Teru und Hinata <3 von _t_e_m_a_ ================================================================================ Kapitel 19: Als ich eine alte Bekannte wiedertraf ------------------------------------------------- Terus Sicht~ Ich konnte nicht anders als selbstgefällig zu grinsen. Ha! All die Leute, die geglaubt hatten, ich wäre ein dummer Tunichtgut. Ich hatte es ihnen allen bewiesen, ich hatte es mir selbst bewiesen! Ich war verdammt glücklich. So stolz war ich schon lange nicht mehr gewesen und dass ich so stolz war, machte mich glücklich, jeden Tag aufs Neue. Selbst Hinata hatte schon gestichelt, dass er meine Griesgrämigkeit vermissen würde. Die letzten Klausuren waren längst geschrieben, die Ergebnisse einwandfrei. Die Eignungstests für die Unis waren auch ausgewertet und in meiner Tasche befanden sich die Zusagen. Besser gesagt, nur eine Zusage. Die Zusage der Uni, an die Hinata und ich gehen würden. Zwar war es mir total egal, wo wir hingingen, schließlich wollte ich hiermit seinen Traum einer guten Universität erfüllen, aber am Ende hatten wir uns gemeinsam für diese Uni entschieden. Welch schöner Moment, als wir letzte Woche hier her kamen und den Bescheid erhielten. Ich war so glücklich, ich hatte dir mitten auf dem Gelände einen Kuss gegeben. In letzter Zeit passierten auch wirklich nur gute Dinge! Nachdem unsere Klassenkameraden dich als wichtige Wissenspumpe vor der Prüfung wiederentdeckt hatten, wurde unser Verhältnis zu ihnen wieder lockerer. So viel gemeinsame Zeit hatte es gar nicht mehr gegeben. Mittlerweile lag auch die offizielle Zeugnisverleihung hinter uns, am Abschlussball würde unsere Stufe das letzte Mal zusammen sein. Nach großem Hin und Her hatten wir beschlossen, hinzugehen. Schließlich lief es zum Schluss mit den anderen Schülern wieder gut. Die Jungs im Kendo behandelten dich wieder ganz normal und unsere Fangemeinde bestand nicht mehr nur noch aus Schwulen-Manga verrückten Mädchen. Damals, als wir nur Freunde gewesen waren, wollten die Mädels andauernd mit uns etwas unternehmen, ich hatte meine Mühe gehabt, sie los zu bekommen. Besonders du warst kläglich schlecht darin, sie abzuweisen. Ich lachte leise bei der Erinnerung auf. Ich verlangsamte meine Schritte, ließ die Blicke zu den einzelnen Läden schweifen, auf der Suche nach Schildern wie „Aushilfe gesucht“. Es war zwar noch ein Monat hin, bis wir hier eine gemeinsame Wohnung haben würden, - Wie ich mich darauf freute! Endlich weg von meinem Vater und immer die Möglichkeit, Spaß mit dir zu haben! - aber so eine Wohnung würde sich nicht selbst finanzieren und ich wollte den Semesterbeginn nicht damit verbringen, zusammen mit hundert anderen Studenten um einen Job zu buhlen. Mir fiel ein Schmuckladen ins Auge. Mit der Ausrede, nach einer Arbeit zu fragen, trat ich ein und sah mir die Auslage an. Bis mein Blick zu einer mir bekannten Person schweifte. Sie unterhielt sich mit einer Verkäuferin, drehte sich dann unbewusst in meine Richtung und jetzt gab es keinen Zweifel mehr. „Mutter?!“ Sie sah gut aus. In meiner Erinnerung war sie ein streitendes Wesen, mit einer vor Zorn verzogenen Miene und wilder Gestik. Nun war ihr Gesicht entspannt und fröhlich, eine Aura des Selbstbewusstseins und „Mir fehlt es an nichts“ umstrahlte sie. Fast schon lustig, da ich zurzeit genauso rumlief. Ihr Haar war von Natur aus so dunkelbraun, dass es schwarz wirkte und fiel ihr über die Schultern, glatt, mit einem Schnitt der sie mehr wie eine junge Frau wirken ließ. Allgemein sah sie viel jünger aus, als sie war. Ihre Kleidung war modisch und betonte ihre Figur. Wenn ich bedachte, was für ein Frack mein Vater immer mehr wurde, da war sie das komplette Gegenteil. Doch im Grunde war es mir egal, wie sie aussah. Mir war egal, wie es ihr ergangen war. Mir war es furchtbar egal, wie gut es ihr ging! Unbewusst hatte ich meine Hände zu Fäusten geballt. Mir war alles egal, was mit ihr zu tun hatte. Es brodelte in mir. Und das wurde auch nicht besser, als sie mich ebenfalls entdeckte. „Teru!“ Entzückt kam sie auf mich zu stolziert. Am liebsten wäre ich weggerannt. Ich starrte sie nur böse an, während sie mich in eine Umarmung zog. Steif versuchte ich diesen Moment hinter mich zu bringen. Sie sollte nicht so tun. Als wäre alles okay. Als wäre sie nicht für eine ewige Zeit aus meinem Leben verschwunden. „Du bist ja groß geworden!“, sagte sie, während sie mit ihren Händen noch meine Oberarme rechts und links drückte. Wie eine liebevolle Großmutter. Aber meine Mutter war alles andere als liebevoll. Dank ihren Absätzen waren wir auf Blickhöhe. Ich brachte kein Wort heraus als wir uns nur so anschauten. Ihre Mimik war so wie gerade eben zur Verkäuferin, freundlich und selbstbewusst. Aber ich war nicht die Verkäuferin. Ich war auch kein anderer verdammter Mensch auf der Erde, denn sie so selbstherrlich anstrahlen konnte. Ich war ihr Sohn, den sie kläglich vernachlässigt hatte. Selbst, als sie noch bei uns gelebt hatte. Meine Wut wurde noch größer, am liebsten hätte ich sie angebrüllt, all die angesammelten Anschuldigungen ihr gegen den Kopf geworfen und das Grinsen von ihren Lippen gefegt. Aber es war ein großer Kloß in meinem Hals. Nie war ich mir so offensichtlich bewusst gewesen, wie sehr sie mich verletzt hatte. Erinnerungen an die furchtbare Zeit, als meine Eltern sich tagein, tagaus gestritten hatten, kamen hoch. Hatte es jemals eine Zeit davor gegeben? Ich erinnerte mich nicht. Das kurze Schweigen zwischen uns durchbrach sie mit ihrer gutgelaunten Stimme. „Ewig nicht mehr gesehen! Lass uns was essen gehen, du hast bestimmt Hunger. Eine Straße weiter gibt es ein tolles Restaurant!“ Und schon wurde ich mitgezogen. Was war bloß mit mir los? Ich hatte mich tatsächlich mitschleifen lassen. Jetzt saß ich hier in diesem nicht gerade günstigen Restaurant, meiner verhassten Mutter gegenüber und bekam kein Wort heraus. Kein wütendes Wort. Kein anklagendes Wort. Gar kein Wort. Sie plapperte für uns beide. Bei jeder anderen Person hätte dieses Geplapper bestimmt erzwungen und leicht verzweifelt gewirkt, da ich immer noch stumm und böse dreinblicken war, jedoch nicht bei meiner Mutter. Sie war selbstsicher bei egal was sie tat. Sie bestellte für uns beide, da ich ja nicht sprach und nur in der Karte hin und her blätterte. Bis jetzt hatte sie mir von diesem Restaurant erzählt und von dem Schmuckladen, ich hatte ihr nicht zuhören wollen, aber sie hatte etwas Anziehendes. Man konnte sich nicht von ihr entreißen. „Teru!“ Leicht tadelnd sah sie mich jetzt an und streckte ihre Hand aus, um meine Backe zu kneifen. „Lass das!“, fauchte ich böse und schlug ihre Hand weg. Ein böses Funkeln trat in ihren Augen. Scheiße, ich hatte etwas gesagt. Jetzt würde sie erst recht nicht locker lassen. Ich hatte sie zwar nicht absichtlich mit Schweigen strafen wollen, aber jetzt schien mir die Option ganz angenehm. Leider war sie abgelaufen. „Was machst du hier in der Stadt?“, fragte sie mich wieder locker und nippte an ihrem Getränk. „Das geht dich nichts an.“, brummte ich und ließ mein Blick durch den Raum schweifen. Die Karte hatte mir der Ober abgenommen, als meine Mutter bestellt hatte. „Wie geht es deinem Vater?“ Man hörte, dass sie sich bemühte, ein Gespräch in Gang zu bringen. Etwas, dass eigentlich nicht zu ihr passte. Sich Mühe geben, Frieden zu stiften. Eigentlich hätte mich dies etwas besänftigen sollen, da ich sah, dass sie sich mit mir ehrlich unterhalten wollte, aber ich war viel zu beleidigt. Und das wohl mehr als zu recht. „Beschissen.“, meinte ich mit meiner Todesmiene. „Und dir?“, gab ich ironisch dazu. Als ob es mich interessieren würde. Und als ob man ihr nicht ansah, wie gut es ihr ging. „Mir geht’s blendend, danke der Nachfrage“, meinte sie mit diesem selbstzufriedenen Ton und einem Lächeln. Verdammt, wie ich sie hasste! Diese eingebildete Reaktion machte mich sauer. Ihr ganzes Benehmen! Und das schlimmste daran war, all ihre Eigenschaften erinnerten mich an - mich. Eine Zeit lang hatte ich überlegt, inwieweit ich meinem Vater ähnlich war. Doch eine Viertelstunde mit meiner Mutter und mir wurde klar, dass wir aus demselben Holz geschnitzt sind. Sie wollte mich provozieren? Herausfordern? Kommunikativ Duellieren, das konnte ich. Und ich würde nicht mehr schweigen. „Und wo hast du dich die ganze Zeit versteckt?“, fragte ich herausfordernd. Ein kurzes Blinzeln verriet sie. In meiner Frage steckte all das, was sich Jahre hinweg angestaut hatte. Es war nicht der Ort, der mich interessierte, sondern die Tatsache dass sie sich vor mir verborgen hatte. „Ach, ich bin durch ganz Japan getingelt!“, antwortete sie fröhlich. „Hab eine großartige Schulung durchlebt, der Mentor war mir eine riesige Inspiration! Für ein halbes Jahr war ich sogar in Amerika, da musst du unbedingt mal hin! Aber schlussendlich habe ich hier den perfekten Job gefunden und habe mich in dieser Stadt niedergelassen. Es war eine super Zeit. Es ist eine super Zeit.“ Ihr eingebildetes Gerede. Wir beide konnten nicht demutsvoll etwas erzählen. „Das ist wirklich schön für dich.“ Meine Stimme war kalt. Mit einem Male wurde ihre gute Stimmung zunichte gemacht, als sie den tief in meiner Seele angestauten Hass bemerkte, meine Worte waren ein einziger Vorwurf, der sie traf. Und dieser Vorwurf hing wie eine schwere Wolke über uns, als der Kellner das Essen brachte. Welches wirklich gut aussah und schmeckte. Ich nahm mir vor, es zu genießen, schließlich zahlte sie dafür und ich konnte nebenher sie fertig machen. Ich bemerkte es nicht, doch während wir schweigend aßen, musste sie mit sich gerungen haben. Anders konnte ich mir ihre weiche Stimme, den traurigen Blick nicht erklären, als sie das nächste Mal aufsah, um mir eine Frage zu stellen. „Und was gibt es bei dir Neues?“ Die Frage passte gut in unsere Konversation, aber dein reuevoller Anblick nahm unseren Worten die Schärfe, die sie bisher gehabt hatten. Doch ich wollte das nicht. Das mein jämmerlicher Eindruck Gefühle von Traurigkeit in dir weckten. Ich war gut klar gekommen, ohne sie. Gerne konnte sie mir weiterhin gestohlen bleiben. Nein, sie sollte mir gestohlen bleiben! Für immer! Und egal wie es Vater ging, du solltest nicht das Recht haben, dir darüber Gedanken machen zu dürfen. Ich wollte dich von mir wegstoßen. So dass wir nie wieder ein Wort reden würden. Sodass die letzte Verbindung zwischen uns gekappt wäre. Sodass du nie wieder mit mir reden wollen würdest. „Ich bin schwul und habe Sex mit Jungen“, sagte ich ausdruckslos und mit fester Stimme, aß dann einfach weiter und wartete darauf, dass sie mich perplex anstarren und von sich stoßen würde. „Oh Gott!“, sie schüttelte den Kopf und sah mich betroffen an. „Wie hat er darauf reagiert?“ Es durchzuckte mich. Moment. Sie stieß mich nicht von sich! Es war eher, als würde sie auf meiner Seite stehen. Denn sie redete von Vater. Offensichtlich wusste sie von seiner Homophobie und war deswegen… besorgt? Ihr Blick lag auf mir, der in meinen Regungen las. Plötzlich wollte ich mich ihr öffnen. Etwas in mir brach hervor, dass ich gut verleugnet hatte. Ich sehnte mich auf einmal nach warmen Worten. Nach Halt. Was dachte ich da nur?! „Er… er wollte mich verprügeln.“ Meine Stimme stockte, ich wollte woanders hin schauen, doch immer wieder ließ ich meinen flüchtenden Blick den ihrigen treffen. Sehen, ob sie wirklich für mich da war. Gerade war ich doch so sauer gewesen. Gerade stand ich sogar noch lieber auf Vaters Seite als auf ihrer. Gerade noch war sie die allerletzte Person gewesen, die ich jemals wiedersehen wollte. Ihr Blick war nicht mitleidig, sondern intensiv. Sie verstand ohne Worte und das brachte mich aus dem Konzept. Ich hatte es mir nie eingestanden, wie sehr mich die Handlung von Dad verletzte. Vor Hinata wollte ich stark dastehen, vor meinem Lehrer wollte ich stark dastehen. Vor mir selbst wollte ich stark dastehen. Aber vor Mutter muss ich das nicht. Dieses Gefühl gab sie mir gerade so deutlich, dass ich mir endlich eingestand, wie furchtbar es war, von meinem Vater komplett verstoßen worden zu sein. Mein Stolz hatte mich nicht spüren lassen, wie es in meiner Seele zerbrach. Ich hatte tatsächlich gedacht, dass in dem Moment das letzte Stück Familie dahingegangen war, dass ich besaß. Doch ein Stückchen Familie saß noch vor mir. Und im Moment war sie das wirklich. „Aber…?“ Erleichterung schien durch ihre Augen zu huschen, während ihre Hand noch auf meiner lag und sie mich anblickte. Diesmal erwiderte ich den Blick, meine Stimme war wieder fester und ich antwortete: „Ich bin weggerannt und zum Glück hat mich mein Lehrer aufgegabelt und die Sache geregelt.“ Ich wollte es dabei belassen. Das waren gerade genug Gefühle gewesen, die ich verarbeiten musste. Mutter sah das wohl ähnlich. Sie entfernte sich wieder und aß weiter. Die emotionalen Wellen, die gerade um uns geschlagen hatten, legten sich wieder. Aber es hatte sich verändert. „Hinata, oder?“ „Was?“, fragte ich verwirrt zurück. „Hinata ist dein Freund, oder? Er ist ein guter Freund. Er war schon immer für dich da.“ Sie sah aus, als würde sie an etwas zurück denken. Nicht gerade typisch für sie. Im nächsten Moment warf sie ihre Haare zurück, wobei die Haare für diese Geste gar nicht lang genug waren und fixierte mich. „Ich hoffe du bist auch gut zu ihm.“ „Mutter!“ Anklagend war ihre Gabel auf mich gerichtet. Sie lachte. Ich lachte mit. Ohne es wirklich zu wollen, verlief die restliche Zeit mit meiner Mutter schön. Sie bestand darauf, uns eine gute Wohnung zu besorgen. „Du bist zwar ein richtig frecher Kerl, aber ich werde diese Wohnung bezahlen!“ „Wir kommen sehr gut ohne dich zurecht!“ „Okay, dann könnt ihr euch ja in Ruhe einen Job suchen, wenn ihr seht, dass ihr neben dem Studium Zeit dafür habt – bis dahin zahle ich!“ Ja, wir sind beide ziemliche Sturköpfe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)