Without You von Kirschkind ((KratosXLloyd) Wenn das fehlt was man braucht) ================================================================================ Sheenas stumme Trauer --------------------- "Aufpassen! Du musst den Hammer gerade halten sonst...!" Der kleine Junge schlug prompt daneben und quetschte sich den Finger zwischen Holz und Hammer ein. Doch er weinte nicht. Erschrocken zog er lediglich die Hand zurück und drückte den Finger an sich heran. Seine Augen wurden feucht und sein Atem stockte, aber feste biss er die Zähne aufeinander und sah zu der jungen Frau neben sich hoch "T-tut gar nicht weh..." seine Worte waren leise aber tapfer. Sheena tätschelte seinen Kopf, während sie etwas erschöpft ausatmete "Dann ist ja gut... nur halt den Hammer gerade, dann passiert das nicht so schnell, ja?!" Der Junge nickte ihr zu, umschlang den Hammer wieder mit der Hand und machte seine Arbeit weiter. Wie alle anderen aus dem Dorf, half auch er mit. Jeder war motiviert, alle freuten sich auf das neue Leben, in der neuen Welt. Sheena ließ ihren Blick über halb fertigen Häuser schweifen und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Der Wind war heute besonders launisch. Sie hatte das Gefühl, er habe es direkt auf sie abgesehen. Egal in welcher Richtung sie stand, immer tanzten ihr Strähnen ihrer dunklen Haare im Gesicht herum. "Sheena!! Es werden noch Rohstoffe gebraucht, Holz und Leim! Und Ziegel sind auch schon wieder alle!" ertönte es rechts von ihr. Sie fuhr herum und sah Noan, sie zu sich winken. Er war ein guter Freund aus dem Dorf, in ihrem Alter und bemüht, die Bauarbeiten ein wenig zu planen. Mit einem leicht genervten Lächeln, lief sie zu ihm hin "Dann schickt jemanden nach Luin, noch Materialen kaufen!" Doch Noan schüttelte den Kopf. "Im Moment sind alle Transportmittel und Kutschen unterwegs, außer die mit Henry und Fire... und du weißt, keiner kommt mit denen klar!" Sheena verbesserte ihn "Keiner außer ich!" und verschränkte die Arme vor der Brust "Na gut ich fahr hin. Hast du eine Liste mit den Mengen?!" Doch wieder seufzte Noan "Naja, habe ich, aber die Mengen wirst du mit einer Kutsche nicht beschaffen können! Trotzdem, besser ein bisschen was zu haben als gar nichts, also versuch einfach so viel wie möglich aufzuladen, okay?!" Sheena machte sich auf den Weg zur Kutsche. Noan hatte ihr zwar angeboten, sie zu begleiten, aber letztlich wollte sie lieber alleine fahren. Sie genoss es, mit den Pferden über die Wiese zu fahren und mal ein wenig Zeit für sich zu haben. Der Neuaufbau des Dorfes ging gut voran, aber auch nur, weil sich alle so bemühten. Sie wusste die Arbeit von jedem einzelnen sehr zu schätzen. Ihr Blick fiel kurz zurück und traf den von Noan, welcher ihr leicht beschämt nachlächelte. Sicher hatte sie es bemerkt. Noan war wirklich ein guter Freund für sie, er war jemand, mit dem sie reden konnte, der sich nicht so leicht abschrecken ließ, wenn sie mal temperamentvoll wurde und der sie auch zum Lachen brachte. Und Sheena wusste, schon eine Weile, wie Noan sie ansah. Wie er ihr nachblickte. Wie gerne hätte sie das gleiche gefühlt. Noan sah gut aus, er war groß und muskulös, hatte kurze dunkelbraune Haare, die ihm vorne leicht ins Gesicht fielen. Seine Augen waren hell, beinahe kristallblau und viele Frauen aus dem Dorf umschwärmten ihn. Für keinen hatte er Augen, außer für Sheena. Aber auch wenn es so oft heißt, Liebe würde blind machen, Noan wusste um seine Chancen. Er wusste, dass er keine hatte. Deshalb war er bis jetzt immer bemüht gewesen, die freundschaftliche Basis zu ihr zu halten und es beiden nicht schwerer zu machen. Für ihn stand fest, auch wenn Sheena nie etwas in der Art gesagt hatte, dass ihr Herz bereits vergeben war. Hätte sie ihn gefragt, wie er darauf kommt, er hätte gesagt, dass er es an ihren Augen sehe. "Na ihr beiden!" Sheena war bei Henry und Fire angekommen, den beiden Pferden, die an der Kutsche standen, mit der sie nun nach Luin fahren würde. Kaum jemand aus dem Dorf fuhr gern mit den Beiden, sie waren sehr sensibel, was die Befehle anging und muckten schnell auch mal. Aber Sheena kam gut mit ihnen aus. Sie setze sich auf die Kutsche, nachdem sie die Tiere fertig gemacht hatte und nahm die Zügel in die Hand. Henry und Fire galoppierten über die Wiesen, welche vom Wind sanft geneigt waren. Dabei verschwanden ihre Beine bis zu den Kniegelenken im hohen Gras. Der Sommer war warm und die Natur entfaltete sich prächtig. Sheena streckte sich etwas, sah hoch in den Himmel und atmete tief die, nach Blumen riechende, Luft ein. Luin war recht nah. Außerdem freute sich die Stadt nach ihrem Wiederaufbau, über die Geschäfte mit dem Dorf. Man hatte bereits Vergünstigungen besprochen, wodurch die meisten Materialien zum Dorfbau aus Luin stammten. Sheena war bewusst, dass sie mit der Kutsche nicht so schnell wieder zurückreiten konnte, wie hin, wenn diese erst einmal beladen war. Daher genoss sie die schnelle Fahrt ausgiebig und ließ die zwei Schimmel noch schneller laufen. In Momenten wie diesen, wenn sie alleine war, wenn ihr Kopf frei von Sorgen und die Luft so gut wie jetzt war, schlichen sich oft trübe Gedanken ein. Daher mied Sheena die Einsamkeit, auch wenn sie diese ab und an brauchte. Auch jetzt wieder senkten sich ihre Arme nach einer Weile, die Euphorie des Rittes war vorüber und Stimmen huschten in ihr Ohr. Für das Dorf hatte es keinen besseren Neuanfang geben können. Die Welten waren gerettet, niemand musste mehr geopfert werden, ein neues Land ohne Vorurteile lag vor ihnen. Aber für Sheena war eine Welt zusammengebrochen. Sie hatte ihre kleine Welt nicht retten können. Es hatte bei Volt begonnen, als sie ihren lieben Freund Corrine verlor. Diesen Schmerz hatte sie auf ihrer Reise fortan runterschlucken müssen, es hatte einfach keine Zeit gegeben, richtig zu trauern. Und dann verlor sie dazu noch einen ihr unbeschreiblich wichtigen Menschen. Und das, was Sheena daran besonders wehtat, war die Tatsache, ihm nie gesagt zu haben, wie wichtig er ihr eigentlich war. Die Zügel in ihren Händen wurden schwer und ihre Augenlieder neigten sich. Sie musste diese Gedanken jetzt verdrängen, sonst ließen sie nicht mehr von ihr ab. Am Tag schaffte sie das immer recht gut, nur Nachts holte sie oft die Vergangenheit ein. Dann wachte sie auf und fluchte, was für ein Angeber er doch sei. Doch wenn sie ganz zu sich kam, der Wahrheit ins Gesicht sah, den Schmerz seines Todes fühlte, überkamen sie Tränen der bitteren Einsamkeit. Ja, er war arrogant und selbstverliebt. Er hatte im Grunde absolut keine Ahnung von ihr und was sie fühlte. Eigentlich hatte er doch immer nur irgendeine Frau in ihr gesehen. Eine Frau wie all die anderen, eine Frau die er wollte, nur um sie gehabt zu haben. Oder? Eigentlich hatte sie ihn genauso wenig gekannt, seine Gefühle genauso wenig wie er ihre. Aber es machte keinen Sinn darüber nachzudenken. Er war fort und er würde nicht wiederkommen. Es war vorbei. Sie hatte die Zeit damit verbracht, ihre Gefühle zu ihm zu leugnen. Und das war etwas, was sie sich nicht verzeihen konnte. Was wäre gewesen, wenn sie ihm gestanden hätte, wie wichtig er ihr war? Hätte er sich früher für das Richtige entschieden? Hätte er sie nicht verraten? Vielleicht wäre er noch am Leben... Sheena atmete tief durch. Wie oft würde ihr diese Frage noch im Kopf rumspucken? Wann war endlich Schluss damit? Sie war noch jung, irgendwann würde Sheena über diese Liebe hinwegkommen, irgendwann war sie sicher bereit, sich neu zu binden. Vielleicht mit einem Mann der ihm ähnlich ist oder jemandem, der ganz anders ist. Wie lange sie auch trauern würde, zurückkommen, konnte Zelos nicht. Er würde seinen Platz in ihrem Herzen behalten, auch wenn sie mit niemandem darüber sprach. Sie würde noch so manche Nacht erwachen und weinen. Ihn vermissen und an ihn denken, aber irgendwann würde der Schmerz verheilen. Als Sheena Luin von Weitem sah, holte sie tief Luft. Sie hatten ein neues Leben begonnen, ein Leben in einer friedlichen Welt und auch Zelos würde nicht wollen, dass sie all zu lange traurig ist. Irgendwann, dachte sie, werde ich an die Zeit mit dir zurückdenken und lächeln können! Dann werde ich nicht mehr traurig sein, sondern froh, dass du es warst, den ich einst so geliebt habe! Irgendwann... wird die Trauer verblassen und der Gedanke an dein Gesicht wird einzig und allein eine schöne Erinnerung sein! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)