Die Frau des Henkers von Caro-kun ================================================================================ Kapitel 9: Part 9 ----------------- Leise schlich Leonora durch die menschenleeren Gassen der Stadt. Hinter sämtlichen Fenstern war das Licht bereits gelöscht worden, und die junge Frau hoffte auf einen tiefen Schlaf der Anwohner. Die Kapuze ihres schwarzen Umhangs hatte sie sich ins Gesicht gezogen, um ihr Haar zu verbergen, denn daran würde man sie mit Sicherheit als die Frau des Henkers erkennen. Und wenn das geschah, war sie des Todes und Jonathan vermutlich auch, wenn herauskam, dass sie zusammengearbeitet hatten. Noch zwei Mal musste sie abbiegen, dann konnte sie den Richtplatz vor sich sehen und die Rückseite des Justizpalastes, in dessen Wand die schmale Tür eingelassen war. Leonora schlug das Herz bis zum Hals und mit schweißnasser Hand umklammerte sie das kleine Säckchen in ihrer Rechten noch fester. * Im Trab ritt Jonathan durch den Wald, hielt sich dabei aber immer in der Nähe des Feldweges auf. Nach ein paar Minuten ließ er seinen Hengst anhalten. Der Mann stellte sich in den Steigbügeln auf, um besser durch die herabhängenden Zweige sehen zu können und kniff prüfend die Augen zusammen. Ja, da vorne war das Nordtor. Er war richtig. Von dort aus verlief der kürzeste Weg zum Richtplatz. Behände schwang sich der Henker aus dem Sattel, tätschelte Amos noch einmal kurz den Hals und band ihn dann am Stamm einer Tanne fest. Hier gab es fast ausschließlich Nadelbäume. Da würde man das herrenlose Pferd nicht sofort entdecken. Ein letztes Gebet schickte Jonathan zum Himmel, dann machte auch er sich auf den Weg in die Stadt. * Er hatte Glück. Bis auf ein paar Ratten begegnete ihm niemand. Anfangs zumindest. Doch gerade als er das Badehaus ein paar Schritte hinter sich gelassen hatte und sein eigentliches Ziel schon vor sich sehen konnte, stellte sich ihm jemand in den Weg. „So spät erst auf dem Weg nach Hause?“, fragte Robin, „Was hattet Ihr denn noch zu tun?“ Seinen anfänglichen Schrecken überwand der Henker schnell. Auf die gestellte Frage ging er jedoch nicht ein. „Und was machst du noch hier draußen?“, sagte er ruhig, versuchte seine Nervosität so gut es ging zu verbergen, „Ich hatte dich doch eigentlich auch schon vor zwei Stunden entlassen!“ „Ich hab gleich ein kleines Stelldichein mit meiner Liebsten!“, antwortete Robin wahrheitsgemäß und deutete grinsend auf ein schwach erleuchtetes Fenster. Als der Scharfrichter seinem Fingerzeig folgte, musste er kurz lachen: „Was denn? So jung und schon in Freudenhäusern unterwegs? Findest du das nicht etwas beschämend?“ „Nein, wieso denn?“, zischte der Schwarzhaarige, „Es hat eben nicht jeder Eure Privilegien die hübscheste Frau vor dem Schlachtbeil zu retten, um dann den lieben langen Tag nichts anderes mehr mit ihr zu tun!“ Am liebsten wäre Jonathan seinem Gegenüber nun mehr als nur scharf über den Mund gefahren. Was fiel diesem Kerl eigentlich ein, so eine Dreistigkeit zu behaupten? Aber er hatte weitaus wichtigeres zu tun, und auch nicht die Zeit sich jetzt mit ihm zu streiten. Darum zügelte er seinen Zorn. „Na dann viel Spaß noch!“, knurrte er bloß, schob sich grob an seinem Gehilfen vorbei und setzte seinen Weg endlich fort. Der Jüngere sah ihm lediglich kurz hinterher, bevor auch er sich abwandte, um Estelle nicht länger warten zu lassen. Sicher war es ärgerlich, dass Robin ihm gerade in dieser Nacht begegnet war, aber dennoch drohte dadurch keine große Gefahr. Schließlich konnte der Junge noch lange nicht beweisen, dass er etwas mit der Befreiung des Gefangenen zu tun hatte. Also kein Grund zur Panik. Er musste jetzt ruhig und konzentriert bleiben, wollte er keinen Fehler machen. * Träge richtete er seinen Blick zum Himmel. Es würde noch sehr, sehr lange dauern, bis die Sonne aufging und seine Wachablösung kam. Ächzend ließ er sich vor der kleinen Holzkiste nieder und schüttete erneut Wein in den Messingbecher, der darauf stand. Er könnte das Zeug natürlich gleich aus der Flasche trinken, aber dann würde sie sich noch schneller leeren und ihm eine weitere Beschäftigung fehlen. Lustlos ließ er die zwei Würfel in seiner Hand auf und nieder hüpfen. Dem Spiel war er auch schon überdrüssig geworden. Wenn doch wenigstes irgendetwas passieren würde! „Ihr seht aus, als könntet Ihr ein wenig Gesellschaft gebrauchen!“ Unwillkürlich zuckte der Soldat zusammen, als er da so plötzlich diese Stimme vernahm. Wahrscheinlich war die Müdigkeit an seinen überreizten Nerven schuld. Aus der Dunkelheit heraus löste sich eine Frau. Ihr Gesicht konnte er, der Kapuze wegen, nur ansatzweise erkennen. Überhaupt war sie dunkel gekleidet, hatte ihre Hände fast gänzlich in den weiten Ärmeln ihres Umhangs verborgen. „Kann ich Euch helfen?“, fragte der Mann vorsichtig nach. „Ich weiß nicht. Vielleicht!“, sie zuckte unschlüssig mit den Schultern, „Ich suche eine Herberge, wo ich die Nacht über bleiben kann. Könntet Ihr mir den Weg zu einer beschreiben?“ Die Wache überlegte kurz. Dass sie die Wahrheit sprach, war gewiss. Immerhin zeigte die lederne Umhängetasche die sie über der Schulter trug deutlich, dass sie auf Reisen war. „Sicher könnte ich das!“, murmelte der Mann schließlich, „Aber um die Uhrzeit wird Euch kein Wirt mehr aufmachen. Die sind doch schon längst selbst alle zu Bett gegangen!“ „Ich kann es ja wenigstens mal versuchen!“, unbemerkt war die Fremde langsam immer näher gekommen und stand jetzt direkt vor ihm. Schon lange vorher hatte Leonora die dünne Schnur, mit der das Säckchen verschlossen gewesen war, geöffnet. Jetzt war es soweit. Sie müsste nur ihre Hand unbemerkt über den Becher schweifen und das weiße Pulver hinein rieseln lassen. Unbemerkt. Nach außen hin blieb sie ruhig, innerlich fühlte es sich jedoch an, als würde ihr gleich vor Aufregung das Herz in der Brust zerspringen. „Es ist hier ja gleich eine in der Nähe!“, hörte sie die Stimme des Soldaten plötzlich wieder, „Wenn ich für Euch spreche, wird sich da mit Sicherheit etwas machen lassen!“ „Das ist wirklich sehr nett von Euch, danke! Aber“, langsam ging Leonora einmal dicht um den Mann herum, und als er ihr mit seinem Kopf folgte, schüttete sie ihm blitzschnell die Prise des Schlafmittels in den Wein, „ich denke ich komme allein zurecht!“ Jetzt stand sie wieder vor ihm, lächelte freundlich und verbeugte sich leicht: „Trotzdem vielen Dank! Eine schöne Nacht noch!“ Mit diesen Worten zog sie sich zurück, genauso lautlos, wie sie gekommen war. „Psst, Leonora!“, flüsterte Jonathan. Er hatte sich in einer der schmalen Seitengassen am anderen Ende des Marktplatzes versteckt. Erleichtert warf sie sich ihm in die Arme. „Hat es geklappt?“, fragte der Henker leise. Sie nickte nur, nicht im Stande irgendetwas zu sagen. „Gut gemacht, Liebchen!“ Vorsichtig lugte Jonathan, den Rücken an die Wand gepresst, zum Richtplatz. Schemenhaft konnte er erkennen, wie die Wache den Becher zum Mund führte und trank. „Das könnte jetzt eine Weile dauern!“, murmelte der Scharfrichter. Die Minuten des Wartens zogen sich endlos, aber irgendwann klappte der Soldat zusammen und war tatsächlich eingeschlafen. Jonathan nickte Leonora zu, zog sich nun ebenfalls die Kapuze seines Umhangs über den Kopf und gemeinsam schlichen sie zum Eingang des Gefängnisses. Der Henker vergewisserte sich noch einmal, dass der Mann auch wirklich schlief und nahm ihm den Schlüsselbund vom Gürtel. Dann wandte er sich an seine Frau. „Hör mir zu!“, sagte er ernst, „Wenn wir da drin sind, dürfen wir kein einziges Wort sprechen! Dein Vater auch nicht. Wir dürfen den anderen Gefangenen keine Hinweise darauf geben, wer wir sind! Verstehst du?“ „Ja, natürlich!“, antwortete Leonora. Sie holte aus ihrer Tasche die mitgebrachte Fackel, zündete sie an und gab sie Jonathan. Der schloss die Tür auf und dann betraten sie gemeinsam den dunklen, langen Gang. Die junge Frau schluckte hart. Zu viele schreckliche Erinnerungen verband sie mit diesem Ort. Sie griff nach Jonathans Arm und hielt sich daran fest. Der Henker prüfte die Gefangenen in jeder Zelle, die, als sie das Licht sahen, zu den Gitterstäben kamen und unruhig wurden. Bei der Fünften hatte er Glück. In ihr saß Leonoras Vater. Jonathan sperrte sie auf und der ältere Mann öffnete gerade den Mund um etwas zu sagen, doch Leonora legte sich schnell den Finger an die Lippen und auch ihr Mann hob alarmierend die Hand. Sie winkten Herrn Lerchenberg aus der Zelle, packten ihn je rechts und links an den Armen und führten ihn nach draußen. Die anderen Insassen an den Eisenstäben streckten flehend ihre Arme aus und riefen um Hilfe. Aber die drei Leute drehten sich nicht um. Sie gingen mit gesenkten Köpfen an ihnen vorbei, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen. * Sie schafften es tatsächlich Leonoras Vater unbemerkt aus der Stadt in das nahegelegene Waldstück zu schaffen. Dort gaben sie sich endlich zu erkennen. „Leonora!“, keuchte der hagere Mann, „Ich wusste es!“ Während sie ihm um den Hals fiel, band Jonathan sein Pferd los. „Ihr müsst fliehen!“, sagte er eindringlich, „Reitet am besten die ganze Nacht durch. Macht keine Pausen! Ihr müsst so weit wie nur irgendwie möglich kommen, bevor sie anfangen Euch zu suchen!“ Der Ältere neigte ehrfurchtsvoll den Kopf: „Danke!“, sagte er. Der Henker erwiderte die Geste ebenfalls mit einem kurzen Nicken. Dann schwang sich Leonoras Vater in den Sattel und galoppierte davon. Sie sahen ihm nach, bis er in der Dunkelheit verschwunden war. „Wir haben getan was wir konnten. Lass uns nach Hause gehen, Liebchen!“, durchbrach die Stimme des Henker nach einiger Zeit sanft die Stille. Auf ihrem Weg durch den Wald überfiel Leonora mit einem Mal eine bleierne Müdigkeit. Sie schlief beinahe im Laufen ein, den Kopf an Jonathans Schulter gelehnt. Ohne seinen Arm, der sie fest an sich gedrückt hielt, wäre sie vermutlich zusammengebrochen. Ihre Glieder waren schwer und mühsam setzte sie einen Fuß vor den anderen. Doch irgendwann standen sie endlich in ihrer Wohnstube. Schon fertig umgezogen für die Nacht saß die junge Frau ein paar Minuten später auf ihrem Bett und starrte wartend ins Leere. Als ihr Mann jedoch ins Zimmer kam, erwachte sie aus ihrer Trance. „Liebling!“, flüsterte sie lächelnd und streckte auffordernd ihre Hand aus. Jonathan ergriff sie, ließ sich willig von ihr in die Arme nehmen und realisierte dann überrascht, dass sie ihn auf beide Wangen küsste. „Schlaf schön!“ * Die Sonne näherte sich bereits ihrem höchsten Punkt, als Leonora am nächsten Morgen die Augen aufschlug. Sie fühlte sich erholt, streckte sich daher ausgiebig und schwang die Beine aus dem Bett. Jonathan schlief noch. Mit dem Gesicht zur Wand. Unwillkürlich musste sie lächeln. Die junge Frau stand auf, durchquerte langsam das Zimmer und setzte sich dann zu ihrem Mann auf die Bettkante. Betrachtete ihn eine Weile, während das warme Gefühl in ihrem Bauch zunahm. Irgendwann hob sie die Hand, um dem Henker dann, nach einem kurzen Zögern, durch die weichen Locken zu streichen. Vergrub ihre Finger immer wieder in seinen Haaren. Nach ein paar Minuten begann Jonathan sich zu regen. Er drehte sich auf den Rücken und öffnete benommen die Augen. „Leo?“, murmelte er verschlafen. Er wusste nicht, ob er sich das nur einbildete, oder ob es Wirklichkeit war, aber irgendwas in ihrem Blick war anders als sonst. „Was ist los?“, fragte er. Leonora schwieg, beugte sich lediglich über ihn, den Blick nicht von seinen Augen abwendend. Und dann überbrückte sie den letzten Abstand und küsste ihn. Ohne dass er etwas dagegen tun konnte, fast schon reflexartig, erwiderte der Henker. Bewegte seine Lippen gegen ihre, um immer mehr von dieser herrlichen Süße zu schmecken. Die Wärme in seiner Brust wurde intensiver, breitete sich über seinen ganzen Körper aus, floss durch jede einzelne Ader. Er schien zu schweben. Fühlte sich glücklich. Erst als sie den Kontakt lösten, dämmerte ihm, was dieser Kuss eigentlich zu bedeuten hatte. „Du …?“, keuchte der Henker fassungslos. Seine Frau nickte lächelnd. Ihre Augen strahlten und hatten sich dennoch mit Tränen gefüllt. Mit Tränen der Freude. „Ich liebe dich!“, flüsterte sie. * Sie waren jetzt seit einem halben Jahr verheiratet, aber erst in diesem Moment, als er da so völlig entblößt über ihr kniete, wurde ihr bewusst, dass sie ihn heute zum ersten Mal nackt sah. Ihre Hände begaben sich auf Wanderschaft, strichen sanft über die kurzen, dunklen Haare seiner Brust, fuhren an seinen Seiten hinab und ruhten dann für einen Augenblick an seiner schmalen Hüfte. Leonora streichelte die warme, weiche Haut seines Rückens, dann legte sie ihm ihre Finger in den Nacken und zog Jonathan in eine innige Umarmung, um ihn noch intensiver zu spüren. Er war schön! ) Ende ( Ich hasse es! Da rackert man sich einen ab, um die Geschichte so schnell wie möglich fertig zu kriegen und wenn man dann das letzte Wort getippt hat, kriegt man Magenziehen und Deprianfälle. Aber mal ehrlich: Dafür dass ich den Schluss so nebenher im Labor geschrieben hab, is der doch gar nicht mal so schlecht geworden. Ich bin auf alle Fälle zufrieden ^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)