgewacht war - entgegen aller Erwartungen. Er hörte den Stuhl links von sich rucken und spürte, dass Gabrielle aufsprang. Es stand außer Zweifel, was sie vorhatte. Sie würde ihm um den Hals fallen. Draco hob kalt den Blick und starrte hinüber. Da war er - sein Harry - umgeben von denen, an die er sich erinnerte, die er tolerierte, die bei ihm sein durften. In der letzten Nacht war er zu dem Schluss gekommen, dass er es nicht schaffen würde. Er konnte Harry nicht ,Lebwohl' sagen, denn er würde für immer in seinem Herzen sein, egal, ob er sich jemals daran erinnerte. Und er würde damit leben, ganz gleich, wie höllisch die Eifersucht schmerzte. "Bonjour, 'arry!" Gabrielles Arm schlang sich um Harrys Nacken und sie gab ihm einen Kuss auf die Wange. Anzügliche Pfiffe waren die Folge und Harry wurde dunkelrot, während sie sich gar nicht stören ließ und Dean anschupste, um ihn zum Platzmachen zu animieren. Er tat augenblicklich, was sie verlangte und Harry hatte das sichere Gefühl, dass Dean rosa Nebel sah. "Morgen, Gabrielle! ...Und wo steckt deine Schwester?" "Bei Draco!" Ein wenig beleidigt hob Harry den Kopf, um nach ihr zu schauen, doch so weit kam er nicht. Sein Blick blieb an grauen Augen hängen, die ihn fixiert hatten. Der Ausdruck in diesen Augen war kalt und unbeteiligt, doch das war es nicht, was Harry sah. Er spürte nur, wie sich ein Abgrund in seiner Seele öffnete. Gefühle stürzten auf ihn ein, ließen seinen Kopf schwirren und machten ihn schwindelig. Es war unmöglich sie zu definieren, geschweige denn, sie festzuhalten. Es war wie ein greller Strudel des Vergessens und sein Herzschlag überschlug sich, während seine Hände zu zittern begannen. Harry war gefangen und wusste nicht wovon. tbc Schreibt mir Eure Meinung! Bitte, Bitte!!! Auch wenn es drohbriefe sind1 ^^° Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)