Der ganz normale Wahnsinn von Felicity (Oder: Ein Tag im Leben von Death the Kid) ================================================================================ Kapitel 1: Wahnsinn ------------------- Es ist jeden Morgen das gleiche und alle sagen immer, ich sollte mich irgendwann einmal daran gewöhnen, aber, ehrlich, wie stellen sie sich das vor? Egal, wie oft sie mir sagen, dass es immer so war und immer so sein wird, es ist und bleibt störend! Wieso muss die Sonne immer nur auf einer Seite aufgehen?! Jeden Morgen, jeden einzelnen Morgen, wenn ich aufwache und in mein schön symmetrisches Zimmer sehe, scheint nur durch eines der beiden Fenster die Sonne hinein, während es hinter dem anderen deutlich dunkler ist. Nicht, dass ihr mich falsch versteht, ich bin nicht bescheuert, ich weiß, warum es so ist und ich habe auch kein Problem mit Schatten – irgendwann im Laufe des Tages werden sie schon ansatzweise gleichmäßig werden, aber mein herrliches Zimmer gleich am frühen Morgen in zwei so unterschiedliche Teile geteilt zu sehen, ist schon sehr deprimierend. Ich habe ja schon darüber nachgedacht, einfach die eine Hälfte dunkler zu streichen, um die Helligkeitsunterschiede am Morgen auszugleichen… leider würde das allerdings spätestens gegen Mittag auffallen und am Abend den Kontrast nur unnötig verstärken – es ist wirklich zum Haare raufen!! Entsprechend wird auch jeder einzelne Morgen damit anfangen, dass ich mir nach dem Aufwachen erst einmal die Decke über den Kopf ziehe, um das schreckliche Bild nicht sehen zu müssen. Das ist eine sehr effektive Methode, wäre da nicht… „Kid, verdammt noch mal, nicht schon wieder, steh gefälligst auf!“ Genau, wäre da nicht Liz und ihr morgendlicher Weckruf, der in allen Fällen damit endet, dass sie mir die Bettdecke wegzieht und damit droht mein Zimmer umzudekorieren, wenn ich nicht augenblicklich aufstehe. Warum das so schlimm ist? Ganz einfach, Liz hat keinen Sinn für Gleichmäßigkeit. Ich meine, werft nur mal einen Blick in ihr Zimmer, unsymmetrischer geht es einfach nicht mehr!! Irgendwelche willkürlich aufgehängten Poster neben einem einzigen, riesigen, viertürigen Schrank, der auch noch einen einzigen Spiegel auf einer der Türen hat – wenn es wenigstens zwei wären… aber nein, und dazu hat sie auch noch dieses Chaos auf ihren Schminktisch mit unzähligen verschieden großen Fläschchen… ich hab es einmal gesehen und das war schon zu viel, nicht auszudenken, was passieren würde, wenn sie mein Zimmer nach ihren Vorstellungen dekoriert! Wie auch immer, ich weiche ab. Wenn ich dann also mal aufgestanden bin, hat sie an guten Tagen schon Frühstück gemacht – zwei Spiegeleier und ein Streifen Speck, schön symmetrisch auf dem Teller angeordnet und fast zu schade zum Essen. „Kid, hör auf das Essen anzustarren, sonst kippt dir Patty gleich Ketchup drüber!“ Wie gesagt, fast zu schade… außerdem ist es besser etwas Symmetrisches zu essen, als zur Seite zu sehen und Pattys äußerst fragwürdige Ketchupmuster auf dem Teller sehen zu müssen. An einem schlechten Tag hingegen wird Liz derart genervt sein, dass sie mir absichtlich drei Eier oder, noch schlimmer, aufgeplatzte, zerflossene hinstellen wird – zum Glück kommt das nicht allzu oft vor, mir läuft schon von dem bloßen Gedanken ein Schauder über den Rücken. Immerhin ist was auf das Frühstück folgt eher unproblematisch. Mein Bad ist schön und gleichmäßig und der Spiegel schmal genug, dass ich meine Haare nicht sehen muss – also das nahezu perfekte Zimmer. Um zwanzig nach acht – eine herrliche Uhrzeit für Analoguhren – schließlich geht die Schule los. Ebenfalls eine ungefährliche, wenig auf die Nerven gehende Angelegenheit, da es für mich keinen Grund gibt aufzupassen, hab ich genug Gelegenheit die Tafelbilder auf meinen Zetteln neu und symmetrisch anzuordnen, damit ich sie hinterher meinem Vater als Verbesserungsvorschlag für zukünftige Generationen vorlegen kann. Warum ich überhaupt zur Schule gehe? Das ist eine zu lange Geschichte, um sie hier zu erzählen, außerdem ist sie langweilig. Warum ich mich nicht über die Tafelbilder aufrege? Anfangs habe ich das getan, aber Liz hat einmal – korrekterweise – angemerkt, dass die Lehrer einfach nicht die Fähigkeiten haben alles automatisch gleichmäßig anzuschreiben, genau aus diesem Grund befasse ich mich ja auch mit dem Problem, dann brauchen sie sich keine Gedanken darüber zu machen und ich habe eine zufrieden stellende Aufgabe. Entsprechend gut gelaunt gehe ich normalerweise nach einem sehr produktiven Vormittag in die Mittagspause, die leider meistens mehr als chaotisch abläuft. Patty und Liz haben schnell eine Angewohnheit entwickelt mich zu einem der Tische zu schleppen und es sich dort gemütlich zu machen. Leider ist das Essen nicht grade überzeugend. Abgesehen von den gelegentlichen Onigiri ist kaum etwas Symmetrisches dabei und ich kann nach wie vor nicht verstehen, wie sich gewisse Leute derart glücklich (und laut!) Suppen oder Reisgerichte reinschieben können, die niemals auch nur ansatzweise gleichmäßig serviert werden können… Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass ich es vorziehe lieber einen schön gewachsenen Apfel zu essen als mich auf diese Küche einzulassen, auch wenn das scheinbar bei meinen Klassenkameraden auf Unverständnis stößt. Inzwischen fragt aber niemand mehr nach, die Mittagspausen laufen ohnehin mit leichten Varianten nach der gleichen Routine ab. Liz wird eine Modezeitschrift durchblättern oder sich die Fingernägel lackieren, während Patty neben ihr ein Malbuch vollkritzelt oder sie mit doofen Fragen nervt. Gegenüber von den beiden werden in aller Regel Soul und Black Star einen wer-kann-am-meisten (sie nennen es am „coolsten“)-fressen-Wettbewerb veranstalten (gestern zum 54. Mal seit ich dabei bin), weswegen sich sämtliche Anwesende so weit es geht weglehnen werden. Tsubaki und Maka werden als einzige halbwegs bei der Sache sein und entweder die letzte Stunde durchsprechen oder Hausaufgaben machen. Und ich? Ich werde versuchen mich von dem ganzen Chaos abzulenken, indem ich in dem riesigen Tohuwabohu nach etwas Symmetrischem suche. Im Zweifelsfall wird es tatsächlich Maka sein, die als einzige nicht nur ihre Kleidung, sondern auch ihre Frisur entsprechend trägt. Um nicht in Depressionen zu versinken, werde ich mich darauf konzentrieren, was früher oder später dazu führen wird, dass Soul seinen Wettbewerb abbricht, um sich Maka zu schnappen und sie aus meinem Blickfeld zu ziehen, während Black Star lauthals verkündet, dass er schon wieder gewonnen hat… Es ist wirklich berechenbar immer dasselbe… Nach der Mittagspause werden die praktischen Übungen folgen. Anfangs war das ein ganz schönes Problem, weil sie von mir verlangen wollten, dass ich die herrlich perfekten Zielscheiben kaputt schießen soll, doch nach einigen Diskussionen und Weigerungen meinerseits hat sich endlich jemand bereit erklärt mir lieber die ausrangierten, alten Zielscheiben hinzustellen – die, an denen Teile abgebrochen, abgeschnitten oder ausgerissen sind. Sie sehen so schrecklich schlimm aus, dass es mir nichts ausmacht sie zu zerschießen. Im Gegenteil etwas derart Unvollkommenes muss zerstört werden! Und hinterher fühlt man sich gleich besser und kann die hochgradig anstrengende Mittagspause wieder beinahe vergessen. Am Abend werde meistens ich es sein, der kocht – auch wenn Patty und Liz beide nicht allzu angetan von meinen Kochkünsten zu sein scheinen. Anfangs wollte Liz schon das Essen übernehmen, aber nachdem wir mehrfach längere Auseinandersetzungen hatten, was die Anordnung der Gerichte auf den Tellern angeht, hat sie es schließlich resignierend zugelassen, dass ich einmal am Tag in der Küche das Sagen habe. Ich glaube, grundsätzlich ist ihr das gar nicht so unrecht, sie hasst kochen, aber irgendwie scheint sie der Meinung zu sein, dass ich zu lange brauche, um das ganze anzurichten und dass der Geschmack darunter leidet. Ich weiß ehrlich nicht, was sie hat, ich brauche kaum noch eine Stunde dafür, normalerweise ist das Essen also noch fast warm! Viel länger dauert ohnehin das Vorbereiten, die Tiere könnten wirklich mal etwas gleichmäßiger wachsen, dann müsste ich nicht immer so viel abschneiden, bis die Fleischstücke halbwegs gut aussehen… Was dann auf ein reichlich schweigsames Abendessen folgt ist eigentlich auch immer dasselbe: Patty malt noch mehr Bücher an, die nicht unbedingt alle dazu gedacht sind, Liz lackiert sich zum fünften Mal an diesem Tag die Nägel (nun, positiv betrachtet hat sie zumindest keine hässlichen, unförmigen, abgesplitterten Stellen im Nagellack…) und ich vertreibe mir die restliche Zeit damit zu überlegen, wie ich die Wohnräume oder die Küche noch ein wenig schöner gestalten könnte. Meine momentanen Planungen beziehen sich in erster Linie auf einen neuen Toaster. Herd, Waschmaschine und Kühlschrank ließen sich relativ leicht umgestalten, aber der Hebel des Toasters macht nach wie vor Probleme… vielleicht sollte ich einfach an beiden Enden einen einbringen? Oder habt ihr eine bessere Idee…? 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