Nur dem Herzen verpflichtet von Traumschreiberin ================================================================================ Kapitel 5: Aller Anfang ist schwer ---------------------------------- Disclaimer: siehe Kapitel 1 A/N An dieser Stelle möchte ich mich einmal ganz lieb für eure vielen Kommis bedanken, die mich immer zum Weiterschreiben motivieren. Tut mir wirklich leid, dass ihr so lange auf das nächste Kapitel warten musstet, aber ich hoffe, ihr lest trotzdem weiter! Kapitel 5: Aller Anfang ist schwer Von ihrer überstürzten Flucht und der Aufregung über ihr gewagtes Unternehmen erschöpft, schlief Marian die ganze Nacht hindurch tief und friedlich. Erst als vereinzelte Strahlen der Morgensonne, die ihren Weg durch das Blätterdach fanden, sie an der Nase kitzelten, schlug sie langsam die Augen auf. Sobald sie die letzten Reste des Schlafes von sich abgeschüttelt hatte, erinnerte sie sich wieder an die Ereignisse des vergangenen Abends. Ihre Eltern mussten ihr Verschwinden inzwischen bemerkt haben und kamen sicher fast um vor Sorge um ihre einzige Tochter. Ob sie ihr wohl zürnten, weil sie weggelaufen war? Würden vielleicht gar einen Suchtrupp ausschicken, sobald sie auf Schloss Huntington eingetroffen waren? Unvermittelt verspürte die junge Frau einen heftigen Anflug von Scham, als sie an den Kummer und die Schande dachte, die sie nicht nur ihren Eltern, sondern auch ihrem Verlobten durch ihr unüberlegtes Handeln bereitet hatte. Zwar wollte sie Robert Huntington nach wie vor nicht heiraten, aber letztlich trug er doch genauso wenig die Schuld an dieser verfahrenen Situation wie sie. Hatte er es verdient, dermaßen beschämt zu werden? Trotz aller Bedenken, die mit einem Mal in ihr aufstiegen, war Marian jedoch noch immer nicht bereit, umzukehren und sich in ihr Schicksal zu fügen. Sie wollte frei sein und nur ihrem eigenen Herzen folgen. Solange ihre Eltern ihr nicht das Recht zugestanden, sich mit dem Mann ihrer Wahl zu vermählen, würde sie in den Wäldern bleiben. „Bist du aufgewacht?“ Marian blieb vor Schreck beinah das Herz stehen, als plötzlich eine unbekannte Stimme dicht neben ihr erklang. Mit einem Ruck setzte sie sich aufrecht hin und erblickte einen jungen Mann, der nur wenige Schritte von ihr entfernt im Gras saß. Er mochte kaum älter sein als sie selbst, hatte sanfte, sogar edel anmutende Gesichtszüge und einen braunen Wuschelkopf, den die Sonnenstrahlen an einzelnen Stellen in einem dunklen Goldton aufleuchten ließen. Am meisten aber fesselten die junge Frau seine Augen, die so blau waren wie ein klarer Abendhimmel im Sommer und aus deren tiefen ihr ein forschender, aber auch freundlicher Blick begegnete. Im Stillen musste Marian sich eingestehen, dass er eine durchaus anziehende Erscheinung war, doch seine Anwesenheit erfüllte sie auch mit Misstrauen. Was wollte dieser Fremde von ihr? Sie entführen oder ihr gar noch Schlimmeres antun? Doch das war unwahrscheinlich, versuchte sie sich in Gedanken zu beruhigen. Er hatte sie schlafend im Dickicht vorgefunden und ihre Schwäche nicht zu seinem Vorteil ausgenutzt. Trotzdem erfüllte sie allein der Gedanke mit Entsetzen, dass er unbemerkt neben ihr gesessen hatte und sie gegen ihren Willen hätte berühren können, während sie ihm hilflos ausgeliefert gewesen war. Aber warum war er einfach nur bei ihr geblieben, ohne sich ihr zu nähern? Sein Verhalten gab ihr mehr als nur ein Rätsel auf. Robin war für den Rest der Nacht nicht mehr von Marians Seite gewichen und hatte unaufhörlich seinen Blick auf ihr ruhen lassen, während er geduldig darauf gewartet hatte, dass sie aufwachte. Als sie schließlich langsam ihre Augen aufschlug, die so blau waren, wie der wolkenlose Maihimmel, überschlug sein Herz sich fast. Sie war einfach atemberaubend schön! Ihr Anblick nahm ihn vollkommen gefangen und bevor er sich zurückhalten konnte, richtete er das Wort an sie. Schon im nächsten Moment bereute Robin sein voreiliges Handeln jedoch bereits, als die junge Frau erschrocken zusammenfuhr und ihn anstarrte wie ein fluchtbereites Tier. Er hatte sie doch nicht erschrecken wollen! „Hab keine Angst“, bat er leise und hob in einer beschwichtigenden Geste die Hände. „Es tut mir leid, wenn ich dich erschreckt habe. Glaub mir, ich werde dir ganz bestimmt nichts zuleide tun. Ich fand dich zufällig, als ich in der vergangenen Nacht auf einem Streifzug war und habe bis zum Morgen über dich gewacht. Die Wälder können bei Nacht gefährlich sein, denn dann gehen Wölfe und andere wilde Tiere auf die Jagd.“ Unbeabsichtigt gebrauchte Robin, während er sprach, die vertraute Anrede anstelle der förmlichen, die einer jungen Frau ihres Standes gegenüber angemessener gewesen wäre. Ihm war durchaus bewusst, dass Marian angesichts dieses respektlosen Verhaltens erbost sein und ihn abweisen könnte, doch er entschied, dieses Wagnis auf sich zu nehmen. Eine innere Stimme sagte ihm, dass es der beste Weg wäre, ihr Vertrauen zu gewinnen und wie es schien, hatte sein Gefühl ihn nicht getäuscht. Tatsächlich schien der sanfte Klang seiner Stimme die junge Frau zu beruhigen, denn sie entspannte sich sichtlich, wenngleich der misstrauische Ausdruck nicht ganz aus ihren Augen verschwand. Robin nahm es als gutes Zeichen, dass sie den Schreck über sein unerwartetes Auftauchen langsam überwand und sich nicht mehr allzu sehr vor ihm fürchtete. „Wer bist du?“ forschte er behutsam weiter. „Wie kommst du in den Sherwood Forest, noch dazu ganz allein?“ Marian zögerte und wich seinem Blick aus. Sie konnte schließlich nicht ahnen, dass dieser junge Mann längst wusste, wer sie war und warum sie ohne jede Begleitung in die Wälder gekommen war. In ihrem Inneren tobte nun ein heftiger Kampf. Konnte sie ihm trauen? Wieviel sollte sie über sich preisgeben? Immerhin wusste sie nicht das Geringste über diesen Fremden und seine Absichten. Am Ende würde er sie benutzen, um Lösegeld von ihren Eltern zu bekommen. Aber er schaute sie so freundlich, beinah mitfühlend an und seine Stimme war so voller Wärme! Es fiel der jungen Frau schwer zu glauben, dass er ihr Böses wollte. Außerdem schien er sich in den Wäldern gut auszukennen und würde ihr vielleicht helfen können. Obwohl sie es sich selbst nur widerstrebend eingestand, hatte sie Hilfe bitter nötig, denn über das Leben in der Wildnis wusste sie nichts. Also hatte sie keine andere Wahl, als ihn ins Vertrauen zu ziehen. „Ich bin Marian Lancaster“, begann sie nach einer Weile zögernd zu erzählen. „In wenigen Tagen sollte ich mich mit Robert Huntington verloben und war mit meinen Eltern auf dem Weg zu seinem Schloss. Aber nachdem wir gestern Abend in einem Gasthof eingekehrt sind, bin ich davongelaufen.“ Der letzte Teil dieses Satzes kam kaum hörbar über ihre Lippen und ihre Stimme klang so weich, fast ein wenig hilflos, dass Robin spürte, wie sich sein Herz schmerzhaft zusammenzog. Insgeheim verfluchte er sich selbst dafür, Marian etwas vorspielen zu müssen, anstatt ihr die Wahrheit zu sagen. Aber wie sollte er sonst ihr Vertrauen gewinnen? Ihr zu sagen, dass er der Mann war, den sie schon bald heiraten sollte, wäre wohl kein guter Anfang. So sehr es ihm auch widerstreben mochte, er würde seine Rolle weiterspielen müssen, bis er eine Bindung zu Marian aufgebaut hatte. „Ich verstehe“, erwiderte er nach einem kurzen Moment des Schweigens und nickte bedächtig. „Du willst also nicht heiraten?“ „Nein“, gab die junge Frau leise zurück, wurde jedoch für einen Augenblick unsicher. „ Das heißt, ich habe mir immer eine Liebeshochzeit gewünscht. Ich will nicht zur Ehe gezwungen werden. Wenn ich einmal heirate, dann nur aus Liebe.“ „Liebst du deinen Verlobten denn gar nicht?“ wollte Robin scheinbar arglos wissen und war bemüht, sich nicht anmerken zu lassen, dass er die Wahrheit bereits kannte. Kaum hatte er diese Frage ausgesprochen, als Marian abrupt den Kopf hob und ihn regelrecht empört anfunkelte. „Ich kenne meinen Verlobten nicht einmal, wie sollte ich ihn also lieben?“ gab sie heftig zurück. „Meine Eltern haben mir vor zwei Tagen eröffnet, dass ich schon in wenigen Monaten einem mir vollkommen fremden Mann angetraut werden soll. Niemand hat mich gefragt, wie ich darüber denke und fühle. Ist es so verwerflich, dass ich mir den Mann, dem ich ewige Liebe und Treue schwöre, selbst erwählen will?“ Verlegen senkte Robin den Blick und schwieg. Marians Worte trafen ihn härter, als er erwartet hätte und er konnte nichts gegen den schmerzhaften Stich tun, der sein Herz durchfuhr, als sie freimütig zugab, dass sie ihn nicht liebte. Er selbst hatte sich Hals über Kopf in ihn sie verliebt, als er sie schlafend im Dickicht gefunden hatte, doch wie es schien durfte er nicht darauf hoffen, dass sie seine Gefühle erwidern würde und diese Erkenntnis war bitter für ihn. Andererseits ahnte die junge Frau nicht einmal, dass sie zu eben jenem Mann gesprochen hatte, dem sie hatte entfliehen wollen, sonst wäre sie wohl auch nicht so gnadenlos ehrlich gewesen. Vielleicht war es doch die richtige Entscheidung gewesen, ihr die Wahrheit vorerst noch zu verschweigen. Robert Huntington würde sie wahrscheinlich nicht einmal anhören, aber Robin mochte es durchaus gelingen, ihre Liebe zu gewinnen. „Nein“, antwortete er nach einer Weile ruhig. „Das ist alles andere als verwerflich. Glaub mir, ich verstehe deinen Wunsch nur zu gut. Aber was willst du jetzt tun, nachdem du deinen Eltern und deinem künftigen Gemahl davon gelaufen bist? Sie werden bestimmt nach dir suchen.“ Marian reckte stolz das Kinn und ein entschlossener Ausdruck trat in ihre Augen. „Ich werde hier im Sherwood Forest bleiben“, antwortete sie mit fester Stimme. „Bei meiner Familie hält mich nichts mehr. Von nun an sollen die Wälder mein Heim sein.“ Einen Augenblick lang war Robin überzeugt, nicht richtig gehört zu haben, doch nachdem er den ersten Schrecken überwunden hatte, kam er nicht umhin, die junge Frau im Stillen zu bewundern. Insgeheim hatte er fest damit gerechnet, dass sie sich entweder in der Stadt verstecken oder bei einem ihrer Freunde Zuflucht suchen würde, doch offensichtlich hatte er sie in dieser Hinsicht falsch eingeschätzt. Augenscheinlich war sie nicht nur mutig und beherzt, sondern hatte auch einen festen Willen. In Gedanken sandte er die innigsten Dankesschwüre an seinen Vater, der Marian als seine künftige Gemahlin erwählt hatte. Wenn er erst ihr Vertrauen gewonnen hatte, würde sie ihm eine starke und verlässliche Gefährtin sein. Dennoch spürte Robin, dass noch ein weiter Weg vor ihnen beiden lag. „Du stellst dir das offenbar sehr einfach vor“, gab er vorsichtig zu bedenken. „Aber hast du denn eine Ahnung vom Leben in der Wildnis? Weißt du, wie du Nahrung und einen Unterschlupf finden kannst?“ Während der junge Mann sprach, ließ er Marian nicht aus den Augen und spürte deutlich, wie sie erneut von Zweifeln übermannt wurde. Tatsächlich hatte die junge Frau bis dahin kaum einen Gedanken an die Schwierigkeiten verschwendet, die ein Leben in den Wäldern mit sich bringen mochte. Ihr ganzes Leben lang war sie behütet und verwöhnt worden und hatte noch niemals zuvor für sich selbst sorgen müssen. Widerwillig musste sie sich eingestehen, dass sie nicht die geringste Ahnung hatte, wie sie in der Wildnis überleben sollte. Beschämt ließ sie den Kopf hängen, um dem Blick ihres Gegenübers nicht begegnen zu müssen und kam sich wie ein dummes, törichtes Kind vor, das einer augenblicklichen Laune gefolgt war, ohne die Folgen zu bedenken. „Nein“, hauchte sie kaum hörbar. „Das weiß ich nicht.“ Ihre unübersehbare Hilflosigkeit bewirkte, dass sich Robins Herz nur noch mehr für sie erwärmte und er einen unwiderstehlichen Drang verspürte, sie zu beschützen. Wenn sie seine Hilfe ablehnte, würde er ihr eben im Verborgenen folgen, aber sie in ihrer Lage allein zu lassen, wäre ihm unmöglich gewesen. „Wenn du willst, kann ich dir helfen“, nahm er behutsam das Wort. „Ich kenne den Sherwood Forest gut und bin auch kein ungeschickter Jäger. Du könntest bei mir bleiben und ich bringe dir alles bei, was du über das Leben in den Wäldern wissen musst.“ Bei diesen Worten sah Marian auf, doch trotz der Hoffnung, die aus ihren Blicken sprach, zögerte sie mit ihrer Antwort. Dieser junge Mann kannte sie doch überhaupt nicht, sie waren einander vollkommen fremd. Warum lag ihm soviel daran, ihr zu helfen? Waren seine Absichten wirklich so edel, wie es den Anschein hatte? Oder würde er über sie herfallen, sobald sich eine Gelegenheit bot? „Hab keine Angst“, sagte Robin, als sie noch immer zögerte, schließlich sanft. „Wenn ich wirklich die Absicht hätte, dir etwas anzutun, hätte ich dazu bereits mehr als genug Gelegenheit gehabt. Solange du bei mir bist, wird dir kein Leid geschehen, darauf gebe ich dir mein Wort.“ Die Wärme, die aus seiner Stimme und seinen Blicken sprach, beruhigte Marian sofort und zerstreute ihre Ängste. Tief im innersten spürte sie, dass er zu seinem Wort stehen und ihr nichts zuleide tun würde. Außerdem blieb ihr keine andere Wahl als ihm zu vertrauen, denn ohne seine Hilfe wäre sie mit Sicherheit verloren. „Also gut“, willigte sie leise ein. „Ich werde bei dir bleiben.“ Fortsetzung folgt… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)