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Elementary Light & Darkness

Trilogie - Staffel 2
von

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Hölle auf Erden

„...Eins dürft ihr nie vergessen! Egal was passiert... Wir lieben euch über alles und sind immer bei euch, ja?“

...


 

Kapitel 1 ~ Hölle auf Erden


 

„JILL! JETZT RENN DOCH NICHT WEG!!!“, schrie mir Hailey hinterher, als ich beschloss davonzulaufen, weil ich den Anblick von Shinji und meiner besten Freundin nicht mehr ertragen konnte. So schnell ich konnte rannte ich durch den Regen die Straße herab bis zum Strand, wo ich endlich zum Verschnaufen kam. Tränenüberströmt starrte ich aufs Meer hinaus und fühlte mich innerlich, als würde mein Herz in kleine Fetzen zerrissen werden. Nur noch ein Stück von der absoluten Verzweiflung entfernt, nahm ich eine Muschel und schmetterte sie ins Meer.

„WAAAARUM!!! VERDAMMT!“, brüllte ich heraus und sank auf die Knie, wo ich meiner aufgestauten Verzweiflung in Form von bitteren Tränen freien Lauf ließ.
 

Zehn Jahre...
 

Ja, heute war der Tag, an dem wir damals entführt wurden... An dem Mama und Papa uns retten kamen. Und der Tag, an dem wir sie das letzte mal sahen. Der 20. Juli.

Damals wussten Clyde und ich nicht wie uns geschah, als Mum uns Marisha in die Arme geworfen hatte und genau wie Papa nie wieder zurückkam. Wir verstanden auch nicht warum es auf einmal hieß, dass wir nun bei Tante Scarlett und Onkel Rico wohnen müssten. Unter Tränen mussten wir uns mit unseren acht Jahren eingestehen, dass unser Leben sich komplett ändern würde. Rico und Scarlett waren schlechte Ersatzeltern, die mit uns allen überfordert waren. Für sie gab es immer nur Maiko, unsren Cousin, der heute auch Geburtstag hatte. Schicksal? Unsere Eltern gingen und Maiko kam... Clyde, Jenn und ich waren nur der unerwünschte Ballast, den man ertragen musste.

Für Jenn versuchte ich nach Außen hin stark zu wirken, sie soll nicht merken wie schlecht es mir selbst geht. Und Clyde... Er kam noch schlechter mit allem klar als ich. Als wir Dreizehn wurden, war er auf einmal verschollen und kam in einem Zustand zurück, der mir einfach nur das pure Entsetzen ins Gesicht trieb. Ich wusste von da an, dass irgendwas nicht mit ihm stimmte, denn er war immer öfter verschwunden, kam seltener zur Schule und war kaum ansprechbar. Meinen Beweis bekam ich dann etwas später, als mein Bruder einfach umkippte und im Krankenhaus seine Drogensucht festgestellt wurde.

Rico und Scarlett wussten es. Doch sie halfen ihm nicht, da wieder raus zu kommen. Stattdessen meckerten sie ihn immer wieder an und behandelten ihn immer mehr wie Abschaum.

Und ich... Konnte nichts für ihn tun. Bis heute nicht. Wenigstens wohnten wir nun alle in unserer Heimatstadt Orlando – Florida.
 


 

Selbst nach einer halben Stunde konnte ich mich nicht beruhigen und fragte mich, wie alles wohl wäre, wenn Mama und Papa damals nicht gestorben wären. Man erklärte uns damals, dass das Gebäude, in dem man die Beiden zuletzt gesehen hatte, explodiert war. Hätte ich ohne diesen Schicksalsschlag meine wohlbehütete Familie, so wie ich sie mir immer wünschte? Wäre Clyde dann nicht drogenabhängig?

Das Pech schien permanent auf meiner Seite zu sein. Seit einer halben Ewigkeit war ich in Shinji verliebt. Meine beste Freundin Hailey jedoch auch. Für welche von uns beiden er sich wohl entscheiden würde? Wenn überhaupt.

Ich spielte nun immer öfter mit dem Gedanken das Feld für Hailey zu räumen und einfach so zu tun, als würde ich mich für sie freuen.

„Mann! Hier bist du! Renn doch nicht einfach weg“, hörte ich auf einmal hinter mir jemanden meckern. An der Stimme konnte ich erkennen, dass es Clyde war, der mir auf die Beine half und mich in den Arm nahm. Er war kaum größer als ich und wahrscheinlich wog er auch weniger mit seinem schmalen dünnen Körper.

„Wie hast du mich gefunden?“, fragte ich leise, und starrte wieder aufs Meer hinaus. „Das ist doch einfach. Ich kenn dich... Und ich weiß, dass du hier am liebsten bist.“ „Tzz...“ „Warum bist du weggelaufen? Hailey macht sich voll Sorgen um dich.“ „Ach, wird schon nicht so schlimm sein. Ich seh sie ja auch gleich wieder wenn, wir zusammen in die Schule gehen. Kommst du eigentlich heute mit?“ „Spinnst du? Ich und Schule?“ „Ja, aber Clyde... Dein Abschluss... Das Schuljahr ist fast zu ende...“

Er guckte störrisch zu Boden und kickte einen kleinen Stein ins Wasser, ehe er Luft holte und sich zu mir wandte.

„Was bringt jemandem wie mir schon ein Abschluss? Was soll ich damit? Verschwendete Zeit! Du weißt, dass...“ „Jaa, ich weiß...“, antwortete ich abweisend und etwas gereizt, weil ich das Thema erst gar nicht hören wollte. Ich hasste es, daran denken zu müssen, dass mein Bruder in knapp zwei Jahren nicht mehr unter uns sein würde. Er würde unweigerlich an seiner Herzkrankheit sterben und es gab kein bisschen Hoffnung, dass er gerettet werden könnte. Er ließ sich gehen und ich wusste nicht, wie ich in so einer Situation handeln würde.

Clyde seufzte.

„Also geht’s dir nun wieder besser?“ „Etwas... Ich werde nun nach Hause gehen, bevor die auf dumme Gedanken kommen und mir einen Anschiss verpassen.“ „Hehe! Den hab ich auch noch vor mir. Ich glaube, deswegen werd ich noch eine Weile wo anders pennen.“ „Du kannst nicht ewig davon laufen, Bruder.“

Mit diesen Worten ließ ich ihn am Strand stehen und ging zu dem Haus, das sich mein „zu Hause“ schimpfte. Ich war nicht gerne dort. Stress und Geschrei bestimmten dort den Alltag. Maiko und meine kleine Schwester Jenn hielten Scarlett gut in Fahrt.

Clyde hingegen würde nun wieder an seine typischen Stellen gehen, dealen und sich damit neue Drogen kaufen. Mein Leben war so jämmerlich und trostlos... Es gab nichts, was ich mir sehnlichster wünschte als einen Platz wo ich wirklich aufgehoben wäre.

Noch bevor es auffallen konnte, kam ich zu Hause an und schlich mich an Scarlett, die mal wieder verzweifelt und fluchend vorm Herd stand, vorbei. Es sollte so aussehen, als sei ich eben erst aufgestanden.

Jenn, die bei Maiko im Zimmer schlief, saß in meinem Zimmer auf der Fensterbank und streckte ihre Füße nach draußen, wovon ich erstmal nen halben Herzinfarkt bekam.

„Jenn, wehe du fällst runter!“ „Passiert doch nichts, Schwesterlein“, antwortete sie selbstsicher, kam dann aber von da runter, um mich nicht noch mehr zu schocken.

„Hast du dich wieder an Tantchen vorbei geschlichen?“, fragte sie mich frech und legte die Hände hinter den Rücken. „Ja, hehe... Wir haben uns vorhin noch mit unsren Freunden getroffen. Feierst du heute mit Maiko schön Geburtstag?“ „Feiern? Nein... Ich hasse diesen Tag, auch wenn ich mit ihm gut klar komm. Er ist eben ein Idiot, aber egal. Sag, hast du Clyde getroffen?“, fragte sie nun eher bedrückt und schaute zu Boden.

Ich beugte mich zu der Zehnjährigen hinunter und lächelte sie liebevoll an.

„Ja, mach dir keine Sorgen um ihn. Er kommt bald wieder nach Hause“, log ich sie an. Jubelnd vor Freude rannte sie aus dem Zimmer und fiel mit Maiko, dem sie offensichtlich im Treppenhaus begegnete, fast die Treppe hinunter. Ich hörte die Beiden lachen und das laute Rumpeln der Treppe.

„GEHT DAS NOCH LAUTER!?! HINSETZEN!“, brüllte Scarlett die Beiden an. Ja, sie war wieder einmal völlig überfordert. Ich seufzte und guckte noch einmal das Foto von unserer Clique an, das ich auf der Kommode stehen hatte. Shinji... Hach...

Schnell wandte ich mich wieder von dem Bild ab und starrte noch einmal im Vorbeilaufen auf Clyde's Bett, das immer leer stand. Wir schliefen allesamt in Hochbetten, weil das Haus nicht genug Zimmer für jeden Einzelnen von uns hatte.

Unten in der Küche war schon wieder die Hölle los, so wie jeden Morgen. Scarlett schrie hysterisch herum und Jenn gab sich mit Maiko eine Essensschlacht. Beide Kinder waren von oben bis unten verschmiert mit Nutella und Marmelade.

„IHR HABT SIE DOCH NICHT MEHR ALLE!!! GEHT SOFORT DUSCHEN!“ „Aber doch nicht zusammen!!!“, schrie Maiko auf und starrte Jenn entsetzt an. „Nö, ich geh zuerst.“ „WAS!? Ich geh zuerst!“

Und schon ging das Gezanke von vorne los... Sie schubsten sich und meckerten sich an, sodass man sie von oben noch hören konnte. Schließlich folgte ein lauter Knall und Maiko fluchte, weil Jenn wohl zu erst im Bad war und nun die Tür hinter sich abgeschlossen hatte. Scarlett seufzte und wandte sich wieder an ihre Hausarbeit.

„Sag mal, Jill. War Clyde heute wieder nicht zu Hause? Hab ihn gestern Abend gar nicht kommen hören.“ „Er war da. Er ist durchs Fenster gestiegen und heute Morgen schon sehr früh gegangen“, log ich sie an. Von ihr war natürlich nichts Anderes zu erwarten, als dass sie mir glaubte. Typisch... Man hatte es echt einfach dabei sie hinters Licht zu führen.

Im nächsten Moment betrat Onkel Rico verschlafen die Küche. Bei ihm hatte man es schon schwerer. Er war nicht mehr so faul und egoistisch wie früher. Er war nun verantwortungsvoller, doch er versteifte sich zu sehr auf seine Arbeit. Kinder und Erziehung blieben an seiner Frau hängen.

Müde kratzte er sich den Kopf und gähnte ausgiebig. „Was ist das denn schon wieder für ein Lärm heute Morgen?“ „Frag das deine Nichte!“ „Hey, als ob Maiko nicht auch mitgemacht hätte.“ „Jenn hat angefangen.“

Das war ja mal wieder klar, dass in Scarletts Augen nun Jenn die Schuldige für das hyperaktive Fehlverhalten ihres Sohnes war. Rico schüttelte leicht grinsend den Kopf und schmierte sich sein Brötchen mit Butter. „Clyde heute wieder nicht da gewesen?“ „Doch!“, warf ich sofort ein um meinen Bruder zu schützen. „Jill sagt, er sei heute morgen früh gegangen.“ „Glaub ich irgendwie kaum. Na ja, wenn er mir das nächste Mal unter die Augen kommt, muss ich mal ein ernstes Wort mit dem Jungen reden.“

Ich war froh, dass es nun endlich Zeit war zur Schule zu gehen. Da konnte ich etwas abschalten und Zeit mit Hailey verbringen, auch wenn wir nicht in dieselbe Klasse gingen.

Gerade als Onkel Rico den Mund aufmachen wollte um mich noch etwas zu fragen, spritze ich hektisch auf und stürmte in den Flur zu meiner Schultasche und der Regenjacke. „Jill? Wieso hast du es so eilig!?“ „Mir fällt ein, dass ich noch mit der Leiterin von meiner Sport-AG reden muss!“ „Um was geht es denn da?“, fragte Rico, der nun auch zu mir kam und die Hände in die Hüfte gelegt hatte.

„Es geht um meine Kür. Mir ist noch nicht klar welche Musik ich zu meinem nächsten Auftritt nehmen soll.“ „Ach so. Okay, dann viel Erfolg, Kleines.“ „Danke!“

Puh, gut gelogen! Haha! Hailey und ich hatten uns auf der Highschool einer AG für Rhythmische Gymnastik angemeldet, was uns viel Spaß brachte. Shin und Clyde guckten uns auch gerne dabei zu. Und ich... Ich liebte es, wenn Shin mir dabei zusah. Ich hatte dann immer die Hoffnung mit meinem Körper etwas erreichen zu können.

Um die Ecke wartete schon meine jüngere Cousine und auch beste Freundin Hailey ungeduldig. Sie sah besorgt aus und kam mit wütenden Schritten auf mich zugestampft. „JILL!!! ICH HAB MIR SOLCHE SORGEN GEMACHT!!! WARUM BIST DU VORHIN EINFACH ABGHAUEN!?!!?“ „Mach dir kein Kummer, Hail! Ich brauchte einfach kurz einen Moment zum Verschnaufen und Clyde kam ja dann gleich nach mir gucken.“ „Clyde...“ „Ehm ja... Clyde! Warum?“ „Kommt er heute mit zur Schule? Ich konnte ihn gar nicht fragen.“ „Er sagte, er geht da nicht mehr hin.“

Enttäuscht wandte sie sich ab und schritt langsam und bedrückt neben mir her. Warum erkundigte sie sich so interessiert nach Clyde? Dieser Morgen war irgendwie komisch. Wir hatten wenig zu bereden – untypisch für uns.

„UUUH!!! Wen haben wir denn da?!“, hörten wir auf einmal hinter uns rufen. Anhand der Stimme ahnte ich schon Schreckliches. Es war Maya, meine Cousine und Hailey's Halbschwester.

Maya war nicht mehr das schüchterne kleine Mädchen mit wenigen Freunden, das kaum etwas zu sagen hatte. Sie hatte auch keine langen braven Haare mehr... Auch ihr Outfit hatte sich komplett verändert. Alles in Allem war Maya zu der Bitch geworden, die man auch schon in ihrer Mutter sah – Nein, es war sogar schlimmer, denn Maya nahm wirklich JEDEN Kerl und band sich nie an jemand Bestimmtes. Zudem war sie genau wie Clyde drogensüchtig, weshalb man die Beiden auch oft zusammen sehen konnte. Maya hasste uns abgrundtief und nutzte jeden Moment um uns fertig zu machen, so wie auch diesen Morgen.

„Was willst du?“, fragte Hailey genervt und flach, während sie schützend die Arme vor sich verschränkte. Hailey war zwei Jahre jünger und etwas kleiner als Maya, daher meist auch die Unterdrückte.

„Wenn ich euch beide sehe muss ich nur immer wieder lachen. Habt immer noch keinen Kerl abbekommen oder? Na ja... Man sollte nicht so verklemmt sein, Mädels.“ „Verklemmt? Wenigstens sind wir keine Schlampen“, antwortete Hailey zynisch. „Hehe! Ich wünsche euch viel Spaß in eurer Spießerwelt. Ich geh nun lieber Clyde suchen, hab mit ihm Spaß und schwänz mit ihm zusammen die Schule. Das macht viel mehr Fun und ist nicht so langweilig wie ihr.“

Dass sie wieder Clyde mit hinein zog in ihren Kram, machte uns alle beide wütend und wir mussten aufpassen nicht auf sie loszugehen. Jedoch konnten wir uns noch beherrschen und ließen sie einfach links liegen. Kaum war sie außer Sicht, ging es los mit den Hetzereien.

„Ich hasse sie!“, fluchte meine Cousine und brannte fast vor Wut. „Ja, die ist echt ätzend. Hoffentlich werden wir sie irgendwann endlich los.“ „Jaaa... Aber solche Leute sind zum Nerven geschaffen. Die wird man nicht so einfach los. Es nervt nur, dass sie so viel Zeit mit Clyde verbringt. Mag er sie etwa!? Was findet er nur an ihr!?!“ „Keine Ahnung. Ich weiß ja auch nicht, was die Beiden so miteinander treiben.“

Auf einmal wurde sie ganz blass und wechselte abrupt das Thema.

„Ob ich Shin endlich nach einem Date fragen sollte?“, fragte sie und guckte mich mit ihren großen Kulleraugen an. Mir zog es durch den Magen... Wieder dieser Schmerz. Ich wollte immerhin nicht, dass sie etwas mit Shin anfängt, doch ich hatte mich entschieden ihr freie Bahn zu lassen, deshalb lächelte ich liebevoll.

„Ja, es wäre endlich mal an der Zeit, meine Liebe.“ „Oh, aber ich trau mich nicht!“, quiekte sie hell auf und versuchte mit ihren Händen die roten Wangen zu verstecken, was ihr nicht ganz gelang.

Schweigend lief ich einen Schritt schneller um mir weitere Worte von ihr über Shin zu ersparen, es hätte zu sehr geschmerzt. Sie bemerkte nicht, dass es mir damit nicht gut ging – ja, ich ließ mir nichts anmerken über meine wahren Gefühle. Hauptsache ihr würde es gut gehen, bei mir war sowieso schon alles zu spät.

„Also dann! Bis später, Cousinchen! Ihr habt doch heute um 15 Uhr Feierabend, oder?“ „Ja. Bis dann...“, verabschiedete ich mich mit einem aufgesetzten und angestrengten Lächeln. Ach, Hailey... Ich würde es dir so gerne eher gönnen, doch es war so schwer...

Wehleidig schritt ich ins Klassenzimmer, wo mich wieder meine dummen Klassenkameradinnen erwarten würden. Es war jeden Tag dasselbe …

„JILL!!! Jill, wo ist Clyde!?!!? Hast du ihn heute schon gesehen?“ „Ja, wo ist er!?“ „Kommt er heute!?“ „Kommt Clyde?!“ „Nein! Und jetzt lasst mich in Ruhe!“, fuhr ich die Mädels genervt an und setzte mich in die letzte Ecke des Zimmers auf meinen Platz.

Die Anderen wendeten sich wütend von mir ab. „Pff! Zicke!“ „Was bildest du dir überhaupt ein, Schlampe!?“ „Ja, ja, ihr mich auch“, antwortete ich matt und widmete mich meinem Schulbuch, um sie besser ignorieren zu können. Ich hasste diese Klasse und war wirklich überaus froh, dass die Schule und mein Abschluss so gut wie fertig waren. Aber was sollte ich danach machen? Studieren? Arbeiten? Sterben? Ach, keine Ahnung... Hatte eh alles kaum einen Sinn.

Nur schwer überstand ich den ganzen Morgen und halben Mittag und freute mich sogar endlich wieder ein normales Gesicht zu sehen – Hailey! Dass sie mir heute Morgen so sehr zugesetzt hatte, hatte ich schon fast wieder vergessen und begrüßte sie mit aller Fröhlichkeit die ich aufbringen konnte.

„Und? War wieder schlimm heute?!“ „Ja, sie haben mich wieder über Clyde ausgequetscht.“ „Blöden Kühe! HEY!!!“ „Was?“ „Guuuck mal! SHIIIIN! HIER SIND WIIIIR!“ „Oh nein!“, murmelte ich entsetzt, weshalb sich Hailey fragend zu mir drehte und ich wieder ein Grinsen aufsetzen musste. Na toll... Die Beiden zusammen versauen mir den Tag.

„Hey! Hailey, Jill! Wie geht’s euch?“, fragte er mit seiner typischen Lässigkeit nachdem er angelaufen kam und uns beide nacheinander in den Arm nahm. Seinem tollen durchtrainierten Körper so nah zu sein fand ich einfach klasse und drohte für einen kurzen Moment in einen Tagtraum zu verfallen. Ich hielt ihn fest und stellte mir vor wie er mich zärtlich küsst.

Doch plötzlich wurde ich die Realität zurück gerissen und schubste Shin förmlich von mir weg, was ihn verwirrte.

„Was ist denn nun los?“ „Nichts!!! Lasst uns gehen!“ „Öhm... Okay... Kommt ihr noch mit zu mir?“, fragte Hailey. Eigentlich wollte ich absagen, doch Shin kam mir zuvor. „Sorry, aber mein Dad will, dass ich ihm heut bei der Karre helfe.“ „Schade. Du, Jill?“ „Ja, ich komm noch mit.“

So müsste ich wenigstens nicht zu Tante Scarlett und Onkel Rico nach Hause und mir den Geburtstag von Maiko geben. Wahrscheinlich waren Jenn, Jayden und Pia schon dort um miteinander zu feiern.

Wer Jayden und Pia waren? Nun... Zwei Jahre nachdem Mum und Dad verschwunden waren, wurde Tante Marisha von Onkel Kyle schwanger. Eigentlich wollte Mari kein Kind mehr, denn sie sah es als zu gefährlich zu diesen Zeiten. Doch letztlich konnte sie sich dazu hinreißen lassen und bekam den kleinen Jayden, der nun acht Jahre alt war.

Onkel Kyle hatte allerdings noch ein dunkles Geheimnis, das ich durch Zufall erfuhr und von dem sonst niemand was wusste. Weil ich die Beiden miteinander gesehen hatte und sie belauschte, bekam ich es mit. Er hatte sich wieder mit Naga getroffen, die schließlich ebenfalls von ihm schwanger wurde. Mit Pia! Ein Unfall? Keineswegs! Naga hatte erfahren, dass Marisha schwanger war und bequatschte ihn, wie unfair das sei... Tja, das Ergebnis konnte man dann ein paar Monate später sehen.

Bis heute dachte Mari, dass Pia nicht von Kyle ist, denn sie hat Augen und Haare von ihrer Mutter geerbt. Ich bin und war entsetzt über die Dummheit meines Onkels. Nun hatte er vier Kinder um die er sich allesamt nicht wirklich kümmert. Leider konnte ich noch keinen Moment abfangen, um es Hailey oder Tante Marisha zu erzählen. Eigentlich wollte ich mich da auch raushalten...

„Jill, was grübelst du denn?“, fragte meine Cousine mit ihrer kindlichen Art und hakte ihren Arm bei meinem ein. „Schon okay, ich bin nur froh, dass ich mir die Kiddies heute nicht geben muss.“ „Hehe! Ja, mein Bruder ist ätzend! Und Pia mit ihrer Schwärmerei für Maiko unerträglich.“ „Ja... Und er erkennt es nicht mal.“

Wie gut ich nur mitfühlen konnte... Arme Kleine.

Shin begleitete uns weiter und erzählte vom Fußball und wie beschissen er die andere Mannschaft fand. Vom Gemecker über die Gegner bis zum Geschwärme über das Training – alles war vertreten. Doch dies war auch das Einzige was ihn interessierte. Mädchen allgemein und Flirten interessierte ihn kaum und angemacht hatte er weder Hailey noch mich jemals, zu unsrer Enttäuschung. Wir hechelten ihm ja praktisch hinterher.

Plötzlich schweifte er vom Thema ab. „Hmm... Irgendwie kommt mir das seltsam vor. Wo bleibt unser täglicher Besuch?“ „Gute Frage“, antwortete Hailey sacht und schaute gen Himmel. Auch ich fing an mich umzusehen. „Vielleicht lassen sie uns ja heute mal in Ruhe?“ „Na du bist ja naiv, Blondchen“, lachte Shin. „Die haben sicherlich Schiss vor uns, haha!“, fügte er hämisch hinzu.

Doch wie auf Kommando und als hätten sie es gehört, schlug plötzlich eine Energiekugel neben uns ein. Der Druck ließ uns alle drei erstmal zu Boden fallen. Da wir das inzwischen aber gewöhnt waren, standen wir schnell wieder auf.

„Tja, Shin... Schiss?!“ „Keine Spur! Na wartet!“, rief er den im Himmel schwebenden Dämonen zu, die sich endlich zeigten.

„Wann kriegt ihr eigentlich endlich genug?“, rief ich zu ihnen hoch, während Shin schon seinen ersten Angriff startete. Er hob die Hand und ließ Erdbrocken auf sie fliegen. Diesen wichen sie gleich aus. „Wir haben dann genug, wenn ihr endlich alle tot seid!“ „Hört doch endlich auf zu kämpfen! Bitte! Das muss ein Ende haben!“ „Hahahaha! Jetzt hört euch die kleine Blonde an. Niedlich! Ich geb dir ne Antwort!“

Schneller als wir gucken konnten bekam Hailey ne Energiekugel ab und wurde gegen eine Mauer geschleudert, die viel Staub hinterließ.

Ich wusste, ihr geht es trotzdem noch gut. Ihre Aura war deutlich spürbar. Shin startete den nächsten Angriff aus Ranken, die die Dämonen zerschneiden sollten. An den Ranken waren riesige Dornen, die zumindest einen der Dämonen umklammerten.

Ich ließ diesen Dämon mit meinen Kräften einfrieren, der wiederum von Haileys Windböe zerfetzt wurde. Einer weniger! Shin jubelte: „HA! Der Nächste bitte!“ Ich guckte kurz nach meiner Cousine, die wieder fest auf den Beinen stand, jedoch dreckige Klamotten hatte und das gar nicht so witzig fand wie unser Kumpel.

„In der Luft sind sie zu schwer erreichbar...“, bemerkte ich nachdenklich, während Shin und einer Attacke von ihnen auswich. „Das kann ich ändern!“ Hailey fing an ihren Arm hin und her zu schwenken, wodurch sie den Wind so stark beeinflusste, dass eine riesige Orkanböe entstand. Sie war so stark, dass sich die Dämonen nicht mehr in der Luft halten konnten und landen mussten.

„So, willkommen auf festem Boden!“, sagte Shin selbstsicher und grinste. Er sprang hoch und sammelte seine Kräfte, die er auf den Boden lenkte. Einige Meter weiter vorne entstanden plötzlich Risse im Boden, wodurch wieder gigantische Wurzeln hervorkamen, die weitere Dämonen mit sich rissen. Hailey wirkte gehetzt. „Leute, wir sollten es langsam zu Ende bringen! Wir müssen weg hier, bevor die Bullen kommen!“ „Haha, zum Glück sind hier nie Leute unterwegs zu diesen Zeiten. Los, gehen wir!“

Wir drei rannten die Straße weiter Richtung zu Hause. Noch einmal gingen wir auf Nummer sicher um zu verhindern, dass uns einer der restlichen Dämonen gefolgt war, doch alles war in Ordnung. Hailey seufzte schwer.

„Oh Mann, ich will nicht mehr! Dieses ewige Kämpfen nervt!“ „Ganz ruhig, Kleine! Ich find es ganz witzig.“ „Hahaaa!“, entgegnete sie genervt, worauf hin er verständnisvoll lächelte und sie in den Arm nahm und mir ganz und gar nicht gefiel. Ich konnte mir das nicht mit ansehen und drehte mich weg, doch hören konnte ich sie immer noch.

„Sei nicht so besorgt, okay? Passieren wird dir eh nichts, solange ich dabei bin.“ „Du... Du beschützt mich?“ „Immer!“

Ekelhaftes Gefasel! Flüchtig drehte ich mich noch mal um und bemerkte wie Hailey immer mehr zitterte und scheinbar versuchte sich Mut zu machen. Es war wie ein Stich ins Herz, als sie sich plötzlich auf die Fußspitzen stellte und ihn küsste. Oh... Mein... Gott!!! Warum konnte ich mich nur nicht für sie freuen? Und ich dummes Mädchen wollte es ja nicht anders...

Mit verwunderten Blicken löste er sich von ihr und lief einfach davon, ohne noch ein Wort zu verlieren. Und Hailey stellte sich völlig außer sich und hibbelig vor mich.

„Hast du das gesehen!? Oh Gott, ich hab ihn geküsst! Wahnsinn!!! Ich bin ganz aufgeregt! Puh! Ich muss erstmal verschnaufen... Puhhhh!!!“ „Wow...“, erwiderte ich matt und folgte ihr ins Haus.

„MAAAA, WIR SIND ZU HAUSE!“, rief sie in die Küche und rannte gleich nach Oben in ihr Zimmer. Ich war schon so oft bei ihr, dass ich schon zum Inventar zählte und gar nicht mehr auffiel. Ne Sonderbehandlung als Gast bekam ich auch nicht mehr, ich war praktisch zu Hause.

Marisha begrüßte mich warmherzig und nahm mir die Regenjacke ab. „Na? Wie war die Schule heute?“ „Beschissen!“ „Ohje. Willst du was trinken? Essen ist auch gleich fertig.“ „Tantchen, du bist einfach perfekt. Ich nehm ne Cola“, sagte ich begeistert und war für einen kleinen Moment abgelenkt. Meiner Freundin und Cousine folgte ich nicht nach oben, sondern setzte mich erstmal ins Wohnzimmer und schaltete den TV ein, wo grade eine Sondermeldung in den Nachrichten lief.

» Die seltsamen Katastrophen finden einfach kein Ende! Letzt erst gab es diesen riesigen Orkan, neulich eine Flut und nun finden Anwohner dieses Wurzelwerk, dass die ganze Straße zerrissen hat. Alles aus dem Nichts! Wir berichten weiter über diese seltsamen Ereignisse.«

Huch... Dass sie Shin's Schaffenswerk so schnell finden und ausstrahlen würden hätte ich nicht gedacht. Marisha stand mit offenem Mund hinter mir. Scheinbar hatte sie es auch gesehen.

„War das... Shin?“ „Ehm ja... Wir wurden eben angegriffen.“ „Kinder, ihr müsst vorsichtiger mit der Öffentlichkeit umgehen.“ „Ja, ich weiß... Tut mir leid, Tante.“ „Hier, dein Trinken. Ich ruf euch gleich zum Essen.“

Das was im TV lief war mir zu beunruhigend und so beschloss ich dann doch erstmal nach oben zu Hailey zu gehen, die auf ihrem Bett lag und mit leuchtenden Augen ihre Decke anstarrte.

„Hast du dich wieder beruhigt?“ „Ehm... Was!? Eh ja! Nein... Ich hab Shin geküsst!!!“ „Hailey... Es nervt.“ „Ja, sorry... Aber... Oh mein Gott!!!“

Ich seufzte genervt und meine Laune sank in den Keller und noch tiefer. Sie würde mir das nun die nächsten Wochen vorhalten... Sicher! Ich konnte es mir nicht länger als eine halbe Stunde anhören, da wurde mir alles zu viel. Als sie weiterhin nicht aufhörte, sprang ich plötzlich auf und verließ fluchtartig das Haus. Dabei rannte ich beinahe noch Tante Mari über den Haufen, die mir gerade mein Essen geben wollte. Schade drum – aber ich konnte einfach nicht mehr.

Mit dicken Tränen, die mir über die Wange kullerten, rannte ich über die lange Straße hinweg nach Hause, wo ich mich am Kindergeburtstag vorbei schlich und mich in meinem Zimmer einsperrte.

Dort ließ ich mich einfach auf Clyde's Bett fallen und heulte mich aus. Von unten waren Scarlett's Schreie wieder laut und deutlich hörbar. Ebenso das Geschrei von Maiko und Jenn, die sich ständig prügelten. Dumme kleine Jungs eben... Wie ich sie hasste...

Als es eine Stunde später an die Tür klopfte, reagierte ich nicht. Ich wusste, dass es Jenn war, denn sie rief besorgt nach mir. Ich wollte nichts sehen und nichts hören. Viel zu sehr hatte ich mich aufs Heulen konzentriert und wie scheiße doch alles war. Ich hasste dieses Leben und alles drum herum. Inzwischen sogar das Einzige was mir eigentlich noch Freude brachte – meine Freunde. Hailey und Shin nervten. Wenn sie erstmal zusammen kämen, müsste ich sie stets ertragen... Das würde ich nie im Leben aushalten.

Einige Stunden später und als es schon dunkel wurde, lag ich unverändert auf dem Bett von meinem Bruder. Meine Augen taten weh und waren schwer, doch kurz vorm Einschlafen hörte ich plötzlich ein Geräusch, das vom Fenster kam. Es war Clyde, der vom dicken Ast, der zum Baum nebenan gehörte, einfach hineingesprungen kam und schwer schnaufte.

„Huch? Keiner da?“, fragte er in die Dunkelheit. Eigentlich wollte ich auch ihm nicht antworten, doch mein Schniefen war unüberhörbar. Er orientierte sich daran und setzte sich neben mich auf die Bettkante.

„Jill? Was ist denn passiert? Warum weinst du?“ „Ach...“, antwortete ich heißer und tat mich schwer weiter zu reden. Clyde legte sich neben mich und ließ mich an sich kuscheln. Es war schön wenigstens einen Moment der Geborgenheit zu haben. Clyde sollte öfter da sein.

„Nun erzähl! Was ist denn schlimmes passiert?“ „Hailey... Und Shin.... Werden wohl bald ein Paar sein. Und ich hasse es... Ich will mit Shin zusammen sein! Wenn die beiden nur noch nen Kopf füreinander haben, dann hab ich bald gar niemanden mehr!“, weinte ich laut heraus und bekam einen neuen Heulkrampf. „Du hast doch...“ „Sag jetzt bloß nicht, dass ich ja dich hab!!! Du bist kaum da!“ „Tut mir leid...“ , antwortete er bedrückt und schwieg. „Am liebsten würde ich die Koffer packen und weg von hier gehen. Das ist doch alles zum Kotzen!“ „Ja, verstehe ich. Aber so einfach ist es nicht. Und ich weiß nicht wie ich dir helfen könnte.“

Wieder seufzte er und schwieg... Ich merkte, wie ihm immer mehr die Worte fehlten und beschloss zur Ablenkung das Thema zu wechseln.

„Wo warst du heut eigentlich überall? Man hat in der Schule nach dir gefragt.“ „Ich hab Maya getroffen und mit ihr einen drauf gemacht. Wer hat denn nach mir gefragt?“ „Die ganze Klasse... Zumindest der weibliche Teil davon...“ „Oho!“ „Haha... Ja... Toll! Mit Maya einen drauf gemacht?“

Diese Schlampe! Hat sie es also wirklich wahr gemacht!

„Ja... Sie hat mich eben gefragt ob wir zusammen rumhängen wollen. Haben uns in ne Seitengasse gehockt, das miese Wetter genossen und uns besoffen...“ „Und sicherlich mehr als das“, sagte ich matt und wollte mir gar nicht vorstellen, was sie noch so genommen hatten. „Joah... Auch mehr als das...“, sagte er locker hinweg, als sei mit ihr Sex zu haben und Drogen zu nehmen absolut nichts weltbewegendes. Es war doch keine gute Ablenkung, denn nun kam auch noch die Wut auf Maya dazu. Ich schnaufte wütend.

„Ihr würdet besser mal zur Schule gehen und euch um eure Noten kümmern!“ „Ich hab es dir schon mal gesagt.“ „Ja und!? Willst du als Versager und Loser sterben!? Hinterlass doch wenigstens was Positives von dir! Willst du gehen mit dem Gedanken, dass alle von dir sagen, du wärst als elender Junkie draufgegangen?“

Doch es kam gar nichts mehr von ihm. Er war eingeschlafen... Eine nutzlose Hilfe und ein hoffnungsloser Fall. Wieder war ich allein, doch daran sollte ich mich langsam gewöhnen, denn dies schien mein künftiger Standard zu sein...
 

~ Kapitel 1 ~ Hölle auf Erden ~ Ende~ Fortsetzung folgt ~
 

Hier ist es also – das brandneue Kapitel zur brandneuen Story! :) Ich bin echt gespannt wie sie bei euch ankommt! Es ist echt schwierig diesmal, denn der erste Teil dieser Story war früher eine ganz eigene Staffel und damit werde ich einen Übergang schaffen müssen. Ich wollte aber trotzdem eine Trilogie und keinen Vierteiler, also lass ich mir schon was einfallen ;)
 

Viel Spaß noch und danke fürs Lesen :) Eure Kiro!

Der große Wunsch

Mein größter Wunsch... Schon seit meiner Kindheit hatte ich den großen Wunsch, irgendwann richtig mit Shinji zu gehen und nun schien er sich endlich zu erfüllen! Ich hatte ihn geküsst und ich war so stolz auf mich... Doch wie soll es mit uns weitergehen? Ich überlegte mir, dass es vielleicht eine gute Idee wäre, ihn einfach mal anzurufen und ihn zu fragen ob wir uns mal treffen wollen – alleine.
 

Kapitel 2 ~ Der große Wunsch


 

~ Hailey Hiwatari ~

...

„Hallo?“ „Hi Shin, ich bin es, Hailey. Ehm... Ich wollte fragen, ob wir zusammen was unternehmen wollen. Nur du und ich.“ „... Klar, warum nicht.“

...
 

„Jayden, langsam nervt es!“ „Ooooch! Armes Schwesterlein!“ „Geh zu Maiko und nerv ihn!“, drängte ich meinen kleinen Bruder, der mir schon seit geschlagenen zwei Stunden auf die Nerven ging. Dabei wollte ich mich einfach nur hübsch machen für mein Date mit Shinji. Irgendwie hatte ich ja ein schlechtes Gewissen Jill gegenüber. Ich hatte die vage Vermutung, dass nicht nur ich auf Shinji Kanzaka stand. Doch... Jill unternahm nichts um mich jemals von meinen Schwärmereien und Anspielungen abzuhalten, also ging ich davon aus, dass alles in Ordnung war.

Während ich in den Spiegel guckte und meine Wimpern tuschte, musste ich daran denken wie traurig meine beste Freundin immer war, seit sie bei Rico und Scarlett lebte. Und nicht nur sie. Ich hatte Angst – Angst um Clyde. Er sah seit Jahren nicht mehr gut aus und trieb sich selbst in den Ruin. Die Beiden waren nicht mehr die besten Freunde, die ich von früher kannte. Sie verhielten sich inzwischen richtig zurückgezogen und meist depressiv.

Es brach mir regelrecht das Herz. Vor allem wegen meines ausgeprägten Helfersyndroms. Mit einem zufriedenen Lächeln drehte ich den Lippenstift wieder zu und schnappte meine Handtasche, mit der ich mich leise aus dem Haus schleichen wollte. Leider hatte Jayden mich verpetzt, weshalb Dad vor mir stand mit den Händen in die Hüfte gestemmt.

„Junge Dame? Wo geht es jetzt noch hin?“ „Oh! Jill hat mich gefragt, ob wir noch ins Kino gehen können. Ich darf doch mit Jill weg, oder Paaapiii?“, fragte ich mit einem aufgesetzten Hundeblick, dem er nicht widerstehen konnte. Er bekam richtig weiche Augen und faltete die Hände.

„Natürlich mein Schatz! So lange du mit Jill unterwegs bist, sehe ich keine Gefahr. Keine Männer!“, ermahnte er mich noch einmal mit erhobenen Zeigefinger, wie immer, wenn ich das Haus verließ. Er kannte Shinji auch schon ewig und wollte nie, dass wir was zusammen machen. Clyde wurde gerade so akzeptiert. Aber Clyde... Haha! Er und ne Beziehung. Wahrscheinlich wusste mein Dad, dass mit Clyde um Gottes Willen niemals was laufen würde. Er war eh zu dünn und zu klein. Geschweige denn von seiner Drogensucht. Ich kümmerte mich gerne um ihn und machte mir auch oft Sorgen, jedoch nur als gute Freundin und Cousine.

„Gut! Dann viel Spaß und sag Jill nen schönen Gruß von Onkel Kyle, haha!“ „Mach ich. Bis später, Paps!“ „Mal sehen, ich bin heute Abend nicht zu Hause.“ „Dann eben bis morgen!“, seufzte ich und war froh ihn endlich los zu sein. Während ich so die Straße herab lief, musterte ich den Himmel mit skeptischen Blicken. Meine Güte! Es war Sommer! Jedoch keine Spur davon... Ungewöhnlich kühl war es für die Jahreszeit und es regnete fast täglich schon das ganze Jahr lang.

Als Luft-Hüterin läge es natürlich in meiner Macht etwas am Wetter zu ändern, doch wir waren uns alle einig, dass wir die Elemente nicht beeinflussen. Graue Wolken... Ich hoffte wirklich, dass es nun nicht regnen würde. Meine Frisur saß gut, immerhin wollte ich Shinji gefallen. Wir wollten uns außerhalb treffen und miteinander erstmal essen gehen, worauf ich mich total freute. Den ganzen Tag hielt ich schon meinen Hunger zurück um heute Abend richtig zu schlemmen. Wie immer, wenn ich die Straße entlang lief, guckte ich mir meine Umgebung ganz genau an und hoffte Jill nicht zu begegnen. Sie würde mich fragen wo ich hin wolle... Und ihr zu sagen, dass ich ein Date mit Shin hab, wäre wohl nicht so schön für sie – Zumindest falls meine Vermutung stimmen sollte.
 

„DU GEHST MIR TIERISCH AUF DEN ARSCH, MAN!“ , hörte ich auf einmal jemanden schreien, weshalb ich mich sofort umdrehte und nach der Stimme suchte. Sie kam von der Seitengasse rechts, wo ich mich vorsichtig hin schlich. Meine Neugierde und mein Helfersyndrom rissen mich so oft in unangenehme Situationen. Wie oft dachte ich mir 'Hailey, halt dich doch einfach da raus!', aber das konnte ich mal wieder nicht.

Diesmal war ich froh drum, denn es war mein Cousin Clyde, der in Schwierigkeiten steckte. Irgendein Kerl, der sehr stattlich gebaut war und mindestens drei Köpfe größer war als mein Cousin, packte ihm am Kragen und schlug ihn mehrmals gegen die Wand, ehe Clyde herabsank und nicht ganz bei Sinnen wirkte. Entsetzt beschloss ich ihm helfen zu müssen, auch wenn mein tolles Outfit und auch meine Frisur darunter leiden würden. Und selbst wenn ich zu spät käme! Clyde brauchte mich nun! Entschlossen rannte ich zu den Beiden und stellte mich schützend vor meinen Cousin.

„LASS IHN IN RUHE!“ „HÄ!?! Was will 'ne kleine Schlampe wie du auf einmal hier?! Kennst du den!?“ „Er ist mein Cousin! Und ich brech dir alle Knochen, wenn du ihn nicht in Ruhe lässt!“ „Oho! Ganz schön mutig für so 'ne kleine Schlampe. Und nun soll ich Angst haben? Wenn ich ihn in Ruhe lassen soll, dann soll er gefälligst auch seine Drogen bezahlen, die ich ihm im Voraus gegeben hab!“ „Er hat sicher noch vor das zu bezahlen!“ „Ja, er wird bezahlen! Mit all seinen KNOCHEN!!!“, brüllte der Riese und nahm keine Rücksicht auf eine kleine Frau wie mich. Er holte mit der Faust aus und wollte mich damit erschlagen, doch ich fing sie mit bloßen Händen ab und stützte mich daran um durch einen Handstand über ihn hinweg hinter ihn zu kommen. Das ging schneller als er gucken konnte und ich drehte seinen Arm hinter seinen Rücken, wovon er vor Schmerzen wimmerte.

„Ist das nicht etwas peinlich? Fertig gemacht von einer kleinen, zierlichen Blondine! Tja, selbst kleine Schlampen können sich wehren“, triumphierte ich und drückte ihn gegen die Wand, wo ich dann endlich los ließ.

„Also! Finger weg von Clyde, oder ich muss wieder kommen! Und glaub mir, das war bei Weitem nicht alles was ich kann!“, drohte ich und beobachtete wie er davon lief ohne noch ein Wort zu verlieren. Endlich konnte ich mich um Clyde kümmern, der wieder zu sich kam und seine Hand stöhnend auf die Stirn legte.

Ich kniete mich sofort neben ihn und legte meine Hände auf seine Schultern: „Ist alles in Ordnung? Geht’s dir gut?“ „Es geht...“ „Mit welchen Typen legst du dich denn auch an?“ „Wo... Wo ist er?“, fragte er noch leicht benommen und guckte sich mit seinen müden Augen um. Wie er wieder aussah... Verengte Pupillen, Augenringe die richtig dunkel wirkten... Ach Clyde... Ich will gar nicht wissen wann du das letzte mal etwas gegessen und gut geschlafen hast.

„Ich hab ihn verprügelt und in die Flucht geschlagen“, erklärte ich stolz und erwartete ein Danke oder ein Lob, doch Clyde wirkte entsetzt und stand hektisch mit einem anschließenden Torkeln auf: „WAS?! BIST DU VERRÜCKT!?! WO BEKOMM ICH DENN AUF DIE SCHNELLE NEN NEUEN DEALER HER!?!?!“ „Der wollte dich umbringen!!!“ „Ja und, das wollte er schon öfter und trotzdem lebe ich noch! Boah, das kotzt mich jetzt an! Danke auch!“ „Du bist so undankbar!!!“, fuhr ich ihn fassungslos und mit Tränen in den Augen an.

„Nein, ich sitze nur einfach ganz tief in der Klemme, jetzt wo er weg ist. Fuck!“ „Tzz...“, quetschte ich beleidigt heraus und machte mich mit glasigen Augen auf, davon zu laufen, doch Clyde konnte mich vorher am Arm packen und mich zurück ziehen. Mir wurde ganz anders zumute, als er seine Arme um mich legte und tief seufzte.

„Jetzt sei nicht beleidigt, ich mein es ja nicht böse. Ich will jetzt mal nicht undankbar sein also... Danke, Cousinchen.“ „Clyde... Wenn du willst, dass ich dir verzeihe, dann gehst du bitte zu Jill nach Hause, isst was Gescheites und schläfst, ja?“, fragte ich traurig und schmiegte mich an ihn. „Ist gut...“, antwortete er leise und löste sich von mir. Ohne sich umzudrehen und sich zu verabschieden lief er langsam davon. Ob der nun wirklich auf mich hören würde? Skeptisch tapste ich ihm hinterher und guckte um die Ecke. Die Richtung stimmte schonmal... Puh! Wenigstens auf mich hörte er wohl noch etwas.

Doch nun bekam ich einen Schrecken, als ich auf die Uhr sah. Shin wartete doch auf mich!!! Gehetzt rannte ich die Straße weiter, blieb mit meinem Kopf jedoch bei Clyde um den ich mich wieder einmal sorgte. Es war nicht fair. Ich sollte mich auf ein Date mit dem Typen freuen, auf den ich so stehe und dann... Denke ich nur an Clyde... Immer nur Clyde...

Völlig außer Puste kam ich am Restaurant an, wo Shinji schon völlig ungeduldig wartete. Mit etwas verzogener Mine kam er auf mich zugelaufen und hielt mir sein Handgelenk mit seiner Armbanduhr vor, auf die er wütend zeigte: „Nennst du das pünktlich?“ „Es... Es tut mir voll leid, Shin! Ich bin pünktlich los gegangen... Aber dann sah ich wie sich irgend so eine Schlägertype an Clyde vergehen wollte und musste einfach dazwischen gehen.“ „Was?! Jemand wollte unsren Kleinen verhauen!?! Boah, dem geb ich!“ „Hab ich schon getan. Also? Noch sauer?“ „Nee... Wenn's für den Kurzen war, seh ich drüber weg“, sagte er grinsend und führte mich in das Lokal.

Sein Aussehen beeindruckte mich heute einfach. So hatte ich ihn noch nie gesehen. Zwar wirkten seine Haare wild und aufgepeppt wie immer, auch seine Piercings stachen hervor, doch er sah trotzdem so chic aus in seinem Anzug. Sein Anzug war auch typisch Shin. Er war nicht zugeknöpft und auch nicht durch eine Fliege um den Hals verziert – Shin trug ihn offen und sein weißes Hemd hatte er nicht in die Hose gesteckt. Seine Turnschuhe, die er dazu trug, waren auch sehr auffällig. Ich mochte es! Er hatte wirklich seinen eigenen Stiel.

Höflich wie ein echter Gentleman schob er mir meinen Stuhl zurecht und ließ mich darauf Platz nehmen, ehe er mich mit dem Stuhl vorsichtig zum Tisch schob.

Ich konnte meine Blicke kaum von ihm abwenden und hyperventilierte fast vor Glückseligkeit.

Kaum eine Minute später kam auch schon die Bedienung und nahm unsere Bestellung auf. Meine Zunge brannte richtig auf das gute Essen, das mir Shin bezahlen würde. Er guckte mich erwartungsvoll an... Sicher! Nach unserem Kuss von gestern kamen wir nicht mehr dazu miteinander zu reden. Doch irgendwie wurde ich unsicher... Ob das eine gute Idee war? Immerhin waren wir keine dummen Kinder mehr, die sich ohne Probleme näher kamen und nicht weiter darüber nachdachten.

Er legte sein Kinn auf seine Handrücken ab und grinste: „Der Kuss letzt... Was hatte der genau zu bedeuten, wenn ich fragen darf?“ „Ehm!!! Ääääh!!! Naja... Tut mir leid, falls du das unangenehm fandest“, antwortete ich verlegen und wich seinen Blicken aus. Doch dann legte er seine Hände auf meine Zitternden und lächelte mich an: „Unangenehm? Wir kennen uns doch schon ewig, was stellst du dich so an?“ „Ich... Ich weiß ja nicht... Es ist alles so kompliziert.“

Plötzlich stand er auf, zog mich an der Hand von meinem Stuhl, sodass ich vor ihm stand und küsste mich lang und innig.

„Siehst du? Gar nichts ist kompliziert“, flüsterte er mir ins Ohr und küsste mich erneut, ehe wir uns wieder hinsetzten um die anderen Leute um uns herum nicht zu stören. Einige, die bei uns in der Nähe saßen hatten auf einmal richtig verträumte Blicke drauf und von manchen konnte ich sogar ein leises „Oooooh wie süß“ hören.

Endlich kam auch unser Essen, was mir das Wasser im Mund zusammen laufen ließ. Ich konnte mein Glück kaum fassen! Ich bin mit Shin zusammen! Endlich! Mein großer Traum... Er wurde endlich wahr! Ich konnte es kaum erwarten es Jill zu erzählen, ehe mir einfiel, dass das vielleicht erstmal gar keine gute Idee war. Sie sollte es schonend erfahren... Und Clyde... Hoffentlich ging er wirklich nach Hause. Was, wenn er wieder Maya in die Arme gelaufen war?

„Hail? Was ist denn?“, fragte Shin auf einmal und riss mich aus meinen Gedanken. „Mh, ich hab mich nur gerade gefragt, ob Clyde sich daran gehalten hat und nach Hause gelaufen ist.“ „Was soll er denn dort?“ „Essen und schlafen!? Er sieht grauenhaft aus!“ „Moment kurz, das haben wir gleich.“

Er holte sein Handy aus der Tasche und suchte eine Nummer raus. Ich war gespannt was er vorhatte.

„Jo, Kurzer? Wo biste?... Kay. Jo, mehr wollt ich gar nicht wissen. Ich hab dich auch lieb. Knuuutscha! Hahahahaa!!!“ Er packte das Handy wieder weg und grinste mich an: „Siehst du? Dem Kleinen geht’s gut, er ist zu Hause bei Jill.“

Ich atmete erleichtert durch und war Shin dankbar, dass er sich darum gekümmert hat, dass ich mir keine Sorgen mehr machen muss. Wieder konnte ich unser Date genießen bis wir fertig gegessen hatten. Danach schlug ich ihm vor noch mit zu mir zu kommen. An Dad mussten wir uns ja nicht vorbei schleichen, denn der sagte ja, dass er nicht zu Hause sei. Ich fragte mich wo er schon wieder steckte! Aber das sollte mir heute Abend ja eigentlich egal sein.

Oben in meinem Zimmer saßen wir beide voreinander und wussten, dass es nun gar nicht mehr so locker sein sollte, wie die ganze Zeit über. Wir wussten, dass nun etwas passieren musste. Ich kannte Shin schon so lange und war auch schon so lange in ihn verknallt. Aber nun, wo ich meinem Ziel so nahe gekommen bin, darf ich keinen Rückzieher mehr machen! Shin saß schweigend neben mir und guckte mir in die Augen. Was soll ich nur sagen? Vor Verlegenheit trieb es mir die Schamesröte ins Gesicht, was noch schlimmer wurde, als er plötzlich seine grünen Augen schloss und sich zu mir lehnte um mich zu küssen.

Fast wie in Zeitlupe kam es mir vor wie sich unsere Lippen berührten. Ich sehnte mich so sehr nach ihm, dass ich mich nicht nur mit einem Kuss abfinden würde. Ich schlang meine Arme um ihn und ließ mich nach hinten fallen um ihm deutlich zu machen was ich wollte. Es war mir klar, dass er darauf ohne zu zögern eingehen würde, auch wenn er mich erstaunt musterte.

„Was?“, kicherte ich und küsste ihn erneut. „Ach... Nichts“, antwortete er nur erstaunt und ging erneut darauf ein.

Wie er mich anfasste und streichelte... Es war so schön, dass ich meine Augen schloss und versuchte an nichts mehr zu denken, was mir in diesem Augenblick der Leidenschaft nicht schwer fallen sollte, doch... Wieso zog es mir auf einmal so durch den Magen? Sollte ich diesen Moment nicht vollkommen genießen? Mit geschlossenen Augen und gerunzelter Stirn stellte ich mir vollkommen automatisch plötzlich vor, dass das nicht Shin war, der mich gerade berührt. Ich stellte mir vor wie Clyde auf mir lag und mich streicheln und küssen würde. Es war ein schöner Gedanke, der mich auf einmal aufschrecken ließ, als mir mit schlechtem Gewissen klar wurde, was ich da gerade getan hatte. Ich hatte mir Sex mit einem anderen Mann vorgestellt während mein eigener Freund, mit dem ich gerade mal eine Stunde zusammen war, auf mir lag und mich küsste. Eine Stunde... Würde ich Shin nicht seit Geburt an kennen, wäre mir das eh viel zu schnell.

Aber Clyde... Warum er!?! Ich konnte mir doch noch nie eine Beziehung oder Ähnliches mit ihm vorstellen!

„Stimmt was nicht?“, fragte Shin, der meine geistige Abwesenheit bemerkte und mich besorgt anguckte. „Nein, es ist schon alles in Ordnung aber...“ „HAILEY!!!“, ertönte auf einmal ein fröhlicher Ruf, der von Jill kam, die gerade zu uns ins Zimmer platzte und uns entsetzt ansah, als sie bemerkte, dass sie uns irgendwie störte. Mein Magen zog sich zusammen – sie hatte auch Clyde dabei, der beide Augenbrauen weit nach oben gezogen hatte und grinste... Wieder dieses Kribbeln... Ich verstand nun gar nichts mehr...
 

~ Clyde Coldfire ~


 

… Eine Stunde zuvor...
 

Hailey war komisch... Warum sorgte sie sich nur immer so um mich? Ja, wir waren miteinander befreundet und verwandt, aber eigentlich war es doch meine Sache, was ich den ganzen Tag so tat. Wie sie sich so um alle kümmert... Schon irgendwie niedlich, doch für mich käme niemals eine feste Beziehung in Frage. Nicht bei meinem Schicksal. Zudem würde es wohl keine normale Frau mit mir aushalten. Weiterhin darüber grübelnd und mit benebeltem Kopf führte mein Weg mich immer geradeaus bis ich schließlich vor einem Haus stand, von dem ich mir wenigstens ansatzweise sicher war, dass ich hier wohnte. Nun! Bisher hab ich so gut wie immer wieder dort hin gefunden! Jill's Duftfahne ist aber auch kaum zu verfehlen! Mit einem leichten Ruck sprang ich auf den Ast von dem Baum, der neben dem Haus stand und kletterte über den Ast durch das Fenster, das wie immer offen stand. Jill, die mich erschrocken anguckte, fing plötzlich an zu strahlen bei meinem Anblick und sprang sofort auf: „Clyde! Da bist du ja wieder! Du bist erstaunlich oft zu Hause in letzter Zeit.“ „Ach... Auch nur weil Hailey meinen Dealer vergrault und mich nach Hause geschickt hat.“

Bis ich einen Neuen finden würde, würde es wieder ewig dauern! Ihr hatte ich nun einigen Ärger zu verdanken, was mich dann doch leicht wütend machte.

„Was hat sie gemacht? Wie das?“ „Sie hat den Alten verkloppt und hat gesagt ich soll heim gehen, etwas essen und schlafen! Herumkommandiert von nem ollen, kleinen Mädchen!“ Jill starrte mich mit offenem Mund an und überlegte: „Sag mal! Was würdest du von ner Beziehung halten?“ „MIT DIR!? Du bist meine Sis! Hallo!? Hab ich da was verpasst!? Jill! Du bist ne heiße Braut und bei Gott, ja! Ich würde dich sofort flachlegen aber du bist meine Sis und hast somit eine abstoßende Wirkung!“, fuhr ich sie empört an. Sie verdrehte die Augen und drehte sich weg, ehe sie sich auch schon wieder zu mir drehte und grinste: „Nein! Ich meine Hailey!“ „Achso! Wieso denn Hailey?“, fragte ich sie verwundert und ahnte schon warum. Ich erwartete ihre Antwort, doch plötzlich klingelte mein Handy, auf dessen Display ich Shin's Nummer sehen konnte.

„Ja?“ „Jo, Kurzer... Wo biste?“ „Bei Jill zu Hause...“ „... Kay!“ „Sonst nichts?“ „Jo, mehr wollt ich gar nicht wissen.“ „Toll... Depp!“ „Ich hab dich auch lieb! Knuuutscha! Hahahahahaaa!“ „BÄH!“

Entsetzt legte ich auf und guckte zu Jill die ihr Gesicht angewidert verzog. „Also, wo waren wir? Beziehung? Mit Hail?“ „Nein, ich mein das nicht ernst. Aber du kannst dich doch an sie ran machen damit Shin wieder für mich frei ist, haha!“ „Du bist echt verzweifelt.“ „Wie ich eben sagte, ich meine das nicht ernst. Ehm, willst du dann Hailey's Wunsch nachkommen und etwas essen?“ „Dazu müsst ich ja in die Küche! Garantiert net!“ „Na los! Irgendwann müssen Scarlett und Rico dich auch mal wieder sehen. Ich kann nicht ewig für dich lügen!“

Ich seufzte schwer und torkelte leicht die Treppe hinunter, am Wohnzimmer vorbei in die Küche. Die Beiden saßen im Wohnzimmer und bemerkten mich nicht – dachte ich zumindest – bis Onkel Rico auf einmal hinter mir stand mit den Händen in den Hüften und skeptischen Blicken.

„Aha!? Wo kommt denn der feine Herr auf einmal her? Lässt dich auch nur blicken wenn du Hunger hast, oder?“ „Nein, ich wurde zum essen gezwungen, tut mir leid. Beschwer dich bei Hailey“, antwortete ich trotzig, nahm mir ein Stück Kuchen, das da herrenlos herumlag.

„Ey! Das ist mein Kuchen!“, fuhr Rico mich an, als er sah, was ich mir genommen hatte. Ich schenkte ihm kaum Aufmerksamkeit, doch ich fand es lustig ihn zu ärgern, also nahm ich das ganze Stück auf einmal und stopfte es mir komplett in den Mund sodass sogar Stückchen, die nicht mehr rein passten zu Boden fielen. Mit unschuldigen Augen guckte ich ihn an: „Sorry, wolltest du etwas?“, fragte ich als ich mit viel Mühe mein Mund wieder leer bekommen hatte.

„Du kleiner...“ „Ganz ruhig! Jetzt nur nicht ausflippen... Oh, war das deine Lieblingssorte? Huch!“ „CLYDE COLDFIRE ICH BRING DICH UM!!!“, schrie er und fing an mich zu jagen.

So schnell ich konnte hetzte ich hinauf in unser Zimmer und klatschte die Tür hinter mir zu. Jill schreckte davon so sehr auf, dass sie von ihrem Stuhl fiel. „WAS ZUR...!?“ „Sorry, ich muss weg!!!“ „Hä!?“

Ich nahm Anlauf und sprang aus dem Fenster. Dort landete ich sacht auf dem Baum und ließ mich einfach auf den Boden fallen und abrollen. Zu meinem Erstaunen kam Jill hinterher, doch anders als ich sprang sie nicht erst auf den Baum sondern landete gleich auf der Straße.

„Was war da denn los?“ „Ich hab Onkelchen nur das letzte Stück Kuchen geklaut, haha!“ „Oh, das macht ihn böse.“ „UH ER KOMMT!!! SCHNELL WEG!!!“

Ich packte Jill am Arm und zerrte sie an Stück mit bis sie begriffen hatte was passierte und selbst rannte. Obwohl die Situation eigentlich ernsthaft war, rannten meine Schwester und ich laut lachend davon und ließen uns einige Meter weiter in den Sand am Ufer fallen.

Jill lachte immernoch, doch ich hatte Probleme gescheit Luft zu bekommen, meine Brust schmerzte schon wieder. Ich hätte nicht so viel rennen dürfen und bereute den Spaß gleich wieder. Ich war froh, als es nach ein paar Minuten wieder ging.

Jill seufzte und lehnte sich neben mich: „Schön, dass es zumindest noch ein paar tolle Momente in diesem Leben gibt.“ „Sieh es nicht so negativ... Du hast noch so viel Zeit“, antwortete ich bedrückt. Sie war immer so mies drauf und depressiv... Dabei hatte sie noch genug Gelegenheiten Glück zu erleben und sich zu Freuen. Für mich wäre in zwei Jahren all dies zu Ende und dabei hab ich nicht mal etwas erreicht...

„Ich hasse aber den Gedanken in all dieser Zeit Shin und Hailey glücklich sehen zu müssen. Sie sind eigentlich die einzigen Freunde die ich hab. Aber derzeit leide ich zu sehr wenn ich mit ihnen zusammen bin.“ „Das legt sich wieder. Irgendwann findest du nen anderen Jungen, den du toll findest.“

Jill seufzte und guckte wütend zu Boden: „Wie soll ich das denn anstellen!? Ich bin nun 18 Jahre alt und hatte noch nie nen Freund! Ich weiß nicht mal wie sich ein Kuss von einem männlichen Objekt anfühlt, geschweige denn wie man überhaupt küsst!“ „Ach das... Ist doch kein Problem“, antwortete ich lässig, worauf sie mich mit fragenden Blicken musterte.

Ich ließ sie nicht weiter rätseln und legte meine Hand auf ihre Wange, ehe ich mich zu ihr lehnte und sie einige Sekunden lang küsste. Doch als ich merkte, dass sie gar nicht mehr aufhören wollte, zog ich meinen Kopf zurück und guckte in ihr knallrotes Gesicht. Sie war fertig mit den Nerven und ich lachte sie aus.

„Spinnst du!?!! Mich derartig zu schocken!!!“ „Du hast dich beschwert weil du noch nie nen Kuss von nem Kerl bekommen hast. Ich hab dir nur einen kleinen Eindruck verschafft, wie sich das anfühlt, haha!“ „Arschloch!!!“, brüllte sie mich verzweifelt an und lachte dann auch.

„OH MEIN GOTT!!!“, ertönte auf einmal ein Schreien vom Straßenrand, der etwa zwanzig Meter von uns entfernt lag. Als wir uns umdrehten, sahen wir niemand geringeres als unsere Cousine Maya, die natürlich wie immer den besten Moment erwischt hatte.

„MAYA!!! HALT BLOß DEIN MAUL!!!“ „HAHA JILL!!! DU HAST ES JA NÖTIG! MUSST DU NUN SCHON MIT DEINEM EIGENEN BRUDER RUMMACHEN!?!! HAHAHAAA!! OH MEIN GOTT!!!“

Laut lachend rannte sie davon und ich konnte Jill gerade noch davon abhalten ihr zu folgen. Meine Schwester war höchst aggressiv und fluchte nur noch laut herum.

„Das gibt’s doch nicht!!! Herrgott!!! Kaum macht man mal so was, schon steht die hinten dran! Mist!!! Die erzählt das doch überall herum! Was machen wir denn jetzt!?“ „Beruhig dich, das Mädel nimmt Drogen. Wer glaubt ihr schon?“ „Oh man... Du hast Recht! Komm, lass uns Hailey belästigen! Ich muss mich bei ihr auskotzen.“ „Okay...“

Ich folgte ihr wortlos, denn sie beschwerte sich den ganzen Weg über Maya und wie mies sie sei und wie sehr sie sie hasste... Ich persönlich hatte kaum ein Problem mit ihr, dennoch fand ich es nicht in Ordnung, dass sie so gegen die restliche Familie ging und vor allem gegen meine Schwester. Darüber müsste ich mit ihr noch ein ernstes Wörtchen reden!

Bei Hailey zu Hause angekommen, öffnete uns Tante Marisha die Tür und guckte uns erstaunt an: „Wow... Ihr kommt auch alle zu den seltsamsten Zeiten.“ „Hehe... Du, ist Hailey zu Hause?“, fragte Jill. „Ja, sie ist oben.“

Freudestrahlend ging meine Schwester voraus und schlug einfach die Tür von Hailey's Zimmer auf: „HAILEY!!!“ Doch schnell verstummte sie und ich konnte bei dem Anblick nur meine Augenbrauen nach oben ziehen und grinsen! Shin und Hailey wie sie grade vögeln wollen... Wahnsinn! Hailey starrte erst Jill, dann mich entsetzt an und wurde knallrot. Während dessen konnte ich von Jill nur ein Schniefen hören und sah, wie sie davon rannte.

„Was... Was ist denn nun los!?“, fragte Shin entsetzt. Hailey guckte ihrer Freundin unsicher hinterher: „Hab ich's doch geahnt... Oh nein.“ „Ehm! Schön weiter machen, Leute, hehe.“ „Clyde! Kumpel! Alles klar?“ „Jop! Wir sehen uns, Schatz!“, sagte ich zu meinem besten Freund und zwinkerte ihm zu, bevor er mit einem Kuss in die Luft antwortete.

Nun war Jill wichtiger als Spaß zu haben. Etwas ratlos schaute ich mich um und sah nur noch ihre Silhouette, die hinter der nächsten Ecke verschwand. Schon wieder rennen... Das Mädchen würde mich noch das Leben kosten! Wieder kniff ich die Augen zusammen und rannte ihr hinterher so gut ich konnte, doch schon nach wenigen Metern machte meine Lunge wieder schlapp. Schwer atmend und wieder mit Stechen in der Brust folgte ich ihr weiter.

„JILL!!! BLEIB... STEHEN!!!.... AAAHHHRR!!! ICH STERBE!!!“, rief ich ihr hinterher und hoffte, sie würde endlich stehen bleiben. Ich wusste nun jedoch wohin ihr Weg wie immer führt – Zum Strand...

Sie blieb am Ufer stehen und weinte, als ich auch endlich zu ihr kam und völlig außer Puste meine Arme um sie legte: „Puh... Jill...“ „Auf den Anblick hätte ich verzichten können“, sagte sie betrübt und heiser. „Am... Besten du hältst dich... etwas von ihnen... fern... ahhh.“

Ich ließ von ihr ab und drückte mir automatisch die Hand auf die linke Brust, die tierisch schmerzte. Ich bekam kaum noch Luft und mir war plötzlich total schwindelig.

„Clyde!?!!? Clyde, was ist los!?!?!“, rief Jill nach mir und legte ihre Hände auf meine Schultern, doch ich bekam immer weniger mit und konzentrierte mich immer mehr auf die Schmerzen, die ich kaum noch aushalten konnte. „CLYDE!“

Dann wurde mir schwarz vor Augen...
 

~ Jill Coldfire ~


 

Als Clyde vor mir auf die Knie ging und mit einem schmerzverzerrten Gesicht seine Hand auf seine Brust drückte, wurde mir ganz anders vor Angst. Ja, ich geriet richtig in Panik, denn ich ging davon aus, dass er durch die viele Bewegung einen Herzinfarkt bekommen haben könnte! Ich rüttelte ihn weiter, doch er war bereits bewusstlos. Was nun!?! Völlig in Panik guckte ich mich um und raufte mich zum Schluss zusammen. Sein Handy!!! Mit zitternden Händen nahm ich es aus seiner Hosentasche und rief den Krankenwagen, auf den ich nun warten musste. Diese Minuten waren fast endlos für mich und trieben mir nur noch mehr Tränen in die Augen. Ich kontrollierte seinen Puls und ob er noch atmete.

„Clyde, bitte! Du darfst mich jetzt noch nicht alleine lassen! Bitte nicht jetzt schon!!! Ich brauch dich doch noch!“, drückte ich heraus und verfiel in eine weitere Panik-attacke. Wie soll ich das ohne meine letzte Bezugsperson überstehen!?!

Endlich traf auch der Krankenwagen ein und eine Ärztin kümmerte sich auch um mich. Sie fragte mich über ihn aus und was passiert sei. Dann beruhigte sie mich etwas und nahm mich gleich mit ins Krankenhaus, wo ich Beruhigungsmittel bekam und sich um Clyde gekümmert wurde.

Allerdings durfte ich nicht mit in den Behandlungsraum, sondern musste im Flur alleine warten. Ich wusste gar nicht wie ich es schaffte die Zeit rum zu bekommen. Ich musste nur feststellen, dass es schon fast 0 Uhr war und ich hier nicht über Nacht bleiben konnte.

Endlich kam die behandelnde Ärztin aus der Station. Ich rannte ihr gleich entgegen: „Wie geht es ihm!?!“ „Er schafft das schon. Ist zwar schwach, aber er packt es. Die ganze Hektik war etwas zu viel für ihn. Aber etwas Gravierendes ist es nicht. Lediglich sein Kreislauf ist zusammengebrochen. Also, du kannst nach Hause gehen, Kleine. Er wird sicher in den nächsten Tagen entlassen werden.“ „Okay“, antwortete ich erleichtert und verließ das Krankenhaus.

Das war schon wieder viel zu viel für meine Nerven und hier im dunklen über die ausgestorbenen Straßen zu spazieren machte mir Angst. Ich fragte mich wie Clyde es hier draußen Tagelang aushielt. Skeptisch schaute ich mich um und versuchte das komische Gefühl in meinem Bauch zu ignorieren. Erst sehe ich Hailey und Shin miteinander im Bett, dann bricht mein Bruder zusammen... Oh man... Ich sagte es ja, ich werde vom Pech verfolgt! Es sollte noch schlimmer kommen. Plötzlich hörte ich aus einer dunklen Seitengasse ein schrilles Kichern, was nichts Gutes verhieß. Wieder ein Dämon... Und auch noch im Schutz der Dunkelheit. Ich drehte mich in die Richtung des Geräusches und lief rückwärts weiter um so schnell es ging nach Hause zu kommen. Doch plötzlich schlug auch hinter mir eine Energiekugel ein. Dies bemerkte ich zu spät und fiel rückwärts in den kleinen Krater, der dadurch entstanden war.

„Fuck!“, fluchte ich und versuchte mich wieder herauszuangeln, was mir nicht ganz gelang. Durch das Licht der Straßenlaternen konnte ich erkennen, dass einer der beiden Dämonen auf mich zugerast kam und mit seinen scharfen Klauen ausholte. Schreiend kniff ich meine Augen zusammen und erwartete erstochen zu werden, doch es kam nichts. Ich hörte nur einen lauten Knall und riss die Augen wieder auf. Der Dämon der mich eben angegriffen hatte, brannte lichterloh und rollte sich auf dem Boden entlang.

Auch der Andere wurde durch eine Feuerkugel getroffen und stürzte vom Himmel ab. Kurz darauf lösten sich beide im Nichts auf und ich sah eine Hand, die mir entgegen gestreckt wurde. Ich griff danach und erkannte erst auf den Beinen wer genau mich gerettet hatte. Ich war erstaunt... Es war Maya, die mir das Leben gerettet hatte und mich mürrisch musterte.

„Das war ja klar. Kannst du dich nicht selbst verteidigen? Oder bist du zu sehr auf die anderen Beiden angewiesen?“ „Du hättest mir ja nicht helfen müssen. Ich dachte du würdest dich sogar freuen wenn ich endlich weg bin.“ „Schon... Aber wir sind immernoch Assistants und müssen im Notfall zusammenhalten.“ „Wow... Deine Mutter hat nicht so weit gedacht.“ „Tzz... Auch wenn ich ne Schlampe bin, bin ich noch lange nicht meine Mum.“ „Auch gut. Vielleicht ist dir ja doch noch zu helfen“, antwortete ich matt und klopfte mir den Staub von den Klamotten. Maya verschränkte die Arme und grinste: „Noch zu helfen? Sagt gerade die Richtige! Was willst du eigentlich von Clyde? Er ist dein Bruder, man. Wieso küsst du ihn? Schlaft ihr miteinander? Leute, das ist strafbar!“ „Drogenbesitz ebenfalls... Und der Kuss hatte nichts zu bedeuten! Das war lediglich weil... Weil...“

Ich konnte ihr nicht die Wahrheit sagen... Das hätte mich bloßgestellt! Wie sollte ich gerade Maya sagen, dass mein Bruder mich nur geküsst hatte, weil ich nicht wusste wie sich ein Kuss anfühlt!?!

„Weeeeil?“, drängte sie, doch ich wandte mich ab. „Darum eben! Und wehe du erzählst es rum!“ „Ach, keineswegs!“ „Und das soll ich dir glauben?“ „Hihi, gute Nacht, Jill!“

Lachend ließ sie mich stehen und ich beeilte mich um nach Hause zu kommen. Noch einen Angriff wollte ich mir gerne ersparen. Ich wusste, dass mich wieder ein furchtbarer Tag erwarten würde, denn morgen wüsste die ganze Schule von unserem Kuss. Vorher jedoch musste ich noch an Tante Scarlett vorbei, die mit wütender Mine in der Küche saß. Nur das schwache Lämpchen auf der Theke beleuchtete den Raum.

„Ehm... Warum schläfst du noch nicht, Tante?“, fragte ich verwundert und verfluchte es, dass ich mich nicht an ihr vorbei schleichen konnte. „Was ihr euch heute wieder geleistet habt, war unter aller Sau! Clyde isst Rico das letzte Stück Kuchen weg und provoziert ihn! Er geht nie zur Schule! Er nimmt Drogen! Er ist nie zu Hause! Wir bekommen ständig Briefe über Strafzahlungen von Clyde! Und du wagst es jetzt um diese Zeit erst nach Hause zu kommen? Alleine!?! Mädchen! Ihr seid so ein Stück von einem Heim für schwer Erziehbare entfernt! Ich werde euch da gleich morgen anmelden!!!“ „WAS!? Das kannst du nicht machen! Ihr könnt uns nicht einfach abschieben!“ „Doch, ich kann das! Wir ertragen eure Art nicht weiter! Ihr zerstört unser ganzes Leben!“ „WER ZERSTÖRT HIER WESSEN LEBEN!?! IHR SEID NICHT MAL FÄHIG EUER EIGENES BALG ZU ERZIEHEN!“ „NOCH EIN WORT MADAME!!!“ „WAS DANN!?! WEIßT DU WAS!?! LECK MICH DUMME KUH! WAS KANNST DU SCHON!? PUTZEN UND DUMM SEIN!!! MEHR GEHT NICHT!“

Sie wollte mir gerade hinterher hechten um mir eine zu klatschen, doch ich schlug vor ihrer Nase die Tür zu, die ihr voll gegen das Gesicht schlug, wie sich das anhörte.

Clyde und ich im Heim... Na klasse!
 


 

~ Kapitel 2 ~ Der große Wunsch ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~

Besuch von Unbekannt

Kapitel 3 ~ Besuch von Unbekannt
 

~ Clyde Coldfire ~


 

Es war das Selbe wie immer... „Herr Coldfire, wir haben nun die Ergebnisse von dem EKG. Wir raten Ihnen dringend das Rauchen bleiben zu lassen. Die Werte haben sich kaum verbessert, es bleiben allerhöchstens drei Jahre.“ „Und was ist mit einer Transplantation?“, fragte ich mit der vagen Hoffnung vielleicht doch mal eine positive Antwort zu bekommen. Auch wenn diese Antwort bisher noch nie kam... „Nun, Sie wissen, dass gerade eine OP am Herz sehr gefährlich und riskant ist. Bei Ihrer Verfassung würden Sie die Narkose höchstwahrscheinlich erst gar nicht überleben“ „Aber was hab ich denn zu verlieren?“ „Wir können das nicht verantworten. Tut mir leid.“ Ich blickte enttäuscht zu Boden – Wie konnte ich es auch wagen, mir mal wieder Hoffnungen zu machen.

Der Arzt hielt mir eine Packung Medikamente entgegen: „Diese Tabletten müssen Sie unbedingt einnehmen. Zweimal Täglich! Und bitte – unternehmen Sie was gegen die Drogensucht!“ „Jaja...“

Ja, so lief das jedes Mal ab. Meine Hoffnungen wurden jedes verdammte mal so derbe zerschmettert, dass ich inzwischen gar keine mehr hatte. In zwei Jahren wäre ich weg vom Fenster, was vielleicht auch ganz gut so wäre. Mit welchem Sinn habe ich jemals gelebt? Wem habe ich wirklich mal Sicherheit und Glück gegeben? Ich habe nichts, das an mich erinnern würde, nach meinem Tod. Ebenso kann ich auch versauern und darauf warten. Oder es sogar beschleunigen, durch meinen Drogenkonsum.

Mein Körper war eine einzige Ruine. Meine Muskeln waren schlecht trainiert, ich konnte nicht schwer heben, ich konnte auch nicht schnell laufen. Mit meinen 1,74 Metern Körpergröße brachte ich gerade mal 58 Kilo auf die Waage. Dass die Schlampen, die sich mir um den Hals warfen, Gefallen an mir fanden, wunderte mich. Allerdings waren sie allesamt auf Droge und bekamen es vielleicht nicht mal mit. Hauptsache man hatte seinen Spaß. Wie der Kerl nun aussieht, ob er Krank ist – Egal!

Ich überlegte ob ich wirklich erst zu dem Ort gehen sollte, den ich mein „zu Hause“ schimpfte, oder ob ich auf der Straße weiter gammeln sollte. Jill würde sich sicherlich schon Sorgen machen. Das war auch der einzige Grund warum ich beschloss, doch erst mal heim zu gehen.Unterwegs traf ich allerdings erstmal Maya, die zu mir gelaufen kam und mich wortlos umarmte.

„Geht‘s dir wieder besser?“ „Jop. Unkraut vergeht nicht!“, antwortete ich belustigt und überspielte meine Angst vor dem, was mich innerhalb der nächsten 3 Jahre wohl erwarten würde. Während wir langsam nebeneinander her liefen, packte sie die große Flasche Wodka aus ihrer Handtasche und setzte an. „Also, Clyde? Lieblingscousin! Wo gehst du nun hin?“ „Ich geh erstmal nach Hause.“ „Was!? Seit wann gehst du da freiwillig hin?“ „Jill wartet auf mich.“ „Ahaaa! Jill... Hehehe... Was läuft da zwischen euch?“ „Nichts. Das geht dich auch eigentlich nichts an. Und ich wollte dir sowieso sagen, dass du Jill in Ruhe lassen sollst, sonst war ich ‘ne Zeit mal dein Lieblingscousin!“

Sie verschluckte sich an ihrem Alkohol und drehte sich entsetzt zu mir: „WAS!? Jill ist dir also wichtiger als ich?!?!“ „Ehm... Sie ist eben meine Sis. Also bitte Maya, ich hab dich gern, aber lass es, ja?“

Sie wandte auf einmal ihren Blick ab und lehnte sich an eine Hausmauer: „Ja, macht mich doch einfach alle fertig. Nicht du auch noch...“ „Ach komm schon, ich mein das doch nicht böse“, sagte ich verzweifelt um sie nicht noch weiter zu kränken und setzte mich neben sie. Maya versteckte ihr verletztes Inneres gerne hinter ihrer fiesen Fassade. Manchmal wenn sie so drauf war, musste man echt auf jedes Wort aufpassen, das man zu ihr sagt. Die Situation ihrer Familie und das ständige Gerede von ihrer Mutter machten es auch nicht besser.

Maya lehnte sich seufzend an meine Schulter und nahm noch ein Schluck ihres Wodkas: „Du bist der Einzige, der sich noch mit mir abgibt, also lass ich sie in Ruhe. Ich will dich nicht auch noch verlieren... Clyde...“, sagte sie leise. „Ist schon gut, du verlierst mich deswegen doch nicht.“ „DOCH BESTIMMT!!!“

Oh man... War ich eigentlich auch so nervig, wenn ich betrunken und bekifft war?! Sie war derartig benebelt, dass sie im nächsten Moment einschlief und mich zum Überlegen brachte... Am Ende stand ich dann doch einfach auf und ging. Wäre ja nicht das erste Mal, dass sie auf der Straße pennt.

Ich hingegen machte mich mit meiner halbwegs klaren Birne auf den Weg nach Hause. Ich ahnte schon Schlimmes, wie immer, wenn ich dort hin kam. Ich war immerhin das schwarze Schaf. Rico, Maiko und Scarlett hassten mich. Außer Jenn und Jill gab es niemanden, der mich dort haben wollte. Da Scarlett eh immer nur an mir zu meckern hatte, versuchte ich ihr möglichst selten unter die Augen zu kommen.

Heute schlich ich mich regelrecht ins Haus, doch leider blieb meine Anwesenheit nicht verborgen.

Es war mein verhasster Cousin Maiko, der am oberen Ende der Treppe stand und mit hochgezogenen Augenbrauen auf mich herab sah. Sein siegessicheres Grinsen verriet mir, dass das gleich in Mord und Totschlag enden würde.

„Was?“, fragte ich ablehnend und hoffte, ihn gleich wieder loszuwerden. Um ihm weniger Beachtung zu schenken, drehte ich mich um und kramte in meiner Jackentasche um vielleicht noch etwas Geld zu finden. Maiko lachte: „Ha! Weißt du was ich erfahren habe? Das hat schnell die Runde gemacht.“ „Nein, weiß ich nicht.“ „Ich hab erfahren, dass du es nun schon so nötig hast, deine eigene Schwester zu poppen!!! Haha!!!“ „Wie bitte?“, fragte ich ernüchtert und musste mich nun doch umdrehen... Ich hatte Jill geküsst und Maya hatte es gesehen. Dass dieser eine unbewusste Kuss zu unsrem Verhängnis werden würde, hätte ich jedoch nicht gedacht.

Maiko verschränkte vor sich die Arme und grinste weiterhin überheblich: „Weißt du, Clyde... Du bist ein armes kleines Würstchen. Bist du neidisch weil du keine Eltern mehr hast, und meine sich so gut um mich kümmern? Suchst du nun in deiner Schwester nen Ersatz? Erbärmlich. Du bist doch nur ein Opfer der Drogenszene. Mal sehen wie lang es noch dauert bis du drauf gehst durch das Zeug. Hehe... Vielleicht kann ich durch Wetten Geld verdienen. Hahaha!“

Das war zu viel! Dieser dumme kleine Drecksbengel! Eigentlich wollte ich mich nicht durch ihn provozieren lassen, doch ich verspürte das Bedürfnis ihm zu zeigen, dass auch er sich besser nicht mit mir anlegen sollte. Mit geballten Fäusten und leicht verengten Augen überlegte ich noch ob ich es wirklich tun soll, ehe ich mich überwand und mich nicht mehr zurück halten konnte.

Mit großen Schritten stürmte ich die Treppe hinauf und hatte Maiko schon im Griff, bevor er überhaupt merken konnte, was ich da tat. Auf einmal war er sehr klein und winselte, als ich seinen Arm verdrehte.

„Ich mag wohl ein Opfer und ein Schwesternficker sein in deinen Augen... Aber ich zeig dir gerne mal, was ich noch sein kann...“ „Nein, Clyde! Bitte! So hab ich das doch gar nicht gemeint!!! Wääääh!!!“ „Halt die Fresse, Junge!“, fuhr ich ihn an und schlug ihn mit dem Kopf gegen die Wand, was nen heftigen Schlag von sich gab. Maiko war jedoch noch bei Bewusstsein und schrie um Hilfe. Ich war so geladen und außer mir, dass ich ihn einfach schnappte und mit voller Wucht die Treppe hinunter warf. Da lag er nun... Krümmte sich vor Schmerzen und heulte. Es war mir egal... Er trampelt auf den Gefühlen Anderer herum und hatte eine Abreibung verdient.

„SAG MAL SPINNST DU!?!“, hörte ich auf einmal Onkel Rico hinter mir schreien. Er guckte fassungslos die Treppe hinunter wo sein Sohn lag. Oh Scheiße!

„CLYDE ES REICHT MIR LANGSAM WIRKLICH MIT DIR! DU BIST TAGELANG VERSCHWUNDEN, NIMMST DROGEN UND NUN VERPRÜGELST DU ZEHN JÄHRIGE KINDER!? WAS KOMMT ALS NÄCHSTES!?“, brüllte er mich außer sich an und holte aus. Seine Ohrfeige war schmerzhaft, doch es war für ihn kein Ende in Sicht. Immer weiter ging er auf mich los, schubste mich nach hinten und drückte mich gegen die Wand. Als ich einen weiteren Schlag abwehren wollte, traf er mein Handgelenk mit voller Wucht, was mir höllische Schmerzen bereitete. Fassungslos guckte ich ihn an und auch er schien zu kapieren, dass er nicht besser war als ich. Mit zitternden Händen wich er ein paar Schritte zurück.

„Clyde... Ehm... Es tut mir... Leid. Das wollte ich doch... Nicht...“, stotterte er und rannte dann nach unten um sich um seinen Sohn zu kümmern. Maiko war immernoch am Heulen und verstärkte dies noch als der seinen Dad bemerkte um Mitleid zu bekommen.

Ich hasste diese Familie so sehr. Sie tun so als würden sie sich alle so sehr mögen. Alles scheinheilige Idioten. Ich wollte in diesem Moment Rico nie wieder sehen. Was dachte Mum sich nur dabei uns ihm anzuvertrauen!?

Ich hielt mein schmerzendes rechtes Handgelenk fest und stürmte an den Beiden vorbei. Rico rief noch nach mir, doch das war mir egal. Ich würde die nächsten Tage nicht mehr zurückkehren, da war mir egal, was Jill dazu sagen würde. Das Wetter nervte mich auch schon wieder. Es fing mal wieder an zu regnen. Die letzten Tage regnete es nur noch, obwohl es eigentlich die Zeit für schönes Wetter war.

Vor mir spielten sich die Bilder des Geschehenen immer wieder ab. Ich war so verzweifelt. Es gab keine Möglichkeit dort weg zu kommen. Erst mit... 21... Da galt man in Amerika als Volljährig – und dann wäre es zu spät...

Geknickt wanderte ich zu meiner Lieblingsstelle. Dort war es immer schön ruhig und ich konnte verschnaufen. Dort überlegte ich auch, ob ich zum Bahnhof gehen sollte um mir neue Drogen zu kaufen. Es wurde langsam echt wieder Zeit. Doch was würde das nun schon wieder bringen? Genauso gut könnte ich auch hier sitzen bleiben und sterben... Wäre ich doch nur bei Maya sitzen geblieben...

Die Schmerzen und die Verzweiflung brachten mich auf die Idee, meine Jackentasche nach Überresten von Tabletten, die ich mir vor einigen Tagen gekauft hatte abzusuchen. Ich wurde tatsächlich fündig... Damit würde ich wenigstens nichts mehr von meinen Schmerzen spüren.

„Clyde! Hier bist du. Das dachte ich mir schon, hihi“, hörte ich auf einmal eine kichernde und sanfte Stimme sagen, gerade als ich die Tablette unten hatte. Ich guckte hinter mich und sah Hailey da stehen mit ihrem kindlichen charmanten Lächeln. Oh nein... Sie hatte die Arme hinter ihrem Rücken verschränkt und wartete darauf von mir eingeladen zu werden, sich zu setzen.

Schweigend lehnte ich mich jedoch wieder gegen den Baum, was ihr schon genügte um zu wissen, dass sie sich nun neben mich setzen durfte. „Was machst du bei dem Regen hier, Clyde?“ „Das könnte ich dich auch fragen“, antwortete ich leise. „Ich wollte nach Hause. Doch dann hab ich dich gesehen.“ „Geh lieber. Du wirst noch krank bei dem Wetter.“ „Nöö! Ich geh dann, wann ich es für richtig halte. Jetzt sitze ich lieber hier. Der Ort ist so schön. So ruhig“, schwärmte sie während sie die kühle Luft tief einatmete. Ich konnte es gerade nicht genießen. Mein Handgelenk fühlte sich glühend heiß an und pochte vor Schmerz. Ich fühlte meinen eigenen Puls durch die Hand ziehen. Langsam wurde mein Gelenk auch so dick, dass ich meine andere Hand nicht mehr darum schließen konnte. Hailey bemerkte, dass etwas mit mir nicht stimmt, als ich die Augen zusammen kniff und mein Handgelenk weiter festhielt. Hoffentlich wirkt die scheiß Tablette bald! „Was ist denn los? Irgendwas hast du! OH NEIN! Was hast du denn da gemacht! Damit musst du zum Arzt!“, sagte sie entsetzt und kniete sich vor mich.

„Das war... Ein Unfall“, antwortete ich erneut leise und blickte zu Seite um ihr nicht in die strahlenden dunkelblauen Augen schauen zu müssen. Ich wollte nicht, dass sie sich Sorgen macht nur wegen mir. Leider schien sie sich schon wieder genug Sorgen zu machen. Traurig legte sie ihre Hände auf ihren Schoß, und starrte zu Boden: „Ein... Unfall? Das sieht mir nicht nach einem Unfall aus... Hat dich irgendwer geschlagen!? Sag es mir!“ „Nein...“ „Es ist so ungerecht... Wieso musste das alles nur so kommen? Jill und vor allem du... Ihr seid kaum wieder zu erkennen. Wir kennen uns schon so lange. Alles hat sich so sehr verändert. Rico und Scarlett tun euch nicht gut“, jammerte sie verzweifelt und verkniff sich ihre Tränen.

„Mach dir keine Sorgen. Noch drei Jahre... Dann... Dann ist doch alles wieder in Ordnung. Dann können wir ausziehn...“, redete ich ihr zuversichtlich zu und tat so, als würde ich fest daran glauben, dass wirklich alles gut werden würde... Wo ich doch genau wusste, dass es für mich dann längst vorbei sei.

„Du sagst das so einfach...“ flüsterte sie und legte ihre Arme um mich mit denen sie mich an sich drückte. In diesem Moment schloss ich die Augen und spürte wie es ist sich geborgen zu fühlen. Auch wenn es nur meine kleine Cousine war, die für ihr Alter doch schon so erwachsen wirkte. Ich versuchte an nichts zu denken in diesem Moment, doch mein Magen zog sich plötzlich zusammen. Ich kannte dieses Gefühl nicht – hatte ich noch nie... So sehr ich es auch versuchte, ich bekam dieses komische Gefühl im Bauch nicht mehr weg. War das etwa... War ich etwa dabei mich in sie zu... NEIN!

Es hätte eh keinen Sinn!!! Sie war mit meinem besten Freund zusammen... Und mit mir würde sie niemals glücklich werden. Sie macht sich sowieso schon zu viele Sorgen um mich. Da soll sie zumindest einen Freund haben, der ihr keinen Kummer bringt...

„Hey... An was denkst du? Du wirkst schon wieder so traurig“, bemerkte sie plötzlich, als sie sich von mir löste und mir in die Augen guckte. „Ich denke... An die Zukunft...“ „Hach... Die Zukunft... Was noch kommen wird, kann uns niemand sagen. Komm, ich verarzte mal dein Handgelenk“, sagte sie entschlossen und lächelte wieder so fürsorglich. Wagemutig riss sie ein ganzes Stück von ihrem Ärmel ab und band es fest um mein Handgelenk, das dadurch noch viel mehr schmerzte.

„Das hättest du nicht tun brauchen. Jetzt frierst du sicher noch mehr.“ „Egal, Clyde. Ich finde, du musst damit wirklich zum Arzt gehen.“ „Mach ich... Morgen oder so...“ „Oh man, Clyde. Warum ist dir dein Leben und deine Gesundheit nur so egal…“
 

… Weil es für mich nichts gibt, wofür es sich zu leben lohnt...
 

„Ich werde mich drum kümmern... Versprochen...“, bekam ich gerade noch so heraus, ehe die Tablette anfing zu wirken und ich urplötzlich von meiner Müdigkeit überfallen wurde... Ich schlief an Ort und Stelle und im bitterkalten Regen ein. Es störte mich nicht einmal...

Ich wusste nicht wie lange ich geschlafen hatte, doch als ich aufwachte, regnete es nicht mehr und Hailey war immernoch da. Ist sie nun echt nur wegen mir hier geblieben? Manchmal verstand ich sie nicht... Ich hatte nicht mal mehr bemerkt, dass sie mich so gedreht hatte, damit ich mit meinem Kopf auf ihrem Schoß liegen kann. Wieder bekam ich dieses Gefühl im Bauch! Doch sie sah sehr blass aus und zitterte am ganzen Leib vor Kälte. Ihre Haut war eiskalt und ihre Lippen schon fast blau, was mich aufschrecken lies.

„Wie lang... Wie lang hab ich geschlafen!?!“ „... Ich weiß es nicht“, antwortete sie und hustete. „Du hättest mich liegen lassen sollen, statt hier diene Zeit mit mir zu verschwenden. Jetzt wirst du auch noch krank wegen mir. Klasse! Tante Marisha und Shin bringen mich um!“ „Hmm...“ „Komm, ich bring dich noch heim.“ „Wie kann man nur so plötzlich einschlafen bei der Kälte?“, murmelte sie vor sich hin und stand ebenfalls auf.

„Drogenkonsum... Normal. Passiert ab und zu.“ „Willst du nicht langsam mal was aus deinem Leben machen und auf Therapie gehen?“ „Vielleicht... Irgendwann.“ „Du machst mich wahnsinnig, Clyde!“ „Ich weiß... Ich mach alle Frauen wahnsinnig“, antwortete ich gelassen, was sie irgendwie noch wütender machte. Es kam mir ganz recht, dass sie wütend auf mich wurde. Dass sie heute so viel Zeit für mich geopfert hatte, war mehr, als ich wollte. Das soll sie nicht wieder auf sich nehmen nur für so eine sinnlose Person wie mich.

„Ich weiß nicht, was ich noch mit dir machen soll... Egal was man zu dir sagt, du ziehst alles ins Negative!“, meckerte sie mich verzweifelt an. Ich war erleichtert, als wir bei ihr zu Hause ankamen und ich ihre Anwesenheit nicht mehr „ertragen“ musste. Sie war viel zu gut für mich.

„Danke, dass du mich nach Hause gebracht hast, Clyde“ sagte sie leise, als wir vor der Haustüre standen. „Ich hab zu danken. Du hast zu viel für mich getan heut. Jetzt hab ich richtige Schuldgefühle. Am besten du guckst jetzt erstmal, dass du nicht krank wirst.“ „Ach was. Ich doch nicht, hihi... Ähm Clyde... Sehen wir uns morgen in der Schule?“ „Vielleicht...“, antwortete ich wieder leise und vermied es erneut, ihr in die Augen zu schauen. Dass sie lächelte, konnte ich noch sehen, doch dann lief ich wortlos weiter.

Dieses Mädchen... Ich darf mich nicht in sie verlieben...
 

~ Jill Coldfire ~


 

Als ich vom Einkaufen nach Hause kam, ahnte ich noch nicht, was sich hier abgespielt hatte... Völlig perplex sah ich auf Onkel Rico, der verzweifelt auf den untersten Stufen der Treppe saß und sein Gesicht in seine Hände drückte.

„Ehm... Hi! Was ist denn hier los?“, fragte ich mit einem unguten Gefühl im Magen. „Jill! Hast du Clyde gesehen!?“ „Ist er aus dem Krankenhaus raus!? War er hier?“ „Wir... Hatten Streit... dann ist er davon gerannt...“ „Wieso hattet ihr Streit!?“, schrie ich ihn entsetzt an. „Junge Dame! Dein Geschrei macht es nicht besser!!!“, meckerte er zurück und guckte mich wütend an.

Angewidert und enttäuscht schüttelte ich den Kopf und ging an ihm vorbei die Treppe hinauf: „Ich geh ihn gleich suchen.“ Oben im Zimmer legte ich meine Einkäufe ab und wollte mich gleich wieder auf den Weg machen, doch im Nachbarzimmer hörte ich ein seltsames Schluchzen. Es klang wie Jenn! Für sie musste ich einfach da sein. Langsam schlich ich mich zu ihr ins Zimmer und sah, wie sie auf dem Bett saß und heulte wie ein Schlosshund.

„Jenn! Hey, was ist denn los?“, fragte ich entsetzt und kniete mich sofort zu ihr neben das Bett. Das hatte mir gerade noch gefehlt. Als ob Clyde nicht schon genug Ärger machen würde. Nun hat auch noch Jenn Probleme. Sie ignorierte mich bis ich zum zehnten Mal fragte warum sie so traurig ist. Vor Schluchzen brachte sie kaum ein Wort raus. „Das... Das kann... Ich doch niemandem erzählen.“ „Wieso!? Was ist so schlimm? Komm schon, du weißt, dass du mir alles anvertrauen kannst. Hab ich dir schon jemals den Kopf abgerissen!?“ „Nee... Aber... DAS ist doch nicht normal...“ , quetschte sie angestrengt heraus. Was hatte sie nur!?

„Ich bin zehn Jahre alt... Und bin in einen Vierzehn-Jährigen Kerl verknallt! Das geht nicht!“, sagte sie verzweifelt und brach wieder in Tränen aus. Hmm... Dass kleine Mädchen sich in coole Teeny Jungs verlieben war für mich nichts Neues. Ich lächelte verständnisvoll und streichelte ihr über den Kopf.

„Das ist nichts Schlimmes und auch völlig normal, haha. Dummerchen.“ „Ehrlich?“ „Ja! Jedes kleine Mädchen, das gerade in die Pubertät kommt, hat sowas.“ „Echt? Also ich kenne kein Mädchen in meiner Stufe, das mit einem so viel älteren Jungen zusammen ist.“ „... ZUSAMMEN!?“ „Was denn!?! Du hast doch gesagt das ist normal!!!“, schrie sie entsetzt auf und stand den Tränen wieder nahe. Okay... Schwärmen ist normal... Aber zusammen sein!?!

„Jenn!!! Wie weit seid ihr schon gegangen!? Wer ist er!?! Den knöpf ich mir vor!“ „Ist gut Jill, jetzt reg dich doch bitte nicht so auf... Falls du Sex meinst – So weit sind wir noch lange nicht!“, sagte sie etwas beleidigt und drehte den Kopf weg: „Dass du mich wirklich für so unreif hältst.“ „Dann heul nicht rum, sondern steh zu deinem Kerl, olle Trulla!“

Ich stand auf und schüttelte erneut den Kopf... Was ist nur mit den Kindern von heute los? Zehn Jahre... Und ich halte sie für unreif. Naja, wird eh nicht lange halten in dem Alter.

Nachdem ich wusste, dass Jenn's Sorgen nur halb so wild waren, wie es schien, konnte ich mich endlich meiner Suche nach Clyde widmen. Diese erwies sich allerdings als schwerer als ich dachte. Ich suchte erst am Strand, wo allerdings nichts los war und kein Clyde weit und breit zu sehen war. Dann rannte ich durch sämtliche Seitengassen, wo ich auch nicht fündig wurde.

Es blieben noch Shinji, Hailey, seine Lieblingsstelle und der Bahnhof, den ich ganz zum Schluss absuchen wollte, denn ich hasste diesen Ort und die Leute, die sich dort herumtrieben.

Ein paar Stunden später war es bereits dunkel und ich hatte meinen Bruder immernoch nicht gefunden. Ich fragte mich, warum ich mir überhaupt noch die Mühe machte, ihn in dieser riesigen Stadt zu suchen. Er kam bisher immer alleine klar. Aber wer weiß, wie es ihm nach dem Vorfall mit Rico geht. Dieser Gedanke spornte mich seit Stunden an weiter zu suchen und nicht aufzugeben.

Mit einem schlechten Gefühl im Bauch beschloss ich dann doch langsam mal am Bahnhof zu suchen. Ich könnte mir sonst keinen Ort mehr vorstellen wo er sein könnte. Angst und Schauder machte sich in mir breit. Diese Typen dort... So ein Mädchen wie ich wäre doch ein gefundenes Fressen.

Als ich die dunklen Gassen entlang lief, überkam mich immer und immer wieder dieser Schauder, doch das lag nicht daran, dass ich zum Bahnhof lief... Ich hatte das Gefühl von irgendwem verfolgt zu werden. Mit meiner Vermutung lag ich gar nicht mal so falsch...

„Na sieh mal einer an, was haben wir denn da? Einen kleinen Assistant. Sowas hab ich zum Fressen gern“, sagte eine Stimme aus der Dunkelheit heraus. Allein an der Stimmlage hörte ich schon, dass es ein Dämon war. Dieser trat hervor ins Scheinwerferlicht und grinste.

„Habt ihr immernoch nichts dazu gelernt? Bisher hat noch keiner von euch einen Assistant gekillt. Das werdet ihr niemals schaffen. Also trau dich ruhig, ich mach ein Staubhäufchen aus dir!“, rief ich ihm selbstsicher entgegen. Ein Dämon war nun wirklich kein Problem, besonders dann, wenn er auch noch alleine war. Ich machte mich auf einen lockeren und kurzen Kampf gefasst und schoss ihm ein paar Eiszapfen entgegen. Doch dann konnte ich nicht glauben was ich da sah... Meine Angriffe prallten einfach an dem Teil ab, ohne irgendeinen Kratzer zu hinterlassen.

„Na, das hat aber gekitzelt.“ „Du... Du bist kein normaler Dämon, oder?“ „Tja, mein Mädchen, wir werden auch besser.“

Er fuhr seine riesigen Krallen aus, die er offensichtlich beliebig lang machen konnte und nahm mich damit in die Mangel. Durch den Hieb wurde ich gegen eine Mauer geschleudert und von den Krallen gefangen gehalten.

„Da guckst du, was? Ich hab dich in der Mangel und kann alles machen, wozu ich Lust hab.“ „Dann bring mich doch um!“, quetschte ich heraus und versuchte irgendwie meinen Kopf zwischen den beiden Krallen weg zu bekommen. Jedoch waren die sehr scharf und zwangen mich zum still halten. Wie sollte ich hier nur jemals wieder raus kommen ohne dabei draufzugehen?

Als er auch mit seiner zweiten „Hand“ ausholte, schloss ich schon mit meinem Leben ab, doch plötzlich riss er die Augen weit auf und zuckte schmerzerfüllt zusammen. Was war da los!? Als er laut keuchend in die Knie ging und sich dann in Luft auflöste, fragte ich mich, wer mir da schon wieder geholfen hatte. Andererseits war es auch langsam peinlich, dass mich immer wieder jemand retten musste...

Die Person, die aus der Dunkelheit heraus gelaufen kam, kannte ich nicht. Sofort ging ich wieder in Abwehrstellung, denn man konnte ja nie wissen, mit wem man es gerade zu tun hatte. Vor allem nicht, wenn diese Person Dämonen sehen und töten kann! Sie hatte lange blonde Haare, die sie zu einem Zopf gebunden hatte. Ihre langen Beine wurden gerade mal von einem kurzen Rock bedeckt und das Klackern der Stiefel erzeugte ein Hallen in der gesamten Umgebung.

„Wer bist du!?!“ „Mich würde eher interessieren... Was war DAS!?“ „Wie? Du kannst sie sehen und töten, weißt aber nicht was DAS war!?“ „Ja, keine Ahnung! Ich hab nur gesehen, dass hier was los war und hab meine Dolche darauf geschossen.“ „Ja aber... Warum konntest du den sehen? Ich dachte, ich kenne alle Assistants!“

Beim genauen Betrachten fiel mir auf, dass dieses Mädchen vielleicht gerade mal ein paar Jahre älter war als ich. Wirklich seltsam... Und warum trägt sie überhaupt Dolche mit sich herum? Sie bückte sich herunter und steckte ihre drei Dolche wieder ein.

„Komisch bist du... Wieso trägt eine junge Frau sowas mit sich herum?“ „Ach... Zu meinem eigenen Schutz. Hab ich mal von meiner Mutter gelernt. Übrigens, mein Name ist Deborah.“ „Ich bin Jill.“

Als ich meinen Namen sagte, wurde sie kurzzeitig recht aufmerksam und fing an mich zu mustern. Ich konnte ihre Blicke richtig dabei beobachten, wie sie alles an mir untersuchten. Vor allem an den Haaren und meinen Augen blieben sie eine Weile hängen.

„Was?“, fragte ich nun etwas provoziert, da das langsam anfing zu nerven. „Du siehst aus wie er...“ „Wer?“ „Egal...“, sagte sie plötzlich leise und lief einfach an mir vorbei. Sie war schon einige Schritte entfernt, als ich den Entschluss fasste herauszufinden was da nun los war. Wer war sie!?! Wenn sie ein Assistant war, konnte ich sie doch nicht einfach ziehen lassen!

„WARTE!!!“, schrie ich ihr hinterher und rannte los, bis ich sie eingeholt hatte. Es wunderte mich, dass sie nicht einfach weglief. Ich stellte mich vor sie und versperrte ihr den Weg. „Sag mir was los ist! Wer bist du genau!? Und wem sehe ich ähnlich!?“ Sie wirkte genervt und schnaufte laut durch, doch dann stemmte sie die Hände in die Hüfte: „Wenn du wirklich Jill Coldfire bist, dann bin ich deine Halbschwester.“ „Wie!?“ Erst jetzt fiel mir auf, dass ihre Augen genau die selbe Farbe hatten wie meine. Und wer hat schon Lila Augen. Aber das konnte nicht sein! Entsetzt ging ich ein paar Schritte zurück: „Das kann nicht sein! Mein Dad hat Mama niemals betrogen!“ Zumindest hatte ich sowas nicht mitbekommen... Sie grinste: „Und wenn er da noch gar nicht mit deiner Ma zusammen war?“

Ich war so überrumpelt von dieser Neuigkeit, dass ich gar nicht mehr wusste, wie ich darauf reagieren sollte... Und Dad war tot. Ihn konnte ich nicht mehr fragen, ob das wirklich wahr ist. Einfach so glauben wollte ich ihr auch nicht. Meine halbe Kindheit lang wurde mir die heile Welt vorgespielt und weder Clyde noch ich wussten wirklich, dass Dad noch ein Kind hatte. Deborah lächelte mich auf einmal an: „Ja, ich weiß... Etwas viel auf einmal. Warum solltest du mir auch glauben?“ „Keine Ahnung... Ich sollte aber nun meinen Bruder weiter suchen“, sagte ich um dieser Situation nun endlich zu entgehen. Ich war damit wirklich überfordert und wusste sonst nicht mehr weiter. „Was ist denn mit ihm?“, fragte sie und hielt mich wieder auf. „Probleme zu Hause.“ „Soll ich suchen helfen?“

Sie machte mich wahnsinnig! Aber ich war zu gutmütig und blöd als mit „nein“ zu antworten. Also nickte ich einfach und lief mit ihr die Straße entlang in Richtung Bahnhof. Wenn ich daran dachte, war ich sogar etwas froh sie dabei zu haben. Dann müsste ich mich nicht alleine mit den ganzen Leuten rumschlagen. Und so wie sie rüber kam, hatte sie einiges drauf. Jetzt würde mich nur noch interessieren, ob dieses Mädel auch ein Assistant war oder doch nicht.

Debby und ich konnten den Bahnhof schon sehen, doch zu meiner großen Überraschung fanden wir Clyde schon vorher und mussten nicht durch die Unterführungen irren. Er sah ziemlich fertig aus und schlenderte uns langsam entgegen. Er stieß schon fast mit uns zusammen, ehe er mich endlich erkannte.

„Jill... Und unbekannte Tussi... Was macht ihr denn hier?“, fragte er leicht benommen. „UNBEKANNTE TUSSI!?!!?“, schrie Debby entsetzt auf und gab ihm ‘nen Klaps auf den Hinterkopf, weshalb ich lachen musste. „Ich hab mir Sorgen um dich gemacht, du Trottel!“ „Sorry...“ „Nun bist du frisch aus dem Krankenhaus und drehst schon wieder irgendwelche Touren durchs Drogenviertel?“ „Tzz... Wo soll ich sonst hin!? Zu dem Schlägertyp zu Hause garantiert nicht!“ „Schlägertyp? Ihr werdet geschlagen?“, fragte Debby entsetzt.

„Nee, eigentlich nicht. Aber zwischen Clyde und unserem Onkel stimmt die Chemie einfach nicht“, erklärte ich ihr und war mal wieder Ratlos was man nun tun könnte. Auch Debby überlegte und Clyde... Der musterte unsere Halbschwester, von der er noch gar nichts wusste. Ich war gespannt, was er wohl gleich wieder sagen würde, so wie er sie anguckte.

„Ey Süße, wie kommt's, dass wir zusammen noch nie in der Kiste waren?“ „CLYDE!!!“, schrie ich entsetzt auf. „Das ist unsre Halbschwester!!!“ „Noch eine Schwester? Geil!“ Clyde glaubte das natürlich sofort ohne sich Gedanken zu machen ob das stimmen könnte und was damit noch zusammen hängt. Debby legte ihren Arm um ihn. Sie war um einiges größer als er. „Tja, Süßer... Ich schlafe nicht mit Kindern...“ „Das ist hart...“

Wir beschlossen langsam Richtung zu Hause zu laufen, auch wenn ich Clyde mehr oder weniger mitschleifen musste. Debby wirkte immer noch nachdenklich. Und mir brannte schon die ganze eine Frage auf der Zunge, die ich nun endlich loswerden musste. „Debby... Du hast vorhin diesen Dämon gesehen. Hast du zufällig so eine Halskette oder zumindest so einen Stein?“ Ich zog meinen Stein unter dem Oberteil hervor und zeigte ihn ihr. Doch sie fing an ihn zu bewundern, was mich schon vermuten ließ, dass sie keinen eigenen besitzt. Aber wieso konnte sie den Dämon dann sehen? „Was ist das für ein Stein? Und was hat der mit diesem Ding von vorhin zu tun?“

„Clyde hat auch so einen... Eigentlich haben alle aus unsrer Familie solche Steine. Zumindest unsere Familie hat diese Blauen. Es gibt auch noch andere. Jeder der so einen Stein besitzt, hat die Kraft ein Element zu kontrollieren. Wir kämpfen gegen Dämonen. Das „Ding von Vorhin“ war auch so einer.“ „... Oh mein Gott... Okay, nein! Sowas hab ich definitiv nicht!“, antwortete sie entsetzt und musterte meinen Stein erneut.

„Dann schätze ich, dass du den Dämon sehen konntest, weil Dad diese Kräfte hatte und du das nicht vollständig geerbt hast.“ „Was heißt „hatte“?“ Oh nein... Sie wusste es wohl noch nicht... Langsam senkte ich meinen Kopf, während sie schon ihre Hände auf meine Schultern gelegt hatte um es aus mir rauszuquetschen. Irgendeiner muss es ihr ja sagen, dabei kannte ich die genauen Details nicht mal selbst. Gerade als ich Luft holen wollte zum erklären, wurden wir drei durch einen lauten Knall und ein grelles weißes Licht, das vom Himmel kam, erschreckt. Wir sprangen derartig zurück, dass wir alle auf den Hintern fielen.

Durch das grelle Licht konnte ich kaum etwas erkennen, mit blinzelnden Augen sah ich nur einen Schatten in der Lichtsäule stehen. Es war der Umriss eines Kindes... Die Elementsteine von Clyde und mir fingen auch plötzlich an grell zu leuchten und ehe wir uns versahen war die Lichtsäule so schnell weg, wie sie gekommen war. Langsam trauten wir uns aufzustehen und genauer hinzuschauen.

„Was ist DAS denn?“, fragte Clyde erschöpft. „Das sieht aus wie ein Kind.“ „Iih...“ „BOAH CLYDE EY!“, motzte ich ihn an und näherte mich langsam dem kleinen Mädchen, das uns verwirrt anguckte.

„Hey, wo kommst du denn auf einmal her? Wer bist du?“, fragte ich sie leise um ihr nicht noch mehr Angst zu machen. Sie schnaufte hektisch und blickte zwischen uns dreien hin und her, bis ihr die Tränen kamen und sie Clyde laut weinend in die Arme sprang. Er wusste natürlich nicht wie er damit umgehen sollte. Und dann... Wie aus dem Nichts, kam etwas Leuchtendes mit rasanter Geschwindigkeit zu uns geflogen. Ich konnte erst nicht erkennen was es war, doch als es sich um den Hals von dem kleinen Mädchen gelegt hatte und ich genauer hinsah, sah ich, dass es der schwarze Stein der Dunkelheit war, den ich die ganze Zeit aufgehoben hatte. Der Stein, der seit Jahrhunderten auf seinen wahren Besitzer wartete...
 

~ Kapitel 3 ~ Besuch von Unbekannt ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 

Sorry, ihr Lieben dass ich für dieses Kapitel sooo lang gebraucht hab >.< Ich hatte die letzten Wochen echt ein richtiges Kreatief... Da hab ich für einen kleinen Absatz ne Dreiviertel Stunde gebraucht, was für mich so gar nicht typisch ist xD Naja nun habt ihr ja erstmal ein neues Kapitel zum Vergnügen :3 Hoffe es gefällt euch ~
 

lg eure Kirooo <3

Zeiten ändern sich

Wo waren wir? Was war geschehen? Ich fühlte mich plötzlich so leicht, so... Befreit... Und dann, als ich mich traute einen ersten Atemzug zu nehmen und meine Augen aufzumachen, versuchte ich mich zu erinnern was geschehen war.

~ Chann Hiwatari ~


 

Das letzte was ich sah war dieser furchterregende Mann mit den schwarzen Haaren. Er tötete Ran, meine Schwester... Dann waren da Rick und ich. Und wir waren schwer verletzt. Doch dieser seltsame Mann heilte uns... Nur um uns anschließend... einzufrieren...

Sein Zauber scheint seine Wirkung verloren zu haben! Endlich konnte ich mich wieder frei bewegen.

Doch meine Augen taten weh. Zu lange hatten sie kein Licht mehr erblickt. Selbst die wenigen Lichtstrahlen, die durch das morsche Holz schienen, stachen mir in die Augen. Ich versuchte nicht hinein zu blicken.

Neben mir hörte ich plötzlich ein schweres Atmen und da ich eh total verwirrt war, erschrak ich sogleich und fiel zu Boden. Ich konnte mich kaum auf den Beinen halten. Als ich an mir herunter sah, erblickte ich meinen blauen Stein, der immer noch treu an einer Kette um meinen Hals befestigt war. Er leuchtete schwach, jedoch stark genug um mir zu zeigen, dass ich keine Angst haben musste, denn vor mir stand Rick, der wohl ebenfalls gerade erwacht war.

Ich war so durcheinander, dass ich alles was zwischen uns zuletzt geschehen war vergaß und ihm erst mal um den Hals fiel. Wir waren beide nicht wirklich standhaft und fielen zu Boden.

„Au! … Chann?“ „Rick!“ „Chann!!!“ „... Was ist passiert?“ „Dieser Typ hat uns eingefroren... Dieser... Luzifer.“ „Wie lange wir wohl schon hier rumgestanden haben?“

Langsam richteten wir uns wieder auf. Auch Rick fiel es schwer in das Sonnenlicht zu blicken. Dennoch machten wir uns langsam auf den Weg nach draußen. Es dauerte nicht lange, da wurde das Licht schwächer, was mir sagte, dass es auf Abend zugehen musste. Unsere Augen hatten sich nach einiger Zeit an das abnehmende Licht gewöhnt. Doch der Anblick der Landschaft war zuletzt ein Anderer. Wir standen vor dem selben Gebäude wie damals, doch um uns herum war die Gegend kaum noch verlassen, sondern ist zu einem richtigen Neubaugebiet geworden. Diese Häuser ließen sich unmöglich innerhalb einiger Wochen bauen. Wie viel Zeit mag nur vergangen sein? Doch erstmal mussten wir schauen wie wir so schnell wie möglich von dort weg kämen. Würde man uns sehen, würden wir bestimmt gefragt werden was wir dort drinnen zu suchen hatten.

Rick schnappte mich an der Hand und zog mich zu der Hauptstraße. Um das alte Gebäude herum waren schon Bagger und Abrissbirnen aufgebaut. Wir hatten wohl echt Glück im Unglück!

Meine Füße schmerzten als wir durch den Schlamm und das verdorbene Gras zurück zur Hauptstraße schwankten. Ich seufzte schwer, als ich einen letzten Blick auf das Gebäude zurück warf in dem wir so lange gefangen waren. Noch schlimmer jedoch war diese Unsicherheit. Was war inzwischen passiert? Ich musste unbedingt wissen wie viel Zeit vergangen war. Wo waren meine Kinder? Wo waren meine Freunde? Ob ihnen inzwischen etwas geschehen war? Ob Luzifer auch sie angegriffen hatte!?

Rick schien meine Sorgen zu bemerken und nahm mich an der Hand.

„Mach dir mal keinen Kopf, Schatz. Wir gehen jetzt erstmal zu unserem alten zu Hause und gucken was daraus geworden ist.“ „Mhm... Okay“, antwortete ich bedrückt und ließ mich von ihm weiter mitschleifen.

Ich ahnte nichts Gutes. Warum sollten die ein unbewohntes Haus da rumstehen lassen!? Uns hat man garantiert für tot erklärt. Vielleicht waren auch nur ein paar Tage vergangen!?

Als Rick und ich nach fast zwei Stunden Fußmarsch völlig fertig vor unserem alten Haus standen, schienen sich meine Befürchtungen wahr geworden zu sein. Auf der Klingel standen andere Namen und durch die Fenster konnten wir sehen, dass dort wohl eine kleine Familie eingezogen war. Rick und ich beschlossen auch nicht zu klingeln.

Doch in mir machte sich langsam immer mehr Panik breit. Es schien wirklich viel Zeit vergangen zu sein... Wo sollten wir nun hin? Und was ist wenn... Wenn Clyde inzwischen gestorben ist!?!? Bei diesem Gedanken konnte ich mir die Tränen nicht mehr zurück halten und musste mich erstmal auf eine Mauer setzen. Meine Füße drohten mich noch umzubringen vor Schmerzen. Rick setzte sich neben mich und legte seinen Arm um meine Schulter.

„Gut okay... Unsere Wohnung ist weg... Das ist scheiße! Aber noch ist ja nicht gesagt, dass wir unsere Freunde und Familie nicht mehr finden.“ „Und was ist wenn inzwischen mehr als zwölf Jahre vergangen sind!? Wenn Clyde inzwischen...“ „Denk sowas nicht!“

Er schien zu überlegen und kramte in seiner Hosentasche herum, wo er sein Handy herauszog. Ob das wirklich noch funktioniert nach der Zeit? Im Kristallschlaf ist der Akku sicher längst leer gegangen. Doch es ging an! Gespannt sah ich meinem Mann dabei zu wie er sein Telefonbuch durchging und sämtliche Kontakte anrief. Doch je öfter er Pech hatte, desto mehr wurde auch ich wieder unruhig. Unsere Freunde und Verwandten hatten inzwischen wohl alle andere Handynummern.

Nun wurde auch Rick langsam niedergeschlagener. Aus Frust steckte er sein Handy wieder weg und seufzte. „Was machen wir nun?“, fragte ich ratlos und guckte ins Leere. „Gehen wir mal auf die Bank und gucken ob unser Konto noch besteht und ob da Geld drauf ist.“ „Och nee... Wieder so weit laufen.“ „Tja, Schatz. Ein Auto kann ich uns nicht her zaubern, also komm.“

Seufzend und unmotiviert lief ich ihm hinterher. Dabei gewann er immer mehr Vorsprung weil ich immer langsamer wurde. Das darf doch alles nicht wahr sein... Und dann fiel mich plötzlich auch wieder ein, dass ich kurz vor unserem Kampf mit Ran erfahren hatte, dass Rick ein Kind mit Vanessa hat. Es war alles gelogen... Warum lief ich ihm überhaupt noch hinterher...? Er hatte mir nie etwas davon erzählt, sondern mir immer nur was vorgemacht.

Es war wieder wie ein Stich ins Herz der mich dazu trieb abrupt stehen zu bleiben. Nach einigen Metern bemerkte Rick es und drehte sich mit fragenden Blicken um.

„Bist du wirklich so kaputt? Wir können uns auch erstmal wieder hinsetzen, wenn's dir so schlecht geht.“ „Darum geht’s doch gar nicht...“ „Worum dann?“ „Darum, dass du ein Kind mit dieser Schlampe hast und mir das nie gesagt hast!!!“ „Ja, du weißt ganz genau warum ich dir das nicht erzählt hab! Du hättest eh sofort Schluss gemacht!“ „Danke für dein Vertrauen!!!“ „Man, müssen wir schon wieder streiten? Wir haben kaum die Augen offen und du machst mir Vorwürfe! Ich glaub wir haben grade andere Probleme!“

Ich seufzte, aber er hatte recht. Hätte ich wirklich sofort Schluss gemacht? Das fragte ich mich weiterhin, bis wir endlich bei der Bank ankamen. Rick hatte seinen Geldbeutel noch einstecken. Dort hatten wir auch noch ein paar Dollar drin. Das würde zumindest für eine kleine Mahlzeit reichen. Ich hatte ja immernoch die Hoffnung, dass wir etwas von unsrem Konto holen konnten. Doch als Rick seine Karte in den Automat schob, erschien auf dem Monitor nur ein Fenster, dass das Konto nicht mehr besteht. Die Karte wurde dazu gleich eingezogen. Ich war echt kurz vorm Durchdrehen! Unser ganzes Geld war weg!!! Unsre Möbel waren weg!!! Das Haus war weg!!! Die Kinder, die Freunde!!! Alles war weg!!!

Ich schwieg vor mich hin und zog eine trostlose Mine als wir ratlos weiterzogen und uns erstmal in ein Café setzten um etwas zu essen. Rick schüttete die letzten Münzen auf den Tisch.

„Genießen wir unsre letzte warme Mahlzeit vorerst...“ „Mir ist ja schier der Appetit vergangen...“ „Ja, mir eigentlich auch. Aber ich hab Hunger. Also bestell dir was Schönes.“

Während wir endlich wieder was in den Magen bekamen, guckten wir auf den Fernseher, der am anderen Ende des Café's hing. Dort liefen die Nachrichten und unten stand das heutige Datum... Bei dem Anblick fiel mir das Kinn förmlich durch den Boden durch bis in den Keller und vielleicht weiter! Langsam drehte ich meinen Kopf zu Rick, der es auch bemerkte.

„Das... Das kann doch nicht sein! Dieses Datum...“ „Ja... Es sind tatsächlich zehn Jahre vergangen...“ „Das gibt’s doch nicht...“, stammelte ich und konnte meinen Blick nicht mehr von dem Datum lösen. Zehn Jahre!!! In zehn Jahren kann so vieles passiert sein!!! Nun machte ich mir noch mehr Sorgen um unsre Freunde und unsre Familie! Und wieder musste Rick mich trösten. Er schien nicht mal die Geduld zu verlieren mit meiner Heulerei.

„Wir sollten uns langsam auf die Nacht einstellen und schauen wo wir bleiben können.“ „Na klasse, ich hab noch nie auf der Straße geschlafen.“ „Ich schon, haha! Macht Spaß!“ „Dummkopf!“ „Komm, wir gehen mal Richtung Bahnhof. Auf ner Parkbank will ich nicht schlafen.“

Schweren Herzens folgte ich meinem Mann Richtung Bahnhof. Mir war das nicht ganz geheuer. Dort wo Rico und Koshy damals wohnten, stand gar kein Haus mehr, also gab es da auch keine Möglichkeiten. Der Bahnhof war in der Ferne schon gut sichtbar, doch Rick und ich blickten vor Trübsal nur noch auf den Boden.

Ich erschrak richtig als Rick auf einmal von jemandem angerempelt wurde und beide zu Boden fielen. Während ich Rick wieder auf die Beine half, setzte ich bereits an um diesem komischen Kerl, der ihn gerammt hatte, ne Standpauke zu halten. Im Schatten sah er eher aus wie ein Teenager.

„ALSO EHRLICH JUNGE, RENN HIER DOCH NICHT SO RUM! ES GIBT NOCH ANDERE LEUTE!!! DU BIST NICHT ALLEIN AUF DER...“ Ich brach meinen Satz abrupt ab, als der Junge aufstand und ich sein Gesicht sah. Er schwankte leicht und guckte uns mit großen Augen an.

„... Ich glaub das nicht! Clyde?!?!“ Diese ganze Verzweiflung und dann steht da auf einmal Clyde!? Er ging ein paar Schritte zurück: „Oh mein Gott!!! Geister!!! Verdammt nochmal ich hätte das Zeug besser doch nicht nehmen sollen... Krasser Scheiß!“ „Clyde!“, sagte Rick und ging ein paar Schritte auf unsren Sohn zu. Doch Clyde bekam wohl Angst und versuchte davon zu laufen, als es ihn nach ein paar Schritten schon wieder von den Füßen haute.

Ich rannte gleich zu ihm, bemerkte aber, dass er so ziemlich weg getreten war. Auch Rick kam zu uns. Er konnte gerade noch so aus ihm herauskriegen wo er wohnt. Rick nahm ihn auf den Rücken und trug ihn Huckepack.

„Sollten wir ihn nicht in ein Krankenhaus bringen?“, fragte ich besorgt. „Ne... Ich hab da ne andere Vermutung.“ „Was denn!? Weißt du was er hat?“ „Ich denke... Wenn wir dort angekommen sind, zeig ich dir was ich vermute. Falls es überhaupt stimmt.“

Ich fragte mich natürlich was da los war, aber mehr freute ich mich doch nicht auf der Straße schlafen zu müssen.

Die Adresse die Clyde uns noch sagen konnte, war nicht weit vom Bahnhof entfernt. Wir mussten ein Stück die Straße hoch laufen. Dort standen wir dann vor einem Haus mit dem Namen „Hiwatari“ auf dem Klingelschild. Ich war so erleichtert diesen Namen zu lesen! Nachdem wir klingelten erschien vor uns ein altbekanntes Gesicht. Es war Scarlett, die uns die Tür öffnete und kreidebleich wurde.

„Wie... Wie kann das... AAAAAHHHHHH!!!!! GEEEEEIIIIISTEEEER!!!!“, schrie sie und schlug sofort die Tür wieder zu. Das war ja so klar... Sie hatte sich kein Stück verändert.

Von Drinnen konnte man einen Aufruhr hören, bis die Tür erneut ruckartig aufgezogen wurde. Vor uns stand nun nicht mehr Scarlett, sondern eine junge Frau, die ich nur an ihren Augen und Haaren wieder erkannte! Jill! Sie brachte kein Wort heraus, sondern starrte uns ungläubig an.

„Jill, Schätzchen? Würde uns endlich einer rein lassen? Dann können wir auch alles erklären“, sagte Rick gelassen und ließ Clyde, der endlich wieder wach wurde auf den Boden. Jill warf ihrem Zwillingsbruder besorgte Blicke zu, zerrte ihn jedoch gleich am Arm in die Wohnung.

„Wie kann das sein?“, fragte sie heißer und fassungslos. Doch dann kamen ihr die Tränen in die Augen ehe sie uns beiden in die Arme sprang und hemmungslos losheulte. Rick und ich streichelten ihr über den Rücken und die Schulter um sie etwas zu beruhigen, doch sie war völlig fertig mit den Nerven. Endlich konnten wir auch rein. Was ich dort mithörte wollte ich lieber nicht hören. Es war Scarlett, die sich Clyde vorgeknöpft hatte. Im Flur konnte ich schon laut und deutlich hören, wie sie ihn in der Küche anschrie.

„DASS DU ES ÜBERHAUPT WAGST DICH NOCHMAL HIER BLICKEN ZU LASSEN DU DUMMES STRAßENBALG!!! IMMER DAS SELBE MIT EUCH! ICH GEB EUCH ALLE IN EIN HEIM! HAU AB! SIEH ZU, DASS DU LAND GEWINNST!“ Rick und ich warfen uns fragende Blicke zu und Jill seufzte: „So ist das immer hier...“, erklärte sie traurig, ging in die Küche, diskutierte mit Scarlett und holte Clyde zurück in den Flur wo sie auf ihn einredete.

„Geh hoch ins Zimmer, man! Willste, dass die völlig ausrastet!? Am besten pennst du deinen Rausch erstmal aus!“ Es war als würde sie gegen eine Wand reden. Clyde ignorierte sie komplett, versuchte dennoch von selbst irgendwie die Treppe hoch zu kommen. Ein paar mal stolperte er und fiel fast wieder runter. Erst nach einigen Minuten hatte er es doch geschafft in sein Zimmer zu kommen. Ich war schockiert meinen Sohn so zu sehen und durchbohrte Jill fast mit meinen fragenden Blicken.

Doch bevor sie mir antworten konnte, stand auch schon wieder Scarlett im Flur. Wieder wurde sie blass: „Ich dachte... Ich dachte ich hätte Hallus... Aber ihr seid immernoch da...“

Dann fiel sie in Ohnmacht... Ehm ja... Jill klatschte sich die Hand auf die Stirn und bat uns in die Küche. Scarlett ließ sie dabei einfach liegen. Auch Rick und ich kümmerten uns wenig um sie. Dass unsere Tochter uns sagen würde was hier los war, war uns wichtiger. Jill machte uns allen einen Kaffee und bat uns an den Tisch. Sie saß gegenüber von uns und zitterte leicht mit den Händen. Wirklich gesund sah sie auch nicht aus. „Jill... Was ist hier los!? Wieso ist die so zu euch? Was ist mit Clyde!? Und vor allem was ist passiert?“ „Ich würde lieber erstmal wissen, wie es sein kann, dass meine Eltern plötzlich hier stehen, obwohl wir schon seit zehn Jahren glauben, dass ihr tot seid!!!“, verlangte sie mit zitternder Stimme und fing wieder an zu weinen. „Wenn ihr wüsstet wie scheiße es uns hier geht! Wie scheiße es uns seit Jahren geht!!! Wie sehr wir euch gebraucht hätten!!!“ Nun schien alles Angestaute aus ihr heraus zu platzen.

Sie flippte derartig aus, dass sie nicht mehr still sitzen konnte. Erst als Rick sie in den Arm nahm und festhielt wurde sie wieder ruhiger. Rick und Jill hatten ja schon immer das bessere Verhältnis.

„Beruhig dich, Kleine! Jetzt wird alles wieder gut“, flüsterte Rick ihr beruhigend zu. Sie wollte ihn auch nicht mehr loslassen. Leider kamen wir wieder nicht dazu unserer Tochter zu erklären warum wir auf einmal wieder da waren und dass wir nie wirklich gestorben sind. Mein ältester Bruder Rico stand auf einmal in der Küchentür und guckte auch wie ein Auto.

„Unfassbar... Da denkt man an nichts Böses und auf einmal hocken da zwei Geister in der Küche!“ „Rico, du Depp! Wir sind keine Geister! Wie doof kann man eigentlich sein!?“ „Ha! Du bist unverschämt! Du musst also wirklich Chann sein...“ Ich schnaufte genervt und verdrehte die Augen, ehe ich erstmal einen Schluck Kaffee zu mir nahm zur Beruhigung der Nerven. Rico verstand dann auch endlich, dass es sich nicht um Geister sondern wirklich um uns handelte. Er war überglücklich mich wieder zu sehen. Doch bei ihm konnte ich richtig sehen, wie viel Zeit vergangen war. Er sah älter aus... Da wurde mir wieder bewusst, was für ein Fluch auf uns Assistants lastete. Wir werden unsre sterblichen Verwandten irgendwann sterben sehen während wir noch als junge Leute weiterleben.

„Ich muss die Andern sofort anrufen!!! Die werden ausrasten!!! Das wird geil!!! Partyyyy!“ „Rico!? Schonmal dran gedacht, dass wir müde sind?“, fragte Rick. „Nö! Ihr seid nach zehn Jahren wieder da! Ihr habt nicht müde zu sein.“ Wieder seufzte ich: „Was ist eigentlich mit deiner Frau? Die liegt da im Flur rum.“ „Ja, tut sie. Von mir aus kann sie da übernachten.“

Während Rico bei uns in der Küche stand, bemerkte ich, dass Jill überhaupt nicht herzlich auf ihn reagierte, sondern eher ihre Blicke abwendete. Sie saß wie ein kleines Mädchen bei Rick auf dem Schoß und klammerte sich an ihn.

Im Flur waren auf einmal noch mehr Stimmen zu hören. Die Stimmen von Kindern. „Ey, wer hat den Müll im Flur liegen lassen!?!“, rief eine junge männliche Stimme. Rico seufzte: „Maiko, bezeichne deine Mutter nicht als Müll!!!“

Die drei Kinder kamen nun auch zu uns rein geplatzt, angeführt von einem kleinen Jungen, der wohl Maiko war. „Wow... Euer Sohn, Rico?“ „Ja... Leider...“ „DAD!!!“, schrie Maiko entsetzt und warf seinem Vater vorwurfsvolle Blicke entgegen. Hinter Maiko stand ein kleines Mädchen mit braunen Augen und blauen Haaren. Neben ihr ein noch kleineres Mädchen, mit hellbraunen Haaren und lila-blauen Augen. Die Blauhaarige erkannte ich sofort! Das konnte nur Jenn sein.

„Jenn!?“, fragte ich trotzdem nochmal nach während ich ein paar Schritte zur ihr lief. Sie wich etwas zurück: „Ja?“ Die Situation war komisch für mich... Sie war noch ein kleines Baby als wir für tot erklärt wurden. Sie kannte uns gar nicht. „Ehm... Ich bin's, deine Mum.“ „Wollt ihr mich eigentlich grade alle verarschen?“, fragte sie beleidigt und rannte davon, was mich ziemlich verletzte. Jill, die sich endlich von Rick lösen konnte, lief ihrer kleinen Schwester hinterher. Und während Rico die Anderen anrief und Rick die dritte Tasse Kaffee trank, beobachtete ich Maiko, der den Kühlschrank plünderte und dem unbekannten Mädchen ein paar Schokoriegel in die Hände drückte. Die Kleine guckte die Schokolade skeptisch an und wusste scheinbar gar nicht, was sie damit anstellen sollte.

„... Ehm... Maiko? Was... Was ist das?“ „Ein Kind das nicht weiß was Schokolade ist?“, fragte Rick schockiert. Die Kleine schämte sich auf seine Aussage hin. Maiko warf meinem Mann finstere Blicke zu: „Na und!?! Lass sie, sonst kriegst du's mit mir zu tun!!!“ „Uuuh... Angst... Kleiner Giftzwerg!“

Maiko versuchte Rick zu ignorieren und zeigte dem Mädchen lieber, dass man die Schokolade essen konnte. Sie schien sich mehr über den Geschmack zu freuen als „normale“ Kinder. Ihre Augen leuchteten richtig und sie drehte fast durch vor Glück. „WOW!!! WAHNSINN!!! SOWAS HAB ICH NOCH NIE GEGESSEN!!! DAS IST DER HAMMER! MAIKO GIB MIR MEHR!!!“ „NÖ! Sonst bleibt ja gar nichts mehr für mich übrig.“ „Du bist gemein...“, antwortete sie mit ihren großen Kulleraugen die sie plötzlich machte. Maiko, der sichtlich angewidert war, konnte nicht mehr widerstehen und überreichte ihr auch den Rest der Schokolade, ehe er frustriert davon lief.

„Wie heißt du denn, Kleine?“, fragte Rick. „... Feye Coldfire.“ „Aha... Coldfire also... Und wer sind deine Eltern?“ „Mhm...“ Sie schien etwas verwirrt zu sein und stotterte. „Na sag schon, wir reißen dir doch nicht den Kopf ab.“ Noch immer traute sie sich nicht irgendwas dazu zu sagen. Nun stand auch Clyde plötzlich wieder in der Küche. Er schien etwas fitter zu sein: „Alter, mein Schädel“, jammerte er mit halb geschlossenen Augen. Er war immernoch blass und hatte dicke Augenringe. Die kleine Feye blühte bei seinem Anblick richtig auf. Sie sprang von ihrem Stuhl, direkt zu Clyde in die Arme: „PAPAAAAA!!!“ „PAPA!?!?!?!“, brüllten Rick und ich wie aus einem Munde heraus.

„CLYDE WAS HAST DU GEMACHT!?!! WIESO HAST DU SCHON EIN KIND!?!? UND AUCH NOCH EINS IN DEM ALTER!?!? SPINNST DU!?!“ „Spinnt IHR!? Keine Ahnung warum die mich so nennt!“ „Aber Papa!“, sagte Feye traurig und fing an zu heulen. „Frauen...“, seufzte Clyde und nahm sich ne Cola aus dem Kühlschrank, ohne Feye weiter zu beachten. Die Kleine stand irgendwie völlig abgeschoben in der Ecke herum und kriegte sich nicht mehr ein, bis ich sie auf den Arm nahm und sie zu mir auf den Schoß setzte.

„Bist du die Mama von Papa?“, fragte sie neugierig. „Ehm, ja!“ „OMA!“, rief sie nun fröhlich auf und klammerte sich an mich wie Jill das zuvor bei Rick gemacht hatte. Er guckte die Kleine skeptisch an und dann wieder zu Clyde. Ich wunderte mich, dass er keine Freudensprünge macht weil wir nun wieder da waren. Clyde hing damals ziemlich an uns und ich fragte mich was mit ihm passierte in der ganzen Zeit. Ein Schweigen machte sich breit bis Rico wieder kam.

„So, ich hab sie alle angerufen! Ich denke innerhalb der nächsten fünf Minuten wird hier die Hölle los sein!“ „Na toll“, fluchte Rick erneut. Eigentlich hätte ich mich auch lieber schlafen gelegt. Oder hätte mal in Ruhe mit meinen Kindern gesprochen. Aber irgendwie freute ich mich auch endlich die Anderen wieder zu sehen.
 

~ Rick Coldfire ~


 

Ich freute mich diese Nacht doch nicht auf der Straße verbringen zu müssen und natürlich freute ich mich noch mehr darüber meine Kinder wieder zu sehen. Ich war mir sicher, das mit Jenn würde auch noch besser werden. Chann macht sich immer solche Gedanken über alles. Ich dagegen war schon immer eher spontan und ließ alles auf mich zukommen.

Einige Dinge jedoch waren für mich ein Rätsel. Was war mit Clyde los? Und wer war diese Feye? Gut, sie nennt Clyde Papa. Aber Clyde konnte unmöglich ihr Vater sein. Eigentlich würde ich gerne mit ihm darüber reden, aber so wie er unterwegs war, wusste ich, dass man mit ihm eh nicht gut reden konnte. Er kapierte ja überhaupt nichts mehr. Deshalb verließ er auch die Runde und ging nach Oben. Während Chann und Rico auf die Anderen warteten, folgte ich ihm. Das Zimmer von Jill und Clyde sah nicht gerade gemütlich aus. Dort drin stand nur ein Hochbett und ein Schreibtisch – mehr nicht. Vor dem Fenster war ein Baum gewachsen, dessen Umrisse nichtmal viel Licht ins Zimmer hinein ließen.

„Dad!“, begrüßte mich Jill sofort und sprang von ihrem Bett oben herunter. Clyde lag unten und schlief. „Hat Jenn sich etwas beruhigt?“ „Ach... Ja, sie ist etwas schüchtern was sowas betrifft. Ich denke, sie braucht einfach etwas Zeit.“ „Ich glaub auch, dass sich das noch ergibt. Und... was ist mit ihm?“, fragte ich und deutete auf Clyde. Jill verdrehte die Augen und guckte ihn besorgt an: „Ihm geht’s nicht so gut.“ „Das seh ich. Und warum?“ Seufzend zog sie einen Arm von Clyde hervor und zeigte ihn mir. Ich war entsetzt bei dem Anblick der vielen Einstichstellen und Narben. Also hatte ich Recht mit meiner Vermutung. Jill bemerkte gleich, dass ich verstand was los war. Sie legte eine Decke über Clyde und seufzte wieder: „Naja... So wie es hier zugeht kann ich ihn ja verstehen...“ „Wenn du willst können wir morgen früh etwas spazieren gehen, dann kannst du mir alles erzählen. Ich bin echt kaputt.“

Wieder fiel mir meine kleine Tochter in die Arme: „Ich bin so froh, dass ihr wieder da seid... Das ist, als wären meine Gebete und Wünsche erhört worden. Papa...? Versprichst du mir, dass wir bald alle wieder zusammen in einer eigenen Wohnung leben? So wie früher?“

Ich lächelte: „Ja... Jetzt wird alles wieder gut.“

Jill beschloss lieber bei Clyde zu bleiben. Wie sollte ich Chann nur beibringen, dass unser Sohn Drogen nimmt? Chann würde ausrasten... Sie rastet eh wegen allem so schnell aus.

Ich erinnerte mich an die Situation kurz bevor wir eingefroren wurden... Wo sie dummerweise erfahren hatte, dass ich schon eine Tochter habe. Sie hätte sich von mir getrennt wenn ich ihr das erzählt hätte. Sie wäre viel zu stur um mir richtig zuzuhören. Ich konnte nur hoffen, dass Chann sich in der Hinsicht wieder ein kriegt und mir verzeihen kann.

Ich würde alles tun um meinen Kindern wieder ein richtiges zu Hause zu bieten... Aber ich fragte mich was aus Debby wurde nachdem Vanessa tot war und nie wieder nach Hause kam. Wo war die Kleine jetzt? Ich hoffe es geht ihr gut. Weiter nachdenken und die andern Kids besuchen konnte ich jedoch nicht, da im Flur schon eine riesige Ansammlung unserer Freunde stattfand.

Da standen auf einmal Kyle und Marisha, Rachel und Yoshihiro... Ausgerechnet der... Ihre Kinder hatten sie wohl auch dabei. Hailey und Shinji sind ja verdammt groß geworden.

Als Marisha mich sah, fiel sie mir sofort heulend in die Arme, während Kyle sofort zu seiner kleinen Schwester rannte. Yosh und Rachel waren auch eher an Chann interessiert. Naja, mit denen hatte ich auch nicht viel zu tun. Es war eher Marisha, mit der ich meine Kochtipps austauschte und Kaffeeorgien veranstaltete.

„Ich dachte echt ihr seid für immer von uns gegangen“, sagte sie mit schwacher Stimme und heulte weiter. „Tja... Und siehe da, zehn Jahre später steh ich vor dir. Sowas... Willst du nicht deiner besten Freundin auch noch hallo sagen?“ „Beste Freundin?“ „Ja, Chann halt.“ „Ach die...“

Sie wandte sich von mir ab und lief in die Küche zu den Anderen. Ich fragte mich was da los war, dass Mari so auf Chann reagierte. Normalerweise können die Beiden kaum ohneeinander. Hatte ich was verpasst?

Hailey und Shinji setzten sich nicht zu uns, die Beiden stürmten sofort zur Treppe hoch zu Jill und Clyde. Waren wohl immernoch allesamt beste Freunde. Aber was sollten sie auch bei uns, sie kannten uns immerhin kaum. Rico holte seinen besten Wodka raus und schenkte uns allen etwas davon ein. „Also los! Erzähl, Rick! Was ist passiert?!“, fragte Marisha, die gezielt mich ansprach und Chann ignorierte. „Naja, Ran hatte uns ziemlich zugesetzt... Und auf einmal taucht dieser Typ auf, killt sie einfach vom Fleck weg und heilt unsre Wunden.“ „Ja, da dachten wir erst, jetzt ist alles wieder in Ordnung“, stimmte Chann zu. „Er hatte schwarze Flügel... Ich schätze also... Dass er der Teufel sein könnte?“ „DER TEUFEL!?“, schrie Rico hell auf. Yosh grübelte: „Warum eigentlich nicht? Ihr kämpft gegen Dämonen... Dämonen kommen im Grunde aus der Hölle. Luzifer, der Teufel, schickt seine Dämonen um gegen euch zu kämpfen.“ „Hmm... Wäre eine Möglichkeit. Aber warum?“, fragte Rachel. Marisha lehnte sich nach hinten und nahm noch einen Schluck Wodka: „Weil er Gott hasst... Und Assistants gehören praktisch zu den Gegnern. Wir beschützen die Menschen – Gottes Werk. Wahrscheinlich will er uns loswerden, damit er freie Bahn auf die Menschheit hat um Gott zu provozieren.“ „Wow, Mari! Welch Spürsinn!“, bemerkte Yosh grinsend. „Also ist der Feind Luzifer...“, nuschelte Chann in sich rein. Dies machte sie allerdings laut genug, dass Feye, die in der Tür stand es auch hörte. Sie wurde bei dem Namen ganz blass.

„Luzifer sagt ihr!?!? Wo!?!?“ „Nirgendwo... Keine Angst, Kleine“, versuchte ich sie zu beruhigen. Sie guckte zweifelnd zu uns in die Runde, bis Chann sie wieder zu sich nahm. Inzwischen kamen auch die Teenies zu uns in die Küche. Jill schien sich sichtlich unwohl zu fühlen bei Shin und Hailey. Auch ihnen erklärten wir unsere Theorie.

Doch dann wurde plötzlich Feye für alle ganz interessant. „Und du sagst, sie ist auf einmal mit einer Lichtsäule gekommen und stand vor euch, Jill?“, fragte Marisha interessiert. „Ja! Und dann sprang sie zu Clyde in die Arme und nannte ihn Papa.“ „Komisch... Clyde hat kein Kind“, rätselte Shin. „Ja, das wüssten wir! Hahaha!“, lachte Hailey und ließ sich zu Shin in die Arme fallen.

Yosh musterte Feye und lächelte sie an: „Wie alt bist du überhaupt, Kleines?“ „... Ich... Ich bin acht Jahre alt.“ „Und woher kommst du?“ „Mhh...“ „Komm Feye, du kannst ihnen vertrauen“, versuchte Jill sie zu ermutigen. Feye guckte uns alle unsicher an, doch dann fasste sie ihren Mut: „Naja... Also... Ich komme wohl aus einer anderen Zeit. Mein Papa war älter bevor ich hierher kam. Also denke ich, dass ich aus der Zukunft komme“, erklärte sie mit ihrer hellen und schüchternen Stimme. Rachel verschränkte die Arme: „Zukunft? Und was ist da passiert?“ „Ehm...“ „Sag schon!“ „Aber...“ „Sag!“

Rachel schien sie dermaßen einzuschüchtern, dass sie aufsprang und weg rannte. Wahrscheinlich hoch zu Clyde ins Zimmer. Wir Anderen bedankten uns natürlich recht herzlich für Rachel's Einsatz und dass Feye nun gar nichts mehr sagen wird.

Dadurch war die Brünette dann auch gleich beleidigt und forderte ihre Familie auf mit ihr nach Hause zu gehen. Shinji schämte sich für das Verhalten seiner Mutter und auch Yosh schüttelte nur den Kopf. Ich war froh dass Chann und er keine Anstalten machten, sich wieder näher kommen zu wollen. Dass sie mich damals mit ihm betrogen hatte, reichte mir. Marisha's Verhalten Chann gegenüber änderte sich überhaupt nicht. Chann versuchte die meiste Zeit einem Gespräch zu entgehen und Mari ignorierte ihre Freundin komplett. Allerdings wollte ich mich da nicht einmischen, das mussten die Beiden selbst untereinander klären. Kyle legte auf einmal einen Arm um meine Schulter: „Isch scho doll ne beste Freund wieda da zu ham...“ „Ehehe... Ja...“ Man, hatte der ne Fahne... Stockbesoffen!
 

Als Mari und ihre Familie auch weg waren und ich mit Chann zusammen einige Stunden später auf Scarlett's und Rico's Sofa lag, dachte ich über Vieles nach. Alle Anderen schliefen schon und auch Scarlett wurde endlich aus dem Flur geschafft. Chann lag in meinen Armen und schlief. Nun hatten wir zumindest eine Stelle wo wir von Vorne anfangen könnten. Ich könnte mir wieder einen Job suchen und damit wäre uns eine neue Wohnung sicher. Da könnten wir dann mit den Kindern leben.

Eigentlich wollte ich auch Rico noch darauf ansprechen was er und seine Frau mit unseren Kindern angestellt hatten, jedoch war ich der Meinung, dass das auch noch bis morgen Zeit hatte.

Meine Gedanken schweiften ab. Ich erinnerte mich an etwas, das ich auch noch vor hatte. Etwas, das nun gut zehn Jahre her war. Wäre das mit Luzifer nicht dazwischen gekommen wäre ich längst nochmal nach Japan geflogen und hätte meinen Vater weiter gesucht. Ich fragte mich ob es ihm gut ging, oder ob er vielleicht sogar inzwischen... Nein! Er konnte nicht gehen... Nicht so früh. Ich hatte die Hoffnung bald wieder nach Japan zu können sobald ich einen Job hätte und wir wieder eine eigene Wohnung besäßen. Bis dahin würde es aber noch eine Weile dauern...
 

Am nächsten Morgen beschlossen Chann und ich uns endlich wieder unsren Kindern anzunähern. Da Clyde aber schon wieder verschwunden war, blieben uns nur Jenn und Jill. Chann bestand darauf etwas mit Jenn zu unternehmen und da ich Jill versprochen hatte, mit ihr an die frische Luft zu gehen, tat ich dies auch. Feye blieb bei Maiko, mit dem sie sich prima verstand.

Während wir unterwegs waren blühte Jill richtig auf. Sie schien ganz anders als gestern noch. Sie erzählte mir wie es bei ihnen zu Hause zugeht und wie lange das mit Clyde's Drogenproblem schon geht. Irgendwie machte es mich wütend alles verpasst zu haben. Ich konnte meine Kinder nicht schützen. Wahrscheinlich würde es allen nun gut gehen, wären wir da gewesen. Jill nahm mich auf einmal an den Händen und lächelte: „Dad, mach dir keine Vorwürfe! Ihr habt uns immerhin gerettet und euch für uns geopfert. Ich bin froh, dass ihr nun wieder da seid!“ „Ich verspreche dir, bald ziehen wir alle wieder in eine eigene Wohnung!“ „Ja, ich freu mich schon total drauf! Hihi, aber nun machen wir uns erstmal nen schönen Tag! Ich hab nämlich heute Morgen gleich eine gute Freundin von mir angerufen und gefragt ob wir uns mit ihr treffen können.“ „Wieso willst du dich denn mit mir zusammen mit deiner Freundin treffen? Muss ich das verstehen?“ „Nee! Aber du verstehst es bestimmt, wenn wir da sind. Komm!“ Richtig aufgeregt zog sie mich mit Richtung Hafen.

Es war noch so früh, dass die Sonne gerade dabei war aufzugehen. Es tat richtig gut diesen Anblick wieder genießen zu dürfen. Am Hafen war noch gar nichts los. Von früher kannte ich diese Einkaufspassage noch. Hier verkaufen die Leute ihren Fisch und Andenken. Die ersten Verkäufer waren gerade dabei ihre Läden zu öffnen. In der Ferne sahen wir nur eine einzige Person dastehen. Sie lehnte sich an das Geländer von dem man aufs Wasser runter sehen konnte.

„Ist sie das?“ „Ja! Wir sind da!“ Während Jill ganz aufgeregt blieb und mich immer weiter mit zerrte, fragte ich mich ernsthaft was sie damit bezwecken wollte. Doch als wir nur noch einige Meter von ihrer Freundin entfernt waren, wurde mir klar wer ihre Freundin war.

Sie drehte sich zu uns und guckte mich mit ihren großen Lila Augen an. Jill stellte sich ein bisschen abseits und lächelte. Ich traute meinen Augen kaum... Noch gestern fragte ich mich was wohl aus ihr geworden war... Und heute steht Debby vor mir... Dies war das erste mal, wo ich meine älteste Tochter überhaupt zu Gesicht bekam.

Bevor ich überhaupt überlegen konnte, was ich nun zu ihr sagen soll, hing sie mir auch schon in den Armen. Diesen Moment hatte ich mir so oft vorgestellt nur um ihn mir wieder aus dem Kopf zu schlagen. Ich hatte mich so oft gefragt wie es sein würde, wenn wir uns irgendwann mal gegenüberstehen. Ob sie sich freuen würde, oder ob mir die Tränen kommen würden. Oder ob sie so wütend auf mich wäre, dass sie mich am liebsten gleich zum Teufel schickt.

Nun hatte ich meine Antwort – Dank Jill! Ich lächelte sie an und gab ihr ein Handzeichen, dass sie auch zu uns kommen sollte. „Danke, Jill.“ Debby wischte sich die Tränen aus den Augen: „Man, ich wollte doch eigentlich nicht heulen! Eigentlich hatte ich mir doch vorgenommen ihn umzubringen wenn er mir unter die Augen kommt! Jill, du bist blöd! Ich sagte doch, das ist keine gute Idee!“ „Achso? Also für mich sieht das anders aus!“, entgegnete sie frech und streckte Debby die Zunge raus. Gestern noch hätte ich niemals mit solch einer Begrüßung gerechnet.

Ich bombardierte Debby förmlich mit Fragen. Was sie gemacht hat in der ganzen Zeit nachdem Vanessa weg war. Und wie sie zurecht kam. Zu meiner Erleichterung ging es ihr relativ gut. Debby war zu einer bodenständigen Frau geworden die gut auf sich selbst aufpassen konnte.

Selbst nach einigen Stunden war sie immer noch total aufgeregt und glücklich. Es war schön meine beiden Töchter so zu sehen. Fehlte nur noch Jenn... Wir hatten uns inzwischen mit einem Eis an den Stand gesetzt. Jill und ich unterhielten uns, als meine ältere Tochter sich plötzlich an ihrem Eis verschluckte.

„Ach du Scheiße!“ „Was ist denn, Debby?“ „Ich musste nur grade dran denken wie das wird, wenn Opa dich erst wieder sieht!!!“ „Opa!? DEIN OPA!?“ „Jaa, Opa Sean!“ „Wie!? Du hast Kontakt mit dem!?“, fragte ich verwundert und ärgerte mich wieder, weil ich ihn wie blöd suchte, und sie einfach so von ihm redete und Kontakt mit ihm hatte. „Ja, schon. Der wohnt hier in der Nähe.“ „WAS!?!“ „Seit ein paar Jahren. Ich nehm dich gleich mal mit, hahaha!“
 

Oh mein Gott...
 

~ Kapitel 4 ~ Zeiten ändern sich ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 

Endlich sind sie wieder da :D Mit Rick und Chann hat wahrscheinlich kaum mehr jemand gerechnet :) Jetzt kann's ja nur noch bergauf gehen oder? So, aber da haben sich sicher einige Fragen gebildet! Warum ist Marisha nur so wütend auf Chann? Warum reagiert Feye so komisch auf Luzifer und überhaupt, was ist passiert ,dass sie auf einmal da ist? Wer ist ihre Mutter? :P
 

Lasst euch überraschen ^_^ Bis zum nächsten Kapitel, lg Kiro

Zweifel

~ Rick Coldfire ~


 

Ich wurde fast wahnsinnig!!! Den Gedanken gleich wieder meinen Vater zu treffen nach all der Zeit und nach allem was geschehen war ließ mich innerlich zittern! Ob es wirklich eine gute Idee war mich bei ihm zu melden? All meine Zweifel kamen wie mit einem Schlag wieder hoch. Debby sah alles ziemlich locker und verstand meine Nervosität nicht. Jill jedoch fiel es gleich auf, dass ich nun recht angespannt war.

Während Debby fröhlich voran schlenderte, hielt mich Jill am Arm fest und lief langsamer.

„Alles in Ordnung? Du musst nicht dort hin, wenn du nicht willst.“ „Ach Jill... Ich hab zwar meine Zweifel und bin nervös, aber wenn ich es jetzt nicht mache, werd ich es für ewig bereuen.“ „Gut, das wird bestimmt gar nicht so schlimm wie du denkst.“ „Hoffentlich... Aber du sag mal, weißt du zufällig warum Marisha deiner Mutter gegenüber so komisch ist?“ „Hmm... Nein, ich hab zwar ab und zu mitgekriegt, dass Tante Mari etwas sauer auf Ma ist, warum weiß ich allerdings nicht.“ „Das war gestern Abend nämlich total offensichtlich.“ „KOMMT IHR!?“, rief Debby uns zu und unterbrach uns dadurch. Mit Entsetzen stellte ich fest, dass Sean und seine Familie nicht mal weit weg von uns wohnten. Da hätte ich lang suchen können. Debby hatte sogar einen Schlüssel zu dem Haus.

Es schien keiner da zu sein, alles war dunkel und die Rollläden weit runter gelassen. Debby guckte sich um und rief nach Sean und Evelynn – keine Antwort.

„Sind die nicht da?“, fragte Jill und guckte sich um. „Ach, die faulen Schweine hängen bestimmt wieder oben auf der Dachterrasse rum und lassen sich sonnen.“ „Sonnen!? Für mich sieht's aus, als würde demnächst Regen aufziehen“, antwortete ich. Debby ging die Treppe hoch: „Ja, das Wetter ist ziemlich verrückt. Das kann jetzt noch Regnen und im nächsten Moment scheint die Sonne.“ „Ich warte ja nur noch drauf, dass es mal anfängt hier zu schneien“, entgegnete Jill ironisch und folgte ihrer Halbschwester. Auch ich ging den beiden Mädchen hinterher. Seltsam das mit dem Wetter... Ob das auch an den Elementen und unsren Gegnern liegt? Ich musste unbedingt Jill fragen ob die Dämonen immernoch so aktiv sind. Das wollte ich jedoch nicht vor Debby besprechen.

Ganz oben auf der Dachterrasse fing Debby an rumzufluchen: „Hier seid ihr!!! Faules Pack!“ „Haha, Debby, Kleines! Willst du dich zu uns legen?“ Die Stimme kam mir sehr bekannt vor... Sie klang noch genau wie früher und hatte sich kein Bisschen verändert. Als ich hinter Debby versteckt stand und auf die Terrasse guckte, sah ich wie mein alter Herr und seine Blondine auf jeweils einer Liege lagen und es sich gut gehen ließen. Debby nahm Jill mit aus dem Flur, damit die Beiden sie auch sehen konnte. Jill hatte ihren Opa bisher auch noch nie gesehen.

„Huch, wen hast du denn da mitgebracht?“, fragte Sean und stand auf um Jill die Hand zu reichen. Auch Evelynn stand auf und begrüßte sie. Debby legte die Hände in die Hüfte: „Nach wem sieht's denn aus? Die Haare und Augen dürften dir bekannt vorkommen, Opi.“ „Hehe... Äh ja, ich bin Jill Coldfire, die Tochter von Rick. Wie kommt's, dass ihr hier auch wohnt und wir uns noch nie begegnet sind?“, fragte Jill nachdenklich. Sean's Augen leuchteten richtig beim Anblick von Jill. „Ach du siehst genauso aus wie dein Papa! Da werden Erinnerungen wach! Hach... Rick hat wirklich zwei hübsche Kinder.“ „Er hat VIER hübsche Kinder...“, entgegnete Jill trocken, worauf hin Sean das Kinn runter fiel. Evelynn legte die Hand vor den Mund und versuchte sich andauernd ein Lachen zu verkneifen. Sie drehte sich dann weg und prustete herzhaft vor sich hin.

„VIER!? Gott erbarme... Er ist genau wie ich...“

Bei dem Satz erwischte ich ein kleines Lächeln in meinem Gesicht, das ich schnell wieder verdrängte. Wie lange wollte ich eigentlich noch hier stehen bleiben und nur zusehen? Aber irgendwie traute ich mich nicht...

„Jill, wo ist Rick? Ich würde ihn zu gerne wieder sehen! Ich hatte lange nach ihm gesucht, aber es gab keine Informationen über ihn.“ „Ach... Das hatte seine Gründe... Hehe... Wo er ist. Tja... Öh, bis eben war er noch da! EY DAD DU FEIGLING! JETZT BEWEG DOCH ENDLICH MAL DEIN HINTERN HIER RÜBER, MAN!“

Ich bekam einen halben Herzinfarkt als sie mich rief, da das bedeutete, dass ich mich nicht länger verstecken konnte. Dieses verräterische Balg! Das gibt noch Rache!

„Rick?“, fragte Sean vorsichtig und wandte sich in meine Richtung. Okay! Zähne zusammen beißen und raus kommen! Mit langsamen Schritten kam ich aus dem Flur raus auf die Dachterrasse. Sean stand wortlos da und musterte mich.

„Ehem... Ich musste noch ein wichtiges Telefonat führen!“ „Dad...“, ermahnte mich Jill und verschränkte die Arme. Auch Debby legte die Hände wieder in die Hüfte. Beide hatten mich durchschaut. Und obwohl Sean ebenso wusste, dass es gelogen war, lächelte er mich nett an und kam zu mir. Alt war er geworden... Das letzte mal sah ich ihn mit vierzehn Jahren im Vollrausch... Widererwarten hatte er keine grauen Haare. Wahrscheinlich gefärbt... Etwas Anderes würde sein Ego ihm auch gar nicht erlauben.

„Rick... Du bist es tatsächlich! Nach den vielen Jahren sehe ich dich endlich wieder! Ich wusste, irgendwann kommt der Tag! Ich bin so froh!“ „Ja, ich musste ihn dazu drängen sich nach dir zu erkundigen! Er war ja immer der Meinung, dass er dir nie wieder unter die Augen kommen dürfte!“, meckerte Evelynn und gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf.

„Warum?“, fragte ich. „Nach allem was ich dir angetan hatte...“ „Mhh... Naja, vieles ist eben verdammt blöd gelaufen. Aber ich muss ehrlich sein, ich hatte dich auch etwas vermisst... Dad.“

Warum fiel es mir so verdammt schwer ihn so zu nennen? Er war sichtlich gerührt und nahm mich in den Arm. Irgendwie war ich froh, dass wir uns endlich wieder sehen konnten. Unser Abschied fiel damals ja mehr als beschissen aus, da ich ja einfach die Kurve gekratzt hatte. Sean forderte die restliche Familie auf uns etwas alleine zu lassen, was sie auch verstanden. Jill und Debby waren eh ein Herz und eine Seele und beschlossen einen drauf zu machen.

Sean und ich setzten uns an den Gartentisch. Die hatten sich hier oben echt schön eingerichtet. Nur die Wolken, die immer mehr aufzogen beunruhigten etwas.

„Rick! Willst du...“ „Nen Kaffee!? Davon nehm ich fünf!“ „Hätte auch nichts Anderes erwartet!“

Sean, der alte Kaffeejunkie, von dem ich meine Leidenschaft für Kaffee geerbt hatte, hatte gleich eine ganze Kanne voll parat. Ich wunderte mich etwas.

„Hehe, ich hab immer eine ganze Kanne voll auf Vorrat!“ „Typisch...“ „Soso, du hast also vier Kinder.“ „Ja... Irgendwie schon... Hat sich wohl so ergeben.“ „Haste denn eine liebe Frau gefunden? Ich bin ja ehrlich froh, dass das mit Vanessa nicht weiter gegangen ist damals.“ „Ach hör mir bloß mit der auf. Ne, ich hab ne nette Frau gefunden. Sie ist ein bisschen überemotional und regt sich schnell auf... Ich glaub aber so sind alle Hiwataris.“ „HIWATARI!?! NE! SAG DASS DAS NICHT WAHR IST!“ „Wie?“ „Ehm... Heißen die Eltern deiner Frau zufällig Kashya und Danny? ...“ „Soweit ich mich erinnern kann, ja.“

Ich wusste zwar nicht warum, aber mein Dad brach just in diesem Moment innerlich zusammen. Er klatschte sich die Hand auf die Stirn und lachte verzweifelt.

„WAS!? Warum lachst du!?? Will es auch wissen!!!“ „Ach das war so...“

Von Sean zu erfahren, dass Chann und ich uns schon als Babys kannten und dass unsere ganzen Eltern mal eine Clique waren, hörte sich für mich unglaublich an. Ich wusste dass meine Mum die Mutter von Chann kannte, aber was nun wirklich so los war, hatte sie mir gar nicht erzählt.

Wir redeten über die alten Zeiten und mussten über manche Sachen sogar richtig lachen. Ich war froh, dass wir uns inzwischen wieder freundschaftlich in die Augen gucken konnten und dass die Dinge, die damals geschehen sind, begraben wurden.

An den Gedanken, wieder einen Dad zu haben, musste ich mich allerdings erst gewöhnen. Dieses Gefühl hatte ich noch nie wirklich. Denn, immerhin dachte ich meine ganze Kindheit über, ich hätte keinen Vater.

Sean und ich beschlossen in Kontakt zu bleiben. Doch langsam wurde es Zeit wieder zu gehen und mich um mein Leben mit meiner Familie zu kümmern. Damit wir uns nicht nochmal aus den Augen verlieren würden, tauschten wir unsere Handynummern aus. Auch mit Debby wollte ich den Kontakt halten. Mit ihr saß ich auch nochmal alleine auf der Hausmauer, kurz bevor ich mit Jill nach Hause wollte.

„Debby, wenn du willst versuch ich meine Frau zu überreden, dass du bei uns wohnen kannst“, schlug ich ihr vor, obwohl ich wusste, dass das Chann gar nicht passen würde.

Es wäre wohl schlimm genug, wenn sie erfahren würde, dass ich mich mit der unerwünschten Stieftochter getroffen habe. Aber was auch immer Chann davon halten würde, sie müsste es akzeptieren. Debby war immerhin meine Tochter und konnte nichts dafür, dass damals alles so gekommen war.

„Ach Dad, lass mal... Ich will nicht, dass du Ärger bekommst und ich hab schon so früh gelernt alleine klar zu kommen. Das ist kein Problem für mich.“ „Na gut, aber wenn du mal Hilfe brauchst, kannst du jederzeit kommen.“ „Okay! Treffen wir uns bald wieder?“ „Klar! Und du kannst auch immer zu Besuch kommen wenn du magst. Jill freut sich bestimmt.“
 

Dieser Tag war für mich ein voller Erfolg. Zusammen mit Jill marschierte ich zurück zu Rico's Bude. Hoffentlich finde ich schnell einen Job, damit wir bald dort ausziehen können. Jill seufzte: „Ich bin froh, wenn ich Rico und Scarlett nicht mehr sehen muss.“ „Wir ziehen bald aus, Schatz.“ „Ja, Rico bricht Clyde die Hand und der macht nicht mal was. Und dann tut er so nett euch beiden gegenüber.“ „WAS HAT DER GEMACHT!? JILL, WERDET IHR DA GESCHLAGEN!?“ „Eigentlich nicht... Aber zwischen den beiden eskaliert es andauernd... Und Scarlett wollte uns schon ins Heim stecken.“

In mir staute sich die Wut auf. Es war wirklich keine gute Idee von Chann unsere Kinder ausgerechnet Rico und Scarlett zu überlassen. Am liebsten hätte ich Rico eine rein geschlagen. Er konnte froh sein, dass er in diesem Moment nicht vor mir stand. Trotzdem dürfte er sich diesen Abend noch was anhören.

„Was ich dich noch fragen wollte, Jill. Was ist eigentlich inzwischen mit den Dämonen? Sind die noch da? Ich wollte dich das nicht vor Debby fragen.“ „Ach, die weiß bescheid. Sie sieht sie auch, kann aber kein Element einsetzen. Die Dämonen sind derzeit wirklich schlimm. Es vergeht fast kein Tag, wo wir mal nicht angegriffen werden. Man kann sogar mal richtig von Glück sprechen, dass heute nichts war. Aber der Tag ist ja noch nicht zuende.“ „Verstehe... Kommt ihr wenigstens gut gegen die klar?“ „Es geht...“

In der Zeit unserer Abwesenheit scheinen es die Anderen ja nicht gerade leicht gehabt zu haben. Zurück zu Hause erwischte ich gleich Rico, der sich warm anziehen durfte.

Er meinte zwar, dass der Unfall mit Clyde wirklich keine Absicht war, aber allein unsere Kinder so zu behandeln war unterste Schublade. „Jetzt komm mal wieder runter Rick! Du weißt ja gar nicht wie es ist von heute auf morgen vier Kinder zu haben! Zwei Kleine und dann auch noch zwei Babys auf einmal! Maiko war uns ja teilweise schon zu viel!“ „Dann hättet ihr sie eben wem anders aus der Familie geben sollen! Meine Fresse! Naja, ins Heim braucht ihr sie ja jetzt nicht mehr zu stecken! Ich werde ab morgen auf Jobsuche gehen und dann ziehen wir mit unsren Kindern und Feye aus. Bei aller Dankbarkeit, aber so kann das nicht weiter gehen!“

Rico war nicht begeistert von meiner Reaktion, traute sich aber auch nicht sich mir noch irgendwie entgegen zu setzen. Wir beließen es dabei. Jill war sichtlich stolz auf mich und froh, bald alles überstanden zu haben.

Im nächsten Moment kamen Chann und Jenn nach Hause. Jenn, die drei Luftballons am Handgelenk und eine Stange Zuckerwatte hatte, sah mehr als glücklich aus und rannte sofort zu Feye, die in der Küche saß. Man konnte die Beiden aus dem Flur gut beobachten.

„BOAH DAS IST SO GEIL ELTERN ZU HABEN!!! MAMA HAT MIR HEUT ALLES GEKAUFT WAS ICH WOLLTE! Willst du mal Zuckerwatte haben? Und hier, der Ballon ist für dich!“

Sie band Feye einen Ballon ums Handgelenk und schenkte ihr die restliche Zuckerwatte, ehe sie nach oben zu Maiko rannte um ihm den anderen Ballon zu schenken. Feye lächelte Jenn traurig hinterher und guckte ihre Zuckerwatte fragend an.

„Irgendwie tut mir die Kleine ja leid.“ „Ja, Jenn's Worte waren auch nicht grade aufbauend. Wenn man bedenkt, dass die Kleine nun keine Eltern mehr hat.“ „Kinder... Die denken nicht an sowas“, seufzte meine Frau und setzte sich ins Wohnzimmer aufs Sofa. Ich folgte ihr: „Rate mal, wen ich heute wieder gesehen hab!“ „Wen denn?“, fragte sie erschöpft und zog ihre Schuhe aus. „Ich konnt's selbst kaum glauben! Ich hab Sean wieder getroffen!“ „Deinen Dad!? Wie das?“ „Naja ähm... Jill hat mich zu Debby geführt und Debby hat mich zu Sean gebracht...“ „Debby...“, sagte sie skeptisch. „Ja... Jill hatte mir nichts davon erzählt und mich zu ihr gebracht. Hör mal Chann... Debby ist meine...“ „Ja, ich weiß, sie ist auch deine Tochter. Ist doch gut, ich sag ja gar nichts. Und ist bei euch nun wieder alles in Ordnung? Darf ich deinen Paps dann auch mal kennen lernen?“ „Klar!“, sagte ich erleichtert und war froh, dass sie mir keine Szene machte.

„Und hast du durch Jill in Erfahrung gebracht, was mit Clyde los ist? Du wolltest mir doch auch noch was zeigen...“ „Ja, ich hab gestern Abend geguckt, als du unten warst. Grade ist er ja nicht da... Also... Flipp jetzt bloß nicht aus!“ „Was!“ „Clyde nimmt Drogen... Und Rico hat ihm die Hand gebrochen. Allgemein wurden unsere Kinder ganz schön scheiße behandelt!“ „WAS!?!?!“, schrie sie laut auf und spritze vom Sofa hoch.

„WIE, CLYDE NIMMT DROGEN!?!??! SO RICHTIG MIT SPRITZE!?!?!“ „Chann...“ „ABER DAS GLAUB ICH NICHT!!! UND WAS HEIßT RICO HAT IHM DIE HAND GEBROCHEN!?!?!“ „Ja die Beiden hatten wohl Streit...“ „BOAH NEIN!!! RIIIICO!!! RICO, ICH BRING DICH UM!!! NIEMAND SCHLÄGT MEINE BABYS UND SCHON GAR NICHT CLYDE!!!“

Chann trampelte mit riesigen und wütenden Schritten in die Küche zu ihrem Bruder wo ich sie laut schreien hörte und zum Schluss hörte ich ein lautes Klatschen, was mir sagte, dass sie ihm eine reingeschlagen hatte. Vorsichtshalber, folgte ich ihr um Schlimmeres zu vermeiden.

Rico hatte tatsächlich ne knallrote Wange, machte aber keinerlei Anstalten sich zu wehren. So viel Anstand hatte er noch nicht gegen seine kleine Schwester zu gehen.

Ich schnappte Chann und zog sie von ihm weg.

„Komm Schatz, das macht doch keinen Sinn! Jetzt lass uns friedlich bleiben! Immerhin durften die Kinder hier so lange wohnen. Wir dürfen nicht vergessen auch dankbar zu sein für Rico's Hilfe.“ „ABER DOCH NICHT DAFÜR DASS ER DIE KINDER SCHLÄGT!“ „Das mit Clyde tut mir total leid Chann!“ „ERSPAR DIR DAS GELABER!!! BOAH, ICH KÖNNT DICH...“

Doch bevor sie fertig sprechen konnte, hatte ich sie mit aller Mühe aus der Küche gezogen und ins Bad geschleppt, das ich hinter uns abschloss.

„Jetzt gehen wir erstmal schön warm baden und vergessen den Stress! Und morgen geh ich gleich auf Jobsuche! Wir ziehen hier ganz schnell aus, Schatz! Okay?“ „Jaaa..“, antwortete sie genervt und seufzte.
 


 

~ Hailey Hiwatari ~

~ Einige Stunden zuvor ~ Mittags ~
 

Dass Chann und Rick plötzlich wieder da waren freute mich total für Jill und Clyde. Endlich hatten sie die Chance aus diesem miesen Leben mit Rico und Scarlett raus zu kommen. Und vielleicht würde Clyde dann endlich die Motivation bekommen eine Drogentherapie zu machen.

Diesen bewölkten Mittag war ich mit Shinji verabredet, doch irgendwas stimmte nicht. Ich schwärmte die ganze Zeit von ihm und war froh, dass wir nun endlich zusammen waren. Ich verbrachte wirklich gern meine Zeit mit ihm, doch es war fast so als wären wir immer noch nur beste Freunde. Und ich erwischte mich andauernd dabei wie ich an Clyde denke. Andauernd frage ich mich ob es ihm gut geht, was er gerade macht, ob er wieder am Bahnhof war und warum zur Hölle ihn dieses kleine Mädchen Papa nannte! Wer war die Mutter dazu? Niemanden von uns nannte sie Mama. Sie sieht auch kaum jemanden von uns ähnlich. Was war da nur los in ihrer Zeit und warum reagierte sie so komisch bei Luzifer's Namen? Er hatte garantiert etwas damit zu tun, dass sie nun hier ist.

In meinen Gedanken vergaß ich die Uhrzeit völlig und musste mich nun beeilen noch rechtzeitig zu Shinji zu kommen. Er saß schon in dem Lokal wo wir uns zum Kaffee trinken verabredet hatten und lächelte mich zur Begrüßung an.

„Na, hast du wieder die Zeit vertrödelt?“ „Ja! Sorry! Ich musste die ganze Zeit an...“ „...an Clyde denken? Wie immer!“ „Ehm... Shin! Nun sei doch nicht so! Es ist eben viel passiert! Ich musste an gestern denken und an dieses kleine Mädchen aus der Zukunft.“ „Hmm... Ja, die Ereignisse überschlagen sich. Ich bin gespannt was noch passiert. Aber Hailey... Guck mal, wir warn doch schon immer beste Freunde. Also können wir doch offen reden, oder?“ „Klar, was ist los?“

Das klang für mich schon fast so, als würde er mit mir Schluss machen wollen. Aber... Warum störte mich das kaum? Ich ließ ihn reden. „Ich weiß, dass du mehr an Clyde hängst. Vielleicht haben wir unsere Freundschaft ja falsch gedeutet. Verstehst du? Vielleicht haben wir uns unsre Gefühle ja stärker eingeredet als sie sind... Ich will dir damit nicht weh tun.“ „Ja, ich weiß was du meinst... Du hast Recht... Ich krieg Clyde nicht aus meinem dummen Kopf...“, seufzte ich, worauf er lächelte. „Das merkt man. Wir sollten uns nichts vormachen. Also los, geh zu deinem Clyde. Der kann deine Hilfe sowieso gebrauchen. Vielleicht kannst du es ja schaffen aus meinem besten Kumpel wieder den zu machen, der er mal war.“

Seine Worte brachten mein Herz dazu Überschläge zu machen. Warum hatte ich es eigentlich nicht früher zugelassen? Ohne etwas zu Trinken zu bestellen packte ich meine Handtasche, drückte Shin noch einen kleinen Kuss auf die Wange und lief davon. Aber!!! Halt! Nach nur zehn Metern rannte ich zu ihm zurück. Er musterte mich verwundert.

„Shin! Ich glaube da wartet noch jemand auf dich.“ Er starrte mich an und überlegte, bis man ihm richtig ansehen konnte, dass ihm ein Geistesblitz kam. Er grinste und nahm ein Schluck seines Kaffee's: „Ja, ich geh zu ihr.“ „Danke!“

Ich war so glücklich, dass Shinji mich verstand und dass unsere Freundschaft nicht darunter leiden würde. Mein Herz schlug wie verrückt. Ich konnte es nicht mehr abwarten! Ich sehnte mich so sehr nach ihm... Nach seiner Nähe und seiner Zuneigung. Ich wusste, dass viele Probleme auf mich zukommen würden, wären wir erstmal zusammen. Er hatte immerhin seine Drogensucht zu bewältigen... Doch ich war mir sicher: Gemeinsam könnten wir es schaffen! Ob er überhaupt genauso empfindet? Doch! Es musste so sein... Die ganzen Andeutungen waren Beweis genug!

Clyde zu finden war nicht einfach, der trieb sich sowieso immer wo anders herum. Inzwischen fing es auch noch an zu Regnen. Angespannt und mit rasendem Herzen ließ ich meine Blicke durch den Regen schweifen und war völlig außer Puste, als ich ihn endlich in der Nähe vom Bahnhof rumstehen sah. Jedoch... Nicht alleine... Ich wusste nicht, ob ich mich nun umdrehen und gehen sollte, oder ob ich ihn anschreien soll. In seinen Armen hielt er den wohl abscheulichsten Menschen, den ich kannte – meine Halbschwester Maya. Gerade die! Es machte mich rasend. Langsam drehte ich mich um und hielt inne... Wenn ich jetzt gehe... Dann werde ich es für immer bereuen. Und Maya gönne ich diesen Triumph nicht! Ich werde niemals vor Maya zurückstecken.

Mutig fasste ich mir ein Herz, drehte mich um und lief mit selbstsicheren Schritten hinüber zu den Beiden, die gerade am rumknutschen waren. Clyde bemerkte mich nicht mal. Der Rotschopf genauso wenig. Ich seufzte wütend und tippte Maya auf die Schulter. Sie drehte sich zu mir um und warf mir sogleich giftige Blicke zu.

„Nicht du schon wieder! Was willst du? Siehst du nicht, dass du uns störst?“ „Beim rumlecken? Könnt ihr auch nachher machen! Clyde! Ich muss mit dir sprechen!“ „Ehm... Okay... Wir sehen uns, Maya“, sagte er abweisend und kehrte uns beiden den Rücken. Während Maya sofort resignierte und sich dem nächsten Typen an den Hals warf, gab ich nicht so einfach auf und fragte mich was mit ihm schon wieder los war. Er wirkte so abweisend, doch ich hatte die Sache mit Shin nicht beendet um nun aufzugeben! So nervig ich auch sein mochte, ich folgte Clyde.

„Jetzt lauf doch nicht davon! Ich will mit dir reden!“ „Es gibt nichts zu reden, Hailey“, antwortete er wieder schroff und lief schneller um mich loszuwerden. Der Kloß, der sich in meinem Hals bildete, schnürte mir förmlich die Luft ab. War er denn schon wieder so benebelt von seinen Drogen, dass er vergessen hat, wie schön es letzt mit uns beiden war?

Hätte ich meinen Tränen keinen Lauf gelassen, wäre ich wohl erstickt. Vor Kälte zitterte ich am gesamten Leib und blieb nun stehen.

„GEH NICHT!!! CLYDE!!! ICH LIEBE DICH!!!“, schrie ich ihm in meiner Verzweiflung hinterher und heulte wie eine Idiotin. Warum tat ich das nur? Das war es doch gar nicht wert...

Hatte ich etwa Glück? Mit meinen verheulten Augen konnte ich verschwommen wahrnehmen, wie Clyde stehen blieb und zu Boden blickte. Was er wohl nun dachte? Sicher würde er gleich einfach weiter laufen und mich stehen lassen. Langsam näherte ich mich ihm ein paar Schritte und war nun gar nicht mehr so selbstsicher wie vorher. Plötzlich drehte er sich um... Er hatte genauso Tränen in den Augen wie ich und auch seine Hände zitterten. Meine Befürchtung, dass er nur so ist, weil er wieder Drogen genommen hatte, bestätigten sich schonmal nicht. Ich merkte aber, dass er wieder schlecht Luft bekam und sichtbar Schmerzen in der Brust hatte. Das hatte er immer öfter. Sein Handgelenk war auch immernoch ganz angeschwollen.

Mit großen Schritten kam er auf mich zu und blieb kurz vor mir stehen: „Warum verliebst du dich in mich!?! WARUM!!!“ „Clyde... Tut... Tut mir leid...“, antwortete ich etwas verängstigt und musste mit weiteren Tränen kämpfen. Ich zuckte leicht zusammen, als er meine Arme packte.

„... Du darfst mich nicht lieben... Bitte... Das darfst du einfach nicht...“ Ich starrte verwirrt in den Himmel, als er das sagte und mich anschließend fest umarmte. Warum sagte er sowas?

„Okay... Ich werde dich in Ruhe lassen, aber sag mir wenigstens warum...“, flehte ich ihn an. Mein Herz war kurz vorm Zerbrechen. Er lachte kläglich auf und drehte sich etwas weg, ehe er sich mit hilflosen Blicken wieder zu mir wandte: „Willst du es wirklich wissen? Was würde es bringen? Du bist der Wahnsinn! Wie fürsorglich du bist.... Wie du dich um alle kümmerst... Dein ganzer Charakter... Ist einfach... Wow! Du bist so Wow, dass ich Hals über Kopf in dich verschossen bin... Ich liebe dich! Du bist die einzige Frau, die mir jemals so derb den Kopf verdreht hat!!! ABER WIR KÖNNEN NICHT ZUSAMMEN SEIN!!!“ „WARUM NICHT, WENN DU MICH DOCH AUCH LIEBST!?!“ „WEIL MIR DIE ÄRZTE GERADE MAL NOCH ZWEI JAHRE ZUM LEBEN GEBEN! Für mich... Gibt es kein Leben und keine Rettung... Ich kann eigentlich nur noch auf meinen Tod warten...“, antwortete er mit aller Not und versuchte alles um noch mehr Tränen zurück zu halten, was ihm nicht gelang. „WAS!?“, schrie ich entsetzt auf und dachte er würde mich nun verarschen wollen. Mit schüttelndem Kopf lief ich ein paar Schritte zurück.

„Bisher wissen nur wenige aus der Familie davon... Ich bin schwer krank. Mein Herz könnte jederzeit aufhören zu schlagen und ich weiß, dass es nicht mehr lange dauert. Daran werde ich täglich durch die Schmerzen erinnert...Verstehst du!? WAS WILLST DU MIT NEM KRÜPPEL DEN DU IN ZWEI JAHREN VERLIERST!? DENKST DU WIRKLICH WIR KÖNNTEN GLÜCKLICH SEIN!? MIT MIR KANN NIEMAND GLÜCKLICH SEIN!“, schrie er mich an, ehe seine Stimme versagte und erneut Tränen seine Wangen herunter liefen. Wieder drehte er sich um und lief ein paar Schritte weiter.

„Ist... Ist das der Grund, warum du nie eine feste Freundin wolltest und dich so gehen lässt!? Ist das der Grund, warum du nicht einmal im entferntesten daran denkst, von den Drogen weg zu kommen?“ „... Ja... Und da können mir weder du noch meine Eltern helfen!“, antwortete er kaum verständlich und rannte davon. Mir wurde schwindelig. Ich konnte nicht glauben, dass es wirklich so schlecht um ihn stand. Nun verstand ich es... Er wollte nicht mit mir zusammen sein weil es mich verletzen würde, ihn nach kurzer Zeit wieder zu verlieren... Jedoch würde es so oder so sehr weh tun. Mit oder ohne Beziehung. Letztendlich würde es nichts daran ändern...
 

~ Clyde Coldfire ~


 

Es tat weh... So sehr tat es weh... Ich wäre am liebsten jetzt schon gestorben. Wie oft hatte ich mir in den letzten Tagen gewünscht, Hailey würde Shin verlassen und würde lieber zu mir kommen, fragte ich mich, als ich die Augen zusammen kniff, die Schmerzen in der Brust ignorierte und davon lief. Nach einigen Minuten machte ich langsamer und blickte zurück. Hailey war nicht mehr zu sehen. Wieder bekam ich kaum Luft als ich an dem Hügel, abseits der Stadt, ankam und herab blickte auf Orlando.

Was war nur größer? Die Schmerzen, die mir das Stechen in der Brust bereitete, oder die Tatsache, niemals mit der Frau, die ich liebe, zusammen sein zu können? Dabei hatte ich mir geschworen mich nicht in sie zu verlieben. Es würde sie nur unglücklich machen... Sie hatte etwas besseres verdient als einen nutzlosen Krüppel wie mich.

Was konnte ich schon? Kämpfen konnte ich nie wirklich... Dazu war ich zu krank. Meist mussten mich die Anderen beschützen. Ich war nur ein jämmerlicher Klotz am Bein. Ich würde sie niemals beschützen können... Ich würde niemals eine Familie ernähren können... Gar nichts kann ich... Zu allem Unglück waren nun auch noch meine Eltern urplötzlich wieder da. Und können sie stolz auf ihren Sohn sein? Nein... Ich schämte mich für mich selbst, doch einen Weg zurück gab es sowieso nicht mehr.

Ich fragte mich, was eine Therapie und eine Freundin jetzt noch bringen würden. Jetzt – wo doch fast alles schon gelaufen ist. Bald wäre ich weg und würde nichts hinterlassen. Und niemand soll unnötig wegen mir trauern. Ich wollte keine Freundin, keine Bindung mehr zu meinen Eltern und die Drogen brauchte ich, um mich von meinem Schicksal abzulenken.

Seufzend lehnte ich mich an den Baum und ließ mich herabsinken. Der kalte Regen prasselte auf mein Gesicht und ließ mich weiter frieren. Auch das war mir egal. Meine Gesundheit spielte für mich keine Rolle mehr. Je früher ich Erlösung finden würde, desto besser. Der Gedanke nicht mehr lange zu leben, machte mir Angst und ließ mich leiden. Früher war es für mich noch nicht so schlimm... Zwanzig Jahre – ne lange Zeit. Aber wenn davon nur noch Zwei übrig sind... Ja, da sieht die Sache anders aus. Was solle ich mir denn jetzt noch aufbauen?

In mir baute sich so eine Wut auf, dass ich gegen den Baum schlug und einen lauten Schrei von mir gab, ehe ich auf die Knie ging und mich hoffnungslos dagegen lehnte.

„Gib doch nicht auf“, hörte ich auf einmal eine Stimme sagen, die wie aus dem Nichts kam. Hatte gar nicht mitbekommen, dass sich jemand zu mir gesellte. Diese Stimme klang ziemlich kindlich und Jung. Sie... Sie wirkte, als würde ein sehr optimistisches und warmherziges Wesen dahinter stecken. Hinter dem Baum kam nun endlich die Besitzerin dieser Stimme hervor, was mich zurück schrecken ließ.

Es handelte sich um eine junge Frau mit braunschwarzen Haaren. Sie trug ein langes blaues Kleid und hatte riesige weiße Flügel. Ein Engel!?!?

Hatte ich schon wieder Halluzinationen? Die Unbekannte lächelte: „Nein, ich bin real...“, kicherte sie mir zu. Sprachlos beobachtete ich wie sie sich mir näherte, vor mir auf ein Knie ging und mir in die Augen sah.

„Clyde, warum gibst du auf?“ „Was? Woher...?“ „Es gibt... Immer Mittel und Wege etwas zu erreichen“, sagte sie nun ernster als sie sich wieder von mir abwandte und mit verschränkten Armen auf die Stadt herab blickte. Nun stand auch ich auf, hielt mich aber auf Abstand.

Wieder lächelte sie mich an und drehte sich erneut zu mir: „Schicksal... Man kann es nicht ändern, stimmt's?“ „Ja... Leider.“ „Stimmt eben nicht. Zumindest nicht, wenn man mir begegnet.“ „Was... Wer bist du?“ „Ich bin Lumen, der Engel, der das Schicksal beeinflussen kann. Höre, Clyde Coldfire, was ich dir zu sagen habe. Ich erhörte deine Not und ich biete dir einen einmaligen Handel an. Ich verlängere dein Leben auf unbestimmte Zeit! Du wirst an deiner Krankheit sterben, keine Frage, jedoch nicht in zwei Jahren. Auch nicht in Fünf... Vielleicht in Zehn... Wenn du den Handel eingehst und stirbst, wird deine Seele jedoch mit mir ins Reich der Ewigkeit kommen. Was sagst du, Clyde?“

Ich starrte sie fassungslos an... So einfach wäre das? Irgendwas war doch da wirklich faul dran. Bestimmt war das wirklich eine Einbildung oder Betrügerin. Schwarze Magie? Haha...

Aber... Wenn es wirklich stimmen würde... Wenn sie mich länger leben lassen könnte... Dann könnte ich mit Hailey zusammen kommen und eine Therapie machen! Dann hätte mein Leben einen Sinn, wenn auch nur für ein paar Jahre mehr. Ich würde für Hailey alles in kauf nehmen. Ja... Das wäre es mir wert. Für diese Frau würde ich durch die Hölle gehen...

Skeptisch schritt ich auf Lumen zu.

„Und... Wenn du mich mit irgend 'nem Hokus Pokus versiehst... Bin ich dann wieder gesünder und kann ohne Schmerzen laufen und so?“ „Nein... Ich kann deine Lebensqualität nicht ändern, nur die Zeitspanne. An der Qualität kannst du jedoch getrost selbst arbeiten.“ „Schade... Aber okay! Ich will, dass du mir mein Leben verlängerst!“ „So sei es.“
 

Sie richtete ihre Hände gen Himmel und erschuf zwei leuchtende Kugeln. Während dessen sprach sie Worte in einer Sprache, die ich nicht verstand. Die beiden leuchtenden Kugeln flogen langsam und geschmeidig auf mich zu bis sie an meiner Brust kamen und sich einfach in meinen Körper fügten. Ich fühlte mich plötzlich etwas besser... Vielleicht einfach nur, weil ich neue Hoffnung hatte. Lumen machte auf einmal wieder ihre Augen auf.

„Auf deinem Rücken wird ein Mal erscheinen. Das Zeichen des Lebens. Es wendet sich ganz langsam zu einer Spirale. Wenn die Spirale geschlossen wird, ist deine Zeitspanne abgelaufen.“ „Also wenn die Spirale ihren inneren Kern berührt ist es vorbei?“ „Genau. Dann komme ich dich holen.“ „... Danke...“

Sie lächelte mich nett an, drehte sich weg und verschwand im Licht. So etwas habe ich noch nie gesehen... Plötzlich überkam mich mein neuer Lebenswille und ich hatte den Drang sofort Hailey zu suchen! Ich hatte ihr sowieso das Herz gebrochen was mir unendlich leid tat!

So gut es mit meiner Krankheit ging, rannte ich durch den Regen, dorthin wo ich sie zuletzt gesehen hatte. Sie saß dort auch immernoch. Mit tränenunterlaufenen Augen saß sie klatschnass und zitternd auf einer Mauer und starrte auf den Boden.

Selbst als ich direkt vor ihr stand bemerkte sie mich nicht. Erst als ich mich zu ihr herunter beugte, erschrak sie und starrte mich entsetzt an. Ich nahm ihre Hand und zog sie hoch, dass sie mir gegenüber stand. Ihre traurigen und verwirrten Blicke... Ich zögerte nicht weiter, verschwendete auch keine Worte, sondern nahm sie einfach in die Arme und küsste sie.

„Clyde... Was...?“ „Komm, ich bring dich nach Hause... Sonst wirst du ja noch krank.“ Sie war immernoch total verwirrt, besonders als ich meinen Arm um sie legte um sie nach Hause zu führen. „Clyde? Hat das zu bedeuten, dass...“ „Ja. Das wird schon irgendwie klappen. Ich liebe dich.“ „Ich dich auch“, sagte sie zufrieden. Plötzlich sprang sie fröhlich auf und zog mich an der Hand: „Komm noch mit rein!!! Ma hat schon gekocht! Du hast bestimmt Hunger und bist müde!!! Ich kann dir auch ein schönes warmes Bad machen!“ „Nicht gleich so stürmisch...“, stammelte ich, weil ich mich sogleich etwas überrumpelt fühlte. Sie hatte wirklich ein starkes Helfersyndrom... Hunger hatte ich eigentlich nie und wenn, bekam ich kaum etwas herunter. Aber ich wollte sie nicht enttäuschen und stimmte zu. Allerdings machte mich der Gedanke an ihre Familie plötzlich sehr nervös.

Ja, Marisha und Kyle waren für mich Tante und Onkel und sie konnten mich immer gut leiden... Aber... Es würde ihnen garantiert nicht gefallen, dass ihre kleine Tochter mit einem Junkie zusammen ist. Ich könnte sie immerhin mit in den schlechten Umkreis ziehen.

„Clyde, was ist los? Du wirkst besorgt.“ „Schon gut, ich hab Hunger, haha!“ „Achso, okay, dann lass uns beeilen!“

Sie zog mich an der Hand hinterher und ging einen Schritt schneller bis wir bei ihr zu Hause ankamen. Fröhlich wie immer platzte sie zu ihrer Mum in die Küche und begrüßte sie herzlich mit einer Umarmung und zwei Küsschen auf die Wangen. Typisch...

„Mum, ich hab Clyde mitgebracht, ich hoffe das ist okay.“ „Klar, warum nicht? Willst du was mit essen, Kleiner?“ „Ehm, ja, gern“, antwortete ich schüchtern und schaute zu Boden, woraufhin Marisha ihre Augenbrauen hochzog und sich vor mich stellte: „Was geht denn mit dir ab? So kenn ich dich gar nicht, hahaha.“ „Ehm... 'Tschuldigung...“ „Mach dir nichts draus, Mum! Clyde ist etwas übermüdet!“, wendete Hailey ein und lehnte sich an mich. Marisha lächelte verständnisvoll und stellte sich wieder an ihren Herd während Hailey und ich uns an den Küchentisch setzten.

„Und Clyde? Zu Hause alles klar?“ „Weiß nicht... War da gestern Abend nur kurz.“ „Jetzt, wo deine Eltern wieder da sind, dürfte doch alles bald wieder gut sein.“ „Mh... Denke ich doch.“ Es war mir unangenehm, dass sie mich so ausfragte. Ich wusste kaum etwas über das, was zu Hause so geschah. Und mit Ma und Dad hatte ich seither kaum ein Wort gewechselt, obwohl sie so lange für tot gehalten wurden. Hailey lächelte und drückte mir ein Glas Trinken in die Hand.

„Essen ist gleich fertig, Kinder.“ „Mum, wo ist eigentlich Jayden?“ „Der ist bei nem Freund heute. Warum?“ „Oooch nur so... Perfekt!“

Hach, diese Hassliebe... Marisha gefiel die Reaktion ihrer Tochter überhaupt nicht, denn sie legte großen Wert auf Familienharmonie. Zu meinem Pech kam nun auch Onkel Kyle in die Küche und setzte sich zu uns.

„Alles klar?“, fragte er uns beide. „Ja, Dad“, antwortete Hailey darauf hin nur knapp. Am liebsten wäre ich einfach nur aus dem Raum gerannt. Ich wusste, dass ich kaum etwas runterbekommen würde.

Als Marisha dann endlich fertig war mit kochen und wir alle am Tisch saßen, wurde ich fast nur noch gemustert von meiner Verwandtschaft.

„Clyde, du siehst ziemlich kaputt aus. Lass dich mal von deiner Ma aufpäppeln“, meckerte Marisha während sie mich so betrachtete. „Ich lass ihr ja keine Chance, hehe...“ „Ma, was hast du eigentlich gegen Tante Chann?“ „Ja, was hast du gegen meine Sis!? Früher wart ihr so dicke miteinander“, sagte auch Onkel Kyle. „Das geht euch gar nichts an! Ich sag nur so viel, sie war, bevor sie verschwunden ist, eine absolute scheiß Freundin!“ „Ehm... Okay“, antwortete Hailey zögerlich und fragte nicht weiter.

„Was ich mich gerade eher frage: Warum seid ihr beiden heut nur allein? Seid ihr nicht sonst immer zu Viert?“, fragte nun Onkel Kyle eher beiläufig, weil er sich voll und ganz aufs Stopfen konzentrierte. „Jill und Shin haben ein Date!“ „Uuuuuh!“

Während die Anderen schaufelten, quälte ich mir jeden einzelnen Bissen rein und verfluchte den randvollen Teller. Mari hatte mir wohl ne extra Portion drauf gemacht, weil ich so mager bin.

Erst lange nachdem alle fertig waren, schaffte auch ich es... Mir war kotzschlecht... Mein Magen war so viel Essen gar nicht mehr gewöhnt.

„Clyde, hat es dir nicht geschmeckt?“, fragte Marisha etwas beleidigt. „Doch! Doch... Aber... Es war zu viel...“ „Hihi, komm Clyde, wir gehen mal nach oben.“ „Wehe ich erwische euch bei was Unanständigen“, ermahnte Kyle wieder beiläufig, worauf Hailey etwas rot im Gesicht wurde. Sie ergriff mit mir zusammen regelrecht die Flucht.

Oben musste sie erstmal durchschnaufen und ließ sich auf ihr Bett fallen. „Sie sind immer sooo aufdringlich, tut mir leid, wenn sie dich in Verlegenheit gebracht haben.“ „Ach... War mir irgendwie klar, ich kenn sie doch“, seufzte ich und setzte mich neben sie. Ich war mir nicht ganz sicher wie weit man bei ihr überhaupt gehen konnte.

Sie richtete sich auf, krabbelte auf allen Vieren übers Bett zu mir und guckte mich fragend an: „Bist du bei allen Mädchen bisher immer so schüchtern gewesen?“ „Nein... Aber bei ihnen hatte ich auch andere Absichten. Wenn man sich von vornherein zum Vögeln trifft, muss man nicht erst drumrum reden.“ „Hmm... Ist das nicht seltsam? Wir kennen uns schon seit Ewigkeiten und trotzdem ist alles so neu.“ „Das wird schon“, antwortete ich und gähnte, weswegen sie mich dazu drängte mich neben sich ins Bett zu legen. Fröhlich summend machte sie ihren kleinen TV an und kuschelte sich an meine Schulter, wovon ich ein leichtes Kribbeln im Bauch bekam. Sowas hatte ich auch noch nie...

„Wenn du schlafen willst, ist das okay, ja? Ruh dich nur aus... Schatz...“, nannte sie mich zum ersten mal.

Ich drehte meinen Kopf zu ihr und so müde ich auch war, ich wollte gerade nicht schlafen. Auch sie schaute mich mit ihren großen blauen Augen an. Erwartungsvoll irgendwie. Lächelnd drehte ich mich weiter zu ihr und küsste sie zärtlich, was ihr wohl gefiel, denn sie konnte gar nicht mehr genug davon bekommen. Immer wenn ich meinen Kopf etwas zurück zog, kam sie sofort näher und fing meine Lippen wieder ein.

Ich wollte nicht gleich an unserem ersten Tag mit ihr schlafen, das fand ich unmoralisch und nicht in Ordnung, doch sie störte sich nicht daran, dass ich sie zumindest etwas streichelte. Als ich sie sanft und zurückhaltend an ihrer Brust berührte stöhnte sie leise auf und nahm meine Hand, die sie nach weiter unten schob. Na die will es scheinbar wissen, dachte ich mir verwundert. Ich ging auf ihren Wunsch ein und legte meine Hand zwischen ihre Beine, jedoch noch über der Hose.

Ich machte langsam und guckte sie ernsthaft an: „Sag mal... Hast du überhaupt schonmal...?“ „Ehm...“ Sie räusperte sich etwas, wurde knallrot und wandte ihre Blicke ab, wovon ich grinsen musste.

Wir schlossen die Augen und machten einfach so weiter, da ich ihre Nervosität deutlich spürte, doch ich wollte ihr damit zeigen, dass sie das Tempo bestimmen kann. Leider kamen wir gar nicht erst weiter, denn unserer Zweisamkeit wurde jäh ein Ende gesetzt, als Marisha auf einmal herein platzte und uns schockiert ansah.

„HAILEY!? CLYDE!? Was... Was macht ihr da!?!!“ „MUM!"
 

~ Kapitel 5 ~ Zweifel ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 


 

Ahahah! Überraschung für alle Syndicate's Slave Fans, die sehnsüchtig auf Sean gewartet haben :) Die Dialoge mit Sean und Rick hätte ich lieber etwas ausführlicher geschrieben, aber das wäre nur unnötiges Kapitel füllen gewesen, finde ich :o
 

Übrigens, wer sich nun fragt, von was die beiden überhaupt sprechen, warum sie den Kontakt verloren haben und was eigentlich passiert ist, der darf sich gerne meine FF Syndicate's Slave durchlesen. Dort spielen Sean und Rick nämlich die Hauptrollen. ;)
 

Ich hätte auch gern Feye nochmal mehr ins Gespräch gebracht >< Vor allem aus Clyde's Sicht... Aber da hat sich echt keine Gelegenheit geboten in meinen Augen!!! Ich bin den ganzen Part nochmal durchgegangen und hab gesucht wo man was einbauen könnte... Aber naja. Nächstes Kapitel ! Da kriegt Feye nämlich ihren ganz eigenen Part :D
 

bis dahin, viel Spaß, eure Kiro

Verborgene Kräfte

~ Jill Coldfire ~


 

Am Ende dieses erlebnisreichen Tages war ich froh in meinem Bett zu liegen. Es war nun 20 Uhr und in unserer überfüllten Bude kehrte so langsam Ruhe ein. Die letzten Tage ist viel passiert. Als ich auf meine Zeitschrift starrte und die Wörter flüchtig überflog, ertappte ich mich dabei, kein Wort wirklich aufgenommen zu haben. Viel zu sehr war ich in meine Gedanken versunken.

Mum und Dad waren auf einmal wieder da und es schien, als sei dies unsere Rettung aus dieser Hölle. Bald müssten wir Rico, Scarlett und vor allem Maiko nicht mehr ertragen. Ja, man könnte sie gerade noch zwei Stunden als Besucher dulden, aber mit ihnen noch einmal unter einem Dach wohnen wäre unmöglich.

Der Tag mit Dad gefiel mir sehr. Ich freute mich ihn endlich wieder bei mir zu haben. Er war eigentlich meine größte Bezugsperson – schon immer. Das hieß aber nicht, dass ich mich nicht auch über Mum freute.

Dass Dad endlich den Kontakt zu Debby gefunden hatte, freute mich noch mehr und zudem lernte ich meinen Großvater kennen. Noch immer wunderte ich mich, dass ich ihm nicht schon früher begegnet war. Eigentlich ärgerte es mich! Wenn ich gewusst hätte, dass wir hier in der Nähe so nen coolen Opa haben, hätte ich mir Scarlett und Rico nie gegeben.

Als ich wieder versuchte zu lesen, ertappte ich mich erneut beim Versinken in meine Gedanken. Wo war Clyde überhaupt schon wieder? Jahrelang heult er unseren Eltern hinterher und dann sind sie endlich da und was macht er? Ist nicht zu Hause... Ob er wieder am Bahnhof war um seine Drogen zu beschaffen? So ein Idiot! Feye fragt auch andauernd nach ihm und versteht nicht, warum er nie zu Hause ist. Wir Anderen sind für sie scheinbar so fremd. Sie traut sich meist kaum ein Wort mit uns zu Sprechen. Wenn Clyde in der Zukunft ihr Vater war, wer war dann überhaupt ihre Mutter? Clyde hatte noch nie eine feste Freundin... Ob er bald eine finden würde? Aber Moment... Wie konnte Clyde ein Kind haben, wenn er mit zwanzig gestorben sein müsste? Das würde alles gar nicht zusammen passen. Oder war Clyde in Feye's Zeit vielleicht gar nicht krank? Mich würde das alles so brennend interessieren, doch aus Feye bekam man nichts heraus. Keinerlei Informationen. Wahrscheinlich brauchte sie einfach noch ihre Zeit bis sie auch der restlichen Familie vertrauen könnte.

Inzwischen gab ich meine Zeitschrift auf und warf sie von meinem Bett herunter. Dabei fiel sie direkt auf den Kopf von Jenn, die gerade durch die Tür kam.

„Au! Sag mal, willst du mich umbringen!?“ „Dann komm nicht einfach so in das Zimmer rein.“ „Ach, willst du mich etwa nicht mehr!? Seit wann willst du, dass man anklopft? Wenn du wenigstens einen Stecher hättest... Da würde ich das ja noch verstehen aber so...? Oder wolltest du dich anderweitig beschäftigen?“, fragte sie zynisch und guckte sich mit einem frechen Grinsen die Zeitschrift an. Als sie jedoch enttäuscht bemerkte, dass es eine ganz normale Modezeitschrift und kein Pornoheftchen war, warf sie sie ebenfalls weg.

„Da hast du aber noch mal Glück gehabt!“ „Was willst du überhaupt? Denkst du ich hab freiwillig keinen Freund? Nur weil du in deinem Alter schon so billig bist...“ „Pff! Das sag ich Mama!“ „Mach doch!“

Jenn seufzte... Wir beide sahen in diesem Moment ein, dass unsere Konversation total sinnlos war und mussten lachen. Jenn kam zu mir hoch ins Bett geklettert und guckte die Wand über uns an.

„Es ist komisch...“ „Was denn?“, fragte ich. „Naja... Ich hab unsere Eltern nie kennen gelernt... Dachte immer sie sind tot und auf einmal sind sie wieder da. Sie sind wie Fremde für mich. Ihr Anderen seid so vertraut zu ihnen...“ „Natürlich sind sie wie Fremde für dich... Sie sind dir immerhin fremd. Ihr habt eben noch keine Bindung zueinander. Aber das kommt alles noch. Wart ab, wenn wir erstmal in einer neuen Wohnung leben! Das wird toll! Dann wird endlich alles besser.“ „Hmm... Maiko werde ich ja schon irgendwie vermissen.“ „Das Balg!? Er ist doch nicht aus der Welt. Außerdem hasse ich ihn.“ „Ja, er ist doof... Aber er verprügelt immer die Schuljungs für mich“, prahlte sie mit viel Stolz.

Ja, so lange man Maiko nicht gegen sich hatte, hatte man auch nichts zu befürchten. Sobald er allerdings zum „Gegner“ wurde, konnte er einem echt auf die Nerven gehen. Hoffentlich ändert er sich noch, bevor die ganze Welt an seiner Dummheit unter geht!

Jenn seufzte wieder: „Ich hab halt keine Ahnung wie ich den Beiden gegenüber treten soll. Mama und ich hatten heute einen tollen Tag...“ „Du bist das Kind... Lass die das machen“, sagte ich und musste lachen, weshalb meine kleine Schwester erneut seufzte und sich aufrichtete: „Du bist blöd! Absolut keine Hilfe! Ich werde meinen Freund anrufen und ihn fragen.“ „In deinem Alter hat man noch keinen... Freund...“ „Bist ja nur neidisch“, entgegnete sie frech und sprang vom Hochbett runter. Ich warf ihr ein Kissen hinterher doch sie war schneller. Kinder! So unverschämt!

Als ich mich gerade wieder zur Ruhe legte und beschloss diesen Abend früh schlafen zu gehen, da ich eh total müde war, wurde ich unangenehm von dem Klang unserer Klingel aufgeschreckt. Welcher Idiot klingelt um diese Uhrzeit noch? Manche Leute haben echt keinen Anstand!

Seufzend lehnte ich mich von meinem Bett hinüber zur Tür, die ich gerade mit den Fingerspitzen berühren und zu drücken konnte. Sollen sich die Anderen doch um den nervigen Besuch kümmern. Kurz darauf machte ich auch das Licht aus, deckte mich zu und lehnte mich zurück. Nach ein paar Minuten wurde ich allerdings langsam aggressiv, weil schon wieder die Zimmertür aufging. Wie von einer Biene gestochen spritzte ich auf, nahm mein Kissen und schmetterte es gegen die Tür.

„KANN MAN HIER NICHT IN RUHE PENNEN!?!?!“ „Oh mein Gott!!! Chill dich mal Jill!!! Haha! Wieso willst du jetzt schon pennen!?“, fragte eine mir bekannte Stimme, was mir die vollkommene Verlegenheit ins Gesicht trieb. „Ehm... Shin?“ „Ehm... Ja, ich!“

Also war er dieser unerzogene Idiot der um diese Zeit noch bei Leuten klingelt... Hätte ich mir auch denken können. Als er das Licht anschaltete zog ich mir ruckartig die Decke ran. Immerhin hatte ich nur meine Unterwäsche an.

„Wieso kannst du dich nicht ankündigen!? Mit Besuch hab ich heute überhaupt nicht mehr gerechnet um ehrlich zu sein...“ „Man sieht's...“, sagte er frech und grinste mich und meine Decke an. Doch dann schloss er die Tür hinter sich und setzte sich auf den Stuhl, der ein paar Schritte weiter weg stand. „Hab dich nicht so, Jill. Wir kennen uns lange genug. Ich sehe dich heute doch nicht zum ersten mal in Unterwäsche, hehe.“ „ACH NEIN!?!!“ „Nö.“ „MISTSTÜCK!!! Was willst du überhaupt hier?! Clyde ist nicht da, Hailey auch nicht – falls du die suchst“, erwähnte ich frustriert und kletterte von meinem Bett herunter.

Ich konnte es nach wie vor nicht ertragen die Beiden miteinander zu sehen. Trotzdem quälte ich mich selbst mit meinen permanenten Gedanken an ihr Glück. Shin erhob sich und kratzte sich verlegen am Kopf: „Ehm, ich suche die Beiden doch gar nicht... Die haben wahrscheinlich grade ein Date miteinander.“ „Wie darf ich das denn verstehen? Du willst mir doch nicht ernsthaft erzählen, dass du hier seelenruhig stehst wenn deine Freundin grade mit meinem Bruder alleine rumhängt? Und dann sprichst du auch noch von Date?“ „Ja... Hailey ist nicht mehr meine Freundin. Also nicht mehr „Freundin“... Ähm, also Freunde sind wir schon noch nur nicht mehr so und... Ach, vergiss es...“, sagte er schließlich und schien seine eigenen Worte nicht mehr zu verstehen. Ich verstand noch weniger...

Richtig verwirrt war ich allerdings erst recht, als er mich packte und küsste, statt noch irgendein Wort zu verlieren. Doch ich war immernoch so sehr verwirrt, dass ich mich sofort wieder los riss.

„Was wird das!? Wieso machst du das? Was ist hier eigentlich los?“ „Wenn ich's dir erkläre, gehst du dann mit mir?“, fragte er wie ein kleiner schüchterner Junge. Skeptisch verschränkte ich die Arme vor mir und seufzte: „Na schön, aber erst will ich wissen was hier los ist!“

„Hailey und ich haben uns heute ausgesprochen und sind beide der Meinung, dass wir unsre gute Freundschaft mit Zuneigung verwechselt haben. Sprich, das Mädel steht total auf deinen Bruder... Naja und ich...“ „Ach so... Und du willst mich jetzt als Ersatz, damit du nicht ganz so blöd da stehst?“ „Qutasch! … Wer hier blöd dasteht ist ne andere Sache... Wenn ich mir grade mal deine Unterwäsche angucke, hahaha!“ Verschämt guckte ich an mir herunter und beobachtete die Hello Kitty Muster auf meinem BH...

„Nein ernsthaft! Ich mach das nicht, nur weil mein Ego mir das so sagt! Du bist ne hübsche Frau, hast nen tollen Charakter.“ „Und auf einmal willst du mir sagen, dass du mich liebst? Du hast Hailey mir vorgezogen.“ „Ja, Mensch... Ich finde euch beide geil! Sie war eben schneller... oder so...“ „Boah Shin! Du bist furchtbar!“, meckerte ich ihn an und fühlte mich immer mehr verarscht. Am liebsten hätte ich ihn rausgeworfen. Er merkte, dass er sich immer weiter in den Ärger brachte und fand kaum noch Worte um mich zu besänftigen. Kurz bevor ich drauf und dran war ihn zu packen um ihn vor die Tür zu setzen, startete er nochmal einen letzten Versuch. Er legte seine Hände auf meine Schultern und guckte mir in die Augen: „Okay... Ja, ich komm grade rüber wie ein Arsch. Ich weiß auch nicht, ich hab's halt nicht drauf. Sowas war noch nie mein Ding. Ähm... Lass es uns doch bitte einfach versuchen! Wenn ich dir nicht in den Kram passe, dann kannst du mich immernoch zum Teufel jagen...“

Ich guckte ihn ungläubig an und war skeptisch... Es war eine komische Situation. Allerdings glaubte ich kaum, dass er mich verarschen würde. Immerhin war das Shinji... Ich kannte ihn schon zehn Jahre. So lange waren wir schon beste Freunde, verbrachten fast jeden Tag miteinander. Er würde mir sowas nicht antun. Doch warum er auf einmal von Hailey auf mich kam, müsste ich erst noch verstehen. Ich kannte ihn gut... Er konnte seine Gefühle noch nie glaubhaft und gescheit rüber bringen. Bei ihm kam schon immer alles etwas oberflächlich und nicht durchdacht vor. Da kommen schnell Missverständnisse auf. Aber so war er eben.

Ich liebte ihn schon lange und nun sollte ich diese Gelegenheit nicht nutzen? Langsam ließ ich davon ab ihn rauswerfen zu wollen und lehnte mich gegen ihn. Ich fühlte mich dennoch so unsicher, obwohl er seine Arme um mich legte und mich drückte.

„Wehe du meinst es nicht ernst mit mir...“, sagte ich leise. „Hab ich jemals jemanden verarscht?“ „Nicht dass ich wüsste.“ „Na also... Vertrau mir! Aber ich hab ne Frage...“ „Hm?“, antwortete ich leise und guckte zu ihm hoch. „Wenn wir jetzt zusammen sind... Und ich dann auch mal bei dir schlafe... Und ich dich dann auch mal anfassen darf... Ähm... Ziehst du dann auch Reizwäsche für mich an? Hallo Kitty... Ich weiß ja nicht...“ „BOAH, MAN DU ARSCH!!!“, brüllte ich ihn an und zog ihm eine über, ehe er mich etwas hoch hob und wieder küsste.

Grade als ich endlich von meinen Sorgen befreit war, wurde erneut meine Zimmertür aufgeschlagen, was mir fast einen Herzinfarkt einjagte. Jenn und Maiko kamen rein gestürmt, blieben bei unserem Anblick jedoch sofort stehen.

Ihre Blicke durchlöcherten uns fast. „Oh... Mein... Gott... JILL!?!?! HAST DU ETWA GRADE SEX!?!?!“, schrie Maiko erschüttert. „Sieht's danach aus, du Nudel?“, fragte Shin trocken zurück. Jenn verzog ihr Gesicht: „Na toll... Nun hat sie doch einen Freund... Verdammt... Jetzt muss ich mir was Neues zum Mobben überlegen...“ „Süß, die Hello Kitty auf deiner Pobacke, Jill“, bemerkte Maiko noch nebenbei. Mir platzte fast der Kragen, als ich die beiden hochkant aus dem Zimmer beförderte. Shin schüttelte den Kopf.

„Und nun? Machen sich deine Eltern nicht schon Sorgen wo du bist?“, fragte ich ihn, leicht erschöpft. Eigentlich wollte ich längst schlafen. „Nee, die wissen, dass ich auf mich aufpassen kann. Ich kann so lange bei dir bleiben wie du willst“, sagte er und grinste selbstsicher wie immer. „Soso... Na dann, du weißt ja wo du schlafen kannst. Nur diesmal ein Stockwerk höher, hihi!“

Er hat ja schon so oft hier geschlafen nur bisher immer im unteren Bett bei Clyde. Hailey und ich hatten noch nie Jungs bei uns im Bett geduldet. Shin und ich lagen trotz meiner Müdigkeit noch einige Stunden nebeneinander und quatschten. Es war ein seltsames Gefühl und ehrlich gesagt, traute ich mich kaum, mich irgendwie an ihn zu kuscheln, schaffte es dann aber doch mich an dieses neue Gefühl zu gewöhnen.
 

Am nächsten Morgen, dachte ich zuerst es war alles nur ein Traum. Als ich benommen meine Augen öffnete bekam ich fast einen Schreianfall, als ich auf diesen nackten Oberkörper blickte. Schweißgebadet und verwirrt zog ich mich an und wanderte in die Küche, wo meine Familie saß und mich hämisch anguckte. Mum, Dad, Jenn, Scarlett, Rico, Maiko und Feye... Alle waren sie da und gafften mich an. Jenn grinste: „Uuuuund, wie war's? Ist er gut?“ „Ja, ist er gut?“, fragte Dad, mit demselben Blick wie Jenn ihn schon hatte.

„Ja, ihr wisst ja gar nicht wie toll sich dreißig Zentimeter UMFANG anfühlen können!“ - tiefes Schweigen und Entsetzen erfüllten den Raum. Plötzlich ging jeder wieder seinen Aktivitäten nach und ignorierte mich.

„Also ich geh dann mal die umliegenden Restaurants und Wirtschaften abklappern um nen Job zu finden“, sagte Dad sogleich und verzog sich schnellstmöglich. Mum seufzte: „Ich geh mich mit Kyle treffen. Wir wollen Naga besuchen gehen.“ „Ich geh auch gleich arbeiten“, sagte Onkel Rico und verschwand genau so schnell wie Dad zusammen mit meiner Ma. Tante Scarlett versank in ihre Versuche ein halbwegs gescheites Frühstück herzurichten und die Kiddies bewarfen sich mit Essen.

Endlich kam auch Shin zu uns runter. Er hatte wie so oft sein Handy am Ohr.

„... Alter Stecher du! Mich hat sie nicht gleich ran gelassen und du schaffst es in der ersten Nacht!? Hallo!? Du bist scheiße, man!... Wo ich bin? Na bei meiner Hello-Kitty-Schnecke! ... Ja, Jill! Hahaha!“

Als ich ihm giftige Blicke zuwarf und sofort wusste, dass er mit meinem Bruder telefonierte, küsste er mich ganz unverlegen und redete weiter. Jenn und Maiko lachten mich inzwischen wieder aus, weshalb ich den Drang verspürte ein paar Leute zu killen und zu braten... Schweinebraten... Shin stopfte sich inzwischen mit sämtlichen Brötchen und Kuchen voll, die auf dem Tisch standen und telefonierte fleißig weiter. Mit jedem Stück Kuchen bekam Maiko schlechtere Laune.

„... Zum Meer gehen? … Keine schlechte Idee! Jill, Hailey fragt, ob wir heute alle zusammen schwimmen gehen wollen.“ „Klar, warum nicht...“, sagte ich müde und biss in mein Brötchen rein.

„Meer?“, fragte Feye schüchtern. „Jaaa! Das ist SOO groß und blau! Und da kann man drin schwimmen! Und Spaß haben!!!“, erklärte Jenn aufgeregt und mit heller Stimme. „Man kann Jenn auch angeln und Backfisch draus machen“, fügte Maiko hinzu und kassierte einen guten Schuss Sahne ins Gesicht. Feye blickte Shin und mich auf einmal mit riesigen Kulleraugen an... So wie sie es immer macht, wenn sie etwas will. Und verdammt nochmal, ich konnte nicht nein sagen.

„Guuut, ihr dürft auch alle mitkommen“, seufzte ich schwer und ließ meinen Kopf auf Shin's Schulter sinken. Er hatte auch endlich aufgelegt und legte seinen Arm um mich. „Redet ihr immer so über Hailey und mich?“ „Naja... Wenn Clyde und ich reden, geht’s eben um Sex... Hast du gut geschlafen?“ „Ja... Mein Erwachen war nur etwas... Seltsam...“ „Warum?“ „Och... Nur so... Hehehe...“ „Oookay...“
 

Da wir schon für eine Stunde später verabredet waren, packte ich meine Sachen zusammen. Shin wollte nicht erst nach Hause gehen um seine Badehose zu holen, also versuchte er Clyde's Schrank zu plündern um eine zu suchen. Schließlich fand er auch eine, die ihm jedoch absolut nicht passte.

„Boah, nein! Sag, bin ich zu fett, oder ist Clyde wirklich sooo dünn!?!“ „Clyde ist die Hälfte von dir, was erwartest du! Er wiegt garantiert zwanzig Kilo weniger als du!“ „So ein Arsch! Na gut, dann geh ich schnell nach Hause. Wir sehen uns nachher wieder. Ich lieb dich!“, sagte er noch schnell, küsste mich und joggte davon. Ich konnte mein Glück immernoch nicht fassen. Gott schien mich zu lieben! Erst kommen meine Eltern wieder, dann bekomme ich den Mann, den ich die ganze Zeit wollte... Hach... Jetzt müssten nur noch die nervigen Plagen verschwinden... Apropos! Ich wollte meine Rache an Maiko ausüben, weshalb ich kurzerhand zum Höhrer griff und Pia herzlichst zum Baden einlud. In Maiko's Namen natürlich! Sie freute sich so sehr, dass sie ohne zögern zusagte.
 

~ Feye Coldfire ~


 

~ Wenige Stunden zuvor ~
 

Dieser Traum... Diese Erinnerungen... Diese grausamen Erinnerungen!!! Sie sollen endlich verschwinden! Ich will zurück... Zurück zu meinem Papa, zu meiner Familie... Warum ist das nur alles passiert? Warum mussten alle sterben??? Ich will nicht mehr...

„PAAAPAAAA!!!“ „FEYE!!! DU MUSST ÜBERLEBEN! DU MUSST HIER WEG!!!“, schrie Papa mir zu, während er mich hoch hob und mit letzter Kraft weiter rannte. Durch den Lärm, den die Dämonen hinter uns mit ihren einschlagenden Energiebällen machten, konnte ich kaum ein Wort verstehen. Immer näher kamen sie...
 

Und dann – nichts...
 

Schweißgebadet riss ich die Augen auf... Schon wieder... Ich konnte mich nur Stückchenweise an das erinnern, was geschah, bevor ich in dieser Zeit ankam. Hier war alles so anders. Alle lebten so ohne Angst vor sich hin. Sie genossen ihren Luxus und kannten den wahren Kampf ums Überleben nichtmal ansatzweise. Ich vermisste meinen Dad und fühlte mich trotz der Familie, die ich um mich hatte so einsam.

In meiner Zeit war Dad ganz anders als hier. Mein Dad von dieser Zeit beachtet mich kaum und geht mir eher aus dem Weg. Das machte mich so traurig. Doch wenigstens zwei Freunde hatte ich hier gefunden.

Jenn und Maiko waren total nett zu mir. Sie erklärten mir alles. Vieles hatte ich noch nie in meinem Leben gesehen. So etwas wie Fernsehen und Schokolade gab es in meiner Zeit gar nicht. Was gab es dort überhaupt? Ich konnte mich nicht wirklich erinnern...

Ich beschloss meinen Kummer beiseite zu legen, damit die Anderen mich nicht fragen würden was mit mir los sei. Daher folgte ich Jenn und Maiko fröhlich in die Küche zum Frühstücken. Die ganze Familie war so aufgeweckt und laut... Sie lachten viel miteinander. Gelacht hatte man bei uns nie...

Dass Jill und die anderen Älteren uns mit zum Meer nehmen wollten, war für mich eine willkommene Abwechslung meine schlechten Erinnerungen für ein paar Stunden loszuwerden. Zudem freute ich mich auch etwas... Das Meer... Hatte ich noch nie gesehen.

Nach dem Frühstück half ich Jenn die Badesachen zu packen. Sie suchte nach ein paar Badesachen die mir passen könnten und wurde auch fündig. Stolz präsentierte sie mir einen... Bikini..., der ihr vor zwei Jahren passte. Es war mir eher unangenehm so etwas anzuziehen, aber besser als gar nicht ins Wasser zu können. Wenn ich mich das überhaupt trauen sollte – schwimmen hatte ich nie gelernt. Ich beobachtete Jenn, wie sie auf einmal ihr Handy raus kramte.

„Was machst du?“ „Ich rufe Alec an!“ „Alec?“ „Ja! Meinen Freund!“ „Ach stimmt ja, du hast ja schon einen Freund...“ „Ja! Er ist schon VIERZEHN Jahre alt! Das ist doch voll cool, oder?“ „Hmm...“ „Nichts, Hm! Das ist cool! Du solltest dir bald auch einen suchen!“ „Lieber nicht...“ „Ach, du wirst genau wie Jill!“, seufzte sie und fing an mit ihrem „Freund“ zu reden. Ich konnte raus hören, dass er wohl begeistert war von der Idee an den Strand zu gehen.

„Zum Glück haben wir heute alle Schulfrei! Das wird ein Spaß! Feye, willst du eigentlich auch mit uns an die Schule gehen?“ „Schule?“ „Oh man... Ja, Schule halt! Da wo wir Kinder immer gequält werden.“ „GEQUÄLT!? WIESO GEHT IHR DA FREIWILLIG HIN!?“ „Naja... Freiwillig ist das falsche Wort... Es ist eher Pflicht dort hin zu gehen. Und lesen, schreiben und rechnen sollte man schon können. Kannst du das etwa nicht?“ „Doch... Mein Papa hat mir das beigebracht.“ „Haha... Clyde kann das doch selber nicht mal.“ „MEIN PAPA KANN ALLES!“ „Ist ja gut!“, antwortete sie etwas verängstigt und wandte sich dann lieber der Tasche zu.

Am Strand trafen wir als riesige Gruppe zusammen. Jill hatte wohl noch ihre Schwester namens Debby eingeladen. Und so suchten wir erstmal einen freien Platz wo wir alle hin passten.

Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus! Das Meer sah so wunderschön aus! Diese Ausstrahlung!!! Fasziniert klammerte ich mich an Maiko's Arm: „WOW!!! DAS IST SO TOLL!!! SIEHST DU DAS!?!?! WOW!!!!“ „Ehm ja, das hab ich schon öfters gesehen“, antwortete er. Ich konnte meine Blicke nicht mehr abwenden. Eigentlich wollte ich den Ausflug nutzen um mit den Anderen Spaß zu haben und meinem Dad von dieser Zeit etwas näher zu kommen, doch schon nach kurzer Zeit merkte ich, dass irgendwie niemand für mich Zeit hatte...

Jill und Shinji waren die ganze Zeit miteinander beschäftigt... Dad und Hailey auch... Debby sonnte sich und wollte nicht gestört werden. Jenn war urplötzlich verschwunden. Sie sagte, sie würde sich lieber heimlich mit Alec treffen, da ihn die Familie nicht gerne mit ihr zusammen sieht. Mit voller Hoffnung doch noch jemanden zum Spielen zu finden, stellte ich mich zu Maiko, der etwas blass wirkte.

„Was ist denn?“ „Da! Ich hab doch richtig gesehen! Pia ist auch da!!!“ „Pia?“ „Ja! Die nervt!!!“ „Warum das?“ „Weil die in mich verknallt ist! Diese doofe Kuh! Ich bin dann mal weg! Wehe du verrätst mich!“, sagte er und rannte davon.

Und wieder stand ich alleine da... Seufzend und gelangweilt guckte ich mich um und beschloss den Strand zu erkunden.

Allzu weit wollte ich ursprünglich nicht von den Anderen weg gehen, doch ehe ich mich versah, sah alles gleich aus und ich sah nur noch fremde Menschen. Überall... Wo waren die Anderen auf einmal!? War ich wirklich so weit weg gelaufen?

Leicht ängstlich lief ich ein paar Schritte auf das Wasser zu, bis es meine Füße berührte. Es fühlte sich toll an! Doch auf einmal – dieser stechende Schmerz in meinem Kopf!!!

Es war als würde mir jemand in den Schädel stechen. Schreiend vor Schmerzen drückte ich meine Hände gegen meinen Kopf und sackte auf die Knie. Panisch riss ich die Augen auf und sah alles nur noch verschwommen.

Wie aus dem Nichts stand plötzlich ein Mann mit schwarzen Haaren vor mir... Diese Augen... Pechschwarz... Luzifer... Sein Gesicht würde ich überall wiedererkennen!

Seine verschwommenen Umrisse streckten mir die Hand entgegen. Nur schwer konnte ich ein hämisches Grinsen in seinem Gesicht erkennen: „Komm... Komm mit mir, kleine Prinzessin.“ „NEIN!!!“ „Komm... Zusammen werden wir unbesiegbar sein und Gott stürzen.“ „HAU AB!!! VERSCHWINDE!!!“, schrie ich panisch und so laut ich konnte. Ich schlug nach seiner Hand, doch da war plötzlich nichts mehr. Meine Schmerzen ließen nach und mit einem lauten Knall weit hinter mir, wurde ich aus meiner Illusion gerissen. Starr vor Angst blickte ich mich um. Überall am Himmel waren sie... Luzifer's Handlanger – Dämonen! Sie schossen ihre Kugeln aus dunkler Energie Richtung Strand. Überall konnte man Meterweit den Sand hochspritzen sehen. Es war genau wie früher!!! Meine Familie!!!

Fast geistesabwesend rannte ich in die Richtung aus der Angriffe verschiedenster Elemente ausgeführt wurden. Doch sehr weit konnte ich in dem Zustand nicht durch den heißen Sand laufen.

Von Weitem sah ich, wie meine Freunde und Familie den Kampf mit den hunderten Dämonen aufnahmen. Doch je mehr Dämonen gekillt wurden, desto mehr Neue tauchten wieder auf. Es war ein unendlicher Kampf. Inzwischen war unter den restlichen Menschen Panik ausgebrochen. Sie rannten hektisch durch die Gegend und schrien. Von einer Frau, die vor Panik den Verstand verloren hatte, wurde ich umgerannt und zu Boden geworfen.

Mit Tränen in den Augen guckte ich in den Himmel, der von immer mehr Dämonen bedeckt wurde. Sie griffen die Anderen an, um die ich Angst hatte. Ich wollte nicht, dass sie verletzt werden!!! Das war alles meine Schuld! Weil ich Luzifer nicht gefolgt bin!!! Bestimmt...

Plötzlich hörte ich eine laute Stimme aus der Entfernung: „ACHTUNG!!! HIER SPRICHT DAS AMERIKANISCHE MILITÄR!!! ERGEBEN SIE SICH SOFORT ODER WIR WERDEN DAS FEUER ERÖFFNEN!!!“ Über mir schwebten nun nicht mehr nur Dämonen, sondern auch riesige fliegende Dinger, in denen Menschen mit Gewehren saßen und auf uns alle zielten!!! Erkannten sie die Dämonen etwa nicht!? Konnten sie nicht sehen, WER hier das Chaos angerichtet hatte?! Es würde wieder so enden wie in meiner Zeit... Ich will nicht nochmal verantwortlich sein für so viele Tote... Nicht nochmal...

Wieder setzten diese stechenden Kopfschmerzen ein, die mich zwangen die Augen fest zusammen zu kneifen und zu schreien. Dabei bemerkte ich gar nicht welch Energie ich dadurch freisetzte... Einige Sekunden lang dauerte der Schmerz an, bis ich plötzlich die Stimme von Dad hörte: „Feye!!! Feye, was ist mit dir!? Mach die Augen auf!!!“ Ich riss meine Augen auf und sah die Anderen um mich herum, wie sie besorgt auf mich starrten. Tränenüberströmt fiel ich Dad in die Arme und guckte mich um. Der Himmel war schwarz wie die Nacht... Alles war dunkel und als ich mich umdrehte und aufs Meer blickte bekam ich einen Schrecken. Das ganze Meer war nur noch ein Eisklotz!!!

„Feye, was hast du gemacht!?“, schrie Hailey mich an und machte mir damit noch mehr Angst. „Sie hat den Himmel und das Meer verwandelt!“, sagte Jill aufgeregt und guckte hinaus aufs Meer. „Ich... Ich war das nicht“, stammelte ich leise und vergrub mich in Papa's Armen. Und wenn ich es doch war? Shin fluchte: „Wir müssen hier weg! Die denken wir haben hier einen Anschlag verrichtet, weil sie die Dämonen nicht sehen können!“ Jenn, ihr Freund und Maiko kamen auch angerannt. Auch diese Pia und Debby standen bei uns. Dad warf mich zu Shin rüber, ehe die ganze Gruppe so schnell es ging davon rannte.

Es dauerte nicht lange, da waren wir einige Meter vom Strand entfernt. So schnell wie Himmel und Meer sich veränderten, wurden sie auch wieder normal. Sprachlos starrten alle aufs Meer und auf den Himmel, wo kein einziger Dämon mehr war.

Shin drückte mich zu Dad in den Arm: „Also wenn DAS ihre Kraft ist, dann dürften die Dämonen bald keine Gegner mehr für uns sein...“, sagte er langsam und fassungslos.

Die Anderen stimmten nur nickend zu... Und ich fühlte mich überfordert. Wollen die mich nun als Geheimwaffe einsetzen? Ich konnte mit meinen Kräften nichts anfangen... Dass die Dämonen bald keine Gegner mehr für uns sein würden, sollte vielleicht stimmen, aber da gab es immernoch Luzifer...
 

Und der war bei Weitem nicht das größte Problem, wie sich bald noch herausstellen sollte...
 

Kapitel 6 ~ Verborgene Kräfte ~ Ende ~ Fortsetzung folgt
 

Hach, hab ich diesmal viel gelacht :D Wobei es gegen Ende ziemlich ernst wird ^_^ Ehrlich, ich liebe diese spannenden Endings wo mein Freund mich immer giftig anguckt und dann sagt: „LOS, SCHREIB WEITER!!! Q_Q“ Danach quetscht er mich mit tausenden Fragen aus und meckert dann, wenn ich ihn vollspoiler :) Diese Welt ist nicht gerecht!

Kleine und Große Fehler

~ Feye Coldfire ~


 

Acht Jahre war es nun her... Die Dämonen ließen uns lange Zeit in Ruhe seit meine Kräfte sie damals so beeindruckten. Wahrscheinlich aber nur, weil Luzifer die Angriffe eingestellt hatte um zu warten – bis ich alt genug wäre meine Kräfte voll nutzen zu können.

Inzwischen war ich sechzehn Jahre alt und ging zur Highschool zusammen mit meinen drei besten Freunden Jenn, Maiko und Jayden. Seit einigen Jahren wohnte ich auch zusammen mit Hailey und Dad in einer kleinen gemütlichen Wohnung. Dad, dem es seit seiner Drogentherapie wesentlich besser ging, konnte sogar arbeiten gehen. Er wurde zwar täglich mit Medikamenten aller Art vollgepumpt, konnte somit aber trotz Krankheit halbwegs gescheit Leben.

Tante Jill und Shinji zogen zwei Jahre nach den Ereignissen zusammen und leben immernoch glücklich miteinander. Zum Glück hatten die Beiden absolut noch keine Kinder geplant. Warum auch? Sie hatten ein ewiges Leben... Warum die Zeit nicht genießen? Die Zeit genießen... Für mich fast unmöglich.
 

Durch den Regen blickte ich herab auf die Stadt, die eine Ruhe ausstrahlte, dass es schon fast gruselig war. Bald ist alles zu Ende... Ich spürte es! Ich schreckte auf, als mir einfiel, dass ich wieder die Zeit vergessen hatte. Hektisch guckte ich auf die Uhr und stellte fest, dass das Basketball-Spiel von Maiko und Jayden schon begonnen hatte. Dabei hatte ich doch versprochen pünktlich dort zu erscheinen und sie anzufeuern! Ich drehte mich um und blieb vor Schreck starr stehen...
 

„Wieso finde ich dich eigentlich immer hier, wenn ich dir einen Besuch abstatten will?“, fragte Luzifer der plötzlich vor mir stand. Ich wandte meinen Blick ab und guckte zu Boden... Ich fühlte mich schlecht... „Ich will das nicht mehr... Am besten gehst du einfach wieder...“ „Was willst du nicht mehr? Das...?“, fragte er leise, während er mir näher kam und mich küsste. Mit aller Kraft schubste ich ihn von mir:

„Das ist einfach nicht richtig! Ich verrate meine Familie...“ „Na und? Du bist doch nicht diejenige die sie angreift... Die Arbeit mach ich schon, keine Sorge. Und wenn du dich mir anschließt, muss ich sie nicht mehr aus dem Weg schaffen. Dann können wir ohne Probleme mit unsrer Dämonenarmee das Himmelsreich stürmen...“ „Ich sagte es dir schon so oft – nein!“

„Dann tut's mir leid, meine Prinzessin“, sagte er zynisch und ließ mich an ihm vorbei gehen.

Ich wollte diesmal standhaft bleiben! Er würde mich nicht wieder herumkriegen! Das war einfach falsch! Es musste endlich ein Ende haben! Ich konnte es niemandem recht machen und nichtmal mein Herz wusste, was es will. Dieser ewige Kampf... Warum musste es immer mit einem Kampf enden?

„Entschuldige mich nun bitte, ich habe es eilig.“ „Oho, gehst du nun zu deinem kleinen blonden Freund um ihm schöne Augen zu machen?“ „Du weißt, dass mein Herz nur dir gehören würde, würdest du endlich von deinem dummen Rachefeldzug ablassen.“

Wieder lief er mir ein paar Schritte hinterher und legte von hinten seine Arme um mich: „Ich liebe dich auch, aber meine Pläne stehen fest. Du bist jedoch jederzeit willkommen in meinem Reich.“ „Darauf kannst du lange warten“, antwortete ich kühl, schaffte es allerdings nicht, mich aus seinen Armen zu lösen. Zu gut tat es seine Nähe zu spüren, obwohl ich mich auf der anderen Seite furchtbar fühlte. Ich liebte den Mann, der meine Familie tötete... Wie konnte ich nur?

Unendlich lange dauerte dieser Augenblick unsrer Zweisamkeit an... Wieder vergaß ich die Zeit. Ich drehte mich in seinen Armen zu ihm und schloss die Augen, ehe wir uns wieder küssten.

Doch dann schreckte ich zurück, als mir meine Dummheit wieder klar vor Augen erschien: „Ich muss jetzt wirklich gehen! Und du lässt mich besser in Zukunft in Ruhe!!!“ „Hehe... Ja, wie Ihr wünscht“, sagte er höflich und verschwand mit einer leichten Verbeugung im Nichts. Er machte sich über mich lustig... Ich wusste, dass er mich nicht ernst nahm und bald wieder auftauchen würde. Er wollte mich mit allen mitten auf seine Seite bekommen. Das war wohl auch der einzige Grund, warum er mir seine „Liebe“ vorspielte. Doch ich fiel jedes Mal wieder drauf rein, obwohl ich mir im Klaren darüber bin, dass alles gar nicht wahr war.

So schnell ich konnte rannte ich die Straßen entlang zur Sporthalle unserer Schule. Die Tränen die mir unterwegs wie Wangen entlang flossen, wurden durch den Regen spurlos weggewischt.

Völlig außer Puste platzte ich in die überfüllte Halle, wo das Spiel schon fast zu Ende war. Unauffällig schlich ich mich zu Jenn, die auf einer Bank mit Handtüchern und Wasserflaschen für die Spieler wartete. Jayden Hiwatari, der Sohn von Marisha und Kyle, war Teamkapitän der Mannschaft und Maiko spielte mehr oder weniger unfreiwillig, jedoch trotzdem gut. Jayden hatte ihn gebeten auch mitzumachen, damit Maiko mal auf andere Gedanken käme.

Jenn guckte mich fassungslos an: „Was zur Hölle!? Wo kommst du denn jetzt her!? Das Spiel ist schon fast vorbei und... Du bist ja klatschnass!!! Hier...“ Sie gab mir eines der Handtücher, damit ich mich abtrocknen konnte. Ich zitterte inzwischen vor Kälte und setzte mich erstmal hin.

Jenn und Maiko waren zwei Jahre älter als Jayden und ich, daher würden sie nicht mehr lange mit uns auf die selbe Schule gehen. Die restliche Zeit, die wir noch gemeinsam verbringen durften, wollte ich jedoch so gut es ging auskosten und genießen. Leider war das nicht so einfach...

Als Jay mich sah, vergaß er fast sein ganzes Umfeld und das Spiel. Er wurde richtig blass, doch als ich ihm zulächelte und ihm winkte, schien er erleichtert und machte weiter. Es schien fast so, als würde er für mich nochmal extra Gas geben. Kaum zehn Minuten später war das Spiel zu Ende. Unsere Mannschaft hatte mit Abstand gewonnen und Jayden kam zusammen mit Maiko völlig ausgepowert zu uns gelaufen.

„Feye, wo warst du die ganze Zeit?“, fragte er mich besorgt. „Ach, ich bin vom Regen überrascht worden, wollte mich erst unterstellen, bin dann aber doch los gerannt weil ich das Ende nicht verpassen wollte“, log ich. „Bäh, und ich muss gleich in das miese Wetter...“, meckerte Maiko, der den Sieg der Mannschaft überhaupt nicht zu schätzen wusste und eine Mine zog, die bis zum Boden reichte. Die Cheerleader-Gruppe, kam nun auch zu Jayden gelaufen und gratulierte ihm. Allesamt standen sie auf ihn und wollten mit allem was sie zu bieten hatten bei ihm punkten.

Dabei dachten sie, dass vor allem die üppige Oberweite etwas bringt. Jay verhielt sich eher zurückhaltend und wurde sie dementsprechend schnell wieder los. Jenn stemmte die Hände in die Hüfte.

„Sieh sich einer diese Schlampen an... Hauptsache flirten... Dabei steht er eh nur auf dich“, sagte sie und grinste während sie mit ihrem Ellbogen meinen Arm anstieß. Ich wurde knallrot, das merkte ich: „Ehm... W-Wirklich!?! Hat er das gesagt!?!?!!“ „Nein, Dummerchen... Aber das sieht man sofort! Genauso wie man sieht, dass du auf ihn abfährst, hihihi!!!“ „GAR NICHT!“, rutschte es aus mir heraus, weshalb er sich wieder zu uns drehte: „Ist irgendwas mit euch Beiden?“ „Nöö!“, antwortete Jenn frech.

Eine halbe Stunde später waren unsere beiden Jungs aus der Umkleide raus und fertig umgezogen. Es regnete auch zum Glück nicht mehr so sehr. Dennoch war es kühl und nass.

Jenn vergrub sich unter der Mütze ihres Pullis: „Maiko... Gib mir mal ne Kippe.“ „Seh ich aus wie dein Zigarettenautomat!?“ „Jaaa! Los, gib!“ „Nervensäge...“, fluchte er leise in sich rein und drückte Jenn die Kippe in die Hand. „Dass du immer so aggressiv sein musst, Cousin!“, meckerte die Blauhaarige. „Na und!? Was ist eigentlich dein Problem!? Du hast wenigstens ein zu Hause wo es dir gut geht... Hast kein dummes Weib, das Unterhalt für ein Balg will, das dir förmlich untergeschoben wurde.“ „Maiko, wir hatten es schon so oft darüber... Du hättest ja auch an die Kondome denken können, als du Pia vernascht hast. Und überhaupt, ich dachte, du magst sie nicht... Wieso schläfst du dann mit ihr?“, fragte Jay.

„Weil ich notgeil war und sie sich grade angeboten hat...“ „Schlampeeee...“, sagte Jenn beiläufig und zog an ihrer Kippe. Auch Maiko zündete sich eine an: „Die sagte, sie nimmt die Pille, verdammt!“ „Zeig sie an.“ „Haha! Sehr lustig Feye! Macht mich doch alle fertig! Mein Leben ist doch einfach nur beschissen! Ich könnt mich auch gleich aufhängen gehen...“ „Ich kenn nen guten Laden, da gibt’s günstige Stricke“, entgegnete Jenn wieder gehässig und lachte sich darauf hin weg.

Maiko schlug sie auf die Schulter: „Ich hasse dich! Aaaaah, MAN EY!!! Ich will nicht nach Hause...“ „Sag mal Maiko, weiß deine Mutter überhaupt, dass du seit drei Monaten Daddy bist?“, fragte ich ihn.

Er wurde etwas blass und wollte scheinbar nicht antworten, da er einfach schwieg und schneller lief. Wir holten ihn auf und drängten ihn zu sprechen.

„Natürlich weiß sie es NICHT! Denkt ihr, ich bin scharf drauf von ihr gekillt zu werden!? Also ne, danke! Dad weiß es auch nicht... Und Naga will mir jedes mal an den Hals gehen, wenn sie mich sieht. Die stresst nur noch wegen dem Unterhalt rum. Dabei hab ich nichtmal genug Taschengeld um mir Kippen zu kaufen. Ich sag ja – alles beschissen.“

Jenn legte ihre Hand verständnisvoll auf seine Schulter: „Ich verstehe deine Not, Schätzchen... Aber weißt du, du bist nicht der Einzige dem es scheiße geht. Guck mal... Seit fast acht Jahren schlag ich mich nun mit meinem kleinen Bruder Ryan rum. Von morgens bis abends stresst er rum. Findest du das gerecht!? Hätten Mum und Dad nicht einfach abtreiben können?! Nein? Vier Kinder... Das ist doch nicht normal. Nach mir hätte Schluss sein müssen...“ „Na wenn du das als Probleme bezeichnest... Schlägst ihm eine in die Visage, dann hält er schon die Klappe.“ „JAY!“, platzte es aus mir raus. Diese Kinderfeindlichen... Jay drehte sich abrupt zu mir und lächelte mich nett an: „Was ist denn, Hasi?“ „HASI!?“, platzte es nun aus Jenn und Maiko zugleich.

„Also ehrlich... Tut mir leid, jetzt wird es ekelhaft! Nehmt euch ein Zimmer... Typisch Verliebte.“ „WIR SIND NICHT VERLIEBT!“, fuhren wir wiederum Jenn an und wurden beide wiedermal knallrot.

Das waren die Momente, die ich so sehr liebte. Wir hatten viel Spaß miteinander! Die Drei hatten es einfach drauf mir gute Laune zu bringen, so schlecht es mir auch ging. Aber ich war ja selbst Schuld... Jayden... Er wäre sicher ein guter Freund und Partner. Er war liebevoll und warmherzig. Hatte immer ein offenes Ohr für seine Freunde und sah zudem noch verdammt gut aus. Dass da etwas zwischen uns war, schien zu stimmen... Und warum eigentlich nicht? Mit ihm hätte ich eine bessere Perspektive als mich ewig von Luzifer hinhalten zu lassen.

Meine drei besten Freunde lachten fröhlich neben mir, während ich noch tief im Gedanken versunken war.

Doch dann schreckte ich plötzlich auf, als Maiko ein Lautes „Oh-Oh!“, von sich gab. Es war Naga, die unsren Weg durch einen dummen Zufall gekreuzt hatte und bei Maiko's Anblick ganz und gar nicht erfreut schien. Sie stampfte mit wütenden Schritten auf ihn zu und packte ihn am Ohr: „DU!!! SAG MAL JUNGE, WANN WILLST DU EIGENTLICH ENDLICH MAL FÜR DEIN KIND AUFKOMMEN!? WENN DU WENIGSTENS NOCH FÜR PIA UND TAMI DA WARST, ABER NEIN! DU BEZAHLST NICHTS, LÄSST DICH NICHT BLICKEN!!! ICH BRING DICH IN DEN KNAST, HÖÖÖÖRST DU!?!?!“

Ich musste zugeben, dass diese Frau mir just in diesem Moment mehr Angst machte, als Luzifer es jemals schaffen könnte.

Sie wirkte viel teuflischer als der Teufel. Und Maiko schrie vor Schmerzen. Aber das war noch nicht alles. Hinter uns stand auf einmal Maiko's zweiter Alptraum und hatte offensichtlich alles mitgehört. Scarlett stand mit verengten Augen und verschränkten Armen da.

„AAAAUUUAAA!! ACH DU SCHEIßE! MUM! WAS MACHST DU HIER!? AUAAAA! MAN, LASS LOS, ALTE SCHACHTEL!“ „ALTE SCHACHTEL!!? DIR GEB ICH ALTE SCHACHTEL!!!“, keifte Naga ihn an und holte gerade aus. Doch Scarlett hielt Naga am Handgelenk fest und hielt sie davon ab draufzuprügeln.

„DU legst deine Hand nie wieder an MEINEN Sohn! Wenn ihm einer den Hintern versohlt, dann bin ICH das! Na warte Junge! Du kannst was erleben!!!“ Maiko ahnte schon das Schlimmste und wurde von seiner Mutter am Ohr mitgeschleift. Erbärmlich und trostlos winkte er uns hinterher. Jenn seufzte: „Ich glaube, so schnell sehen wir den nicht mehr...“ „Geschieht ihm recht... Ach, Jenn, Liebes. Bestellst du deiner Mutter liebe Grüße von mir?“, fragte Naga, die nun wie ausgewechselt schien und nett lächelte. Jenn lächelte zurück: „Natürlich, Tantchen.“ „Gutes Mädchen. Macht's gut.“

Jayden warf ihr fiese Blicke hinterher: „Jenn, wie kann sich deine Mutter nur mit dieser Frau abgeben! Ich hasse sie... Die ist zu 90% für Familienprobleme verantwortlich.“ „Weiß nicht... Ich halt mich da auch schön raus“, sagte Jenn ratlos und packte nun ihre eigene Schachtel Zigaretten aus, obwohl sie zuvor bei Maiko geschnorrt hatte.

„Gut... Ich geh dann mal nach Hause zu meinen Eltern, diesen Brutmaschinen! Und meinem kleinen Affenbruder... Man sieht sich später oder so“, sagte Jenn kläglich und versuchte ihr Schicksal mit Fassung zu tragen. Jay kam mir vor, als würde er noch irgendwas zu mir sagen wollen, doch schließlich verschwand auch er nach Hause. Wieder war ich alleine unterwegs. Nach Hause wollte ich noch nicht, daher beschloss ich den Wochenmarkt zu besuchen. Da Hailey als Krankenschwester viel arbeiten musste und Dad im Büro ebenso oft Überstunden hatte, war es für mich selbstverständlich, dass ich das Kochen übernahm. Zumindest unter der Woche. Manchmal brachten Hailey oder Dad auch Fastfood mit, damit keiner kochen musste.

Nachdem ich ein paar Sachen zum Kochen eingekauft hatte, stand ich vor einem Blumenstand und guckte mir die unterschiedlichen Arten von Blumen an. Die waren alle so hübsch!!! Wunderschön! Bei sowas musste ich immer aufpassen nicht durchzudrehen und alles zu kaufen...

Als ich gerade weiter gehen wollte überkam mich plötzlich ein ungutes Gefühl. Da waren sie plötzlich wieder! Diese furchtbaren Kopfschmerzen!!! Doch anders als damals konnte ich damit umgehen und musste nicht vor Schmerzen aufschreien. Das hätte auch viel zu sehr Aufmerksamkeit erregt. Ich versuchte es zu ertragen, doch dann wurde plötzlich alles schwarz vor meinen Augen... Bis ich diese abgehackten Bilder sah.

Ich sah ein helles Licht direkt vor mir, es sagte etwas zu mir... Die Worte konnte ich jedoch nicht verstehen. Alles war zu abgehackt... Bis die eine Szene zu Ende war, kam auch schon die Nächste.

Ich sah, wie ich in ein dunkles Reich schritt, wo der Boden von Asche bedeckt war und statt Bäume nur noch verdorrtes Geäst herumstand. Ein schwarzes Gebäude, das einer Burg glich... Plötzlich war wieder alles schwarz, bis die nächste Szene schnell an mir vorbei zog. Diesmal sah ich Luzifer... Wie er mich packte, meine Kleidung gewaltsam weg zerrte und sich an mir vergehen wollte. In dem Raum stand ein Spiegel in den ich verzweifelt guckte und feststellen musste, dass ich ganz anders aussah... Ich hatte silber-rote Haare und rote Augen... Wer war ich!?

„Junge Frau!!! He, junge Frau!!! Machen Sie doch bitte die Augen wieder auf!!! Geht es Ihnen gut!?“, hörte ich auf einmal jemanden sprechen und riss die Augen auf. Was war das für eine Vision!?! Es war fast so, als hätte ich das alles im Körper einer anderen Person erlebt... Ich war das nicht...

Langsam richtete ich mich auf und hielt mir den Kopf. Die ältere Dame, die mir aufhalf wollte lieber einen Krankenwagen rufen. Da ich aber dagegen war, beschloss ich einfach davon zu rennen, denn es ging mir auf einmal wieder gut.

Mein Weg führte mich hinunter zum Strand, wo ich mich ganz vorne am Wasser in den Sand setzte.

Genau hier ist es damals geschehen... Wieder fing es an zu regnen. Ich konnte den Regen langsam nicht mehr sehen. Unter Tränen fragte ich mich wie lange ich das alles noch durchhalten könnte. Ich wusste, es würde bald enden, doch was wenn ich vorher zu Grunde ginge?

„Feye...?“ Ich zuckte kurz zusammen, als ich Jayden's Stimme hinter mir hörte. Ausgerechnet jetzt musste er sich natürlich auch hier herumtreiben. Er setzte sich neben mich und guckte mich mit besorgten Blicken an: „Stimmt irgendwas nicht? Wieso bist du bei dem Wetter nicht zu Hause?“ „Das Selbe kann ich dich auch fragen...“

Ob ich es vielleicht langsam mal jemandem erzählen sollte, statt alles in mich hineinzufressen? Er war immerhin mein bester Freund und das schon sehr lange. Er wüsste bestimmt eine Lösung und würde der restlichen Familie nichts erzählen. Seine Blicke ließen nicht locker.

„Also? Hast du irgendwas? Du machst mir in letzter Zeit überhaupt keinen gesunden Eindruck. Belastet dich irgendwas?“, fragte er nun noch eindringlicher und kam dabei meinem Gesicht immer näher. „Naja... Also... Das ist halt ein bisschen komisch, weil... Naja, es würde eh keiner verstehen und...“

Was dann geschah konnte ich für einen kurzen Moment einfach nicht fassen. Statt mich ausreden zu lassen, nutzte Jay den Moment lieber um seine Zuneigung zu zeigen indem er mich küsst. Er legte seine Hand auf meine Wange und zog mich weiter zu sich heran.

Mein Magen fühlte sich an, als würde er zu einem kleinen Klumpen zusammengedrückt werden. Trotz allem war es irgendwie ein gutes Gefühl... Ich sollte Luzifer wirklich endlich aufgeben und mich ihm stellen... Meine Familie retten. Dann wäre alles wieder gut...

Doch irgendwas blockierte mich wieder und drängte mich dazu Jay auszuweichen und aufzustehen. Er guckte verwirrt zu mir hoch und wollte mir folgen.

„Jay... Es... Es tut mir leid. Das geht einfach noch nicht!“ „Aber Feye!!!“, rief er mir hinterher, als ich ein weiteres Mal davonrannte. Langsam kam ich mir vor, als würde ich sonst gar nichts mehr können. Vor allem rannte ich davon... Was sollte ich nur tun?

Als ich wieder mal unter dem Baum saß, an dem auch Dad oft anzutreffen war und auf die Stadt herunter guckte, machte ich mir Vorwürfe und verfluchte mir selbst den Hintern. So einen tollen Kerl wie Jay könnte ich doch nicht abweisen... Aber... Luzifer konnte ich auch nicht einfach aufgeben. Es gab Gründe für seinen Hass, doch irgendwie musste er doch aufzuhalten sein... Ich wollte es doch nur allen recht machen... Irgendwie!
 

„Kleine Feye, sei doch nicht so traurig“, sagte plötzlich jemand ein paar Meter vor mir und ließ mich wieder aufschrecken. Ich traute meinen Augen nicht! Da stand mein Dad... Und zwar mein RICHTIGER Dad aus meiner Zeit. Aber das konnte nicht sein... Langsam stand ich auf und ging ein paar Schritte zu ihm, während ich ihn fassungslos musterte: „Dad? Bist du... Bist du das wirklich? Wie kann das...“ „Ja, mein Schatz. Ich bin zurück gekommen, nur für dich.“ „OH DAD!!!“, schrie ich in meiner Verzweiflung auf und wollte ihm in die Arme springen. Doch statt seine Wärme zu spüren fiel ich durch ihn durch in den Matsch. Und er verschwand einfach...

„Ohhh Daaaddyy... Hahahaha!!! Du bist so naiv!“ Ich drehte meinen Kopf zurück zu dem Baum an dem Luzifer angelehnt stand und mich auslachte. Das machte mich so wütend... Frustriert lief ich zu ihm und klatschte ihm eine.

„MUSSTE DAS SEIN!?!?! HAT'S SPAß GEMACHT!?!?“ „Durchaus, Schatz. Und dir macht es Spaß andere Männer zu küssen?“ „Ich gehöre nicht dir!“ „Das sehe ich anders... Du hast selbst gesagt, dein Herz gehört mir.“ „Ja! Wenn du deinen Plan aufgibst!“ „Ich muss meinen Plan nicht aufgeben... Ich weiß, dass du mir praktisch zu Füßen liegst.“ Wieder wollte ich ihm trotzen, doch wieder konnte ich einfach nicht widerstehen als er mir über die Wange streichelte und mich sanft gegen den Baum drückte. Er küsste und streichelte mich, bis ich wieder den selben Fehler beging, den ich so oft bereute... Wieder schliefen wir miteinander...
 


 

~ Maiko Hiwatari ~

~ Ca. eine Stunde zuvor ~
 

Nachdem meine Mutter so unglücklich von Pia's Schwangerschaft und unserem Kind erfahren hatte, drehte sie praktisch durch. Unser Verhältnis war schon lange nicht mehr so toll wie früher. Damals war ich noch das geliebte Söhnchen, das über Alles ging. Ich wurde jedem gegenüber bevorzugt. Wie oft mussten Jill, Clyde und Jenn darunter leiden? Doch inzwischen war ich bei ihr schon genauso unten durch wie Clyde.

Sie war es leid, meine Anwesenheit zu ertragen. Angeblich wurde ich ihr zu schwierig. Meine Noten waren ihr nicht gut genug und ich war kein Stubenhocker, wie sie es sich vielleicht gewünscht hätte. Und Dad hatte es aufgegeben, sich in irgendwas einzumischen. Ihm war es egal, was sie mit mir machte. Er ging arbeiten, brachte das Geld nach Hause und der Rest lag an uns. Die meiste Zeit verbrachte ich irgendwo auf der Straße – bloß nicht zu Hause.

Heute prügelte sie mich regelrecht ins Haus und stieß mich gegen die Wand von unsrem Flur:

„DAS HAST DU DIR JA SCHÖN AUSGEDACHT! UND!? WANN WOLLTEST DU UNS ERZÄHLEN DASS DU BEREITS VATER BIST!? DA KANNST DU JA WIRKLICH STOLZ DRAUF SEIN!!! KRIEGST KAUM DEINEN ABSCHLUSS GEBACKEN UND SCHIEBST DER SCHLAMPE SCHON NEN BRATEN IN DIE RÖHRE!“ „ABSCHLUSS NICHT GEBACKEN!?! DU BIST DOCH BESCHEUERT! WAS WILLST DU ÜBERHAUPT!? ICH HAB DOCH IN FAST JEDEM FACH EINE EINS!“ „WER'S GLAUBT! DU BIST DOCH ZU DUMM ÜBERHAUPT IRGENDWAS AUF DIE REIHE ZU KRIEGEN! AUF DER STRAßE GAMMELST DU RUM! HOLST DU DIR VON DEINEM TOLLEN COUSIN CLYDE AUCH TIPPS WIE MAN TAGELANG UNTER DER BRÜCKE ÜBERLEBT!? ER HATTE DAS JA GUT DRAUF!“ „Ey leck mich, man... Clyde wusste wenigstens, dass es ihm unter der Brücke besser geht als hier...“

Wieder verpasste sie mir eine Ohrfeige und diesmal musste ich mich echt beherrschen nicht gegen meine eigene Mutter zu gehen. Ich war total genervt von ihr. Sie unterstellt mir dumm zu sein und keinen Abschluss hinzubekommen. Die will mich doch verarschen! In jedem Fach eine glatte Eins, nur in Geschichte nicht... Ich biss die Zähne zusammen.

„AB AUF DEIN ZIMMER! ICH WILL DICH NICHT MEHR SEHN UND ESSEN KANNST DU HEUTE ABHAKEN!“ „ACH DEIN SCHEIßFRAß WILL EH KEINER ESSEN! SELBST SCHWEINE STERBEN DARAN!“

Sie hechtete mir hinterher, doch bevor sie mich kriegen konnte, schaffte ich es ins Zimmer und schlug die Tür hinter mir zu, gegen die sie rannte. Nun war draußen gar nichts mehr zu hören. Dumm wie Brot... Ich schloss ab und überlegte... Wohin könnte ich?

Ich guckte zum Fenster hinaus und beschloss es allen irgendwie zu beweisen... Ich wollte kein schlechter Vater sein. Also ließ ich die Tür einfach abgeschlossen und sprang mit einem leichten Satz aus dem Fenster raus. Der restliche Weg zu Pia nach Hause war ein Kinderspiel. Ich hatte nur etwas Angst, Naga wieder zu begegnen. Naga war bestimmt noch nicht zu Hause und ich nahm es mir raus, klatschnass wie ich war, einfach mal zu klingeln.

Schon kurze Zeit später stand ein völlig begeisterter Rotschopf vor mir und verschränkte die Arme. Wenigstens nicht Naga, aber Pia sah in diesem Moment aus wie ihre Mutter.

„Ehm... Hallo, Schatz.“ „Ach... Dass du dich auch nochmal hierher begiebst. Was bringt dich dazu dich derartig herabzulassen?“ „Sprich doch nicht von „herablassen“, das klingt als wäre ich total eingebildet.“ „Naja, bist dir ja zu fein für die Kleine und mich. Also, was willst du?“ „Ich... Ich will mich entschuldigen... Bitte lass mich rein. Ich will mich auch ändern und für euch da sein.“

Sie schnaufte skeptisch, ließ mich dann aber rein, bevor ihre Mutter heim kam. Die kleine Thamara, wie Pia sie nannte, lag in ihrem Bett und schlief. Ich hatte sie noch nie auf dem Arm, war auch nicht bei der Geburt dabei. Geld hatte ich auch noch nie überwiesen.

Das schlechteste Beispiel eines Vaters überhaupt.„Maiko, du siehst kacke aus... Ganz ehrlich. Gab's wieder Stress mit deiner Ma?“ „Bisschen...“ „Und da dachtest du dir, weil du sonst keine Stelle hast, wo du hin kannst, dass du der dummen Pia ein bisschen was vor säuselst?“ „Nein! Ich will nur endlich allen zeigen, dass ich ein guter Vater sein kann!“ „Auf einmal“, antwortete sie und verdrehte die Augen.

Ich stand wieder auf und nahm ihre Hände: „Gib mir ne Chance! Ich beweise es dir! Komm schon Pia, wir lieben uns doch!“ „Dass ich nicht lache. Maiko! Du hast mich nie geliebt! Im Gegensatz... Du vögelst die halbe Schule. Erzähl mir nichts, ich hab die Schule zwar während meiner Schwangerschaft abgebrochen, trotzdem hab ich so meine Kontakte.“

Fuck... Dass diese dummen Weiber immer alles rumplaudern müssen! Ich lächelte sie verlegen an: „Naja, ich bin halt auch nur ein Mann und manchmal brauch ich eben auch ein bisschen was, um meine Bedürfnisse zu befriedigen, weißt du? Hehe... Und da du mich nicht ranlässt...“ „Ach, du bist ein Arsch! Okay, beweise es... Vielleicht kann ich dir dann auch nochmal verzeihen. Aber erst wenn ich sicher weiß, dass dir auch was an uns liegt.“

In dem Moment war ich einfach froh einen Platz zu haben, wo ich erstmal bleiben konnte. Doch schon nach einigen Stunden mit Baby und der Frau war ich abgenervt und dachte mir, dass die Nacht unter der Brücke ruhiger und angenehmer sein würde.

Alle paar Stunden fing das Kind an zu schreien, dann musste eine frische Windel und eine Flasche her... Und da Pia wütend war und ich eh mal da war, durfte ich das auch alles sofort machen. Dabei hatte ich keine Ahnung von Kindern. Es endete fast im Chaos... Als Baby und Frau morgens um fünf endlich mal die Augen zu machten, nutzte ich die Gelegenheit und verzog mich gleich wieder.

Wahrscheinlich hatte ich damit auch meine letzte Chance verhauen, doch ich hielt das so einfach nicht aus! Ich wollte meinen Spaß haben und Partys erleben, mit Frauen aller Art Zeit verbringen und im Ernstfall auf Kondome bestehen...
 

Und so endete mein Weg statt bei meiner Familie wieder auf der Straßenszene... Was für ein Versager ich doch war...
 


 

~ Kapitel 7 ~ Kleine und große Fehler ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 


 

Naaa!? Hab ichs geschafft? Hattet ihr den „Wtf-Moment“? :D Jaaaja... Die kleine schüchterne Feye... Irgendwie hat sie es ja faustdick hinter den Ohren :3 Aber sie weiß nunmal nicht wen sie will.
 

Wer wäre euch denn lieber? Der liebe Jay oder der fiese Luzi? :P
 

Übrigens wäre es nett, wenn jeder Leser sich mal bei mir melden würde >.> Ob per ENS, MSN oder ICQ! Nur kurz bescheid sagen, damit ich weiß wer von euch so zu meinen Lesern gehört :P


 

Versuchung


 

~ Feye Coldfire ~
 

Erschöpft lehnte ich mich an Luzifer und schnaufte durch. Warum fühlte ich mich so

zu ihm hingezogen? Er löste sich aus meinen Armen und stand auf: „Ich muss jetzt zurück. Die Arbeit wartet.“ „Arbeit...“, bemerkte ich mit einem etwas sarkastischen Unterton. „Ja! Arbeit.“ „Wenn du deine schwachsinnigen Rachepläne als Arbeit bezeichnest... Warum kannst du das nicht einfach lassen? Was hast du denn davon? Was hat Gott dir überhaupt getan, dass du so auf deine Rache beharrst?“, fragte ich leicht verzweifelt und stellte mich vor ihn.

Er legte seine Arme um mich:

„Das wirst du niemals verstehen. So lange schon schmiede ich meine Pläne und habe mir alles aufgebaut was ich dazu brauche. Es fehlt nur noch ein Baustein, dann kann es losgehen. All die Zeit haben ich und meine Diener darauf gewartet... Bald ist es soweit.“ „Was für ein „Baustein“ fehlt noch!? Du meinst damit doch hoffentlich nicht mich!? ICH HAB DIR SCHON SO OFT GESAGT, DASS ICH DIR NICHT DABEI HELFEN WERDE!!! Und zudem... Wie sollte ich dir eine Hilfe bei so etwas sein!? Ich kann ja nicht mal mit meinen Kräften umgehen.“ „Das kommt schneller als du denkst. Kleine Feye... Dein wahres Ich hätte keine Sekunde gezögert mir zu helfen... Immerhin hat Gott auch dir alles genommen.“

Ehe ich fragen konnte, was er damit meinte, verschwand er wieder im Nichts und ließ mich alleine zurück. Mein wahres Ich!? Gott hatte mir alles genommen? Wer war ich dann überhaupt wirklich?

Völlig im Gedanken versunken machte ich mich langsam auf den Weg nach Hause. Als ich durch die Tür kam wirkte alles sehr ruhig, als sei niemand zu Hause. Doch ich irrte mich. Dad saß am Küchentisch und hatte eine Tasse in der Hand. Er wirkte etwas abwesend und bekam nicht einmal mit, dass ich im Türbogen stand. Worüber er wohl nachdachte?

Langsam schlich ich mich zu ihm, ich wollte ihn eigentlich nicht erschrecken, dennoch zuckte er zusammen, als er mich endlich bemerkte. „Feye!!! Wo kommst du denn auf einmal her?! Du hättest mich fast umgebracht!“ „Tut mir leid, Dad... Warum sitzt du hier so einsam und alleine in der Stille? Bedrückt dich etwas?“ „Ach... Ich denke nur nach. Und was ist mit dir? Du siehst total kaputt aus“, entgegnete er mit einem mitleidigen Unterton und machte mir erstmal nen Kaffee.

Ich setzte mich schweigend zu ihm...

Ich vertraute ihm, er war fast so etwas wie ein bester Freund für mich. Wir hatten in den letzten Jahren gut zueinander gefunden, was ich persönlich anfangs gar nicht geglaubt hätte. Jedoch... Selbst ihm könnte ich unmöglich erzählen, dass ich mit unserem größten Feind eine Affäre hatte und dass ich zudem auch noch mit ihm schlief.

Eigentlich hielten mich alle für ein unschuldiges Mädchen. Ein Mauerblümchen, das kein Wässerchen trüben könnte. Nie konnten meine Freunde mich mit einem Mann an meiner Seite vorstellen. Ich war nunmal in deren Augen die kleine unschuldige Jungfrau. Dass ich stattdessen mit der finstersten Person überhaupt schlief – einfach unvorstellbar. Ich konnte es ihm einfach nicht sagen... Sein ganzes Bild von mir wäre zerstört.

Wieder setzte er sich zu mir und reichte mir den Kaffee, den er mir gemacht hatte. Er seufzte und starrte mich erwartungsvoll an.

„Feye... Erzähl schon, was bedrückt dich?“ „Naja es ist... Es... Ist...“ Sag es ihm Feye!!! Danach geht es dir besser!!! Alles in sich rein zu fressen bringt doch nichts! Wenn du erstmal den Rat von einer vertrauten Person bekommst, kannst du dich auch leichter entscheiden!!!

„Es ist nur... Alles. Die ganze Situation mit unsren Elementen. Ich bin kein normaler Assistant, das spüre ich... Und ich spüre auch... Dass bald alles ein Ende findet. Und... Dass ich dann wahrscheinlich nicht mehr da sein werde.“

Er guckte mich leicht entsetzt an, schloss dann aber gefasst die Augen und schnaufte durch: „Denkst du, du wirst sterben?“ „Ich weiß es nicht... Ich hoffe doch nicht, immerhin wären wir dann alle verloren. Unser Feind ist stark... Aber selbst wenn er weg ist, muss ich doch meinen Platz einnehmen. Und ich glaube, dass dieser Platz nicht der eines Menschen ist.“ „Hmm... Ich weiß zwar nicht genau, was du fühlst und was du damit meinst... Aber du bist nicht alleine mit der Angst bald gehen zu müssen.“

Diesmal war ich die, die ihn fragend anguckte. Er richtete seine Blicke auf mich und seufzte ein weiteres mal.

„Da gibt es etwas, das ich bisher immer nur für mich behalten habe...“ „Was denn?“

Er antwortete nicht, sondern stand auf und drehte mir den Rücken zu, was mich ziemlich verwirrte weil ich eigentlich mit einer Antwort gerechnet hatte. Plötzlich zog er sein Hemd aus, was mich noch mehr verwirrte.

Weil ich mich fragte, was er mir damit eigentlich sagen wollte, suchte ich mit meinen Augen seinen Rücken ab und bemerkte eine seltsame Tätowierung. Das musste ich mir genauer angucken!

„Du hast dich Tätowieren lassen? Aber das ist doch kein Grund nichts zu erzählen.“ „Naja... Zumindest denkt Hailey, es sei eine Tätowierung. In Wahrheit ist es das Symbol für den Pakt, auf den ich eingegangen bin um länger zu leben...“ „Wie jetzt?“, fragte ich verwundert und strich mit meinem Zeigefinger über das seltsame Symbol. Es sah aus wie eine Spirale, die von Außen nach innen führte. Einige Kreise waren schon zu sehen und es machte den Anschein, als würde die Spirale sich bald selbst berühren.

„Ich habe damals einen Pakt mit Lumen geschlossen... Einem Engel, wie sie mir sagte. Ich musste dadurch nicht sterben – noch nicht. Aber ich beobachte dieses Mal schon seit Jahren und muss inzwischen feststellen, dass die Zeit, die sie mir geschenkt hat schon bald zu Ende sein wird. Wenn die Spirale sich schließt, muss ich gehen...“

Vor Entsetzen schreckte ich zurück und hielt mir die Hand vor meinen weit offen stehenden Mund. Wie konnte er nur so einen Pakt eingehen!? Lumen... Der Name sagte mir etwas... Jedoch wusste ich nicht wohin ich diese Person zuordnen sollte. Es schien mir, als wäre ich ihr auch schon einmal begegnet... Doch dann wiederum schien mir ihre Bekanntschaft so fern. Als mir wirklich bewusst wurde, dass er bald ebenso gehen würde, schossen mir die Tränen in die Augen und fiel ihm in die Arme.

Er gestand mir sein größtes Geheimnis... Und ich schaffte es einfach nicht zu sagen, was mich bedrückte... Ich sollte mich schämen.

In meinen Augen war ich eine solch erbärmliche Person. Ich hasste mich selbst manchmal. Das dachte ich mir in den letzten Jahren so oft. Aber ich konnte einfach nicht aufhören... Zumindest aber, war ich nun nicht mehr alleine, mit meiner Angst, gehen zu müssen.

Dad löste sich plötzlich aus meinen Armen und legte seine Hände auf meine Schultern während er lächelte: „Feye... Lass uns nicht traurig sein. Wir haben beide nicht mehr viel Zeit. Die wenigen Momente, die wir noch miteinander haben, sollten wir nicht damit verschwenden zu trauern. Lass sie uns lieber genießen.“ „Ist das der Grund warum du niemandem etwas erzählt hast?“ „Ja... So lange ich Zeit hab und lebe will ich nicht ihre traurigen Gesichter sehen, die sie jedes Mal bei meinem Anblick hätten. Schon gar nicht Hailey's.“ „Das stimmt... Gut! Genießen wir die gemeinsame Zeit!“ „Genau, und deswegen gehen wir morgen früh bei meinen Eltern frühstücken und sie ein bisschen ärgern!“ „Au ja!!!“, antwortete ich und strahlte nun endlich wieder.

Es war immer lustig bei Oma und Opa zu Hause. Meist voller Trubel und alle hatten immer irgendwas zu meckern. Vor allem Jenn und Ryan.

Nachdem auch Hailey nach Hause kam und wir gegessen hatten, verzog ich mich auf mein Zimmer, wo ich mich auf mein Bett fallen ließ und wieder ins Grübeln geriet.

Ich sah Luzifer in meinen Gedanken vor mir... Er hatte so eine seltsame Wirkung auf mich. Ich liebte jede Einzelheit seines gut trainierten Körpers... Seine Augen, die so schwarz wie die Nacht waren... Die die pure Dunkelheit ausstrahlten... Wie er wohl als guter Engel aussah?

Seine Augen strahlten gleichzeitig so viel Verzweiflung, Wut und Hass aus... Es war fast so, als müsse ich ihm einfach helfen. Ob er will oder nicht... Stundenlang stellte ich mir vor wie es wäre mit ihm richtig zusammen zu sein. Wenn er mich wirklich lieben würde... Dann wiederum schwankte ich über zu Jayden. Auch mit ihm stellte ich mir dieses Szenario vor. Für Jay und mich wäre eine Beziehung unmöglich. Egal wie der Krieg zwischen den Assistants und Luzifer enden würde... Ich könnte nicht hier bleiben – Jay dagegen müsste hier auf der Erde bleiben.

Irgendwie wünschte ich Luzifer wäre nun hier...
 

Am nächsten Morgen wurde ich schon früh von Dad geweckt und begleitete ihn zu meinen Großeltern nach Hause. Oma Chann öffnete uns die Tür und sah aus wie ein Schlossgespenst. Sie hatte riesige Augenringe und wirkte recht blass.

„Hey Ma... Gut siehst du aus... Hehe...“, sagte Dad kläglich und folgte seiner Mutter skeptisch nach drinnen. Ich schlenderte hinterher und verkroch mich sofort in die Küche. Oma schien sehr gestresst zu sein und rannte in der Küche hin und her um alles auf den Tisch zu stellen.

„Soll ich dir was helfen, Omi?“, fragte ich besorgt. „Nenn mich nicht Omi!!! Das macht mich so verdammt alt... Und nein, bleib ruhig sitzen, ich komm schon klar.“ „Ma, was ist los?“ „Nichts!!! Rein... Gar nichts!!! NUR, DASS DER FAULE HAUFEN NOCH KOMPLETT IN DEN FEDERN LIEGT WÄHREND ICH NATÜRLICH SCHON HIER RUMRENNEN MUSS!!! IST DAS FAIR!?! NEIN! ICH WÜRDE GERN AUCH NOCH ETWAS PENNEN!!!“ „Ma... Soll ich die Anderen wecken?“

Oma lächelte fröhlich und nett wie ein Engel... So scheinheilig... „Nein, mein Liebling. Lass es dir gutgehen. Die kommen schon von alleine, wenn sie frische Brötchen riechen.“

Sie holte ein Backblech voller Laugenbrötchen und anderer Leckereien aus dem Backofen und stellte es ins Wohnzimmer, von dem aus die Treppe nach oben führte.

Nun dauerte es keine fünf Minuten bis Opa Rick und Jenn wie zwei Idioten herunter gestürmt kamen und halber die Treppe runter fielen. Oma beobachtete das Ganze recht skeptisch und auch Dad bekam große Augen.

Da Oma das Blech vor deren Augen wegnahm und wieder in die Küche lief, folgten die Beiden ganz außer sich wie zwei Hunde die Leckerlis gewittert haben. Sie hatten es sogar so eilig, dass sie sich zusammen durch die Küchentür quetschten.

„Mein Gott!!! Setzt euch hin! Alle beide!!!“, keifte Oma entnervt und versperrte den Weg zu den Brötchen.

Jenn und Opa gaben sich geschlagen und setzten sich brav zu Dad und mir an den Küchentisch. Opa und Jenn guckten auf einmal zu uns.

„Clyde... Feye.. Wo kommt ihr denn her?“, fragte Opa verblüfft. „Feye! Brüderchen! Hab euch gar nicht bemerkt!“ „Ja, so wie ihr drauf seid...“, sagte Dad hoffnungslos und trank seinen Orangensaft.

Opa und Jenn fielen erstmal über ihren Kaffee her, während Oma die ganzen Brötchen in einen Korb legte und ihn in die Mitte des Tisches stellte. Darum verteilt fand man alles Mögliche mit dem man die Brötchen belegen konnte. Von Süßkram bis Deftig. Es war alles vorhanden.

Oma, die nun weniger gestresst schien, da alles erledigt war, setzte sich auch zu uns. Auch sie schenkte sich Kaffee ein und nahm einen genussvollen und großen Schluck aus ihrer Tasse.

„Hach... Es geht nichts über einen wunderschönen Morgen. Alle gemeinsam... So könnte es immer sein.“ „Ja! Da hast du recht, Schatz“, stimmte Opa zu und gab ihr einen Kuss. Jenn bestückte ihr Brötchen mit nur einem einzigen Blatt Salat, was Dad wiederum skeptisch beobachtete:

„Willst du abnehmen oder was?“ „Alec sagt ich bin fett geworden... Ich muss ihm doch gefallen.“ „Ach was der schon sagt... Such dir lieber nen Mann, der mehr Geld verdient“, sagte Oma Chann abfällig. Sie konnte Jenn's Freund nicht ausstehen. In ihren Augen war er ein fauler Sack, der Jenn nicht gut tut und auf kleine Mädchen steht. Dies war öfter ein Streitthema zwischen den beiden Blauhaarigen.

Als ich so durch die Runde guckte, kam mir etwas komisch vor... Abgesehen davon, dass Jill nicht dabei war, fehlte noch etwas... Irgendwas... Aber ich kam nicht drauf. Auch Opa schien etwas nachdenklich.

„Sagt mal... Fehlt nicht irgendwas?“ „Was meinst du, Dad?“, fragte Jenn. „Ja, das Gefühl hab ich auch...“, stimmte Oma zu. Nun überlegten wir alle... Plötzlich kam Oma ein Geistesblitz! Mit erhobenem Finger spritzte sie auf: „Die Butter!!!“ „JA!!! Genau! Die Butter war's!“ „Meine Güte, und ich dachte, es wäre etwas Wichtiges gewesen“, sagte Dad beiläufig und mit halbvollen Mund.

„IHR ASSIS!!! WARUM WECKT MICH KEINER WENN'S FRÜHSTÜCK GIBT!?!?“, brüllte auf einmal eine Kinderstimme von der Küchentür aus. Es war Ryan der uns völlig stinkig und entsetzt beim Frühstücken beobachtete.

„Oha!!! Dich gibt’s ja auch noch!“, schrie Jenn auf und kassierte grimmige Blicke.

Oma und Opa äußerten sich nicht dazu und Dad grinste in sich hinein. Ryan, der genervt schnaufte, setzte sich zu uns und griff nach dem letzten Laugenbrötchen und schmierte sich Butter drauf.

„Ich hasse euch...“ „Dito, kleiner Bruder“, sagten Jenn und Dad wie aus einem Munde. Opa verschluckte sich fast vor Lachen und Oma hielt sich aus allem fein raus.

Ich selbst bekam einen leichten Schock als ich auf die Uhr guckte. Die Schule!!!

„Jenn!!! Wir müssen los!“ „Oh... Sorry, Feyechen... Ich hab heut später Schule. Vielleicht triffst du ja Jay unterwegs“, sagte sie mit einem hämischen Grinsen und zwinkerte mir zu.

Seufzend verabschiedete ich mich von den Anderen und rannte los. Auf Jay wollte ich ehrlich gesagt diesen Morgen nicht treffen. Allerdings blieb mir das nicht erspart, da wir in dieselbe Klasse gingen.

Einige Meter vor unsrem Schulgebäude kam er auf einmal von hinten angerannt und lief neben mir im normalen Tempo weiter. Es war mir unangenehm… und als ich daran dachte, dass er mich zuletzt geküsst hatte, wurde ich knallrot. Das merkte ich...

„Feye!!! Bitte bleib kurz stehen... Ich will mit dir reden.“ „Mhh... Ja, ich glaube das müssen wir.“ „Können wir... Können wir zu mir nach Hause? Da ist niemand.“ „Du meinst, wir sollen schwänzen?“ „Nur heute... Das ist mir wichtig.“

Mit einem unwohlen Gefühl im Magen stimmte ich allerdings zu. Unsere Freundschaft war mir wichtig und ich wollte nicht, dass alles an diesem Kuss scheitern würde.

Zu Hause bei Jayden war wirklich sonst keiner. Wir setzten uns in sein Zimmer aufs Sofa, wo er mir erst mal was zu Trinken brachte. Er wusste wie man mit einem weiblichen Gast umzugehen hatte. Als ich gut versorgt war, setzte er sich neben mich und machte das Radio an, damit es nicht ganz so leise war. Ich hasste diese penetrante Stille sowieso.

„Also Feye... Es tut mir leid, dass ich dich so überfallen habe. Ich hatte meine Gefühle nicht ganz im Griff.“ „Inwiefern? Mir tut es leid, dass ich so überreagiert habe“, antwortete ich kleinlaut und trank aus Verlegenheit erstmal was. Er starrte mich plötzlich so komisch an, als versuche er gerade Mut für etwas zu fassen. Und ehe ich mich versah, nahm er mir mein Glas weg und legte seine Hände um Meine. Mir wurde so komisch um die Bauchgegend... Es war keine gute Idee mit hierher zu kommen. Wieder einmal wusste ich nicht was ich will... Irgendwie sehnte ich mich nach ihm... Doch dann war da wieder die Tatsache, dass ich eh gehen müsste... Und Luzifer...

In diesem Moment allerdings gab es nur Jayden und mich. Er rückte näher und hielt meine Hände immernoch fest.

„Feye... Selbst wenn du nicht so empfindest und mich nun abweist... Ich liebe dich. Ich will, dass du das einfach nur weißt. Und wenn du jetzt noch nicht weißt, was du dazu sagen sollst, gebe ich dir alle Zeit, die du brauchst, und werde auf dich warten.“

„Jay...“

Ich wusste nicht wie ich darauf reagieren sollte... Meine Gefühle machten einen Überschlag und statt etwas zu sagen schlang ich meine Arme um ihn und küsste ihn. Ich wollte normal sein... Einen normalen Freund haben... Einen, der zu meiner Seite gehörte und mich nicht länger dafür schämen müssen die Familie zu hintergehen indem ich mit dem Feind schlafe.

Jayden machte den Anschein, als könnte er sein Glück kaum fassen. Wie wir uns leidenschaftlich küssten... Ich war so hin und her gerissen, dass ich fast daran verzweifelte. Ich wollte mir selbst etwas vormachen – fliehen aus meinem eigenen Alptraum.

Mit aller Kraft versuchte ich mir einzureden Luzifer vergessen zu können – ihm widerstehen zu können wenn ich Jayden hätte.

Als ich auf ihm saß, legte ich meine Hand zwischen seine Beine und fing an seine Hose aufzuknöpfen, was ihn plötzlich zurück schrecken ließ.

„Feye... So kenn ich dich gar nicht! So schnell... Sicher, dass du das willst?“ Wieder fiel es mir ein... Er dachte immerhin ich hatte noch nie einen Freund, geschweige denn Sex.

Ich legte meine Hände auf seine Wangen und küsste ihn leidenschaftlich: „Ja... Vollkommen sicher“, hauchte ich ihn an. Ich wollte in dem Moment nur noch seine Nähe und vergessen... Alles vergessen was um mich herum geschah. Es konnte mir dabei gar nicht schnell genug gehen.

Während ich mit Jayden schlief, verdrängte ich stets irgendwelche neuen Gedanken, die in mir aufkamen. Ständig musste ich für einen kurzen Moment an Luzifer denken. Der Sex mit Jay war so anders... Ich fühlte mich so leer... Schließlich gelang mir das Verdrängen und Vergessen nicht mehr und stellte mir vor, wie ich das erste mal mit Luzifer schlief während Jay auf mir lag und davon ausging, dass ich unser erstes Mal genießen würde.

Luzifer's Körper, seine Augen, seine Art zu küssen... Ich konnte nur noch daran denken... Seine Art, mich beim Sex vollkommen auszureizen, bis ich es nicht mehr aushielt... All das führte mich dazu schließlich doch zu kommen.

Jay lag zufrieden neben mir: „Ich liebe dich, Feye...“ „...“
 


 

~ Chann Coldfire ~

~ Ca. eine Stunde zuvor ~
 

Nach unsrem Frühstück gingen auch Clyde, Rick und Jenn aus dem Haus. Endlich hatte ich mal meine Ruhe. Alles war so stressig geworden. Zwar wohnten nur noch zwei unsrer vier Kinder zu Hause, doch ständig kamen die Freunde, die Kinder und ihre Freunde – einfach alle – zu Besuch. Ich musste praktisch für jeden immer Zeit haben.

Ich frage mich was Rick und ich uns gedacht haben, als wir Ryan zeugten. Ich erinnerte mich nicht mehr daran was genau schief lief als wir es in der Badewanne von Rico und Scarlett trieben, allerdings erfuhr ich schon wenige Wochen darauf, dass ich wieder einmal Mutter werde. Alle hielten uns für wahnsinnig. Kaum waren wir wieder da, schon gab es ein neues Kind.

Und ich schwor mir eines: Ich wollte nie wieder ein Kind bekommen! Ich wollte endlich wieder ein Leben als freie Frau führen und nicht mehr als Vollzeitmutter. Meine jüngsten Kinder wurden langsam erwachsen. Auch Jenn würde nicht mehr lange hier wohnen.

Ich hasste ihren Freund Alec. Er war so ein besserwisserischer fauler Kerl... Er erkannte Probleme nicht. Für ihn war alles lösbar und in Ordnung. Nichts und niemanden nahm er ernst. Eigentlich wäre es mir am liebsten, Jenn würde sich schnell von ihm trennen. Immerhin war ich zudem der festen Überzeugung, dass er ihr schon lange fremdgeht. Warum sollte er auch schon so lange mit einem so jungen Mädchen zusammen sein? Warum hätte er damals warten sollen, bis Jenn alt genug war, um mit ihm zu schlafen?

Sobald sich mir die Möglichkeit bieten würde, würde ich die Beiden auseinander bringen! Und wenn ich den Jungen weg ekeln müsste! Und wenn mich Jenn dafür hassen würde! Es war mir wichtig, dass es ihr gut ging, was mit ihm schier unmöglich schien in meinen Augen.

Ich selbst war etwas gelangweilt von meiner Beziehung mit Rick. Ich liebte ihn immernoch, aber unsere Ehe hatte sich festgefahren. Unser Alltag bestimmte längst unser Liebesleben und irgendwie schliefen wir nur noch miteinander, wenn einer von uns es mal brauchte. Eine Trennung käme mir trotzdem nicht in den Sinn, denn Rick und ich hatten so viel miteinander durchgemacht, dass ich mir ein Leben ohne ihn kaum vorstellen könnte. Vielleicht fühlte ich mich auch nur so gelangweilt von der Beziehung und Ehe, weil wir nur noch Eltern waren...

Seufzend lehnte ich mich gegen die Wand im Wohnzimmer und guckte zum Aquarium, in dem die Fische schon ganz provokant zur Scheibe schwammen. Wie ich diese Fische hasste!!! Und sie hassten mich...

Besonders schlimm war Aquanox... Wie auch immer Rick auf diesen bescheuerten Namen kam. Er gab all seinen Fischen so seltsame Namen. Er vergötterte sie... Dabei hätte ich am liebsten längst Backfisch aus ihnen gemacht. In solchen Momenten verfluchte ich mein Element.

Aquanox schlug mit seiner Schwanzflosse gegen die Scheibe und starrte mich an: „Ey!!! Chann... Chann... Chann... Ey... Chann... Hallo... Ey... Chann... Chann...“ „WAS WILLST DU, HERING!?“ Dieser gottverdammte Goldfisch!

„Du bist... Fett geworden... Jeden Tag fetter!!! Gestern hattest du sicherlich noch zehn Kilo weniger, so fett siehst du heute aus!“ „Halt die Fresse, Fisch! Sonst brate ich dich!“ „Das würde der Herr niemals zulassen, du fette Sau!“ „AAAAHHHHRRR!!! IRGENDWANN!!! Irgendwann... Hahahaha... Irgendwann räche ich mich... Ahahaha...“

Lachend wie eine psychisch Gestörte lief ich in die Küche, wo Ryan immernoch am Tisch saß. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass der noch da war.

„Hast du keine Schule?“, fragte ich ihn etwas genervt. Ich mochte es nicht mit ihm allein zu sein. Er war so ein schwieriges Kind... Irgendwie hatte er die Vorstellung, jeder würde ihn vergessen und ignorieren. Alle Anderen seien die Lieblingskinder, vor allem Clyde... Und er würde von jedem gehasst werden. Daher wurde er immer sofort aggressiv und ausfallend.

Schon seine Blicke, die er mir wieder zuwarf: „Willst du mich loswerden, Ma? Gib es zu... Ich gehe ja gleich.“ „Ich will dich nicht loswerden. Ich hab doch nur gefragt ob du keine Schule hast!“ „Doch, habe ich! Aber wen interessiert's?“ „Och Ryan...“ „Och Ma!“, entgegnete er abgenervt und äffte mich teilweise nach.

Um mir aus dem Weg zu gehen ging er ins Wohnzimmer. Besser so... Ich wollte mich heute Morgen ungern streiten. Schon gar nicht mit ihm. Da konnte man genauso gut gegen eine Wand reden.

Noch schlimmer fand ich, dass es mal wieder an der Tür klingelte. Wer es wohl nun schon wieder war!? Nie hat man seine Ruhe hier in dieser Bude! Noch bevor Ryan die Haustür erreichen konnte, ging ich dazwischen und machte sie selbst auf.

Vor mir stand ein kleines blondes Mädchen, das ich bisher noch nie hier gesehen hatte. Sie lächelte mich nett an: „Guten Morgen! Sie müssen Ryan's Mutter sein! Freut mich Sie kennen zu lernen. Ich wollte ihn zur Schule abholen. Mein Name ist übrigens Nyria Lombardini.“

Was... Zur... Hölle? Was treibt Ryan sich denn mit Mädchen rum? Und dann auch noch so Nette!? Verwirrt drehte ich mich zu Ryan, der seine Schultasche nahm und zu uns gelaufen kam.

„Wieso weiß ich nichts von ihr?“ „Weil es euch eh nicht interessiert! Pff...“ Nyria warf meinem jüngsten Sohn ein paar grimmige Blicke zu und packte ihn am Ohr: „Wie redest du Idiot denn mit deiner Mutter!?!? Sie ist so nett!!! Und du bist so eine undankbare Dreckschleuder!!! Na warte... Schönen Tag noch, Frau Coldfire!“, sagte sie noch höflich und zerrte Ryan schimpfend davon. Hmm... Die Kleine gefiel mir... Vielleicht könnte sie meinen Sohn erziehen.

Kaum war ich endlich mal alleine zu Hause klingelte das Telefon, das ich mir genervt ans Ohr hielt.

Es war Naga, die es wagte mich an diesem Morgen zu stören.

„Chann!!! Das musst du dir anhören!!! Boah, wenn ich Maiko in die Finger kriege!!! Erst verspricht er Pia endlich für die Kleine und sie da zu sein... Und dann verpisst er sich einfach wieder! Pia ist ganz fertig mit den Nerven!“ „Ohje... Ich verstehe Maiko aber auch nicht. Keine Ahnung warum Rico da nichts macht. Scarlett hat den Jungen komplett verzogen.“ „Ach, die Alte kannste in der Pfeife rauchen! Aber ich hab keine Lust, dass meine Tochter ständig darunter leidet!“

Noch über eine Stunde kotzte sie sich bei mir über Maiko's Nachlässigkeit aus. Eigentlich mochte ich ihn. Er tat mir ehrlich leid wegen seinen Eltern. Pia und Naga machten ihm das Leben auch nicht leichter. Irgendwie glaubte ich seiner Version, wie das Kind entstanden ist, eher.

Ich würde es Pia allemale zutrauen zu behaupten die Pille zu nehmen, um ihm dann ein Kind unterzujubeln. Und nun macht sie einen auf „armes Opfer“...

Allerdings müsste er alleine damit klar kommen, so lang er nicht um Hilfe bittet. Zumindest hielten Jenn, Jayden und Feye immer zu ihm. Naga's Heulerei wegen Maiko führte mich dazu Marisha anzurufen und ich wiederum bei ihr auszukotzen. Zum Glück verstanden wir uns wieder gut.

Dass ich sie damals vor unserem großen Kampf gegen Ran und der Rettungsaktion der Zwillinge nicht dabei haben wollte, nahm sie mir ziemlich übel. Doch ich erklärte ihr, dass ich das nicht böse meinte, sondern eigentlich nur zu ihrem eigenen Schutz gehandelt hatte. Letztendlich war ich froh, dass sie gegen meinen Willen doch gekommen war, denn nur durch sie konnten Jill und Clyde damals gerettet werden.

Nun waren wir wieder ein Herz und eine Seele.

Sie schlug vor, dass wir mal wieder einen Saufabend unter Freunden veranstalten könnten. Da hatte ich nichts gegen! Endlich mal wieder den Alltag hinter mir lassen und feiern.

Irgendwie fand ich es immernoch sehr schade, dass sich der Kontakt zu Sheela so verlaufen hatte. Seit wir die zehn Jahre verschollen waren, konnte ich sie nicht mehr erreichen. Wahrscheinlich dachten sie und Diego immernoch, ich sei tot. Auch die Anderen hatten keinen Kontakt mehr zu den Beiden. Das stimmte mich immer etwas traurig. Auch Koshy sah ich nur noch selten. Sie war zu sehr mit ihrer Freundin und der Arbeit beschäftigt. Meist saßen die Beiden im Ausland.

Es gab einige Leute von Früher, die ich nie wieder sah... Doch zumindest hatte ich immernoch meine besten Freunde. Meine Clique...
 

Den Tag ließ ich wie immer über mich ergehen und nahm mir am Abend endlich die Zeit und die Ruhe mich für die Feier hübsch zu machen. Ich zog meine besten Klamotten an und kramte meine Schminke raus. Ich war nur etwas enttäuscht, als Rick nicht mitkommen wollte... Er war zu müde von der Arbeit.

Also ging ich alleine zu meinen Freunden. Alle trafen sich bei Marisha und Kyle zu Hause.

Rachel und Yoshi waren schon da. Wie immer versuchte ich Abstand zu ihm zu halten... Doch meine Gefühle für ihn hatten sich kaum geändert. Ich bereute es Rick mit ihm betrogen zu haben vor vielen Jahren. Rachel weiß bis heute nichts davon und ich glaube, das war auch besser so.

Marisha empfing mich mit einer herzlichen Umarmung und drängte sich auf dem Sofa fast auf meinen Schoß. Manchmal kam es mir fast so vor, als würde sie mehr von mir wollen... Eine seltsame Vermutung, aber gar nicht so abwegig.

„So!!! Hebt die Gläser!!! Auf dass Rick es nächstes mal schaffen möge unsrer Runde Gesellschaft zu leisten!“, grölte Yoshi und schüttete sein zehntes Schnapsgläschen fast um, weil er seinen Arm nicht mehr gerade halten konnte. Wir Anderen waren auch ziemlich betrunken.

„Oah, das is' so en geiler Abend... Das... Chann, Mari, küsst euch... Ich will geilen Sex sehen!!!“ „YOSH!!!“, keifte Rachel ihn an und kippte nach hinten. Mari und ich guckten uns an und küssten uns ohne zu zögern. Ja, wir hatten es nichtmal eilig wieder voneinander loszukommen. Während wir mit unsren Zungen spielten, jubelte Kyle uns zu, statt zu meckern. Auch Yoshi war begeistert und klatschte.

„Mehr!!! Meeeehr!!!“, jubelte Kyle, bevor ich mich von Mari löste, noch ein Schluck Wodka herunterkippte und Mari's Oberteil über ihren Kopf zog.

„Oha! Geiler Spitzen-BH, Alde!“, grölte Yosh und leerte eine weitere Flasche. Kyle schlug ihm eine auf den Hinterkopf und beobachtete uns weiter, wie wir uns an unsere Brüste fassten und uns weiter küssten.

Ich war so dicht vor lauter Alkohol... Ich glaube ich wäre in diesem Moment zu allem bereit gewesen, doch gerade als Marisha mich am Bauch entlang küsste, ging Kyle dazwischen.

Mari protestierte: „WAS!? Kannscht duuu noootgeiler Iiidiot net ertraaagen, dasch ich liieebaaa Sex mit deiner Sisch hab als mit diiiir!?“ „Geh lieber mal pennen! Alte Lesbe!“, meckerte Kyle und schleppte sie weg. Ihren darauf folgenden Streit konnte man bis hier unten gut hören. Gut, dass Jay und Feye das Haus verlassen hatten kurz nachdem ich hier ankam.

Nun... Rachel war bewusstlos getrunken, Kyle und Mari schrien sich im Suff an... Und ich richtete meine Blicke auf Yoshi... Er kippte wieder ein Glas runter: „Ey, ich hab grad... Sooo derb... Nen Harten...“ „Okay...“, stammelte ich und guckte an ihm herunter zu seinem Hosenladen, der fast platze. Ich musste aufpassen mich nicht totzulachen. Ein Grinsen konnte ich dennoch nicht verbergen. Yosh kam auf einmal zu mir gekrochen und küsste mich, wovon es mir durch den Magen zog und ich aufpassen musste, dass mein gesamter Alkoholhaushalt nicht wieder hoch kam. Zudem hatte ich Angst, dass Rachel wieder wach werden könnte, daher drückte ich ihn von mir weg.

„Du... Weisch wo des.. Wieda endet“, versuchte ich in meinem Rausch halbwegs klar sagen zu können. Auch er guckte zu Rachel und seufzte, ehe er mich am Arm schnappte, ins Bad zerrte und dort hinter uns abschloss. Den Schlüssel konnte er dabei mit ach und krach packen. Wieder einmal wusste ich, dass ich einen Fehler machte... Aber es fühlte sich so verdammt gut an von ihm geküsst und berührt zu werden...
 

Es war Rick, der mich mitten in der Nacht von Mari's Haus abholte. Das was auf der ganzen Party abging hatte ich vergessen. Mein Kopf schmerzte... Ich fühlte mich müde und ausgelaugt. Der Alkohol hatte es echt in sich. Eigentlich bekam ich nur noch mit wie Rick mich zu Hause ins Schlafzimmer trug und sich im Halbschlaf neben mich legte.

Er stützte seinen Kopf auf seiner Hand ab und guckte mich ewig lange an, soviel konnte ich noch mitbekommen.

„Ihr habt viel getrunken, scheint mir.“ „Oooh... joa... Hicks...“ „Haha, schade, ich hätte doch mitkommen sollen. Weißt du... Du gefällst mir, wenn du so unheimlich betrunken bist. Das lässt sich so toll ausnutzen...“

Grinsend fiel er über mich her... So viel Sex hatte ich wohl schon lange nicht mehr an einem Abend verteilt...

„AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHHHHHHHHHHHRRR!!!!“, schrie ich gleich am nächsten Mittag, als ich endlich wieder mit halbwegs klarem aber verdammt schmerzendem Kopf aufwachte. Was... Hatte... Ich... Getan!?! Krampfhaft versuchte ich mich zu erinnern und guckte in den Spiegel. Ich hatte Sex... Viel Sex... Mit wem? Ich erinnerte mich langsam an Mari's entblößte Brüste... Dann an Yoshi's Latte... Und dann... An Rick, der mein betrunkenes Dasein hemmungslos ausnutzte...

Ich schlief mit beiden... Das hieß... Langsam legte ich die Hand auf meinen Bauch.

„Oh man, nicht schon wieder... FUCK!!!“
 

~ Kapitel 8 ~ Versuchung ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 

Hach was für ein Kapitel xD Ich muss sagen das ist das Kapitel mit den meisten erotischen Szenen überhaupt u.u' Da ich sie allerdings nur oberflächlich geschrieben bzw. nur angedeutet hab, hoffe ich, dass es noch als nicht-adult gilt ><


 

Vergeben und Verzeihen

~ Chann Coldfire~


 

An diesem Morgen fühlte ich mich einfach grauenhaft. Das lag nicht nur an der Tatsache, dass ich tierische Kopfschmerzen hatte, sondern größtenteils daran, dass ich am vorigen Abend zweieinhalb mal Sex hatte. Davon zwei mal mit zwei verschiedenen Kerlen...

Einmal mit Yoshi, mit dem ich Rick schoneinmal betrogen hatte... Und dann mit Rick selbst. Beides ohne Verhütung... Ich ahnte schon, was das wieder bedeuten würde. Na gut! Ich sollte nicht den Teufel an die Wand malen. Vielleicht war ich ja auch gar nicht schwanger? Ich hatte schon vier Kinder und die waren nun wirklich genug.

Während ich in der Küche stand und wie jeden Morgen meiner Familie, die noch im Bett lag, das Frühstück bereitete, überlegte ich. Ich sollte dringend einen Schwangerschaftstest machen in ein paar Wochen! Und ich hoffte, dass das Endprodukt dieses Abends nicht Yoshi's Werk wäre.

Und dann gab es noch ein Problem! Wie soll ich das Rick beibringen? Ich hatte ihn einmal mit Yosh betrogen... Eigentlich hatte ich ihm versprochen nie wieder untreu zu sein.

Dies hatte ich bis zum gestrigen Abend auch eifrig eingehalten. Er würde mir niemals mehr vertrauen können. Vielleicht würde er sich von mir scheiden lassen!? Oder wir würden uns wieder so streiten wie früher...

Jedoch musste ich es ihm einfach sagen! Angenommen ich wäre wirklich schwanger und das Kind würde anders aussehen... Wiederrum spielte ich mit dem Gedanken abzutreiben, falls es wirklich so sein würde. Ich wollte nie ein weiteres Kind bekommen! Das wäre der Alptraum schlechthin. Gestern noch trauerte ich meinem Leben als freie Frau hinterher und nun würden weitere Jahre Mutterschaft und Haushalt auf mich zukommen? Nein danke! Mein innerer Konflikt fand einfach kein Ende. Nur eins wusste ich: Ich hatte schreckliche Angst davor, was Rick dazu sagen würde.

Der stand auch urplötzlich und mit bester Laune hinter mir. Wow, dass ich ihn mal nicht wecken musste... Grinsend tanzte er um mich herum: „Guten Morgen, Schatz! Na, hast du einen Kater?“ „Aber wie... Das war auch ganz schön viel Alkohol gestern.“ „Glaub ich dir“, sagte er verständnisvoll, jedoch auch ein bisschen hämisch und nahm sich eine Tasse Kaffee. Ob ich diesen Moment nutzen sollte? Verlegen setzte ich mich ihm gegenüber an den Küchentisch.

„Naja... Alkohol... Du weißt ja, dass da manchmal Dinge passieren, die man gar nicht tun wollte...“ „Oh ja... Die Kontrolle verlieren. Hehe. Ich kann mir gut vorstellen, dass Kyle und Mari eine Orgie starten wollten im Rausch.“ „Nun... Nicht ganz.“

„Mari und du?“ „Ehm...“ „BOAH!!! NEIN, JETZT EHRLICH!?!“, schrie er auf und stellte sich schnurstracks auf, was mich zurückschrecken ließ. „Es ist ja nichts wirklich zwischen uns gelaufen... Ein bisschen Fummeln... Aber sonst nichts!!!“ „Man ey... Wie könnt ihr es wagen sowas zu tun, wenn ich nicht dabei bin und zugucken kann?“

„Na, wenn's dich so sehr stört, dann können Mari und ich das auch gerne wiederholen“, sagte ich verwundert. Typisch Mann...Gerade als ich das Thema ein weiteres Mal ansprechen wollte, kamen plötzlich Jenn und Ryan in die Küche. Die Beiden waren in ihrem Streit nicht zu überhören.

„DU BIST SO NE KLEINE ARSCHGEBURT RYAN!!! Ehrlich, sowas gehört zurück gepoppt und abgetrieben!“ „JENN!“, ermahnte Rick unsere Tochter entsetzt. Auch ich verschluckte mich fast an meinem Kaffee.

„Ihr könnt mich echt alle mal! Warum kann ich nicht jetzt schon ausziehen?“ „Weil du ein kleiner Pimpf bist“, sagte ich leise, jedoch gut verständlich. Jenn bekam einen Lachflash und Ryan warf mir düstere Blicke zu: „Rabenmutter! Pimpf, nennst du mich? Sowas würdest du zu Clyde natürlich nie sagen! Ihr hasst mich alle!“ „Neeein, wir doch nicht“, sagte Rick mit einem belustigten Unterton und fuhr Ryan durch die Haare um ihn zu ärgern.

Er nahm den Kleinen kaum noch ernst. Ryan war viel zu oft am meckern und zwar über alles und jeden. Es war zwar nervig, aber am Besten mit Humor zu verkraften. Daher lachten wir ihn meist aus, wenn er wütend war. Eigentlich überhaupt keine gute Erziehung... Wenn da überhaupt noch was zu retten war.

Jenn, die sich in aller Eile eine Tüte mit Broten packte, setzte sich nicht zu uns, sondern war dabei zu gehen.

„Wohin des Weges?“, fragte ich sie beiläufig. „Ich bin heute mit meinem Freund verabredet.“ „Ach... Stimmt, der hat ja so viel Zeit, weil er ja nicht arbeiten geht.“ „Ma! Alec geht arbeiten!“ „Als Schwarzarbeiter!?“ „MAN! VERGISS ES!“ „JUNGE DAME, ICH WILL DOCH NUR DEIN BESTES! WER WEIß WOMIT ER WIRKLICH SEIN GELD VERDIENT!? VIELLEICHT IST ER CALLBOY!? Ich will doch nur nicht, dass er dir das Herz bricht!“, sagte ich und verfolgte sie bis zur Haustüre, bei der sie sich wütend zu mir drehte:

„Na und!? Dann wäre es mein gebrochenes Herz! MEINS! Misch dich nicht ein! Ich bin schon so lange mit dem zusammen, der hat mich noch nie betrogen und mir auch noch nie das Herz gebrochen!“ „Ja, aber der ist so viel älter! Der hatte sicher schon einige Weiber nebenher, als du noch kleiner warst!“

„Ma! Ich will mich mit dir darüber nicht streiten müssen! Lass mich in Ruhe! Ich gehe jetzt!“ Entschlossen verließ sie das Haus und schlug die Tür hinter sich zu. Ich blieb zurück und seufzte, während ich auf die Tür starrte.

„Ey, fette Kuh!“ „Fresse, Aquanox!“, rief ich diesem unverschämten Fisch entgegen und verzog mich schnell wieder aus dem Wohnzimmer, bevor er sich weitere Gemeinheiten ausdenken konnte.

In der Küche war Rick bereits bei seiner dritten Tasse Kaffee. Und Ryan?! Ich traute meinen Augen kaum... Der packte plötzlich ein Handy aus und fing an zu telefonieren!!! Ich kann mich nicht erinnern, ihm ein Handy gekauft zu haben! Auch Rick staunte. Wo hatte er das her!? Und wie er redete... Er verdrehte stets die Augen und schnaufte genervt.

„Ja, ich sag dir! Die nerven total! Echt, mein zu Hause kotzt mich an! Wenn wir groß sind, heirate ich dich, ja? Dann ziehen wir zusammen und kriegen tolle Kinder! … Hahaha... Ich dich auch! Bis gleich!“ Und solche Worte von einem fast Achtjährigen...

Noch während dem Gespräch nahm ich ihm das Handy weg, weswegen es natürlich ein riesen Terz gab! Ryan war stinksauer.

„GIB MIR DAS HANDY ZURÜÜÜÜÜCK!!! DAS IST MEINS!!“ „WOHER HAST DU DAS!?“ „... Hat mir Onkel Rico geschenkt.“ „Onkel Rico... Ist klar... Onkel Rico ist viel zu arm für so ein teures Handy. ALSO!? UND WAS HEIßT HIER HEIRATEN UND KINDER BEKOMMEN!? HALLO!? DU BIST'N KLEINER JUNGE! FRÜHREIFER DEPP!“, sagte ich wütend zu dem Kleinen und warf das Handy ins Wohnzimmer. Eigentlich war meine Absicht, dass es an die Wand knallt und zerschmettert, doch scheinbar fiel es direkt ins Aquarium. Als Rick die seltsamen Geräusche hörte, schoss er sofort rüber und bekam nen Schreianfall: „NEEEEEEEIN!!! NEEEEEEEEEEEEEEEEEEIN!!! AQUANOX!!!“

Hehehe... Endlich hab ich meine Ruhe!

Doch zurück zu Ryan! Ich guckte ihn vorwurfsvoll an. So ein teures Handy zu besitzen. Ungeduldig wartete ich auf eine Antwort. Er starrte stur zu Boden und verschränkte die Arme: „Na gut! Ich hab's geklaut! Ihr kauft mir ja nie was! Und von wegen frühreif! Wenn ich von euch keine Liebe bekomme, hol ich sie mir wo anders! Nyria mag mich sehr gern!“ „Och Nyria, hätte ich mir denken können. Aber wieso zur Hölle klaust du?! Wenn du wenigstens nach einem Handy gefragt hättest...“ „... hättet ihr eh nein gesagt!!!“ „Ja, weil du ein dummes kleines Kind bist!“

Wütend drehte er sich auf dem Absatz herum und rannte aus dem Haus. Der war erstmal weg... Nun sind heute schon zwei meiner vier Kinder im Streit vor mir geflohen. Immer diese Problemfälle...

Rick, der vor seinem Aquarium einen halben Nervenzusammenbruch erlitt, war zu nichts mehr zu gebrauchen. In seiner Trauer musste er auch schon zur Arbeit.

„Soll ich dich irgendwo mit hin nehmen?“, fragte er. „Ja, wär nett, wenn du mich in die Innenstadt mitnimmst. Dann kann ich einkaufen und danach Mari besuchen gehen.“ „Gut, dann mach dich mal fertig, ich muss gleich los.“

Ich beeilte mich und saß einige Minuten später mit ihm im Auto. Ich war sehr schweigsam. Mein schlechtes Gewissen erdrückte mich fast.

Rick bemerkte meine Unsicherheit und guckte ständig zu mir herüber, doch das brachte mich nicht dazu mich zu überwinden und ihm zu erzählen, was gestern Abend wirklich passiert war.

Irgendwann reichte es ihm: „Schatz, was bedrückt dich? Der Streit mit Jenn und Ryan? Die sind beide in einem schwierigen Alter. Ignorier deren Trotzphase einfach und lass dich davon nicht runterziehen.“ Es wäre schön, wenn es bei meinem Problem um die Kinder gehen würde... Dass das nur ne fiese Phase war, wusste ich. Das machte mir auch recht wenig zu schaffen. Jenn und Ryan würden sich schnell wieder einkriegen, vor allem wenn's dann Taschengeld gab.

„Rick... Ich muss dir da was sagen...“, sagte ich bedrückt und wollte meinen Mut zusammen nehmen. Er guckte fragend zu mir und versuchte sich nicht zu sehr von der Straße ablenken zu lassen: „Was denn?“ Ich machte schon meinen tiefen Atemzug und setzte zum Sprechen an, als hinter uns auf einmal die Erde wackelte durch eine Erschütterung.

Erschrocken guckten wir beide in den Rückspiegel und sehen auf der Straße hinter uns einige Schlaglöcher – erzeugt durch Energiekugeln.

„So ein Scheiß!!! Ich stell die Karre hier irgendwo ab! Keine Lust wieder ein Auto zu verlieren wegen den Viechern!“, sagte Rick genervt und fuhr wie eine besenkte Sau rechts ran. Schnell stiegen wir aus und guckten zum Himmel, wo vier Dämonen schwebten und uns auslachten.

„Dämonen... Pah...“, sagte ich selbstsicher, streckte eine Hand aus und schoss eine Fontäne auf die Bande. Ich sparte nicht mit meinen Kräften, musste jedoch mit Entsetzen feststellen, dass mein ganzes Wasser einfach an ihnen abprallte und zu Boden tropfte.

„Was... Was ist das!?“ „Keine Ahnung, Rick... Obwohl! Vicky hatte mir das mal mit den Generationen erklärt... Die Dämonen sind für uns inzwischen zu stark geworden! Jenn und ihre Freunde würden wahrscheinlich ohne Probleme gegen sie klar kommen.“ „Super...“ „Genug geplaudert, schwache Assistants! Erst killen wir euch! Ihr seid die Schwächsten! Dann geht es weiter!“, sagte einer der Vieren schrill und schoss wieder auf uns.

Obwohl unsere Kräfte nicht zum Angriff ausreichten, hatten wir immernoch unsere Gewandtheit und wichen aus. Die Angriffe der heutigen Dämonen waren viel stärker, schneller und präziser als die von den damaligen Gegnern. Rick und ich hatten alle Mühe zu entkommen und bangten um unser Leben, als wir über eine riesige Brücke rannten und irgendwann außer Atem kamen.

„Wir werden die nie los!“, keuchte ich. „Bekämpfen können wir die auch nicht! Hmm... Da bleibt nur eine Möglichkeit!“ Ehe ich fragen konnte, was Rick vor hat, packte er mich an der Hand und sprang mit mir von der Brücke herab ins Wasser. Uns passierte dabei nichts und nach einigen Sekunden tauchten wir wieder an der Wasseroberfläche auf. Sicherheitshalber wandten sich unsere Blicke zu erst nach oben um zu sehen ob die Dämonen noch da waren, doch von ihnen war weit und breit keine Spur.

Rick seufzte: „Wie oft sind wir wegen diesen Dingern schon ins Wasser gesprungen?“ „Hmm... Öfter. Lass uns zurück schwimmen. Mir ist kalt...“, sagte ich leise und schwamm mit Rick zum Ufer zurück.

Erschöpft liefen wir zu unserem Auto zurück, wo Rick fluchte: „So ein Scheiß! Jetzt komm ich wegen den Viechern zu spät zur Arbeit, weil ich mich zu Hause erst nochmal umziehen darf... Und was wolltest du mir eigentlich sagen?“ „... Hab ich vergessen...“

Das wäre wohl einfach gerade der unpassendste Moment ihm zu gestehen, dass ich mit Yoshi geschlafen hab und womöglich schwanger bin von einem der Beiden.
 


 

~ Hailey Hiwatari ~

~ Am selben Morgen ~
 

Endlich hatte ich mal ein paar Tage frei und konnte mich mal wieder richtig entspannen. Die Arbeit als Krankenschwester war recht anstrengend und die Arbeitszeiten nicht gerade prickelnd. Doch ich liebte es einfach kranken Menschen zu helfen und mich um sie zu kümmern. Zudem half mir meine Schulung auch besser mit Clydes Krankheit umzugehen und ihm zu helfen, wenn es ihm schlecht ging. Ich wunderte mich, dass ich noch so viele tolle Jahre mit ihm verbringen durfte, wo ihm die Ärzte doch nur ein Lebensalter von zwanzig Jahren gegeben hatten. Hoffentlich könnten wir noch weiterhin viel Zeit miteinander verbringen und Spaß haben.

Ich liebte Clyde sehr! Er war mein ein und alles. Der Gedanke ihn irgendwann nicht mehr bei mir zu haben, schnürte mir jedes mal aufs Neue die Kehle zu. Daher verdrängte ich den Gedanken so gut es ging.

Ja, wir hatten in den letzten Jahren wirklich viel durchgemacht. Nachdem Mum uns damals miteinander im Bett erwischte, veränderte sich ihr Verhältnis zu Clyde etwas.

Sie betrachtete ihn von dort an nicht mehr als ihren Neffen, sondern eher als der Unglück bringende Typ, der ihr Töchterchen nach unten zieht. Ich wusste von Anfang an, dass Clyde's Drogenkarriere es uns schwer machen würde. Damals war er noch ein Junkie, der es eh zu nichts bringen würde. Mum hatte Angst um mich, was ich auch verstehen konnte, doch mit der Zeit besserte sich alles. Mum lernte auch Clyde zu vertrauen. Vor allem als er dann doch den Abschluss und den Entzug geschafft hatte.

Dad hingegen interessierte es kaum... Er stand eigentlich auf Clydes Seite. Wenn Mum sich aufregte sagte er immer nur: „Er ist Chann's Sohn, der wird Hail schon nicht das Herz brechen.“
 

Irgendwann würde mir Clyde das Herz brechen – wenn auch nicht absichtlich...
 

Diesen Morgen verbrachte ich alleine zu Hause. Feye war weg und Clyde war mit Shinji verabredet. Als würden die Beiden sich nicht oft genug bei der Arbeit sehen!

Naja, ich sollte mir nichts daraus machen. Wahrscheinlich hätte ich noch genug von meinem Freund an diesem Tag.

Selten kam ich zum Aufräumen, weswegen ich mir die Zeit nahm und das angesammelte Chaos beseitigte. Feye und Clyde waren zwei echte Dreckspatzen! Und immer blieb das Aufräumen an mir hängen. Und ich machte es auch jedes mal ohne mich zu beschweren. Eigentlich war ich ja selbst Schuld, dass sie ihr Verhalten nicht änderten.

In solchen Momenten, in denen ich alleine war und viel Zeit zum denken hatte, fragte ich mich immer mal wieder warum Feye Clyde „Dad“ nennt, zu mir jedoch einfach Hailey sagt. War ich in ihrer Zeit nicht ihre Mutter? In all den Jahren traute ich mich nicht sie zu fragen, obwohl fast kein Tag verging an dem ich mir diese Frage nicht stellte. Ich hatte Angst davor, die Wahrheit zu erfahren.

Und Feye erzählte von sich aus auch nichts. Jedes mal, wenn andere Familienmitglieder sie drauf ansprachen, behauptete sie, sich an nichts erinnern zu können. Ob dies nun stimmte, oder gelogen war, wusste ich selbst nicht. Mag ja sein, dass einige Erinnerungen verdrängt wurden, aber man muss doch wissen wer seine Eltern sind.

Als ich aus dem Fenster sah, hätte ich lieber wieder vergessen wer mein Vater war. Und dann hätte ich auch lieber wieder vergessen, dass ich ja eigentlich noch eine ältere Halbschwester hatte... Maya!!! Wo kam Maya auf einmal her?! Neugierig schlich ich zu meinem Wohnzimmerfenster und guckte vorsichtig durch den Vorhang. Bemerken würden Dad und Maya mich nicht, dazu standen sie zu weit entfernt. Sowieso dumm von ihnen sich genau hier zu treffen – vor meinem Fenster.

Die Beiden schienen heftig zu diskutieren und Maya machte den Anschein, als würde sie ihn gerne loshaben wollen.

Einige male drehte sie sich weg, lief ein paar Schritte und wurde dann wieder von ihm aufgehalten. Ich wollte mir das nicht weiter geben... Maya... sechs Jahre war sie in Russland um von ihren Drogen und dem alten Umfeld fern zu bleiben. Und nun!?

Wo ich doch mit nichts Bösem gerechnet hatte, taucht sie wieder auf.

Ich hasste ihre Anwesenheit. Ich fühlte mich einfach unwohl, wenn sie in der Nähe war. Das hieß meist, dass sie irgendwas anstellt oder mich wieder fertig machen will.

Und dann... Hatte sie ja früher was mit Clyde... Was, wenn sie mir eins auswischen will und sich an Clyde ran macht!?

Ich versank immer weiter in meinem Pessimismus und dachte mir alle üblen Möglichkeiten aus, die in Betracht kamen. Am liebsten würde ich sie nie wieder sehen müssen!!!

Völlig fertig saß ich stundenlang auf dem Sofa und heulte vor mich hin aus Angst, dass sie mir wieder mein Leben zerstören könnte. Vielleicht war sogar sie Feye's Mutter aus der Zukunft!!? Inzwischen kam sogar schon Clyde nach Hause. Es war mir unangenehm, dass er sofort bemerkte, dass mit mir was nicht stimmte. Bei meinem Anblick ließ er seine Tasche aus der Hand fallen und hechtete sofort zu mir und kniete sich vor dem Sofa vor mich.

„Schatz? Was ist denn passiert!?“ Ich bekam kein Wort raus, sondern sprang ihm erstmal in die Arme. „Sag! Hail! Was hast du?“ „Ich... Ich hab... Maya vorhin gesehen! Sie ist wieder da...“ „Echt?! Wo!? Und warum weinst du nun? Nur wegen ihr?“ „Garantiert nicht aus Freude! Ich weiß, dass ihr Beide schon oft miteinander geschlafen habt!“ „Oh Gott, Hail! Nicht die alten Storys bitte... Das ist acht Jahre her!“ „Ja, aber sie hasst mich! Sie tut alles um mich zu verletzen... Und ich weiß, dass sie dich dazu benutzen wird! Die wird sich an dich ran machen! Ich weiß es!!!“

Er schüttelte den Kopf und legte seine Hände auf meine Wangen: „Laber keinen Schwachsinn! Dazu gehören immernoch zwei! Ich hab mich für dich entschieden, da kann Maya nichts dran ändern. Und schau mal... Es ist so viel Zeit vergangen. Vielleicht hat auch sie sich verändert? Du kennst sie doch gar nicht mehr.“ „Pff... Nimm sie doch in Schutz!“

Unfassbar! Und er hielt wohl zu ihr! Maya war ja auch schon immer so toll! Beleidigt löste ich mich von Clyde und packte meine Handtasche. Er folgte mir auf Schritt und tritt: „Hail! Schatz! Jetzt hau nicht einfach ab, verdammt! Ich will, dass wir das klären!“ „Lass mich, ich muss einkaufen!!!“ „Das kann doch warten! Hail!!! MAN, DU BELEIDIGTE KUH! DANN GEH HALT!“, rief er mir hinterher, als ich das Haus stürmisch verließ und heulend Richtung Supermark lief.

Kaum taucht Maya wieder auf, fangen wir an zu streiten. Ich war total angespannt, seit ich sie gesehen hatte. Echt zum Verzweifeln! Meine Wut schien fast grenzenlos, als ich dann auch noch Dad sah, wie er in die Richtung von Naga's Haus lief. Jay und ich sind ja scheiß egal...

Obwohl ich es besser nicht getan hätte, folgte ich Dad dennoch und sollte in meiner Vermutung recht behalten. Er steuerte direkt die Haustür der Familie Iwanov an und klingelte. Neugierig, jedoch immernoch stinksauer, versteckte ich mich hinter der nächsten Hausmauer und guckte hinüber. Dort sah ich wie Maya ihm die Tür öffnete. Diesmal konnte ich wenigstens auch hören was die Beiden miteinander zu besprechen hatten.

„Was willst du schon wieder hier?“, fragte sie abgeneigt und war schon fast wieder dabei die Tür zu schließen, doch Dad fing sie ab. „Bitte, lass uns doch reden! Ich freu mich so, dass du wieder da bist! So lange haben wir uns nicht mehr gesehen! Und du meldest dich einfach nicht!!!“ „JA! UND DAFÜR HAB ICH AUCH EINIGE GRÜNDE!!! DENN DU ZIEHST MICH MIT DEINEM PUREN ANBLICK DERARTIG RUNTER, DASS ICH GAR NICHT NORMAL LEBEN KÖNNTE! KEIN WUNDER, DASS ICH IMMER DROGEN NEHMEN MUSSTE! UND MAL EHRLICH, KAUM HAB ICH DICH NICHT MEHR UM MICH HERUM ERTRAGEN MÜSSEN, GING ES MIR GUT! DA BRAUCHTE ICH DEN SCHEIß AUCH NICHT! ALSO HAU AB! HÖR AUF MEIN LEBEN ZU ZERSTÖREN!“

„Aber Maya! Liebes! Ich bin doch dein Vater! Ich dachte wir könnten ein normales Verhältnis haben! Gut... Ich gebe dir Hundert Dollar, wenn du normal mit mir redest!“

Maya wies ihn tatsächlich ab... Und nun? Wo er ihr Geld bot? Maya, so wie ich sie kannte, hätte keinen Moment gezögert das verfluchte Geld anzunehmen. Ich hätte es ihm längst um die Ohren geschlagen. Maya grinste... Dennoch funkelte sie ihn böse an, und riss ihm das Geld aus der Hand – um es ihm anschließend entgegen zu pfeffern.

Vielleicht... Vielleicht hatte Clyde ja recht... Vielleicht hatte sie sich ja verändert und ist ein anderer Mensch geworden. Hätte sie dann nicht eine zweite Chance verdient? Falls wir uns immernoch nicht ausstehen könnten, könnte ich ja auch wieder gehen... Aber auf ewigen Zickenkrieg hatte ich auch keine Lust. Eigentlich war mir es wichtig, dass ich mich mit meinen Geschwistern vertrug. Pia war die Einzige, zu der ich überhaupt keine Bindung hatte.

Maya bekam immer mehr Probleme Dad loszuwerden. Der Kerl wurde richtig aufdringlich!!! Und ich verfluchte mein Helfersyndrom mal wieder dafür, dass ich einfach nicht mehr still stehen konnte, sondern dazwischen gehen musste. Ich musste Maya einfach beistehen.

„Dad, nun lass sie halt in Ruhe, du siehst doch, dass sie kein Bock auf dich hat!“ „Hailey?!“, fragten beide fast synchron. Maya musterte mich kurz, wandte sich dann wieder an Dad: „Da, belästige eins deiner anderen Kinder! Wie viele haste nochmal? Vier? Fünf? Inzwischen vielleicht sogar mehr, von denen ich gar nichts weiß?“ „Madame, nun werd ja nicht frech! Ich bin immernoch dein Vater und kein Kumpel, dem man sowas einfach mal an den Kopf wirft!“ „Ja, ist doch wahr! Geh einfach!“ „Komm, Maya, wenn er nicht geht, gehen wir halt“, sagte ich spontan, packte sie am Arm und zerrte sie im schnellen Schritt die Straße entlang. Dad war so überrumpelt, dass er fassungslos an Ort und Stelle stehen blieb.

Einige Minuten später wurden wir langsamer und liefen still nebeneinander her. Nun hatte ich ein Problem – ich wusste nicht über was ich mit ihr reden soll, da ich sie wirklich nicht mehr kannte.

„Ehm... Seit wann bist du wieder hier?“, fragte ich leise und starrte zu Boden. „Seit heute Morgen. Wollte mal meine Ma und Pia besuchen... Allerdings bleib ich nicht für immer hier. Also bin nur zu Besuch. Lange halt ich das eh nicht aus hier, hahaha“, sagte sie locker und lächelte mich an: „Gut siehst du aus! Hast dich aber kaum verändert.“ „Danke... Du dagegen hast dich wohl sehr verändert.“

Ihre Augen wirkten klar und ihre Kleidung war schon lange nicht mehr so aufreizend wie früher. Auch ihre ganze Art war nicht mehr so provokant und aggressiv wie früher.

„Naja... Das Umfeld ist anders. In Russland habe ich einen Entzug gemacht – war ziemlich heftig. Aber ich hab mir vorgenommen brav zu bleiben! Damals war es mir ganz recht zu gehen. Dad und seine ewigen Streitereien mit Mum und deiner Ma... Seine Heuchelei und dann hatte ich auch keine Freunde. Hier hielt mich nichts.“ „Nichtmal... Clyde?“ „Clyde... Hahaha! Der hatte ja dann dich. Und geliebt haben wir uns eh nie. Waren eigentlich nur gute Freunde. Sag, geht's ihm gut?“ „Besser als früher, ja.“

Maya und ich kamen überraschend gut ins Gespräch... Hätte ich gar nicht erwartet. Nun hatte ich ein schlechtes Gefühl Clyde gegenüber. Wenn ich nach Hause käme, müsste ich mich wohl umgehend entschuldigen!

Während des ganzen Einkaufes unterhielten wir uns über unsre ganze Vergangenheit und Dinge, die nun aktuell waren. Es machte mich irgendwie Glücklich, gescheit mit ihr reden zu können, ohne Streitereien und ohne geärgert zu werden. So war Maya fast wieder wie früher, als wir noch kleine Kinder waren. Nur selbstbewusster.

„Magst du noch mit zu uns kommen?“, fragte ich sie, als wir am Ende an der Kreuzung standen. Sie lächelte: „Heute nicht mehr. Ich will mich erstmal vom langen Flug ausruhen. Aber die nächsten Tage würde ich gerne mal vorbei schauen. Sag Clyde nen Gruß.“
 

Endlich nach all den Jahren hatte ich meine Schwester zurück! Ich war so unheimlich glücklich darüber, dass ich fast die ganze Straße nur fröhlich vor mich her summte.
 

~ Maiko Hiwatari ~


 

Noch immer ging es mir beschissener denn je. Nachdem ich Pia und die Kleine sitzen ließ und vor meinen Pflichten davon lief, lebte ich mein Leben auf der Straße. Nur zu ungern wollte ich nach Hause! Zu Onkel Kyle, Tante Chann oder den Anderen wollte ich ebenfalls nicht. Ich wollte nicht als der Versager der Familie dastehen, obwohl mir bewusst war, dass ich eben genau dies war.

Seufzend schritt ich Abends die Straße entlang durch den Regen. Es regnete immer öfter, was ich inzwischen mehr als lästig empfand. Gerade jetzt, wo ich es am wenigsten gebrauchen konnte.

Neben der Kälte plagte mich mein schlechtes Gewissen. Es wäre meine letzte Chance gewesen ein „normales Leben“ mit meiner kleinen Familie zu führen. Weg von meinen Eltern und vor allem mit einem Dach über dem Kopf. Wenigstens hatte ich noch meine Freunde, zu denen ich jedoch leider nicht ziehen konnte. Denn dann würde es wieder die ganze Family mitbekommen.

Und wenn ich doch wieder zu Pia gehen würde? Ob sie mir doch nochmal verzeihen würde? Nein! Bestimmt nicht... Dann wär sie ja total bescheuert! Und dann das schreiende Kind... Ewig füttern und wickeln! Lästig... Jedoch war genau dieses schreiende, hungrige und stinkende Ding mein eigen Fleisch und Blut. Ich wusste wie es ist, wenn man scheiß Eltern hat. Wollte ich sowas wirklich meiner eigenen Tochter antun? Einen Vater zu haben, auf den sie sich nie verlassen könnte? Ich hatte doch eigentlich die Pflicht für mein Kind da zu sein...

Wieder seufzte ich... Pia... Ich wusste ja nicht einmal, wie meine Gefühle für sie wirklich standen. Mal fand ich sie süß, ein ander mal nervte sie mich und war mir peinlich.

Nein! Ich sollte es doch noch einmal probieren... Vielleicht verliebt man sich ja, indem man miteinander Zeit verbringt. Ich kannte sie schon so lange, wirklich verliebt hatte ich mich allerdings nicht in sie.

Mit schweren wehmütigen Schritten lief ich wieder zu ihrem Haus. Erstmal hatte ich diesen Regen und die ewige Kälte satt. Ich hatte Hunger und fühlte mich krank.

Ich zögerte etwas, bevor ich auf die Klingel drückte. Mein Herz schlug schnell und für einen kurzen Moment überlegte ich ernsthaft nicht doch besser das Weite zu suchen. Wie oft wollte ich eigentlich noch davonlaufen? Die Angst eventuell auf Naga zu treffen verstärkte meinen Drang wegzulaufen sogar noch.

Zu meiner winzigen Erleichterung war es Pia, doch wie sich herausstellen sollte, war dies kaum besser als die Oberzicke persönlich anzutreffen. Pia verdrehte die Augen als sie mich sah.

„Du... Dass du es überhaupt wagst noch einmal hierher zu kommen, nachdem du dich einfach verpisst hattest!“ „Pia... Es...“ „Jaja, jetzt kommt wieder dieses „Es tut mir leid Gefasel“! Das kann ich dir leider nicht mehr abkaufen!“ „Aber es tut mir wirklich leid!!! Ich will mich wirklich bessern!“ „Das willst du schon so lange!!! Ich hab's so satt! Geh nach Hause zu deiner Mami!“ „Oah, du dumme Kuh hast doch keine Ahnung! Von nichts! Du hast es ja gemütlich zu Hause! Das wohlbehütete Nesthäkchen!“

„Genau das meine ich! Kaum läuft es nicht nach deinen Vorstellungen wirst du wieder beleidigend! Auf sowas hab ich einfach keine Lust mehr!“ „DU BIST JA SELBER SCHULD! WAS JUBELST DU MIR AUCH EIN KIND UNTER!?“ „ICH DIR UNTERJUBELN!?“ „DU SAGTEST DU NIMMST DIE SCHEIß PILLE!“ „HAB ICH AUCH!“ „NEIN, HAST DU NICHT! DU WOLLTEST VON MIR SCHWANGER WERDEN WEIL DU DIE HOFFNUNG HATTEST MICH ENDLICH FÜR DICH ALLEIN ZU HABEN! DU DACHTEST WOHL ICH WÜRDE BEI EUCH BLEIBEN!“

„EHER HAT MEIN KIND GAR KEINEN VATER ALS SO EINEN WIE DICH! WENN ICH GEWUSST HÄTTE WAS DU FÜR EIN EKEL BIST, WÄRE ICH ERST GAR NICHT MIT DIR IN DIE KISTE GESTIEGEN!!!“

„DU WUSSTEST ES DOCH! WAS BIST DU EIGENTLICH FÜR EIN DUMMES WEIB!? Das wird mir zu blöd...“, sagte ich nun leiser, da es mir immer schwerer fiel überhaupt noch ein Wort heraus zu bringen. Mein Hals schmerzte, meine Stimme klang kratzig und zuletzt bekam ich auch noch einen Hustenanfall. Mit müden Augen musterte ich Pia, die mich wütend anfunkelte.

„Geh einfach nach Hause!“ „Jch hab kein zu Hause mehr“, antwortete ich wütend, drehte mich um und lief wieder ein Stück in den Regen.

Mein ganzer Körper zitterte. Was war nur los mit mir? Nach einigen Schritten war ich außer Puste und legte meine Hand auf meine glühend heiße Stirn. Na klasse... So wie es mir ging kam ich keinen Schritt weiter. Verzweifelt wollte ich mich unter einen Dachvorsprung ins Trockene setzen, doch bevor ich dort ankam wurde mir schwarz vor Augen, weshalb ich auf die von Wasser getränkte Straße fiel.
 

„39,8... Sein Fieber sinkt endlich“, hörte ich eine Stimme sagen. Sie klang weit entfernt aber doch so nah. Als ich wenig später meine Augen öffnete, sah ich mich in einem kuscheligen Bett sitzen. Es war schön warm hier drinnen und ich hatte trockene Sachen an. Neben mir auf dem Bett saß Pia mit einem Fieberthermometer in der Hand. Hinter ihr stand Naga, die mich mit hochgezogenen Augenbrauen ansah: „Aha, da ist jemand zu den Lebenden zurück gekehrt.“ „Was... Was ist passiert? Wieso bin ich hier?“, fragte ich leise und sah mich immernoch leicht benommen um.

Es war Pia's Zimmer.

Pia lächelte mitleidig: „Du bist umgefallen, da hab ich dich eben mit rein geschleppt.“ „Warum hast du mich nicht einfach liegen lassen? Ich hätte es verdient...“ „Ach, ich hatte keine Lust auf ne Strafe wegen unterlassener Hilfeleistung! Bilde dir bloß nichts ein!“, sagte sie fest entschlossen und streckte mir die Zunge raus.

Naga lachte: „Lass dir bloß nichts gefallen, Pia! Ich lass euch mal alleine und geh runter zu Tam und Maya.“ „Maya?“, fragte ich verwirrt. War sie etwa wieder im Lande? Als Naga draußen war lehnte ich mich ins Kopfkissen zurück und ließ mir von Pia einen neuen kühlen Lappen auf die Stirn legen. Sie wirkte nachdenklich, fast ein wenig traurig: „Maiko? Warum bist du nur abgehauen Letzt? Ich dachte alles wäre endlich gut...“ Dann guckte sie zu Boden.

„Weil ich ein Idiot bin, der nicht weiß was er will... Die plötzlichen Pflichten als Vater haben mich wohl abgeschreckt.“ „Denkst du für mich ist das ein Kinderspiel? Alleine mit Tami? Nur kann ich nicht abhauen!“ „Ja... Schon... Aber du hättest wissen müssen worauf du dich einlässt, als du behauptet hast zu verhüten, es aber nicht getan hast.“

„Ich wollte doch nur... Ich wollte doch nur, dass du mit mir zusammen bist und bei mir bleibst.“ „Und du dachtest wirklich, dass ich nur wegen einem Kind, zu dem ich kaum eine Bindung hab, mit dir zusammen sein will?“ „Ich war halt auch nur dumm. Inzwischen weiß ich, dass du mich nicht liebst und dass wir niemals zusammen sein werden. Wenn es dir wieder besser geht, solltest du dringend wieder Frieden schließen mit deinen Eltern und nach Hause gehen.“

Sie war so traurig und hatte feuchte Augen bei ihrer Einsicht. Nicht lieben und niemals zusammen sein?

Es war ja nicht so, als würde ich sie wirklich hassen... Ich müsste mich nur mit meiner Rolle zurecht finden. In diesem Moment verspürte ich so einen Drang sie von ihren aussichtslosen Gedanken abzubringen, dass ich mich aufsetzte, den Lappen weg warf und ihre Hand schnappte. Dabei stellte ich mich vor sie und guckte in ihre verwirrten Augen.

„Das ist doch gar nicht wahr, dass ich dich nicht liebe und dass wir nie zusammen sein werden!“ „Was...? Was meinst du damit?“ „Pia Iwanov, ich liebe dich und frage dich deswegen: Willst du mich heiraten?“

Hab ich der grade wirklich nen Antrag gemacht!?! Noch ehe sie antworten konnte, fing ich an meine Frage schon wieder zu bereuen. Wie dumm! Ich verfluchte mich! Wieso gleich einen Heiratsantrag!?!?! Nun war es zu spät.

Pia's Augen wurden riesig und keine zwei Sekunden später hatte ich sie an mir hängen: „Oh Maiko!!! Ja, ich will!!! Ich bin so glücklich! Ich liebe dich auch!“, keuchte sie voller Freude in mein Ohr.

Gut... Ich sollte das erstmal auf sich beruhen lassen. Nur weil man verlobt ist, muss man ja nicht sofort heiraten. Das hätte sicherlich noch viel Zeit. Zeit genug mich richtig in sie zu verlieben... Ich war so ein Arschloch. Aber okay! Diesmal wollte ich meine Chance nutzen, bevor ich wieder dasitzen und jammern würde.

Nachdem Pia mich erneut mit einem neuen kühlen Lappen versorgte, ließ sie mich erstmal alleine und ging ebenfalls runter ins Wohnzimmer. Es dauerte nicht lange, da meldete sich mein Magen wieder.

Schon zu lange war es her, seit ich zuletzt was richtig Gutes gegessen hatte. Obwohl mir etwas schwindelig war, stand ich auf und suchte den Weg zur Küche. Dabei verirrte ich mich in allen möglichen Räumen, bis ich sogar schließlich im Bad stand – und das nicht alleine.

Maya, die splitterfasernackt vor mir stand und wohl gerade baden gehen wollte, starrte mich entsetzt an. Mein Kopf wurde wohl in diesem Moment mehr als tomatenrot. Wie heiß sie aussah... Sie wog sicherlich zwanzig Kilo weniger als Pia – aber sie hatte ja auch nicht gerade erst ein Kind bekommen.

Meine Blicke blieben an ihrer Oberweite haften, was sie bemerkte. Schweigend zog sie eine Augenbraue nach oben, kam näher und machte die Tür hinter mir zu. Ich war wie versteinert und musste erstmal schlucken.

„Willst du... Mit in die Wanne?“, fragte sie mit erotischer Stimme, legte eine Hand auf meine Wange und die Andere zwischen meine Beine, was mir den Magen zusammenzog.

Oh mein Gott... Jetzt bloß nicht schwach werden! Immerhin war sie die ältere Schwester meiner Verlobten!!! Schlimmer konnte es ja nicht kommen... Aber sie war so heiß!!!

Während sie mich weiter zur Badewanne führte, legte ich eine Hand auf ihre Brust und streichelte sie. Wozu ließ ich mich hier nur hinreißen??! Fast... Fast hätten sich unsere Lippen berührt, als sie mich ruckartig packte und mich mit samt meiner Klamotten in die Wanne schubste. Das Bad war komplett überschwemmt und sie wickelte ein Handtuch um ihren sexy Körper.

„Maiko... Du bist so ein dummer Junge. Du musst noch viel lernen und solltest dich vielleicht mal kalt abduschen um deinen Kopf wieder klar zu kriegen! Ausnahmsweise werd ich davon absehen, Pia zu sagen zu was du so bereit wärst.“

Laut lachend verließ sie das Bad und ich blieb als der Idiot zurück...
 

~ Kapitel 9 ~ Vergeben und Verzeihen ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 

Ich schätze, dieses Kapitel hatte eine gute Mischung aus Ernsthaftigkeit und Comedy :o Ryan ist echt ein kleiner Trottel :D Und Aquanox ist endlich hinüber XD Auf wessen Seite wart ihr? Mochtet ihr den frechen Fisch oder fandet ihr ihn genauso nervig wie Chann? :3

Das Ende mit Maiko's grenzenloser Dummheit hat mir gefallen :D Das kam mir ganz spontan beim Schreiben. Haha... Maiko und Maya... Ding der Unmöglichkeit? Oder doch recht interessantes Pairing? :P

Chancenlos

~ Feye Coldfire ~


 

„DU HAST WAS!?“, schrie Jenn hell auf, als Maiko uns auf dem Schulweg von seiner Verlobung erzählte. Wieder war es Montag und ich fühlte mich einigermaßen Glücklich. Das ganze Wochenende hatte ich mit Jayden verbracht und hoffte, dass dieses unwohle Gefühl doch noch verschwinden würde. Es schien zu funktionieren, langsam schien ich sogar wirklich was an ihm zu finden.

„Ja und!? Dann heirate ich sie halt! Ist doch nicht schlimm wenn ich sie nicht wirklich liebe!

So ne Hochzeit wär das Beste was mir passieren könnte! Naga würde mich endlich in Ruhe lassen, ich hätte ein Haus und immer was gutes zu Essen! Glaub mir, die letzten Tage dort haben mir gefallen!“ „Maiko... Du Trottel! Du heiratest ne Iwanov!!! Überleg's dir gut!“

„Aber dann muss ich nicht mehr nach Hause!“ „Ja und!? Deswegen gleich heiraten!? Ich versteh dich einfach nicht!!!“, fuhr Jenn ihn erneut an und schlug sich verzweifelt die Hand auf die Stirn.

Maiko seufzte und guckte mich an: „Siehst du das genauso?“ „Ich finde... Ihr solltet heiraten. Sicher lernst du sie noch lieben.“ „FEYE!!! RED IHM DOCH KEINEN SCHEIß EIN!!! DU BIST JA MINDESTENS GENUSO BLÖD WIE ER! Family, ich sag's ja...“ Sie meckerte noch einige weitere Schritte vor sich hin und lief voraus. Wir liefen weiter zu Jayden nach Hause, wo wir klingelten.

„Sicher sieht Jayden das genauso naiv wie ihr beide! Bin ich denn die einzig Normale hier?“

„Jenn, du nervst. Reg ich ab“, sagte Maiko genervt, als auch schon Marisha vor uns stand und die Tür öffnete.

„Morgen, Mari! Ist Jay noch nicht fertig?“ „Hmm? Aber der war heute Nacht doch gar nicht zu Hause. Ich dachte er war bei einem von euch?“ „Was? Also bei mir war er nicht.“ „Bei mir auch nicht“, pflichtete Maiko Jenn ratlos bei. Das war wirklich komisch.

Bis gestern Abend waren wir noch zusammen, dann ging er nach Hause. Zumindest sagte er mir das so... Ich fing an mir etwas Sorgen zu machen, doch noch bestand eigentlich kein Grund dazu. Maiko seufzte: „Vielleicht ist er ja schon in der Schule, wir treffen ihn da nachher.“ „Genau, mach dir keine Sorgen, Tante Mari!“ „Ist gut Kinder, Jay kann schon gut auf sich alleine aufpassen. Ihm wird schon nichts passiert sein.“

Und sie machte sich trotzdem Sorgen. Aber ich denke, das ist normal bei einer Mutter. Jenn, Maiko und ich spekulierten noch bis zur Schule was mit Jayden sein könnte und hofften ihn dort anzutreffen. Zu unserem Entsetzen war er heute auch nicht in der Schule!

Nun machte ich mir wirklich Sorgen! Jayden war eigentlich nicht der Typ, der öfter die Schule schwänzt. Die ganze Zeit saß ich angespannt im Klassenzimmer und am liebsten wäre ich aufgespritzt um ihn zu suchen. Erst nach dem Unterricht traf ich mich wieder mit meinen beiden Freunden.

„Und er ist die ganze Zeit nicht aufgetaucht?“, fragte Jenn verwundert, während sie sich eine Kippe anzündete. Maiko tat es ihr gleich: „Das ist wirklich komisch. Sollen wir uns aufteilen und ihn suchen?“

Jenn und ich waren damit einverstanden. Er war immerhin unser bester Freund und vor allem mein Freund. Ich wollte nicht, dass ihm irgendetwas zustößt. Nachdem die Beiden fertig geraucht hatten, beschlossen wir uns aufzuteilen. Dabei sollte ich den Stadtpark absuchen.

Da es mal wieder nur am Regnen war, waren kaum Leute unterwegs. Darüber war ich aber auch recht froh, denn unter riesigen Menschenmassen hätte ich ihn wohl kaum gefunden. Verzweifelt rannte ich durch die Wege und rief nach ihm. Keine Spur... Seufzend kramte ich mein Handy aus meiner Westentasche und versuchte ihn nochmal telefonisch zu erreichen. Auch dies war vergeblich. Das Handy war aus und es ging nur die Mailbox ran. Langsam gab ich die Suche auf und wollte wieder zurück zu unserem Treffpunkt.

Ich ahnte nichts Schlimmes, als ich plötzlich einen stechenden Schmerz in meinem Rücken spürte und durch einen Druck nach vorn zu Boden geschleudert wurde. Was war das!?!? Dämonen!? Aber ich wurde noch nie von Dämonen angegriffen... Und auch Luzifer hatte mir nie ein Haar gekrümmt. Erschrocken drehte ich mich um und traute meinen Augen nicht. Zehn Meter vor mir Stand Jayden und schwieg. Er guckte mich an und hob seine Hand um erneut Wind zu erzeugen. In meiner Naivität freute ich mich einen kurzen Moment bis ich realisierte, dass er mich angegriffen hatte! Warum?

„JAAAY, HÖR AUF! BITTE!!! WAS SOLL DAS DENN!? WAS IST MIT DIR LOS?!“ „Halt's Maul, Schlampe!“, sagte er finster und schoss erneut auf mich. Ich konnte gerade noch so ausweichen. Verzweifelt rannte ich davon und versteckte mich hinter den umliegenden Bäumen, die von Jay zerschossen wurden. Einer nach dem Anderen wurden einfach durch einen Windangriff zerschnitten. Oder er ließ Blitze einschlagen, die durch den heftigen Regen noch besser geleitet wurden. Egal wie sehr ich mich versteckte, er fand mich überall.

Ich konnte und wollte mich nicht wehren. Einerseits wusste ich nicht, wie ich mit meinen Kräften umgehen sollte. Ich konnte sie einfach nicht benutzen! Andererseits war das mein Freund! Ich könnte ihm unmöglich etwas antun! Doch warum drehte er so durch!? Was hatte ich ihm getan?

Dass er mich so behandelte, machte mich endlos traurig. Ich verstand die Welt nicht mehr, als ich nur noch am Flüchten war. „SCHLAMPE, GIB ENDLICH AUF! DU KANNST NICHT ENTKOMMEN!“, hörte ich ihn rufen und rannte weiter. Er würde mich umbringen, wenn er mich kriegen würde! Wären Jenn und Maiko doch nur gerade hier! Vielleicht könnte ich es schaffen die beiden am Treffpunkt zu finden! Kurz vorm Parkausgang war ich etwas erleichtert, weit wäre es nicht mehr. Jayden verfolgte mich immernoch. Er hatte den halben Park zerstört.

Aus dem Park kam ich erst gar nicht heraus, denn kurz bevor ich den Ausgang erreichte kam von oben plötzlich eine junge Frau gesprungen und versperrte ihn mir.

„Na, na, na... Wo wollen wir denn so schnell hin, meine Süße?“ „Was!? Wer bist du!? Was wollt ihr von mir!?“, fragte ich verzweifelt und war den Tränen nah, da meine Aussichten nun sehr schlecht waren.

Ihre roten Haare hatten schwarze Spitzen und ihre Augen strahlten im selben Rot wie die Haare. Sie trug durch und durch schwarz, war zudem sehr knapp bekleidet.

Sie grinste und kam ein paar Schritte auf mich zu. Inzwischen kam auch Jay gerannt und stellte sich neben sie. Woher kannten sich die Beiden!? Hat er... Hat er vielleicht was mit ihr?... Aber warum sollte er das tun, jetzt so kurz nachdem wir zusammen kamen?

„Willst du nicht kämpfen und wenigstens versuchen zu überleben?“ „Die ist eh zu nichts zu gebrauchen. Was findet dein Vater nur an ihr?“ „Keine Ahnung“, antwortete die Rothaarige. Erst jetzt fiel mir auf, dass ihre Augen nicht normal waren. Sie hatten eine dämonische Ausstrahlung. Was ihr Vater nur an mir findet??? War sie etwa...

Sie kam weitere drei Schritte auf mich zu und legte eine Hand in ihre Hüfte: „Was kannst du überhaupt, Mädchen? Kämpfe!!! LOS!“, schrie sie zuletzt und schoss eine Energiekugel aus Dunkelheit nach mir. Dieser konnte ich gerade noch ausweichen. Sie schlug hinter mir an einem Baum ein und zerriss Diesen in tausend Stücke. Zudem befand sich an der Stelle nun ein riesiger Krater. Sie war stark! Sehr stark...

Und da bildete ich mir tatsächlich ein im Notfall etwas gegen Luzifer tun zu können!? Selbst Jayden war mir haushoch überlegen. Warum redete dann jeder davon, dass ich der wohl mächtigste Assistant sei und die Erlösung bringen könnte!?

Viel Zeit mir weiterhin Fragen zu stellen hatte ich nicht, denn die Fremde und Jay griffen mich erneut an. Diesmal zusammen, was es mir sehr schwer machte. Es dauerte nicht lange, da traf Jay mich auch schon mit seinen Kräften und schleuderte mich wieder zu Boden.

Mein Arm tat weh... Er blutete stark. Leicht wimmernd und verzweifelt saß ich vor den Beiden und hielt mir den Arm. Ich war chancenlos... Absolut! Wenn mir jetzt keiner zu Hilfe kommen würde...

Die Rothaarige grinste wieder: „Und sowas soll Vater's großer Trumpf sein? Und sowas soll die Wiedergeburt meiner Mutter sein!? Peinlich! Bringen wir sie um.“ „Nichts lieber als das.“

Beide streckten nun ihre Arme nach mir aus und bündelten ihre Energie, die mich im nächsten Moment zerschmettern sollte. Doch als ich meine Augen zusammenkniff und mein Ende erwartete, passierte nichts. Eher wurde ich durch ein grelles Licht und weißen Flügeln geblendet. Vor mir stand... Ein Engel!?

Dieser Engel hatte sich schützend vor mich gestellt und seine Flügel ausgebreitet.

„Verzieht euch! Alle beide!“ „Na klasse, jetzt weiß ich wieder warum ich Engel hasse! Die kommen immer wenns gerade schön lustig ist! Verziehen wir uns!“, sagte Luzifer's Tochter und verschwand mit Jayden im Nichts. Die seltsame Frau, die mich gerettet hatte, drehte sich zu mir.

Ich traute meinen Augen kaum... Seraphina? War das wirklich Seraphina? Meine Freundin aus meiner Zeit? Fassungslos stand ich auf: „Seraphina?“ „Nein... Ich bin Lumen.“ „Lumen??? Ach... Du hast diesen Pakt mit Dad abgeschlossen!!!“ „Wir müssen weg hier.“

Sie legte ihre Arme um meine Taille, hielt mich fest und flog mit mir davon. Von Oben konnte ich sehen, dass die Polizei bereits auf dem Weg zum Park war. Klar, bei dem Lärm und der Zerstörung! Lumen setzte mich an meiner Lieblingsstelle ab. Dort, wo ich mich schon so oft mit Luzifer getroffen hatte. Sie heilte auch gleich meine Wunden, die ich dank Jayden hatte.

„Ich kann es kaum glauben... Ein Engel hat mich gerettet... Ich versteh gar nichts mehr...“ Sie lächelte mitfühlend und legte ihre Hände auf meine Schultern. Will sie mir etwa auch einen Pakt anbieten!? „Feye, deine Kräfte sind noch tief in dir verborgen und am schlummern. Doch sind sie erstmal erweckt, so musst du aufpassen, dass sie dir nicht außer Kontrolle geraten. Manchmal sind die Dinge nicht wie sie scheinen. So können Personen, die du noch für deine Feinde hältst, vielleicht sogar am Ende die Guten sein.“ „Wie?“, fragte ich verwirrt.

„Du wirst es noch verstehen. Habe keine Angst, liebe Feye. Es gibt Leute, die auf dich aufpassen. Vertraue ihnen.“

Dann verschwand sie... Lumen... Sie war so rätselhaft und mysteriös... Ich seufzte. Jayden war nun weg, anscheinend zur Gegenseite übergelaufen. Und offensichtlich war Luzifer auch der Einzige, der mir nichts tat – noch... Er terrorisierte mit Hilfe seiner Dämonen schon ewig meine Familie und sorgte auch dafür, dass Oma und Opa zehn Jahre weg waren, doch mir persönlich tat er nichts. Vielleicht wollte er zum nächsten Schritt übergehen um mich endlich dazu zu bringen ihm zu helfen? Immerhin schien er mich zu brauchen.

Nachdenklich lehnte ich mich an den Baum und ließ mich zu Boden sinken. Hoffentlich würde diese verrückte Rothaarige nicht nochmal erscheinen und mich angreifen...

Wiedergeburt ihrer Mutter nannte sie mich... Wer war ich denn nun eigentlich? Ich kannte nichts über die Ereignisse von Damals. Letzt träumte ich noch, dass Luzifer mich vergewaltigte. Aber vielleicht war das gar kein richtiger Traum, sondern eine Erinnerung meines eigentlichen Ichs? Ob Luzifer's Tochter vielleicht aus einer Vergewaltigung entstanden war!?!? Und Lumen – sie sah aus wie Seraphina, meine alte Freundin. Ich hätte es schwören können! Ja... Damals... In der Zukunft, aus der ich kam. Die Erinnerungen kehrten langsam zurück.
 

In meiner Zeit waren die Lichter der Städte längst erloschen und Menschen konnte man nur mich Glück in irgendwelchen versteckten Bunkern finden. Luzifer und seine Armee aus Dämonen hatten alles zerstört und dem Erdboden gleich gemacht. Richtiges Tageslicht gab es nicht, denn der Himmel war stets von dicken dunklen Wolken bedeckt. Die Landschaft glich eher einer Einöde. Überall waren Erde, Dreck, Staub und Trümmerteile! Die letzten Reste, die noch an die Stadt erinnerten. Und so schien es auf der ganzen Welt auszusehen. Solche Dinge wie das Meer hatte ich dort nie gesehen. Ausgelassen durch die Straßen bummeln und Eis essen gehen kannte man dort nicht.

Fast all unsere Familienmitglieder waren bereits ums Leben gekommen. Früh verlor ich meine Mutter. Meine Mutter... Hailey. Ich lernte sie nie kennen, hatte deswegen auch keine richtige Bindung zu ihr. Eigentlich gab es für mich nur Dad. Er war seit ich denken konnte, immer für mich da und beschützte mich.

Ich erinnerte mich daran, dass wir alle in einem versteckten Bunker unter der Erde lebten.

Unter einem kleinen Hügel. Dort versteckten wir uns vor dem übermächtigen Luzifer – der Selbe, mit dem ich in der heutigen Zeit schlief.

Übrig waren nur noch Marisha, Shinji, Dad und Seraphina. Über sie wusste keiner wirklich etwas. Man fand sie mit ihrem rosa Stein um den Hals. Damals war sie halbtot und wurde von Mari wieder aufgepäppelt. Über ihre Herkunft konnte sie uns nichts sagen, daher waren die Anderen anfangs sehr skeptisch. Sie hätte ein Spitzel Luzifers sein können.

Sera war gerade mal ein paar Jahre älter als ich. Vielleicht zehn oder elf Jahre alt. Ich wusste es nicht mehr genau. Wir verstanden uns gut, bei ihr konnte ich meinen Sorgen freien Lauf lassen. Anders als die Anderen konnte ich kein Element einsetzen. Ich hatte keinen Stein, obwohl ich die Tochter zweier Assistants war. Ich war somit die Schwächste und musste immer beschützt werden.

Als die Dämonen eines Tages wieder einen Angriff in der Umgebung starteten, hielt Shinji es nicht mehr aus und wollte in den Kampf steigen. Er ging alleine... Und kam nicht mehr zurück.

Als Marisha nach ihm suchen wollte, entdeckte sie gerade noch rechtzeitig, dass die Dämonen unser Versteck gefunden hatten und schon ihren Angriff ausführten. Dad, Seraphina und ich entkamen in letzter Sekunde. Sie machten unser Versteck kaputt und töteten Mari.

Im ganzen Gefecht verloren Dad und ich Seraphina aus den Augen. Sie war auf einmal verschwunden. Dad hielt sich wacker gegen die Dämonen, doch schließlich war auch er machtlos.

In letzter Sekunde konnte er mit der Kraft seines Elementes und seiner Verzweiflung ein Tor erschaffen... Dieses führte mich in diese Zeit. Ich solle überleben... Das waren die Worte, die Dad mir zuletzt sagte, bevor auch er getötet wurde. Luzifer war mir in diese Zeit gefolgt. Er schien mich zu suchen, die ganze Zeit schon. Deswegen ließ er auch alles niedermetzeln... Nur um mich zu finden.

Er fand mich schließlich hier und ich stellte mich ihm, bevor er mit den Städten hier genau das Selbe tun würde wie in meiner Zeit.

Nun hatte ich meinen Stein der Dunkelheit... Benutzen konnte ich ihn trotzdem nicht wirklich. Nur dieses eine Mal am Strand vor acht Jahren. Ich wollte nicht, dass sich jemals alles wiederholen würde. Meine Familie war mir sehr wichtig, auch wenn sie anders waren als in meiner Zeit. Ich wollte dieses Leben nicht mehr missen. Jedoch... Ich fragte mich, was aus Seraphina wurde...
 

„Bist du wieder am Nachdenken, kleine Feye?“, fragte eine mir gut bekannte Stimme auf der anderen Seite des Baumes. Luzifer... Wo kam er plötzlich her!? Ich hatte so viele Fragen, dass ich schnell aufstand und zu ihm rüber lief.

„Was hast du mit Jayden getan!?!“ „Feye... Tz, tz, tz... Ich hab nur verhindert, dass man mir mein Eigentum nimmt.“ „Dann warst also wirklich du Schuld daran, dass er so spinnt?“ „Er muss seine Lektion lernen und seine Finger von dir lassen... Ich liebe dich... Du gehörst zu mir und nicht zu so einem billigen Assistant.“

„ER IST NICHT BILLIG! ER IST MEIN BESTER FREUND!!! UND ÜBERHAUPT, WIESO LÄSST DU ZU, DASS DEINE TOCHTER UND ER MICH FAST UMBRINGEN, WO DU MICH DOCH SO SEHR LIEBST!?“ „Ach, du hast Reeza kennen gelernt... Ist sie nicht reizend? Genauso stur und zickig wie ihre Mutter.“ „Deren Wiedergeburt ich laut Reeza bin.“ „Hahaha... Sie redet zu viel wirres Zeug! Vergiss das schnell wieder. Reeza ist verwirrt. Die zieht ihr eigenes Ding durch und weiß selbst über nichts bescheid. Ich hatte ihr nicht befohlen dich anzugreifen.“

Ich guckte ihm skeptisch in die Augen... Reeza... Ich würde ihr zutrauen eigensinnig zu handeln. Luzifer war also eifersüchtig auf Jayden. Ich hätte es wissen müssen.

Lange guckte ich ihm in die Augen.

„Du musst nicht eifersüchtig auf Jay sein... Ja, ich habe mit ihm geschlafen, aber... Dabei ist mir klar geworden, dass ich nur dich will! Deswegen... Lass ihn gehen! Ich werde dir immer treu bleiben!“ „Ich lass ihn schon noch gehen... Aber ob ich dir wirklich glauben kann?“ „Oh bitte, Luzifer...“, sagte ich verzweifelt und warf mich um seinen Hals.

„Verzeih mir!!!“ „Braves Mädchen.“

Wieder trafen sich unsere Blicke, bevor er seine Hände auf meine Wangen legte und mich küsste. Es fühlte sich fast richtig liebevoll an... Als würde er seine Liebe zu mir ernst meinen. Ein tolles Gefühl, doch da es sich um Luzifer handelte, war ich erneut verwirrt. Dieser Mann war doch gar nicht im Stande zu lieben.

Er drückte mich gegen den Baumstamm und nahm mich in die Arme. „Kleines, ich mache dir ein letztes Angebot... Komm mit mir und ich werde deine Familie und Freunde verschonen.“

Vielleicht würde er sie verschonen... Doch was würde mit ihnen passieren, wenn Luzifer Gott stürzt und die Menschheit dadurch draufgeht? Würde ich mit ihm kommen, hätten meine Freunde erstrecht keine Chance auf ein Überleben. Ich seufzte... Was sollte ich nur tun? Wenn ich ablehne würde Luzifer sicherlich noch einen Schritt weiter gehen und Jay und Reeza auf die Anderen loslassen...
 

~ Maiko Hiwatari ~


 

Nachdem ich Jayden nirgendwo fand, traf ich mich wieder mit Jenn und wartete mit ihr zusammen auf Feye. Was trieb sie so lange? Ich machte mir Sorgen... Und wo war Jay plötzlich geblieben? Es konnte doch nicht sein, dass er einfach so verschwand. Jenn rauchte schon wieder ne Kippe und seufzte ungeduldig.

„Langsam reicht's mir! Bestimmt hängt der Idiot irgendwo rum und lässt's sich gut gehen, während wir uns hier voll die Sorgen machen... Naja, vielleicht hatte Feye Glück und hat ihn gefunden.“ „Hoffentlich. Ich hab Hunger und will endlich wieder ins Warme. Ich bin immerhin krank!“

„Armer Maiko! Stirbst du?“ „Sicherlich! Kennst mich doch... Ich war schon so oft tot.“ „Spinner!“

Eine weitere halbe Stunde verging und Jenn und ich standen immernoch im strömenden Regen. War Feye nun etwa auch verschwunden oder warum tauchte die einfach nicht auf? Okay, der Stadtpark war groß, aber doch nicht so groß, dass man dort über eine Stunde herumläuft. Auch Jenn wirkte genervt. „Ich wette die hat den gefunden und die Beiden treiben es nun wild, während wir nun dumm hier rum stehen. Das werde ich ihr nicht verzeihen! Lass uns nach Hause gehen.“

Ich stimmte ihr zu... So ne Frechheit!

Zusammen beschlossen wir zu Tante Chann nach Hause zu gehen, doch als wir uns umdrehten, mussten wir feststellen, dass eine seltsame junge Frau vor uns stand. Sie grinste uns an und ihre roten Augen leuchteten vor Wut. Was ist das für ein Rotschopf?

„Uiii, hier wimmelt es ja von euch Maden! Hahaha! Leider wurde es mir vereitelt eure Anführerin zu beseitigen... Aber mit euch... Würde ich mich auch schon zufrieden stellen.“ „Was!?! Wer bist du Schlampe eigentlich!?“, fragte Jenn unbeeindruckt, was sie wütender machte. „Schlampe!? Schlampe nennst du mich? Na warte!“

Sie hob ihren Arm und schoss eine dunkle Kugel auf Jenn, die nur um ein Haar verfehlt wurde. Die Kugel schlug hinter Jenn ein und zerstörte die ganze Brücke. Sämtliche Autos, die darauf fuhren, brachen mit ihr ein. Die ganzen Menschen! Oh mein Gott! Geschockt drehten wir uns zu der Rothaarigen zurück und starrten sie an.

„Was? Beeindruckt? Das war doch noch gar nichts, meine lieben Kinder.“ „Jenn... Wir müssen hier weg. Hier wird gleich alles voller Bullen sein.“

Die Psychopathin schoss willkürlich durch die Gegend und brachte noch mehr Gebäude zum Einsturz. Für normale Menschen würde dies aussehen wie ein Bombenanschlag. Daher suchten Jenn und ich das Weite um nicht in Verdacht zu geraten. Die Rothaarige war so sehr damit beschäftigt um sich zu schießen, dass Jenn und ich mit Leichtigkeit davonrennen konnten. Wir beschlossen in eine weniger bewohnte Gegend zu rennen. Je höher wir kamen, desto besser konnte man auf die Stadt gucken. Von hier sah man überhaupt nichts von der Zerstörung, die sich unten abspielte.

Ich war außer Puste, denn durch meine Erkältung war ich nicht gerade fit. Daher blieb ich stehen um kurz zu verschnaufen. Auch Jenn war leicht außer Atem.

„Meine Fresse! Wer war das!?“ „Jemand sehr Mächtiges. Aber kein Dämon.“ „Vielleicht sind Luzifer die Dämonen zu schwach geworden und schickt nun gehobeneres Personal um uns zu bekämpfen.“ „Na klasse, das hat gerade noch gefehlt. Als würden die Dämonen es uns nicht schon schwer genug machen.“ „Tja... Ich hoffe wir haben diese Kuh wirklich abgehängt...“

Plötzlich hörten wir ein Stück über uns ein Lachen... Nein! „Abgehängt? Mich? Hahaha! Ihr dummen Kinder! Denkt euch keinen Plan aus mich zu besiegen. Das ist zwecklos. Schreibt schonmal euer Testament.“

Wieder schoss sie auf uns. Diesmal folgten viele schnelle Angriffe aufeinander. Jenn und ich hatten es sehr schwer da noch auszuweichen. Der kleine Wanderweg war auch nicht wirklich nützlich. Zu oft musste ich aufpassen nicht den Hang hinunter zu stürzen.

Einige Male schoss ich Blitze nach ihr, während Jenn sie mit Wasser angriff. Trotz des Regens schaffte ich es nicht, sie zu treffen. Selbst als Jenn und ich unsere Kräfte vereinten, klappte es nicht, denn um die seltsame Frau herum erschien eine Art Schutzschild, das unsren Angriff einfach abprallen ließ.

„Hahah! Ihr seid so dumm! An Land könnt ihr nichts gegen mich ausrichten und in der Luft noch weniger!“ Wieder grinste sie hämisch und breitete riesige schwarze Flügel auf ihrem Rücken aus. Jenn und mir fiel das Kinn runter bei dem Anblick. Ein gefallener Engel!

Sie flog weit über uns und konnte uns aus der Entfernung noch gut angreifen, während unsere Attacken dort gar nicht mehr ankamen. Jenn und ich hatten keine Ahnung was wir noch tun sollten, bis eine der Energiekugeln kurz vor uns einschlug und uns uns durch ihren Druck den Hang hinunter schleuderte. Wir wurden durch den Dreck geschleudert und blieben an einigen Büschen hängen. Schließlich schlugen wir beide an einem Baum auf.

„Jenn...? Bist du tot...?“ „Ja man...“, sagte sie leise und richtete sich seufzend auf. Auch ich setzte mich erstmal hin und musste mein Schwindelgefühl, das ich vom vielen rumrollen hatte, loswerden.

„Ich glaub... Sie denkt wir sind tot... Am besten halten wir uns erstmal versteckt.“ „Ja, du hast recht“, stimmte Jenn mir zu und verkroch sich mit mir in einem größeren Busch. Das Herz klopfte mir bis zum Hals. Würde sie uns doch wieder finden, wären wir hier leichte Opfer. Jederzeit hätte eine Energiekugel bei uns einschlagen und uns töten können. Trotz der Aufregung versuchten wir still zu atmen. Erst einige Zeit später trauten wir uns langsam wieder aus unserem Versteck.

„Und nun? Was, wenn die Alte doch noch irgendwo ist?“ „Trotzdem können wir nicht ewig hier bleiben“, sagte ich zu meiner Cousine und lief mit ihr den Hang hinauf. Von der Verrückten schien weit und breit keine Spur mehr zu sein. Dafür entdeckten wir nicht weit von hier etwas ganz anderes.

Ich stellte fest, dass wir uns nicht weit von der Lichtung befanden, bei der sich Feye und Clyde so gerne herumtrieben. Dort sahen wir Feye, doch sie war nicht alleine!

Jenn und ich guckten uns an, nickten und versteckten uns erneut hinter einem Gebüsch.

„Was ist DAS!?“ „WER ist das?“, fragte ich entsetzt. Ein seltsamer Typ mit schwarzen Haaren und schwarzer Kleidung. Was treibt sich Feye mit so einem herum!?

Wir versuchten leise zu sein um hören zu können, was die beiden sprachen...

„Oh bitte, Luzifer...“, sagte Feye und warf sich ihm um den Hals. „Verzeih mir!!!“

Darauf hin küssten sich die Beiden. Luzifer!?!?!

„Sagte die grade... LUZIFER!?!?“ „Ja... Sie... Sie macht mit unserem Feind rum...“ „Ich glaub das nicht! Die behauptet bei der Suche nach Jay zu helfen und tut auch noch so besorgt... Ich dachte sie ist mit Jay zusammen... Ich dachte sie liebt ihn!!! Und dann DAS!?“ „Und ausgerechnet mit dem!“

Wir belauschten die Beiden weiter: „Kleines, ich mache dir ein letztes Angebot... Komm mit mir und ich werde deine Familie und Freunde verschonen.“

Was will er damit sagen?! Jenn schien richtig wütend zu sein. Auch ich hätte Feye am liebsten gerade eine geklatscht. War denn alles was sie jemals behauptete eine Lüge!? Wie lange lief das schon zwischen den Beiden!? Und was... Wenn sie in Wahrheit ebenso der Feind war und nur vorgab zu uns zu gehören!? Ihr Element war nicht umsonst die Dunkelheit.

„NEIN! Nein, ich kann das nicht! Ich werde mich niemals gegen meine Familie stellen! Und wenn ich gegen dich kämpfen muss! Ich komme nicht mit um Gott zu stürzen!!!“, schrie sie ihn verzweifelt an und riss sich aus seinen Armen. Er grinste: „Wie du willst...“

Er verschwand und ließ Feye alleine stehen. Ich verstand gar nichts mehr. Genauso wenig wie Jenn. Wir beschlossen das was wir gesehen hatten erstmal für uns zu behalten. Zumindest so lange, bis wir sicher wussten was es damit auf sich hatte.

Schweigend und müde liefen wir zurück in die Stadt, wo wir uns trennten. Ich wollte nun nur noch zu Pia ins Bett und schlafen.

Dort allerdings, erwartete mich die nächste Überraschung. Naga und ihre Töchter hielten im Wohnzimmer wohl gerade eine Familienkonferenz ab und erwarteten mich bereits. „Maiko! Schön, dass du endlich auch mal kommst.“ „Sorry Naga, mir ist was dazwischen gekommen.“ „Ahja? Welche Tussi wars?“, fragte Maya hämisch. „Keine! Jenn und ich wurden angegriffen von Dämonen“, log ich, denn wenn ich ihnen von der Verrückten erzählt hätte, wären nur tausende Fragen aufgekommen.

„Na gut... Okay, jetzt bist du ja da“, sagte Pia leise.

„Hör mal, Maiko. Ich finde es schön, dass du dich wohl endlich doch um deine Familie kümmern willst aber... Naja... Jetzt wo Maya erstmal zu Besuch ist und dann auch noch du... Das wird uns etwas zu teuer... Ähm... Ich hoffe das ist nicht zu schlimm für dich, wenn du erstmal wieder nach Hause gehst, bis Maya wieder abreist? Natürlich kannst du trotzdem ab und zu zu Besuch kommen, aber halt nicht hier wohnen“, erklärte Naga. Oh nein!!! Dann muss ich ja wieder nach Hause... Dabei war ich eh schon so kaputt. Das wars mit meiner Ruhe... Klasse!

Obwohl ich geknickt war, tat ich so als hätte ich vollstes Verständnis. Dinge zum packen hatte ich eh nicht hier, also verließ ich das Haus schnell wieder. Was mache ich denn nun!? Mum würde mich nicht wieder aufnehmen... Ich nahm mir zwar vor es zu versuchen, doch mit Erfolg rechnete ich nicht. Auf meinem Weg traf ich Chann und Marisha, die über Jay am diskutieren waren. Er war immernoch verschwunden... Hoffentlich würde er morgen wieder zur Schule kommen. Sicher wäre wieder alles beim Alten.

„Na wenn das nicht unser kleiner Maiko ist!“, sagte Mari hämisch und wuschelte mir durch die Haare. „Klein? Der Alte ist doch voll der Lulatsch! Maiko-Maus! Alles klar? Was treibst du so? Habt ihr Jay gefunden?“ „Nein, noch nicht... Ich denk, der gammelt irgendwo...“ Maiko-Maus... Ahhrrr...

„Ich versuch mal nach Hause zu gehen bevor ich unter der Brücke pennen muss. Also, bis dann.“ „... Wie, unter der Brücke!? Hat Scarlett dich rausgeworfen!?“, fragte Tante Mari skeptisch und verschränkte die Arme. Tante Chann tat es ihr gleich und seufzte: „Mein Bruder hat echt nichts mehr drauf, dieser Pantoffelheld kriegt seine Frau nicht in Griff...“ „Und? Rick kriegt dich auch nicht in Griff, sonst hättest du mir letzt nicht... Egal! Sollen wir dir helfen, Maiko?“

Was zur Hölle treiben meine Tanten, wenn sie alleine sind!?!?! Ich wurde wohl etwas blass um die Nase und ehe ich antworten konnte, schnappten mich die Beiden jeweils an einem Arm und zogen mich nach Hause, wo sie klingelten. Als Ma auf machte, schnaufte sie genervt.

Mari und Chann gingen sofort in Angriffsstellung – so wie die Zicken nun mal sind. Gleich würde es hier Zickenalarm geben und ich armes Schwein mittendrin.

„Scarlett!!! Was bist du für eine Mutter, dass du einfach deinen Sohn vor die Tür setzt!?“ „Wie bitte?! Er ist doch einfach abgehauen! Ich hab ihm lediglich Hausarrest verpasst!“ „Er muss unter der Brücke schlafen wegen dir!“, warf Chann ihr vor. „Was mischt ihr beiden Tussis euch überhaupt ein!? Als ob ihr besser wärt! Du mit deinen vier Plagen und du mit deinem Mann, der mit jedem Weib ein Kind kriegt!“ „OAH ICH MACH DICH FERTIG!!!“, schrie Tante Chann sie an und wurde von Mari festgehalten.

„Komm, Schatz, das ist sie doch nicht wert.“ „Ja... Ganz ruhig bleiben...“ „Los Maiko, beweg deinen Arsch hier rein, damit ich die Tür wieder zu machen kann. Ich kann diese Visagen nicht mehr sehen!“

Ich bedankte mich noch bei meinen beiden Tanten und ging rein in den Flur. Ich hasste dieses Haus. So viele Erinnerungen... Bevor Ma mich in die Mangel nehmen konnte, beschloss ich sofort in mein Zimmer zu gehen und mich einzuschließen. Vom Fenster aus, konnte ich noch sehen, wie Chann und Mari weiter diskutierten und Händchen hielten. Verwirrt zog ich eine Augenbraue nach oben.

„MAIKO!!! HAST DU DICH SCHON WIEDER EINGESCHLOSSEN!?!? WO WARST DU DIE GANZE ZEIT!?“ „LECK MICH!!! ICH WAR BEI MEINER VERLOBTEN!“ „VERLOBTE?! DOCH WOHL NICHT DIESE IWANOV SCHLAMPE!?“ „DIE SCHLAMPE IST DIE MUTTER MEINES KINDES! ALSO KEIN WORT GEGEN SIE!!!“, brüllte ich durch die Tür und trat nochmal dagegen.

„Du bist echt ein hoffnungsloser Fall... Jetzt weiß ich wieder warum mir das Leben die paar Tage ohne dich besser gefallen hat!“ „Ich hasse dich auch!!!“

Plötzlich wurde es still draußen im Flur und ich konnte hören, wie Ma die Treppen runter ging. Ich hielt es hier nicht aus... Doch draußen im Regen wollte ich auch nicht schlafen. Zumal es nicht mehr sicher war. Jenn und ich hatten heute einiges durchgemacht.

Ich vertrieb mir die Zeit in meinem Zimmer, bis ich einige Stunden später eine Autotür hörte, was bedeutete, dass Dad nach Hause kam. Irgendwie vermisste ich ihn etwas. Wenn er sich nur nicht so viel von Mum gefallen lassen würde.

Von Oben konnte ich hören, wie Ma sofort auf ihm herumhackte und sich über mich beschwerte. Kurze Zeit später klopfte es an meiner Tür.

„Maiko? Schön, dass du wieder zu Hause bist, ich hab mir Sorgen gemacht!“ Wer's glaubt... Aus Frust und Trotz antwortete ich nicht. Dad ging wieder runter und keiner der Beiden nervte mich noch mal. Doch nach weiteren drei Stunden meldete sich mein Magen immer öfter.

Mir war schlecht vor Hunger... Daher wagte ich mich runter zu gehen und in der Küche nach dem Rechten zu schauen. Normalerweise standen da immer Reste von dem Zeug, das Ma gekocht hatte... Wenn man das als Kochen bezeichnen konnte. Heute aber, stand nichts da.

Dad, der offensichtlich bemerkt hatte, dass ich unten war, kam zu mir in die Küche und seufzte: „Hunger?“ „Joa...“ „Hab ich schon seit Tagen, aber sie kocht einfach nichts!“ „Na und? An ihrem Essen stirbt man eh früher oder später. Koch dir doch selbst was.“ „Ja... Aber sie geht auch nicht einkaufen... Und ich hab wegen der Arbeit keine Zeit dazu.“ „Okay...“, antwortete ich etwas überrascht. Nebenbei öffnete ich den Kühlschrank und sah, dass wirklich schon seit Tagen nichts mehr eingekauft wurde.

„Macht sie überhaupt noch irgendwas?“ „Nein... Gar nichts mehr. Wir sind angeblich zu undankbar.“ „Sicher... Dann ess ich halt nichts. Deiner Wampe tut ne Diät auch ganz gut.“ „Kleiner Drecksack!“, sagte er belustigt und ging wieder. Aus unsrem Reservepott nahm ich mir etwas Geld und bestellte mir heimlich ne Pizza, die ich genüsslich verschlang. Wie sehr vermisste ich Pia's liebevolle Art und Naga's Essen... Und Maya's göttliche Möpse...
 

Am nächsten Morgen wachte ich mit einem riesen Schock auf! Es war schon so spät! Ich hatte die halbe Schulzeit verschlafen und spritzte auf. Dad, der wohl ebenfalls verschlafen hatte, düste auch wie von ner Wespe gestochen in die Küche. Auf dem Weg trafen wir uns und konnten nicht glauben, dass Ma seelenruhig in der Küche saß und einen Tee trank. „Scarlett!!!! Warum weckst du uns nicht!?!?“ „Weil ihr beiden Idioten ruhig selbstständig aufstehen könnt. Ich bin immerhin nicht euer Kindermädchen!“ „Ja, dann sag das doch vorher! Dann hätte ich mir nen Wecker gestellt!“ „Ja, und ich mir zwei!“, stimmte ich zu, denn eigentlich hatte ich ja meinen Wecker gestellt – nur hörte ich ihn nicht...

„Wie gesagt... Macht euren Scheiß selbst. Ich hab damit nichts mehr zu tun.“ „Da kannste auch gleich ausziehen“, sagte Dad leise und abfällig, ehe er verschwand. Auch ich rannte los um mein Training zumindest nicht zu versäumen. In der Halle war die Mannschaft schon beim Aufwärmen und unser Trainer wirkte recht angespannt. Als er mich sah, schnaufte er.

„Na wenigstens einer von euch ist doch noch gekommen!“ „Wie?“ „Es ist eine Katastrophe!!! Die Saison ist auf Hochtouren und Jayden ist nicht da! Dabei ist er der wichtigste und beste Spieler! Er hätte sich wenigstens abmelden können! Stattdessen kommt er einfach nicht. Weißt du was mit ihm ist!? Ihr hängt doch immer zusammen rum!“ „Mhh... Nein... Keine Ahnung.“ „Wie, keine Ahnung!?“ „Ja, die ganze Familie vermisst ihn schon!“ „WURDE ER ETWA ENTFÜHRT!?“ „Nein, glaube ich nicht... Egal, ich zieh mich um.“

Ich wollte ihm nicht noch mehr Fragen beantworten müssen... Er war also immernoch weg... Jay, wo bist du nur!? Alles war so seltsam... Erst verschwindet Jay, dann werden wir von dieser Verrückten angegriffen und dann erfahren Jenn und ich, dass Feye es mit unsrem schlimmsten Feind treibt... Ich verstand die Welt nicht mehr...
 

~ Kapitel 10 ~ Chancenlos ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 

Ich hoffe ihr hattet ein paar schöne weihnachtliche Tage! :) Ich persönlich genieße die jetzige Zeit, ich arbeite kaum an meinen Projekten, meine Hand schmerzt auch nicht mehr so. Das nächste Kapitel gibts im Januar und dann hoffe ich, dass ich bald wieder richtig Arbeitwütig werde xD
 

Also dann, guten Rutsch und ein tolles neues Jahr!
 

lg Kiro

Selbstlosigkeit


 

~ Feye Coldfire ~
 


 

Manchmal sind die Dinge nicht so wie sie scheinen... Feinde, die am Ende die Guten sind... Und... Meine Kräfte unter Kontrolle halten? Meine Kräfte, falls ich überhaupt noch welche hatte, waren doch so schwach... Ich verstand nichts von dem, was Lumen mir sagte.

Nachdenklich saß ich spät Abends noch auf einer Parkbank und dachte daran, langsam mal nach Hause zu gehen, bevor Dad und Hailey sich Sorgen machen würden. Ich beschloss ihnen nichts davon zu erzählen. Sie sollen sich nicht noch mehr Sorgen machen, schon gar nicht Dad mit seinem schwachen Herz.

Auf den nächsten Schultag freute ich mich überhaupt nicht, doch wie bei allem, auf das man sich nicht freute, raste die Zeit erschreckend schnell vorüber und ehe ich mich versah, klingelte mein Wecker wieder.

Ich hatte keine Lust auf die aufdringlichen Fragen meiner Klassenkameraden... Sie machen sich alle Sorgen um Jay, der ihr absoluter Liebling war. Es gab fast niemanden, der Jay nicht mochte. Vor allem das Basketballteam hatte nun ohne ihn große Probleme.

Marisha würde sich sicher inzwischen doch schon richtige Sorgen um ihn machen. Und alles war meine Schuld... Nur weil ich Luzifer nicht helfen will gegen Gott zu kämpfen. Warum macht Gott persönlich nichts dagegen!? Ob es ihn überhaupt interessiert? Ich würde ja sagen, ihn gibt es gar nicht, aber dann würde es wohl auch keine Engel geben.

Wie befürchtet wurde ich in der Schule sofort überfallen. Sowohl die Mädels, als auch die Jungs unserer Klasse stürmten sofort auf mich zu und fragten, warum Jay heute schon wieder nicht da ist. Wie sehr wünschte ich mir Maiko und Jenn in meiner Klasse. Bald sind sie gar nicht mehr hier an der Schule... Aber ich würde schätzen, dass ich dann auch schon weg sein würde.

„Feye!!! Wo ist Jay!? Fehlt er heute schon wieder?“, fragte mich eine aufgetakelte Blondine.

Ich schwieg sie an, doch auch die Anderen drängten mich, bis ich wütend wurde: „ER IST HALT KRANK OKAY!?“ „OOOH NEIN, DER ARME!!!“, schrien sie alle entsetzt und fingen an wie wild zu tuscheln.

Zum Glück kam schon gleich unser Lehrer und beendete das Gerede. Sie setzten sich alle an ihre Plätze und hielten die Klappe. Zum Glück!!!

„Soo... Was machen wir heute? Am besten stelle ich euch erst mal eure neue Mitschülerin vor.“ „Neue Mitschülerin!?“, fragten manche gleichzeitig. Auch ich wurde aufmerksam. Jetzt ne neue Mitschülerin? Mitten im Schuljahr? Seltsam...

„Ja, komm doch bitte herein.“

Ins Zimmer kam ein Mädchen gelaufen, das etwas alt für diesen Jahrgang wirkte. Ihre braunen Haare hatten schwarze Spitzen und ihre Augen schienen eisblau... Lumen!?! Ich könnte schwören, dass das Lumen war! Sie stellte sich vor die Tafel und lächelte uns an.

„Ja, also mein Name ist Seraphina Bright, ich bin sechzehn Jahre alt und freue mich bei euch zu sein.“ „GEILER HINTERN BABY!!!“, rief ihr einer unsrer Typen von ganz hinten zu. Ich verdrehte die Augen und sie guckte ihn unbeeindruckt an. Seraphina heißt sie... Langsam verstehe ich gar nichts mehr! Ist das nun Lumen, oder doch Seraphina aus meiner Zeit? Oder ne ganz andere!? Ich war mir total unsicher, also sagte ich nichts zu ihr. Sie setzte sich lediglich neben mich, stützte ihr Kinn auf ihre Hand und guckte mich an.

Während des Unterrichts schielte ich die ganze Zeit immer mal wieder zu ihr rüber und schnell wieder weg, denn sie guckte mich immernoch an. Fast eine halbe Stunde ging das so.

„Feye?... Willst du mir nicht hallo sagen? Nach der ganzen Zeit?“ „Was...?!“ „Ja, ich bin's doch, deine alte Freundin.“ „Wieso sollte ich dir das glauben? Sorry, ich hatte in den letzten Tagen zu viele verwirrende Momente.“ Sie grinste leicht, kramte an einer Kette um ihren Hals und hob sie hoch, dass ich sie gut sehen konnte. An der Kette war tatsächlich ihr rosa Stein befestigt, den sie schon damals immer hatte.

Sie war es tatsächlich... Ich spürte es...

In diesem Moment konnte ich mich einfach nicht mehr zurück halten. Trotz Unterricht sprang ich auf und ihr direkt in die Arme, weshalb unsere Klassenkameraden allesamt aufschreckten und dumm guckten. Unser Lehrer fand das auch nicht so witzig.

„Was auch immer das soll! HEBT ES EUCH FÜR DIE PAUSE AUF!!!“ „Sorry...“, antworteten wir kleinlaut. Wir steckten unsere Köpfe zusammen und redeten weiter: „Woher kommst du auf einmal?! Wo warst du die ganze Zeit?“, flüsterte ich. „Naja, ich hab mich in Sicherheit gebracht und bin irgendwann hierher gekommen, durch meinen Stein.

Mein Element ist nicht zu unterschätzen, hihi. Und wie ich sehe, hast du auch endlich deinen Stein gefunden? Wurde auch mal Zeit.“ „Ja, der kam sofort angeflogen als ich hier ankam. Aber benutzen kann ich ihn immernoch nicht wirklich. Keine Ahnung was ich damit machen soll.“

„HABE ICH NICHT GESAGT IHR BEIDEN SOLLT STILL SEIN!?“, rief uns der Lehrer zu und warf ein Stück Kreide nach uns, das Phina ohne Probleme auffing. Unser Lehrer war baff.

Noch nie hatte einer seine Kreide gefangen. Nicht mal ich... Aber bisher fiel ich auch nie sonderlich auf.

Phina und ich beschlossen still zu bleiben bis nach Schulschluss. Dort warteten wir zusammen auf Jenn und Maiko. Ich war gespannt, was die Beiden zu ihr sagen würden.

„Wo wohnst du, Phina?“ „Hier in der Nähe.“ „Aber sag mal, bist du nicht zu alt für diese Klasse?“ „Nicht, wenn man seine Kontakte und Möglichkeiten hat. Frag nicht so viel, kleine Feye.“ „FEEEEYEEEE!!! HUHUUU!!“ In diesem Moment kamen schon Maiko und Jenn gelaufen. Den Beiden fiel Seraphina sofort auf. „Wen hast du denn da?“ „Eine Freundin von früher“, antwortete ich voller Freude „Freundin von früher?“ „Ja, Maiko. Seraphina kommt auch aus meiner Zeit.“ „Aha...“, entgegnete Jenn skeptisch.

Doch die Zweifel waren wohl schnell verflogen als Seraphina sich als Assistant vom Element Licht entpuppte.

„Ihr beiden seid schon komisch... Kommt nicht aus unsrer Zeit und habt ganz andere Elemente. Licht und Dunkelheit sind schon anders...“, grübelte Jenn mit verschränkten Armen. Dabei guckte sie mich die ganze Zeit auch noch so komisch an. Hab ich was nicht mitgekriegt? Auch Maiko wirkte anders als sonst. Als würden sie nur darauf warten, dass ich ihnen etwas erzähle. Ob es was mit den Angriffen von Jay zu tun hatte?

Je weiter wir zusammen liefen, desto stiller wurde die Runde und auch Seraphina trennte sich schließlich von uns, da sie nach Hause einen anderen Weg gehen musste.

„Ich geh dann auch mal... Will zu Hause sein, bevor meine Alte heim kommt und wieder nervt“, sagte Maiko angespannt und lief davon. Jenn drehte sich zu mir: „Ich geh auch.“ „Darf ich nicht noch mitkommen?“ „Mh... Sorry, ich bin mit Alec verabredet. Heute keine Zeit, Kleine.“ Etwas eilig ging auch sie und alle ließen mich alleine.

Gut, dann gehe ich halt auch nach Hause.

Ich war etwas frustriert und verwirrt... Alles... Einfach alles war so komisch. Wieso taucht Seraphina gerade jetzt auf? Jetzt, wo Lumen erst erschien und mir sagte, dass es Leute gibt, die mich beschützen werden? Ich hielt Lumen anfangs für Seraphina und Sera hielt ich im ersten Moment für Lumen... Hatten die Beiden irgendwas miteinander zu tun?!

Vorstellen konnte ich es mir... Seraphina hatte das Element Licht und Lumen war der Engel des Lichtes und des Schicksals. Was die Beiden jedoch miteinander zu tun haben könnten, wollte mir nicht in den Sinn kommen. Auch zu Hause nicht. Dort ging es recht hektisch zu.

„Feye!!! Super, dass du gerade kommst! Es gibt noch Einiges zum Einkaufen! Würdest du bitte gehen!? Ich muss gleich schon zur Schicht und dein Dad kommt auch erst in ein paar Stunden heim. Kocht euch was Schönes, ja? Bin erst so gegen Mitternacht wieder zu Hause“, sagte Hailey etwas gestresst, drückte mir Geld und nen Einkaufszettel in die Hand und ging auch gleich. Bin ich froh keine Krankenschwester werden zu wollen, können, müssen... Wäre mir zu stressig, der Job. Aber wenn sie es so will...

Ich ruhte mich erst gar nicht aus, sondern machte mich auf den Weg zum Einkaufen. Unterwegs verfiel ich wieder in meine Gedanken und brauchte daher fast doppelt solang zum Einkaufen. Fast über eine Stunde brauchte ich dazu. Und der Rückweg sollte noch länger dauern, wie sich herausstellte.

„Na sieh mal einer an... Wen haben wir denn da?“, fragte eine männliche Stimme ein paar Schritte hinter mir. Ich drehte mich um und sah Jayden. Erst freute ich mich total, doch dann fiel mir auf, dass er immernoch diesen leeren Blick hatte. Sofort zog es mir wieder durch den Magen.

Ich hatte schon damit gerechnet, dass er mich wieder angreifen würde, von daher konnte ich seinem ersten Angriff recht gut ausweichen. Das Umfeld besorgte mich etwas.

Wir waren zwar schon etwas abgelegen von der Innenstadt, jedoch fuhren hier ab und zu Autos vorbei. Ihn kümmerte das kein Bisschen.

„Na los, Alte! Wehre dich endlich!“ „Jay!!! Bitte, komm doch zu Vernunft! Werd wieder normal!“, flehte ich ihn an und wich einem erneuten Angriff aus. Je schneller ich rückwärts ging und auswich, desto schneller folgte er mir und griff immer öfter an.

„Jay!!!“ „HALT'S MAUL!“, schrie er mich an, sprang mir entgegen und packte mich am Hals, womit er mich gegen eine Mauer drückte und mich fast erwürgte. Und ich wusste nicht wie ich mich wehren sollte. Immer wieder schlug und trat ich nahm ihm, doch das schien ihm überhaupt nichts auszumachen. Als ich mit meiner Hand ausholte und über sein ganzes Gesicht kratzte, war er nur noch wütender und drückte so fest zu, dass ich gar keine Luft mehr bekam. Mir liefen die Tränen herunter.

Auf einmal kam von rechts ein Wasserstrahl, der ihn davon schoss. Erschöpft sank ich zu Boden und rang nach Luft. Als ich nach links blickte sah ich, dass er den Strahl mit einem Windwirbel unterbrochen hatte. Jenn kam zu mir und legte ihre Hand auf meine Schulter: „Alles in Ordnung?“ „Ja...“, sagte ich leise und hustete erneut.

Jenn stand auf und guckte zu Jayden, der sich gefangen hatte und uns unbeeindruckt anstarrte.

„ALTER!? WAS GEHT DENN MIT DIR AB!?“ „Jenn... Er ist...“ „Ich bring euch alle um, hahahaha!“ „Okay? Hat er was falsches geraucht?!!“ „Nein, Jenn! Er wird kontrolliert! Er greift uns an!“ „Den krieg ich schon wieder normal“, sagte sie lässig, doch ich glaubte nicht, dass sie es schaffen könnte. Wo kam sie überhaupt so plötzlich her? War die nicht verabredet? Auf einmal merkte ich, wie jemand mich am Arm packte und ein Stück weiter weg zerrte. Ich bekam schon etwas Angst, doch dann merkte ich, dass es nur Alec war, der mich in Sicherheit bringen wollte.

„Alec... Das ist doch gefährlich hier für dich!“ „Bisschen... Aber ich war grade mit Jenn unterwegs, als wir euch so gesehen haben.“ „Danke...“ Jenn legte sich inzwischen mit Jayden an.

Besonders leicht fiel ihr das allerdings nicht. Er war immerhin einer ihrer besten Freunde und verletzen wollte sie ihn auch nicht ernsthaft. Dabei musste sie aber aufpassen, selbst nicht verletzt zu werden. Hilflos standen Alec und ich hier hinten und beobachteten den Kampf.

Jenn schoss andauernd Wasserstrahlen auf ihn, doch die schlug er immer und immer wieder mit Leichtigkeit weg. Seine Konter dagegen waren sehr schnell und stark. Zwar sprang sie weg, wurde jedoch trotzdem öfter erwischt. Die Windangriffe von Jayden waren messerscharf. Wenn man davon erwischt wurde, hatte man erstmal eine ordentliche Schnittwunde.

Jenn kam fast gar nicht mehr zum Angreifen. Stets flüchtete sie mit Sprüngen auf Laternen, Dächer oder hoch auf Bäume, die Jay einfach mit einem Windschnitt umwarf. Alec und ich mussten sogar einen richtigen Hechtsprung machen um nicht von dem fallenden Baum getroffen zu werden. Leicht außer Atem landete sie neben uns.

„Seit wann sind seine Angriffe so stark!?“ „Er ist durch die Kontrolle stärker geworden. Er hat mich schon gestern fast getötet...“ „GESTERN!? DU HAST IHN GESTERN GEFUNDEN!? Na warte, Mädel! Wenn ich mit ihm fertig bin, kriegst du was zu hören... Das einfach zu verschweigen!“

Dann sprang sie wieder weg um uns zu schützen. Jay hatte die Zeit allerdings genutzt um seine Kräfte für einen besonderen Angriff zu bündeln. Alec und ich wollten Jenn gerade noch rufen um sie zu warnen, als er seine verschränkten Arme schnell nach oben streckte und mit dem Schwung, den er damit verursachte, zwanzig Windschnitte auf einmal abfeuerte.

Entsetzt nahm ich die Hände vor den Mund und musste mit ansehen, wie Jenn von allen getroffen wurde.

Sie fiel zu Boden und blutete überall. Alec und ich rannten zu ihr. Sie hatte am ganzen Körper verteilt tiefe Schnittwunden und blutete stark.

„JENN!!! JENN BLEIB WACH!“, schrie Alec sie an, doch da verlor sie schon ihr Bewusstsein vor Schmerzen. Mit wütenden Blicken drehte ich mich zu Jayden, den wir nun schnell loswerden mussten. „Alec, bring sie zu Shin... Der kann sie heilen.“

„Ja okay...“, sagte er verzweifelt und außer Puste.

Jay wollte sie gerade alle beide angreifen, doch ich stellte mich dazwischen. Nun müsste ich improvisieren, denn ich hatte keine Ahnung, wie ich ihn aufhalten sollte.

„Du bleibst wo du bist!!! DU HAST DEINE EIGENE COUSINE UND BESTE FREUNDIN FAST UMGEBRACHT!!! WERD WIEDER NORMAL IM KOPF! JAY!“, schrie ich ihn an, doch er kümmerte sich nicht darum und machte sich bereit zu einem neuen Angriff gegen mich.

Er würde Jenn und Alec umbringen, wenn ich nichts tue... Diese ganzen Angriffe, die Verletzten... Und irgendwann vielleicht auch Tote... Alles war meine Schuld... Aber ich dürfte jetzt nicht schwach werden. Luzifer darf nicht das bekommen, was er will... Ich muss ihm trotzen!

Mit meiner gesamten Wut schloss ich die Augen, hob meine Hand und erzeugte wohl eine Energiewelle, die Jayden weit weg schleuderte. Er konnte sie nicht abblocken.

Jedoch war es mir ein Rätsel, wie ich diesen Angriff gemacht hatte, als ich die Augen wieder öffnete. Doch zum Nachdenken hatte ich keine Zeit. So schnell es ging, rannte ich Jenn und Alec hinterher. Ich holte sie schnell ein. Hoffentlich würden wir es noch rechtzeitig schaffen.

Bei Jill und Shin zu Hause klingelten wir Sturm, bis meine entnervte Tante endlich öffnete und erstmal einen schrillen Schrei von sich gab, als sie ihre kleine Schwester so sah.

„Jill, sag bitte, dass dein Mann zu Hause ist“, sagte ich verzweifelt. Sie nickte nur und machte uns den Weg frei. Shin, der den Aufruhr wohl mitbekommen hatte, kam auch gleich in den Flur und wollte grade zum Meckern ansetzen, bis er sah was hier vor sich ging.

„Oh mein Gott!!! Ich sag doch immer, dass ihr nicht so perverse Sexspiele machen sollt!!! Und dann muss ich wieder Notarzt spielen... Man, man, man...“ „Schatz, laber kein Scheiß, sondern mach meine Sis wieder heile!“, meckerte Jill und trat ihm in den Hintern.

Er kümmerte sich sofort um Jenn's Wunden, die im Nu verheilt waren. Dafür war er sehr ausgepowert und schnaufte erstmal. Alec verlor eine kleine Freudenträne der Erleichterung und Jill half ihrer Schwester beim Hinsetzen. Sie wurde nach ihrer Heilung schnell wieder wach, nur schien sie noch etwas wackelig auf den Beinen.

„Was... Was ist passiert?... Wo bin ich?“ „Ach Jenn... Du wärst beinah verblutet...“, sagte Alec immernoch zitternd. Jenn guckte auf seine Klamotten die voller Blut waren und bekam einen Schrecken.

„Naja... Kinderchen... Shin, gibst du Alec vielleicht ein paar Klamotten von dir? Unser Sofa ist neu... Jenn, du bekommst was von mir und Feye, du kannst dir's ja schonmal gemütlich machen.“

Ich musste ein paar Minuten warten bis Jenn und ihr Freund neu eingekleidet waren. Doch nun waren alle in alter Frische und setzten sich zu mir aufs große neue Sofa.

„Was ist passiert?“, fragte Shin. „Jayden ist durchgeknallt! Der greift uns einfach aus dem Nichts an!“ „Jay!?! Mari's Sohn? Kann ich mir gar nicht vorstellen“, grübelte Jill.

„Ist aber so...“, pflichtete Alec leise bei. Jill und ihr Mann guckten sich skeptisch an, glaubten uns aber.

„Wenn dem wirklich so ist, sollten wir das vielleicht mal Ma erzählen.“ „Meinst du wirklich, Jenn? Mari würde ihr nie im Leben glauben.“ „Warum nicht, Jill? Die beiden sind beste Freundinnen! Zudem haben wir drei es gesehen.“ „Ich geh besser nicht mit zu deiner Ma, Jenn...“, dabei räusperte sich Alec und drehte sich etwas weg. Ja, er und Oma... Das ging einfach nie gut. Jenn seufzte.

„Wie bist du ihn überhaupt losgworden?“, fragte Alec mich auf einmal. „Ich weiß es selbst nicht... Ich glaub, ich hab ihn angegriffen.“ „DU!?“, schoss es aus Jill, Shin und Jenn raus. Ich zuckte mit den Schultern.

„Also! Ich schnapp mir jetzt Feye und geh zu Ma!“, beschloss Jenn einfach so und stand auf. Dabei torkelte sie noch etwas und wurde von Alec aufgefangen. „Willst du nicht noch etwas warten, Schwesterchen?“ „Jenn, du solltest dich noch schonen.“ „Nein, wir müssen sofort handeln! Nicht, dass noch mehr Leute verletzt werden. Komm, Feye.“

Sie schnappte mich und zog mich gegen den Willen der Anderen nach draußen. So schnell es ging, liefen wir zu Oma nach Hause. Unterwegs trafen wir noch Maiko, dem Jenn alles erzählte. Wieder waren die beiden so komisch mir gegenüber! Jenn war außer sich vor Wut.

„Wie, er hat euch einfach angegriffen!?“ „Ja, keine Ahnung! Feye sagt, er sei besessen!“ „Das könnte Sinn machen! Vielleicht von dieser rothaarigen Durchgeknallten!“ „Reeza? Ihr kennt sie?“, fragte ich erstaunt. „Ja... Haben sie kennen gelernt... War nicht schön.“

Dann schwiegen sie erneut. Als wir alle ganz aufgeregt bei Oma zu Hause ankamen fühlte sie sich natürlich erstmal komplett überrumpelt!

„Was ist denn mit euch los?“, fragte sie erstaunt, ahnte jedoch schon Übles. Natürlich tat sie das... Sie hatte schon viele Erfahrungen mit Dämonen und allem was damit zu tun hatte.

Wenn nun ihre Tochter mit ihren beiden aufgeregten Freunden auftaucht, kann das nichts Gutes bedeuten!

„Ma! Das kann so nicht weiter gehen!“, meckerte Jenn aufgebracht und stemmte ihre Arme in die Hüfte. Chann wurde etwas blass und schreckte etwas zurück. „Was... Was meinst du? Weißt du es etwa?“ „Was denn?“ „Nichts... Also, was ist los?“

Was hatte Oma denn zu verbergen? Sie wirkte plötzlich so verunsichert, als hätte Jenn sie wegen irgendwas ertappt... Hmm.

„Jay! Er spielt total verrückt“, fing Maiko an zu erklären und brach Chann's Unsicherheit. „Was macht er denn?“ „Er hat mich fast gekillt... Feye, sag doch auch was!“ „Ehm...“ „Er hat dich fast gekillt!?! Aber sowas würde Jay doch nie machen.“

„Ja, deswegen spielt er ja verrückt. Er wird irgendwie kontrolliert, oder keine Ahnung was mit ihm ist! Feye!“ „...“ „Wenn das wirklich so ist, müssen wir zu Marisha gehen und ihr das sagen! Moment, ich hole die Autoschlüssel.“

Oma drehte sich um und lief in die Küche, wo sie noch irgendwas herumkramte. Jenn stöhnte wütend und schubste mich.

„Au!“ „Du! Es reicht mir langsam mit deinem Schweigen! Maiko und ich wissen, was du mit Luzifer treibst, wenn ihr euch alleine fühlt! Keine Ahnung, was du für unsere Familie übrig hast, aber wenn einem von uns wegen dir irgendwas passiert, dann lernst du mich kennen, Mädel!“ „Woher...“ „Wir haben euch letzt gesehen...“, stimmte Maiko seiner Cousine zu und beide standen erwartungsvoll vor mir. Oh nein... Deswegen waren sie die ganze Zeit so komisch zu mir! Sie kennen mein Geheimnis.

Jenn machte den Anschein, als würde sie noch etwas sagen wollen, doch Oma kam schon aus der Küche.

Ich war ihnen dankbar, dass sie es wohl für sich behielten und niemanden sonst noch in dieses Geheimnis einweihten. Oma sprach unterwegs kaum ein Wort. Sie wusste wohl irgendwie nicht wie sie ihrer besten Freundin mit diesen Nachrichten gegenübertreten sollte.

Mari öffnete uns mit verwunderten Blicken die Tür. Sie fragte sich wohl, was hier los sei, da wir aufgeregt und zu viert auf der Matte standen.

„Chann? Jenn? Maiko? Feye?... Was wird das?“ „Mari! Es tut mir leid, dass du das so und auch von mir erfahren musst... Aber Jay... Er hat eben Jenn angegriffen!“ „Shin konnte mich gerade noch so heilen!“ „Was? Leute, was erzählt ihr da?“, fragte sie und schüttelte mit gerunzelter Stirn den Kopf.

„Ja, ich weiß... Es klingt unglaublich“, sagte Oma mitfühlend. „Nein, das kann nicht sein. Guckt! Jay ist zu Hause... Und er ist wie immer!“

Sie ging einen Schritt zur Seite und ließ uns vorbei schauen. Tatsächlich konnten wir vom Eingang aus sehen, wie Jay ganz gemütlich auf dem Sofa saß, an seiner Cola süffelte und in den TV starrte. Oma guckte Jenn ratlos an. Ihr wiederrum fiel das Kinn fast bis zum Boden.

Maiko ballte die Fraust: „Dieser Kleine...“ Er konnte sich nicht mehr halten und stampfte mit großen und lauten Schritten ins Wohnzimmer von Marisha. „Maiko!!!“, riefen Mari und Oma ihm hinterher. Doch ehe man ihn stoppen konnte, hatte Maiko seinen Cousin schon am Kragen gepackt.

„WAS SOLL DIE SCHEIßE!?“ „Was hast du denn?“, fragte Jay, der unschuldig grinste.

Wir Anderen kamen inzwischen zu ihnen, gingen jedoch vorerst nicht dazwischen.

„Jay! Liebling... Jenn behauptet, du hättest sie und Feye angegriffen! Stimmt das etwa?!“, fragte sie mit ungläubigen Blicken.

„Was? Aber Jenn, wie kommst du auf sowas? Ma! Glaubst du echt, dass ich sowas tun würde? Du weißt wie ich an der Familie hänge. Vor allem sind Jenn und Feye eigentlich zwei meiner besten Freunde. Ich könnte ihnen nie was antun!“ „LÜGNER!“, schrie Maiko ihn an und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht, sodass Jay's Nase anfing zu bluten.

„MAIKO!“ Mari ging entsetzt dazwischen und packte Maiko an den Schultern, ehe er erneut zuschlagen konnte. „Wir sind noch nicht fertig miteinander, Alter!“ Maiko, der Marisha mit einem Ruck nach hinten schleuderte, befreite sich und ging erneut auf Jay los.

Die beiden fingen an sich zu schlagen, bis Maiko ihn schließlich sogar mit Blitzen angriff. Die Blitze, die überall einschlugen, zerstörten das gesamte Mobiliar. Jay ließ sich jedoch nicht genug provozieren um ebenfalls sein Element zu nutzen. Scheinbar wollte er vor seiner Mutter so tun, als wäre er das unschuldige Opfer.

Oma legte entsetzt die Hände vor den Mund.

„MAIKO HIWATARI!!! WENN DU JETZT NICHT SOFORT AUFHÖRST MEINE EINRICHTUNG ZU ZERSTÖREN GIBT ES ÄRGER!“, sagte Marisha laut und bestimmend und packte ihn am Ohr.

„AU!!“ „Na warte, Junge!!! Ich bring dich zu deiner Mutter! Dass die Alte dir aber auch keine Manieren beibringen kann! Einfach hier zu wüten!!! Das hat noch ein Nachspiel, sag ich dir!!! Und ihr, ihr geht jetzt besser wieder! Ich will heute niemanden mehr von euch sehen, auch dich nicht, Chann! Zu behaupten, dass mein Junge seine eigenen Familienmitglieder angreift ist einfach das Letzte! Maiko war ja wohl eher dazu bereit die eigenen Leute anzugreifen! So eine Frechheit!“ „Aber Mari...“, sagte Oma kleinlaut und wollte ein paar Schritte auf sie zugehen.

„RAUS!!! Wir sprechen uns noch!“

„Na gut... Kommt, Mädels.“ Wortlos folgten wir meiner Oma... Doch Jenn und ich warfen noch einen Blick auf Jay zurück. Er grinste uns siegessicher hinterher. Es machte mich traurig... Und Jenn offensichtlich sehr wütend. Ich glaube, sie wäre in diesem Moment genau wie Maiko am liebsten auf ihn losgegangen. Mari führte Maiko wortwörtlich ab und schien ihn zu Scarlett bringen zu wollen. Draußen kickte Jenn einen Stein weg und schnaufte wütend.

„Na das lief ja super...“, sagte Oma und lehnte sich gegen das Auto. „Ich schwöre dir, Ma! Es war wirklich so!“

„Ich kann das nur bestätigen...“, fügte ich hinzu. „Ja... Ich glaube euch ja. Aber Mari hält sehr viel von ihrem Sohn. Ich würde auch alles für jedes meiner Kinder tun und sowas abstreiten.“ „Es sei denn es handelt sich um Ryan!“, meinte Jenn und lachte.

Oma grinste kurz: „Doofe Nuss... Mari wird uns niemals glauben. Am besten wäre es, wenn ihr einen großen Bogen um Jayden macht... Vorerst... Und ich werde mit meinem Bruder darüber reden. Vielleicht glaubt Kyle mir mehr als Mari.“ „Onkel Kyle?! Der interessiert sich doch überhaupt nicht für seine Kinder.“ „Ein Versuch ist es wert, Jenn.“

Einige Minuten standen wir noch sprachlos vorm Auto, dann beschloss alleine nach Hause gehen zu wollen. Ich brauchte etwas Ruhe. Es war einfach zu viel... Viel zu viel... Ich wollte nicht, dass irgendwer zu Schaden kommt. Natürlich hatte ich Angst vor einem erneuten Angriff als ich alleine unterwegs war. Doch ich konnte mich ja nun auch nicht dauernd eskortieren lassen.

Zu meiner Überraschung sah ich auf meinem Weg den kleinen Ryan und seine neue Freundin Nyria.

Ich beschloss ihnen unauffällig zu folgen. Es interessierte mich schließlich sehr war die Beiden da eigentlich wirklich miteinander hatten. Ihre Telefonate klangen meist recht interessant. Je länger ich ihnen folgte, desto mehr fragte ich mich, wo die beiden überhaupt hin wollten.

Doch das war auf einmal gar nicht mehr wichtig, denn ich spürte in unserer Nähe die Aura von Dämonen! Nicht schon wieder ein Angriff! Ehe ich noch herausfinden konnten, wo sie sich befanden, schlug bei Ryan und der kleinen Blondine eine Energiekugel ein. Oh nein!!!

„BRINGT EUCH IN SICHERHEIT!!!“, rief ich zu den Beiden rüber und rannte zu ihnen. Ryan jedoch hörte nicht auf mich. Er ignorierte die Dämonen und stemmte die Hände in die Hüfte: „Du hast mir gar nichts zu sagen! Als ob ich damit nicht fertig werden würde...“ „Ryan! Sei vernünftig, ihr seid noch Kinder!“

Dabei fiel mir Nyria ein und die Tatsache, dass sie von den Dämonen und unseren Kräften ja überhaupt nichts wusste. Sie stand gerade wieder auf und klopfte sich den Staub von den Klamotten.

„Alles klar?“ „Whoa!!! Was zum Teufel war DAS!?“ „Das erklär ich dir später“, sagte Ryan und zwinkerte ihr zu. Oh mein Gott... Diese Kinder! Aber was stehen wir hier überhaupt noch herum? Der zweite Angriff kam fast wie aus dem Nichts. Wieder verfehlte er nur knapp. Haben die gesoffen oder was? Ich packte die Kinder und rannte mit ihnen in eine Seitengasse um nicht noch mehr aufzufallen.

„Feye, nerv nicht! Ich mach die platt!“ „Ja, versuch es, wenn du nicht weißt wo sie genau sind!“

„Hier sind wir!“, sagte eine schrille Stimme. Wir guckten nach Oben und sahen drei Dämonen die auf einem Dach standen.

„Was macht ihr hier mitten am Tag!? Dumm oder was?“, fragte Ryan provokant.

„Darf man nicht mal mehr zu Mc Donalds gehen?“ „Was zur...?“, brachten wir mit ach und krach raus, ehe wir nen Lachflash bekamen. Nyria reagierte seltsam gelassen auf die Dämonen. Sie war wohl ein sehr mutiges Mädchen, das keine Furcht kannte.

„Ich verstehe gar nichts mehr... Was sind das für Dinger!? Ryan... Habt ihr öfter mit solchen Konsorten zu tun?“ „Öh... Naja... Wie ich sagte, lange Geschichte. Gedulde dich, Liebste.“ „LIEBSTE!?“ „WAS FEYE!? NUR WEIL DU NOCH NIE SEX HATTEST!“

„DU DOCH AUCH NICHT!“´, fuhr Nyria den kleinen Idioten an.

„Ey! Wir sind auch noch da!“ „Fresse, da oben!“ „Unverschämter Bengel!“, sagte einer der Dämonen und schoss auf uns. Ich legte meine Arme schützend um Nyria. Ryan fing die Energiekugel einfach ab und schoss sie zurück zu ihrem Absender. Der Dämon bekam große Augen und wurde durch seine eigene Attacke zerstört. Ryan seufzte: „Zu nichts zu gebrauchen...“

„Hast du schon öfter gegen die Viecher gekämpft, Kleiner?“ „Kleiner? Ich hatte mir etwas mehr Anstand von dir erhofft, Feye! Ich bin immerhin dein Onkel!“ „Pff... Du bist ein kleiner Spaten. Kein Respekt vor Kindern! Zumindest vor kleinen Jungs...“

Nyria lächelte selbstgefällig und wieder fühlten sich die beiden anderen Dämonen vernachlässigt.

„Ihr seid Scheiße!“, rief einer der Beiden zu uns herunter. Ryan streckte seinen Zeigefinger aus: „Ihr auch! HAHA!“ „Grrrr!!!“

Gerade als sie zum Angriff ausholen wollten, schoss Ryan durch seinen Finger zwei Eiskristalle ab, die beide Dämonen durchbohrten und zu Staub verfallen ließen. Ich wusste gar nicht, dass Ryan annähernd mit seinem Element umgehen konnte. Selbstbewusst war er in jeder Hinsicht.

„Gehen wir besser weiter, bevor sie stärkere Geschütze auffahren“, sagte ich leicht verunsichert und drängte die Beiden zum weiter gehen. Ich hatte schon die Befürchtung dass gleich wieder Jayden oder gar diese Reeza auftauchen würden. Dagegen hätte Ryan wohl schlechte Karten. Und ich... War weiterhin nutzlos...

„Weiter, weiter!“

„Boah, hetz' uns nicht, Olle!“ „Stehen geblieben!“

Mir lief es eiskalt den Rücken runter, als ich diesen Satz von einer weiblichen Stimme hörte. Wer war das nun schon wieder?! War meine Befürchtung doch wieder wahr geworden? Sollte Ryan nun alleine gegen Reeza kämpfen? Als ich mich umdrehte, spürte ich allerdings den Hauch von Erleichterung.

„Lumen!“, rief ich erfreut, als ich den hübschen Engel wieder erkannte. Doch sie wirkte sehr ernst und beachtete mich nicht. Eher lief sie einige Schritte auf Ryan und Nyria zu.

„Kleiner unerfahrener Assistant... Ich hoffe dir ist bewusst, was passiert, wenn eure Sterblichen Freunde von eurer Bestimmung und eurer Aufgabe erfahren.“

Ryan starrte sie sprachlos an. Tja... Bei ihrem Anblick verschlägt es selbst einem Schwachkopf wie ihm die Sprache. Er wirkte schon fast etwas verängstigt. Nyria versteckte sich hinter ihm.

„Wer... Wer sind sie denn!?“ „Ich bin Lumen, der Engel des Schicksals. Dieser Mensch hat von unserem Geheimnis erfahren. Darum muss ich euer Schicksal miteinander verknüpfen. Keiner darf von den Assistants, Engeln und Dämonen erfahren! Absolut niemand! Wenn das kleine Mädchen dieses Geheimnis jemals ausplaudern sollte, wird sie sterben.“

Lumen's Augen leuchteten plötzlich und sie streckte die Hand aus, mit der sie auf Nyria zeigte. Die Kleine schreckte etwas zurück. Die kleine rosafarbene Lichtkugel, die in Lumen's Hand erschien, wanderte langsam zu Nyria hin und verschwand an ihrer Stirn.

„Euer Schicksal ist gebunden... Ein Wort zu deinen sterblichen Freunden und es ist vorbei, kleines Mädchen. Ansonsten sehe ich keine Probleme.“ „Lumen! Warte! Ich muss dich was fragen!!!“, rief ich ihr hektisch zu, doch bevor ich überhaupt noch was sagen konnte, verschwand sie schon wieder im Nichts. Ich war etwas frustriert... Was hatte sie mit Seraphina zu tun?!

Ich drehte mich zu den Kindern und sah, dass Ryan seiner kleinen Freundin besorgte Blicke zuwarf: „Es tut mir leid, dass du überhaupt davon erfahren hast!!! Oh man, die Alte war aber auch gruselig... Bestimmt willst du nun nichts mehr mit mir zu tun haben.“

Dabei guckte er traurig und ließ den Kopf hängen. Jedoch strahlten Nyria's Augen richtig. Sie sprang dem Kleinen um den Hals und lachte: „Wow! Ihr seid voll cool!!! Da kann man ja richtig was erleben! Oh Ryan, lass uns für immer zusammen bleiben! Ich liebe dich.“

Was zur... Und das in dem Alter... Wieso fangen die immer jünger an? Ich schlug mir die Hand auf die Stirn, was dem Bengel nicht verborgen blieb.

„Ey! Biste neidisch, Nichte?“ „Halt die Klappe! Unfassbar! Vergesst nicht zu verhüten!“ „WAS!?“

Ich ließ die Beiden alleine stehen. Das konnte ich mir nicht mehr länger geben. Sie fand die Dämonen total cool... Also ich fand das überhaupt nicht cool. Wieder hätte jemand aus der Familie verletzt werden können. Diesmal sogar ein Kind. Es musste endlich ein Ende haben! Jenn war immerhin auch schon total sauer auf mich und drohte mir.

Nachdenklich lief ich die Straße entlang ohne darauf zu achten wo ich überhaupt hinging. Es muss doch eine Möglichkeit geben, alle in Sicherheit zu bringen. Ich wollte mir keine Sorgen mehr um sie machen müssen. Doch wie könnte ich es schaffen diesen sinnlosen Krieg endlich zu beenden? Ich wollte ebenso niemandem in den Rücken fallen. Allerdings werden sie immer öfter angegriffen, wenn ich mich weiterhin Luzifer's Plänen entgegenstelle.

Ehe ich mich versah und wieder auf mein Umfeld achtete, bemerkte ich, dass ich in einer mir völlig unbekannten Umgebung gelandet war. Meine Güte! Wie kann man sich beim Nachdenken nur so verlaufen? Und wieso war ich hier noch nie!?

Unsicher guckte ich mich um und sah einige Frauen, die am Straßenrand parat standen. Sie waren leicht bekleidet. Vor Manchen hielten Autos an, in die sie einfach einstiegen.

War ich hier auf dem Straßenstrich oder was? Wieso gibt es hier sowas mitten am Tag? Und niemanden stört es?

Gerade als ich mich umdrehen wollte, um einen Weg zurück aus dem Viertel zu finden, hielt ein Auto neben mir. Das Fenster war schon nach unten gekurbelt und es starrte mich ein fetter Kerl an.

„Hey Süße! Na, sowas wie dich hab ich hier auch noch nie gesehen! Die Unschuld vom Lande, da stehe ich drauf.“ „Tut mir leid, das ist ein Missverständnis!“, sagte ich unsicher und ging ein paar Schritte zurück, doch der Kerl hatte schon die Beifahrertür aufgemacht und lehnte sich so weit herüber, dass er mich am Handgelenk packen konnte.

„NEIN! AUFHÖREN!!! ICH BIN NICHT SO EINE!!!“ „Zier dich nicht so! Und sowas ist hier, um Geld zu verdienen? Die haben ja echte Anfänger am Start! Komm rein Kleine, ich zeig dir wie das Geschäft läuft.“

Wieder versuchte ich mich zu lösen, doch er hatte einen festen Griff drauf. Plötzlich sah ich, wie eine starke Männerhand das Handgelenk des Dicken umschoss und so fest zudrückte, dass er mich losließ. Erschrocken blickte ich hinauf zu meinem Retter und sah, dass es Luzifer war, der den aufdringlichen Typen im Auto wütend anguckte: „Sorry, mein Freund. Das Mädchen hat schon eine Verabredung. Zieh weiter.“ „Ja-Jawohl...“

Fast verängstigt fuhr er davon und wollte nicht einmal die Nächste aufgabeln. Irgendwie hatte ich sogar das Gefühl, dass der Kerl nach dieser Begegnung die Schnauze voll haben wird von dieser Straße.

Ich schaute herab zu Boden. Zu sehr scheute ich mich davor, ihm in die Augen zu schauen. Dafür stand er direkt vor mir und hatte seine Hände auf meinen Schultern abgelegt.

„Feye... Darling, wo treibst du dich denn Neuerdings herum?“ „Das... Das war ein Versehen!“ „Hmm... Ich möchte es dir ausnahmsweise mal glauben.“ „Luzifer... Hör endlich auf damit. Wieso tolerierst du, dass Jay mich umbringen will? Und wieso lässt du deine Diener immerwieder auf meine Familie los!?“ „Feye, du kennst den Grund. Du willst mir ja nicht freiwillig folgen, also brauche ich dazu eben andere Mittel.“ „ABER DOCH NICHT SO!“ „Wie denn sonst?“

Mit dem Arm um meine Schulter gelegt, führte er mich weg von dieser seltsamen Umgebung.

Wieder war ich so verwirrt... Ich wollte es doch allen nur recht machen. Niemals wollte ich meiner Familie in den Rücken fallen... Doch genauso wenig wollte ich meine Liebe zu Luzifer aufgeben, auch wenn ich immer wieder kläglich versuchte, von ihm loszukommen.

Ich konnte es einfach nicht mehr riskieren, dass weitere Assistants zu Schaden kommen. Ich müsste etwas unternehmen... So leid es mir tat, die Anderen im Stich und alleine zu lassen. Ich tat es nur für sie... Ich würde meinen Dad, Hailey und meine Freunde sehr vermissen.

„Luzifer?“ „Ja, mein Engel?“ „Ich werde mit dir kommen... Ich werde dir treu dienen und dich unterstützen. Unter einer Bedingung.“

Er antwortete nicht – hörte einfach nur aufmerksam zu.

„Lass sie in Ruhe... Lass meine Freunde und Familie in Ruhe. Tu ihnen nichts!“ „Wenn das dein Wunsch ist“, antwortete er ruhig und küsste mir den Handrücken. Dann schnippste er mit dem Finger, wodurch sich auf der Stelle die Umgebung veränderte.

Ich stand in einer Art Büro und blickte aus dem großen Fenster.

Der Ort aus meinem Traum... Diese trostlose Landschaft... Alles kam mir so bekannt und vertraut vor, obwohl ich diesen Ort nur in meinen Träumen sah. Hier muss sich Schreckliches ereignet haben.

Luzifer, der sich hinter mich stellte, und einen Arm um meine Schulter legte, lachte leise: „Es wird perfekt sein. Alles läuft nach Plan.“ „Was hast du jetzt mit mir vor?“, fragte ich leise und eingeschüchtert.

„Zuerst wirst du meine Frau.“ „WIE?!“ „Willst du nicht meine Frau werden?“

Ich schwieg.

„Natürlich willst du meine Frau werden. Das wollen schließlich alle. Aber du bist was Besonderes.“ „Du bist echt krank.“

Er drehte mich so, dass ich wieder direkt vor ihm stand und küsste mich innig. Was sollte ich dazu noch sagen? Es war ihm egal, ob ich seine Frau sein will. Er würde mich mit sich vermählen, egal, was ich dazu zu sagen hätte. Also blieb mir eh keine Wahl. Hauptsache die Anderen waren in Sicherheit.

Während er mit seiner Zunge über meinen Hals glitt, blickte ich besorgt aus dem Fenster und fragte mich, wann ihnen auffallen würde, dass ihre kleine Feye nicht mehr da ist.

Luzifer, der beide Hände auf meine Wangen legte, grinste: „Du und ich... Für immer. Und hiermit, besiegel ich unseren Bund. Heiraten ist eh nur was für Menschen und Gläubige.“

Überraschend riss er mir mein Oberteil auf, was mich zurückschrecken ließ. Und wieder schlang er seine Arme um meine Taille und küsste mich vom Hals immer weiter herab, bis er zwischen meinen Brüsten Halt machte. Ich fragte mich, was das mit einem Bund zu tun hatte und was genau er damit bezwecken wollte, außer mit mir zu schlafen.

Fast schon zärtlich legte er seinen Zeigefinger über meinem Herzen ab und fing an Wörter zu sprechen, die ich nicht verstand.

Das Ergebnis seines Zaubers wurde jedoch schnell sichtbar. An der Stelle, wo er seinen Finger hatte, erschien etwas, das aussah wie ein Tattoo. Es war ein Schwert, vor dem sich ein Herz befand. Beides war um eine Rose mit Dornen gewickelt.

Man hätte wirklich meinen können ich hätte mir ein Tattoo auf die Brust stechen lassen. Weh tat es jedoch überhaupt nicht.

„Was...“ „Das, meine Geliebte, ist das Zeichen unseres Zusammenseins. Du gehörst nun offiziell ganz alleine mir.“ „Aber...“

Er zog sein Oberteil aus und zeigte mir damit, dass auch er an der selben Stelle genau das selbe Symbol hatte. Wir waren nun tatsächlich aneinander gebunden... Ich war Luzifer's Frau...
 

~ Kapitel 11 ~ Selbstlosigkeit ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 

Endlich! Endlich, endlich, endlich ein neues Kapitel xD Das Kapitel wurde schon vor längerer Zeit von mir vorgeschrieben da ich wusste, dass irgendwann wieder so ne Phase kommt, wo ich kein gescheites Wort auf „Papier“ krieg. Diese Phase hatte ich nun die letzten Wochen, daher nur selten ein Upload. Sorry :/

Ich bin allerdings guter Dinge, dass es endlich wieder gut läuft mit der Schreiberei also dürft ihr euch wohl spätestens im März auf das nächste Kapitel freuen ^_^ lg, eure faule Kiro xD

Erkenntnisse

Kapitel 12 ~

Erkenntnisse
 


 

~ Feye Coldfire ~
 


 

Nachdem Luzifer einen Pakt für uns Beide abgeschlossen hatte, der uns miteinander verband, gewährte er mir etwas Zeit für mich um mit dem Gedanken, nun seine Frau zu sein, vertraut zu werden. Es war alles so anders als ich es mir gewünscht oder vorgestellt hatte. Meine Gefühle für ihn waren immer so surreal. Ich befand mich in einem Zwiespalt... Eigentlich war es mein Wunsch seine Frau zu werden, doch momentan tat ich das einzig meiner Familie zuliebe.

Mit verschränkten Armen guckte ich aus dem großen Fenster und versuchte nachzudenken... War es das Richtige!? Ich wusste die Antwort darauf nicht. Viel zu einsam und leer fühlte ich mich, um irgendeinen klaren Gedanken zu fassen. Ich wäre am liebsten zu Hause in meinem Bett... An nichts denken, keine Sorgen zu haben – das wäre schön. Doch dieser Wunsch war genauso surreal wie meine Liebe zu Luzifer.

Dazu kam noch die Angst... Die Angst, dass meine Tat völlig umsonst war. Er würde wahrscheinlich trotzdem alle vernichten. Und Jenn und Maiko wussten, was ich tat. Die ganze Familie würde mich hassen... Sie würden denken ich verbünde mich mit ihrem Erzfeind.

Während ich noch tief in meinen Gedanken schwelgte, bemerkte ich erst spät, dass jemand durch die Tür schritt. Erst dachte ich, dass Luzifer wieder zu mir kam. Doch dann stellte ich mit einem Stechen im Bauch fest, dass es sich dabei um Jayden handelte. Er würde mir doch jetzt und hier nichts tun!?

Misstrauisch ging ich einen Schritt zurück und nahm die Arme schützend vor mich. Was hatte er vor? Nach einigen Sekunden sank mein Misstrauen etwas, denn Jayden machte nicht den Anschein, als würde er mir etwas tun wollen. Er stellte sich ganz normal vor mich.

War sein Geist immernoch unter fremder Kontrolle? Oder war er das etwa selbst? Ehe ich ihn fragen konnte, was mit ihm los ist, legte er seine Arme um meine Schultern und schockierte mich damit erstmal. Nochmehr ließ es mich erstarren, als er sich zu mir herab beugte und mich küsste.

Erst will er mich umbringen, nun küssen? Und das hier, in der Festung von Luzifer persönlich? Da dieser nun mein Mann war, konnte ich mir nicht vorstellen, dass er dies dulden würde.

Reflexartig versuchte ich Jayden von mir wegzudrücken, doch er hielt stand und ließ seine Lippen auf Meinen gedrückt. Mit ihm stieg auch meine Sehnsucht nach einem normalen Leben auf. Ich wusste nicht was ich wollte... So sehr ich auch darüber nachdachte, ich kam nicht auf eine Lösung.

Ja, ich wollte Luzifer, ich vergötterte ihn und seinen Körper. Er zog mich magisch an. Ich war zudem kein normaler Mensch. Dies wäre meine Welt. Nicht so wie die Erde. Aber dieses Leben hier bei Luzifer wäre im Grunde zu hoch für mich. Ich verabscheute diesen inneren Konflikt. Er nervte mich richtig!

Plötzlich schreckte Jayden auf und wich einen Schritt von mir. Er starrte mich verwirrt an und schnaufte schnell und hektisch.

„Feye!? Wo... Wo bin ich!? Was machen wir hier? Ich versteh gar nichts mehr!“ „Jayden? Was hast du auf einmal? Bist du etwa wieder normal!?“ „Normal? Ich... Ich wach plötzlich auf, während wir uns anscheinend grade küssen... Ich kann mich an nichts mehr erinnern...“

„Oh Gott, du bist tatsächlich wieder du selbst! Wir... Wir sind hier in der Hölle, warum muss ich dir ein ander Mal erklären! Jay, du musst schnell weg von hier!!!“ „Weg? Hölle? Wie kommen wir hierher!? Feye, du musst mitkommen! Ich lass dich hier nicht zurück!“

Er packte meine Hand und wollte mich mit sich ziehen, doch ich hielt stand und blieb stur stehen. Ich konnte doch nicht mit ihm kommen... Wenn ich Luzifer nun sitzen ließe, so kurz nach unserem Pakt, würden wir alle seinen Zorn zu spüren bekommen!

„Feye! Was ist!? Warum willst du hier bleiben?“ „Ich kann nicht mit dir gehen... Ich muss hier bleiben... Das ist mein Tribut, den ich für euch alle zahle.“ „Wie jetzt?! Du bleibst hier gefangen, damit wir nicht mehr von ihm und seinen Dienern angegriffen werden? So ein Schwachsinn!!! Er wird es sowieso trotzdem tun! Siehst du nicht, dass er dich nur verarscht!? FEYE! Wach auf, verdammt! Ob du nun hier bist, oder bei den Menschen, die dich lieben... Wir schaffen es irgendwie! Und... Jetzt komm mit!“ „Er wird es aber merken...“ „Wir müssen es versuchen! Komm!“

Jayden war so überzeugend... Er hatte sicherlich recht... Ohne weiter darüber nachzudenken folgte ich ihm.

Den Weg durch diese Festung bis durchs Ausgangstor hatte ich mir komplizierter vorgestellt... Wir wurden nicht ein einziges mal angegriffen... Kein einziger Dämon oder gar Luzifer stellten sich uns in den Weg.

Sehr seltsam...

Da steckte doch garantiert eine Falle hinter. Doch Jayden ließ sich in seiner Euphorie nicht stoppen. Auch von mir nicht. Er sah nur das große Weltentor vor sich und rannte direkt darauf los, mit mir an seiner Hand. Es fehlten nur noch wenige Meter und für einen kurzen Moment machte sich in mir sogar die Hoffnung breit, wir könnten es wirklich so einfach schaffen. Doch kurz vor dem Ausgang, wurde das Tor komplett schwarz und die Stimme Luzifers ertönte: „Nein, wirklich lustig euch beide so zu sehen.

Das war nur ein kleiner Test. Feye, du als meine Frau bist noch viel zu sehr beeinflussbar. Aber da werden wir noch dran arbeiten. Ich habe mich köstlich amüsiert!“

Dann kamen Dämonen herangerast. Sie hatten den Auftrag uns zurück in die Festung zu schleppen. Wahrscheinlich würden sie dort auch gleich wieder den Geist von Jay beeinflussen und Luzifer würde mich für meine Untreue bestrafen! Ich wollte fliehen, dafür müsste ich grade stehen.

Resigniert wartete ich auf die sich nähernden Dämonen, während Jayden das Feuer eröffnete und anfing sie zu attackieren.

„Jay, das bringt doch nichts... Hier gibt es einfach zu Viele und gegen Luzifer hast du eh keine Chance.“ „Doch!!! Wir kommen... Hier weg!!!“, antwortete er angestrengt während neuen Windangriffen.

Plötzlich hörte ich ein Zischen hinter mir und die vertraute Stimme Seraphina's: „FEYE!!! NIMM MEINE HAND!“ Als ich mich umdrehte sah ich, dass sie sich selbst ein Tor erschaffen hatte.

Eher ein kleineres 'Zeit-Raum-Loch', durch das man gerade so durchpassen konnte. Reflexartig nahm ich ihre Hand und wollte auch nach Jay greifen, doch als ich glaubte ihn noch gepackt zu haben, wurde mir auch schon schwindelig und ich stand auf der Erde, neben Seraphina.

„Das ging aber schnell... Woher wusstest du, wo ich bin und dass wir gerade Hilfe brauchten? Und... Wo ist Jay?“ „Ich fürchte, du konntest ihn nicht mehr greifen und die Dämonen haben ihn wieder erwischt.“ „Oh nein... Dabei hatte er sich doch so eingesetzt mich zu retten...“, wimmerte ich während meine Augen anfingen zu brennen.

„Wichtiger ist, dass du nun in Sicherheit bist. Was ist das?“ Sie zog mein Oberteil nach Vorn und guckte in meinen Ausschnitt, wo sie das Zeichen des Paktes sah. Danach warf sie mir verzweifelte Blicke zu und klatschte mir eine: „BIST DU VÖLLIG BESCHEUERT!?“ „Ich hab das doch nur für die Assistants und die Menschen getan...“

„Du hast dich ihm verkauft, du dumme Kuh! Zum Glück konnte ich dich da noch rausholen! Meine Güte! Er ist der Feind! Er wird alle umbringen, egal ob du ihn liebst oder nicht! Er würde dich sogar dazu bringen, ihm dabei zu helfen!“ „NIEMALS!“ „Ach... Sicherlich...“

Sie drehte sich um und lief ein paar Schritte davon. Doch ich ließ mich nicht einfach abservieren und folgte ihr.

„Sag jetzt! Woher wusstest du, wo wir sind!? Und wie konntest du solch ein Tor erschaffen!?“ „Das erfährst du schon noch... Aber nicht jetzt.“ „Seraphina, ich weiß zwar, dass du das Element Licht hast, aber als einfacher Assistant, wärst selbst du nicht in der Lage!“ „Es ist gut, Feye! Ich werde es dir ein anderes mal erzählen.“

Keine zufriedenstellende Antwort von ihr zu bekommen, machte mich einfach nur wütend! Es schien, als würde jeder mehr wissen und können als ich. Ohne ihr bescheid zu sagen, drehte ich mich weg und rannte tränen überströmt nach Hause, wo ich die Tür hinter mir zu klatschte und an Dad und Hailey vorbei rannte. „FEYE!? WAS IST?!“, hörte ich Dad noch rufen, doch es war mir egal. So schnell ich konnte, rannte ich in mein Zimmer, schloss es zu und warf mich auf mein Bett, wo ich noch eine ganze Weile weiter heulte. Alles war mal wieder falsch!!! Und nun war alles noch schlimmer! Luzifer war sicherlich grenzenlos Zornig und würde es an Jayden auslassen!

Oder er würde bald persönlich hier erscheinen und uns alle töten... Oh man... Wieso muss ich nur so naiv und unentschlossen sein...
 


 

~ Chann Coldfire ~
 


 

Laut seufzend stand ich an diesem Morgen vor dem Spiegel und legte die Hand auf meinen Bauch. Ich hatte neuerdings immer Angst jemand hätte herausgefunden, was zwischen mir und Yoshi lief. Rick sollte es nicht von irgendjemandem, sondern von mir persönlich erfahren. Allerdings dürfte ich mir zu meiner Beichte nicht allzuviel Zeit lassen.

Vielleicht war ich auch gar nicht schwanger? Nun... Die Wahrscheinlichkeit war recht hoch es doch zu sein.

Das kam mir derzeit überhaupt nicht gelegen... Jetzt noch ein Baby in dem Chaos. Feye benimmt sich so komisch, dann wird Jenn von Jayden angegriffen und Marisha ist nun wütend auf mich, weil sie mir nicht glaubt.

Ich konnte ja verstehen, dass sie dachte wir würden sie belügen. Doch warum sollten wir das tun? Hmm... Aber warum sollte Jay meine Tochter angreifen? Jeder von uns hatte also seine Probleme und dann sollte noch ein Baby dazu kommen? Und wenn es gar nicht von Rick wäre?

Je länger ich darüber nachdachte, desto eher zog ich es in Erwägung abzutreiben, falls ich wirklich schwanger war. Das wäre sicherlich die beste Lösung. Genervt seufzte ich wieder.

Wieso musste alles so schwierig sein... Kyle musste ich auch noch anrufen, um mit ihm über Jayden zu reden. Hoffentlich würde wenigstens er vernünftig darauf reagieren.

Als ich aus dem Bad kam, hörte ich die Stimme von Jenn und einem Typen von der Küche aus. Das trieb meine Laune schlagartig auf den Tiefpunkt... Sie hatte Alec dabei und eigentlich wusste sie genau, dass ich es nicht mochte, wenn er in unser Haus kam.

Allgemein wollte ich nicht dass die Beiden sich treffen. Ganz davon abhalten konnte ich sie natürlich nicht, trotzdem konnte ich es zu diesem Zeitpunkt einfach nicht dulden. Um mein Gewissen und meine Handlung zu bestätigen, redete ich mir ein, dass ich sowieso durch meine eventuelle Schwangerschaft genug Probleme hatte und deswegen ruhig etwas gereizter sein dürfte.

Mit großen und wütenden Schritten stampfte ich in die Küche und stemmte meine Hände in die Hüfte. Jenn sah mich entnervt an und Alec zuckte bei meinem Anblick zusammen.

„Was macht ER schon wieder hier, Jenn!? Erklär mir das bitte mal!“ „Ma! Was gibt es denn da bitte zu erklären? Er ist mein Freund! Warum soll mein eigener Freund nicht mit nach Hause kommen?“ „Weil das immernoch mein Haus ist und ich ihn nicht hier sehen will! Abmarsch, Junge!“, kauzte ich den verunsicherten Alec an. Er schien sich nicht sicher zu sein, ob er nun mit Jenn Widerstand leisten, oder besser meinem Willen nachgehen sollte.

Nachdem er einen Moment noch zögerte, meckerte ich ihn erneut mit lauter Stimme an, weswegen er dann doch die Kurve kratzte. Nachdem er weg war, bekam ich allerdings Jenn's ganze Wut zu spüren. Sie folgte mir laut schreiend durch das ganze Haus.

„WARUM BEVORMUNDEST DU IMMER MICH!?! MIT WEM CLYDE UND JILL ZUSAMMEN SIND IST JA EGAL! NUR GEGEN ALEC HAST DU WAS!“ „Er ist ja auch ein Außenstehender! Denkst du der will sein Leben lang Angst um dich haben wegen den Dämonen und der ganzen Sache überhaupt!? Jenn, dein Schicksal ist höchstwahrscheinlich zu viel für einen normalen Menschen!“ „Tzz!! Zu viel... ZU VIEL FÜR EINEN NORMALEN MENSCHEN!? OKAY! UND WAS IST MIT RICO, YOSHIHIRO UND ALL DEN ANDEREN NORMOS!? SIE HABEN UNS AUCH NIEMALS DEN RÜCKEN GEKEHRT! ALEC LIEBT MICH! DU KANNST IHN MIR NICHT VERBIETEN!“ „DOCH DAS KANN ICH! ER HAT HIER NICHTS ZU SUCHEN!“ „BOAH, ICH HASSE DICH MANCHMAL RICHTIG!“

Stinkwütend und mit Tränen in den Augen verließ sie mal wieder das Haus. Und ich... ließ mich aufs Sofa fallen und schnaufte tief durch. Nach Jill und Clyde hätte Schluss sein müssen... Ich hatte das Gefühl bei Jenn und Ryan alles falsch zu machen. Wenn ich jetzt tatsächlich noch ein Kind bekommen würde... Nein... Und ich hatte es Rick immernoch nicht gesagt.

Er wird schwer enttäuscht sein, wenn er erfährt, dass ich wieder was mit Yoshi hatte.

Und dass er als möglicher Vater im Falle einer Schwangerschaft in Betracht gezogen werden könnte, wird es noch viel schlimmer machen. Ich würde jedoch nicht drum herum kommen es ihm zu sagen... Und wieder seufzte ich.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als das Telefon klingelte und ohne nachzudenken ran ging. Wie immer beim Ertönen dieser Stimme, fuhr es mir eiskalt den Rücken runter... Ja... IHRER Stimme. Celia war zwar schon recht alt, doch noch immer so Kratzbürstig wie eh und je.

„Wieso bekomme ich eigentlich immer ausgerechnet dich ans Telefon, wenn ich bei euch anrufe?“, fragte sie mich enttäuscht. „Tja... Weil du immer dann anrufst, wenn keiner von der Familie im Haus ist. Du musst bedenken, dass Rick arbeiten muss, Jenn zur Schule geht und Jill und Clyde gar nicht mehr hier wohnen! Aber das sag ich dir jetzt schon seit Jahren... Weißt du was das bedeutet?“ „Was?“ „Du wirst alt.“

„Haha, und du bist ganz schön eingebildet.

Ich weiß zwar nicht warum du in deinem Alter noch so Jung aussiehst, aber drauf einbilden kannst du dir auch nichts. Wie wohl blaue Haare aussehen, wenn sie langsam grau werden?“ „Keine Ahnung, frag Mama.“ „Ich bin ja immernoch der Meinung, dass eure Jenn eigentlich so schöne braune Haare hat wie mein Sohn. Dieser Punk hat sich die Haare nur gefärbt. Ich weiß ja nicht, aber bei Jenn habt ihr irgendwas falsch gemacht... Sie sieht schrecklich aus.“ „Geht's noch!? Wie redest du denn bitte über dein Enkelkind? Sie ist genauso von Rick wie die Anderen auch!“ „Ja, aber sie sieht nicht so aus. Bei Jill, Clyde und Ryan kann man wenigstens sichergehen, dass sie von Rick sind. Du hast ihn bestimmt betrogen als du mit Jenn schwanger wurdest.“

Genervt verdrehte ich die Augen und fragte mich ob ich mir das eigentlich noch weiterhin anhören musste. So war Celia... Und ich machte mir nicht mehr so viel aus ihren Worten wie früher vielleicht mal. Während sie fleißig weiter schimpfte, gähnte ich und hielt mir wieder das Telefon ans Ohr.

„Blaaa“, sagte ich gelangweilt und legte einfach auf, ehe ich den Stecker zog und das Telefon somit tot war.

Schrecklich... Solche Schwiegermütter, die solche Probleme machen. Nie hatte sie die Beziehung zwischen Rick und mir toleriert. An Jenn ließ sie keinen guten Fetzen, da sie so aussah wie ich.

Und plötzlich traf es mich wie ein Blitz... So wie ich Alec behandelte... Oh mein Gott!!! Ich war schon fast zu einer zweiten Celia mutiert!!! Erst jetzt fiel es mir auf, dass ich ihn ähnlich behandelte wie sie mich. Und ich hasste sie so sehr... Selbst Rick mied ihren Kontakt und sprach nur das Nötigste mit ihr. Gegen unsere Beziehung konnte sie trotzdem nie etwas ausrichten. Ergo könnte ich Jenn und Alec niemals davon abhalten zusammen zu sein, wenn sie sich so sehr lieben. Ich wollte nicht als verhasster Hausdrache enden.

Ich wollte keine Celia sein. Ich schwor mir schon vor vielen vielen Jahren, dass ich niemals so sein wollte.

Ich musste mich unbedingt bei Jenn und Alec entschuldigen. Endlich ihre Beziehung akzeptieren, denn dann wäre auch hier alles etwas friedlicher. Neunzig Prozent unseres Streits gingen immer von meiner Abneigung gegen Alec aus. Und inzwischen wunderte es mich überhaupt nicht mehr. Ich hätte genauso reagiert wie Jenn. Es war einfach meine Pflicht dem Ganzen ein Ende zu setzen und mich zu entschuldigen. Sobald ich sie wieder sehen würde...

Nun stand erstmal etwas anderes Wichtiges an. Ich musste mich mit meinem Bruder Kyle treffen um mit ihm über Jaydens Taten zu reden. Da Marisha viel zu uneinsichtig ist und in ihn blickt wie in einen Spiegel, musste ich meine Hoffnung auf Kyle setzen.

Zum Glück hatte er recht schnell Zeit für mich und kam zu Besuch. So saß ich wenigstens nicht alleine hier.

Sobald ich eine Sekunde Zeit für mich hatte, plagten mich wieder die Gedanken an Rick und Yoshi... Ich konnte Rick's Anwesenheit kaum ertragen und er fing auch schon an skeptisch zu werden. Dass alles in Ordnung sei, glaubte er mir langsam nicht mehr.

Kyle setzte sich zu mir aufs Sofa und trank sein Bier, das er sich mitgebracht hatte.

„Also Schwesterlein, was ist denn so dringend?“ „Hat Mari dir eigentlich von den Ereignissen mit Jay erzählt?“ „Öh... Jay? Ne... Keine Ahnung was er so treibt. Was ist denn mit ihm?“ „Na hätte mich auch gewundert, wenn du mal über eins deiner Kinder bescheid wüsstest.“ „Aber du!“ „Pöh!“

Ich erzählte ihm, was mit Jenn passiert war und dass Marisha mir nicht glauben wollte. Nun hoffte ich nur, dass Kyle nicht genauso wie seine Frau reagieren würde.

Er schien zu überlegen...

„Hmm... Wenn ich recht bedenke... Er ist wirklich in letzter Zeit nicht ganz normal. Er ist sehr selten zu Hause und wenn er da ist, dann ist er so aufgesetzt freundlich. Vor ein paar Wochen war er ab und zu mal noch richtig aufmüpfig, wie Teenys halt sind. Jetzt überhaupt nicht. Ich sollte ihn mal etwas im Auge behalten.“ „Das wäre nett, wenn du das tun würdest.“ „Dann bleibt nur zu hoffen, dass den Anderen nicht auch noch etwas passiert...“ „Ja...“

Beide schwiegen wir einen Moment, doch dann fing Kyle plötzlich an zu grinsen und lehnte sich halb über mich: „Saaaag mal, Schwesterchen!!!“ Oh Gott!!! ER WEIß WAS!!!

„Jaa?“, fragte ich verlegen und rutschte einige Zentime er von ihm weg. „Wie geht's dir denn zur Zeit so? Man hört einiges!“ „Achso!? Hehe... Äh, was denn?“ „Naja, viele behaupten, du seist ganz schön zickig zur Zeit, hihi!“ „Ach... Ne, das ist nichts Schlimmes, Ryan und Jenn haben nur so ne heftige Trotzphase, das zerrt an den Nerven, hehehe...“ „Achso.... Ja, versteh ich.“

Puh...

Wieder so ein Moment in dem ich dachte, ertappt worden zu sein. Das ging ja grade nochmal gut! Hoffentlich würde Yosh es niemandem erzählen, bevor ich es Rick nicht selbst erzählt hatte. Die Sache ging mir nicht mehr aus dem Kopf, wie konnte ich auch so dumm sein!?

Während Kyle noch ein bisschen blieb und mich über seine Probleme mit Naga zuschwafelte, dachte ich darüber nach wie ich es Rick am besten beibringen könnte, ohne mein Leben dabei zu lassen. Er würde mich killen! Aber meine Überlebenschancen wären größer, wenn er es von mir erfahren würde! Um endlich Ruhe vor meinem Gewissen zu haben, beschloss ich, diesen Schritt noch an diesem Abend zu wagen!

Kurz nachdem mein Bruder den Abflug machte, schnaufte ich noch einmal durch. Rick müsste jeden Augenblick nach Hause kommen... Weder Jenn und Ryan waren da, also wären wir alleine.

Mein Bein zuckte nervös auf und ab, während ich im stillen Wohnzimmer wartete. Kein einziges Gerät war eingeschaltet... Ich wollte mich nicht weiter quälen, so schwer es mir auch fiel es ihm heute zu sagen. Und plötzlich zuckte ich zusammen, denn ich hörte die Tür und Rick, der ein fröhliches : „Ich bin wieder daaha“, in die Wohnung schallen ließ. Ich antwortete ihm nicht... Ich wartete einfach nur ab. Es dauerte einen Moment, bis er zu mir ins Wohnzimmer kam und im Türrahmen stehen blieb.

„Nanu? Was ist denn hier los? Ist jemand gestorben!?“ „Nein... Aber ich muss dir was sagen, also setz dich.“ Mit skeptischen Blicken und langsamen Schritten kam er zu mir rüber und setzte sich neben mich. „Mach es nicht so spannend, du machst mich ja ganz nervös.“ „Rick... Letzt, als wir unseren Saufabend hatten...“ „Oh Gott, erinner mich nicht daran...“ „Ja, ich hätte ihn auch lieber vergessen... Dieser scheiß Abend. Was ich dir sagen will... Mhh...“ „Chann... Sag's doch einfach? Wir sind schon so lange zusammen, du weißt doch, dass du mit mir über alles reden kannst. Ich werd dir schon nichts antun...“ „Auch wenn ich dir sag... Dass ich mit Yoshihiro geschlafen hab?“, fragte ich kleinlaut und kniff die Augen zusammen.

Es dauerte einige Sekunden bis Rick wieder etwas sagte... „Du hast... WAS!? Sag mal... Willst du mich eigentlich grade verarschen!?“ „Nein... Es tut mir leid! Ich bereue es total!“

„Sicher! Du hast schon mal unsere Ehe aufs Spiel gesetzt wegen ihm!!! UND JETZT SCHON WIEDER!?“ „Rick... Bitte...“ „NEIN! ICH HAB DARAUF EINFACH KEIN BOCK MEHR! WAS DENKST DU DIR DENN DABEI!!?“ „Ich hab nicht mehr gedacht... Ich war betrunken! Ich konnte mich nicht mal mehr dran erinnern... Aber Rick... Das ist noch nicht alles...“, setzte ich mit leiser und düsterer Stimme an. Er reagierte jetzt schon so... Aber ich musste ihm trotzdem noch sagen, dass ich wahrscheinlich schwanger war.

„WAS DENN NOCH!?!? NOCH EINER MIT DEM DU'S GETRIEBEN HAST!?“ „Ja... Du! Und irgendwas ging mit der Verhütung schief... Nunjaaa...“ „Was willst du mir damit sagen?“, fragte er aufgebracht und stand mit den Händen in die Hüfte gestemmt vor mir.

„Ich bin wahrscheinlich schwanger und ich weiß nicht von wem von euch beiden!!!“

Ich hatte zu große Angst vor seiner Reaktion... Ich wollte nicht wissen was er dazu zu sagen hatte und sprang auf um davon zu rennen. Ich war dabei so schnell, dass er es wohl verpasste mir zu folgen. Ich hasste mich selbst dafür wieder alles zerstört zu haben wegen ein paar Minuten Spaß mit Yoshi. In meiner Not vergaß ich meinen Zank mit Marisha, daher war sie als meine beste Freundin die Erste, die ich ansteuerte.

Sie war völlig verwundert, als ich atemlos und keuchend vor ihr stand und ihr in die Arme fiel. Sie hielt mich erstmal einige Sekunden fest, ehe sie mich rein nahm und zum Sofa führte.

„Ähm... Okay! Du bringst es krass... Was ist los? Kaffee?“ „Ja... Danke“, schniefte ich und versuchte zu Luft zu kommen. Dass ich eigentlich keinen Kaffee trinken sollte, interessierte mich nicht. Marisha nahm sich die Zeit in Ruhe zwei Tassen Kaffee zuzubereiten und zu mir zu kommen.

„Geht's wieder? Was ist los?“ „Ich bin abgehauen... Vor Rick...“ „Warum? Was wollte der Köter dir antun!?!“ „Nein, es ist berechtigt..“ „Oookay, was hast du angestellt!?“

„... Yoshihiro... Reicht das an Info?“ „Oh... Mein... Gott... Chann, sag mir bitte nicht, dass ihr beide schon wieder...“ „Ja, wir war'n halt besoffen! Er war zu verführerisch...“ „Chann, laber nicht! Oh Gott!!! Und du hast es Rick eben gebeichtet!?“ „Ja... Und das ist noch das kleinste Problem. Ich glaub ich bin schwanger, hab aber keine Ahnung wer von ihnen der Vater ist...“ „Du verblüffst mich immer wieder... Manchmal frag ich mich ob du zu dumm oder zu naiv oder gar beides bist... Wieso in Luzifer's Namen verhütest du NIE!?!?!“ „HAB ICH DOCH!!! Nein Moment...FUCK!“

„Unglaublich...“, sagte sie ernüchtert und nahm zur Beruhigung einen Schluck ihres Kaffee's. „Was soll ich tun!?! Was soll ich denn jetzt machen!? Rick hasst mich!“ „Ja, hat er auch allen Grund zu!“ „Verdammt!!! Ich weiß nicht mal ob ich nun wirklich zu hundert Prozent schwanger bin!“ „Das müsstest du testen. Wie willst du das überhaupt machen? Jetzt nochmal ein Kind? Du hast doch schon vier!“

Seufzend senkte ich meinen Kopf: „Und das zu diesen Zeiten... Ich glaub... Wenn ich wirklich schwanger bin, treib ich ab...“

„SPINNST DU!?“, schrie Mari wütend auf und verschüttete einen Teil ihres Kaffee's. „Das ist ein Lebewesen! Du bringst einen kleinen unschuldigen Menschen um! Das kannst du nicht machen!“ „Aber Mari, es geht einfach nicht!“

„Natürlich geht es! Es gibt immer eine Lösung und die ganze Familie ist so riesig, alle können helfen! Jill, Clyde und Jenn sind doch schon erwachsen, die können dich auch unterstützen! Aber treib ja nicht ab, sonst wirst du mit deinem Gewissen niemals klar kommen!“

Sie verwirrte mich mit ihren Worten... Irgendwo hatte sie ja recht, aber Jill, Clyde und Jenn würden mich für bekloppt erklären, wenn sie davon erfahren würden...

Mari redete noch eine ganze Weile auf mich ein, bis es schon spät abends war. Plötzlich klingelte es... Mein Magen zog sich zusammen. Wieder mit dem Bein zuckend saß ich da und wartete ob es Rick war, der geklingelt hatte. Tatsächlich kam Mari mit ihm zusammen ins Wohnzimmer.

Mein Herz schlug total schnell und am liebsten wäre ich wieder davon gelaufen, doch das hätte grade keinen Sinn gemacht. Ich traute mich dennoch nicht etwas zu sagen.

Mari verstand schnell und ließ uns beide im Wohnzimmer alleine, was mich noch nervöser machte.

Rick, der recht still und schweigsam war, kniete sich vor mich und legte seine Arme auf meinem Schoß ab.

„Du bist bescheuert, weißt du das?“ „Ja...“, antwortete ich leise und schuldbewusst. „Ich hätte allen Grund dich dahin zu schicken wo der Pfeffer wächst. Aber ich will nicht dass wir uns streiten und ich kann mir ein Leben ohne dich eh nicht mehr vorstellen... Also komm jetzt zurück nach Hause.“ „Du... Du bist mir nicht mehr böse?“ „Doch! Werd ich auch noch ne ganze Weile sein, du dumme Kuh! Wir gehen nen Test kaufen und wenn der Positiv ist, bestehe ich auf einen Vaterschaftstest, wenn es soweit ist!“ „Gut...“

„Habt ihr euch wieder vertragen?“, fragte Mari, die nun auch wieder zu uns kam. „Halbwegs...“

„Weißt du Rick... Nimm es ihr nicht ganz so übel... Wir waren an dem Abend so betrunken, selbst ich hätte mit ihr oder Yoshi geschlafen, hahaha! Und jetzt raus hier, alle beide!!! Ich will noch etwas auf meinem Sofa rumhängen bevor ich morgen wieder fit sein muss!“

Sowohl Rick als auch mich schob sie mit jeweils einem Arm zur Haustüre, wo wir alle einen riesen Schock bekamen. Vor der Tür stand Rachel parat... Sie wollte wohl gerade klingeln und wirkte wie ein wütender Stier, der geradewegs auf ein rotes Tuch rasen wollte...

„Ach... Sieh mal einer an, wen ich da zufällig treffe... Genau zu dir wollte ich, Chann...“ „Hehehe... Was ist denn?“, fragte ich scheinheilig und versteckte mich hinter Rick.

„Nun... Mein Mann benimmt sich recht komisch seit einiger Zeit... Und da fing ich natürlich an nachzuhaken... Und ratet mal, was er mir erzählt hat, in seiner Not? JA ICH HAB IHN GENÖTIGT!!!!“ „BESTIE!“, schrie Marisha spontan, hielt sich dann aber schnell die Hände vor den Mund und guckte leicht verstört.

„Klappe da hinten!!! ALSO CHANN!?!? WAS SOLL DIE SCHEIßE!?!?!“ „Ehm... Ja...“

Mit Rachel Steit zu haben konnte nicht gut ausgehen... Die Frau konnte einem die Hölle heiß machen und ich glaubte zu ahnen, dass ich mir eine Feindin gemacht hatte...

Sie rückte mir immer mehr auf die Pelle, was mich ziemlich nervte... Da tat ich eine Dummheit... Ich fing an zu grinsen: „Ja... Ich hab's mit ihm getrieben... Es war geil! Und nicht das erste mal! LAUF RICK!“

Ich schnappte ihn mir und rannte wieder davon. Hinter mir konnte ich nur die wütenden Schreie Rachels' hören, doch ich fand das zu diesem Zeitpunkt eher lustig als beängstigend...

Blieb nur zu hoffen, dass Rick mir bald verzeihen könnte. Ich wollte nun endlich daraus lernen und in Zukunft wirklich die Finger von Yoshi lassen...
 

~ Kapitel 12 ~ Erkenntnisse ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 

Jaaa, ich weiß... Es sollte eigentlich schon im März/April hochgeladen werden xD Ich bin ziemlich faul gewesen was Schreiben betraf. Bzw. Das Hochladen fand ich dann auch noch zu doof und hab das Kapitel schlicht und einfach vergessen >_< Aber derzeit hab ich endlich wieder eine Phase, in der mir Schreiben Spaß macht und ich endlich wieder mehr als nur zwei Wörter hintereinander schreiben kann, ohne sie gleich frustriert wieder zu löschen xD So, zuletzt sag ich euch noch so viel: die nächsten 2 Kapitel sind schon geschrieben :D Also keine Angst, da kommt noch was haha, lg euer Kirolein.

Die Gegenseite

Kapitel 13~

Die Gegenseite
 

~ Feye Coldfire~

Es war eine grässliche und anstrengende Nacht für mich. Davon abgesehen, dass ich mich tausende Male hin und her wälzte, wachte ich ständig schweißgebadet auf. In den kurzen Phasen meines Schlafes träumte ich nur von den Ereignissen in der Hölle. Die Flucht von Jayden und mir – was Luzifer nun mit ihm anstellen würde, während ich hier gemütlich im Bettchen lag. Ich hasste mich. Diese ganzen Dinge hätten nie geschehen müssen, wenn ich nicht so verdammt dumm, naiv und unentschlossen wäre. Ich müsste mich verändern, zum Wohl meiner Familie. Doch wie? Leider bist du nun mal so, dachte ich, während ich in mein Kissen seufzte.

Meine vor Müdigkeit brennenden Augen erhaschten einen Blick auf den Wecker. Eine halbe Stunde noch, dann müsste ich eh aufstehen. Wieder ein Schultag... Ich konnte die Schule langsam nicht mehr ertragen. Wieso ging ich eigentlich noch dort hin? Es wäre sowieso bald zu Ende.

Plötzlich gefiel mir der Gedanke einfach zu versuchen weiterzuschlafen. Allerdings würde es Dad und Hailey nicht gefallen, wenn ich mich so gehen lassen würde. Sie würden sich noch viel mehr Sorgen machen, also seufzte ich ein weiteres mal und schleppte meine schweren Glieder aus dem Bett heraus ins Badezimmer.

Mein Anblick war entsetzlich. Das Gesicht wirkte kreidebleich und meine Augen hatten dunkle Ränder unter den Lidern.

„Okay, da musst du heute durch“, sagte ich mir selbst, klatschte mir etwas kaltes Wasser ins Gesicht und sah danach gleich etwas frischer aus. Noch etwas Zeit vertrieb ich mir im Bad um den Fragen von Dad und Hailey aus dem Weg zu gehen. Komplett erspart blieben mir die Fragen allerdings nicht. Es war nur Dad da. Anscheinend hatte Hailey wieder Nachtdienst und käme erst in einer Stunde nach Hause.

Als Dad mich ansichtig wurde, waren seine Blicke ernst. Er begrüßte mich auch nicht mit einem fröhlichen „Guten Morgen“ wie sonst immer. Ich wusste, er machte sich Sorgen. Und bei seiner Gesundheit war das alles Andere als gut. Auch ich Schwieg und machte mir ein Brötchen zum Frühstück.

Lange folgten mir seine Blicke und es war unangenehm.

„Feye...“, brach er das Schweigen. Endlich! Denn es war unerträglich. Doch was sollte ich ihm sagen?

„Was ist eigentlich mit dir los? Du bist andauernd verschwunden und so ruhig. Das kenne ich so gar nicht von dir! Ist irgendetwas passiert?“ Langsam und unsicher drehte ich mich um und versuchte nicht eingeschüchtert zu wirken. Er soll die Wahrheit nicht wissen. Nicht jetzt...

„Nein, es ist alles in Ordnung. Bin nur etwas im Stress derzeit. Mach dir keine Sorgen.“ „Ja, aber mit dir stimmt was nicht, das sehe ich dir an!“

Dass er hartnäckig bleiben würde, war vorhersehbar. Lächelnd stellte ich mich vor ihn, legte meine Hand in seinen Nacken und gab ihm zu seiner Verwunderung einen Kuss auf die Stirn.

„Alles ist gut“, sagte ich leise und verließ anschließend das Haus. Natürlich machte ich mir Vorwürfe. Ein dicker Kloß drückte mir auf die Kehle. Aber es war zu seinem eigenen Schutz. Auf dem Weg zur Schule versuchte ich mich zu beruhigen, doch ich war viel zu nervös. Wenn er jetzt vor mir stünde um mich erneut mit sich zu nehmen... Wir waren nun immerhin verbunden. Bei diesem Gedanken hielt ich einen Moment inne und starrte auf das Mal das nun fest über meinem Herzen eingebrannt war. An meinen Gefühlen ihm gegenüber änderte es im Grunde nichts. Sorgfältig zupfte ich mein Oberteil zurecht, damit niemand es sehen könnte. Ich ahnte schon, dass der heutige Tag nichts Gutes mit sich bringen würde.

In der Schule ging es wieder weiter. Seraphina war nirgendwo zu sehen, dabei hätte ich mich gerne mit ihr unterhalten über die Geschehnisse. Dafür waren die Mädchen aus meiner Klasse sofort zur Stelle.

„Feeeeye!!! Ist Jay denn immernoch nicht wieder gesund? Wo ist er? Man sieht ihn nirgendwo.“ „Vielleicht versteckt er sich vor dir“, entgegnete ich düster und schlecht gelaunt. „Tzz! Blöde Kuh, hältst dich wohl auch für etwas ganz Besonderes.“ Eine Andere stellte sich neben sie und verschränkte die Arme: „Vielleicht will klein Feye ihn ja für sich ganz alleine.“ „Sicher... Als ob er wirklich auf so ein Mauerblümchen stehen würde.“ „Könnte sein, dass er etwas Stil hat und nicht auf sowas billiges wie euch steht“, entgegnete ich in der selben Tonlage wie die meiner vorherigen Worte. Die Beiden winkten ab und ließen mich in Ruhe. Besser so... Ich hasste diesen Ort inzwischen fast genauso sehr wie die Hölle.

Ich atmete erleichtert auf als unsere Lehrerin den Raum betrat. Die Zeit während des Unterrichts war die Einzige, die ich genoss, denn da ließen mich die Weiber unserer Klasse in Ruhe. Ungewöhnlich jedoch war, dass sie die Tür offen ließ durch die ,kurz nach ihr, zwei weitere Mädchen schritten. Ihre Blicke fielen schlagartig auf mich und mir lief es eiskalt den Rücken herunter. Das waren keine gewöhnlichen Mädchen. Wo kamen sie auf einmal her? Zu der Zeit des Schuljahres noch Neue zu bekommen war höchst ungewöhnlich.

„Liebe Klasse, wir bekommen noch einmal Zuwachs.“ „Schon wieder!?“, rief einer unserer Jungs in den Raum. Die Größere der Beiden warf ihm einen stechenden Blick entgegen, wodurch er sofort inne hielt. Ja, sie war eine ungewöhnliche Frau, mit ungewöhnlichen Augen. Sie schien auch nicht gerade unser Alter zu haben... Sie sah schlichtweg zu Alt aus. Ihre braunen Haare reichten ihr bis an die Taille und ihre Augen konnten sich nicht entscheiden ob sie nun gelb, orange oder rot schimmern sollten.

Die Kleinere der Beiden hatte kurze rotbraune Haare, die in kleinen Wellen über ihre Schultern reichten. Ihre Augen waren Violett. Ein kaltes Violett – ihre Blicke ließen einem das Blut gefrieren.

Unsre Lehrerin stemmte die Hände in die Hüfte: „Seid nett zu den Neuen. Ich weiß, wir haben dieses Jahr viel Zuwachs, aber ihr habt noch lange nicht das Recht unhöflich zu sein. Stellt euch vor ihr Beiden.“ Sie Größere ergriff das Wort: „Mein Name ist Ela“, „und ich bin Alyssa“, warf die Kleinere ein. Nach einer kurzen Begrüßung wurden die Beiden angewiesen sich einen Sitzplatz zu suchen. Es wunderte mich dabei nicht, dass sie sich beide direkt hinter mich setzten. Als wären sie meine Leibwache. Den Blick meist auf mich gerichtet... Das merkte ich ohne hingucken zu müssen.

Von ihnen strömte eine große Kraft aus. Sicherlich hatten sie auch Elemente zur Verfügung. Doch waren sie nun auf unserer Seite? Oder gehörten sie zu Luzifer? Letzteres würde ein Problem darstellen. Ich müsste achtsam sein. Ich fühlte mich fremd und einsam unter diesen Menschen. Früher war es noch anders, da war Jay hier und ich war nie alleine. Und wenn sie mich ärgerten, war er da um mich zu beschützen. Immer mussten mich alle beschützen...

Während des Unterrichts drehte ich mich ab und zu leicht zurück um zu sehen, ob sie mich weiterhin anstarren. Und sie taten es. Wie ich sie dafür hasste. Der Unterricht zog sich hin wie Kaugummi wenn man ihn einige Stunden durchgekaut hatte.

Nachdem es zum Schulschluss läutete, packte ich so schnell wie möglich meine Sachen und verließ den Raum im schnellen Schritt.

Meine Beine zitterten nervös auf meinem Weg. Ich wusste, sie waren hinter mir. Sie liefen mir hinterher. Ela und Alyssa... Würden sie mich jetzt angreifen, dann...

Gerade wollte ich mich zu ihnen umdrehen, als ich von Weitem ein Rufen hörte, das wie Hailey klang.

„FEEEEYEEE!!“ Aus dem Seitenwinkel konnte ich beobachten, wie sich Ela und Alyssa mit einem Satz davon machten. Sie hatten es auf mich abgesehen. Doch nun stand Hailey fast vor mir. Ihr würde ich nichts davon erzählen.

„Was gibt’s denn?“ „Wir müssen uns beeilen und uns schnell hübsch anziehen.“ „Wieso? Gibt es was zu feiern?“ „Feiern? Naja, manche mögen es vielleicht so bezeichnen. Naga hat veranlasst, dass Maiko und Pia heiraten. Heute Mittag!“ „WAS!? Heute schon? Wieso auf einmal?“ „Es ist eben auf Naga's Mist gewachsen, du kennst sie doch.“ „Und das lässt er sich so einfach gefallen?“ „Ich glaub, dem ist das schon fast egal.“

„Versteh einer Maiko“, seufzte ich und folgte Hailey nach Hause, wo sie das ganze Bett mit Klamotten beladen hatte. Sie fluchte laut herum, als sie den Wäscheberg durchwühlte.

„Ich krieg die Krise! Was zieht man auf ne Blitzhochzeit an!? Und Gott, bin ich müde. Die ganze Nacht kranken Leuten den Hintern abgewischt und jetzt auf Hochzeit! Ich könnte hier in diesem Bett liegen und schön schlafen, aber nee...“ „Sei nicht so wütend. Es wird bestimmt schön.“

Sie seufzte und fand ein hübsch geschnittenes weißes Kleid. Es war Knielang und hatte einen mit Schleifen verzierten Ausschnitt. Mit fragenden Blicken hob sie es mir entgegen: „Gefällt dir das?“ „Für mich?“ „Nun, ich kann mich nicht erinnern, dass wir gemeinsam Festtagsmode shoppen waren.“ „Stimmt, ich nehme es.“

Für sich selbst fand sie auch noch eins das in zartem rosé schimmerte. Diese Farbe stand ihr sowieso besonders gut. Hailey war eine warmherzige und dazu auch noch sehr attraktive Frau. Dad hatte einen guten Geschmack. So viel Leid wie sie hätte niemand verdient... Sie genoss jeden einzelnen Tag, den sie noch mit meinem Dad verbringen durfte, ehe er gehen müsste.

Er kam völlig gestresst und hektisch zu uns ins Schlafzimmer und durchwühlte ebenfalls seine Kleidung: „Diese Idioten! Eine Hochzeit mit derartig vielen Gästen kündigt man Monate vorher an und nicht am selben Morgen! Typisch Naga... Ma und Dad sind auch schon verärgert.“

„Da werden sie nicht die Einzigen sein. Hab schon mit Jill telefoniert. Sie ist seeehr begeistert.“ Dad grinste: „Ironie lässt grüßen Schatz. Da müssen wir jetzt durch. Erinnere mich dran mich heute Abend zu besaufen, damit ich nicht so viel davon mitbekomme.“ „Das machst du schön nicht! Dein armes Herz!“ „Ja Dad, du darfst nichts trinken.“ „Tzz, nichts wird einem gegönnt. Kann ich das anziehen?“

Er hielt eine schwarze Jeans und ein weißes Hemd in der Hand. Hailey guckte skeptisch, zuckte dann aber mit den Schultern: „Es dürfte für den Anlass ausreichend sein.“

„Wo wird überhaupt gefeiert?“ „Die scheinen eine Gartenanlage im Park gemietet zu haben“, antwortete Dad auf meine Frage.

Ich hatte keine Lust auf Hochzeit... Hochzeit verband zwei sich liebende Menschen und war zum umfallen romantisch. Sie besiegeln ihre Liebe mit dieser Zeremonie... Liebe... Ich wollte davon nichts mehr wissen, denn es war die Liebe, die mich schon seit Jahren quälte. Und je mehr Zeit verging, desto schlimmer wurde es. Liebte Maiko Pia denn nun auch wirklich? Ich wusste die Antwort nicht.

Wenn er sie heiratete, dann aus Liebe? Oder Zwang? Vielleicht war es auch seine Gleichgültigkeit, die ihn dazu trieb es einfach über sich ergehen zu lassen. Eigentlich würde ich gerne mit Jenn darüber reden, aber sie hasste mich.

Zum Glück wussten Dad und Hailey nicht, dass ich im Grunde auch diesen Bund mit Luzifer hatte. Wieder achtete ich darauf, dass nichts von diesem Symbol auf meiner Brust zu sehen war.

„Gut, ich lass euch beide hier allein, damit ihr euch umziehen könnt.“ „Nicht nötig, Dad, ich zieh mich in meinem Zimmer um“, antwortete ich und schnappte mir das weiße Kleid. „Ich guck dir doch nichts weg!“ Hailey lachte, und amüsierte sich über mich. Es wäre mir egal gewesen mich in ihrer Anwesenheit umzuziehen, doch dann würde sie das Mal sehen...

Oben zog ich mich in aller Hektik um, damit es ja niemand sehen würde. Dann ertappte ich mich bei einem Blick aus dem Fenster, durch das ich die Umgebung nach Ela und Alyssa absuchte. Ich konnte sie nicht erkennen, aber ich wusste, dass sie noch immer auf mich lauerten. Auf die Hochzeit würden sie sich wohl kaum trauen. Dort wären viele Assistants aus unsren Familien versammelt. Ein großer Nachteil für die Beiden... Wenn sie noch so stark wären, mit dieser Überzahl könnten sie es nicht aufnehmen. Also beruhigte ich mich... Zumindest versuchte ich es.
 

Zwei Stunden später, im Park, waren schon viele von uns versammelt. Rico saß mit seinen Geschwistern und deren Ehepartnern an einem großen Tisch. Seine Frau war nicht dabei. Hätte mich auch gewundert, wenn Maiko seine Mutter dabei haben gewollt hätte. Marisha wirkte sehr besorgt und unglücklich. Sie sah schlecht aus. Wahrscheinlich weil Jayden nicht nach Hause gekommen ist. Hailey und Dad setzten sich auch zu ihnen und lästerten über Naga's übereilte Hochzeitspläne.

Jenn und Maiko standen zusammen etwas abseits. Maiko sah nicht besser aus wie Marisha. Also doch keine Sache des freien Willens.

Jenn redete fleißig auf ihn ein. Wie gern wäre ich jetzt bei den Beiden um ihn auch aufzubauen. Doch als die Beiden mich sahen, schenkten sie mir nur Blicke voll Abneigung, die mich praktisch davor warnten nur einen Schritt näher zu kommen.

Auch Pia erblickte ich.

Sie sah glücklich aus. Ihr Gesicht strahlte vor Glück. Begleitet wurde sie von ihrer aufgekratzten Mutter, die so tat als sei das ihre eigene Hochzeit. Sie zupfte ständig das Hochzeitskleid ihrer jüngsten Tochter zurecht und meckerte über ihre Haltung. Und Pia tat alles ihr nur mögliche um ihrer Mutter gerecht zu werden. Es war Naga's Hochzeit... Und nicht die von Maiko und Pia.

Doch zwischen den Beiden musste ja etwas sein... Irgendwas... Wo hatten sie eigentlich ihr Baby? Meine Blicke schweiften umher... Die Kleine sah ich dann bei Ryan und Nyria, die „Mutter, Vater, Kind“ spielten.

Ich langweilte mich... über eine Stunde lang, während die Anderen sich amüsierten und Vorbereitungen trafen. Selbst als der Standesbeamte anfing seine Rede zu halten und Maiko und Pia sich das Jawort gaben, stand ich unter einem der dekorativen mit Rosen beschmückten Torbogen. Der letzte Schluck Sekt in meinem Glas wanderte meine Kehle hinunter und keinem von ihnen fiel auf, dass ich nicht bei ihnen saß.

Stürzt euch in euer Unglück, dachte ich frustriert, während ich die Hochzeit beobachtete. So viele verliebte Paare. Hailey hatte ihre Hand auf dem Bein von Dad liegen, er umschloss sie mit seinen Händen. Wie glücklich die Beiden aussahen. Fast wie frisch verliebt. Und auch Jill und ihr Mann... Der selbe Anblick.

Der einzige Mensch, der wohl gerade genauso im Unglück badete wie ich, war Marisha. Nicht mal die gute Laune ihrer Mitmenschen konnten ihr helfen ein Lächeln ins Gesicht zu bekommen.

„Und daher frage ich dich, Pia Iwanov, möchtest du den heiligen Bund der Ehe mit diesem Mann eingehen, ihn lieben und ehren, bis dass der Tod euch scheidet?“, fragte der Standesbeamte. „Ja“, antwortete die Rothaarige entschlossen. Ihr Cremefarbenes Kleid leuchtete in der Sonne strahlend hell.

Plötzlich spürte ich wie sich ein Arm um meine Taille schlang und mich nach hinten zog, wo ich an einen warmen Oberkörper gedrückt wurde. Ich schreckte nicht auf, denn ich wusste, wer mir einen Besuch abstattete.

„Klein Feye... Süß und unschuldig wie immer. Hübsch siehst du aus. Hättest du dir auch so eine Hochzeit gewünscht, anstatt unsres Rituals?“, flüsterte Luzifer mir ins Ohr. „Geh! Wenn sie dich sehen...“ „Die sehen nur das was sie sehen wollen... Was willst du sehen?“

Ich drehte mich zu ihm um und guckte ihm in seine schwarzen und ausdruckslosen Augen. „Ich sehe einen grausamen Mann, der behauptet eine Frau zu lieben, doch gleichzeitig alles zerstört was sie liebt.“ „Was du von mir denkst. Ich zerstöre doch nichts.“ „Lebt er noch? Du hast ihm doch hoffentlich nichts getan.“ „Ich? Für die Drecksarbeit bin ich ich nicht zuständig. Ich hab ihn Reeza überlassen.“ „Reeza...“

Wieder schlang er seine Arme um mich: „Der Anlass ist nicht passend um traurig zu sein, meine Liebe. Guck dir die ganzen Idioten an, sie sind glücklich. Warum du nicht?“

„Weil sie eigentlich alle jemanden haben zu dem sie gehören.“

Er schnaufte kurz enttäuscht und schüttelte lächelnd den Kopf: „Aber das hast du doch auch. Ich bin immer für dich da und du gehörst zu mir.“ Sollte ich ihm jetzt widersprechen? Er würde nur immer mehr Argumente finden... Wieso war er eigentlich so nett zu mir? Ich war davongelaufen wie ein Vieh, das ein Loch in einem Zaun ergattert und flieht. Er sollte eigentlich wütend auf mich sein, da ich nicht loyal war.

Stattdessen grinste er und senkte seinen Kopf und ließ seine Lippen über meinen Hals streifen. Mein Magen zog sich zusammen, es fühlte sich so gut an – wo es doch so falsch war. Er zog mich in ein kleines Haus, indem die Hochzeitssachen gelagert waren. Übrige Deko, Kisten und die Hochzeitstorte waren dort. Überall lagen noch übrig gebliebene rote und weiße Herzluftballons verstreut.

Und während alle draußen die Eheschließung von Maiko und Pia feierten, schlief ich mit Luzifer im Lagerraum... Schon wieder konnte ich ihm nicht widerstehen. Wie schwach ich wieder war. Jedes mal aufs Neue.

Er drückte mich gegen die Wand, während ich meine Beine um seine Hüfte schlang und mich an seinen starken Schultern festhielt. Nur schwer konnte ich mir das ein oder andere Stöhnen verkneifen. Im Schutz der gestapelten Kisten, schreckten wir beide etwas auf, als die Tür aufging und ich die Stimmen von Chann und Marisha hören konnte.

„Diese Hochzeit nervt mich... Naga hat alles unter ihrer Kontrolle“, meckerte Marisha. „Lass es uns einfach hinter uns bringen und die Torte holen. Sag mal, hast du eigentlich Feye gesehen? Sie war auf einmal weg.“ „Na die wird wissen warum. Das hier ist doch ein einziges Theater.“ „Ja, stimmt. Zum Glück haben sie Rachel nicht eingeladen.“ „Haha.“

Kichernd gingen beide raus und ich war heilfroh, dass sie uns nicht bemerkt hatten, obwohl wir keine zwei Meter von ihren entfernt waren. Langsam machte Luzifer weiter bis wir beide zufrieden waren. Zuletzt küsste er mich noch einmal und schaute mir in die Augen: „Ich liebe dich... Lauf nicht mehr von mir davon, sonst muss ich dich womöglich noch einsperren.“

Und so schnell er erschienen war, zauberte er sich mithilfe seiner dunklen Kräften wieder davon. Frustriert sank ich zu Boden und zog meine Knie zu mir heran. Es fühlte sich gut an... Aber immer plagte mich danach mein schlechtes Gewissen. Er ließ mich hier bleiben.

Doch er redete von Einsperren... Dieser Kerl ging mir nicht mehr aus dem Kopf, obwohl er dort nichts zu suchen hatte.

„Du bist doch so schwach...“, hörte ich auf einmal eine Stimme durch den Raum hallen und stand aufgeschreckt auf. „Wer ist da!?“ Verwirrt ließ ich meine Blicke umher gehen, doch ich fand nichts verdächtiges.

War es vielleicht Ela, oder Alyssa? Lauerten sie mir hier nun doch auf? Entsetzt machte ich einen Satz zurück und stieß mich an der Wand, als eine Frau vor mir erschien. Sie schien nicht ganz da zu sein – eher wie ein Geist. Ihr Anblick war etwas durchsichtig.

„Ich bin praktisch deine bessere Hälfte. Deine innere Kraft, die du wohl nicht einmal nutzen kannst. Man nannte mich auch Sacred Feye.“ „Sacred... Feye? Du heißt so wie ich?“ „Ich bin praktisch du. Mein Geist ist versteckt in dir, doch langsam muss dich mal jemand wach rütteln, wie man so schön zu sagen pflegt.“ „Bist du... Bist du tot? Ich meine dich schon einmal gesehen zu haben.“ „Vielleicht hast du mich in deinen Träumen gesehen“, sagte sie und schmunzelte selbstgefällig. „Und ja, ich bin tot. Gestorben durch die Hand deines Geliebten, als ich noch ein Erzengel Gottes war.“

Sie betrachtete mich eingehend. Ihre roten Augen machten mir etwas Angst... Silberne Haare mit roten Spitzen legten sich über ihre Schultern und endeten erst an ihren Kniekehlen, so lang waren sie.

„Der Mann, den du liebst...“ Mir blieb fast das Herz stehen, als sie ihren Satz begann. „Vielleicht hast du ein falsches Bild von ihm. Er behauptet dich zu lieben, doch zum Lieben ist er nicht mehr fähig.“

„Was soll es sonst sein?“, fragte ich trotzig wie ein kleines Kind. Sie grinste und lachte leise und kläglich: „Na, Liebe sicherlich nicht. Vielleicht ist es Gier, Egoismus, Selbstgefälligkeit oder Arroganz. Er hat viele solche Eigenschaften. Indem du dich allerdings mit ihm einlässt, bringst du deine Familie in Gefahr.“

Langsam senkte ich den Kopf: „Ich weiß...“ „Du vernichtest alles, was ich geschaffen hatte! Die Elemente – Erde, Feuer, Wasser und Wind... Es waren meine Elemente und meine Göttinnen, die darüber wachten. Und er war es, der uns alle tötete!

Skrupellos und ohne mit der Wimper zu zucken! Und nun sind es die Assistants, die die Kräfte meiner Göttinnen in sich tragen. Und die bist die, die meine Kräfte haben sollte.“ „Er hat sich sicher...“ „Nein, er hat sich nicht geändert. Werd endlich klar im Kopf, Mädchen! Er ist der Feind! Das Böse! Du musst ihn töten!!!“

„Ich? Aber...“ „KEIN ABER!!! ER MUSS STERBEN!“ „Wie soll ich...“ „Lerne endlich deine Kraft zu nutzen und töte den Feind. Dann kannst du endlich ein normales Leben führen. Er muss sterben!!!“

Sie wurde zuletzt richtig hysterisch und verschwand wieder. Sacred Feye... Ich wusste schon immer, dass mit mir etwas nicht stimmte. Woher ich meine verborgenen Kräfte und den schwarzen Stein hatte, wusste ich vorher auch nicht wirklich, doch Sacred Feye war die Lösung. Ich wusste nicht was früher geschehen war. Zumindest nicht komplett.

Aber er muss sie alle getötet haben, sonst würde sie es nicht sagen. Ja, sie musste Recht behalten, immerhin war sie ich... Und ich sie. Dass es so war, spürte ich. Ja, ich sollte ihr glauben und Luzifer endlich den Kampf ansagen. Doch wie sollte ich meine Fähigkeiten nutzen?


 

~ Reeza ~

Starke dunkle Kräfte erfüllten den riesigen Raum im unteren Teil unserer Festung. Diesen Raum nutzte Luzifer oft um mich zu trainieren. Während er seine Energiekugeln auf mich schleuderte, sprang ich blitzschnell herum um ihnen auszuweichen. Ich musste mich dabei auf mein Gefühl verlassen, denn sehen konnte ich kaum etwas.

„MEHR KONZENTRATION BITTE!“, rief er mir aus der Ferne entgegen und feuerte wieder auf mich. Und wieder wich ich den Angriffen geschickt aus, ohne mich zu wehren. Ich spürte wie er von einer auf die andere Sekunde urplötzlich vor mir stand und mit seinen Kampfkünsten weiter machte. Angestrengt versuchte ich seine Schläge mit meinen Armen und Händen abzuwehren. Auch meine Beine nahm ich zu Hilfe. Er war schnell... Sehr schnell. Ein lautes Klatschen ertönte, als er mich schließlich doch mitten ins Gesicht traf. Mit voller Wucht wurde ich zu Boden geschleudert und hielt mir die Wange.

Nur verschwommen konnte ich sehen, wie er sich in die Hände klatschte und laut lachte: „Du bist so schlecht, Töchterchen. Grottenschlecht! Aber schon besser geworden.“ „Tzz... Ich trainiere ja auch während du kleinen Mädchen was vormachst nur um sie zu nageln“, antwortete ich wütend und stand auf. Mit der äußeren Handfläche wischte ich mir das Blut vom Kinn.

„Ich mache ihr nichts vor.“ „Komm, erzähl keinen Müll. Du und Gefühle.“ „Das Training ist für heute beendet. Ab morgen trainierst du meine beiden neuen Errungenschaften.“ „Ela und Alyssa? Diese beiden Vollpfosten? Was bezweckst du mit denen?“ „Sie dürfen sich an Feye klemmen. Und zur Not auch etwas Gewalt anwenden. Dieser nichtsnutzige Jayden wird in der Menschenwelt zu riskant. Auspeitschen und verbrennen sollte ich ihn.“ „Sadist...“ „Gestatten, Luzifer, Fürst der Unterwelt! Wer wäre ich denn, wenn ich ihn verschonen würde. Und jetzt hau ab, ehe ich dich auch verbrennen lasse...“

Manchmal hasste ich ihn... Nein, ich hasste ihn nicht nur manchmal. Er war ein Arschloch.

„Ich werd nicht mehr länger deine Kammerdienerin spielen...“ Er blieb stehen und drehte sich langsam zu mir, soviel konnte ich mit meinen Augen erkennen. Doch mit meinen Sinnen sah ich ihn klar vor mir. Seine Blicke sprachen Bände. Sie waren ernst und stechend. „Was?“ „Du hast richtig gehört! Ich hab kein Bock mehr darauf!“

„Hahaha, und das hast du zu bestimmen?“ Er kam auf mich zu, holte kräftig aus und schlug mich erneut ins Gesicht. Ohne einen Laut nahm ich es hin.

„Dieser ganze Rachescheiß gegen Gott geht mir auf die Nerven! Und ich werde nicht an deiner Seite kämpfen! Ausnutzen lass ich mich nicht!“

Ich machte ihn extrem wütend... Wieder holte er aus und schlug mich ein weiteres mal. Dann packte er mich an den Haaren und stieß mich gegen die Wand. Mein Rücken schmerzte heftig, doch das war ich von ihm gewohnt.

„Überlege dir gut, was du zu mir sagst. Was du willst zählt nicht. Du kannst froh sein, dass ich dich überhaupt am Leben gelassen habe.“ Wieder floss mein Blut, doch ich grinste und lachte leise, während ich seitlich zu Boden starrte: „Wenn du mich nicht wolltest, warum hast du dann meine Mutter noch geschwängert und sie gezwungen mich auszutragen, bevor du sie getötet hast!?“ Er zerrte meinen Kopf nach oben, sodass ich ihn angucken konnte.

„Zur Stärkung meiner Armee. Sacred Feye hatte starke Kräfte. Gepaart mit Meinen sollte das ja sehr Erfolgversprechend sein. Leider wurden meine Erwartungen jäh enttäuscht.“

Ruckartig stieß er mich noch einmal gegen die Wand und anschließend zu Boden. „Sacred Feye lebt in Feye. Und ich schätze sie ist nicht sonderlich gut gelaunt, nachdem was ich mit ihr gespielt habe. Ich muss Feye im Auge behalten. Sacred könnte mir gefährlich werden bei meiner Arbeit. Das ist alles.“

Ich blieb am Boden liegen und hörte seine Schritte als er ging. Grausame Geschichten hatte ich über ihn und meine Mutter gehört. Sie muss dadurch wahnsinnig geworden sein. Wie eine Sklavin soll er sie in der Zeit ihrer Schwangerschaft mit mir gehalten haben. Und dann will er Feye allen Ernstes erzählen, er würde sie lieben?

Sacred Feye war einst ein mächtiger Erzengel... Und sie war der Ursprung der vier Göttinnen der Elemente, somit auch der Assistants. Doch ich hatte die Befürchtung, dass sie einfach nur noch nach Rache gierig war und alles Andere für unwichtig hielt.

Langsam rappelte ich mich auf und verließ ebenfalls den Raum. Auf dem dunklen Korridor begegneten mir Luzifers neuste Errungenschaften, Ela und Alyssa. Wie hochmütig sie waren.

In seiner Gunst zu stehen gab ihnen zu viel Selbstbewusstsein. Höhnisch grinste mir Alyssa entgegen: „Na, hattest du Streit mit dem Boss?“ Dabei deutete sie auf ihr Auge. Meines war blau geschlagen... Sie machte sich über mich lustig, was sie noch irgendwann bereuen würde. Sie wussten nicht, dass ich seine Tochter war.

„Wahrscheinlich hat sie ihre Aufgaben nicht richtig erledigt“, entgegnete Ela und lachte. „Wen kümmert es? Ihr beide solltet gut auf euch Acht geben, das Leben kann so schnell zu Ende gehen. Also bemüht euch, bevor der „Boss“ noch mit euch Streit anfängt. Das könnte übel enden.“

Denn anders als mich, würde er die Beiden nicht vor Schlimmerem verschonen. Er tötete mich nicht, denn mit meinen Kräften war ich wirklich eine starke Verbündete, doch ich war nicht loyal genug um sein volles Vertrauen zu besitzen. Doch er schien sich noch immer Hoffnungen zu machen, dass ich doch noch „normal“ werden würde.

Darauf könnte er lange warten. Ich kämpfte nicht aus Leidenschaft und Zuneigung zu ihm. Zwar führte ich Aufträge durch, doch nicht weil ich es so wollte. Für meine Mutter würde ich ebenso wenig kämpfen. Ich hasste sie beide und wenn es nach mir ginge, könnten beide sofort tot umfallen, sofern meine Mutter dazu noch fähig wäre.

Nun, ich beschloss Feye einen Besuch abzustatten, sobald es auf der Erde Nacht werden würde. Sie würde sich nicht über meinen Besuch freuen, soviel war sicher.

Die Zeit bis dahin wollte ich mir mit einem kleinen Spaß vertreiben.

Dazu bräuchte ich erstmal ein paar Dämonen. Sie zu finden war nicht schwer, die tummelten sich hier wie die Fliegen.

„Hey ihr!“, rief ich einer kleinen Gruppe von Dämonen entgegen. Sie zuckten allesamt zusammen. Ja, sie fürchteten sich vor mir, ich war ihnen auch haushoch überlegen.

Ein Klaps und sie wären Aschehaufen – allesamt.

Doch was ich nun erleben sollte, kam noch nie vor. „Ich will, dass ihr einen Auftrag für mich erledigt.“ „Tut mir leid, Miss Reeza, aber der Lord hat uns verboten Aufträge von Euch anzunehmen.“ „WIE BITTE!? Dieses Arschloch! Aber ihr werdet es trotzdem tun, sonst brate ich euch.“

Demonstrativ hielt ich ihnen meine offene Handfläche entgegen und ließ eine Feuerkugel erscheinen.

„Miss Reeza, Ihr bekommt Ärger wenn ihr uns gegen seinen Willen etwas zuleide tut“, erklärte einer mit zischender Stimme. „Es wäre ihm egal... Ihr wollt also nicht? Gut!“ Sie waren mir egal... Ohne Zögern schoss ich vier von ihnen nieder und starrte den Letzten eindringlich an. Er war verängstigt und flehte um Gnade.

„Tut mir nichts, Miss!!! Ich tue alles, was Ihr von mir verlangt!“ „Sieh zu, dass du Land gewinnst, ich mache es selbst.“

Zitternd ergriff er die Flucht. Ich hätte ihn noch nachträglich töten können, aber was soll's, meine Finger waren genug beschmutzt. Und was Luzifer davon halten würde, ging mir praktisch am Arsch vorbei. Er würde einfach neue Dämonen erschaffen. Als ob diese Wesen eine größere Bedeutung für jemanden haben könnten.

Mein Auftrag für sie war im Grunde ein Kinderspiel und das was ich ihnen angetan hatte, wäre sicherlich nicht von Nöten gewesen. Ich wollte, dass sie in einen Buchladen stürmen um mir etwas zu holen, doch darum kümmerte ich mich nun selbst.
 

„Ich hätte gerne alle Bibeln, die Sie zu verkaufen haben“, sagte ich belustigt, als ich in zivilisierter Kleidung vor dem jungen Buchhändler stand. Warum ich Bibeln brauchte?Ich amüsierte mich gerne mit ihnen. Es war Gottes Lehre – eine Schande. So sehr ich Luzifer auch verachtete – ich teilte seine Ansicht zu Gott. Doch ich hasste ihn nicht so sehr um einen Krieg anzuzetteln. Darauf hatte ich schlichtweg keine Lust. Seine Armee aus Engeln war ebenso nicht zu unterschätzen wenn es darauf ankäme. Zumindest stellte ich es mir so vor.

Der Verkäufer guckte mich verdutzt an: „Wozu... Brauchen Sie derartig viele Bibeln?“

„Darum...“, antwortete ich knapp und lächelte ihn verführerisch an. Wie er genau aussah, konnte ich durch meine Augen nicht erkennen, doch sein Inneres strahlte grell... Irgendwas stimmte nicht an ihm. Seine Aura wirkte nicht ganz menschlich. Vielleicht bildete ich mir das auch nur ein.

„Tut mir leid, schöne Frau, sie sind alle ausverkauft. So ein Pech aber auch, dass gerade vor einer Stunde eine Kirchengruppe hier war um sie aufzukaufen. Sie könnten welche bestellen.“

„Ach, das ist es mir nicht wert... Scheiß drauf.“ Dann würde ich sie eben nicht verbrennen und Spaß dabei empfinden, sondern müsste mir eine andere Beschäftigung suchen. Vielleicht diesen Jayden verführen, dachte ich und musste innerlich grinsen.

„Bibeln zu verbrennen, bringt keine dauerhafte Befriedigung. Den Herrn wird es kaum stören“, sagte der Verkäufer und lächelte, soweit ich es erkennen könnte. Ich war verblüfft. Ich sollte schnell hier weg... „Verbrennen? Wer macht denn sowas? Sie sind ein seltsamer Satanist. Schönen Tag noch.“

Wer war dieser Typ im Buchladen mit der warmen und jungen Stimme? Er verwirrte mich und ich versteckte mich, solange es noch nicht dunkel war. Dabei beobachtete ich Ela und Alyssa, die Feye verfolgten. Sie würden es merken, wenn ich mich mit ihr treffen würde.

Nach Einbruch der Dunkelheit lauerten sie weiterhin. Die hatten wohl echt keine Hobbys. Um sie abzulenken flog ich hoch in die Luft und schleuderte eine Energiekugel einige Kilometer weit weg, sodass es in der Stadt zu einer Explosion kam. Dadurch wurden sie aufgeschreckt und machten sich sofort auf den Weg dort hin. Sie spürten die Energie, wodurch die auch spürten, dass es keine normale Explosion war. Wahrscheinlich würden sie von einem Kampf gegen Assistants ausgehen und unsren Dämonen helfen wollen.

Kurz darauf sah ich, wie die Tür des Hauses indem Feye wohnte aufging und Clyde und Hailey heraus rannten. Sie hielten es ebenso für einen Angriff... Gut, dann hätten Ela und Alyssa zumindest eine nette Begegnung mit den Assistants. Clyde und Hailey waren sicherlich nicht die Einzigen, die dorthin gingen. Alle Anderen Menschen würden es für einen Terroranschlag halten – so waren sie eben. Dumm und einfältig. Keinen Sinn für übermächtige Kräfte. Ich wollte Feye helfen, was nicht bedeutete, dass ich mich der guten Seite anschließen würde. Mord, Schmerzen und Leid – ein Genuss für mich. Ich war ein Kind der Dunkelheit, das konnte ich nicht leugnen.

Feye war nun allein in dem Haus und Alyssa und Ela ausgeschaltet. Ich konnte sie nun ohne Probleme heimsuchen.

„AAAH!!“, schrie sie und schreckte auf, als ich mich einfach so in ihr Zimmer teleportiert hatte. Sie sprang von ihrem Bett und versuchte eine Kampfposition anzunehmen. Nun... Sie wäre kein Problem für mich. Sie konnte nichts, doch ihre verborgenen Kräfte waren mächtig und durften nicht unterschätzt werden. Sie könnte jederzeit ihre Kontrolle verlieren.

„Reeza! Was willst du!?! Wie viele von euch wollen mich heute eigentlich noch verwirren!“ „Ich will dich nicht verwirren und auch nicht angreifen. Ich komme mit einem Friedensangebot für uns beide.“ „Warum solltest du das tun!? Wo ist Jayden!? Hast du ihn umgebracht?“ „Den kleinen Blonden? Der interessiert mich nicht. Frag lieber deinen Lover was mit dem geschehen ist.“ „Meinen... Oh... Er sagte, er hätte ihn dir überlassen!“ „Ha, dieser Lügner. Aber ich bin nicht gekommen um über den Blonden zu sprechen.“

Sie senkte ihre Arme, betrachtete mich aber weiter mit skeptischen Blicken. Sie vertraute mir nicht, das war auch gut so. Warum sollte sie auch?

„Ist dir eine Frau mit silbernen Haaren erschienen?“ „... Sacred Feye?“ „Aaah, du kennst sie bereits. Sehr schön. Ich möchte dir etwas über meine Familie erzählen.“ „Deine Familie?“

Ohne gebeten zu werden setzte ich mich auf ihr Bett und machte es mir gemütlich, was ihr überhaupt nicht passte.

„Meine Mutter, Sacred Feye. Sie ist eine Wahnsinnige. Du solltest gewarnt sein.“ „Sie ist ich! Sie ist die Gute und Luzifer der Feind.“ „Luzifer ist wohl der Feind, aber Sacred Feye ebenso.“ „Wie soll ich das verstehen?“, fragte sie mich naiv und verärgert zugleich. Ich tätschelte mit der Hand auf die andere Seite des Bettrandes und gab ihr damit ein Zeichen, dass sie sich auch hinsetzen soll. Zu meiner Überraschung tat sie es auch. Würde ich sie jetzt hintergehen wollen, wär sie noch leichter zu erledigen. Sie schien Vertrauen aufzubauen. Naives, dummes Ding...

„Sacred Feye wird von ihrem Hass getrieben. Sie will Luzifer töten – unter allen Umständen.“ „Ja, so kam sie mir vor... Aber... Das sind so viele Informationen. Ich weiß nicht mehr was passiert, was Wahrheit und was Lüge ist.“ „Wer weiß das schon“, antwortete ich lachend.

„Du etwa auch nicht?“ „Nö. Ich bin nur die Dumme, die Anweisungen folgen muss. Jedoch bin ich grade aus freiem Willen hier.“ „Hmmm... Ich weiß nicht ob ich dir glauben soll. Wenn Sacred Feye, die Schöpferin der Assistants, der Feind ist... Dann bin ich der Feind und gefährde meine ganze Familie.“ „Eventuell. Du kannst mir glauben, oder es auch bleiben lassen. Wichtig ist, dass du die Kontrolle über dich behältst“, erklärte ich ihr, während ich ihr in die Augen sah.

Sie war ein sehr hübsches Mädchen, so naiv und unschuldig. Kein Wunder, dass Luzifer sich an ihr verging. Ihr Augen schimmerten klar und rein. Es war schon fast eklig, so süß war sie.

Doch in ihren Augen spiegelte sich auch Trauer und Verzweiflung. Sie wusste nicht mehr wie es weitergehen sollte. Ich lächelte sie an: „Der große Tag wird kommen, an dem das hier endet und du gehen wirst. Vielleicht sterben Luzifer und ich ja auch, oder wir leben zusammen in der Hölle, hahaha. Aber Stiefmutter nenne ich dich nicht!“ „Du bist komisch... Und wenn ich sterbe? Und meine Familie?“ „Dann ist Gott genau der, für den ich ihn halte – ein Bastard, der behauptet seine Schöpfung und Kinder zu lieben, was im Grunde eine Lüge ist.“

Sie hielt inne und überlegte. Ihren Kopf hatte sie gesenkt, ihr Herz schrie vor Verzweiflung, doch das war ihre Bürde. Ich legte Zeige-und Mittelfinger unter ihr Kinn und ließ sie ihren Kopf wieder erheben. Darauf lehnte ich mich langsam zu ihr und küsste sie. Sie schreckte nicht zurück.

Ihre Lippen waren genau so wie ich es mir gedacht hatte. Weich und zart. Alles war geprägt von Unschuld. Ich hätte sie gerne verführt, doch das war nicht meine Aufgabe und auch nicht meine Rolle in diesem Spiel.

Einen Moment lang und uns ganz nah schauten wir uns in die Augen, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

„Ich gehe jetzt, vielleicht kannst du auf mich zählen, wenn es darauf ankommt“, sagte ich und stand auf. „Bist du meine Verbündete?“, fragte sie verwirrt und faltete die Hände hoffnungsvoll. „Ich sagte vielleicht.“

Doch ich wusste, dass diese Antwort so nicht ganz stimmte... War ich ihre Verbündete? Oder würde ich ihr Vertrauen erschleichen und sie töten?
 

~ Kapitel 13 ~ Die Gegenseite ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 

Huhu again! :D Ich sagte doch, das nächste Kapitel lässt nicht lange auf sich warten. Nun... Langsam fängt es an interessant zu werden. Ich hatte großen Spaß daran endlich mal aus Reezas Perspektive zu schreiben. Ich mag das <3

Bis zum nächsten Kapitel :3 Euer Kiroding!

Frust

Kapitel 14 ~

Frust
 

~Maiko Hiwatari~

Kurz nach der Hochzeit
 

Es war mit Sicherheit ein riesiger Fehler, den ich mit meinem Jawort besiegelte. Pia heiraten... Wie konnte ich nur? Ach ja, es war Naga, die früh am Morgen auf die Idee kam und es war Pia, die von dieser Schnapsidee begeistert war. Ich hätte sie beide erschlagen können, doch wenn ich mich dagegen gesträubt hätte, wäre ich für alle wieder das Arschloch und sie würden mich mit Fragen überhäufen ob ich Pia etwa nicht lieben würde. Vor allem Naga...

Die Frau konnte richtig schlimm sein, allerdings lange nicht so schlimm wie meine Mutter. Ob es sie wohl sehr getroffen hat, dass wir sie nicht eingeladen hatten? Hoffentlich... Mit Pia hatte ich sowieso schon ein Kind, also warum nicht gleich vollkommen in den Untergang wandern?

Die Gäste sahen nicht sonderlich glücklich und begeistert aus. Eher genervt und frustriert. Zwar amüsierten sie sich miteinander, aber es kam eher gezwungen rüber. Was sollten sie auch sonst tun? Schmollen?

Es war wie eine Fassade. Jeder hier wusste, dass es zu diesem Zeitpunkt falsch war, dass ich nicht aus freien Stücken handelte, sondern dass Naga alles bestimmte.

Der schönste Tag des Lebens? Drauf geschissen, dachte ich mir und schnipste meine Zigarette ins Gras. Und obwohl sie es wussten, lächelten sie, freuten sie sich – zumindest offiziell – und beglückwünschten uns. Ja, für Pia war es der schönste Tag... Für mich eher ein Alptraum. Ich war dankbar und froh, dass ich Jenn hatte. Ich sehnte mich danach auch Feye zu uns zu rufen, sie starrte uns die ganze Zeit sehnsüchtig an. Wir sehnten uns alle nacheinander, immerhin waren wir lange befreundet.

Doch was sie getan hatte war unverzeihlich. Hätte ich noch einmal die Möglichkeit, würde ich verhindern zu wissen, was ich wusste. Sie und Luzifer... Aber sie sah nicht gut aus. Es ging ihr sicherlich schlecht...

„Hier bist du, Schatz“, sagte Pia fröhlich und hakte sich bei meinem Arm ein. „Ja... Du hast mich gefunden, wie schön.“ Ihre Blicke wandelten sich in Enttäuschung um und sie stemmte ihre Fäuste in die Hüfte.

„Warum hast du nicht Nein gesagt, als der Standesbeamte dich fragte ob du mich heiraten willst!!? Man merkt doch, dass du keinen Bock darauf hast!“ „Doch, doch... Natürlich hab ich Bock drauf. Mein Gott, reg dich nicht so auf, Zicke.“ „Und jetzt beleidigst du mich auch noch! Am Tag unsrer Eheschließung... Tzz.“ „Sind wir ehrlich, es war eh nicht unsere Hochzeit, sondern das was deine Mutter für uns wollte.“

„Du bist so undankbar...“, sagte sie wütend und enttäuscht, ehe sie davon stampfte und ihrer Schwester Maya den Blumenstrauß in die Arme schleuderte. Maya blickte mich fragend an, zuckte dann allerdings mit den Schultern.

„Schade, dass Jay nicht da ist um das zu erleben“, murmelte Jenn, die sich wieder zu mir stellte.

„Er würde heulen... Wo ist Feye hin?“ „Keine Ahnung. Vielleicht wieder Sex mit Luzifer haben. Ich versteh sie nicht.“ „Sex mit Luzifer? Du bist doof... Sie stand vorhin noch bei den Anderen. Also auf meiner Hochzeit... Mit ihm... Hahaha, soweit würde nicht mal sie gehen.“

Jenn stimmte mir zu und wir lachten beide. Ich war froh sie zu haben. Doch Jayden und Feye fehlten uns beide. Ich machte mir Sorgen um Jay...
 

Am Abend saß ich frustriert zu Hause und hörte mir die wütenden Worte meiner frisch angetrauten Gattin an. Sie lief mit unserer Tochter auf dem Arm hin und her.

„Ich fasse es einfach nicht, dass du mich aus Zwang geheiratet hast!“ „Hättest du dir das nicht denken können? Ihr hättet mich doch wohl umgebracht wenn ich nicht zugestimmt hätte.“ „Du liebst mich nicht...“ „Doch.“

Sie nervte mich. Mir fielen bald keine Antworten mehr auf ihre Fragen und Vorwürfe ein. Sollte ich ehrlich sein? Oder besser lügen? Vielleicht wär es auch praktisch einfach wieder das Weite zu suchen. Aber diesmal wollte ich nicht wie ein Feigling davonlaufen. Irgendwie liebte ich sie ja schon, aber ich liebte das Drumherum nicht. Naga war die Hauptursache unserer Probleme.

Aber Pia wollte das nicht wahrhaben.

Plötzlich verstummten wir, als es einen lauten Knall gab. Die Kleine auf Pia's Arm erschreckte sich so sehr, dass sie anfing zu Schreien, was wiederum Aggressionen in mir hervorrief.

„Was war das!?“ „Eine Explosion, denke ich“, antwortete ich aufgebracht und riss das Fenster auf um vielleicht etwas sehen zu können. Leider war die Sicht von hier auf die Stadt nicht gerade vorteilhaft. „Vielleicht ein Angriff von Dämonen? Dann müssen wir hin und nachsehen!“ „Ja, ich gehe...“

Im nächsten Moment stürmten Naga und Maya herein. „Habt ihr das auch gehört?“, fragte Maya entsetzt. „Es scheint eine Explosion gegeben zu haben. Wir sollten nachsehen.“ „Ich gehe“, warf ich erneut in den Raum, doch Pia und Naga hatten es wohl anders geplant.

„Nein! Du, mein Lieber, darfst ausnahmsweise mal auf die Kleine aufpassen und dich als Vater üben.“ „Das ist eine gute Idee und damit dir nichts passiert, begleite ich dich, Pia. Maya, du bleibst bei ihnen. Einer muss ja darauf achten, dass das Kind nicht ums Leben kommt, bei dem Vater“, murmelte Naga vorwurfsvoll und schnappte ihre jüngere Tochter. Maya kam nicht dazu ihre Meinung zu äußern. Sie seufzte nur und ließ die beiden Frauen passieren.

Kaum waren sie weg, legte ich meine Tochter einfach in ihr Gitterbett. Die würde schon einschlafen, und gegessen hatte sie ja erst. Ich selbst musste erstmal meine Nikotin-sucht stillen und ins Wohnzimmer, eine rauchen.

„Du bist schon ne arme Sau“, sagte Maya, die sich ebenfalls mit einer Zigarette im Mund zu mir gesellte.

Ich gab ihr ein Seufzen als Antwort. „Ich weiß, meine Schwester ist ganz schön, wie soll ich sagen, verklemmt. Meiner Meinung nach passt ihr nichtmal zusammen und die Hochzeit war eine einzige Farce.“ „Ja... Sozusagen. Aber was sollte ich tun?“

Ich war so grenzenlos bescheuert... Und dann verrannte ich mich auf einmal auch noch in eine Vorstellung, die mir nicht mehr in den Kopf hätte kommen sollen und die ich schon einmal hatte.

Maya – sie war so unheimlich sexy. Ihre glänzenden rote Haare, wie sie ihren Nacken streiften. Diese Augen, so anziehend. In ihnen konnte man nicht den winzigsten Hauch von Unschuld erkennen. Sie konnte eine Bestie sein, so wild war sie. Und sie hielt sich zurück, mit aller Kraft. Wir waren uns ähnlich, trotz des Altersunterschiedes, den man anhand unseres Aussehens kaum erkennen konnte.

Unsere Begegnung im Badezimmer neulich sollte mir eigentlich eine Lehre sein. Sie würde darauf nie im Leben einsteigen. Doch schon einmal hielt ich ihre Brust in der Hand und sie hätte mich locker verführen können...

Ihre Blicke trafen meine und es fühlte sich an wie ein Messerstich in den Magen. Sie stieß das letzte bisschen Rauch ihrer Zigarette in mein Gesicht, während sie mich herausfordernd anguckte.

„Das ist nicht gut...“ „Ich weiß... Letztes mal, konnte ich dich noch abweisen, aber jetzt – oh man.“ „Du wolltest mich neulich also doch?“ „Hätte ich dich nicht ins Wasser geschubst, wäre ich über dich hergefallen.“ Mehr Worte gab es nicht mehr zwischen uns, denn sie fiel mir förmlich in die Arme und wir küssten uns. Immer wilder und hemmungsloser, während ich meine Hand auf ihre Brust legte und ich spürte wie mein Körper nach Befriedigung schrie.

Mit Pia hatte ich lange keinen guten Sex mehr, wenn überhaupt. Sie hatte nicht viel Erfahrung. Maya dafür umso mehr. Sie hatte oft Sex in ihrer Jugend. Mit den verschiedensten Männern. Uns immer noch in den Armen haltend drehten wir uns, sodass sie sich an die Wand lehnte.

Lustvoll, wild und leidenschaftlich streiften meine Lippen an ihrem Hals herab, bis hin zu ihrem Dekolletee. Das Oberteil griff ich im selben Moment und zog es ihr über den Kopf. Sie hatte wunderschöne große und runde Brüste. Man könnte meinen, sie hätte sich mehrfach dafür unters Messer gelegt. Doch sie fühlten sich echt an.

Sie ergriff die Initiative und schubste mich frech auf das Sofa, wo sie sich herunter beugte und meine Hose öffnete, ehe sie sich mit gespreizten Beinen auf mich setzte.

Ihren nur knapp unter der Hüfte liegenden Rock schob sie etwas nach oben, den String zur Seite, sodass wir anfangen konnten.

Ich hatte alle Mühe mich bei ihr zu beherrschen... Ihre rhythmischen Bewegungen – es fühlte sich so gut an. Ich hatte jedoch, trotz aller Leidenschaft, meine Konzentration auf die Haustüre gerichtet. Naga und Pia hätten jeden Augenblick zurück kommen können. Würde Naga sehen, was ich hier am Tage meiner Hochzeit mit ihrer anderen Tochter trieb, würde sie mich umbringen... Aber das Risiko war es mir bei Maya's Anblick wert.
 

Nachdem wir beide gekommen waren, zogen wir schnell unsere Klamotten zurecht und saßen atemlos nebeneinander. „Es war... Der Wahnsinn“, keuchte sie und fuhr sich mit der Hand durch die Haare, die sich schwerfällig auf ihre nasse Stirn gelegt hatten. Auch jetzt sah sie äußerst sexy aus... Ich hätte sie am liebsten auf der Stelle nochmal genommen...

„Das war ein Fehler... Oh mein Gott... Ich hab meine Frau mit ihrer Schwester betrogen. Das soll mein letzter Seitensprung bleiben!!!“ „Und ich wollte eigentlich nicht in mein altes Verhaltensmuster zurückfallen... Aber du machst es mir auch zu schwer.“ „Es war nur Sex... Oder?“

Sie blickte mich kurz an und schüttelte den Kopf: „Natürlich war es nur Sex... Was denkst du denn?“

Warum fühlte sich diese Antwort so schlecht an? Verlegen stand sie auf: „Die Beiden müssten bald zurück sein! Haben wir auch keine Spuren hinterlassen?“, fragte sie und lachte. Wie hektisch sie auf einmal wurde. So kannte ich sie überhaupt nicht. Während ich sie beobachtete musste ich nachdenken. Irgendetwas bahnte sich an... Während meine Welt beim Gedanken an Pia trüb, verzweifelt und voller Zwang schien, leuchtete sie bei Maya's Anblick förmlich auf.

Nun schüttelte ich den Kopf... Ein schlechter Gedanke und absolut nicht realistisch.
 

~ Chann Coldfire ~

Spät am Abend von Maiko's und Pia's Hochzeit
 

Irgendwas stimmte hier ganz und gar nicht. Clyde und Hailey versprachen nachdem sie sich versichert haben, was das für eine Explosion war, noch zu uns zu kommen. Die ganze Familie war sowieso an diesem Tag schon versammelt. Ich dachte, es wäre ein guter Zeitpunkt meinen Kindern die Wahrheit zu sagen.

Es machte mich nervös... Ich musste ihnen sagen, dass ich erneut schwanger war und diesmal nicht wusste, von wem überhaupt. Sie würden mich vielleicht hassen, mich als Schlampe bezeichnen – ich wusste es nicht. Doch ich hatte Angst vor ihrer Reaktion.

So oder so würden und müssten sie es irgendwann erfahren und so wäre es besser, sie würden es von mir hören, als dass sie auf einmal in einigen Monaten meinen riesigen Babybauch sehen würden.

Rick saß mit Jill, Jenn und Ryan auf dem Sofa. Nur er wusste, was ich vor hatte, doch er nahm es lustig. Er gönnte mir meine schlechten Gefühle. Dass er noch immer wütend auf mich war, konnte ich sogar verstehen. Ich war dankbar, dass er mir ein weiteres mal nicht den Laufpass gab.

„Diese Hochzeit war ja mal mehr als nervig. Das hat nichtmal Maiko verdient“, sagte Jill nachdenklich. „Ich fand es lustig!“ „War klar, du kleine Ratte“, giftete Jenn ihren kleinen Bruder an. „Warum er das mit sich machen lässt, weiß ich auch nicht“, grübelte mein jüngeres Ebenbild und verschränkte die Arme. Rick öffnete sich eine Bierdose: „Er weiß eben noch nicht was er will. Ich gebe dieser Ehe keine lange Zeit.“

„Da hast du Recht, Dad. Ich glaube, dass Maiko noch die Richtige findet. Pia scheint es jedenfalls nicht zu sein“, antwortete Jill.

Während sich Ryan weiterhin über die Hochzeit und Maiko lustig machte, ging die Tür auf und Clyde war endlich da. „Sorry, hatte etwas länger gedauert“, sagte er etwas außer Puste und musste sich erst kurz fassen. Ich machte mir immernoch Sorgen um seine Gesundheit... Hoffentlich bräuchten wir keinen Notarzt, wenn ich ihnen meine Neuigkeiten sagen würde.

„Und, war es ein Angriff von Dämonen?“ Alle guckten ihn auf Jill's Frage gespannt an. „Nein, ich glaube nicht. Wir haben auch keine Verdächtigen gesehen. Hailey ist nach Hause damit Feye nicht so lange alleine ist. Die ist eh total komisch drauf.“ „Hehe... Warum nur...“, murmelte Jenn und verdrehte kläglich grinsend die Augen.

„Weißt du was darüber?“, fragte Clyde. „Nein. Dass Jayden so komisch ist, wird sie wohl verwirren, sie ist doch so sensibel.“ Clyde setzte sich neben seine Schwestern und seufzte.

„Das ist das Alter!“ Rick klopfte unserem Sohn auf die Schulter und lachte, doch Clyde fand es nicht sonderlich lustig. Und Jenn, die sich im selben Alter befand, auch nicht. Sie sendete einige tödliche Blicke an ihren Vater, der schon verstand und seinen Mund hielt.

„Warum sind wir denn jetzt eigentlich alle hier, Mum?“ „Genau, ich will chatten und chillen!“, warf Ryan ein. „Chatten!? Dir geb ich, dein PC ist so gut wie weg.“ „ABER DAD!!!“ Ich versuchte Ryan's Wutausbruch zu ignorieren und kam auf die Frage von Jill zurück. Gefasst, jedoch auffällig nervös setzte ich mich in die Reihe und schnaufte tief durch. Ihre Blicke waren komplett und gespannt auf mich gerichtet.

„Nun... Ich kann mir vorstellen, dass ihr jetzt nicht viel davon halten werdet... Aber... Ich bin schwanger!“ „WAS!?!?!?!“, kam es fast synchron aus allen Mündern geschossen.

Jill und Jenn standen sogar auf, so entsetzt waren sie. Clyde legte seine Hand auf die Brust und keuchte: „Ich glaub, ich sterbe...“ „Haha!“, rief Ryan lachend dazwischen und zeigte auf Clyde. „Mum!!! Sag, dass das nicht wahr ist!!!“ „Jill hat Recht, wie könnt ihr nur!!? Sind wir euch nicht genug?“ „Doch, Jenn... Es ist auch nicht geplant gewesen“, versuchte ich mich zu rechtfertigen. Clyde stöhnte auf: „Das ist doch nichts Neues... Oh Man...“

„DAD! Ich dachte wenigstens du bist so vernünftig!“ „Tja, Jill... Wenn wenigstens ich der Vater davon wäre.“

„RICK!“ Ich konnte es nicht fassen... Dieses boshafte Miststück!!! Sie wurden noch entsetzter und begannen heftig zu diskutieren. Eine dröhnende Lautstärke erfüllte unser Wohnzimmer, voll von Geschrei, Entsetzen, Empörung und Ryan's Gelächter.

„RUUUUUUUHEEEEE!!!!“, schrie ich mit voller Kraft in den Raum, wodurch sich alle wieder sammelten und sich versuchten ruhig hinzusetzen. Man konnte deutlich sehen, was Jill und Jenn von mir hielten.

Sie hatten praktisch auf der Stirn stehen, dass sie mich für eine Schlampe hielten. „Ma... Warum tust du sowas?“, fragte Jill gezwungen ruhig. Auch die Anderen blickten mich eindringlich an.

„Hey ist doch toll! Dann bin ich nicht mehr das kleine Arschloch, hahahah!“ „Halt die Fresse, Ryan“, sagte Jenn und schlug ihn.

„Alkohol ist keine Ausrede, aber ich war stockbesoffen“, antwortete ich verlegen. Und nun würde sicherlich auch die Frage kommen, wer denn der andere Kerl sei.

Das würde Jill überhaupt nicht gefallen, denn sie war mit Yoshi's Sohn verheiratet.

„Wer?“, fragte sie sogleich, als ob ich es nicht geahnt hätte. Die Antwort fiel mir schwer, doch ihre Ungeduld drängte mich zu sehr.

„Es war... Yoshi.“ „WAS!?!“, platzte es erneut aus allen raus. Nun stand Jill wieder auf: „Ich fasse es nicht! Mit meinem Schwiegervater!!! Wo ist deine Ehre geblieben, Ma! Dad, du tust mir aufrichtig leid.“ „Wir werden schon damit fertig, immerhin könnte auch ich der Erzeuger sein“, antwortete er gelassen und stieß damit auf Unverständnis seiner Töchter.

„Hoffen wir es mal... Am Besten lässt du dir einfach alles, was man zum Gebären benötigt rausnehmen“, sagte Jenn karg. „Iiiih!!!“, rief Ryan laut ein.

Mir reichte es jetzt, ich packte ihn an den Schultern: „Du gehst jetzt nach oben in dein beschissenes Zimmer, Junge! Du weißt jetzt ja was Sache ist! Ab mit dir!!!“ „ABER MAAAA!!!“ „Tschüss!“

Laut meckernd verzog er sich nach oben. Die Anderen waren sichtlich erleichtert von seiner Anwesenheit erlöst zu sein. Er hatte einfach genervt mit seinem Gelächter.

„Wenn das Kind so wird wie der da – Jenn deutete Ryan hinterher – dann bin ich weg! Sofort!“

Clyde stand auf und stellte sich vor mich, ehe er mich umarmte und mich ansah: „Ach Ma... So ein Scheiß passiert eben. Ich verstehe dich. Und wenn sie eben ein Kind von nem Anderen bekommt. Na und!? Habt ihr Dad fertig gemacht, weil es Debby gibt?“ „Mooooment mal, Bruder! Debby ist vor seiner Beziehung mit Ma entstanden! Dad hat sie nicht hintergangen.“ „Jill, du bist ne Spielverderberin!“ „Ich bin fair.“ „Sehe ich auch so“, stimmte Jenn nickend zu.

„Jetzt ist aber mal gut, Kinder“, sagte Rick ungeduldig. „Jetzt wissen wir die Wahrheit, ändern kann man nichts mehr. Zudem sind wir alle alt genug, um die Beiden mit der Plage allein zu lassen, hahah!“ „CLYDE!“, schrie Jill empört auf und stemmte die Hände in die Hüfte. Er grinste und winkte lässig ab.

„Ich geh jetzt nach Hause und werde es Hailey und Feye beibringen. Immerhin werden die früher oder später auch sehen, was da in deinem Bauch abgeht“, sagte Clyde frech und tätschelte mir auf den Kopf, ehe er sich von seinen Schwestern und Rick verabschiedete.

„Ich gehe jetzt auch nach Hause. Muss das erst verarbeiten! Was ein scheiß Tag!“ Jill schüttelte verständnislos und erschöpft den Kopf, schenkte mir zu meiner Erleichterung doch eine Umarmung zum Abschied. Jenn ging ihr gleich hinterher, ohne etwas zu uns zu sagen. Wahrscheinlich würde sie zu Alec gehen und die Nacht bei ihm verbringen.

Nun waren Rick und ich alleine. Seufzend setzte ich mich neben ihn und legte meine Hände auf meinen Bauch. Ich war müde, mein Kopf schmerzte und ich wollte nicht weiter kritisiert werden. Der Tag hatte mich ordentlich geschlaucht.

„Meinst du es war richtig ihnen jetzt schon alles zu erzählen?“ „Klar. Irgendwann wäre es genau so gekommen. Ob jetzt, oder in ein paar Wochen...“ „Sie waren so wütend und enttäuscht.“

„Ja Schatz, was erwartest du!? Freude? Es war absehbar, dass sie nicht gerade Luftsprünge machen würden.“

Es machte mich traurig, dass meine Familie mich als Schlampe betrachtete. Hätte ich das doch nur niemals gemacht. Doch selbst wenn ich es nur mit Rick an diesem Abend gemacht hätte und nun schwanger wäre, dann wäre es kaum anders gekommen. In dieser Zeit, in diesem Alter noch ein Kind zu bekommen ist der pure Wahnsinn.

„Wo gehst du hin?“, fragte Rick, als ich aufstand und zur Haustür ging. „Ich brauche etwas frische Luft und muss alleine sein. Muss nachdenken...“

Ich ließ ihm keine Gelegenheit sich schnell Schuhe anzuziehen und mitzukommen. Noch bevor er irgendwas sagen konnte, war ich bereits draußen. Ich beschloss zum Meer zu gehen.

Und wenn ich doch abtreiben würde? Dann wären die Probleme doch wieder weg geschafft. Ich wusste nicht einmal ob Rick und ich nochmal die Nerven hätten ein Kind groß zu ziehen. Vor allem nicht, wenn es Yoshi's Kind wäre. Er würde sich nicht darum kümmern wollen, aber auch das könnte ich ihm nicht übel nehmen.

Abtreiben... Leben zerstören... War es das wirklich wert?

Plötzlich schreckte ich auf, als sich in einer dunklen Strandecke etwas regte. Mein Instinkt ließ mich augenblicklich in Kampfstellung gehen und meine Kräfte bereit halten.

Als ich versuchte zu erkennen, was sich dort in der Dunkelheit herumtrieb, sah ich das, was ich bereits geahnt hatte – einen Dämon! Doch... Er tat gar nichts um mich zu töten. Er sah, dass ich da war, blieb aber sitzen.

„EY! Wird’s bald!? Willst du mich nicht angreifen? Oder ist das ein dummes Spiel?“, rief ich ihm entgegen. Er blieb weiterhin sitzen.

Langsam wurde ich wütend und schoss eine Wasserkugel auf ihn. Er wich ihr nicht aus und wurde herumgeschleudert. „Aua“, sagte seine schrille Stimme energielos.

Er wehrte sich nicht?

Vorsichtig ging ich zu ihm und sah, dass meine Kugel ihn am Kopf getroffen hatte und er nun blutete. Wusste gar nicht, dass Dämonen bluten können... Es war rotes Blut, genau wie unseres.

„Was ist los!?“ „Lass mich in Ruhe, ich mag nicht kämpfen.“ „Wie? Aber...“ „Ich will nicht mehr dort sein, deswegen bin ich davon gelaufen und sitze seitdem hier. Bei Tagesanbruch muss ich mir dann eine andere Ecke suchen.“ „Ein abtrünniger Dämon?“

Skeptisch beobachtete ich ihn wie er sich wieder aufrichtete und sich erneut auf eine Liege setzte. Er wollte wohl echt nicht... Dabei war ich extrem misstrauisch. Er hätte mich täuschen können, mich aus dem Hinterhalt angreifen können.

„Wieso bist du davon gelaufen?“ „Wenn man nicht tut, was sie von einem wollen, wird man einfach so getötet... Als wären wir Dämonen nur ein Haufen Dreck. Ich hab keine Lust mehr auf dieses wertlose Leben. Meine vier Freunde wurden getötet, mich lief sie laufen...“

Irgendwie tat er mir leid... Obwohl er einer unserer Feinde war und ich schon so viele von ihnen auf dem Gewissen hatte. Dieser hier war anders... Er schien so gefühlvoll. Keiner von ihnen hatte so viel Ausdruck. Oder ich hatte es einfach nie gemerkt.

„Und was wird jetzt aus dir?“, fragte ich ihn, während ich mich einfach neben ihn setzte. Er zuckte mit den Schultern, soweit man das als Schultern bezeichnen konnte.

„Ich weiß es nicht. Ich habe kein zu Hause mehr.“

Da kam mir eine unglaubliche Idee, die die Geduld meiner Kinder und auch die von Rick um ein Weiteres strapazieren würde. Doch ich stand mit dem gesamten Haushalt alleine da. Rick war viel arbeiten und Ryan ein schwieriges Kind. Bald würde ich erneut Mutter werden und ich sah meine Überforderung praktisch schon vor mir.

„Ich mache dir einen Vorschlag. Du darfst bei uns wohnen, wenn du mir beim Haushalt hilfst.“ „Ich?! Wirklich? Aber... Töten die mich nicht sofort?“ „Ich verbiete es ihnen...“

„Das... Das ist wirklich das schönste was mir jemals passiert ist!“ Er schien kleine Tränen in den Augen zu bekommen.

Ich stand auf und reichte ihm die Hand: „Also? Kommst du mit mir?“ „Natürlich, My Lady!“ Er verbeugte sich tief, was mir die Verlegenheit ins Gesicht trieb. My Lady... Daran könnte ich mich gewöhnen.

„Aber wehe du bist böse und greifst uns an!“ „Sicherlich nicht, My Lady! Ihr seid nun mein Leben. Ich werde Euch beschützen!“ „Hast du eigentlich einen Namen?“ „Nein, wir haben keine Namen.“ „Dann bist du jetzt Chucky“, beschloss ich und er schrie vor Freude auf und lachte. Ein seltsamer Dämon...
 

~ Kapitel 14 ~ Frust ~ Ende ~ Fortsetzung Folgt ~
 

Hallo auch! :D Endlich ein weiteres Kapitel. Ich denke, davon wird es in nächster Zeit wirklich mehrere geben, denn ich hab mir fest vorgenommen, Elementary Light & Darkness diesen Monat zu beenden. Es wird 21 Kapitel geben, ich bin nun bei 19 :3 Und es ist so schwierig damit umzugehen dass ihr an diesem Punkt erst den Stand von Kapitel 14 habt xD Aber ich will euch ja nicht zu viele Kapitel auf einmal aufdrücken. Die restlichen Kapitel kommen trotzdem alle noch vor Monatsende. :)

Außer Kontrolle

Kapitel 15 ~

Außer Kontrolle
 


 

~ Reeza ~

Es war in der Menschenwelt schon sehr tief in der Nacht, als ich in die Hölle zurückkehrte. Ich spürte etwas... Noch bevor ich das große Tor der Festung passierte. Ich war nicht alleine, natürlich war ich das nicht. Im Normalfall bin ich von Wesen mit dunklen Kräften umgeben, doch diese Kraft war nicht dunkel. Es war eine helle strahlende Kraft, die ich sonst nur einmal gespürt hatte.

Ohne Vorwarnung drehte ich mich um und schoss einen Energiestrahl auf einen der kahlen schwarzen Bäume. Hier bestand die Landschaft aus einer einzigen langgezogenen Einöde. Sie bot keine Deckung und auch kein Schutz, warum auch? Hier sollte man nicht überleben...

„Fast hättest du mich getroffen! Mit solchen Kräften spielt man nicht“, hörte ich die Stimme eines jungen Mannes sagen. Ihm gehörte die Kraft... Und ich erkannte ihn. Es war der Mann aus dem Buchladen!

„Also doch kein Mensch...“, murmelte ich grimmig und überlegte ob ich ihn angreifen und ihm den Gar ausmachen sollte. „Darf ich vorstellen? Ich bin Kite... Eigentlich heiße ich Jophiel.“ „Es ist mir egal wie du heißt... Zieh Leine, oder ich muss dich töten.“ Ich konnte sein selbstsicheres Grinsen erkennen: „Du hast die kleine Königin gewarnt. Ich wusste, dass in dir ein guter Kern steckt. Das habe ich gleich erkannt, Lady Reeza.“ „Da wird einem ja schlecht... Geh.“

Was erlaubt dieser dumme Engel sich überhaupt, sich hier blicken zu lassen? Wusste er denn nicht, dass er hier so gut wie tot war? Ein guter Kern in mir... Pah! Nur weil ich das kleine naive Gör gewarnt hatte. Das hatte noch gar nichts zu bedeuten. Das tat ich aus Trotz, weil ich weder meinen Vater, noch meine Mutter leiden konnte. Ich versuchte ruhig zu bleiben und ihn nicht mit lebendigen Leib zu braten.

„Du kannst dich nicht vor deinem wahren Ich verstecken.“ „Halt's Maul, hab ich gesagt!!!“, schrie ich ihn an und schoss erneut auf ihn, ohne ihn zu treffen.

Er war schnell. Doch ich konnte auch schnell sein, denn ich hatte nicht umsonst gelernt mich im Kampf auch ohne mein Augenlicht zurecht zu finden. Er war absolut nicht darauf aus mich anzugreifen. Er wich lediglich meinen Angriffen aus und grinste.

„Du bist gut. Dein Ruf eilt dir voraus. Als Engel wärst du wohl eine starke Verbündete.“ „Leck mich, Junge.“

Ich stellte meine Angriffe ein und schritt hinauf in die Festung. Er folgte mir nicht, was auch besser für sein Leben wäre. Luzifer würde ihn sofort kalt machen. Wutentbrannt stampfte ich durch die Korridore und blieb an einer angelehnten Tür stehen, als ich die Stimmen von Luzifer und Ela hörte.

Vorsichtig versuchte ich ein Blick auf die beiden zu erhaschen und sah, dass er auf seinem großen roten Sessel saß und sie zwischen seinen Beinen gekniet... Ekelhaft!

Während sie für sein Wohlergehen sorgte, schwätzte er hemmungslos hinweg.

„Du machst deine Arbeit fantastisch, Ela. Alyssa, möchtest du dich nicht zu uns gesellen.“ „Gerne, My Lord“, antwortete die kleine Schlampe und verwöhnte ihn ebenfalls. Ich wollte nicht mehr hinschauen, hörte nur noch was er zu sagen hatte. Ich wusste, dass er pervers war.

Er war immerhin der Teufel. Dennoch war ich angewidert. „Ihr beiden seid gute Errungenschaften für mich. Ihr seid nicht nur allzeit bereit, sondern dient mir loyal. Ihr erledigt eure Aufgaben gut – oh ja, verdammt gut, aaahh“, stöhnte er auf. Mir kam es fast hoch.

„Ich werde euch zukünftig alle Aufgaben erteilen. Ich habe langsam das Gefühl, dass Reeza ihre Aufgaben nicht richtig durchführt und zu schwach wird. Wahrscheinlich ist sie einfach zu schwach oder nicht böse genug. Welch Verschwendung kostbarer dunkler Kraft..“ „Lord, wir werden Euch nicht enttäuschen!“, hörte ich Ela sagen, kurz danach war sie wieder zu beschäftigt zum reden.

Zu schwach!? Ich konnte nicht glauben, dass er mich, seine Tochter, gegen diese beiden Schlampen ersetzen wollte. Gegen zwei Taugenichtse, die erst seit so kurzer Zeit hier waren!

Ich war nicht nett!!! Ich war böse! Ja, ich konnte grausam sein! Ich würde ihm zeigen zu was ich im Stande wäre! - Dies waren meine ersten Wut erfüllten Gedanken. Doch diese wandelten sich immer mehr in Trauer und Verzweiflung. Langsam wusste ich nicht mehr wo ich hin gehörte. Hier war ich niemandem gut genug und ich war angeblich zu schwach. Doch wo sollte ich sonst hin? Als Kind der Dunkelheit ins Himmelsreich aufbrechen und Gott bitten mich bei sich aufzunehmen? Um dann wiederum von meinem Vater getötet zu werden?

Frustriert zog ich mich erneut in die Menschenwelt zurück und ließ mich auf einem Stück Rasen nieder. Dort starrte ich in den Himmel und schmollte.

„Ha, hab ich dich wieder gefunden!“ „Och ne, du nervst. Ich hab grade andere Probleme“, antwortete ich genervt, als schon wieder dieser Stalker neben mir stand. Er schien mich ganz gezielt zu verfolgen und setzte sich sogar frecherweise neben mich.

„Du bist ganz schön dreist muss ich schon sagen... Was willst du? Mich auf die Seite des Lichts ziehen?“ „Das könnte ich doch gar nicht, haha. Dein Element ist eben was es ist, daran könnte ich nichts ändern. Du gefällst mir. Du bist schön und mysteriös. Und traurig.“ „Tzz.“

Ich schwieg ihn an. Ich gefalle ihm also... Zufällig begegnet mir in einem Buchladen ein Engel der nun scharf auf mich ist. Na klasse! Falls ich Lumen und ihre Späße mit dem Schicksal jemals zwischen die Finger bekommen sollte, würde ich sie zermalmen.

„Du ärgerst dich und magst mich nicht bei dir haben. Kann ich verstehen, dir wurde nichts anderes beigebracht als Engel zu hassen.“ „Und sie zu töten.“ „Du würdest mich nicht ernsthaft töten. Dafür findest du mich schon viel zu attraktiv und interessant.“ „Attraktiv? Verarsch mich nicht. Ich kann dich doch gar nicht sehen.“

„Du siehst mein Inneres.“

Er war mir ein Rätsel. Aber er hatte irgendwie recht. Verdammt, er hatte recht! Ich fand ihn interessant, zu sehr um ihn zu töten. Und wieder war ich zu weich. Ich hasste mich dafür. Nur weil ich zu gefühlsduselig wurde, ersetzte mich mein Vater gegen diese komischen Weiber. Ich musste diesen Typen schnell loswerden und mir selbst beweisen, dass alles in Ordnung war. Ich war nach wie vor in der Lage zu töten – in Massen, wenn es sein musste.

„Wo willst du hin!?“, rief er mir hinterher, als ich völlig unerwartet aufstand und davon rannte. Ich gab ihm keine Antwort, breitete meine Flügel aus und erhob mich weit hoch in die Lüfte. Dort hatte ich einen guten Blick über die ganze riesige Stadt. Ich würde sie dem Erdboden gleich machen!

„Es ist alles in Ordnung!!! HAHAHA! Es geht doch!!! Sterbt ihr wertloses Gewürm!“, hörte ich mich selbst mit grausamer Stimme sagen und bereitete eine riesige Energiekugel vor. Alles in Ordnung!!! Der innere Teil von mir, der sich dagegen sträubte, wurde kurzerhand verdrängt. Ich würde nicht mehr lieben! Niemanden! Es tat nur weh... Ich versuchte meinen Vater zu lieben und wurde mit Blindheit bestraft, ich versuchte Feye zu helfen durch Gutmütigkeit und Liebe und wurde bestraft indem ich ausgetauscht wurde! Er würde keinen Grund mehr finden mich zu bestrafen und bald wäre ich wieder die Nummer 1!

Ich fing an laut zu lachen und schleuderte die Energiekugel auf die Innenstadt. Doch während sie auf die Erde zuraste, überkam mich plötzlich wieder dieses Gefühl von Reue.

Es wäre zu spät... Doch die Kugel kam nicht auf der Erde an. Kite erschien vor ihr und schlug sie mithilfe seiner Kräfte als Engel davon, sodass sie ins Meer prallte und einen kleinen Tsunami auslöste.

Fassungslos blickte ich in die Richtung. Und obwohl ich physisch nichts sehen konnte, sah ich es doch... Die ganze Kraft, die alle Lebewesen ausstrahlten – sie war da und für mich gut Ersehbar. Kite, der von seinen strahlend weißen Flügeln getragen wurde, flog zu mir und griff nach meinen Händen. Ich war erschöpft von dem großen Energieverlust, den ich in Kauf genommen hatte.

Ich schloss meine Augen und wollte mich nur noch nach Hause in mein Gemach teleportieren, ohne daran zu denken, dass ich ihn automatisch mitnehmen würde. Von meiner letzten Kraft entledigt, ließ ich mich in meinem Gemach nach hinten auf mein Bett fallen. Ich schlief eigentlich nie...

Doch nun brauchte ich einfach nur noch Schlaf und Erholung. Erst als ich bereits lag und kurz aufsah, bemerkte ich, dass er ja auch da war. Innerlich fluchte ich wieder. Ohne mich zu fragen, setzte er sich neben mich auf mein Bett und betrachtete mich, was mir unangenehm war.

„Du musst niemandem etwas beweisen.“ „Du weißt gar nichts...“ „Ich weiß, dass du wohl wundervoll bist und dass du ein gutes Herz hast.“ „Ich will das aber nicht. Damit kann ich in meiner Welt, mit meiner Rolle nichts anfangen.“ „Vielleicht ist deine Rolle ja eine ganz Andere als du angenommen hast.“ „Nein... Ich will nicht wieder verletzt und enttäuscht werden“, sagte ich leise und müde. Er legte seine Hand auf meine... Schon wieder. Sie fühlte sich so warm an. Ich musste mir eingestehen, dass ich es genoss einmal nicht alleine zu sein.

Einige Sekunden schwiegen wir. Dann lehnte er sich zu mir herunter. Er wollte mich küssen. Wollte ich es auch? Ich glaubte ich wusste die Antwort und ließ es auf mich zukommen, doch ehe sich unsere Lippen berührten, platzte meine Tür auf.

„REEZA! Da bist du... ja...“ „Ach du Scheiße...“, fluchte ich entsetzt, als Luzifer in der Tür stand und auf Kite starrte. „Was – Was will dieser Typ hier!? DU MACHST MIT EINEM ENGEL RUM!?!“ „Klar... Unschuldige Beute ist die Schönste, Vater. Das musst du doch am besten wissen.“ „Pff... Wehe du tötest ihn nicht, nachdem du dich an ihm vergangen hast.“ „Erst wenn ich genug hab“, antwortete ich selbstbewusst und gespielt.

Er glaubte mir, dass ich diesen Engel verführen und töten wollte. Das wäre ganz nach seinem Ermessen gewesen. Doch diesmal würde ich nicht das tun, was er von mir erwarten würde. Seinen Erwartungen könnte ich sowieso niemals gerecht werden.

Luzifer ging wieder.

„Das war er also...“, murmelte Kite mit großem Erstaunen in der Stimme. „Er ist dumm. Geh ihm besser aus dem Weg.“ „Und nun? Verführst und tötest du mich jetzt?“ Er wollte eine Herausforderung. Ich drehte mich um und ließ mich erneut aufs Bett fallen. Meine Reserven waren aufgebraucht – bis aufs Letzte.

„Dazu wäre ich wohl kaum in der Lage. Du kannst es ja für mich tun... Mich verführen und töten, hehe.“ „Hmm... Verführen, vielleicht. Irgendwann. Töten könnte ich so etwas Schönes wie dich nicht.“ Schleimer...

Ich wusste nicht wie ich mit derartigen Gefühlen umgehen sollte. Doch ich entschied mich, Kite zu erlauben vorerst an meiner Seite zu bleiben, sofern er das wollte. Allerdings bezweifelte ich das nicht, so sehr wie er sich an mich heftete.
 

Nach einigen Stunden wurde ich wieder wach... Und ich wusste irgendetwas war wieder im Gange. Kite lag neben mir. Er war also wirklich noch da. Nun, falls er den Tag ohne mich hier überleben sollte, würde er sich als potenzieller Liebhaber erweisen. Ich hatte mich wieder erholt und hatte meine Kraft zurück, umso schneller trugen mich meine Füße hinauf zu Luzifer's Räumlichkeiten. Argwöhnisch lehnte ich mich gegen den Türrahmen und verschränkte die Arme.

„Hattest du viel Spaß mit dem Gefieder?“ „Genauso viel, wie du mit den beiden Schlampen hattest. Machen sie das eigentlich öfter?“ Er verstand sofort und grinste: „Natürlich. Sie machen alles was ich von ihnen will.“ „Wenn du behauptest Feye zu lieben, warum schläfst du zeitgleich mit diesen Weibern?“ „Ich bin ein freier Mann. Was willst du?“

„Was hast du vor? Ich merke, dass du wieder was ausgeheckt hast.“ „Du bist so klug. Das kannst du ja nur von mir haben. In der Tat, ich habe meinen kleinen Hund laufen lassen. Er braucht dringend Auslauf.“

Er hatte Jayden wieder auf Feye und ihre Familie gehetzt... Ich ließ ihn ohne weitere Worte sitzen und lief einige Schritte weiter, ehe ich beschloss Kite wirklich da zu lassen und alleine zu gehen um Feye im Notfall zu helfen. In der Menschenwelt war der Nachmittag angebrochen und ich stand auf einem Hausdach. Dort würde mich nicht unbedingt jemand bemerken, dennoch hielt ich Ausschau nach einem größeren Baum um mich dort zu verstecken.

Kite hatte Recht... Irgendwas in meinem Herzen zwang mich dazu ihr zu helfen. Ich hielt nicht zu Gott, auch nicht zu Luzifer oder meiner Mutter. Ich hatte mich entschlossen zu Feye zu halten. Wäre sie Königin über das Reich der Dunkelheit und Elemente – wie es früher hieß – wäre dieser ganze Krieg endlich vorbei.

Zuerst sah ich diesen Maiko zusammen mit, wie hieß sie gleich? Ich glaubte es sei diese Feuerschnalle Namens Maya gewesen. Die Beiden unterhielten sich. Sie sahen ziemlich verkrampft aus.

„Ich versteh nicht, warum die uns beide einkaufen schicken“, meckerte Maiko. „Pia ist müde. Die Kleine strapaziert sie sehr. Und meine Mutter denkt sie muss nichts mehr tun, seit so viele Leute bei ihr zu Hause leben.“

Dann beschenkten sie sich wieder reichlich mit Schweigen. Meine Blicke fielen auf Feye. Blicke? Vielleicht nannte ich es lieber „geistiges Gespür“. Feye kam gerade die Straße entlang gelaufen und schritt schnell Maiko hinterher. Sie rief ihn und er brauchte eine Weile bis er sich entschied, sich doch umzudrehen.

„Maiko!!! Bitte... Ich kann so nicht mehr weiter machen...“ „Ich geh schonmal etwas vor“, sagte Maya und lief langsam weiter. „Ich vermisse dich ja auch aber... Mit deinen Taten bringst du alle in Gefahr.“ „Und deswegen strafst du mich mit Ablehnung und Ignoranz!? Ich kann doch nichts gegen diese Gefühle machen. Ich wehre mich dagegen, doch es klappt nie.“ „... Das kenne ich“, sagte er trüb und warf einen Blick hinter zu Maya, die noch gar nicht so weit weg war. Feye wirkte verwundert.

Ich verstand nicht wovon sie sprachen, doch dieser Maiko nahm Feye in den Arm: „Es ist alles gut. Ich versuche damit zu leben. Aber wehe du machst eine Dummheit, wenn er eines Tages umgebracht wird.“ „Nein... Wahrscheinlich bin sowieso ich die Person die ihn tötet. Das ist meine Bestimmung.“

Ich war so konzentriert auf die Beiden, dass ich viel zu spät mitbekam, dass Maya im Visier eines Angriffes stand. Maiko drehte sich blitzschnell um und warf sich schützend vor sie als fast Zeitgleich eine Energiekugel mit voller Wucht auf ihn einschlug. Es war Jaydens Werk.

Er landete aus einem hohen Sprung vor Maiko und Maya, die beide auf dem Boden saßen. Maiko hielt sich die stark blutende Schulter und verzerrte das Gesicht.

„Wer sagt's denn! Treffer!“ „JAY! Hör auf damit! Sofort!“ „Du hast mir nichts zu sagen, Rotschopf.“ „Ich bin deine große Schwester!“ „Haha... Vielleicht die von meinem vorigen ich. Seht, wie viel Kraft ich jetzt habe!“ „JAY! Erinnere dich!!! Wir sind doch deine Familie!“, rief Feye und kam ebenfalls dazu gelaufen. Ich behielt alles im Auge um einzugreifen, doch noch hielt ich meinen Einsatz nicht unbedingt für nötig. Zudem musste ich darauf achten, dass mein Verrat meinen Leuten gegenüber nicht auffiele.

„Familie. Pah!!! Zurückgelassen hast du mich! Jetzt kannst du meine Rache spüren. Bei euch Beiden fange ich an. Schön qualvoll.“

Maya wollte gerade zum Kampf aufspringen, da wurde sie von ihm auch wieder zu Boden geschlagen. Maiko war vollkommen kampfunfähig und kurz davor das Bewusstsein zu verlieren. Feye, die hilflos zusah, wie Jayden über ihre Familie herfiel und drohte sie zu töten, strahlte immer mehr Verzweiflung aus... Und gerade wollte ich eingreifen, da explodierte ihre dunkle Energie förmlich. Ihr Stein leuchtete grell. Selbst ich konnte es erkennen.

Aber ihre Energie veränderte sich auch. Es war seltsam, ich kannte diese Energie. Irgendwie aber doch nicht. Hatte etwa... Hatte sie gerade die Kontrolle über sich verloren? Ich versuchte die Farbe ihrer Augen zu erkennen und sie waren tatsächlich nicht mehr normal. Sie strahlten rot.

Mit schnellen Hieben schlug sie auf Jayden ein und setzte noch eine Energiekugel hinterher. Er knallte auf den Boden und hustete Blut, so heftig waren die Schläge. Wahnsinn. Diese Kraft übertraf einiges, was ich bisher erlebt hatte.

„Feye! Jetzt ist gut... Du tötest ihn noch“, rief Maya ihr besorgt entgegen. Doch Feye blickte sie wütend an: „Schweig! Miststück!“ Ihre Stimmlage klang etwas dunkler als sonst. Und so würde sie niemals reden.

„Er hat es verdient zu bluten. So oft ließ er mich Schmerzen leiden, der Bastard. Warum ihm noch weiter hinterher trauern? Warum Angst vor ihm haben!?! Ich lösche ihn jetzt einfach AUS!“

Sie stieß einen Kampfschrei von sich und formte etwas wie einen Dolch aus dunkler Energie. Als sie über ihn sprang, rammte sie ihm den Dolch mit voller Wucht in die Seite. Wieder schrie er auf und krümmte sich vor Schmerzen während sein Blut die Straße entlang floss und sich mit dem von Maiko vermischte. Sie würde niemals wollen, dass er stirbt. Das würde sie extrem fertig machen und ihr eine Menge Kraft rauben.

Nun beschloss ich mich endlich einzumischen. Ich sprang agil und leise hinter sie, zerrte sie von ihm runter und drehte ihren Arm auf den Rücken, dass sie vor Schmerzen ebenfalls aufschrie. Der Dolch ging ihr durch die Schmerzen verloren.

„Du kleine Schlampe!!! Wie kannst du es wagen mich daran zu hindern das Böse zu vernichten!? Er ist die Brut Luzifer's! Genau wie du!“

Ihre Pupillen waren eng... Sie guckte drein wie eine Wahnsinnige. Sie war besessen. Nun hatte ich den Beweis. Sacred Feye war nicht auf unserer Seite. Ihr war es egal, wen sie töten würde. Jeder der ihr im Weg stünde, müsste dran glauben. Ich blickte ihr tief in die Augen und hielt sie fest.

Maya war von dem Anblick so schockiert, dass sie steif auf dem Boden sitzen blieb und zitterte.

„Feye... Wehre dich gegen sie. Sie will deine Liebsten töten. Sie will Jayden töten und Maiko und Maya. Danach vielleicht mich... Möchtest du das? Du bist stärker als sie.“ Ich redete weiter auf sie ein, während ich spürte, dass ihre Augen wieder klarer wurde. Das Biest verabschiedete sich mit einem schrillen Wutschrei und zog sich zurück. Feye brach zusammen.

„So viel Schmutz, hihihi“, kicherte eine helle aber hinterlistige Stimme. Alyssa... Ich wusste, dass ich mich meiner Aktion auffliegen würde. „Reeza, wieso machst du den Schmutz nicht weg? Sieh nur, wie schwach sie sind. Warum tötest du sie nicht? Bist du zu warmherzig dafür?“ In langsamen Schritten kam sie her gelaufen und trat Jayden gegen die riesige Schnittwunde an der Seite, wodurch er endgültig das Bewusstsein verlor.

„Sogar die kleine Königin. Wie ein Häppchen ist sie uns ausgeliefert. Los, Reeza. Trau dich.“ „Halt die Fresse, kleine Schlampe.“ „Beleidigen... Das ist alles was du kannst. Kein Wunder, dass du nicht mehr in der Gunst des Lords stehst.“ „Ich hab eben auch nicht den Vorteil mich bei ihm hochzuschlafen. So widerlich bin nicht einmal ich.“

Sie kicherte boshaft und machte sich über mich lustig.

„Ich hab schon so oft mit dem Lord geschlafen... Und gleich, während er sich über mir ergießen darf, werde ich ihm erzählen, wie du versagt hast. Das gibt Ärger.“
 

~ Feye Coldfire ~


 

Mein Kopf tat so weh... Was war mit mir geschehen? Nur verschwommen konnte ich in den ersten Sekunden erkennen, welch Chaos mich umgab. Neben mir lag Jayden, der bewusstlos war und blutete. Einige Meter weiter saß die verzweifelte Maya mit dem ebenfalls blutenden Maiko, der genauso wenig bei Bewusstsein war. Hatte ich das getan? Ich erinnerte mich...

Jayden hatte es getan. Und dann bekam ich plötzlich sowas wie ein Blackout! Ich sah Maya's Blicke, die hin und her wanderten.

Auch ich guckte umher und sah Reeza, die sich einen Kampf mit Alyssa lieferte. Reeza würde schon klar kommen, da war ich mir sicher. Nun wollte ich erstmal nach Maiko gucken. Jayden's Anblick ging mir zwar nahe, aber er war der Jenige der uns töten wollte. Er würde wieder auf uns losgehen und alles noch viel Schlimmer machen.

„Was ist mit ihm?“ „Er blutet stark! Und die Beiden schlagen sich die Fresse ein.“

Ich gab Maiko einen Klaps auf die Wange und versuchte mit ihm zu reden. Es dauerte nicht lange, bis er benommen die Augen öffnete, sie dann aber wieder schmerzhaft verzog. „Maiko! Meinst du, du schaffst es bis zu Shinji?“, fragte ich ihn angestrengt. Mir ging es selbst nicht gut...

Ich fühlte mich schlapp und verwirrt.

„Ja, ich geb mein Bestes.“ Maya und ich stützten ihn beide und versuchten von dem Ort weg zu kommen. Ich blickte noch einmal zurück und sah, wie Reeza eine Energiekugel auf Alyssa schleuderte, dann jedoch resignierte. Auch sie blickte nocheinmal zu mir herüber. Dann schnappte sie sich Jayden unterm Arm und verschwand im Nichts. Auch Alyssa verschwand.

„Warum gehen die auf einmal?“ „Das kann ich dir sagen, Maya. Ich hör die Polizei.“ „Oh Scheiße, jetzt hör ich es auch. Wir müssen dringend weg.“

Auf unangenehme Fragen hatte ich keine Lust. Wir hätten es ihnen nicht erklären können. Stattdessen versuchten wir schnell aber vorsichtig Maiko zu Shinji zu bringen. Dabei mussten wir auch aufpassen, dass uns keine Passanten sahen. Doch zu der Zeit war unser Wohnviertel zum Glück recht leer und unbelebt. Das Leben spielte sich in der Innenstadt ab.

„Wir sind da, gleich bekommst du Hilfe. Shinji ist ein guter Heiler!“ „Ja, er hat sich schon öfter bewährt“, sagte Maiko kläglich. Es war Jill, die uns erneut kreischend und blass empfing.

„Was!? Schon wieder!? Das kann doch nicht wahr sein...“, sagte Jill, als Maya ihr erzählt hatte, dass Jay uns erneut angriff. Dass ich mich verändert hatte, erwähnte sie dabei allerdings nicht. Es wunderte mich, doch ich war auch froh darüber.

Auch die Fragen der Familie konnten unangenehm werden.

Shinji kniete sich neben Maiko, den sie auf eine Decke gelegt hatten. Er legte seine Hände über seine Schulter und schloss die Augen um sich zu konzentrieren.

„Er hat starke Verletzungen davon getragen... Es ist schwer. Entspann dich Maiko. Versuch es.“ Jill und Maya guckten sich kurz an und nickten. Auch sie legten ihre Hände über die von Shinji. Ihre Kräfte verbanden sich. Ob ich ihnen auch helfen könnte?

Meine Kräfte waren schrecklich... Sie konnten nur zerstören aber nichts heilen und niemandem helfen. Zögerlich behielt ich die Hände bei mir und starrte die Anderen beim Heilen an.

Maiko's Wunde schloss sich. Es schien ihm große Schmerzen zu bereiten, denn er schrie förmlich. Doch dann war er still. Die Wunde war weg.

„Na siehst du! Es geht doch...“, sagte Shinji erleichtert und ließ sich zurück auf den Hintern fallen. Diese Heilung kostete ihn sicherlich viel Kraft. Maiko sah allerdings nicht glücklich aus. Eigentlich sogar... Richtig panisch.

„Was ist?!“, fragte Maya aufgewühlt. „Ich... Ich spür ihn nicht mehr!!!“ „Wie!? Du spürst deinen Arm nicht?“ „Nein, Jill... Es ist, als sei er nicht da...“

Er versuchte seine Schulter nach oben zu ziehen, was ihm nur ein kleines Stückchen gelang. So sehr er sich anstrengte, der Arm hob sich nicht.

Entsetzt schlug ich mir die Hand vor den Mund und Shinji schüttelte fassungslos den Kopf: „Ich hab doch aber alles richtig gemacht! Ich versuche es nochmal!“

Er hatte schon kleine Schweißperlen auf der Stirn, so sehr verausgabte er sich. Doch dann ließen ihn die Kräfte immer mehr im Stich. Und Maiko konnte den Arm immernoch nicht spüren.

Verzweifelt kamen ihm die Tränen, als er immer wieder versuchte ihn zu bewegen, sich jedoch nichts rührte. „Maiko... Vielleicht ergibt es sich bald wieder. Wir sind alle schwach. Vielleicht können es Shinji und Rachel zusammen nochmal versuchen, wenn er sich erholt hat“, schlug Jill vor, doch das beruhigte ihren Cousin nicht sonderlich.

„Ich bring dich nach Hause, Maiko. Da kannst du dich ausruhen.“ „Ich will nicht da hin... Wahrscheinlich zwingen Naga und Pia mich sogar im jetzigen Zustand noch zur Arbeit und Kinderpflege, und sagen ich soll mich nicht so anstellen.“ „Hmm...“ „Er kann erstmal bei uns bleiben. Für ein oder zwei Tage“, sagte Shinji. Jill stimmte ihm nickend zu. Sie verstanden, dass er nicht heim wollte. Maya hingegen beschloss zu gehen. Sie sagte, sie könne sich nicht um ihn kümmern, das würde ein seltsames Bild auf die beiden werfen.

Ich wusste, wovon sie redete. Zwischen den beiden lief was... Maya's besorgte Blicke. Sie empfand viel für ihn. Sie fasste ihn gerne an, das konnte ich sehen, als sie ihn im Arm hielt um ihn zu versorgen. Er begehrte eine Person, die er eigentlich nicht begehren dürfte. Das kannte ich irgendwo her.

„Ich gehe jetzt nach Hause. Ich muss mich auch ausruhen. Das war wieder ein heftiger Tag“, sagte ich und ging rasch nach Hause. Ich hielt den innerlichen Druck nicht mehr aus. Meine Kraft... Sie hat Jayden verletzt... Sie hätte alle töten können. Ich konnte mich nicht unter Kontrolle halten, so wie Reeza es mir geraten hatte.

Ausgeflippt und Wahnsinnig muss ich gewesen sein. Sonst wäre ich niemals auf ihn losgegangen.

Jay sah so schrecklich zugerichtet aus. Und ich konnte mich an nichts mehr erinnern. Ich wusste nicht wie ich mich gefühlt hatte zu dem Moment, ich wusste nicht was ich an Energie verbrauchte. Einiges – sonst würde ich mich nicht so schwach fühlen.

Ich hasste meine Kräfte. Ich konnte sie nicht nutzen um mich zu wehren, stattdessen nutzte ich sie zum Leid zufügen und zerstören.

Das wollte ich nie... Die letzten Meter an meinem Dad und Hailey vorbei, konnte ich mir die Tränen verkneifen. Doch dann platzte alles raus, als ich in meinem Zimmer war und hinter mir abgeschlossen hatte.

Was war ich nur für ein Monster...

„Du hast genau das Richtige getan.“ Es war eine hallende leise Stimme, die aus meinem Kopf zu kommen schien, als sie das sagte. Es klang, als sei es Sacred Feye, die mit mir sprach. Ich erinnerte mich an ihre Stimme. Sie klang wie meine nur etwas dunkler.

„Alles was du gemacht hast, war das Richtige. Die Bastarde müssen sterben. Einer nach dem Anderen. Auch Jayden. Er wollte deine Familie töten. Er hat den Tod verdient.“ „NEIN!!!!“, schrie ich laut in den Raum und schlug mir die Hände auf die Ohren um sie nicht mehr zu hören, doch ich hörte ihr schrilles Lachen, das dem eines Dämons glich. Dann verstummte alles...

Sie war die Verrückte... Nein! Ich war die Verrückte. Meine Kräfte würden alle töten. Ich passte wirklich zu Luzifer. Wir waren beide widerliche Dämonen. Dunkelheit – wieso grade ich?

Während ich fast in meinen Tränen ertrank beschloss ich meine Kräfte nie wieder einsetzen zu wollen. Nie wieder! Eher würde ich sterben als nochmal jemanden von meinen Liebsten zu gefährden. Diese schreckliche Kraft dürfte nie wieder mit diesen Händen benutzt werden.

Wieder heulte ich bitterlich auf. Nie wieder... Wie lange es dauerte, bis ich mich in den Schlaf heulte, wusste ich nicht. Jedoch wüsste ich nach meinem Traum, dass es besser gewesen wäre, nie eingeschlafen zu sein.
 

Ein dunkler Raum... Ich war alleine. Als ich an mir herunter blickte, sah ich das silberne Haar über meiner Schulter. Es war lang und glänzte bis unter meine Hüfte. Ich war stolz auf meine Haare und auf meinen Körper, der in diesem Moment nicht mein Körper zu sein schien. Neugierig tastete ich mich ab... War das ich? Alles schien so anders...

„My Lady! Wir müssen kämpfen!!! Wir werden unsere Festung verlieren!!!“, sagte eine junge Frau in einem blauen Gewand und blauen Haaren. Es schwebte förmlich auf ihr, so leicht schien der Stoff des Gewands zu sein.

Verwirrt blickte ich ihr hinterher, doch dann war sie schon weg. Ich wusste nicht was geschah... Doch dann kam er in den Raum. Luzifer... Um ihn herum im Korridor hörte ich Schreie. Schmerzhafte Schreie und Leid. Sie starben...

„Hallo Feye... So sehen wir uns wieder. Oder soll ich dich Sacred Feye nennen?“ Er kam langsam auf mich zu gelaufen und streckte mir seine Hand entgegen, sodass ich leicht aufstehen konnte.

Dann legte er seinen Arm um meine Taille und zog mich zu sich heran. Ich konnte mich nicht dagegen wehren, es passierte alles automatisch. Nur meine eigenen Worte konnte ich nicht hören. Ich konnte nichts sagen, als wäre ich stumm.

Plötzlich packte er mich fester und brach mir fast die Wirbelsäule, während er mich kurz darauf drehte und meine Schläfe gegen die Steinmauer schlug. Es drehte sich alles. Ich hatte Schmerzen.

Ich spürte benommen, wie er mein Gewand über meine Hüfte hob und in mich drang. Es tat schrecklich weh... Dann wurde ich bewusstlos.

Ich öffnete meine Augen... Mein Traum war noch nicht vorüber. In einer Einbuchtung aus kaltem Stein war ich gefangen hinter Eisengittern, die magisch verriegelt waren. Ich hatte keine Kleider mehr an. Mein Gefängnis war nicht groß genug, dass ich aufstehen könnte. Ich musste liegen bleiben, konnte mich höchstens hinknien. Luzifer beugte sich von Außen zu mir herunter und grinste.

„Du bist ja wieder wach. Ein schöner Anblick – Dein Körper, dein Leid. Ja... Es war herrlich in dir zu kommen. Du wirst ein Kind von mir bekommen. Mein Nachfolger. Mein stärkster Verbündeter. Ich hoffe doch für dich, dass du einen gesunden und starken Jungen gebärst. Danach brauche ich dich nicht mehr... Dann werde ich dich töten. Ob schnell oder schmerzhaft werde ich mir noch überlegen.“

Dann schritt er lachend davon...

„NEIN!!! NEIN LASS MICH NICHT HIER!!!“, schrie ich laut und wachte schweißgebadet auf. Wieder leuchtete mein Stein grell... Ich war Sacred Feye, in meinem Traum...
 

~ Kapitel 15 ~ Außer Kontrolle ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 


 

Aloha! Seid ihr schockiert? Nein, müsst ihr nicht >_> Es fiel mir schwer so grausame Dinge zu schreiben, aber hey, die Geschichte soll nicht nur aus Butterblumen und Wattebällchen bestehen. Immerhin reden wir hier von Luzifer, von der Hölle. Etwas grausam muss es einfach sein, anders könnte ich ihn mir gar nicht vorstellen. Jetzt hoffe ich nur dass das Kapitel noch veröffentlicht werden kann ohne Jugendschutzangabe xD Ich mag die Szene nur ungern rausnehmen weil sie wichtig ist für die Handlung und die Gründe von Sacred Feye. Einige meiner Leser sind ja nicht auf Mexx registriert und könnten das Kapitel so sonst nämlich gar nicht mehr lesen o.o'

Die Gefahr im Inneren

Kapitel 16 ~

Die Gefahr im Inneren
 


 

~ Chann Coldfire ~

Ein Tag und wenige Stunden nachdem ich Chucky mit nach Hause geschleppt hatte, kehrte hier endlich wieder Ruhe ein. Jenn und Rick fanden, es sei eine Zumutung, dass ich ihnen den Feind mit ins Haus schleppte, wo ich mir vorher erst dieses brisante Geständnis leistete. Ja, meiner jüngsten Tochter platzte fast der Kragen, doch es war mir egal. Sie würde sowieso bald ausziehen und dann wäre ich hier alleine mit dem Haushalt und Ryan.

Chucky erwies sich als treuer und tüchtiger Diener. Er machte das Geschirr, putzte und schwang den Staubsauger. Er machte die Betten und richtete das Frühstück. Eigentlich musste ich fast gar nichts mehr machen, außer einkaufen zu gehen. Das konnte er mir nun nicht abnehmen, niemand dürfte ihn sehen.

Die Anderen daran zu gewöhnen, dass wir nun einen „Hausdämon“ haben, war schwierig. Jeder, der zwischenzeitlich zu Besuch kam, erschrak fast zu Tode oder wollte ihn töten.

„My Lady! Kann ich noch etwas für Euch tun?“ „Nein, danke Chucky. Du darfst dich ausruhen. Setz dich doch zu uns“, schlug ich ihm freundlich lächelnd vor. Rick warf einen flüchtigen Blick über den oberen Rand seiner Zeitung und schnaufte: „Ich geh zur Arbeit. Hier Chann.“ Er gab mir die Zeitung und packte seinen Autoschlüssel.

„Schönen Tag, Master Rick.“ „Ja, dir auch Putzfee. Tschüss, Schatz.“

Rick gab mir noch einen Kuss und verschwand schnell. Im selben Moment kamen meine streitenden Kinder die Treppe herunter.

Ryan war neben mir der Einzige, der Chucky mochte und ihn zu schätzen wusste. Er fand ihn cool. Man konnte ihn ja auch gut ausnutzen und er war auch noch dankbar dafür.

„Cool, der Dämon hat Essen gemacht!“ „Chucky, bitte mach endlich mal Gift in Ryan's Frühstück“, befahl Jenn grinsend und nahm sich ihre Brote.

„Aber Miss Jenn. Ich glaube nicht dass dies der Herrin gefallen würde.“ „Na und?“

„Mach ruhig...“, sagte ich nebensächlich, als ich mir die Zeitung schnappte, die Rick hier ließ. Ryan war entsetzt und verschwand mürrisch in die Schule. Durchs Fenster sah ich, dass Nyria wohl schon auf ihn wartete.

„Ich geh auch gleich. Viel Spaß euch beiden... Dreien?“, berichtigte sich Jenn und schüttelte den Kopf, ehe auch sie das Haus verließ. Puh! Alle waren weg! Chucky guckte mir aufmerksam beim lesen zu.

„Ihr Menschen seid Komisch. So etwas wie Zeitungen gibt es bei uns nicht.“ „Luzifer wird das wohl auch kaum brauchen. Hmm... Oh!“ „Was denn?“ „Hier! Da steht, dass letzt Nachts ein kleiner Tsunami die Küste gestreift hat. Kurz nachdem wir vom Strand weg waren! Irgendetwas schien das Wasser aufgewühlt zu haben.“ „Da hatten wir ja Glück, dass wir nicht länger dort geblieben sind.“

Ich durchstöberte weitere Berichte, Marktanzeigen und Todesanzeigen. Niemand bekanntes war dabei. Jeder Tag ohne Tote aus dem Bekanntenkreis brachte Erleichterung. Jeder von uns könnte zum Opfer fallen in diesen Zeiten. Die Presse berichtete lediglich, dass in letzter Zeit häufig mysteriöse Morde, Unfälle oder Anschläge geschehen würden.

So wurden neulich erst bei uns im Wohnviertel getrocknete Blutlachen gefunden, jedoch keine Toten und auch keine Verletzten. Hmm...

Es dauerte knapp eine Stunde, bis ich die Zeitung studiert und weggeworfen hatte. Ich erschrak heftig, als die Tür aufplatzte und eine völlig wütende Jenn mit Feye im Arm angelaufen kam. Was war nun schon wieder?

„Huch? Keine Schule?“

„Ma!!! Ich war eben bei Maiko zu Hause, wo mir von Maya gesagt wurde, dass er bei Jill ist. Und dort fand ich auch Feye, die mir erzählte, dass Jayden schon wieder Angriffe gestartet hat!“ „Oh Gott... Alles klar, Feye?“ „Ja“, sagte sie leise und eingeschüchtert.

„Das muss endlich aufhören! Wieso hast du dich mit Tante Marisha wieder vertragen ohne das mit Jayden zu klären!?“ „Jenn, mach mir keine Vorwürfe, Mari ist meine beste Freundin. Ich mag nicht mit ihr streiten.“

Meine Tochter stemmte die Hände in die Hüfte: „Also ist es dir egal, wenn einer von uns getötet wird!? Hauptsache mit der besten Freundin ist alles Friede und Freude?!“ „So meine ich das nicht“, versuchte ich mich zu verteidigen, doch Jenn ließ nicht locker. Sie schnaufte wütend und Feye schwieg.

„Ja, wie geht’s Maiko denn? Wieso ist er nicht bei euch?“ „Rate mal! Er ist so schwer verletzt gewesen, dass er nicht mitkommen wollte. Er spürt seinen Arm nicht mehr!“

Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es tatsächlich so schlimm war. Dass dies nun schon so weit gehen würde, war in der Tat zu viel. Und trotz unserer Freundschaft musste ich Mari endlich die Augen öffnen. Sie konnte nicht zulassen, dass ihr Sohn, der andauernd seine Familie angriff, unter uns leben konnte. Er war zwar seit einiger Zeit verschollen, doch Mari drängte sich förmlich an den Gedanken seiner Unschuld.

Ich hatte Angst sie damit ein weiteres mal zu konfrontieren, jetzt wo wir uns wieder vertragen hatten und sie mir so mit meinen Problemen half.

Doch als Freundin war ich auch für die schlechten Dinge im Leben da und Freunde sollten in der Lage sein, auch mal direkte Worte zu sprechen, ohne sich gleich an die Kehle zu springen oder sich schmollend abzuwenden. Ich hoffte einfach das Beste, als ich meine Sachen packte und mit Feye und Jenn zu Marisha ging. Chucky würde das Haus schon beschützen.

Mit einem unguten Gefühl klingelte ich. Jenn drängte mich richtig dazu, während Feye sich im Hintergrund hielt. Mari war zu Hause und öffnete verwundert die Tür.

„Ahh! Chann! Oh Gott... Wenn ihr so auftaucht, dann ist wieder was passiert. Sagt mir bitte, dass das nicht der Grund für euer Erscheinen ist.“ „Dürfen wir rein?“, fragte ich leise. „Ja, kommt rein.“

Fast in Reih und Glied folgten wir ihr ins Wohnzimmer und verteilten uns auf dem Sofa. Ihre Blicke waren besorgt und ernst. Wahrscheinlich ahnte sie schon, dass es was mit Jay zu tun hatte. Dass er schon so lange nicht mehr zu Hause war, machte sie innerlich fertig. Äußerlich tat sie dann trotz allem immer so stark.

„Jenn, Feye, erzählt ihr Mari was passiert ist?“ „Das sollte Feye besser tun, sie war immerhin dabei, ich nicht“, sagte Jenn und lehnte sich zurück während sie ihre Arme auf dem Bauch verschränkte.

Feye war nervös: „Naja, ich war unterwegs, als ich Maiko zusammen mit Maya sah. Ich wollte mit ihm reden und plötzlich wird Maya angegriffen.“ „Von Jay, oder worauf willst du hinaus?“, sagte Marisha mit wütendem Unterton. Ehe Feye noch etwas sagen konnte, sprang die Blondine auf: „Das ist ja mal wieder typisch!!! Kaum passiert etwas, ist sofort Jay daran schuld! Es gibt auch noch die Dämonen und Luzifer's stärkere Leute!“ „Marisha... Es war Jay, ich hab ihn doch gesehen! Maya und Maiko haben ihn auch gesehen!“ „Verbündet ihr euch jetzt gegen ihn!?“, fragte sie aufgebracht.

Ich stand auf und wollte ihre Hände nehmen, damit sie wieder zur Ruhe käme, doch sie wurde richtig hysterisch und schlug meine Hände weg, während ihr die Tränen kamen.

„MEIN SOHN IST GUT ERZOGEN WORDEN!!! ER WÜRDE NIE SOWAS TUN!!!“, schrie sie uns alle mit zitternder Stimme an. „Sicher!“, entgegnete Jenn trotzig. „Marisha... Er wird von Luzifer kontrolliert. Er ist bei ihm... Er kämpft für ihn und sieht uns nicht mehr als Familie sondern als Feinde“, erklärte Feye ruhig. Doch bei Marisha stieß sie auf taube Ohren.

„Wir verbünden uns nicht gegen ihn!!! Wir vermissen ihn doch auch!“ „Ach komm, laber nicht! Mit euch und euren Vorwürfen hat das doch alles angefangen und jetzt ist er weg!!!“ Wütend und ihres Verstandes beraubt, wollte sie Feye angreifen, doch das ließ ich nicht zu und schoss sie selbst mit einem leichten Wasserangriff ab. Ihre wuterfüllten Blicke wanderten zwischen uns umher: „Besser ihr geht jetzt! Oder es passiert was!“ „Mari!“ „Chann! Hau ab!“ „Oh Man, Ma, lass uns gehen, mit der ist nicht zu reden. Okay! Mach deinem ach so lieben Sohnemann doch die Tür auf wenn er Nachts heim kommt! Aber heul nicht rum, wenn er versucht dich abzustechen!“ „Jenn...“

Jenn und ich gingen voraus, doch ich konnte noch mitbekommen, wie Feye vor ihr in die Hocke ging und ihre Hand auf Mari's Schulter legte. Ohne sich zu wehren starrte meine Freundin Feye an.

„Ich verspreche dir, dass ich ihn zurückhole... Ihm passiert nichts. Er wird nach Hause kommen. Alles wird gut. Und Maiko, der seinen Arm nun nicht mehr bewegen kann, wird ihm verzeihen. Bestimmt.“

Dann erhob sie sich und wir gingen. Woher nahm Feye diese Sicherheit? Was war überhaupt hier los? Sie schien schon länger so seltsam. Sie zog sich immer häufiger zurück und wollte alleine sein. Früher hatte sie oft Spaß mit uns und der Familie. Inzwischen saß sie nachdenklich daneben, wenn wir lachten. Ich machte mir Sorgen um sie, doch wenn nicht einmal Clyde wusste, was mit ihr los war, wer sollte es dann wissen?

„So Leute, ich geh wieder zu meinem Cousin! Scheiß auf Schule!“ „Jenn!“ „Ma!“ Jenn ließ sich nichts sagen. Familie ging ihr über alles. Vor allem Maiko als ihr bester Freund. Feye ließ sie bei mir. Ich hatte ja schon länger die Vermutung, dass zwischen den Dreien was nicht stimmt. Feye blickte deprimiert zu Boden. Sie würde in diesem Zustand sicher auch nicht zur Schule gehen. Vielleicht könnte ich die Gelegenheit nutzen um ihr einige Informationen zu entlocken.

„Hey, wollen wir beide Shoppen gehen?“ „Wie?“ „Ja, einkaufen, Spaß haben. Du kommst so ernst rüber, ich denke das würde dir gut tun. Man kann nicht immer nur traurig sein und sich Vorwürfe machen. Du wirst noch wahnsinnig. Glaub mir, ich kenne das.“ „Wahnsinnig werden... Ja, ich kenne es auch. Gut, vielleicht hilft es ja mal zu versuchen abzuschalten.“

Ich schleppte sie mit in die Innenstadt, wo wir einige Geschäfte durchstreiften. Feye zu begeistern war auch mal einfacher. Sie schaute immernoch so traurig drein.

„Was ist denn eigentlich los mit dir? Ist es wegen Jay?“ „Auch... Es sind meine Kräfte. Sie sind mir ein Rätsel.“ „Haha, sie sind uns schon seit Jahren ein Rätsel. Aber ich denke, sobald du sie brauchst, werden sie sich zeigen.“ „Nein!“ Ihre abgeneigte Reaktion gegenüber ihren Kräften verwirrte mich. Seit Jahren versuchte sie genau wie wir ihre Kräfte nutzen zu können. Was also trieb sie genau in die gegensätzliche Richtung?

„Es ist besser sie zeigen sich niemals.“ „Aber wie willst du dann dein Versprechen Mari gegenüber einhalten? Du sagtest es wird alles gut... Darunter verstehe ich die Vernichtung Luzifers. Aber irgendwas fehlt doch noch für diesen Kampf gegen ihn oder? Wenn es so einfach gehen würde, hätten wir ihn längst besiegen können. Aber es kam in all den Jahren immer nur zu kleinen Auseinandersetzungen.“ „Hmm... Ja. Aber es hat bald ein Ende. Ich weiß es.“ „Warum kannst du uns nicht einfach sagen was du weißt? Wieso schleppst du es mit dir alleine herum?“ „Weil es zu viel ist...“ Gerade wollte ich weiter darauf eingehen, als sich die Fahrstuhltüre öffnete und wir mit einem schrillen Quieken begrüßt wurden.

Es war Naga der wir direkt in die Arme liefen. Sie lief mir gleich freudestrahlend entgegen und nahm mich in die Arme. Und auch Feye bekam Küsschen auf beide Wangen ehe sie entzückt die Hände aneinander klatschte. „Wie schön euch beide zu sehen! Macht ihr ne Shoppingtour? Darf ich euch begleiten?“ Was sollte ich schon antworten? Würde ich nein sagen, würde sie mir das ihr Leben lang übel nehmen. Und „ein Leben lang“ hatte bei uns Assistants schon eine große Bedeutung. Das riskierte ich lieber nicht.

Obwohl es Feye unwohl war, lud ich sie ein mitzukommen. „Und, Chann? Alles Paletti bei euch? Du siehst etwas gestresst und rund aus. Also nimm es mir nicht übel!“ „Ja, ich kenn dich doch, ich weiß wie du das meinst.“ Doofe Kuh! Ich setzte ein gespieltes Lächeln auf, als wir durch die große Einkaufspassage liefen. Feye trottete lustlos hinter uns her und guckte gelegentlich in eines der geschmückten Schaufenster.

„Und wie geht es euch? Ich hab gehört, Maiko soll es nicht so gut gehen.“ „Ach! Der soll sich ja nicht so anstellen! Immer am Heulen und Meckern der Junge. Aber wenn Pia mit ihm glücklich ist...“ „Naja, ich wäre auch nicht glücklich, wenn ich meinen Arm nicht mehr bewegen könnte.“

Sie schüttelte verständnislos den Kopf und blieb an einem Schaufenster stehen, das von verschiedenstem Schmuck gefüllt und dekoriert war.

„Er kommt zu sehr auf deinen Bruder heraus.“ „Auf Rico?“ „Ja und auf Kyle! Bei euch sind die Typen alle gleich... Kyle ist ein richtiges Arschloch! Ich bin so enttäuscht von ihm. Ständig zieht diese Marisha ihre Mitleidtour durch und er rennt ihr hinterher wie ein kleiner Köter.“ „Ihr Sohn ist seit Wochen verschwunden. Natürlich geht es ihr nicht gut.“ „Ach. Dieses gespielte Geheule soll die sich sparen! Ehrlich! Kein Wunder, dass der Bengel abhaut. Würde ich auch tun.“

Aus dem Seitenwinkel konnte ich sehen, wie Feye wütend mit den Lippen zuckte, sich jedoch zurückhielt. Sie ließ uns beide stehen und ging an das Schaufenster gegenüber.

„Hey! Wenn das nicht meine Mädels sind!“ Kyle stand plötzlich neben uns und grinste breit. Na, das hatte ja auch grade gefehlt. Naga blickte ihn giftig an. Gleich würde es Tote geben.

„Kyle, Brüderchen. Wie immer zur falschen Zeit an der falschen Stelle, haha. Du solltest dich in Sicherheit bringen.“ „Wieso!? Ich will doch nur etwas einkaufen gehen, weil ich heute mal frei hab!“ Er wollte weiter jammern, als Naga künstlich und laut aufheulte und sich die Hände vors Gesicht schlug. Verwirrt blickten wir ihr hinterher, als sie davon rannte.

„Äh... Heult sie?“ „Glaube schon... Du scheinst sie verletzt zu haben.“ „Oh man! Wir sehen uns, Schwesterlein!“

Hektisch rannte er seiner Geliebten und Langzeitaffäre hinterher. Warum waren die eigentlich grade heute alle einkaufen?! Das nächste mal ruf ich vorher alle an und frag sie ob sie im Zentrum sind, dann überlege ich mir nochmal ob ich wirklich gehen sollte.

Schon das nächste Unheil ließ nicht lange auf sich warten. Marisha, die wohl genau wie wir ihren Frust mit Shoppen vertreiben wollte, hatte gesehen wie Kyle Naga hinterher lief.

Nun war sie noch wütender und verpasste mir einen kleinen Schubs, ehe sie überhaupt ein Wort sprach. „Wieso tust du das!?!?“ „Was denn?“ „Wieso schickst du meinen Mann dieser Schlampe hinterher!?! Reicht es nicht, dass er mich schon oft genug mit ihr verletzt und betrogen hat? Reicht es dir nicht, dass ich meinen Sohn verloren habe? Muss jetzt auch noch mein Mann wieder davonlaufen und fremdvögeln?!!! Wer bist du!?“

Die Leute, die an uns vorbei liefen starrten geschockt zu uns herüber, bevor sie im schnellen Schritt weiter zogen. Ich wusste nicht was ich Marisha sagen sollte. Sie hatte alles falsch verstanden. Feye, die zu uns herüber blickte, wirkte ziemlich gestresst.

„Mari... Du verstehst das falsch...“ „WAS SOLL ICH FALSCH VERSTEHEN, WENN MEIN MANN SEINER SCHLAMPE HINTERHER RENNT!?“ „Ja aber ich hab ihm das nicht gesagt!“ „Lüg mich doch nicht an! Du kannst das genauso schlecht wie er! Ihr lügt andauernd, aber ihr seid so leicht zu durchschauen!“

Wütend und drohend durchbohrte sie mich mit ihren zornigen tiefdunklen Augen. Je wütender Marisha wurde, desto dunkler wurden ihre Augen. Ich war irgendwie verletzt, dass sie mir nicht glauben wollte. Aber wahrscheinlich war sie einfach zu verzweifelt und wollte nur noch das Negative sehen. Egal was ich ihr sagen würde, sie würde mir nichts glauben.

Ich drehte mich um und wollte mit Feye gehen... Ich wollte Mari einfach stehen lassen, weil es mir zu dumm wurde, doch dann bemerkte ich, dass sich in der Passage kein Mensch mehr bewegte. Es war niemand mehr da. Höchst ungewöhnlich! Die konnten doch nicht alle auf einmal weg sein, wo dieser Ort doch so belebt war.

Und dann, als ich zu Feye guckte, erkannte ich, dass etwas mit ihr nicht stimmte. Ihre Augen funkelten rot. Ratlos schritt ich etwas zurück.

„Mari? Was ist hier los?“ Auch sie sah es und stellte sich enger zu mir. „Feye!!! Was ist mit dir?“ „Finger weg von Chann! Lass sie in Ruhe! UND BRÜLL SIE NICHT NOCHMAL AN!“ Feye hatte plötzlich eine dunklere Stimme. Sie hatte den Konflikt zwischen Mari und mir sicherlich falsch verstanden. Mit leicht gehobenen Händen lief ich lächelnd auf sie zu und wollte ihr versichern, dass wir uns auch wieder beruhigen würden und Mari mir nichts ernsthaftes antun würde.

„Feye... Komm schon, du weißt doch wie das ist, wenn man ab und zu Streit hat...“ „Misch dich nicht ein...“, sagte sie finster und holte mit der Hand aus. Mit einem lauten Klatschen schlug sie mir mit der flachen Rückhand ins Gesicht und schleuderte mich zu Boden.

Gerade noch so konnte ich mich abfangen und landete auf den Beinen. Verdammt! Ich war schwanger, sowas sollte ich eigentlich vermeiden! Mari schrie entsetzt auf: „Feye!!! Wieso tust du sowas?“ „Du Schlampe wendest dich gegen deinesgleichen! Willst du demnächst auch zu Luzifer, diesem Abschaum, überlaufen? Wie dein elender Sohn, den ich leider nicht killen konnte!? Ha! Diesmal ist keine rothaarige Hure da, um mich aufzuhalten! Hahahaha!!!“

Ihr Lachen war schrill. Es glich dem einer verrückt gewordenen Hexe. Man hätte sie auch mit einem Dämon vergleichen können. Ihr Stein leuchtete grell auf. Waren das ihre Kräfte!? War das der Grund, warum sie sich so dagegen sträubte? Wer wusste bereits davon?

„Chann, sie ist nicht mehr sie selbst.“ „Feye! Schluss jetzt! Mari ist eine von uns! Sie würde sich Luzifer doch nicht anschließen!“ „HALT'S MAUL SAGTE ICH!!!“ Sie schlug erneut nach mir, doch diesmal wich ich mit einem Sprung nach hinten aus. „MEIN GOTT FEYE!!! DIE FRAU IST SCHWANGER! WAS TUST DU DA!“ „Es reicht mir... Dann sterbt ihr eben beide. Und die Teufelsbrut dazu.“

Sie blickte auf meinen Bauch und grinste. Mari und ich konnten einem Kampf nicht entgehen. Feye war stark und schnell. Wo ihre Energiekugeln einschlugen, blieb nur Zerstörung übrig. Die Schaufenster zersprangen in tausenden Splittern, vor denen ich mich versuchte zu schützen. Mari half mir und gab mir ebenso Deckung, da ich viel zu sehr damit beschäftigt war, meinen Bauch mit den Armen abzudecken.

„Scheiße! Die spinnt total!“ „Ahahaha! Da! So spricht man nicht gegen seine Herrscherin, wenn man eigentlich loyal wäre.“

Feye schoss eine Energiekugel auf Mari, die gegen eine Wand schlug und am Kopf eine Platzwunde davontrug. Schnell stand sie wieder auf den Füßen und stellte sich kampfbereit neben mich.

„Gut! Jetzt reicht es!“ Sie formte dicke Windböen, die unsere Haare aufwirbelten und an uns vorbei direkt auf Feye schossen. Jedem Anderen hätten sie die Haut in Fetzen gerissen, doch Feye, die ihre Arme schützend vor ihrem Gesicht verschränkte, breitete diese mit Schwung aus und ließ den Wind einfach verschwinden. Mit irrem Blick und lachend schritt sie langsam auf uns zu.

„Ihr könnt tun was ihr wollt. Gegen mich habt ihr keine Chance.“ Wieder holte sie aus. Gerade noch so konnten wir ausweichen, doch die Energie, die hinter uns einschlug, zerriss das Beton des Einkaufszentrums in Fetzen. Der Feueralarm sprang an und kaltes Wasser ergoss sich über unseren Köpfen.

„Na toll...“ „Feye! Komm wieder zu dir! Verdammt! Das gibt richtig Ärger gleich! Die Bullen kommen!“ „Ja dann, amüsiert euch schön beim Fragen beantworten! Falls ihr dazu noch kommt...“

In ihrer Hand formte sie einen Dolch aus dunkler Energie. Und während sie sich vor uns stellte, erneut ausholte und mich zu Boden schlug, holte sie mit der anderen Hand aus um Mari abzustechen. Grade als ich mich aufrichtete und praktisch schon Mari sterben sah, kam wie durch ein Wunder mein Sohn Clyde gerannt und stellte sich zwischen die Beiden.

Feye streifte ihn grade so, doch dann schreckte sie zurück. „Feye! Was ist nur los mit dir? Wieso kämpfst du gegen meine Ma und meine Tante? Mein Gott, mach das Ding weg!“ Er deutete auf ihre Waffe und ich merkte, wie in ihr ein Kampf tobte. Clyde kannte nichts. Er hatte keine Angst vor ihr. Beherzt ergriff er ihr Handgelenk und ihre Waffe verschwand im Nichts. Feye öffnete erneut die Augen und sie waren wieder klar. Sie sah schwach aus.

„P-Papa...“, sagte sie leise und brach zusammen. Mit Mühe richtete ich mich auf und auch Mari rang um Fassung. „Nimm sie hoch! Wir müssen auf der Stelle weg hier!“ Sie hatte recht. Wir konnten nur knapp der eintreffenden Polizei und Feuerwehr entgehen. Einige Ecken weiter ließen wir uns mit der bewusstlosen Feye nieder. Mari rieb sich die Stirn.

„Das Mädchen ist gefährlich.“ „Ich dachte sie bringt uns die Erlösung, doch aber nicht den Tod“, sagte ich nachdenklich und hielt mir den Bauch. Ich hatte Schmerzen und Angst, dass dieser Kampf meiner Schwangerschaft ein frühes Ende gesetzt hätte.

„Vielleicht ist die Erlösung ja unser Tod.“ „Aber Feye kann doch nicht böse sein...“ Clyde verstand es nicht und hielt sie in den Armen.

„Sie ist durchgedreht, als wir beide Streit bekommen haben. Wir müssen herausfinden, was die Auslöser für solche Reaktionen sind.“ „Ja, Mari. Sie ist so geworden, weil sie nicht wollte, dass du so mit mir umgehst... Aber sie hat mich auch angegriffen. Es muss etwas Anderes dahinter stecken.“ „Sie könnte uns töten, wenn sie richtig durchdreht.“

Ich wusste nicht, dass sich hinter Feye solch ein Risiko verbarg. Ich hatte etwas Angst vor ihr. Was würde passieren, wenn sie wieder ihre Kontrolle verliert? Wenn dann kein Clyde da ist um sie wieder zurück zu holen? Wäre er nicht gekommen, wären Mari, mein ungeborenes Kind und ich jetzt tot.

„Chann? Geht's dem Kind gut?“ Sie merkte, dass ich mich unwohl fühlte. „Ich weiß nicht... Mir zieht es in den Unterleib.“ „Lass uns besser zum Arzt gehen, komm.“ „Ich nehme Feye mit nach Hause. Und keine Angst. Scheinbar bin ich vor ihr sicher, sonst wäre sie nicht bei meinem Anblick wieder normal geworden“, beteuerte Clyde. „Pass trotzdem auf dich auf, Sohnemann.“

Als ich mit Mari zum Frauenarzt kam und erklärte, dass ich seit einem Sturz Schmerzen hatte, wurde ich gleich zur Untersuchung gerufen. Der Arzt machte mir einen Ultraschall und riss die Augen auf.

„Was!? Stimmt was nicht?“ „Doch... Doch, ja. Es ist alles in Ordnung. Nur sehe ich gerade, dass es sich nicht nur um ein kleines Herz handelt, das da auf dem Monitor blinkt.“ „Wie meinen Sie das?“

Neugierig richtete ich mich auf und versuchte zu erkennen, was dort vor sich ging.

„Nun, es scheint, als wären das Zwillinge.“ „... Zwi...llinge?... Ooooh neee!!!! Na, dann kommt wenigstens nur noch einer als Vater in Betracht...“
 

~ Maiko Hiwatari ~

Ein Krüppel... Ich hatte keine andere Bezeichnung für mich und meinen Zustand. Ich konnte ihn nicht mehr Spüren. Mein Arm war wie tot. Schlapp hing er an mir herunter und störte mich in allem was ich tat. Sollte das für immer so bleiben? Würden sie ihn operativ entfernen? Es war eine Belastung... Die Zeit bei Jill und Shin half mir, dort hatte ich meine Ruhe. Aber mein schlechtes Gefühl nahm sie mir nicht. Ich könnte auch nicht ewig dort bleiben.

Was würde nun aus mir werden? Wie sollte ich so arbeiten? Wie sollte ich so jemals nochmal Basketball spielen? Sie hatten es noch einmal versucht... Shinji und Rachel zusammen. Und trotzdem funktionierte nichts...

Energielos und depressiv lag ich auf dem Sofa und starrte leer in den TV und obwohl ich meine Blicke nicht davon abwendete, bekam ich kein Wort von dem was gesagt wurde mit. Auch Jenn, die mir versuchte Mut zu geben und mich mit positiven Worten beschoss, konnte mir kaum helfen. Wer könnte das schon?

Plötzlich klingelte es. Jedes mal wenn es klingelte, zog mir der Magen zusammen. Shin und Jill bekamen öfter Besuch am Tag. Die verschiedensten Verwandten, Bekannten und Freunde schauten vorbei. Diesmal hatte sich mein Magen jedoch nicht zu unrecht verkrampft. Ich hörte immer näher kommende Schritte, bis Pia im Raum stand.

„Maiko, hier bist du ja... Bitte, komm wieder nach Hause.“ „Nein.“ „Warum nicht? Oh bitte! Ich werde dich und deinen Arm pflegen!“ „Ich bin zwar ein Krüppel, brauch aber keine Hilfe von dir!“ „Bezeichne dich doch nicht so!“ „Wie soll ich mich sonst bezeichnen?“, fragte ich schroff, während ich mich aufrichtete. „Das wird schon wieder! Komm nach Hause, du kannst nicht ewig hier bleiben! Bitte!“ „Maiko, Pia hat recht. Du musst irgendwann wieder nach Hause“, redete Jill auf mich ein. Ich seufzte. Ja, es stimmte schon... Schlimmer konnte es eh kaum kommen.

„Danke, für eure Gastfreundschaft, das leckere Essen und deine Fürsorge, Jill! Ich bin euch was schuldig.“ „Ach was, werd du einfach wieder gesund...“ „Sagst du so... Sag deinem Mann noch nen Gruß von mir.“
 

„Maiko, schweig doch nicht die ganze Zeit! Bitte sag was! Was ist passiert? Maya sagt kaum ein Wort.“ „Was soll ich sagen? Juhuuu, ich freu mich so?“ „Wir haben uns doch geschworen füreinander da zu sein! Auch in schlechten Zeiten.“

Ich hatte ja keine andere Wahl an diesem Tag, in diesem Augenblick unseres Jawortes. Genervt schnaufte ich. Wahrscheinlich würden sie mir zu Hause wieder mit Babypflege kommen und dass ich ruhig was tun könnte.

Ich hasste es. Es ging mir auf die Nerven. Nur ihr Diener zu sein... Mit jedem Tag hatte ich weniger das Gefühl Pia zu lieben. Sie hatte sich seit unserer Hochzeit – in der kurzen Zeit – sehr verändert. Sie war nicht meine Frau, sondern eine Art Gebieterin, deren Mutter wiederum ihre Gebieterin war. Eigentlich wollte ich immer frei sein, doch seit das mit meinem Arm war, wollte ich nur noch sterben. Ob ich mir das Licht auspusten sollte?

Ich könnte allerdings auch abwarten und mich an Jayden rächen. Ich war stinksauer auf ihn. Doch wie sollte ich das tun? Durch meinen Arm war ich so gut wie kampfunfähig. Nun wusste ich zumindest wie Clyde sich ansatzweise fühlen musste. Auch er konnte kaum im Kampf hilfreich zur Seite stehen.

Es schien wieder alles so dunkel um mich. Mein Herz erstickte in Hoffnungslosigkeit und ein dicker Kloß schnürte mir die Kehle zu. Solche Gefühle wollte ich vor Pia aber nicht zeigen. Vor allem nicht so kurz, bevor wir nach Hause kamen. Denn noch weniger als Pia sollte Naga wissen wie ich mich fühlte. Allerdings wäre es ihr sowieso egal. Hauptsache ich funktionierte. Pia, die mich noch immer voll schwätzte, schloss die Tür auf. Dort wartete schon Naga mit der Kleinen auf dem Arm. Sie blickte mich höhnisch an.

„Aha! Da ist ja der Herr Ausreißer! Unter welcher Brücke haben wir uns herumgetrieben?“ „Ich war bei meiner Cousine.“ „Hier ist dein zu Hause. Da, nimm dein Kind. Du hast ja sonst nie Zeit dafür.“

Rücksichtslos drückte sie mir meine Tochter in den noch intakten Arm. Mit viel Mühe konnte ich sie gerade so halten. Pia seufzte und nahm sie mir im nächsten Moment auch schon wieder ab.

„Ma! Er kann seinen Arm nicht bewegen. Findest du nicht, er sollte sich noch etwas schonen?“ Naga verschränkte die Arme und zog ihre Augenbraue hoch: „Schonen? Wie lange denn? Wenn der Arm für immer nutzlos da rumhängen wird, soll er sich dann für immer faul hier breit machen? Je eher er sich an sein behindert sein gewöhnt, desto schneller lernt er damit zu leben.“ „Ma...“ „Ich meine es nur gut.“ „Jaja... Ist okay. Ich zieh ins Behindertenheim. Ich packe grade noch.“

Frustriert ging ich in das Zimmer in dem ich zuvor mit Pia wohnte. Ich wollte keine Nacht mehr dort verbringen.

Doch dann stand mein einziger Lichtblick im Türrahmen... Als ich sie sah, machte mein Herz auf einmal Freudensprünge und alles schien in Ordnung zu sein. Maya lächelte und guckte meinen Arm an.

„Der wird wieder... Und wenn nicht, bist du stark genug, das durchzustehen.“ „Nicht, wenn ich hier bleiben muss, dann mach ich irgendwann ne Dummheit.“ „Sag nicht sowas. Dir geht's schlecht, du bist niedergeschlagen, aber das ändert sich auch wieder, wenn du den Schock verdaut hast. Du lernst auch so zu leben.“ „Ach... Wenn du das sagst, könnte ich es fast glauben.“ „Hör mal, ich muss mit dir unter vier Augen reden. Treffen wir uns heute Nacht draußen im Park?“ „Okay.“

Naga würde es nicht gefallen, wenn sie wüsste, dass ich zu Maya fast ein besseres Verhältnis hatte als zu meiner Frau. Sie beschützte Pia wie eine Glucke. Das war früher anders, oder, fragte ich mich selbst.
 

Den restlichen Tag versuchte ich stark zu bleiben und mich zusammenzureißen. Erst spät in der Nacht kroch ich vorsichtig aus dem Bett um Pia nicht zu wecken. Würden Pia oder Naga merken, dass ich mich davon schlich, wäre das Treffen mit Maya geplatzt. Ich wollte das nicht riskieren. Dieses Treffen war das Einzige, was mir an diesem Tag noch Kraft gab. Was machte ich mir eigentlich für Hoffnungen? Was erhoffte ich mir von ihr?

War ich verliebt? Ne! Ich durfte mich nicht in sie verlieben, denn sie war die Schwester meiner Frau. Das wäre abartig! Doch ich konnte mir kaum vormachen, dass es vermeidbar wäre. Ich fühlte mich einfach zu gut, beim Gedanken an Maya.

Leise öffnete ich das Fenster und glitt durch die Luft hinunter auf den Boden. Durch meine Kräfte, war dies einfach und es war auch nicht das erste mal, dass ich ein Haus auf diese Weise verließ. Trotz lahmen Arm huschte ich durch die dunklen Gassen zum Park. In meinem Inneren tobte eine Unruhe. Ich hatte Angst, wieder einen Angriff abzubekommen, doch verstecken konnte ich mich auch nicht. Da stand sie...

Einsam und mutig unter dem Licht einer Straßenlaterne. Das warme goldene Licht ließ ihre Haare aufleuchten. Sie trug ein leichtes Shirt das knapp über ihren Brüsten endete und keine Träger hatte. Dazu sparsam geschnittene Hotpants, die ihren Po nur wenig bedeckten. Sie war so sexy...

„Da bist du ja. Ich hatte schon gedacht, du lässt mich sitzen.“ „Nein, ich musste nur warten, bis ich raus konnte. Ich hab mich viel zu sehr darauf gefreut, als dich versetzen zu wollen.“

Sie lächelte, doch sie machte keine Anzeichen mir näher kommen zu wollen. Warum sollte sie auch. Ich war so ein Trottel, mir irgendwelche Hoffnungen zu machen, die sich niemals erfüllen würden. Für sie war es nur Sex.

„Es geht um Feye und das was passiert ist. Sie ist ausgerastet, hat förmlich die Kontrolle verloren. Ich frage mich, ob sie nicht eine Gefahr für uns darstellt.“ „Ich hab es nicht gesehen. Die Schmerzen waren zu heftig. Aber wenn Feye keinen Halt vor Familienmitgliedern kennt, haben wir ein Problem.“ „Nur wie sollen wir es lösen?“, fragte sie beunruhigt und legte nachdenklich ihren Zeigefinger auf ihr Kinn.

„Ich weiß es nicht. Sie tut mir leid... Vielleicht sollten wir aufpassen sie nicht zu reizen. Ach das ist kompliziert. Ich kann nicht klar denken.“ „Warum?“ „Wegen dir!“ Sie schreckte auf und guckte mich verunsichert an: „Warum wegen mir? Was mach ich denn?“ „Du siehst gut aus... Du bist hier...“

Sie blickte verwirrt umher. Ihre Blicke wurden jedoch ernst: „Maiko... Was auch immer es ist, es ist nicht richtig. Ich bin um einiges älter als du. Wir sind Cousine und Cousin. Unsere Väter sind Brüder.“ „Das ist nichts Verbotenes. Und guck dir Clyde und Hailey an...“

Warum rang ich so verzweifelt nach Argumenten die für sie und mich sprachen!? Ich wusste doch, dass es zwecklos war.

„Ja, das ist schon wahr. Aber du bist mit meiner Schwester verheiratet.“ „Gezwungenermaßen, ja“, antwortete ich flach. Sie hatte recht... Die Vernunft musste hier Oberhand behalten. Aber ich konnte es nicht. Ich war so verzweifelt, ich brauchte zumindest einmal das Gefühl, dass mein Leben noch einen Wert hatte. Sie wollte sich abwenden und gehen, doch ich hielt ihr Handgelenk fest.

„Ich weiß es war mehr als „nur“ Sex... Bitte, gib meinem Leben einen kleinen Sinn! Sonst weiß ich nicht wofür es sich lohnt morgen früh wieder aufzustehen.“

Ohne Antwort drehte sie sich abrupt um und legte ihre Hände auf meine Wangen. Sie zog meinen Kopf förmlich zu sich herunter und drohte mich zu verschlingen, als sie mich leidenschaftlich küsste.

Es fühlte sich an, als würde ich innerlich verbrennen. So heiß und brodelnd... Jede ihrer Berührungen ließ mein Herz erneut schnell aufschlagen. Ich sehnte mich nach allem was sie zu geben hatte.

Und während wir uns in den Schutz der Dunkelheit zurückzogen um uns zu berühren, um uns Befriedigung und Leidenschaft zu geben, musste ich einen Augenblick an Pia denken, die zu Hause im Bett lag und nicht die geringste Ahnung hatte, was ich hier tat.

Während ich Maya's Brüste mit gierigen Küssen übersäte, vergaß ich auch einen kurzen Moment meinen Arm, der mich zum Krüppel werden ließ. Ich fühlte mich gerade nicht wie ein Krüppel, sondern wie ein Mann, der eine Frau begehrte, der mit ihr eins wurde und für einen Moment glücklich war.
 

~ Kapitel 16 ~ Die Gefahr im Inneren ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 

Halli und Hallo, diesmal keine Langen Worte :P Ich dachte mir dass ich an dieser Stelle heute mal Werbung für meinen Blog mache, der sozusagen als eigene HP dient einzig für meine Projekte, Zeichnungen, Storys. Wenn ihr das was ich da herunter kritzel und schreib also mögt, und auf dem neusten Stand bleiben wollt, guckt sie euch mal an und aboniert sie wenn ihr wollt -> http://kiroya19.myblog.de/

So, das wars auch schon wieder :3

Der Ursprung

Kapitel 17 ~

Der Ursprung
 

~ Feye Coldfire ~


 

Ich konnte nicht mehr... Am besten wäre es, wenn sie mich einschließen und in Ketten legen würden. Wieder hatte ich die Kontrolle verloren, wieder erinnerte ich mich nicht, doch Dad erzählte mir, wie er mich und Oma mit ihrer Freundin vorfand. Ich wollte sie töten, nein, ich hätte sie getötet, wenn er nicht dazwischen gegangen wäre. Oh Gott, wenn ich ihn getötet hätte. Nein... Ihn könnte ich niemals töten... Oder?

Wild wirbelte ich mir durch die Haare und stieß ein wütendes Brummen von mir, als ich in meinem Zimmer auf meinem Bett lag. Wieso konnte ich es nicht kontrollieren!? Wieso war ich nur so schwach? Ich konnte nicht bei ihnen bleiben, ich war eine größere Gefahr als Luzifer selbst. Ich hasste mich selbst dafür. Am besten wäre es, ich würde mich einfach umbringen. Dann wären alle wieder in Sicherheit...

Ja, das wäre eine gute Idee. Ich musste sie beschützen – vor mir selbst. Nachdenklich blickte ich umher um etwas zu suchen, das mich selbst ausschalten würde. Ich erblickte eine Glasflasche, in der Milch war.

Langsam ging ich zu ihr hin und nahm sie in meine Hand. Es hatte keinen Sinn... Ich hatte keinen Sinn. Ich brachte nur Angst und Leid. Zerstörung... Ich schluckte ängstlich und schlug die Flasche gegen meinen Schreibtisch, wodurch sie in einige Scherben zerbrach.

Eine der Scherben sammelte ich vom Boden und blickte sie lange an. Sollte ich es tun? Sollte ich es zum Ende bringen? Ich sollte sie erlösen, meine Familie. Ich dachte, ich sollte sie von Luzifer erlösen, doch jetzt grade dachte ich, dass damit nicht er gemeint war. Ich musste sie von mir erlösen.

Zögerlich drückte ich die Glasscherbe gegen mein Handgelenk. Es tat weh... Doch ich müsste es durchziehen! Es wäre das Beste für sie...

„Willst du davonlaufen? Vor dir selbst?“ Es war ihre Stimme die wieder durch meinen Kopf hallte. Doch diesmal hörte ich sie nicht nur, Sacred Feye stand wieder halb durchsichtig vor mir, wie letzt im Lagerhaus auf Maiko's Hochzeit. „Du machst alles kaputt. Ich kann nicht riskieren, dass du meine Familie aufs Gewissen nimmst.“ „Feye... Kleines! Mein Herzstück. Ich meine es nur gut. Die Gefahr, die von Luzifer ausgeht, muss gebannt werden“, sagte sie sanft, schritt auf mich zu und küsste mich auf die Stirn.

Es fühlte sich an wie eine kühle Windbrise.

„Wir sind eins und wir müssen das Böse bekämpfen. Du und ich. Ich liebe dich... Du bist mein. So schön... Wie ich einst, zu meinen Lebzeiten. Es ist viel passiert. Ich möchte dir etwas zeigen, das deine Meinung vielleicht ändern wird.“ „Nein, ich will keine Vergewaltigung am eigenen Leib im Traum spüren! Das hatte ich schon!“ „Oh, mein Liebes, ich wollte dir keine schlechten Träume bereiten.“

Sie legte ihre Arme um mich und ließ mich meinen Kopf an sich schmiegen. Sie fühlte sich so real aber auch irreal an.

„Vertrau nur mir. Du brauchst sonst niemanden. Auch nicht Luzifer. Alles was er dir gibt, kann ich dir auch geben. Ich könnte dich lieben... Dir die Nächte schenken, nach denen du dich so sehnst.“ „Nein... Niemand kann ihn ersetzen“, sagte ich leise.

„Ich zeige es dir...“

Es fühlte sich an wie ein Windzug, der durch das Zimmer drang, wenn im Sommer ein Sturm heranzog. Meine Sachen wurden teilweise durch das Zimmer geschleudert.

Ehe ich mich versah, schwebte ich über einem anderen Ort. Es fühlte sich alles so warm an.

Die Landschaft bestand nicht aus Erde und Gestein wie bei uns. Sie bestand nur aus Wolken. Sie schimmerten weiß und fliederfarben. Der Himmel hier war ebenso strahlend blau, geschmückt mit einzelnen Wölkchen und Regenbögen, die aus dem Nichts zu kommen schienen. Wo war ich hier? Sacred Feye schwebte neben mir und lächelte. „Willkommen in meiner Heimat. Hier ist der Ursprung. Wir befinden uns im Himmelsreich, dem heiligen Land, Gottes.“ „Wie!?!“

Ich konnte es kaum glauben, doch es war tatsächlich so. Als ich genauer hinsah, erkannte ich die einzelnen Bewohner, Engel, die hier ihren Alltag pflegten. Sie wohnten auch in Häusern, die aussahen wie griechische Tempel. Weiß, strahlend – Antik.

Hier schien alles friedlich... Sie arbeiteten tüchtig. Manche wuschen ihre Wäsche an Wasserstellen, die versteckten Teichen aus Bilderbüchern glichen. Um die Wasserstellen wuchsen Blumen in allen Formen und Farben. Große hübsche Pflanzen ragten über sie. Doch das Wasser war kristallklar.

„Es wird niemals schmutzig. Hier ist alles Perfekt“, erklärte Sacred Feye, als wüsste sie, was ich dachte. Gruselig... Sie deutete auf einen weiblichen Engel, der sich mit drei anderen Engeln amüsierte.

„Wer ist das?“ „Das bin ich mit meinen Freunden.“

Sie brachte uns näher zu ihnen und es war, als wären wir für sie unsichtbar.

Sacred Feye erkannte man aus der Nähe sofort. Sie sah hübsch aus. Ihre Haare waren auch zu dieser Zeit schon so lang. Doch sie hatten die selbe Farbe wie meine. Sie waren nicht silbern und rot, sondern hellbraun. Ihre Augen – ebenso violett wie die Meine.

Ihre Freunde waren wahrhaftig Engel. Sie sahen schön aus... Ein Mann mit rotbraunen Haaren, dessen Augen schimmerten wie Bernstein. Er war stattlich und groß. Ein weiterer weiblicher Engel. Ich erkannte sie! Es war Lumen!!! Und... Ein wunderhübscher blonder junger Engel. Seine Haare leuchteten förmlich. Er hatte einen starken Körper, seine Muskeln wurden durch seine Kleidung sehr betont. Die klaren hellblauen Augen durchstachen einen förmlich.

„Wer ist er? Er ist so hübsch...“ „Es war mir klar, dass du auf ihn stehst.“

Während sie sich unterhielten und Spaß miteinander hatten, lächelte er. Mein Herz fühlte sich warm an.

„Das ist Luzifer.“ „WIE!? ER!?“ Ich konnte es nicht glauben! Luzifer... Er! Dieses reine Licht. Der schönste und reinste aller Engel. „Er war Gottes Liebling und unser Herr. Der König der Engel, der liebe Luzifer.“

Ihre Worte waren gefüllt mit Abscheu und Verachtung. Ich beobachtete die vier Engel, wie sie freundschaftliche Gesten austauschten.

„Habt ihr euch geliebt?“, fragte ich zögerlich. „Nein, nicht direkt. Ich war mit ihm zusammen. Chamuel.“ „Chamuel? Wo ist er jetzt?“ „Nichtmal Gott soll es wissen, habe ich gehört. Aber um ihn geht es nicht. Wir reisen eine kleine Zeitebene weiter.“

Wieder wirbelten wir durch die Luft.

Diesmal standen wir direkt in Gottes riesigem Palast. Durch den Saal führte eine Art roter Teppich hin zu seinem Thron. Ich traute mich kaum die Augen hinauf zu richten, doch als ich dann doch einen Blick wagte, sah ich nichts als verschwommene Umrisse. Wieso konnte ich ihn nicht richtig sehen? Vielleicht weil ich die Dunkelheit in mir trug?

Ich beschloss mir ein anderes mal Gedanken darüber zu machen. Interessant waren die Engel, die wie Soldaten gekleidet waren und Wache hielten. Neben dem Trohn stand Luzifer, als wäre er Gottes Stellvertreter und Leibwache in einem. In der Mitte des Teppich vor dem Thron kniete die junge Sacred Feye.

„Oh, mein Herr. Wie kann ich Euch dienen?“ „Feye, mein Kind. Du hast mir große Treue und wahre Stärke erwiesen. Dein Herz ist rein. Jeder meiner vier mächtigsten Engel hat eine wichtige Aufgabe, die ich mit der Schöpfung der Menschen bestimmt habe. Lumen, der Engel der über das Schicksal waltet. Chamuel, der die Liebe unter den Menschen bringen wird. Luzifer, das hellste Licht. Und du Feye, du wirst ins Reich der Dunkelheit und Elemente ziehen.“

Sie schreckte auf und blickte ihn mit entsetzten Blicken an. Auch Luzifer warf einen kurzen Blick des Entsetzens zu dem Herrn.

„Herr...“ „Nein, ich verbanne dich nicht in die Dunkelheit. Es ist keine Strafe! Es ist eine wichtige Aufgabe. Die Welt kann nur mit den vier Elementen leben. Feuer, Wasser, Wind und Erde, sie nähren die neue Welt mit den Lebewesen. Und sie müssen lernen, dass es ohne Dunkelheit kein Licht gibt. Es ist ein Gleichgewicht, das niemals gestört werden darf. Ihr seid meine besten Engel, ich weiß, dass ihr das richtig machen werdet.“ „Oh Herr, ich danke für euer Vertrauen“, sagte die junge Sacred Feye ehrfürchtig.

Die jetzige Sacred Feye zitterte vor Wut, als sie diese Szene betrachtete. „In mein Verderben hat er mich geschickt, mich um meine Beziehung gebracht... Wir sehen weiter.“

Sie ließ sich nicht auf weitere Fragen ein, sondern zog mich weiter in eine neue Umgebung. Dieses Land kannte ich bereits... Es war eine ausgedorrte Landschaft, auf der keine Pflanze wachsen wollte. Einzelne kahle Bäume, die einen schwarzen traurigen Schleier trugen, standen herum. Wir waren in der heutigen Hölle. Die Festung, in der ich Luzifer's Frau wurde, stand bereits dort. Gott hatte eine Bleibe für seine Dienerin errichtet.

Sacred Feye, frisch in ihr neues Reich gekehrt, trug nichts als vier bunte Kugeln bei sich. Sie legte sie in ca. einem Meter große Abstände nebeneinander und legte ihre Hand um ihre eigene Kugel, die sie um die Hand trug. Diese Kugel war schwarz. Und auch Sacred Feye hatte sich verändert. Sie hatte keine braunen Haare mehr. Ihr langes seidenes Gewand schimmerte nicht mehr fliederfarben. Es war eine Mischung aus rot und silber, die sie nun äußerlich ausmachten.

„Ich rufe die Macht Gottes um euch ins Leben zu Holen! Inferra – Oh, Göttin des Feuers. Brenne so hell wie das Licht Gottes. Aquarienne – Oh, Göttin des Wassers. Treibe so tief und grenzenlos wie Gottes Geduld und Liebe. Aria – Oh Göttin des Windes. Tobe wie der Sturm, der Gottes Zorn gleich kommt. Terrania – Oh Göttin der Erde. Beschenke uns mit Fruchtbarkeit, so wie Gott seine Kinder beschenkt.“

Sie trat einen Schritt zurück und alle schauten zu, wie sich aus den Kugeln vier hübsche Frauen formten.

Aquarienne, blaue Haare und Augen. So rein wie das Wasser. Inferra, wild und sinnlich. Ihre Haare strahlten in einem grellen rot, wie ich es von Naga, Maya und Pia kannte. Terrania's Augen waren tiefgrün, so grün wie tropische Pflanzen einer einsamen Insel. Die beiden Zöpfe, die ihre braunen Haare formten, ließen sie verspielt wirken. Und Aria, die Göttin des Windes... Sie hatte genau so strahlende blonde Haare wie ich es von Marisha, Hailey und Jayden kannte. Ja, die Assistants stammten genau von diesen vier Frauen ab.

Alle vier verbeugten sich vor ihrer neuen Herrscherin und veränderten die Landschaft, sodass diese nicht mehr so trist aussah.

„Wir lebten hier lange. Es lief gut, sogar eine treue Sekretärin bekam ich. Sie hieß Viki und wurde von Gott zu mir gesandt. Wir gucken weiter“, sagte Sacred Feye und ich wusste, was nun wieder auf mich zukäme.

Diesmal im Inneren der Festung... Ich wusste was zuvor geschehen war, denn ich hatte erst neulich davon geträumt. Ich sah Sacred Feye, wie sie nackt in ihrem Gefängnis lag. Sie sah blass aus. Ihr Gefängnis war mit Blut beschmiert, sie hatte offensichtlich gerade Reeza geboren.

Sie keuchte und schnaufte angestrengt, während sie sich vor Schmerzen krümmte. Trotzdem versuchte sie sich etwas aufzurichten und zog die Knie zu sich heran um ihre Arme schützend darum zu legen. Tränen der Verzweiflung rannen ihre Wangen entlang. Sie wirkte verstört und wippte auf und ab. Ihr roten Augen starrten zu uns herüber. Es war, als würde sie uns anstarren, obwohl sie uns ja nicht sehen konnte.

Ich warf einen kurzen Blick zu der Sacred Feye herüber, die mich hierher geführt hatte. Sie wirkte kühl.

Als würde es sie kaum berühren.

Ich erschreckte mich als Viki vor uns erschien. Sie rannte zu den Gittern und versuchte daran zu rütteln, doch sie waren magisch versiegelt.

Sacred Feye sammelte ihre letzten noch übrigen Kräfte um sich zu Viki zu beugen.

„Viki, meine heilige Botin... Dies wird der letzte Befehl sein, den du von mir erhalten wirst.“ „Was kann ich für Euch tun, meine Herrin?“ „Suche die vier Steine der Elemente auf der Erde, denn ohne sie wird die Menschheit dem Untergang geweiht sein.“

Viki wurde blass: „Herrin, ihr sterbt doch hier nicht!?“ „Doch, mein Leben ist vorerst zu ende. Ich spüre wie die Zeit rennt. Er wird mich töten.“ „Nein! Wie konnte der Lord sich nur so verändern!“ „Viki, geh! Such die Elemente! Wir werden sie brauchen um das Scheusal zu besiegen und unsren Thron zurück zu erobern!“

Viki verbeugte sich hochachtungsvoll, ehe sie sich weg teleportierte. Fast im nächsten Moment betrat Luzifer wieder den Raum. Er schien wütend zu sein und öffnete mit einem Fingerschnipsen das Gitter zu Sacred Feye's Gefängnis. Sie fuhren automatisch herunter.

Er griff mit seiner Hand in ihre Haare und zerrte sie heraus. Durch die vielen Monate, die sie nur sitzend und liegend verbringen konnte, fehlte ihr die Kraft zum stehen. Er zog sie herauf, doch sie sackte wieder zusammen. Ihre Beine ließen sofort nach.

Wieder zog er sie mit einem Arm herauf. Er hatte eine mörderische Kraft in seinen Armen.

Liebevoll lächelte er ihr in ihre angsterfüllten Augen. „Mein Liebling... Wieso musste es ein Mädchen sein?“ „Dafür... Dafür kann ich doch nichts. Luzifer... Bitte, werd wieder du selbst...“ Sie flehte ihn mit schwacher Stimme an. Klar reden konnte sie nicht mehr. Er grinste boshaft, küsste sie, leckte ihr über den Hals und lachte laut auf, ehe er sie einfach fallen ließ und ihr einen Stoß in die Ecke verpasste.

Als er ein Schwert von der Wand nahm und es gegen sie erhob, drehte ich den Kopf zur Seite und kniff die Augen zusammen.

Er hatte Sacred Feye erstochen... Kurz nachdem sie seine Tochter gebar. Und Luzifer hasste Reeza, weil sie ein Mädchen war. Er wünschte sich einen starken Sohn an seiner Seite... Mir kamen die Tränen. Ich wusste, dass der Mann den ich liebte, grausam war. Doch das erschreckte mich. Wie konnte er sich so verändern?

„Er hat sich der Dunkelheit zugewandt, weil er die Menschheit und Gottes Liebe zu ihr nicht ertragen konnte.“

„Es war Eifersucht?“, fragte ich verwundert. „Nichts Anderes. Eifersucht... Er brauchte einen Stützpunkt um in Sicherheit Pläne zu erarbeiten, seinen Krieg vorzubereiten und eine Armee aufzubauen. Nichts bot sich besser an, als dieser Ort. Mein Reich... Deswegen!!! Deswegen, mein Schatz, muss er bluten! Er muss leiden! Für alles, was er mir angetan hat.“

Sie legte ihre Hand liebevoll auf meine Wange. Wieder spürte ich nur einen kühlen Hauch. „Wir sind eins. Und nur zusammen können wir es schaffen, unser Reich zurückzuerobern.“ „Aber nicht auf Kosten meiner eigenen Familie.“ Sie lächelte...

„Genug geredet, Dämon!“, hörte ich auf einmal eine andere Stimme sagen und alles wurde wieder normal.

Ich stand in meinem Zimmer und nahm sofort den Arm schützend vor mein Gesicht, denn ein gleißendes Licht blendete mich. Sacred Feye ertrug das Licht nicht und zog sich zurück. Meine Augen waren noch immer benebelt von dem hellen Licht, doch ich erkannte Seraphina's Umrisse.

„Wo... Wo kommst du denn auf einmal her?“ „Was hat sie dir gezeigt? Was hat sie versucht dir einzureden?“ „Sie... Sie hat mir die Vergangenheit gezeigt. Wie kommst du hier rein?“ „Intuition... Deinem Dad schien es zu gefallen, dass ich zu Besuch gekommen bin und ließ mich einfach herein. Er meinte, vielleicht würde ich dir gut tun.“ „Hmm ja, er macht sich Sorgen. Nicht zu unrecht.“

Seraphina war mir ein Rätsel. Sie erschien immer dann, wann ich sie am wenigsten erwartete, jedoch am meisten brauchte. Mir ging es schlecht. Psychisch war ich recht ausgelaugt. Wahrscheinlich hatte Sacred Feye deswegen einen großen Einfluss auf mich.

Ich verstand, warum sie so wütend war. Was ihr angetan wurde, war überaus grausam und widerlich. Dennoch kann meine Familie nichts dafür. Als ihre eigene Schöpfung, sollte Sacred Feye sie in Ruhe lassen. Luzifer... Wie blind konnte ich nur gewesen sein. Er war der Teufel. Warum sollte er einen guten Kern haben? Nun... Warum sollte er ihn nicht haben? So, wie ich ihn gesehen hatte – mit den blonden Haaren und den strahlend blauen Augen. Nein! Er hatte sich geändert. Er war nicht mehr zu retten. Er muss aus dem Weg geschafft werden.

„Du machst dir viele Gedanken, wie ich sehe“, sagte Seraphina und schmunzelte. Sie setzte sich auf mein Bett und beobachtete mich. Ich setzte mich zu ihr und seufzte.

„Ja, es ist alles zu viel für mich in letzter Zeit. Ela, Alyssa... Luzifer, Reeza... Und nun Sacred Feye. Die Angriffe auf meine Familie, ausgeführt von meiner eigenen Hand. Ich weiß nicht mehr was ich tun soll.“

Sie antwortete mir nicht. Ihre Blicke warteten nur darauf, dass ich weiter redete.

„Ich hasse mein Element richtig! Du hast es gut... Licht ist immer gut... Und ich? Ich kann nur zerstören. Überall wo mein Element in Erscheinung tritt, wird jemand verletzt oder die Umgebung zerstört. Warum trage gerade ich so ein abgrundtief böses Element?“

Sie lächelte wieder verständnisvoll, was bei mir wiederum auf Unverständnis stieß. Ruhig und geduldig nahm Seraphina meine Hand. Sie strahlte solch eine Wärme aus.

„Feye... Meine kleine Feye. Kein Element ist böse. Jedes Element erfüllt seinen guten Zweck. Auch die Dunkelheit kann zu Gutem genutzt werden. Doch das Herz, das sie steuert ist gefüllt mit Hass und Verzweiflung. Nicht du setzt sie ein, es ist dein inneres Ich das in dir lebt.“ „Aber Sacred Feye kann doch nicht so böse sein! Sie wurde doch von Gott auserwählt.“ „Natürlich wurde sie. Aber genau wie Luzifer hat sich ihr Herz verändert. Feye... Du wirst sehen, dass die Dunkelheit ein starker Verbündeter sein kann und genauso zu uns gehört wie alle anderen Elemente. Feuer, Wasser, Erde, Luft, Licht und Dunkelheit. Wir gehören alle zusammen.“ „Aber... Wie kann die Dunkelheit etwas Gutes sein?“

Ich wurde wieder still und musste meine Gedanken ordnen. Seraphina's Worte waren genauso rätselhaft wie sie selbst. Woher wusste sie all diese Dinge? Wurde ihr auch alles in Visionen gezeigt? Ihr Element war mächtig. Ich hielt das Licht für das mächtigste Element. Doch Seraphina war selten da und daher unergründlich. Seufzend ließ ich mich zurückfallen.

„Warum bist du nie in der Schule? Ich bin oft alleine... Ein bisschen Gesellschaft würde mir gut tun, vor allem jetzt wo diese beiden Hexen in meiner Klasse sind.“ „Tut mir leid, Kleines. Ich hatte viel zu tun.“ „Was denn?“ „Studium... Ich musste mir einiges Wissen anschaffen.“

Ich verstand nicht, was sie damit meinte, beließ es aber dabei. Eigentlich wollte ich gar nicht mehr Informationen haben an diesem Tag. Es war ohnehin zu viel für mich. Während ich einen Blick zu ihr warf, fragte ich mich wer sie überhaupt war. Ich kannte sie von damals... Wir waren eigentlich gut befreundet. Doch wo wohnte sie? Was tat sie den Tag über? Und vor allem fragte ich mich, warum sie so verdammt mysteriös war.

Sie verschwand so schnell wieder, wie sie gekommen war und für mich blieb nur zu hoffen, dass sie endlich wieder zur Schule kommen würde. Vielleicht könnte sie mich dann davor beschützen wieder auszurasten. Ich hatte Angst vor mir selbst. Wie schwach ich war... Ich vermisste Luzifer. Ich wusste nun, was für ein Ekel er war. Eigentlich wusste ich es schon lange, doch dies war das Übelste, was ich je von ihm gesehen hatte. Trotzdem vermisste ich ihn. Ich sehnte mich nach seinem starken Körper, nach seiner kühlen aber doch charmanten Art. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, als ich das letzte mal männliche Nähe hatte. Seine Nähe... Was würde ich jetzt darum geben in seinen Armen zu liegen.

Als ich mich auf den Rücken legte, zog ich mein Oberteil etwas herunter und legte die Hand auf das Zeichen, das er mir zu unsrer „Eheschließung“ einbrannte. Wir gehörten zusammen... Doch fühlte ich mich wie eine einsame Hälfte die sich nach ihrem anderen Teil sehnte.

„Komm doch endlich wieder zu mir...“, murmelte ich mit Tränen in den Augen...

Zwar hatte ich nun nicht mehr den Drang mir die Adern aufzuschneiden, doch war ich immernoch so unglücklich wie zuvor.

Dunkelheit... Etwas Gutes. Tzz. Wie konnte Seraphina nur sowas behaupten. Ich hatte jetzt schon Angst vor meinem nächsten Ausbruch, doch kontrollieren konnte ich es nicht.
 

~ Maiko Hiwatari ~


 

Ein neuer Morgen und ein neuer beschissener Tag, dachte ich mir, als ich neben Pia aufwachte. Unsere Tochter schlief noch friedlich und war mal nicht damit beschäftigt uns die Ohren voll zu schreien. Oh, wie ich diesen Klang in den Ohren verabscheute. Ich wäre besser nie Vater geworden. Und das Gefühl, die falsche Frau ergattert zu haben, wurde auch immer stärker.

Ich liebte sie... Maya, ihre Schwester. Wie ich sie begehrte. Allein bei der Vorstellung ihres Körpers und wie wir miteinander schliefen, ließ in mir Hitze aufkommen.

Mein kleines Licht, das mich hin und wieder aus der Dunkelheit zerrte. Doch immer, wenn ich wieder durch diese Tür kam und Pia und Naga erblickte, wurde es wieder düster um mich. Sollte mein Leben so weiter gehen? Für immer?

Nun... Für Maya und mich gäbe es niemals eine Zukunft – niemals. Auch wenn mir dieser Gedanke schwer viel. Ich seufzte und drehte mich zu Pia, die noch schlief. Der Gedanke Sex mit Maya zu haben gefiel mir eher, als unsere unmögliche gemeinsame Zukunft. Träumen machte Spaß, es gab meinem Leben derzeit einen kleinen Sinn.

Ich erschrak etwas, als Pia langsam die Augen öffnete und mich verschlafen anblickte.

Irgendwie fühlte ich mich ertappt, aber das konnte ja überhaupt nicht sein.

„Guten Morgen, mein Schatz“, sagte sie leise. „Morgen...“, antwortete ich beschämt. Ich sollte schnell aufstehen! Damit würde ich weiteren unangenehmen Situationen entkommen.

Doch ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie ihre Arme um mich schließt und mich daran hindert das Bett zu verlassen. Sie hielt mich fest im Griff und lehnte sich über mich um mich zu küssen. Zögerlich erwiderte ich ihre Berührungen. Wollte sie etwa Sex? Jetzt, am Morgen?

„Pia... Die Kleine liegt hier... Das ist keine gute Idee“, sagte ich und benutzte die Kleine als Ausrede. Pia warf einen prüfenden Blick ins Kinderbett: „Die schläft doch tief und fest.“ „Pia!“ Sie griff mir zwischen die Beine und fing an mich zu streicheln, was mir nun noch unangenehmer war. Doch wie sollte ich meiner eigenen Ehefrau erklären, dass ich keine Lust auf sie hatte?

„Wieso bist du so verkrampft?“ „Es ist... Wegen... Wegen meinem Arm. Ich fühle mich einfach schlecht damit. Als wäre ich kein Mann der dich angemessen befriedigen könnte. Lass mich bitte aufstehen.“

Fassungslos und etwas enttäuscht löste sie ihre Arme von mir und ließ mich aufstehen. Oh, wie dreist ich war. Doch ich konnte in dieser Situation unmöglich mit ihr schlafen. Erst müsste ich mit mir selbst ins Reine kommen. Und mein Arm nervte mich auch noch!

Schlaff und gefühllos hing er herunter und war absolut Alltag untauglich. Ich ging in die Küche, wo ich hoffte nicht auf Naga zu treffen. Meine Hoffnung wurde jäh zerstört... Bei ihrem Anblick fiel mir auf, dass Pia ihr täglich ähnlicher sah und auch charakterlich ähnlicher wurde.

„Du bist aber früh wach, das wundert mich.“ „Ich hau gleich ab, keine Sorge“, sagte ich kühl und nahm mir schnell ein Glas Wasser, das ich unter ihren strengen Blicken zu mir nahm. Ich wollte mich beeilen. Ihre Blicke waren unangenehm und ich wollte weg sein, bevor Pia herunter kommen würde. Maya's Anblick hätte ich erst gar nicht ertragen.

Schnell ging ich noch ins Bad und verließ das Haus. Glück gehabt... Als ich zur Tür raus ging, hörte ich Pia die Treppe herunter kommen. Ich wartete auf Feye, mit der ich am Abend zuvor noch telefoniert hatte. Sie war zwar gefährlich und es war vor wenigen Tagen einiges passiert, doch sie war eine Freundin für mich und ich versuchte keine Angst vor ihr zu haben.

So fertig wie sie war, brauchte sie nun Freunde und keine Angsthasen. Blieb nur zu hoffen, dass unterwegs nicht wieder etwas passieren würde.

Blass, mit dunklen Augenringen und müdem Gesichtsausdruck kam sie mir entgegen. Ich nahm sie kurz in den Arm, der noch Gesund war und lief neben ihr her.

„Hast du wieder nicht geschlafen?“, fragte ich sie mit mitleidigen Blicken. Sie schüttelte kläglich den Kopf.

„Seit zwei Tagen nicht mehr... Vielleicht immer so eine Stunde, dann wache ich wieder auf weil ich Alpträume habe.“ „Du gehst noch kaputt.“ „Scheint so... Ich wünschte es wäre alles wieder wie damals... Vor ein paar Monaten, bevor alles seinen Lauf nahm.“

Ich seufzte... Ja, das wünschte ich auch. Doch die Zeit ließ sich niemals stoppen. Die Uhren ticken und die Zeit rennt. Wir würden den Kampf gegen die Zeit niemals gewinnen.

„Ein Wunder, dass ich mich in die Schule traue“, seufzte sie. „Ja, ich erst. Aber ich muss raus. Immer mit dieser Familie unter einem Dach zu sitzen macht einen Verrückt. SIE macht mich verrückt.“ „Naga?“ „Ne, die macht mich aggressiv. Maya...“ „Oh Gott. Aber ihr beide wärt ein super Paar. Ihr seid euch ähnlich, strebt nach Freiheit und sie hatte auch nicht grade die vorbildliche Jugend.“ „Das stimmt. Aber ich bin nunmal mit Pia zusammen und verheiratet. Was glaubst du was los wäre, wenn die herausfinden würden, dass ich zweimal Sex mit Maya hatte.“ „Dann wärst du ein toter Mann, haha.“

Einige Minuten schwiegen wir, während wir nebeneinander herliefen. Auch Feye und ich hatten etwas gemeinsam. Wir liebten jemanden, der für uns unerreichbar war. Jemanden, den wir nicht lieben dürften. Für mich war Maya tabu und für sie Luzifer. Und beides eigentlich nur wegen unseren Familien.

„Trefft ihr euch oft?“, fragte ich sie der Neugierde halber. „Nein... Nicht mehr so oft. Und das ist auch gut so“, erklärte sie gedrückt und mit gesenktem Blick. Sie sehnte sich nach ihm.

Ein unwohles Gefühl zu wissen, dass gerade sie etwas mit unserem schlimmsten Feind am Laufen hatte. Aber sie wusste es ja selbst... Ein riesiger Druck lastete auf ihren schmalen und zerbrechlichen Schultern. Wieso gerade so ein kleines und harmloses Mädchen für diese Aufgabe ausgesucht wurde, war mir ein Rätsel.

„Was auch immer passiert, ich bin für dich da, Feye.“ „Danke, das beruhigt mich sehr. Wieder mit dir und Jenn befreundet zu sein, tut mir gut. Aber ich werde auch für dich da sein... So weit es mir möglich ist.“

„Ach wie süß... Ein Liebespaar!“

Oh nein... Nicht schon wieder. Ich wusste schon, dass Jay wieder hinter uns stand. Noch bevor ich mich umdrehen konnte. Er hatte sich offensichtlich schnell erholt von seinen starken Wunden.

„Jay...“, sagte Feye leise und ich sah wie in ihr die Angst aufstieg. Sie hatte keine Angst vor Jay. Eher die Angst, wieder die Kontrolle zu verlieren. Die Angst vor sich selbst...
 

~ Kapitel 17 ~ Der Ursprung ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 

Hallöle again! xD Hach, ab dieser Stelle fing ich wirklich an meine Story wieder toll zu finden, man merkt wohl, dass es langsam aufs Ende zugeht. Hab gestern mit Kapitel 1 zur dritten Staffel angefangen :D Da hab ich mich schon seit Monaten drauf gefreut. Trotzdem müsst ihr alle noch etwas warten :P Bis dahin gibt’s dann noch die restlichen Kapitel zu dieser Staffel! :3 Lg, euer Kirodingensblah

Wiederkehr

Kapitel 18 ~

Wiederkehr
 

~Maiko Hiwatari~

Während Feye bei Jayden's Anblick immer mehr Angst vor sich selbst bekam, zog in mir die blanke Wut empor. Wie gerne hätte ich mich an ihm gerächt... Hätte ich nicht meinen Arm geopfert, wäre Maya vielleicht noch etwas viel schlimmeres passiert. Mein Arm... Meine Zukunft, alles hatte er mir genommen.

Automatisch ballte ich meine Faust und konnte mich kaum zügeln bei seinem überheblichen Grinsen.

„Na, Feye? Mit wem treibst du es eigentlich nicht? Mit Luzifer, mit mir... Nun auch Maiko. Herzlichen Glückwunsch. Bald kannst du damit vielleicht Geld verdienen um deine jämmerliche Familie zu unterstützen.“

Feye rang mit sich selbst, sie führte einen inneren Krieg. Jayden begab sich auf verdammt dünnes Eis. Wie hatte er sich überhaupt so schnell erholen können? Er hatte doch eine riesige Schnittwunde an der Taille, soweit mir erzählt wurde.

„Feye, bleib ruhig, er will dich nur provozieren.“ „Ich spreche die Tatsachen aus. Aber Feye, du musst kein schlechtes Gewissen haben, weil du auch mit anderen Typen vögelst. Luzifer treibt es auch mit wem er will. Ohja, Ela und Alyssa scheinen echt gut zu sein.“

Wieder lachte er selbstsicher und hob die Hand um einen Angriff vorzubreiten.

„Jayden, wenn du das hier überleben willst, solltest du dein verdammtes Maul halten! Hat es dir nicht gereicht, dass sie dich das letzte mal fast umgebracht hat?“ „Haha, die würde mich niemals umbringen können, dazu ist sie viel zu weich.“

Was dachte er sich nur dabei so mit seinem Leben zu spielen? Feye schien ihren Kampf zu verlieren. Um sie zu beruhigen, legte ich einen Arm um ihre Schultern, obwohl auch ich etwas Angst bekam.

„Och Maiko, kannst du sie nicht wie ein Mann umarmen? Ach, stimmt ja, du bist ja nun ein Krüppel.“ „Es reicht... Diesmal wirst du sterben...“, sagte Feye leise und mit dunkler Stimme.

Keuchend sprang ich etwas zurück um nicht ihr erstes Opfer zu werden. In diesem Zustand würde sie zwischen keinem von uns unterscheiden. Oh, hoffentlich würde ich diesen Tag überhaupt überleben. Lieber wäre ich nun in der Schule...

„Hahaha, du kannst ja nicht mal selbst kämpfen... Schickst immer die kleine Höllenhure vor. Lächerlich.“

Er schoss seine Windkugel ab und streifte sie an der Wange, da sie keinen Versuch startete überhaupt auszuweichen. Der Kratzer, den er ihr im Gesicht zugefügt hatte, blutetet etwas, doch sie wischte sich das Blut weg und leckte es amüsiert auf.

„Süß... Ich zeig dir wie das wirklich geht.“

Sie hob nur einen Finger, da zog ein dunkler Sturm auf und ich musste mich mit meinem gesunden Arm an einer Straßenlampe festhalten. Innerhalb kürzester Zeit wurde der Himmel rabenschwarz und starker Wind tobte. Es war auf einmal so still. Man hörte nichts mehr außer den Wind.

Die Menschen, die in der Umgebung wohnten verriegelten allesamt ihre Fenster wie bei einem normalen Sturm. So würden sie wenigstens nichts davon mitbekommen. Es sei denn, Feye würde wieder die gesamte Umgebung zerstören.

Ein heftiger Kampf zwischen den Beiden entfachte. Regungslos stand ich da und beobachtete, wie Feye seinen Angriffen immer wieder ausweichen konnte und ihre Angriffe präzise und hart einschlugen.

Jay wehrte eine ihrer Energiekugeln mit dem Arm ab und wurde durch die Kraft nach hinten geschlagen. Er wirbelte durch die Luft, machte einen Rückwärtssalto und wollte hoch springen um sie von oben anzugreifen, doch es war als würde sie seine Bewegungen voraussehen.

Noch während er zum Sprung ansetzte, schoss sie eine weitere Energiekugel hinauf und traf ihn direkt. War er nun bewusstlos?! Entsetzt schaute ich zu, als er regungslos vom Himmel fiel und direkt vor meinen Füßen aufschlug.

Mit langsamen Schritten näherte sich Feye. Was sollte ich tun? Was würde sie tun? Würde sie ihm nun den Gnadenstoß verpassen oder gar mich angreifen und bei mir grade weiter machen? Ich wäre ein leichtes Opfer für sie. Wenige Meter vor uns blieb sie stehen und grinste.

„Was ist los, Maiko? Magst du es tun und dich rächen? Magst du ihn töten? Ich lasse dir gern diese Ehre.“

Ehre... Mit offenem Mund und ringend um Luft starrte ich abwechselnd zu ihr, dann zu ihm. Er war mein Cousin, mein bester Freund. Er konnte nichts dafür, dass er in diesem widerlichen Konflikt zum Opfer gemacht wurde. Doch wenn ich ihn nicht töten würde, dann würde sie es tun und mich aus Enttäuschung gleich dazu. Es musste was passieren, ich spürte ihre Ungeduld.

Ich konnte ihn nicht im Stich lassen und mein Leben hatte sowieso kaum noch einen Sinn. Mit Pia, an die ich gefesselt war, klappte es nicht. Maya, die ich begehrte, war unerreichbar für mich. Ich war ein halber Krüppel und kaum zu gebrauchen. Meine Tochter würde sicherlich einen besseren Vater finden. Und meine Mutter wäre endlich erlöst von meiner Existenz...

Meine Blicke wurden ernst und ich schnaufte durch, ehe ich über Jayden stieg und mich schützend vor ihn stellte.

„Was wird das!?“, fragte sie zornig und ihre Augen leuchteten noch roter auf. Eine eiskalte Aura strömte von ihr. Genauso kalt, wie die Windböen, die ihr künstlicher Sturm erzeugte.

„Ich werde meinen Cousin und besten Freund nicht töten und wenn es sein muss, sterbe ich für ihn!“ „Dann... Stirb, kleiner Bastard.“

Sie knirschte mit den Zähnen und hob die Hand um einen Angriff auf mich zu starten. Ich wusste, ich hätte keine Chance, trotzdem versuchte ich alles zu geben. Ich versuchte so schnell es ging meine gesamte Kraft aufzubringen um einen noch heftigeren Wind zu erzeugen.

Es war anstrengend und meine Knochen, nein, mein ganzer Körper brannte. Doch ich spürte wie hinter mir ein kräftiger, orkanartiger Wind aufzog und ihr alles entgegen schleuderte, was auf der Straße herumlag. Sie wurde von Steinen getroffen, von Ästen und Stöcken.

Auch von Müll, der herumlag. Doch diese Dinge streiften auch meine Haut und Jayden, der ohnehin schon schwer verletzt war.

Ich versuchte die Kraft des Windes zu halten und beugte mich zu meinem Cousin herunter um ihn mit meinem Körper zu schützen. Wenn ich schon sterben sollte, dann würdevoll.

Feye's wütendes Fluchen war nur leise zu hören. Viel zu laut übertönte sie der Wind. Als ich einen kleinen Blick erhaschte, sah ich, wie sie damit kämpfte auf dem Boden zu bleiben. Doch dann erschien etwas, das aussah wie ein schwarzer Nebel. Er umgab sie komplett, nur ihre roten Augen strahlten durch und erstachen mich fast.

Angstschweiß tropfte mir die Wange herab und ich konnte meine Kraft nun kaum noch halten.

Mit einem wütenden und lauten Schrei breitete sie ihre Arme aus und der gesamte Nebel schien zu platzen. Er verbreitete sich in der Umgebung und machte meinen Wind zunichte.

„Du Zwerg wirst es niemals schaffen ein göttliches Wesen zu bezwingen. Ihr werdet alle untergehen und sterben. Zusammen mit Luzifer, diesem Bastard.“ „Feye... Bitte, komm doch zu dir! FEYE!“ „Hahaha, deine kleine Schlampe kann dir nun nicht helfen. Sie ist viel zu schwach. Und jetzt“, sie ließ wieder diesen Dolch erscheinen, „werde ich euch beiden das geben, was ihr euch verdient habt. Den Tod.“

Ich machte keinen Versuch davonzulaufen. Das hätte sowieso nichts gebracht. Jayden regte sich in meinen Armen und blinzelte leicht mit den Augen. „M-Maiko...“ „Wir sterben Alter. Du warst ein guter Kumpel...“

Wieder wandte ich mich der grinsenden Feye zu, die mich am Hemdkragen packte und nach oben zerrte.

Sie holte mit ihrem Dolch aus, doch ehe ich diesen Schmerz spürte, wurde ich wieder davon geschleudert. Verwirrt richtete ich mich auf und sah, dass noch jemand auf uns geschossen hatte. Feye lag einige Meter von mir weg. Der Angriff galt ihr, ich wurde lediglich mitgerissen. Schnell kämpfte ich mich durch den tobenden Wind und den schwarzen Nebel zurück zu Jayden, der die Augen zusammen gekniffen hatte. Wer hatte sich eingemischt? Ich sah kaum etwas. Mit meinen letzten Kräften wirbelte ich etwas von dem Nebel herum und sah diesen schwarzhaarigen Mistkerl dastehen. Luzifer... Ich fragte mich, ob das nun erstrecht unseren Untergang bedeutete, oder etwas Gutes verhieß. Luzifer und gut? Eher doch der Untergang...

Auch Feye richtete sich auf. Vielleicht würden sich die beiden nun bekämpfen und ich könnte mit Jayden fliehen? Oh, wie sollte ich ihn mit meinem einen Arm und dem bisschen Kraft, das ich noch hatte, tragen? Verzweifelt blieb ich neben ihm sitzen und überlegte angestrengt.

„Luzifer“, zischte Feye wütend, als sie sich aufgerichtet hatte und ihn erblickte.

„Meine kleine Frau... Was treibst du denn hier?“ „Halt's Maul! Ich bin nicht deine Frau! Mag sein, dass deine Hure es freiwillig mit dir treibt, doch ich werde mich dafür rächen, dass du mich vergewaltigt und getötet hast!“ „Oh, Sacred Feye, reg dich doch nicht so auf. Ich dachte, du hattest Spaß daran. Du solltest dich geehrt fühlen, dass du ein Kind von mir austragen durftest, auch wenn dieses Balg unbrauchbar ist. Das habe ich dir bis heute nicht verziehen“, sagte er und lächelte charmant dabei. Was redeten die!?

Feye verschwendete keine Worte mehr und fing an gegen ihn zu kämpfen. Sie schienen beide in die Lüfte zu steigen, was ich bei Luzifer ja noch verstehen konnte. Hatte Feye etwa Flügel?

So richtige Engelsflügel? Durch den schwarzen Nebel erkannte ich sie schon nach kürzester Zeit überhaupt nicht mehr. Nur das Donnern beim Aufeinandertreffen ihrer Kräfte war deutlich hörbar.

„Maiko“, sagte Jayden schwach und griff nach meiner Hand. „Bist du wieder du selbst? Hör mal! Du darfst jetzt nicht abkratzen! Und du darfst auch nicht mehr gegen uns kämpfen... Jay, du gehörst doch zu unserer Familie, wir alle lieben dich. Das Basketballteam braucht dich auch! Vor allem jetzt, wo ich nicht mehr spielen kann...“

Mit Mühe blickte er zu meinem Arm und seufzte. Während er fast wieder das Bewusstsein verlor, legte er seine Arme um mich. „Es tut mir so leid.“ Seine Augen wirkten zwar schwach aber klar. „Bitte bleib ab jetzt wieder bei uns, ja?“

Mir kamen fast die Tränen bei unserer Versöhnung, doch meine Aufmerksamkeit fiel sogleich wieder auf Feye und Luzifer, die immernoch zu kämpfen schienen.

Doch plötzlich löste sich der Nebel im Nichts auf und Feye kam von hoch oben aus dem Himmel gefallen. Sie war bewusstlos und ich sah gerade, wie ihre schwarzen Flügel aufleuchteten und verschwanden.

Luzifer landete elegant auf dem Boden und fing sie auf. Er ließ sie nicht auf dem Boden aufschlagen... Sorgte er sich etwa wirklich um sie? Mit Leichtigkeit warf er sie über seine Schulter und warf einen abfälligen Blick auf uns beide.

„Den kleinen Blonden brauche ich nicht mehr. Vielleicht habt ihr ja Glück und überlebt. Ich wünsche einen angenehmen Tag. Ela, du erledigst den Rest.“

Kaum hatte er seinen Satz beendet verschwand er zusammen mit Feye im Nichts. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass eine weitere Komplizin von ihm hier war.

Die schlanke Brünette mit den strahlend orange-roten Augen grinste mich an. „Ihr Beide seid ein Kinderspiel. Ihr habt ja so gut wie keine Kraft mehr.“

Ich musste mir eingestehen, dass sie recht hatte und resignierte. Ich versuchte nicht mehr mich zu wehren. Wie bei Feye zuvor, hätte es nichts gebracht, ich würde nichtmal eine sanfte Brise erschaffen können.

Überrascht blickte ich auf, als Seraphina von einem der Dächer gesprungen kam und mit einem leisen Tapsen hinter Ela landete. Sie war so davon besessen ihrem Chef einen Gefallen zu tun, dass sie Seraphina gar nicht bemerkte.

„Soso, an Schwächeren vergreifst du dich wohl gerne.“ Ela erschrak und sprang mit einem Schrei herum. „Ziemlich schreckhaft. Du konzentrierst dich zu sehr auf ein Ziel. Ich hätte dich töten können“, sagte sie fröhlich und lächelte Luzifers kleine Dienerin an.

„Du! Willst du mich jetzt töten?“ „Oh, aber nicht doch. Mein Element ist doch nicht dazu da um Leute zu töten. Das ist doch böse. Schau... Wie hell und warm mein Licht ist, es hätte genug Platz für dich!“

Seraphina hob ihren Stein, der so hell leuchtete, dass ich nichts mehr sehen konnte. Es blendete mich und ich musste meine Augen schützen. Als es wieder dunkler wurde, war Ela verschwunden.

„Was hast du mit ihr gemacht?“, keuchte ich erschöpft. „Ich habe ihr mein Licht gezeigt. Sie hat sich zurück in die Hölle verzogen, das Licht schien ihr nicht zu bekommen. Und ihr beide? Ihr seht schrecklich aus.“

Leuchtend und sanft wie ein Engel schritt sie zu uns und kniete sich neben mich und Jayden. Ihre Augen strahlten eine wohltuende Wärme aus, die mich automatisch entspannen ließ. Seraphina legte ihre Hände auf Jayden's Verletzungen und schloss die Augen. Während ihr Stein aufleuchtete, schienen ihre Hände golden zu schimmern.

Diesmal wurde ich nicht geblendet. Es war, als würde eine warme Aura um uns erscheinen und uns heilen. Meine Wunden schmerzten nicht mehr und ich fühlte mich nicht mehr müde. Wie ein Bad in einer heißen Quelle. Das war also das Licht... Es fühlte sich so gut an...

Ich öffnete die Augen und sah Jayden, der klar und normal neben uns saß und seine Hände anstarrte.

„Du bist ein Wunder“, sagte er zu Seraphina, die uns beiden ein Lächeln schenkte, aufstand und einfach verschwand. Warum ging sie so schnell? Nichteinmal bedanken konnte ich mich. Doch nun freute ich mich umso mehr, dass Jay endlich wieder bei uns war. Vor Freude konnte ich mich nicht mehr halten und sprang ihm fast in die Arme.

„Endlich bist du wieder da! Ich hab dich vermisst, Alter!“ „Ich kann kaum glauben was passiert ist... Oh Gott, meine Mutter!!! Sie macht sich bestimmt Sorgen!!! Wie lange war ich weg?! Was hab ich gemacht?“ „Kannst du dich an nichts mehr erinnern?“, fragte ich verwundert und stand mit seiner Hilfe auf. Wieder blickte er meinen Arm an und schien sich schuldig zu fühlen: „Kaum...“ „Mach dir keine Vorwürfe. Ja, ich war wütend auf dich... Aber im Grunde, warst es ja nicht du, der mir das angetan hat.“ „Du verzeihst mir?“ „Dir schon... Dem, der mir das angetan hat nicht.“ „Wir kriegen ihn dran... Irgendwie kriegen wir Luzifer dran.“ „Nein... Seine Macht ist schier grenzenlos. Und Feye ist jetzt wieder bei ihm. Sie ist auch eine Gefahr. Im schlimmsten Fall tun sie sich doch noch zusammen.“

Wir seufzten und konnten nur hoffen. Jayden beschloss sofort nach Hause zu gehen, er hatte große Angst, Marisha würde sich Sorgen machen. Zurecht... Sie verzweifelte fast daran. Umso größer war ihre Freude sicherlich ihn wieder in die Arme schließen zu können.

Und nun? Ich machte mir Sorgen um Feye, doch Luzifer würde ihr bestimmt nichts antun. Wohin sollte ich nun gehen? Verlangen nach Schule hatte ich nun überhaupt nicht.

Mein Handy piepte leise auf. Eine SMS... Mein Magen zog sich zusammen als ich sah, dass sie von Maya verschickt wurde. „Komm bitte in den Park, ich muss dringend mit dir sprechen“, schrieb sie. Es schien wichtig zu sein, also machte ich mich auf den Weg. Mein Herz klopfte wie wild und mein Kopf arbeitete auf Höchstleistung daran, sich auszudenken, weswegen sie mich sprechen wollte.

Sie stand genau da, wo wir uns auch zum letzten mal trafen, doch ihr Gesicht wirkte sehr ernst und verzweifelt.

„Was ist los?“, fragte ich besorgt, als ich fast bei ihr angekommen war. Sie stürzte sich in meine Arme und schluchzte. Wieder zog sich mein Magen zusammen und mir wurde schlecht vor Aufregung.

„Maiko... Wenn du bei mir bist, ist mir ganz anders zumute. Oh Gott... Kein Mann hat mein Herz so zum Schlagen gebracht und ich muss mir inzwischen eingestehen, dass ich mehr für dich empfinde. Wir beide... Das ist was Besonderes. Wir sind uns so ähnlich, der Sex mit dir ist der Wahnsinn...“

Sie sagte tatsächlich genau das, was ich hören wollte. Fassungslos schnappte ich nach Luft. Ja, sie hatte diese Gefühle, die ich auch hatte. Aber da gab es eben einen Harken, den sie sogleich ansprach.

„Aber weißt du, du bist der Mann meiner Schwester. Wir sollten uns nicht begehren. Du hast ein Kind mit ihr und du solltest sie nicht sitzen lassen. Nicht für mich... Das würden sie mir niemals verzeihen.“ „Maya, ich weiß. Ich hab diese Gefühle auch. Aber es fällt mir so schwer dir ganz normal gegenüberzustehen ohne an deinen Körper und an unseren Sex zu denken. Ohne daran zu denken, wie gerne ich dich in meinen Armen halten würde...“ „Ja. Ich sehne mich auch nach deiner Nähe. Und deswegen, werde ich wieder abreisen. Es wird uns gut tun uns eine ganze Weile nicht mehr zu sehen.“

Sie löste sich von mir. Es fühlte sich an wie tausende Stiche in meinem Herzen und Magen. Nichteinmal Seraphina könnte das Gefühl mit ihren Kräften wegschaffen. Ein Knoten bildete sich in meinem Hals, meine Atmung wurde schwer. Sie würde mich verlassen und weit weg gehen... Natürlich war das die beste Lösung. Wir könnten so nicht weiter machen. Aber es war so verdammt schwer das hinzunehmen.

Sie streckte sich und gab mir noch einen innigen Kuss. Ich schloss die Augen und versuchte dieses Gefühl aufzusaugen wie ein Schwamm, damit ich es niemals vergessen würde.

„Ich liebe dich, Maiko. Und vielleicht sehen wir uns irgendwann wieder und schaffen es, uns normal gegenüberzustehen.“ „Ich liebe dich auch“, antwortete ich leise und guckte ihr hinterher. Erst jetzt bemerkte ich, dass auf der Straße vor dem Park ein Taxi stand. Sie hatte es schon vor Stunden geplant und gepackt... Sie würde zum Flughafen fahren und gehen...

Schwer atmend versuchte ich meine Tränen zu verkneifen und trottete langsam nach Hause. Nun wäre alles egal. Warum bin ich vorhin nicht einfach gestorben? Hätte mich denn niemand einfach töten können? Schön, dass ich einen Menschen zurück gewonnen hatte, doch nun einen anderen geliebten Menschen zu verlieren fühlte sich einfach schrecklich an. Mit gesenktem Kopf trat ich in die Wohnung, wo Pia mit unserer Tochter im Arm in der Küche stand.

Als sie mich bemerkte, wirkte sie überrascht. Ihr Blick wandelte sich jedoch schnell in Wut.

„Maiko!!! Wieso bist du nicht in der Schule!? Willst du denn, dass überhaupt nichts aus dir wird? Wer zur Hölle soll uns denn später mal ernähren!? Wir wollen doch irgendwann auch mal ein eigenes Haus und vielleicht noch ein oder zwei Kinder haben! Das muss doch alles finanziert werden!“

Lange trafen sich unsere Blicke. Ich schwieg... Soll es DAS sein? Wirklich dieses Leben? Mit Vorwürfen und Streit den ganzen Tag? Ich konnte diese Frau ja nichtmal mehr anfassen. Es regte sich nichts. Ich hatte kein sexuelle Verlangen nach ihr und überhaupt... Gar kein Verlangen. Leise kicherte ich auf, weshalb sie mich noch verständnisloser anguckte.

„DU willst ein Haus. Und DU willst noch ein oder zwei Kinder. DU willst Geld und du willst immer deinen Willen durchgesetzt haben. Ja, Glückwunsch, Frau Hiwatari, dass du nun schon genauso geworden bist wie deine Mutter. Da kannst du stolz drauf sein. Allerdings kann ich solche Leute nicht lieben...“ „Wie... Wie meinst du das?“ „Ich liebe dich nicht mehr“, sagte ich ihr klar und deutlich ins Gesicht. Sie ließ fast das Kind fallen, so geschockt war sie.

„Ich hoffe für meine Tochter, dass sie nicht so wird wie ihr. Und jetzt gehe ich zu der verdammt besten Frau meines Lebens und versuch sie davon abzuhalten das Land zu verlassen. Und wenn es sein muss, geh ich mit ihr!“ „Das Land verlassen...? Du... Du und Maya!?“

Meine Tochter zurück zulassen tat mir auch etwas weh, doch ich hatte derzeit wenig Bezug zu ihr und würde für sie aufkommen, wenn es von mir verlangt würde.

Nun versuchte ich so schnell wie möglich zum Flughafen zu kommen. Um mir mehr Zeit zu verschaffen, setzte ich mein Element ein. Während des Laufens ließ ich den Flughafen deutlich vor meinen Augen erscheinen. Ich stellte mir vor, wie dort ein Unwetter aufziehen würde und konzentrierte meine Kräfte auf diese Vorstellung. Ich merkte, dass ich Kraft verlor, doch genau konnte ich nicht erfahren, ob es dort einen Sturm gab, denn es war zu weit weg. Die hoffentlich gewonnene Zeit nutzte ich um zu meinem Dad zu laufen. Er hatte ein Auto und würde mich sicherlich schnell fahren.
 

„Hast du diesen Sturm entfacht?“, fragte mein Dad genervt, als er versuchte das Auto durch die rutschigen und nassen Straßen zu manövrieren. „Ja, ich musste doch dafür sorgen, dass die Flüge ausfallen.“ „Guter Junge! Es macht mich stolz, dass du für deine Liebe kämpfst. Naga und Pia haben dir eh nie gut getan. Schade, dass du das nicht vor der Hochzeit bemerkt hast.“

Er schnaufte angestrengt, als er den Lenker mit aller Kraft herum riss um auf der Bahn zu bleiben. Er drückte auf Vollgas, was bei der Witterung nicht ungefährlich war. Ich konnte das Wetter nicht ändern, sonst würde sie womöglich doch rechtzeitig fliegen.

Mein Dad war ein guter Fahrer und setzte mich sicher direkt vor dem Flughafen ab. Um mir zu helfen stieg er auch aus und wir teilten uns auf. Der Flughafen war so riesig. Sie dort zu finden erwies sich als schwierig. Wahrscheinlich würde sie in einer Wartehalle sitzen. Auf der großen Anzeigetafel überprüfte ich die Flüge nach Russland. Und tatsächlich stand dort, dass sich der Abflug auf unbegrenzte Zeit verzögern würde.

Erleichterung machte sich in mir breit und auch ein Funke Hoffnung. Fast überrannte ich ein paar Leute, so schnell rannte ich durch die belebten Hallen.

Und dann sah ich sie... Ich erkannte sie sofort an ihren strahlenden roten Haaren. Wie pures Feuer. Heiß, leidenschaftlich und gefährlich... Maya stand in einem Raum voll mit Sitzplätzen. Nur ein paar Glaswände trennten mich von ihr und ohne Zögern trat ich in den Wartebereich, wo mich massig genervte und wartende Leute anstarrten. Auch sie guckte und riss die Augen auf.

„Maiko!“ „Maya, geh nicht weg...“ „Mach es uns doch nicht so schwer.“ „Ich will dich... Ich liebe dich, ich will eine Zukunft mit dir.“ „Und Pia?!“ „Ich kann mich nicht dazu zwingen mit einer Frau zu leben, die ich mal gern hatte, aber nicht mehr liebe. Maya, bitte! Wir würden es bereuen, wenn wir so auseinandergehen!“ „Ach Maiko... Was soll nur aus uns werden? Meine Mutter wird uns umbringen.“ „Wir schaffen das irgendwie... Aber bitte bleib hier.“

Lächelnd gab sie nach und schmiegte sich an mich, während die ganzen Leute begeistert klatschten und für uns jubelten. Wie peinlich! Aber ich war glücklich. Auch wenn unsere Zukunft im Dunklen stand.
 

~ Feye Coldfire ~


 

Mit starken Schmerzen im Kopf und am ganzen Körper wachte ich auf und blickte mich verwirrt um. Nicht schon wieder... Wo war ich? Ich lag in einem großen Raum auf einem Bett, das meines um die dreifache Größe überbot. Der Raum glich einem Gemach, wie nur Könige aus einem Märchen es besaßen. Alles war geschmückt und aufgeräumt.

Die Fenster waren riesig und boten eine tolle Aussicht auf etwas, das man gar nicht so sehen wollte. Ich wusste nun wo ich war – in der der Hölle, bei Luzifer. Mein Kopf pochte vor Schmerz. Mir wurde schlecht davon.

Als ich schwankend vor den Spiegel humpelte, sah ich das Ausmaß meiner Schmerzen. Meine Haut war übersät mit blauen Flecken und Wunden. Was war nur passiert? Ich konnte mich nur noch an Jayden erinnern und an das starke Gefühl, das mir sagte ihn angreifen zu müssen.

So groß meine Schmerzen auch waren, mein Herz machte unwillkürlich Sprünge, als ich Luzifer erblickte. Endlich sah ich ihn wieder. Ich sehnte mich so sehr nach ihm. Doch wie war ich überhaupt hierher gekommen? Er lächelte mich mit seinem typisch charmanten Gesichtsausdruck an.

„Ist deine Wut besänftigt, mein Mädchen?“ „Was ist passiert?“, fragte ich unsicher und zog die Arme an mich. „Nun, dein anderes Ich hatte wohl ein starkes Verlangen nach mir. Die liebe Sacred Feye... Sie vergöttert mich noch immer.“ „Sie hasst dich.“ „Ach, ist doch alles das Selbe... Du siehst schlecht aus. Ich hatte meine Frau hübscher in Erinnerung.“ „Deine Frau nennst du mich... Von Treue hast du noch nichts gehört, oder? Sex mit deinen Haushuren. Sind sie gut, ja?“

Er guckte mich eine Weile nachdenklich an. Erkannte ich etwa einen kleinen Ansatz von Besorgnis? Seufzend trat er zu mir und legte seine Arme fest um mich. Ich konnte mich nicht daran erinnern, jemals solche Berührungen von ihm bekommen zu haben.

„Es tut mir leid“, sagte er leise. Seine Worte überraschten mich. Was war mit ihm los?

„Was redest du? Sowas sagst du doch nicht einfach ohne Hintergedanken.“ „Feye, es tut mir wirklich leid, dass du unter einem Konflikt leiden musst, mit dem du nichts zu tun hast. Du bist ein unschuldiges und süßes Mädchen, ja, viel zu süß für solch schmutzige Geschichten.“

Er ließ von mir ab und küsste mich sanft.

„Sie hat mir einiges aus der Vergangenheit gezeigt. Ich habe dich als Engel gesehen. Du warst wirklich hübsch...“ „Hübsch bin ich noch immer“, protestierte er grinsend.

„Ja, bist du... Ich hab dich vermisst, während du es mit den Huren getrieben hast.“ „Es wird nicht mehr vorkommen.“ „Warum sollte ich dir glauben?“

Nachdenklich schritt ich durch den Raum und sah mich um. Warum sollte ich ihm glauben? Ich glaubte ihm eigentlich nichts mehr. Er konnte sowieso nur lügen. Er musste es, allein um seines Rufes Willen.

„Warum bin ich wieder hier? Was hast du mit mir vor?“, fragte ich nun, da er nicht auf meine vorige Frage eingegangen war. „Ich nahm dich mit, damit du dich erholen kannst und eventuell wieder mit dir selbst ins Reine kommst. Unschuldig und fröhlich gefällst du mir mehr als verzweifelt und traurig. Deine Augen wirken müde.“

„Ich bin müde... Ich will nicht mehr. Wie soll es enden? Soll es so lange weiter gehen, bis ich meine Familie ausgelöscht habe und sich dann entscheidet wer von uns, oder eher euch, der Stärkere ist?“ „Es endet bald. Wenn du magst, darfst du mich auch auf der Stelle umbringen.“ „Wie?!“ „Ich habe keine Lust gegen dich zu kämpfen. Es fällt mir schwer dir etwas anzutun.“

Er stellte sich hinter mich und legte seine Arme um meine Schultern, bevor er inne hielt. Sein Atem wirkte beruhigend und doch unheimlich zugleich. Als würden zwei Seiten in mir kämpfen. Die Seite die ihn begehrte und jene, die ihn verabscheute.

„Ich liebe dich, mein kleiner unschuldiger Engel, deswegen lasse ich dich gehen, wenn es dein Wunsch ist.“

„Ich weiß nicht ob ich noch Wünsche habe. Alles fühlt sich leer und dunkel an.“

Ich drehte mich in seinem Griff und schaute ihm in die schwarzen Augen. Sie wirkten traurig und ruhig. Sie schlossen sich, als ich ihn küsste. Wie sehr hatte ich mich nach seine Nähe gesehnt, doch es war falsch. Es durfte nicht sein und glauben konnte ich ihm auch nicht.

„Geh zurück zu deiner Familie, ich weiß doch, dass du nun lieber bei ihnen wärst“, sagte er ruhig und wandte sich von mir ab. „Wann sehe ich dich wieder?“ „Eher als dir lieb ist.“

Ich wunderte mich heute wirklich sehr über ihn. Er ließ mich gehen... Er verführte mich nicht, sondern versuchte lediglich mir zu sagen, dass er mich liebte. Was war plötzlich mit ihm geschehen, dass er so etwas wie Gefühle zuließ? Ich war sehr verwirrt. Doch nun wollte ich wirklich nach Hause und schlafen. Einfach nur schlafen...
 

~ Kapitel 18 ~ Wiederkehr ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 

Ich wunder mich, wie schreibsüchtig man sein kann... Dx Ich bin ja derzeit schon bei Kapitel 5 von der nächsten Staffel. Es ist ein Rätseln, echt. Einerseits mag ich nicht, dass es schon so schnell vorbei ist, andererseits mag ich auch immer schreiben und mein größter Fan ist mein Schatz, der mich immer fragt, wann ich ein neues Kapi schreib xD Das motiviert zusätzlich. Er sagt immer, so lang ich Lust auf Schreiben habe, soll ich es tun. Tja... Ich mag mich irgendwie nicht von meinen Chars verabschieden. Deswegen tüfteln wir bereits an einer weiteren Trilogie zu dem Thema, so viel kann ich sagen haha :D

Friede, Freude, Trauerspiel

Kapitel 19 ~ Friede, Freude,Trauerspiel
 

~Reeza~


 

Ich musste sie loswerden... Allein ihre Anwesenheit machte mich wahnsinnig! Und ihre Überheblichkeit drängte mich fast dazu Ela und Alyssa das Lebenslicht auszuknipsen. Luzifer war wütend auf Ela, weil sie sich von Seraphina einfach hat ausschalten lassen und weil sie sich zurückziehen musste. Doch etwas Anderes schien ihn viel mehr zu beschäftigen.

Trotz seiner Wut war er ruhig und nachdenklich. Er versuchte nichteinmal mich niederzumachen. Ja, er redete ganz normal mit mir. Seine Augen wirkten traurig, was ich vorher noch nie an ihm sah. Nun... Vielleicht war er in diesem Moment, wodurch auch immer, nicht fähig Ela zu bestrafen, aber ich sah darin meine Chance sie loszuwerden. Ela wäre mein erstes Opfer!

Ich lief durch die dunklen Korridore zu meinem Gemach während ich in Plänen und Gedanken versank. Kite war immernoch bei mir und ich wusste nicht, ob ich langsam von ihm genervt sein, oder ich ihn als „Spielgefährte“ im Bett nutzen sollte. Andererseits war er so nett zu mir... Widerlich!

Das besagte Objekt lag auf meinem Bett und hatte eine Bibel in der Hand. So ein verdammter Streber!

„Hast du schon wieder dieses blöde Ding in der Hand!?“ „Das ist kein blödes Ding, das sind die heiligen Schriften Gottes!“ „Ach, scheiß auf deine heiligen Schriften. Die haben keinen Nutzen, außer sie zu verbrennen.“ „Du bist echt mies! Genauso wie dein alter Herr, der mich heute als Erbschleicher bezeichnet hat!“ „Du? Ein Erbschleicher?“

Kite legte sie Bibel weg und guckte mich richtig betroffen an.

„Ja! Er sagte ich würde mich nur an dich ranmachen, damit ich den Thron hier erbe!“ „HAHAHAHA!!!“

Ich brach fast zusammen vor lachen und konnte gar nicht mehr aufhören, bis ich Bauchschmerzen bekam. Er hingegen war nun noch mehr beleidigt.

„An sowas habe ich kein Interesse!“ „Ja, das mag sein. Aber ich will an dieser Stelle grade mal klarstellen, dass wir beide eh niemals so etwas wie heiraten tun würden! Ich weiß ja nicht einmal wie du aussiehst.“

Zwar konnte ich seine Umrisse verschwommen wahrnehmen, doch der Rest, die Einzelheiten, sie blieben verborgen. Ich wusste nicht, ob ich ihn sexy finden würde. Zudem war er derartig scheinheilig, dass es schon weh tat.

„Ist das Aussehen denn so wichtig?“ „Engel! Du verwirrst mich! Konfrontiere mich nicht mit Dingen und Gefühlen, die ich nicht kenne!“

Seufzend musste ich mir wieder Freiraum schaffen indem ich das Zimmer erneut verließ. Der Typ machte mich fertig. Ständig verwirrte er mich mit seinen Worten. Ich sollte mich lieber meinen Plänen widmen, statt sinnlosen Gefühlen. Und doch ließen sie mich nicht los.

Eine willkommene Ablenkung war Ela, die mir gerade entgegen kam. Vielleicht sollte ich sie schon jetzt und hier töten?

„Ach, schau an wer da ist. Die kleine Versagerin“, sagte sie höhnisch und blieb stehen. „Ja, mach nur so weiter, du wirst nicht mehr viele Gelegenheiten haben, dich so über mich auszulassen.“ „Oh, warum? Wird der Chef dich endlich abschaffen?“ „Nein, aber ich dich.“

Ich sprang mit einem schnellen Satz auf sie zu und holte mit der rechten Hand aus um ihr gegen den Hals zu schlagen, doch sie rollte sich vorwärts über den Boden und wich mir aus. Schnell drehte ich mich und schoss eine Energiekugel auf sie. Wieder wich sie aus und im Boden klaffte ein riesiges Loch. Inzwischen scharten sich Dämonen um uns, die den Kampf beobachteten. Sie jubelten und schrien als Ela einen Angriff auf mich startete und einen langen Striemen der Zerstörung in die Wand zog. Staub und Asche wirbelten durch die Luft.

Sie war schneller und stärker als ich dachte, doch ich war mir sicher, dass ich sie besiegt hätte, wäre unser Kampf nicht unterbrochen worden.

„Was ist hier los?!“, rief Luzifer laut in die Runde und brachte die Dämonen auf der Stelle zum Schweigen. Auch Ela und ich hielten inne. Er schnaufte genervt und stellte sich zwischen uns.

„Lord! Diese Verrückte hat mich angegriffen!“

Ich nahm schweigend hin, dass sie ihm nun alles „petzte“. So viel Ehre hatte ich zumindest noch. Zu meiner Überraschung bekam ich keinen Ärger von ihm. Im Gegenteil – er holte aus und schlug Ela zu Boden. Alle starrten ihn fassungslos an, auch ich.

„Lord“, sagte sie mit zitternder Stimme und hielt sich die Wange. „Reeza, warum zur Hölle greifst du eine meiner besten Leute an!?“ „Tzz...“ „Und du! Mag sein, dass du schon gute Dienste für mich geleistet hast, aber Reeza wird immer über dir stehen und daher hast du kein Recht so über sie zu reden. Verzieh dich!“ Beängstigt zog Ela sich zurück.

Dass er zu mir hielt gab mir ein gutes Gefühl. Ich wusste nicht warum und einbilden wollte ich mir darauf nichts, dennoch fühlte es sich herrlich an.

Wieder wandte er sich zu mir: „Wann ich meine Diener abschaffe und wann nicht, ist meine Sache. Dazu brauche ich dich nicht, Reeza.“ „Sie nervt aber... Naja, interessiert dich ja sowieso nicht.“

Mit wütenden Befehlen schickte er seine Dämonen zurück an die Arbeit. Wobei sowohl er als auch ich genau wussten, dass sie wieder faulenzen würden. Was gäbe es auch sonst zu tun? Seufzend ging ich zurück zu Kite. Noch schlimmer konnte es eh nicht kommen, auch wenn ich meine Genugtuung hatte. Ela war noch immer nicht in Sicherheit vor mir. Was Luzifer zu mir sagte war mir egal und das wusste er auch. Meinen eigenwilligen Kopf habe ich sowieso von ihm.

„Da bist du ja schon wieder. Wie siehst du denn aus?“, fragte Kite schockiert, als er mich ansah. Er sprang vom Bett und kam zu mir gelaufen. Ela hatte mich mit einem Angriff erwischt. Ich blutete leicht am Oberarm und war schmutzig vom aufgewühlten Staub.

„Ich hab mir nur ne kleine Rauferei mit Ela, dieser Schlampe, geliefert.“ „Wieso machst du so etwas?“ „Weil ich sie nicht leiden kann.“ „Aber ein Lebewesen zu töten ist falsch. Ihr könntet euch zusammensetzen und reden.“

Gerade musste ich um Fassung ringen. Wie blauäugig konnte man eigentlich sein? Warum nicht gleich einen leckeren Tee dazu trinken oder ein Kaffeekränzchen halten mit Erdbeerkuchen dazu?

„Wir sind hier nicht im Himmelsreich, falls dir das noch nicht aufgefallen ist. Wir sind in der Hölle, da regelt man die Dinge eben anders.“ „Hmm... Aber richtig ist es dennoch nicht.“ „Vielleicht solltest du endlich wieder nach Hause gehen. Dort bist du besser aufgehoben.“

Irgendwie fiel es mir schwer ihn wieder weg zu schicken. Er war erst seit kurzer Zeit hier, doch ich war seitdem nicht mehr einsam. Ich hatte endlich jemanden, der mir zuhörte und Aufmerksamkeit schenkte. Jemanden, der mir Komplimente machte und versuchte mir etwas beizubringen. Etwas, das nichts mit Kämpfen und Gewalt zu tun hatte. Aber diese Gefühle waren mir neu und ich wusste nicht wie ich damit umgehen sollte.

„Willst du denn, dass ich gehe?“, fragte er mit ruhiger Stimme. „Ich weiß nicht mehr was ich will...“ „Na also, dann bleib ich bei dir.“ „Man!!! Warum sollte ein doofer Engel sich ausgerechnet an mich heften und dann so tun als würde er mehr wollen!? Von wem hast du deinen Auftrag bekommen, uns auszuspionieren!? Von Gott persönlich?“ „Gott? Nein... Er lässt den Dingen ihren Lauf. Ich war einfach so auf Mission, als du mir vor die Augen gelaufen bist in der Buchhandlung. Nun, ich finde dich interessant, sehr attraktiv, was sollte ich tun? Du wirkst unglücklich, was mir nicht gefällt und nun möchte ich dir irgendwie dabei helfen glücklich zu werden. Wer du bist ist durchaus eine Herausforderung. Nicht jeder Engel lässt sich mit der Tochter des Erzfeindes ein... Aber Herausforderungen sind da um gemeistert zu werden.“

Er atmete durch als er seinen kleinen Vortrag beendet hatte. Was er sagte klang aufrichtig und glaubhaft.

Er wollte mich... Und ich? Er war der Erste, der jemals für mich da war. Ich würde hier niemals einen Mann oder Liebe finden. Eine solche Chance würde sich mir nicht noch einmal eröffnen. Wie er genau aussah würde ich niemals erfahren, doch charakterlich fand ich ihn sehr interessant.

Es machte den Anschein als schwieg ich ihm zu lange, als ich in meinen Gedanken versunken war. Ohne Vorwarnung packte er mein Handgelenk, zog mich an sich und küsste mich.

Mein Magen zog sich zusammen. Mich hatte noch nie jemand geküsst. Nicht auf diese Weise. Liebhaber hatte ich schon einige, aber es war Sex. Einfach nur Sex. Das hier schien mehr zu sein, denn er war nicht auf Sex aus. Ich dachte immer Engel seien schlecht im Küssen, weil sie so unschuldig seien und kaum Erfahrung hätten. Er überraschte mich. Sollte das Glück doch endlich auf meiner Seite sein?
 

~ Chann Coldfire ~


 

Rick und ich saßen gemütlich auf unserem Sofa. Pünktlich zum heutigen Stadtfest hatte er einen freien Tag bekommen und wir konnten den Morgen einmal gemeinsam genießen. Es war Samstag und Jenn und Ryan waren zu Hause, doch sie nervten zum Glück gerade nicht.

„Du solltest öfter mal frei haben“, sagte ich zufrieden und schmiegte mich an Rick's Schulter. Er legte seinen Arm um mich: „Findest du? Wenn ich mehr frei habe, dann hast du nicht mehr so viel Zeit zum fremdgehen.“ „Arsch!“ „Selber Schuld.“ „Ich bin gespannt wann der Tag kommt, an dem du mir endlich verzeihst und wieder vertraust.“ „Das... Das könnte noch einige Jahre dauern.“

Genervt verdrehte ich die Augen. Gut, er hatte ja Recht. Ich würde ihm auch so schnell nicht wieder vertrauen, wenn überhaupt. Hätte ich ihm überhaupt so etwas verziehen? Wahrscheinlich nicht, denn ich war nicht so nett und rücksichtsvoll wie er.

Gerade wollte ich wieder zum Fernseher schauen, als ich Schritte auf der Treppe hörte.

Es war Ryan, der ruhig, schweigend und in kleinen Schritten zu uns gelaufen kam. Unser jüngster und aufmüpfiger Sohn setzte sich ohne Worte zu uns aufs Sofa und guckte in den Fernseher als wären wir nicht da.

„Äh, Ryan? Alles in Ordnung?“, fragte Rick überrascht. „Ja, keine dummen Sprüche?“, fügte ich verwundert hinzu.

„Mama, Papa, wie denkt ihr nur von mir. Seid leise, ich möchte fernsehen.“

Über seine Schultern hinweg warfen Rick und ich uns verstörte Blicke zu. Was ging mit dem Kind ab!? Was hatte Nyria aus ihm gemacht und Herrgott, wie konnte dieses kleine Mädchen ihn besser erziehen als seine eigene Mutter!?! Ich fühlte mich bedrückt und niedergeschlagen.

Umso besser fand ich, dass es an der Tür klingelte. Rick verdrehte zwar die Augen, doch ich ging an die Tür, vor der Mari stand. Und sie hatte überraschende Begleitung. Bei ihr waren Maiko, Maya und Jayden! Bei Jayden's Anblick zog sich kurz mein Magen zusammen, doch es schien alles in Ordnung zu sein, wenn die Anderen sich so sicher benahmen.

„Chann!! Schau, wer wieder da ist!“, begrüßte mich meine Freundin stürmisch. Jayden lächelte verlegen. „Ich sehe es... Aber wie...?“
 

„Wow, dass gerade Maiko es schafft eine Teufelsaustreibung durchzuführen, hätte ich nicht gedacht, hahaha!“ „Sehr lustig, Tante!“, beschwerte sich Rico's Sohn. Maya lachte darüber und nahm seine Hand. Maya und Maiko? Seit wann das denn? War er nicht mit Pia frisch verheiratet? Auch Jenn und Rick musterten sie fragend. Vor allem aber Jenn.

„Maiko?! Was geht?“, fragte sie frech und verschränkte die Arme. „Die haben gefickt!!! Hahahaha!!!“ „Hau ab, Ryan!“, schnauzte Jenn ihn an. Er verzog sich und streckte ihr die Zunge dabei raus. Wie ein kleines Kind erwiderte Jenn diese Geste und wurde von uns ausgelacht. „Ihr beiden... Typisch.“ „Na und!? Du bist auch nicht besser, Dad! So und jetzt nochmal! Was geht mit euch beiden?“

Maiko und Maya wurden beide rot im Gesicht. Verlegenheit von Maya kannte ich überhaupt nicht.

„Naja, dass Maiko nicht so ganz freiwillig mit Pia verheiratet war, wussten wir ja“, erwähnte Marisha. „Eigentlich hab ich ja etwas gegen Ehebruch“, fügte sie noch hinzu und dachte dabei wohl an meinen Bruder Kyle.

„Zwischen uns hat's eben gefunkt. Vor einiger Zeit schon, aber seit gestern stehen wir dazu“, erklärte Maya selbstsicher. Maiko bestätigte sie mit einem Nicken.

„Oha! Und was is mit Naga und Pia!? Sind die nicht sauer!?“ „Doch schon, Jenn. Aber was sollen wir tun?“ „Maya hat recht. Und ich kann mich nicht dazu zwingen mit ihr verheiratet zu sein. Ich bin es zwar offiziell noch aber ich muss mich dann um die Scheidung kümmern.“

„Hoffentlich hat Naga nicht für einen Ehevertrag gesorgt. Wir kennen sie doch“, grübelte Rick und musste sich ein Grinsen verdrücken.

„Nichts gegen dich, Maya... Du scheinst ja echt auf diesen Iwanov Clan zu stehen, Maiko...“ Jenn seufzte, worauf Maya schmunzeln musste: „Ja, ich weiß. Wir alle haben Mist gebaut. Mit keiner von uns kann man Positives verbinden, aber bei ihm bin ich mir sicher. Ich werd ihn nicht unglücklich machen.“

Ich wusste ja welche Vergangenheit Maya auf den Schultern lastete. Allerdings sollte ich diese Vorurteile aus dem Weg räumen. Jeder hatte eine zweite Chance verdient und Maya war nicht mehr dieses kleine Flittchen von damals. Sie hatte eine lange Therapie hinter sich.

„Ich wünsche euch alles Glück der Welt. Sodass ihr beide endlich glücklich sein könnt.“ „Danke, Tante Chann.“ „Ja, danke Tante.“

Es war komisch von beiden die Tante zu sein. Maiko und Maya waren die Kinder meiner Brüder, doch ihre Beziehung war nichts Verbotenes.

Jenn nahm ihren Cousin in den Arm weil sie sich für ihn freute, obwohl sie von Maya nicht viel hielt. Sie wusste wie es sich anfühlte, wenn der Partner von der Familie nicht akzeptiert würde. Daher nahm sie Rücksicht auf diese Gefühle und wollte sie nicht verletzen.

„Sagt mal, wo wohnt ihr jetzt eigentlich? Zu Naga und Pia zurück zu gehen wäre ja sehr dreist“, bemerkte Rick und sprach damit die Frage aus, die uns allen auf den Zungen brannte.

„Ich hab die Beiden aufgenommen. Zwischen Naga und mir stimmt einiges nicht, doch Maya kann nichts dafür. Bis sie etwas eigenes gefunden haben, dürfen sie bleiben und Jay freut sich auch über Gesellschaft. Seit Hailey nicht mehr zu Hause wohnt ist es recht ruhig geworden“, erklärte Marisha.

„Ich freu mich so dass du wieder gesund zurück bist, Jayden. Deine Mutter ist fast wahnsinnig geworden.“ „Ich weiß...“ „Er kann ja nichts dafür, Chann.“

Typisch Marisha, dachte ich mir. Sie nahm ihren Sohn gleich in Schutz.

Wir lachten und erzählten viel miteinander bis ungefähr zwei Stunden vergangen waren.

„Geht ihr eigentlich auch auf das Fest später?“, fragte ich unsere vier Gäste.

„Also ich bin da!“ „War klar, Tante Mari“, lachte Jenn. Maiko und Maya guckten sich liebevoll an. So wie es ein frisches Liebespaar tat. „Ich weiß noch nicht ob Maiko und ich für noch mehr Stunden die Finger voneinander lassen können, haha.“ Auch er lachte. Maiko sah so glücklich und zufrieden aus wie schon lange nicht mehr. Und das obwohl er seinen Arm nicht mehr bewegen konnte. Etwas besseres als Maya hätte ihm wohl nicht passieren können.

Jenn stand auf und stemmte die Hände in die Hüfte: „Und ob ihr da seid! Maiko, wir beide haben schon lang keinen Saufrekord mehr aufgestellt!“ „Ja gut, Maya Schatz, wir haben doch noch die ganze Nacht miteinander, hihi.“ „Iiih!“ Ryan stand schon wieder auf der Treppe und hatte zugehört.

Jenn stieß ein aggressives Brummen von sich: „Okay, wir sehen uns dann später. KOMM HER DU KLEINE RATTE!!!“ „AAAAAHHHHH!!!“

Kaum zu halten stürmte Jenn die Treppe hinauf und verfolgte ihren kleinen Bruder, den man nur noch schreien hörte.

Marisha warf Rick und mir besorgte Blicke entgegen: „Äh, wollt ihr da nicht eingreifen?“ „Nö...“, antwortete Rick leichtfertig und schlürfte in Ruhe seinen Kaffee weiter.

„Na gut, eure Verantwortung. Kinders, wir gehen wieder. Und wir sehen uns heute Abend wieder.“ „Ja, bis später!“

Mit einem erleichterten Seufzen ließ ich mich erneut auf der Couch nieder, als alle gegangen waren. So hatte ich zumindest noch einen ruhigen Vormittag, denn Jenn und Ryan gingen beide zu ihren Freunden.

Dafür kündigte ich mich gegen Mittag bei Clyde an. Ich war ihn schon länger nicht mehr besuchen und er hatte sowieso noch Zeit bis Hailey Feierabend hatte. Im Gegensatz zu Rick hatte sie auch an diesem Samstag ihre Schicht im Krankenhaus.

Er versank halb im Chaos, als ich zur Tür herein kam. Scheinbar war er gerade auf der Suche nach Klamotten.

„Wie sieht's denn bei euch aus!?“, fragte ich schockiert. „Hailey hatte diese Woche zu viel Arbeit und kam nicht zum Aufräumen.“ „Und du?“ „Äh ich... Ja, ich auch nicht, hehe. Und Feye ist so durch den Wind, dass die alles stehen und liegen lässt.“ „Ach, hör auf nach Ausreden zu suchen.“

Er fühlte sich ertappt und versuchte sich einfach mit einem Lachen zu retten. Das liebte ich so an Clyde. Er war locker und nahm das Meiste recht einfach auf.

„Mach dir mal keine Gedanken wie es hier aussieht, uns geht es gut“, sagte er und lächelte wieder.

Mit kläglichen Versuchen nicht über das Chaos und die herumliegenden Sachen zu fallen, folgte ich ihm ins Wohnzimmer. Er hatte endlich ein passendes Oberteil gefunden und zog das Andere aus. Immer wenn ich ihn so sah, konnte ich kaum glauben, dass er in Wahrheit so krank war. Er sah nach Außen gesund aus, doch die Angst vor seinem Tod erinnerte mich an die Realität. Ich hatte grausame Angst davor ihn irgendwann nicht mehr hier zu haben, dass von seiner lockeren Art nur noch eine Erinnerung in unsren Herzen zurückbliebe.

Ich beobachtete ihn beim Umziehen. Er hatte mir den Rücken zugedreht und mir fiel direkt dieses seltsame Symbol an seinem Schulterblatt auf.

„Hast du dich tätowieren lassen!?“, fragte ich ihn und lief mit schnellen Schritten zu ihm. Er schreckte auf und zog sich rasch das Oberteil über.

„Wovon redest du?“ „Ich hab es doch gesehn! Du hast da was auf dem Rücken!“ „Ach Ma, du hattest auch mal bessere Augen.“ „Verarsch mich nicht, was ist an einem Tatoo so schlimm? Ich würde dir schon nicht den Kopf abreißen.“

Unsere Blicke trafen sich für einige Sekunden und Schweigen umhüllte das Chaos des Zimmers. Er blickte mich ernst an und ich verstand immernoch nicht was daran so schlimm wäre.

Ich seufzte und packte ihn an der Schulter. Fast schon zu grob zwang ich ihn sich umzudrehen und zerrte an ihm herum. Er schnaufte resigniert.

„Das ist kein Tatoo“, begann er seufzend zu erklären, während ich den hinteren Teil des Oberteils nach oben zog und mir dieses Symbol genauer anguckte. Es war eine Spirale, die nach innen zulief.

„Was ist es dann?“, fragte ich skeptisch. „Es ist... Das Symbol eines Paktes, den ich damals mit Lumen geschlossen habe.“

Mit Lumen!? Ich schreckte zurück und schlug mir die Hand vor den Mund. Clyde guckte mich mitleidig an, er wollte nicht, dass es mir schlecht geht oder ich Angst bekomme. Mit erhobenen Händen versuchte er mich zu beruhigen.

„Ma! Ma, beruhige dich. Das war meine Entscheidung und ich bereue sie nicht.“ „Was bedeutet dieses Symbol genau?“

Ich untersuchte es erneut während er mir die Bedeutung erklärte. Dabei wurde mir jedoch schlecht. „Wenn sich die Spirale schließt, sterbe ich. Ich weiß, dass die Zeitspanne fast abgelaufen ist, aber es ist noch etwas Zeit.“

Wieder schlug ich mir die Hand vor den Mund und keuchte, da ich keine Luft mehr bekam. Mein Versuch Tränen zurück zu halten scheiterte kläglich. Clyde drehte sich zu mir und nahm mich in die Arme, während ich meinen Tränen freien Lauf lassen musste. Es war so bitter... Bis zum Ende fehlte vielleicht ein Millimeter. Mir war so schlecht...

„Wie lang... Wie lang ist... es her? Wie lang hast du... das schon?“, fragte ich ihn mit gedrückter Stimme. „Hör auf zu weinen... Ich habe das schon ganz lange. Wir schlossen den Pakt damals, als ich mit Hailey zusammen kam. Ich wusste, dass ich früh sterben muss, aber ich wollte mit ihr zusammen sein weil ich sie so liebte. Es war einfach zu schwer mich damit abzufinden auf meine Liebe zu verzichten um ihr nicht weh zu tun. Ich weiß, dass es ihr jetzt mehr weh tun wird als damals. Aber wir hatten schöne gemeinsame Jahre.“

So lange schon trug er es also schon mit sich herum... Und er hatte uns nichts davon erzählt... Und ich wunderte mich all die Jahre dass es ihm gut ging, wo ihm so ein kurzes Leben vorraus gesagt wurde.

„Ach Clyde... Ich weiß gar nicht wie ich es verkraften soll, wenn es irgendwann soweit ist. Ich liebe dich.“ „Jetzt hör doch endlich auf zu weinen... Bitte! Ich liebe dich auch, Ma. Aber denk daran, dass ich immer bei euch sein werde, auch wenn ihr mich nicht mehr seht. Dass der Moment kommt, wissen wir doch schon so lange.“

Es fiel mir schwer ihn überhaupt wieder loszulassen. Wie sollte ich denn nun an diesem Tag noch Spaß und Freude empfinden?

Am liebsten wäre ich nach Hause in mein Bett und hätte den restlichen Tag mit heulen verbracht.

Er streichelte mir über den Kopf als wäre nicht er sondern ich in diesem Moment das Kind und lächelte: „Lass uns heute auf das Fest gehen und einfach Spaß haben, ja? Wir müssen die Zeit, die wir miteinander haben genießen. Hailey freut sich schon seit Wochen auf dieses Fest. Es ist ein guter Anlass die Familie mal wieder komplett zusammen zu bringen.“ „Da hast du recht...“

Ich wischte mir die letzten Tränen weg und versuchte mich an die Worte meines Sohnes zu halten. Dennoch war es ein schrecklicher Schmerz. Meine ungeborenen Kinder würden ihren großen Bruder womöglich niemals kennen lernen. Noch einmal lächelte Clyde: „Übrigens wird Ryan ein guter großer Bruder sein, ich glaube da fest an ihn. Ich gehe jetzt Hailey abholen, wir sehen uns nachher, ja? Und bitte, beruhig dich wieder!“

Mit einem Kuss auf die Stirn verabschiedete er sich von mir und ich hoffte dass dies nicht das letzte mal gewesen sein mag, wo wir uns sahen. Aber nein! Solche Gedanken waren sehr sehr schlecht. Er hatte noch etwas Zeit, die garantiert nicht heute abgelaufen wäre.

Um mich abzulenken beschloss ich schonmal auf den Festplatz zu gehen. Alles war geschmückt mit Ständen und Lichterketten. Fahrgeschäfte gab es an allen Ecken und enden und wo man auch hinsah, standen Bierzelte. In irgendeinem dieser Zelte würden wir heute Abend alle zusammen sitzen und lachen und trinken.

Ich freute mich schon sehr darauf, denn ich genoss die Zeit mit meiner Familie im Grunde doch. Vor allem wenn alle zusammen waren. Das kam nicht mehr all zu oft vor. Ich freute mich auf meine Brüder und ihre Familie. Ja, es würde sicherlich ein fantastischer Abend werden.

An einem der Zelte sah ich Rachel und Marisha zusammen. Oh Gott, dachte ich mir. Nicht Rachel... Marihsa, die mich ansichtig wurde, kam mit besorgten Blicken zu mir: „Chann? Du siehst so unheimlich blass aus. Ist alles okay?“ „Ja, ich... Es ist nur etwas zu warm heute. Ich brauche nur was zu trinken.“ „Dann lass uns die Männer mal suchen. Kyle, Rick und... Yoshihiro sind hier irgendwo.“

Yoshi erwähnte sie mit äußerster Vorsicht und auch ich wusste nicht wie ich nun Rachel gegenübertreten sollte.

Nur langsam und mit gesenktem Blick folgte ich Mari zu ihr. Zwar beäugte sie mich streng, doch streckte sie mir ihre Hand entgegen: „Chann, lass uns für heute Waffenstillstand schließen. Ich mag heute Spaß haben und mich nicht ärgern. Okay?“ „Ja! Ja, das wäre super, wenn wir uns so einigen könnten.“

Wir gaben uns die Hände darauf und beschlossen nach unsren Männern zu schauen.

„Habt ihr euch eigentlich wieder vertragen, Mari?“ „Naja, es geht. Kyle und ich werden wohl immer einige Konflikte miteinander haben“, erklärte sie und seufzte. Ja, sie würde niemals von ihm los kommen.

„Kommen Shin und Jill auch noch?“, fragte sie um vom Thema abzulenken. Rachel überlegte: „Shin meinte, sie würden gegen Abend kommen.“ „Dann, wann der ganze Alk schon weg ist.“ Marisha lachte. „Hahaha, ja! Hoffentlich behalten diesmal alle ihre Finger bei sich.“ „Oh, Rachel... Ich fasse deinen Mann ja gar nicht mehr an.“ „Es wäre besser für dich, Chann.“ „Ruhe jetzt! Alle beide.“

Wir liefen einige Meter weiter und hielten nach Rick, Kyle und Yosh Ausschau. Eigentlich hatten wir sie an irgend ner Schießbude oder in einem Bierzelt vermutet, doch da wo wir sie fanden, hätten wir es nie im Leben erwartet. Die drei sprangen mehr oder weniger betrunken auf einer Kinderhüpfburg herum und wir standen davor und guckten ihnen fassungslos dabei zu.

Auch vereinzelte Kinder trauten sich nicht mehr auf die Hüpfburg. Die drei Kerle lachten wie Bekloppte und fielen aufeinander ehe sie sich wieder überschlugen und noch lauter lachten.

Ich wusste nicht ob ich auch lachen oder lieber heulen sollte. Rick's Anblick war so erbärmlich. Und offensichtlich dachten Rachel und Marisha das Selbe.

„Nun schau sich einer das an...“ Naga stand plötzlich auch bei uns und verschränkte die Arme während sie hämisch grinsend Kyle beobachtete. Marisha warf ihr einige giftige Blicke zu, was den Rotschopf nicht im geringsten störte. Mit gespieltem Mitleid klopfte sie Marisha dann auf die Schulter.

„Also ehrlich, gerade bin ich froh, dass Kyle dich und nicht mich geheiratet hat.“ „Wenn ich das geahnt hätte, hätte ich auch niemals ja gesagt“, seufzte meine Freundin. Rachel schnaufte wütend.

Ohne Rücksicht auf Verluste stampfte sie geradewegs auf die Hüpfburg und angelte ihren Mann heraus – am Ohr! Er jammerte vor Schmerzen und rieb sich das Ohr, als sie ihn vor der Hüpfburg absetzte und fragte was der Kindergarten sollte. Marisha nahm sich ein Vorbild daran und holte meinen Bruder ebenfalls dort herunter, bevor er und Rick sich im Rausch womöglich noch befummeln wollten. Rick kam schließlich alleine heraus.

„Was habt ihr euch dabei gedacht!?“ „Ach komm schon, Mari! Schatz! Wir wollten doch nur etwas Spaß haben!“, erklärte Kyle. „Spaß haben!? Wie die Kinder habt ihr euch benommen!“, keifte Rachel mit verschränkten Armen und strengem Blick. „Aber früher als Kind hatte man sowas noch nicht! Es war einfach klasse!“ „Klappe Yosh!!!“

Rick seufzte: „Die Weiber gönnen uns nichts.“ „Hallo Naga“, sagte Kyle als wäre nie etwas gewesen. Das konnte er ja gut.

„Tzz! Geh bloß weg!“ Abgeneigt hob sie die Nase in die Luft und lief davon.

„Wie sie mit ihrem fetten Hintern um sich schlägt“, giftete Marisha und presste die Augen zusammen.

Ich packte sie an den Schultern um sie in die andere Richtung zu schieben, damit sie Naga nicht mehr angucken würde. Weniger aufgeregt gingen wir zu dem Zelt in dem wir uns auch im Jahr zuvor breit gemacht hatten. Alle wussten wo sie uns finden würden und so bekamen wir in der folgenden Stunde schon etwas Zuwachs. Clyde und Hailey gesellten sich zu uns und auch Jenn mit Alec.

Wir amüsierten uns prächtig. Dann kam auch Feye, die noch immer richtig schlecht und blass aussah. Ich machte mir wirklich große Sorgen um sie. Fast so sehr wie um Clyde... Allein bei seinem Anblick wurde ich an diese grausame Tatsache erinnert. Und er konnte so fröhlich sein.

Ich beneidete ihn darum. Er hatte wohl überhaupt keine Angst davor zu sterben. Die Anderen beneidete ich auch, denn sie konnten ausgelassen Alkohol trinken. Ich musste die Finger davon lassen. Auch Feye rührte keinen Schluck von dem Bier an, aber so kannte ich sie.

„Langsam könnten die Anderen ja mal auftauchen!“, beschwerte sich Rick und kippte noch ein Glas Bier herunter. Er erntete mächtig Zustimmung von den Anderen und auch ich hielt Ausschau nach den Anderen. Nun, es war erst später Nachmittag. Wahrscheinlich würden sie auch bald erscheinen.

Ich wollte mich gerade weiter mit Jenn und Feye unterhalten, als wir schrille Schreie der Menschenmassen von Draußen hörten. Alle waren auf einmal in Alarmbereitschaft und schreckten auf.

„Was war das?!“, fragte Yosh verwirrt. Ein lauter Knall folgte und weitere Schreie ließen uns zusammenschrecken. „Schnell, raus hier!“, rief Hailey und wir hörten alle aufs Wort. Draußen eröffnete sich ein Bild der Zerstörung. Eines der Fahrgeschäfte brannte und schien explodiert zu sein. Darunter lagen viele Verletzte und Tote. Wieder wurde mir schlecht...

„Was ist hier nur los!?“, fragte Rick schockiert. Auch die Anderen hatten die Augen weit aufgerissen. „Oh Scheiße, nein! Entweder ist es ein Anschlag, oder ein Angriff von den Dämonen und Luzifer!“ „Wieso sollte er...“, fragte Feye, der sogleich der Atem stockte. Hoch auf den Trümmern des Fahrgeschäftes zwischen den Flammen stand eine junge Frau mit braunen Haaren. Sie grinste und hob den Arm. Plötzlich erschienen hinter ihr hunderte, nein, tausende Dämonen, die auf die Menschen losgingen und die Geschäfte zerstörten.

Es gab noch mehr Geschrei, noch mehr Tote und das Feuer breitete sich in rasender Geschwindigkeit aus.

„Okay... Yosh, Alec, ihr beide verschwindet hier!“, befahl Mari, der der Angstschweiß auf der Stirn stand. „Sie hat recht! LOS!“, schrie Jenn und schickte sie beide weg.

„Wir müssen kämpfen...“ „Du wirst nicht kämpfen, Clyde!“ „Hailey, ich bin kein Kind!“ „Du bist herzkrank und ich sage, du haust ab!“ „Am besten bringt ihr euch in Sicherheit. Chann, Feye, Clyde und Hailey.“

Wir blickten Rachel fragend an. Sie hatte sich wieder etwas gefasst. „Clyde soll nicht kämpfen, Hailey geht mit, um euch zu versorgen. Sie als Krankenschwester ist da nützlicher, wenn etwas passiert. Chann, du bist schwanger, du kämpfst nicht! Und Feye kann eh nichts mit ihren Kräften anfangen.“

Es waren harte Worte aber es war nunmal wirklich so. Ehe Clyde oder Hailey protestieren konnten, packte ich beide und schubste sie etwas. Feye folgte freiwillig. Sie wirkte extrem nachdenklich und verängstigt.

„Los, los!!! Hauptsache schnell weg hier!“ „Ja, wir beeilen uns ja schon!“, meckerte Clyde, der nicht zu schnell laufen konnte. Wir kamen gerade so um die nächste Ecke, da wurde er noch langsamer und schien wieder schlecht Luft zu bekommen. Er stützte sich mit der Hand an einer Hausmauer ab und legte die andere Hand auf seine Brust während er sich leicht nach vorn beugte.

Hailey stellte sich zu ihm und legte die Hand auf seinen Rücken: „Geht's? Brauchst du deine Medizin?“ „Aahh, Gott, diese Schmerzen... Hailey...“ Auch Feye und ich rannten nun zu ihm, als sich seine Hand auf seiner Brust regelrecht verkrampfte und er mit zusammengekniffenen Augen in die Knie ging. Mir wurde schlecht und ich packte ihn an den Schultern und rüttelte ihn etwas.

„CLYDE!!!“ „DAD!“ Dann verlor er sein Bewusstsein. „Er stirbt doch nicht etwa jetzt schon!?!! Clyde!!!“, schrie ich ihn an und hielt ihn in meinen Armen. Es durfte noch nicht soweit sein! Nicht jetzt... Nicht hier...
 

~ Kapitel 19 ~ Friede, Freude, Trauerspiel ~ Ende ~ Fortsetzung folgt~
 

Der arme Clyde D': Stirbt er jetzt oder doch nicht? Ich verrate es euch... nicht! :D Das dürft ihr bald selbst lesen. Ich hab die letzten Kapitel echt gern geschrieben, dabei hatte ich gar nicht mehr daran gedacht mich nochmal so ordentlich in die Story hineinversetzen zu können. So, was macht die Fortsetzung? Bin bei Kapitel 6 :P Aber bis ihr das lesen könnt, müsst ihr erst alt und grau werden :3 Bis zum nächsten Kapitel, das in wenigen Tagen hochgeladen wird. Eure Kiro

Dunkelheit

Kapitel 20 ~ Dunkelheit
 

~ Feye Coldfire ~


 

Oma und Hailey brachen in Panik aus als Dad an der Hausmauer und mit Schmerzen in der Brust zusammenbrach. Es war zweifellos wieder was am Herzen und wir wussten alle, dass die Zeit abgelaufen war. Während Hailey konstant seinen Puls untersuchte, rief Oma einen Krankenwagen. Durch den Tumult und die vielen Verletzten auf dem Fest war es ziemlich schwer überhaupt einen zu bekommen. Sämtliche Rettungsteams befanden sich wohl schon auf dem Weg dorthin.

Es kam uns vor wie Stunden, bis die Ärzte eintrafen.

Hailey versuchte ruhig zu bleiben, zwar nur mit mäßigem Erfolg, doch konnte sie den Ärzten mit Angaben zu seinem Zustand helfen. Sie begannen noch auf der Straße damit seinen Herzschlag wieder zu stabilisieren. Während dessen standen Oma und ich hilflos daneben.

Oma hatte die Hände immernoch auf ihrem Gesicht liegen und weinte hysterisch. Für mich war es auch schwer, doch ich wollte stark für sie sein und nahm sie in die Arme. Es konnte nicht jetzt schon zu Ende sein für ihn. Doch nicht gerade heute, wo eh schon alles ins Chaos zu verfallen schien.

„Er ist halbwegs stabil genug, wir bringen ihn ins Krankenhaus“, sagte einer der Notärzte und seine Helfer nahmen ihn mit in den Krankenwagen. Einer sollte mitfahren und wir beschlossen, dass es für Oma das Beste wäre, denn sie stand unter enormen Druck und drohte einen kompletten Nervenzusammenbruch zu erleiden. Das wäre pures Gift für ihre Schwangerschaft. Deshalb wurde auch sie mitgenommen.

Hailey und ich folgten ihnen zu Fuß. Sie kämpfte mit ihren Tränen. „Sollte ich nicht vielleicht zurück und Opa bescheid sagen?“ „Nein, wir rufen ihn dann auf dem Handy an. Ich denke er wird mit den Dämonen genug Beschäftigung haben“, antwortete sie gehetzt und lief noch schneller. Ich ahnte bereits, wie dieser Tag enden würde... Ich ahnte, dass Dad uns verlassen würde und ich ahnte, dass noch jemand heute sterben müsste. Ja, entweder Luzifer oder ich... Und egal wie es endete, dies wäre mein letzter Tag auf der Erde. Es tat weh dies zu denken, doch ich wusste wie real es war und ich wusste auch seit Jahren, dass dieser Tag kommen würde. Es war Luzifers letzter Schlag um Sacred Feye aus mir heraus zu locken. Sicherlich würde er nicht gegen mich kämpfen wollen, nur gegen das, was in mir steckte. Ich wollte es ihm nicht leicht machen.

Langsam schien ich zu begreifen wie meine Kräfte funktionierten. Und ich wollte sie nicht zur Zerstörung nutzen, sondern um meine Familie zu retten. Heute müsste ich ihn enttäuschen, denn auf Sacred Feye müsste er etwas warten. Vorher muss er an mir vorbei.

Außer Atem kamen Hailey und ich endlich im Krankenhaus an. Lange suchen mussten wir nicht. Es war ihr Arbeitsplatz. Die verschiedenen Korridore, Zimmer und Behandlungsräume kannte sie wie ihre Westentasche. Mit sicheren aber verzweifelten Schritten ging Hailey voran und führte uns hinunter, wo die Zimmer für Notfälle waren. Es gab so viele Verletzte, dass alle hektisch herumliefen. Auf den Bänken saßen einige weinende Menschen, die um ihre Geliebten bangten. Unter diesen Leuten fanden wir auch Oma.

Sie saß kreidebleich auf einer der Bänke. Wir hechteten sofort zu ihr und Hailey fragte sie, ob sie etwas für sie tun könnte, doch sie schüttelte nur ruhig den Kopf.

Ich hoffte die Ärzte würden nicht so lange brauchen um ihn wieder einigermaßen aufzupäppeln, denn ich hatte nicht mehr viel Zeit. Ich musste zurück zu den kämpfenden Assistants und sie unterstützen. Ich musste es zu Ende bringen und für die Erlösung kämpfen.

Wieder dauerte es gefühlte drei Stunden, doch in Wahrheit verlegten sie Dad schon nach zwanzig Minuten auf ein externes Zimmer der Intensivstation. Sie erlaubten uns zu ihm zu gehen, doch kurz vor der Zimmertüre hielt ich Oma und Hailey auf.

„Lasst ihr... Lasst ihr mich zu erst rein gehen? Ich muss dringend mit ihm reden.“ „Aber Feye, was gibt es denn jetzt dringendes was wir beide nicht hören dürfen?“, fragte Hailey entsetzt. „Es ist einfach so... Ich brauche nicht lange.“ Entschlossen ließ ich die beiden stehen und trat langsam und ruhig zu ihm ins Krankenzimmer. Der Anblick der vielen Geräte die an ihm angeschlossen waren, war schrecklich. Er war wach und sah erstaunlich gelassen aus.

Ohne Worte setzte ich mich neben ihn an den Bettrand: „Tut es weh?“ „Nicht mehr so...“ „Hast du Angst?“ „Nein... Ich habe keine Angst. Es ist schließlich nur Lumen, die mich holen kommt“, sagte er mit schwacher Stimme und keuchte etwas als er versuchte zu lachen.

„Du bist sehr tapfer, Dad. Spürst du auch, dass dies der letzte Tag hier ist? Unser beider letzter Tag...“ „Ich weiß, meine Kleine. Ich weiß...“

Ich legte meine Hand auf seine und spürte wie meine Tränen in den Augen brannten: „Die Zeit hier bei euch war wundervoll. Du warst immer gut zu mir und ich fühlte mich, als wärst du wirklich mein Dad. Auch wenn er in meiner Zeit gestorben ist. Danke, dass du mir ein Stück Familie zurück gegeben hast. Das bedeutet mir sehr viel.“ „Ich hab es gerne getan... Auch wenn ich eigentlich viel zu jung für diese Rolle war.“ „Dad, egal wo ich bin, du wirst in meinem Herz bleiben... Ich werde dich nicht vergessen. Ob ich den Tag überlebe weiß ich noch nicht und selbst wenn ich ihn überlebe, so kann ich trotzdem nicht hier bleiben. Ich muss meine Rolle einnehmen, die Gott meinem eigentlichen Ich einst gab. Oder ich sterbe durch Luzifer's Hand.“ „Luzifer... Feye, bevor wir uns verabschieden... Was war in den letzten Jahren mit dir los? Was hat dich so verzweifeln lassen?“

Ob es seinem Leben ein früheres Ende bereiten würde, wenn ich ihm die Wahrheit sagte? Es war zu Ende und ich wollte ihn nicht mit dieser Frage gehen lassen. Sie hatte ihn lange genug beschäftigt.

„Ja, ich bin seit Jahren verzweifelt... Und es wurde in letzter Zeit immer schlimmer. Dad, der Grund, warum ich nie einen Freund hatte, nie wirklich einen Jungen mit nach Hause brachte ist... Der Grund ist Luzifer, weil ich mit ihm schlafe und ihn liebe.“

Dad riss für einen kurzen Moment seine Augen auf und blickte mich schockiert an, doch ich unterbrach ihn als er etwas sagen wollte. „Ich weiß, dass es falsch ist und dass es mein größter Fehler war. Ich liebe und hasse diesen Mann zugleich. Aber so oft ich schon versucht habe ihn aus meinem Kopf zu bekommen, so oft bin ich auch gescheitert.“

Kraftlos ergriff er meine Hand und lächelte: „Ein liebendes Herz lässt sich auch nicht so einfach sagen was es zu tun hat, Dummkopf. Du hast dir einen schwierigen Weg herausgesucht... Aber nach alldem was passiert ist... Dieser ganze Kram über Engel und so... Scheint es fast, als wäre er für dich bestimmt.“ „Ich weiß nicht wie es endet, Dad. Aber ich hoffe du hast Recht und ich kann unsere Familie und Freunde endlich von der Angst und Dunkelheit erlösen.“

„Du wirst es schaffen, du bist ein gutes Mädchen. Was wirst du jetzt tun?“ „Ich gehe jetzt noch kurz zu Jayden und entschuldige mich bei ihm für alles. Für die Gefühle, die ich versucht habe mir einzureden... Und dafür, dass ich wieder gescheitert bin wofür er büßen musste. Danach... Werde ich mich ihm stellen und hoffentlich den Kampf für uns entscheiden.“ „Ich kann mich nur wiederholen, du wirst es schaffen! Ich bleibe hier und denke nach, vielleicht kommt sie mich ja holen, vielleicht auch noch nicht.“

Ich erhob mich und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. Ich würde das Gefühl seiner Nähe niemals vergessen...

„Ich weiß nicht ob wir uns noch einmal sehen... Deswegen sage ich dir nicht Lebwohl, sondern viel Glück.“ „Danke, Dad.“

Oma und Hailey waren bestürzt als ich aus dem Zimmer rannte. Sie riefen mir hinterher, doch ich reagierte nicht auf sie. Auf Fragen hatte ich keine Lust und ich hatte eh so wenig Zeit. Doch für Jayden musste ich mir noch einen Moment nehmen. Es blieb zu hoffen, dass er selbst noch nicht auf das Fest gegangen war. Auf der Kreuzung zu seinem zu Hause kam er mir schon entgegen, was mich erleichterte. So bekam ich also doch noch die Chance mit ihm zu reden. „Feye, wieso läufst du hier herum? Bist du noch nicht auf dem Fest?“ „Jay! Es ist schrecklich, sie wurden angegriffen! Rick, Rachel, Jenn und deine Ma kämpfen! Bitte ruf die Anderen zu Hilfe, ja?“ „Wie!? Oh Gott...“ Mit leicht zitternden Händen holte er sein Handy aus der Hosentasche, doch ich ergriff seinen Arm, bevor er zum Anrufen ansetzen konnte.

„Was ist?“ „Wenn wir kämpfen gehen, werde ich keine Möglichkeit mehr bekommen mit dir alleine zu reden.“ „Was willst du mit mir reden?“, fragte er und konnte mir dabei nicht in die Augen blicken.

Ja, es war zu viel zwischen uns geschehen. Ich versuchte ihn zu lieben... Im Grunde war ich auch in ihn verliebt, doch die Gefühle für Luzifer bezwangen mich immer wieder.

„Ich muss mich bei dir entschuldigen. Das alles wäre dir nicht passiert, wenn ich nicht so verdammt dumm und kindisch gewesen wäre. Ich habe versucht mir Gefühle einzureden, die nicht stark genug waren um andere Gefühle zu überbieten. Ich hoffte meine Liebe zu ihm zu vergessen. Denke nicht, dass ich dich nur ausgenutzt habe, bitte. Ich mag dich wirklich gerne. Aber das was dir widerfahren ist... Nun, dafür gibt es keine Entschuldigung. Ich hoffe nur, dass du dich von den Ereignissen irgendwan erholen wirst.“

Er schwieg mich einige Zeit lang an und schien wohl zu überlegen, ob er mich nun wörtlich zum Teufel schicken sollte oder nicht. Doch dann lächelte er. Es war kein Freudiges lächeln, sondern eher ein Klägliches.

„Mach dir keine Gedanken darüber. Ich werde es schon irgendwie überwinden. Immerhin habe ich auch eine tolle Familie die mir dabei helfen wird. Ich bin nicht mehr wütend auf dich, Feye. Wir haben viel miteinander erlebt, wir sind miteinander groß geworden. Aber sechzehn Jahre reichen eben noch nicht aus um Dummheiten zu vermeiden. Ich glaube man wird sie niemals vermeiden können, egal wie alt man ist. Was auch immer du jetzt tun wirst, lass dich nicht von dem Gedanken ablenken mir noch etwas schuldig zu sein.“

Dann kam er zu mir und nahm mich in die Arme. Nur kurz, denn dann löste ich mich von ihm und lief weiter um in den Kampf zu ziehen. Aus der Entfernung guckte ich noch einmal zurück und sah, wie er fleißig telefonierte. Der richtige Kampf hatte noch nicht begonnen. Die vielen Dämonen und Ela waren nur die Ankündigung... Luzifer wollte damit erreichen, dass ich wieder die Kontrolle verlieren würde, doch diesmal würde ich stark sein. Diesmal würde ich kämpfen...
 

Als Treffpunkt dachte ich mir etwas ganz Besonderes aus. Mein Geliebter und zugleich mein Freind sollte gebührend empfangen werden. Daher lief ich so schnell mich meine Füße tragen konnten zu der größten Brücke die die Stadt zu bieten hatte. Würde unser Kampf hier beginnen wären weniger Menschen betroffen... Die Wasser Assistants hätten mehr Vorteile.

Entschlossen umgriff ich meinen Stein. Nun gab es kein Zurück mehr. Ich versuchte mich zu entspannen und die Kraft, die der Stein mir gab, zu fühlen. Es fiel mir noch immer schwer, doch ich fühlte sie. Es war, als würde er sich mir endlich öffnen. Noch nie zuvor hatte ich es gespürt. Ich wusste endlich, dass ich die Kraft nutzen konnte.

Nach einem tiefen Atemzug öffnete ich meine Augen und ließ die Kraft durch meinen Körper strömen. Somit war es leicht die einzelnen Eisenträger hinauf zuspringen bis ich ganz oben angekommen war. Von dort blickte ich auf die Stadt und konnte sogar zum Festplatz gucken, an dem die Elemente aufeinander trafen. Ich sah kleinere Explosionen, Rauchwolken und aufgewirbelten Staub. Sie schienen sich gut zu halten gegen die Dämonen und Ela, doch die Zeit drängte. Sie würden nicht ewig durchhalten können, vor allem nicht in dieser Minderzahl. Ein kühler Wind zog auf und bereitete mir leichte Gänsehaut.

„Sieh an... Wie bist du denn hier herauf gekommen?“ „Da bist du ja. Ich wusste du würdest zu mir kommen. Gefällt dir der Ort, den ich auserwählt habe?“

Ich beachtete ihn nicht weiter sondern guckte mich zufrieden um. Ich benahm mich sehr selbstsicher um ihn zu verunsichern.

„Wo ist deine unschuldige kindliche Art geblieben, mein Schatz?“, fragte er und legte seine Arme um mich. Er ließ mein Herz schnell schlagen, doch ich versuchte einen kühlen Kopf zu bewahren. Er sollte sich nicht überlegen fühlen. Er unterschätzte mich... „Ab heute kann ich kein Kind mehr sein. Ich werde wie eine Königin über dein Reich herrschen“, sagte ich lässig aber bestimmend. Nach der Vollendung dieses Satzes kicherte ich gespielt.

Er drehte mich und guckte mir in die Augen, ehe er mich küsste. Ich hätte am liebsten niemals damit aufgehört ihn zu küssen. Mein Wunsch wäre es endlose Stunden mit ihm zu verbringen, von ihm geliebt zu werden, ihn zu küssen und mit ihm zu schlafen. Danach würde ich wieder nach Hause gehen, wo Dad und Hailey glücklich miteinander herumalbern und einfach alles in Ordnung wäre. So wie es bisher immer war...

Doch heute würde sich mein Wunsch nicht erfüllen. Heute würde ich nicht nach Hause zurück kehren und Hailey würde alleine dort sitzen und trauern. Dad wäre nicht mehr da und könnte keine Scherze mehr mit ihr treiben. So unfair war dieses Leben.

„Warum musste es heute sein, Luzifer?“, fragte ich ihn, während ich ihn wieder anblickte. „Weil warten gefährlich werden kann. Ich muss gestehen, je mehr Tage ich verstreichen lasse, desto mehr Platz nimmst du in meinem Kopf ein. Du bist gefährlich... Ihr Beide seid gefährlich. Sacred Feye hat starke Kräfte und du... Du machst mich auf eine ganz andere Weise fertig. Ich will keine Gefühle mehr für jemanden haben.“ „Ich bin gefährlich, weil du mich wirklich zu lieben scheinst?“

Er drehte sich weg und blickte nun selbst über die Stadt.

„Je mehr ich dich liebe, desto schwieriger wird es für mich meinen Plan durchzuführen. Ich habe viele Jahrtausende darauf hingearbeitet, habe an meinen Plänen gesessen, habe trainiert, habe meine Anhänger trainiert und sie gelehrt, dass Gott, der liebevolle Vater nichts als ein egoistischer Drecksack ist. Ich muss dich und alle die du liebst auslöschen, damit ich weiter machen kann.“ „Du könntest es auch einfach endlich gut sein lassen!“

Nun drehte er sich wieder zu mir. Seine Augen wirkten wieder so traurig, gefüllt mit Enttäuschung. Irgendwas hatte ihn zutiefst verletzt.

„Ich kann es nicht auf sich beruhen lassen... Er ging mit uns um wie ein Kind mit seinem Spielzeug. Wenn Kinder etwas Neues, etwas Besseres finden, werfen sie die alten Spielsachen auf den Müll.“ „Was ist passiert, dass du so geworden bist?“, fragte ich leise und legte meine Hand auf seinen Arm.

„Damals gab es nur Gott und uns Engel. Da war er noch stolz auf seine Schöpfung und ich war stolz, dass er so viel Vertrauen in mich legte. Ich durfte praktisch als sein Stellvertreter über das Volk der Engel regieren. Ich war jung und eigentlich etwas überfordert damit. Ich musste meine Freunde oft vernachlässigen deswegen. Und doch gab es ab und zu noch die Momente in denen wir vier einfach wieder freie und junge Engel sein konnten, die Spaß hatten...“

Er atmete tief durch und lehnte sich gegen einen der Eisenträger, während ich einfach still stehen blieb und ihm zuhörte.

„Irgendwann aber gönnte er uns nichtmal mehr das. Er schickte alle weg... Lumen, Chamuel, und Sacred Feye hatten ihre eigenen Aufgaben. Ich war alleine und doch tröstete ich mich mit dem Gedanken, dass er das zu unserem Besten tat. Doch ich irrte mich... Er schuf euch, die Menschen. Sein größter Stolz, sein neues Spielzeug. Die Engel wurden zu Dienern der Menschen. Wir sollten für sie sorgen. Er trennte uns und riss uns auseinander damit es den Menschen gut ginge. Chamuel, der für ihre Liebe sorgte, der inzwischen verschollen ist. Seine Kräfte wirken von alleine und werden nicht mehr direkt gebraucht. Menschen lieben einander, auch ohne sein Zutun. Zu Anfangszeiten mussten sie es noch lernen. Lumen, die ihr Schicksal bestimmte... Sacred Feye, die den Menschen Dunkelheit und Verzweiflung bringen sollte. Sie war dafür zuständig, dass Menschen traurige Erlebnisse hatte und für mich sah er vor, dass ich ihnen im Gegenzug das Licht bringen würde. Das Licht, damit sie glauben Gott hätte ihnen geholfen, damit sie glauben Gott wäre ihr Held und ihr Beschützer.“

Ich hörte die Abscheu aus seinen Worten heraus und konnte mir Gott gar nicht wirklich so vorstellen, wie er es beschrieben hatte. Luzifer redete viel, doch es waren Worte, die ich hören wollte. Fragen, auf die ich Antworten suchte. Endlich bekam ich meine Antworten...

„Und dann?“ „Dann habe ich dieses Spiel nicht mehr mitgespielt. Ich wollte, dass mein Volk seine Würde wieder zurück bekam. Öffentlich erhob ich mich gegen Gottes Wille und kämpfte für die Engel. Aber diese Bastarde wollten die Wahrheit nicht im Geringsten erkennen. Sie dienten den Menschen gern und beschimpften mich. Eisern haben sie zu ihrem tollen Herrn gehalten und werden bis heute nur benutzt. Danach war ich dann ganz alleine. Ich wollte nicht mehr dort bleiben, war wütend und verletzt. Ich fühlte mich von allem und jedem verraten. Weil ich eine neue Bleibe brauchte und mir eine Armee aufbauen wollte, bezog ich das Reich von Sacred Feye.“ „Aber ihr wart doch Freunde!“, warf ich schockiert ein und erinnerte mich an das, was er ihr angetan hatte.

Er lächelte: „Zu diesem Zeitpunkt ging ich nicht davon aus, dass irgendjemand noch zu mir halten würde. Ich dachte, sie würde genauso reagieren wie die Anderen.“ „Das hättest du doch nicht wissen können! Wenn du nur mit ihr geredet hättest...“ „Feye! Es hätte keinen Sinn gehabt. Was hätte es ihr gebracht sich mir anzuschließen? Ich tötete sie einfach, nachdem sie mir Reeza unfreiwillig geschenkt hatte.“ „Reeza ist zu gut für dein Vorhaben.“ „Ja, Reeza ist eine starke Frau. Wäre ich nicht so verdammt engstirnig würde ich ihr wohl mehr Liebe und Achtung schenken. Ich habe mir abgewöhnt Gefühle zu jemandem aufzubauen. Mit meiner Liebe zu meinem Volk und zu meinen Freunden wurde ich enttäuscht. Ich will keine Enttäuschung mehr, sondern Rache. Aber du Feye, du löst in mir den Drang aus wieder fühlen zu müssen... Und deswegen, muss ich daran etwas ändern.“ „Du handelst aus reinem Selbstschutz, weil du Angst hast wieder enttäuscht zu werden!? Dafür müssen so viele Menschen sterben!?“ „Ich nehme keine Rücksicht auf sie. Jeder tote Mensch ist wie ein Schlag in das Gesicht Gottes. Und das ist ein verdammt gutes Gefühl.“

Ich sah seine Genugtuung in seinem Gesicht und wie er sich wohl gerade Gott vorstellte. Luzifers Ansicht war vielleicht nicht ganz verkehrt. Ich dachte immer er sei böse und stark, doch er war einfach nur ein gebrochener und enttäuschter Mann, der sich verkroch und versuchte sich vor weiteren ähnlichen Erfahrungen zu schützen.

„Jetzt kennst du meine kleine Wahrheit und leider zu viel über mich und meine Gefühle. Aber dennoch frage ich dich ein letztes mal: Schließt du dich mir an im Kampf gegen Gott, oder hast du das Bedürfnis an diesem warmen und sonnigen Tag zu sterben?“

Ich schreckte zurück und überlegte lange. Ich wäre zu gerne an seiner Seite, doch nicht im Kampf gegen Gott. Wenn er es doch zumindest einsehen würde...

„Ich werde nicht mit dir gegen Gott kämpfen. Vielleicht würdest du das alles anders betrachten, wenn du nur einsehen würdest, dass Gott euch alle liebt! Er liebt dich und auch die Engel genauso sehr wie die Menschen! Wahrscheinlich hat er euch Engeln mit diesen Aufgaben vertraut, weil er weiß, dass ihr starke Geschöpfe seid. Er wird das gemacht haben, gerade weil er wusste, dass es für solche Aufgaben niemand geeigneteres als die Engel gäbe weil sie so stark sind und und Menschen weit überlegen! Die Engel sind keine Diener der Menschen, sondern deren Beschützer!“

Er ballte die Faust und stieß ein leises Brummen von sich. Meine Worte wollte er so nicht hören. Ich sah schon, dass ich ihn nicht auf eine andere Meinung bringen konnte, also machte ich mich innerlich auf einen Kampf gefasst.

„Du willst also lieber sterben. Schade. Ich habe dich sehr geschätzt Feye, aber es bestätigt, dass Gefühle am Ende schmerzhaft und falsch sind.“ „Sind sie nicht! Ich liebe dich! Aber ich kämpfe nicht gegen Gott. Eher kämpfe ich gegen dich...“ „Oho! Du? Du willst gegen mich kämpfen und nicht der kleine Racheengel in dir? Sacred Feye, mein Schatz, wo bleibst du denn? Hast du denn nichts dazu zu sagen?“

Ich spürte wie mein Kopf hämmerte und ich spürte deutlich die Kraft von Sacred Feye. Natürlich versuchte sie die Kontrolle über mich zu bekommen. Doch ich war in diesem Moment zu stark um mich einnehmen zu lassen.

„Das Engelchen in mir hat gerade nichts zu melden! Wir beide! Leben oder Tod! Heute wird nur einer auf den Thron des Reiches der Dunkelheit und Elemente zurück kehren!“ „Wie tapfer du mir diese Kampfansage machst, das lässt dich sehr sexy wirken.“

Er machte sich über mich lustig, weil er dachte ich könnte meine Kräfte nicht einsetzen, doch diesmal hatte er sich getäuscht. Ich hob meine Hand und schoss ihm eine Energiekugel entgegen, der er selbstsicher auswich.

„Du überraschst mich immer wieder, haha!“ Doch auch er überraschte mich. Ich rechnete nicht damit dass er seine schwarzen Flügel ausbreitete und hoch über mich flog.

„Und jetzt? Magst du nicht auch herauf kommen?“, rief er mir zu. Mist! Ich konnte zwar meine Kräfte nun einsetzen, doch Flügel konnte ich so nicht beschwören. Auf dem Brückenpfeiler balancierend schoss ich eine Energiekugel nach der Anderen auf ihn und sie trafen ihn allesamt. Einerseits war ich besorgt da ich ihn eher ungern verletzte, doch fühlte es sich an wie ein Hoffnungsschimmer für den Sieg dieses Kampfes. Mein Magen verkrampfte sich, als ich sah, dass er um sich etwas wie eine Energiebarriere errichtet hatte und keiner meiner Angriffe ihm den geringsten Schaden zugefügt hatte.

„Feye, du musst noch viel lernen!“ Nun schoss er eine Energiekugel von oben herab. Er verfehlte mich mit Absicht, doch allein durch ihre Wucht wurde ich von der Brücke geschleudert und flog auf den Betonboden zu. Wieder spürte ich meine Kraft, die meinem Körper das nötige Geschick verlieh mich abzufangen und schmerzfrei zu landen.

Autos rasten auf mich zu und konnten gerade noch so bremsen. Ich bekam einen mächtigen Schrecken, doch Luzifer störte es nicht im Geringsten. Er landete elegant neben mir, holte aus und schleuderte alle Autos mit seinen Kräften weg. Von dem aufgewirbelten Staub musste ich husten. Ich hörte wieder die Schreie der Menschen, die in Panik flüchteten, doch was er mit seinem Wirbel angerichtet hatte, sah ich erst kurz darauf.

Die Autos lagen teilweise auf kleinen Schrotthaufen übereinander gestapelt. Andere waren ins Wasser gestürzt. Sein bisschen Kraftaufwand war so mächtig, dass der Beton leichte Risse bekam. Er grinste.

„Möchtest du immernoch sterben?“ „Heute bekommt dein Reich seine Königin zurück und du stirbst.“ „Gewagte Aussage hahaha!“

Sein Lachen blieb ihm im Hals stecken, denn die Anderen waren endlich eingetroffen und einer von ihnen hatte einen Angriff auf Luzifer gestartet. Er bemerkte es erst, als er bereits am Rücken getroffen und nach vorn geschleudert wurde. Wütend sprang er wieder auf und errichtete sein Schutzschild ein weiteres mal bevor er erneut in die Lüfte stieg.

„Da bist du ja, Feye!“, sagte Rick erleichtert und legte seine Arme auf meine Schultern. Eine kleine Gruppe von Assistants hatte sich gebildet. Rick, Jill und Jenn, Marisha und ihr Sohn Jayden, auch Naga mit Maya und Pia und Rachel mit Shinji waren da. Sogar Maiko stand bei ihnen.

„Sollte das nicht ein Kampf zwischen uns beiden werden?“, rief Luzifer herunter. „Wenn du dich nicht die ganze Zeit feige in der Luft verstecken würdest, hättest du mehr von mir, Darling!“, antwortete ich selbstsicher und schockierte die Anderen etwas mit dem Kosenamen, den ich ihm gab.

Ich merkte, dass Luzifer erneut mit seiner Energie arbeitete, doch es war kein direkter Angriff auf uns.

„Ach du Scheiße“, sagte Jenn und klammerte sich an Maiko. „Nicht schon wieder so viele Dämonen“, seufzte Rick und auch ich sah, wie sich von beiden Seiten der Brücke wieder tausende Dämonen näherten.

„Wir brauchen eine Strategie!“ „Scheiß auf Strategie, Jill! Wir haben keine Zeit dazu“, meckerte Shinji und ging in Kampfstellung. „Hmm... Begrüßen wir sie. Jill, Jenn, eine Flutwelle bitte!“, sagte Rick und grinste. Seine Töchter verstanden sofort und taten sich mit ihm zusammen. Die drei Wasser-Assistants streckten die Arme nach vorn und erzeugten aus dem Nichts eine reißende Flut zu den Dämonen.

Marisha schnaufte: „Da können wir aber mithalten! Jay, Maiko, lassen wir es stürmen.“

Die drei Luft-Assistants stellten sich in die andere Richtung und erzeugten einen so starken Wind, dass die Dämonen kaum voran kamen. Naga und ihre Töchter verstanden sich im Kampf obwohl sie privat zerstritten waren. Sie arbeiteten mit beiden Gruppen zusammen. Einerseits sorgten sie dafür, dass heißer Wind mit kleinen Funken zu den Dämonen links flog, auf der anderen Seite erzeugten sie mit Rick, Jenn und Jill heißen Wasserdampf.

Sie wussten wie sie ihre Elemente nutzen konnten. Shin und Rachel halfen uns mit ihrer eigenen Weise. Der starke Wind machte auch uns zu schaffen und so schufen sie Ranken, die uns fest auf dem Boden hielten.

Während sie sich um die Dämonen kümmerten hielt ich Luzifer im Auge. Er schien beeindruckt, aber immernoch siegessicher. Als er zum nächsten Angriff ausholte, machte ich mich von meiner Ranke los und sprang auf die Eisenträger der Brücke. Er hatte es hauptsächlich auf mich abgesehen. Für die Anderen waren die Dämonen zuständig. Einige entkamen den Angriffen meiner Freunde und näherten sich schnell.

Um sie nicht auch noch durch Luzifer's Angriffe zu belasten lenkte ich ihn ab. Mit schnellen gezielten Schüssen zerfetzte er die Brücke regelrecht. Ich kam nicht dazu einen Gegenangriff zu starten.

Und selbst wenn, ich hätte ihm keinen Schaden zugefügt, denn noch immer hatte er dieses Schild um sich.

Es kostete mich viel Energie mich von Balken zu Balken zu hangeln und zu springen, die gesamte Brücke bebte inzwischen. Als ich von oben herab guckte, sah ich, dass sich die Dämonen durch die Angriffe gekämpft hatten und meinen Freunden übel zusetzten. Sie schlugen sich gut, doch die, die bereits auf dem Fest gekämpft hatten, waren schon angeschlagen und müde.

Mein Herz schlug schnell und ich hatte Angst ihnen würde etwas zustoßen. Dazu kam noch das Problem, dass ich absolut keinen Plan hatte, wie ich Luzifer bezwingen könnte. Den ehemaligen König der Engel zu bezwingen hatte ich mir ja ehrlich gesagt auch nicht vorgestellt wie eine Kaffeefahrt.

„Überlasse ihn mir“, hörte ich diese Stimme in meinem Kopf sagen. „Nein!“, antwortete ich laut. „Wenn du willst, dass deiner Familie nichts passiert, dann überlässt du ihn mir. Du hast keine Chance gegen ihn. Gegen mich kommt er nicht an.“

Ich seufzte und schlug mir die Hand gegen die Stirn, in der Hoffnung Sacred Feye würde aufhören mit mir zu reden. Mit einem beherzten Sprung, kam ich wieder zu den Anderen und hoffte ihnen mit meinen Kräften zumindest etwas gegen die Dämonen helfen zu können. In diesem Moment fragte ich mich wo eigentlich Ela und Alyssa blieben. Ich kannte Luzifer... Er würde sich die Gelegenheit nicht nehmen lassen seine beiden Dienerinnen zum Einsatz zu bringen.

Es wurde hektisch, für Angriffe ließen uns die Dämonen kaum Spielraum. Wir waren eng aneinander gedrängt und ich hörte nur das Fluchen der Assistants. Hin und wieder bekam ich eine Dämonenpranke oder eine Energiekugel ab, was schmerzte. Doch ich musste durchhalten.

Es schien als würden sich auf der gesamten Brücke nur noch Dämonen befinden, in der Mitte wir und über uns Luzifer, der uns amüsiert beobachtete.

Ich sah nur angestrengt aus dem Seitenwinkel wie Seraphina plötzlich zu uns kam. Ruhiger als wir schloss sie ihre Augen, sowie die Hände zusammen und murmelte etwas wie eine Beschwörung. Als sie ihre Augen öffnete, leuchteten diese unheimlich grell und etwas wie eine „Lichtwelle“ schlug um sich. Alle Dämonen im Umkreis zerfielen sofort zu Staub und die Zeit um uns schien still zu stehen. Schweiß rann von ihrer Stirn und sie schnaufte.

„Seraphina! Was hast du gemacht?“, fragte ich erschöpft. „Ich habe einen enorm Energielastigen Angriff eingesetzt und die Zeit angehalten.“ „Sowas kannst du!?!“, sagten Jenn und Maiko erstaunt. Auch die Anderen waren verblüfft. „Nicht sehr lange... Wir sollten uns überlegen was wir nun tun werden.“ „Wo ist Ela?!“, fragte Rick besorgt.

„Nun, sie ließ sich nicht bekehren... Seine Tochter wird sich ärgern, dass ich ihre Lieblingsbeute vernichtet habe.“ „Du hast sie besiegt?“, fragte Rachel nun verwirrt.

„Was ist überhaupt passiert als wir weg waren?“ „Wir haben gegen die Dämonen und das Weib gekämpft, aber kamen kaum gegen sie an. Dann ist Seraphina aufgetaucht und hat uns einiges abgenommen“, erklärte Marisha mit verschränkten Armen.

„Wir spürten dann, dass du hier bist und sie sagte, wir sollen schonmal vor gehen und dir helfen“, fügte Rick noch hinzu. „Ich habe den Rest erledigt. Dennoch brauchen wir nun eine Strategie... Mein Schild hält nicht mehr so lange.“

Doch noch bevor wir uns weitere Pläne schmieden konnten, fing ihr Zeitschild über uns auf einmal an zu pulsieren.

„Ist das normal?“, fragte Pia beunruhigt und starrte hinauf. „Eigentlich nicht!“ Erneut schloss Seraphina die Augen und faltete die Hände. Sie versuchte mit ihren Kräften gegen die Gefahr von Außen zu halten, doch sie scheiterte. Mit Leichtigkeit durchbrach Luzifer ihr Schild und wir standen wieder genauso da wie vorher...

„Ich hatte vermutet ihr wärt stärker. Eine Enttäuschung folgt der Anderen. Jetzt ist aber Schluss mit Spielen“, sagte er amüsiert und setzte erneut zu einem Angriff an.
 

~ Hailey Coldfire ~


 

Zu diesen Zeiten wäre ich am liebsten verzweifelt... Alles spielte verrückt. Während die Familie gehen die Dämonen kämpften, saßen meine Schwiegermutter und ich bei meinem Mann und bangten um sein Leben. Es ging ihm etwas besser als zuvor, dennoch hatte ich wahnsinnige Angst davor ihn zu verlieren. Ich liebte ihn so sehr... Ob ich seinen Verlust jemals verkraften könnte?

Ich wusste worauf ich mich einließ, als ich mich damals zu meinen Gefühlen bekannte und ich wusste auch, dass der Moment irgendwann kommen würde. Und doch war ich nie dafür bereit.

Chann stand am Fenster und guckte besorgt nach Draußen. Meine Blicke folgten ihr. Die Stadt bebte schon fast und weiter weg konnte man kaum etwas sehen. Eine dicke Wolke aus Staub und Schutt umgab die Umgebung von der großen Brücke die nördlich der Stadt gebaut war.

„Sie kämpfen... Mein Gott, wir müssen ihnen helfen. Jedes bisschen Kraft zählt.“ „Aber was ist mit Clyde?“, fragte ich besorgt und nahm seine Hand. „Ich komme schon zurecht. Mir passiert nichts. Geht ihnen helfen“, sagte er leise und verschlafen. Es zerriss mir fast das Herz ihn hier zu lassen, doch er war zumindest in Sicherheit. Meine Mutter und meine Geschwister kämpften dort... Eigentlich fast meine ganze Familie. Sie brauchten unsere Hilfe.

Seufzend lehnte ich mich über meinen Mann und küsste ihn noch einmal, bevor Chann und ich aufbrachen. „Pass auf dich auf“, sagte Clyde noch, als ich durch die Tür ging.

„Chann, halt dich aber etwas zurück... Wenn es zu gefährlich wird fliehst du! Du kannst deine Schwangerschaft nicht aufs Spiel setzen!“ „Ja, aber mein Mann und meine Kinder, die dort kämpfen sind mir ehrlich gesagt wichtiger gerade.“ „Wo ist Ryan eigentlich?“ „Ich hoffe bei Nyria und weit weg von dort.“

So schnell wie wir liefen dauerte es nicht lang bis wir an der Brücke ankamen. Wir spürten, dass dies der Ort der Entscheidung war.

Durch den aufgewühlten Staub und Schutt konnten wir kaum atmen. Hustend legte ich meinen Arm vor meinen Mund und versuchte mich zu beherrschen. Ich sah kaum meine Hand vor Augen.

„Kann es sein... Dass der Staub mit einem Nebel aus Dunkelheit gemischt ist?“ „Ja, das wäre möglich. Ich setze lieber meine Kräfte noch nicht ein um den Nebel weg zu wehen.“

Aus der Entfernung hörten wir Einschläge von Energiekugeln aller Art. Sie kämpften hartnäckig und plötzlich stockte mir der Atem und ich musste stehen bleiben. Feye lag halb bewusstlos nur wenige Schritte vor uns.

„Oh Gott!“ „Feye!!!“ Geschützt von Betontrümmern knieten wir uns neben sie und ich versuchte sie wieder wach zu bekommen. „Wenn wir nur Rachel oder Shin hier irgendwo finden könnten.“ „Feye, hörst du mich!? Feye! Wach wieder auf...“ Nur schwach öffnete sie ihre Augen und stöhnte vor Schmerz.

„Was ist passiert!?“ „Es... Es ist aussichtslos... Ich will... Zu Dad...“ Ich seufzte und wusste nicht was ich darauf antworten sollte. Clyde war im Krankenhaus und Feye wollte in ihrem schwachen Moment zu ihrem Dad... Es schmerzte mich etwas. Obwohl ich ja eigentlich so etwas wie ihre Mutter war, verhielt sie sich nur wie eine Freundin zu mir. Den Bezug suchte sie immer nur zu Clyde. Wahrscheinlich tat sie das, weil sie mich in ihrer Zeit nie kennen lernte.

„Dad! Da bist du ja...“, murmelte sie und ihre Augen funkelten. Hat sie Halluzinationen!? „Feye, beruhig dich, Clyde ist im Krankenhaus.“ Doch sie sah keine Trugbilder. Ich fuhr erschrocken zusammen, als ich seine Hand auf meiner Schulter spürte und zur Seite rückte.

„CLYDE!!! VERDAMMT NOCHMAL, WAS TUST DU HIER!?!“, schrie ich ihn wütend an. Dieser Spinner bricht vorhin halb tot zusammen und statt im Krankenhaus zu bleiben schleppt er sich ans Kampffeld. Auch Chann war wütend und entsetzt, doch ehe sie etwas sagen konnte unterbrach er sie.

„Tut mir leid, dass ich nicht dort geblieben bin. Ich kann nicht im Bett liegen und wissen, dass hier eventuell alle draufgehen.“ „Man! Und was ist mit dir!? Wenn du dabei draufgehst!?“ „Schatz, ich werde so oder so gehen müssen... Feye! Wach auf, ich bin da!“

Es war wie ein Stich ins Herz. Wie leichtfertig er das sagte... Als wäre seine Zeit vorbestimmt gewesen und nun am Ende. Wie gerne ich nun einfach davon gerannt wäre, doch das könnte ich mir noch für später aufheben, falls wir dann noch leben sollten, dachte ich mir.

„Dad... Ich hab's versucht.. Ich hab es wirklich versucht. Bringt euch in Sicherheit...“ „Aber Feye...“ „Bitte, geht! Ich kann sie nicht mehr länger... halten...“

Angestrengt kniff sie die Augen zusammen und erst als es zu spät war bemerkten wir, dass sie uns noch einen Zeitbonus beschaffen wollte um vor ihr zu fliehen. Energisch schlug sie die roten Augen auf, als hätte sie eine Reservebatterie angworfen.

„Zurück!“, rief Chann und packte Clyde und mich, doch Clyde wollte nicht aufgeben. „Feye!!! Gib Feye zurück, du dumme Hure!“

Sie grinste ihn grimmig an und lachte schließlich: „Eure Feye ist nach wie vor sehr schwach. Ich wusste von Anfang an, dass sie keine Chance gegen ihn hat. Und wenn ihr jetzt gestattet, ich gehe den Müll weg schaffen. Wenn ihr klug seid und überleben wollt, haltet ihr mich nicht zurück.“

Mit einem flinken Satz sprang sie in den dicken Nebel und wurde für uns unsichtbar.

Dafür kam jemand anderes zu uns gelaufen. Meine Ma sah erschöpft aus und rang nach Luft. Sie schien erleichtert und besorgt zugleich zu sein bei unserem Anblick.

„Was macht ihr hier!?“, keuchte sie regelrecht hinaus und fiel mir in die Arme.

„Feye hat sich wieder verwandelt!“, erklärte Clyde, was Ma noch blasser werden ließ.

„Sie kämpft nun gegen Luzifer, oder? Aber was ist, wenn sich die Beiden zusammentun!?“, fragte sie und schlug sich die Hand vor den Mund. Chann seufzte: „Wenn dies der Fall sein sollte, sind wir alle erledigt.“ „Hoffen wir das Beste! Wie geht es den Anderen!?“ „Die Dämonen sind stark, Hailey. Wir haben Probleme gegen sie anzukommen.“

Im selben Moment drehte sich Clyde um und schoss Wasserkugeln, die zwei heranschleichende Dämonen zu Staub zerfallen ließen. „Clyde!“, rief ich besorgt, als er wieder zusammensackte.

„Es geht schon, Hailey. Mach dir keine Sorgen.“ Sein von Schmerzen verzogenes Gesicht half mir dabei jedoch nicht sonderlich. „Wir müssen zu den Anderen!“, sagte Ma besorgt und Clyde kämpfte mit sich um aufzustehen. Chann und ich halfen ihm. Es war mir alles andere als recht, dass er uns begleitete, zu gerne hätte ich ihn zurück ins Krankenhaus geschickt, doch er setzte seinen Sturkopf durch.

Als wir einige Meter durch den Nebel gewandert waren, sahen wir die kleine Gruppe von Assistants gegen Dämonen kämpfen. Chann, Ma und ich nutzten den unerwarteten Augenblick und erschossen die Dämonen hinterrücks. Die Anderen waren erleichtert über Verstärkung.

„Was machst du denn hier!?“, fragte Rick seinen Sohn, als er ihn bemerkte. Niemand war davon begeistert, dass Clyde so leichtfertig mit seinem Leben spielte. Besorgt zwangen wir ihn sich hinzusetzen und hinter einem weiteren Betontrümmer Schutz zu suchen.

Lautes Donnern hallte durch die Luft. Es klang lauter als ein Gewitter. Die Energien der beiden Engel prallten aufeinander und brachten noch mehr Verwüstung.

Wir zuckten alle zusammen als ein besonders lauter Knall ertönte. Plötzlich schien es Dämonenasche zu regnen und der Nebel verschwand wie auf Knopfdruck.

Nun versteckten wir uns alle hinter dem großen Trümmerteil und guckten in den Himmel wo Feye und Luzifer mit ausgebreiteten schwarzen Flügeln schwebten.

Nur einige Meter von ihnen entfernt näherte sich ein Helikopter der Lokalpresse. Wir schrien auf, als Feye nur kurz die Hand erhob und ihn mit samt seiner Crew zum Abstürzen brachte.

Machtlos beobachteten wir Feye, die ihren Verstand verloren hat und gegen unseren schlimmsten Feind kämpfte. Doch ich fragte mich, ob er nun noch unser schlimmster Feind war.

Ihr Grinsen glich dem einer Wahnsinnigen und mit schier grenzenloser Energie setzte sie ihre Angriffe auf Luzifer fort. Er tat sich schwer mit dem Ausweichen. Als er uns kurz näher kam, erkannte ich, dass sie ihn wohl am Flügel erwischt hatte. Blut tropfte zu Boden und einige schwarze Federn glitten davon. Mit einer Art Schutzschild aus Energie versuchte er sich torkelnd kurz eine Pause zu gönnen, doch sie durchbrach es mit Leichtigkeit und schleuderte ihn gegen einen der Eisenträger. Dadurch erlitt er eine Platzwunde am Kopf und noch mehr Blut floss dahin.

„Wird sie ihn töten?“, fragte Naga gespannt, als säße sie im Kino. „Ich weiß es nicht... Sie ist sehr stark und er schwächelt langsam“, antwortete diese Seraphina. „Das wäre ja wie ein Wunder, wenn sie Luzifer so überlegen vernichten würde“, jubelte Shin. Seraphina schüttelte den Kopf: „Ich hoffe er schafft es sie zu töten...“ „WAS!?“, schrien wir entsetzt auf. „Er wäre noch das kleinere Problem. Er kämpft mit Verstand, doch sie ist wahnsinnig und hat ihren bereits verloren. Sobald er tot ist wird sie auf alles losgehen was sie findet. Sie würde uns einfach so vernichten und die Menschheit dazu. Ihr ist alles egal. Ich mag Feye auch, aber zum Wohle der Menschheit und uns wäre es besser, wenn er hier den Sieg davon tragen würde. Dann wäre er zudem auch erschöpft und müsste sich für einen neuen Angriff sammeln.“

„Aber er darf Feye nicht töten!!!“, protestierte Clyde und schlug sich sogleich wieder die Hand auf die Brust vor Schmerzen.

Ich legte meine Arme um ihn, damit er sich vielleicht etwas beruhigte. Doch beim Anblick dieses Spektakels konnte sich niemand mehr beruhigen.

Wenn Seraphina recht behielt, wäre es das Beste, wenn Luzifer Feye töten würde. Aber... Wir alle liebten Feye! Egal wie es enden würde... Es wäre einfach nur schrecklich... Und niemand könnte diese Verrückte stoppen. Ich guckte in Seraphina's Gesicht, das sehr sicher aussah. Anders als bei den Anderen. Was wusste sie? Was machte ihr solche Hoffnung?
 

~ Kapitel 20 ~ Dunkelheit ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 

Seid ihr bereit für das letzte Kapitel? Irgendwie bin ich ja froh, wenn dieser Teil abgeschlossen ist, aber das Ende rückt immer näher xD In letzter Zeit mach ich mir öfter Gedanken was mein nächstes großes Projekt sein könnte, aber noch hab ich keine Lösung gefunden... Stattdessen sitz ich so oft da und lese Bücher um mich zu inspirieren. Derzeit sitze ich an „Joy Fielding – Im Koma“. Schade, dass so viele Leute heut zu Tage gar kein Interesse mehr an Büchern haben :/ Naja, das letzte Kapitel kommt bald hinterher und ihr dürft euch darauf freuen die über 100.000 Wörter lange Geschichte endlich hinter euch zu haben xD Bis dann!

Licht

Kapitel 21 ~ Licht
 


 

~ Reeza ~
 


 

Kite und ich lagen zusammen in meinem Bett und ich schmiegte mich an ihn. Er hatte mich von seinen Qualitäten als Freund und Liebhaber vollends überzeugt. Dass so ein kleiner Streberengel wie er sich derart gut schlagen würde, hätte ich nicht für denkbar gehalten. Zufrieden drehte ich mich auf den Rücken und atmete durch. Er stützte sich auf seinem Arm ab und streichelte mir mit seiner anderen Hand über mein Bein.

„Ich habe dich unterschätzt“, gestand ich immernoch fast atemlos. „Ja, weil ich ein Engel bin. Wir sind weder unschuldig noch heilig. Wir haben auch unsere Bedürfnisse“, erklärte er und grinste.

Wie viele Stunden mögen wohl verstrichen sein, seit wir uns in diesem Raum eingeschlossen hatten und uns unendliche Leidenschaft und Lust schenkten? Leicht benommen richtete ich mich auf und wollte aufstehen, doch er packte mein Handgelenk und hielt mich fest.

„Warum willst du gehen?“ „Es ist nichts Schlimmes. Ich möchte lediglich einen Augenblick für mich sein und darüber nachdenken was du mir nun bedeutest. Ich werde gleich zurück sein“, sagte ich leise und küsste ihn noch einmal, bevor ich mir meine Kleidung überzog und nach Draußen auf den Korridor lief. Erst machte ich mir wirklich Gedanken über Kite und mich, doch dann schwankten meine Gedanken immer weiter.

Warum war alles hier so verlassen und ruhig? Es wirkte, als wäre keiner zu Hause. Und tatsächlich waren alle Zimmer leer. Kein einziger Dämon saß faul herum. Wirklich merkwürdig! Da ich vermutete, dass irgendetwas passiert war, rannte ich hinauf zu den Räumlichkeiten meines Vaters. Dort stieß ich ohne zu klopfen oder zu fragen die Tür auf. Auch dort war niemand zu sehen... Doch! Es saß jemand auf dem großen Sessel und starrte mich an. Alyssa, die offensichtlich ziemlich miese Laune hatte.

„Oh, haben sie dich auch hier gelassen“, sagte sie gedrückt. Ich lief zu ihr und guckte mich um. „Was ist hier los?“ „Sie sind alle aufgebrochen zur letzten Schlacht.“ „WAS!?“ „Dass du nichts davon wusstest, wundert mich nun aber.“ „Tja, ich war den gesamten Morgen und Mittag mit meinem Liebhaber beschäftigt.“ „Tzz... Mich haben sie nicht mitgenommen.“ „Wegen?“, fragte ich und wandte mich ihr wieder zu.

Sie zuckte mit den Schultern und stand auf.

„Wohl, weil mein Element Licht für sie nicht zu gebrauchen ist.“ „Warum kämpfst du mit deinen Lichtkräften überhaupt für die Dunkelheit?“ „Weil ich ihn verehre und seine Ansichten teile.“ „Nun gut... Ich versuche herauszufinden, was dort vor sich geht. Einen Moment, bitte.“

Ich schloss die Augen und legte mir jeweils zwei Finger auf die Schläfen, ehe ich meine Kräfte um Hilfe bat. Ich fühlte praktisch wie sie meinen Kopf durchströmten und bekam ein halbwegs klares Bild vor Augen. Ich sah Feye, die wieder ihre Kontrolle verlor und Luzifer, der sich von ihr übel zurichten ließ. Er hatte mehrere Wunden und konnte nur noch torkelnd ihren Angriffen ausweichen. So ein Mist!!! „Was ist los!?“, fragte Alyssa beunruhigt, als ich meine Augen öffnete und sie ernsthaft anblickte.

„Wir müssen sofort da hin. Egal welches Element du hast, du kommst mit. Dein verehrter Lord steckt ernsthaft in Schwierigkeiten.“

Diesmal schlossen wir beide die Augen und konzentrierten uns auf die Brücke, auf der der Kampf stattfand. Im Gegensatz zu Alyssa teleportierte ich mich nicht direkt zu Luzifer. Mein Ziel war es hinter Sacred Feye zu landen.

Nur für einen kurzen Moment schien alles um mich herum zu wirbeln, da musste ich auch schon kampfbereit sein. Wie aus dem Nichts erschien ich auf der Kampffläche direkt hinter Sacred Feye.

Sie hatte in diesem Moment einen weiteren Energieschuss abgefeuert, der direkt auf Luzifer raste. Er saß Kraftlos auf dem Boden und wäre zu Staub zerfetzt worden, wenn Alyssa nicht direkt vor ihm erschienen wäre.

Die Assistants, die den Kampf von der Seite hinter einem großen Betontrümmer beobachteten schrien laut auf, als der Angriff Alyssa frontal traf. Während alle noch schockiert über die neueste Handlung waren, ergriff ich den Überraschungseffekt und ballte meine Energie, die ich von hinten auf Sacred Feye in Feye's Körper schoss. Sie würde davon nicht sterben, doch mit einer großen Wucht wurde sie in den Fluss geschleudert und schlug mit einer Fontäne ins Wasser ein. Wieder schreckten die Assistants auf und guckten ihr hinterher.

Sie wäre nicht lange ausgeschaltet, also musste ich mich beeilen. Die tote Alyssa löste sich im Licht auf. Hinter ihr saß Luzifer immernoch. Er war schwer außer Atem und blutete an der Schläfe, so wie auch an der Lippe und an der Nase. Sie war wohl gebrochen...

„Du lässt dir ja ganz schön von ihr einheizen“, lachte ich und streckte ihm die Hand entgegen um ihm beim Aufstehen zu helfen. Er wirkte sichtlich erleichtert mich zu sehen, was mir noch mehr Kraft verlieh.

Wieder schwankte er etwas, als hätte er sich die ganze Nacht mit Alkohol berauscht. „Kannst du überhaupt noch kämpfen? Warum ist sie so stark?“ „Sie ist nicht stark... Naja, doch sie ist stark. Aber... Oh, Scheiße! Ich kann nicht mit voller Kraft kämpfen und damit die Frau töten, die ich liebe. Es geht nicht! Verdammt!“ „Verstehe, deswegen lässt du dich verhauen.“

Ich stützte ihn etwas und sah erschrocken zum Wasser, aus dem die Verrückte mit ausgebreiteten Flügeln und noch mehr Kraft schoss. Mit schnellen und kräftigen Schlägen trugen sie ihre Flügel wieder zu uns. Sie grinste bei meinem Anblick und lachte schließlich.

„Wie schön... Die ganze Familie wieder vereint. Papa und Tochter werden heute beide sterben. Durch meine Hand! Heute muss mein Glückstag sein. Doch gegen euch beide möchte ich meine volle Kraft ausschöpfen, hahaha!!!“

Wir sahen zu wie sie hoch empor stieg und die Arme ausbreitete. Im selben Moment konnte ich die Assistants wieder schreien hören. Ihr Schreien verstummte schnell und ich sah nur verschwommen, wie sie allesamt zu Boden sackten. Was passierte!? Lichtstrahlen in den Farben ihrer Elemente schossen mit langen Schlieren hinauf zu ihrer Herrin und ließen sie hell erleuchten.

„... Dad, was passiert hier?“, fragte ich mit einem leichten Schauder, der mir Gänsehaut bereitete. Er hatte sich wieder aufgerichtet und etwas erholt. Schützend stellte er sich vor mich.

„Sie sammelt die Kräfte ihrer Schöpfung... Sie hat ihnen ihre komplette Energie genommen.“ „Wozu!? Um uns schneller das Leben zu nehmen?“ „Nein... Sie begeht grade einen Fehler“, sagte er und lachte überheblich. Meine fragenden Blicke durchbohrten ihn förmlich, doch dann sah ich selbst was er meinte.

Durch die entzogenen Kräfte der Assistants schaffte es ihr Geist sich von Feye's Körper zu lösen. Sie holte sich ihren eigenen Körper, mit dem sie ihre Kräfte effizienter einsetzen könnte, zurück.

Feye's scheinbar lebloser Körper fiel zu Boden und Luzifer sammelte seine Kräfte noch einmal um schnell zu ihr zu rennen und sie aufzufangen. Mit einem gewagten Sprung schaffte er es, doch beide schlugen dennoch leicht auf dem Boden auf.

Ich wusste, welchen Fehler er angesprochen hatte. Sacred Feye hatte nun nichts mehr mit Feye zu tun und wir müssten keine Rücksicht darauf nehmen eventuell ihren Tod zu Riskieren.

Sacred Feye hatte es entgegen meiner Erwartung nicht auf Luzifer, sondern auf mich abgesehen. Sie lachte schrill auf und schoss einen Hagel aus Energiepfeilen zu mir herab. Es war schwer ihnen auszuweichen, mehrere schnelle Sprünge nach hinten ließen mich gerade noch so aus dem Hagel entkommen, dennoch wurde ich knapp erwischt und bekam einige Kratzer ab. Dort wo sie mich trafen brannten meine Wunden wie Feuer.

Und dort wo sie einschlugen, klafften kleine Löcher im Beton. Rauch trat aus ihnen aus. Ich wäre wohl tot, wenn sie mich getroffen hätten. So leicht würde ich es ihr nicht machen.

Ich ließ meine Flügel erscheinen und gesellte mich zu ihr hinauf, wo ich mit schnellen Strahlen auf sie schoss. Sie erwiderte dies sofort und so kämpften wir darum nicht getroffen zu werden und stattdessen den jeweils Anderen zu verletzen.

„Du bist so armselig, wie dein Vater. Schande über mich, dass ich es nicht geschafft habe, dich noch in meinem Bauch loszuwerden!“ „Schande über dich, dass dein Verstand dich so im Stich lässt! Pah!“ „Viel scheint dir dein Vater nicht beigebracht zu haben. Du bist genauso schwach wie Feye, diese Versagerin. Statt diesen Bastard auszulöschen verliebt sie sich in ihn. Wie schwach und erbärmlich solche Gefühle doch sind!“

Ich wich einigen weiteren Angriffen aus und schoss erneut zurück.

„Ich habe selbst erst vor Kurzem gelernt, dass Gefühle wie Liebe und Zuneigung nicht erbärmlich sondern ein Wunder sind!!! Vielleicht solltest du mal guten Sex haben um wieder runter zu kommen!“

Sie sagte nichts dazu, sondern griff mich erneut kurz an, ehe sie anfing zu grinsen und inne hielt. Erst verstand ich nicht, was sie nun vor hatte, doch dann erfühlte ich, wie sie eine große Energiekugel über ihrem Kopf formte und direkt zur Brücke jagte. Noch in der Luft schien ich das Beben der Kraft zu spüren.

Die ganze Brücke drohte anscheinend einzustürzen und so vergaß ich meine Angriffe und flog zurück zu Boden um die Assistants und Luzifer mit Feye von dort weg zu holen.

Wie sollte ich so viele Menschen von dort weg bringen und gleichzeitig aufpassen nicht von dieser Wahnsinnigen getötet zu werden?

Luzifer war offensichtlich wieder aufgestanden und trug Feye auf seinen Armen zu mir und den Assistants herüber. „Ist sie verletzt?“, fragte ich besorgt. Er schüttelte den Kopf: „Nur bewusstlos. Ich bring sie zu den Anderen.“ „Die Brücke wird einstürzen. Sie hat die Brücke beschossen.“ „Ach, das war dieses Beben... Dann bringen wir Feye und uns in Sicherheit, ganz einfach.“ „Und die Anderen!?!?!“ „Die sind mir doch scheiß egal...“

Hinter den Trümmern erhob sich plötzlich jemand, wodurch wir zusammenzuckten. Ich dachte die sind alle bewusstlos!? Seraphina mit dem Lichtelement war im Gegensatz zu den Anderen bei Bewusstsein und überraschte uns.

„Ich dachte, alle Assistants seien bewusstlos!“, sprach Luzifer und sagte somit genau das, was ich mir auch gedacht hatte.

Wieder bebte die Brücke und wir versuchten das Gleichgewicht zu halten. Schweigend und lächelnd sprang Seraphina auf den Beton, hinter dem die Assistants lagen und im Sprung erschienen große, weiße Flügel auf ihrem Rücken. Mit einem erneuten Satz landete sie sanft vor uns. Ich beobachtete Luzifer, der Seraphina anblickte und zu verstehen schien.

„Tut mir leid, dass ich euch warten lassen musste. Ich wollte sicher gehen, dass es ihnen gut geht.“ „Seraphina... Assistant des Element Licht. Wie dumm ich war es nicht früher zu erkennen. Es gibt gar keine Assistants mit Licht und auch nicht mit Dunkelheit.“ „Richtig Luzifer“, entgegnete sie und lächelte weiterhin.

Sacred Feye machte sich weiterhin an der Brücke zu schaffen um uns zu ärgern, doch wir ließen uns gerade nicht wirklich von ihr stören. Wer war Seraphina?! Sie war kein normaler Assistant. Allein ihre Flügel verrieten das.

„Bist du gekommen um unser Schicksal zu beeinflussen... Lumen?“ „In gewisser Weise. Ich habe mich als Assistant ausgegeben um etwas auf Feye zu achten und heute bin ich hier um dich zu unterstützen. Als alte Freundin.“

Langsam und elegant lief sie zu ihm. Es schien, als würde sie schweben. Sie umschloss seine Wangen mit ihren Händen und küsste ihn dann links und rechts. In diesem Moment strahlten ihre Hände golden und seine Wunden schienen nie da gewesen zu sein.

Ihre Ausstrahlung war so hell und mit Wärme erfüllt. Sie erinnerte mich etwas an Kite's Wärme, jedoch schien sie wesentlich stärker zu sein.

Luzifer und Lumen blickten sich in die Augen. So sahen die Verkörperungen von Licht und Dunkelheit also aus?

„Lasst es uns zu ende bringen...“, sagte sie mit ihrer Stimme, die so schön war. Sie klang melodisch, so beruhigend... Ich versank zu sehr in dem Genuss des Klanges um zu merken, dass Sacred Feye wieder mich ins Visier genommen hatte. Ich spürte ihren Angriff, der mich mit einem dünnen Energiestrahl durchbohrte. Ich sah fast wie in Zeitlupe Luzifer, der sich zu mir beugte und Lumen, die sich um Sacred Feye kümmerte.

Mir wurde leicht schwarz vor Augen. Als ich meine Hand kurz auf meine Brust legte und sie betrachtete, sah ich dass sie von Blut getränkt war. Sie hatte mir durch die Brust geschossen und nur knapp mein Herz verfehlt... Sie wollte mich nicht sofort umbringen, sie wollte, dass ich grausam verblute. Wie ein hallen nahm ich ihr belustigtes Gelächter wahr und dann fielen mir die Augen zu.

„Reeza!!!“
 

Wo war ich auf einmal? Ich schien an einem anderen Ort zu sein, als ich meine Augen wieder öffnete und das erste mal nicht alles verschwommen sah. Fast alles um mich herum war von Dunkelheit umgeben und doch erstrahlte eine Stelle des Ortes hell wie Lumen's Licht. Die helle Stelle zeigte eine Art Lichtung. Eine grüne Wiese, auf der ein kleines Mädchen und ihr Vater fangen spielten. Lachend und kichernd tobten sie über die Wiese und hatten Spaß.

Vorsichtig näherte ich mich ein paar Schritte und sah, dass dieses Mädchen und ihr Vater aussahen wie Luzifer und ich, als ich noch ein Kind war.

„Du meine Güte“, keuchte ich erschrocken. Was waren das für Bilder? Eine derartige Erinnerung existierte nicht. Wunschdenken? Ein Traum aus meiner Kindheit? Ich erinnerte mich, dass ich mir so eine Szene früher oft vorgestellt hatte. Mit der Zeit und steigendem Alter vergaß ich diesen Gedanken irgendwann. Einmal blickte ich kurz an mir herab.

Ich war noch immer verletzt und mit meinem eigenen Blut beschmiert. Vor dem Anblick erschrak ich leicht und kniff die Augen zusammen. Im nächsten Augenblick lag ich selbst auf der Wiese... Ich war kein Kind mehr und Luzifer war weg. Allein war ich nicht. Wieder spürte ich diese Wärme und das Licht. So fühlte sich nur Kite's Gegenwart an. Ich versuchte meinen Kopf zu drehen und mich umzusehen, doch er fühlte sich an als wäre er aus Blei und so sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte nur gerade hinauf schauen.

Dann sah ich ihn aber doch... Als wäre er aus der Dunkelheit erschienen um mich zu suchen. Er lehnte sich über mich und lächelte mich an. Ich sah ihn in meinem Traum, oder was auch immer es war, klar und deutlich. Er sah so hübsch aus. Fast wie Lumen. Er hatte die selben strahlenden Augen und auch diese wunderschönen braunen Haare. Sein Lächeln hatte ich mir genau so vorgestellt. Wärme durchfuhr meinen Körper.

Würde er in Wirklichkeit auch so aussehen? Es tat weh zu wissen, dass ich es niemals erfahren würde.

Die Dunklen Schatten um ihn herum formten sich zu einem Himmel der so blau strahlte wie seine Augen. Doch schnell erkannte ich auch die selbe Brücke und Luzifer, der sich von der anderen Seite auch zu mir herunter beugte.

„Du hast sie geheilt! Ich hätte nicht gedacht, dass du auch mal einen Nutzen haben würdest, du verdammter Erbschleicher.“ „Gerne doch, Schwiegerpapi, hahaha!“ „Werd nicht unverschämt! Engel wie dich verspeise ich zum Frühstück.“ „Was... Was ist hier los? Ist das nun ein Traum oder nicht?“, fragte ich benommen und konnte mich endlich aufrichten.

Ich war verwirrt... Ich sah alles klar und nicht verschwommen. Ich sah die Brücke, den Himmel, die Trümmer... Ich blickte nach oben und sah Sacred Feye, die gegen Lumen kämpfte und ich sah Luzifer. Und vor allem... Sah ich ihn... Und Kite sah genauso aus wie in meinem Traum.

„Dein Loverboy hat dich ins Leben zurück geholt“, sagte Luzifer erleichtert und lächelte. „Geht's dir wieder gut?“, fragte Kite. Mir kamen erstmal die Tränen... Ich konnte sehen! Erst schenkt er mir Liebe und dann mein Augenlicht. Wie viel Glück könnte ich eigentlich noch haben? Weinend und glücklich sprang ich Kite in die Arme und ließ ihn nicht mehr los.

„Ist gut jetzt ihr beiden... Lumen braucht jetzt wieder unsere Hilfe!“, ermahnte uns Luzifer und wir stellten uns zu viert gegen Sacred Feye.
 


 

~ Feye Coldfire ~
 


 

Meine Knochen, mein Geist, meine Glieder, alles schmerzte, als ich meine Augen leicht öffnete und nur schwer Luft bekam. War der Alptraum schon vorbei? Ich fühlte mich anders als sonst. Ich fühlte mich leer... Dieses Gefühl, mein anderes Ich mein Leben lang in mir zu haben, war weg.

Mit Schmerzen hob ich den Kopf und sah, dass ich noch immer auf der Brücke war. Sie bebte und wackelte wovon mir schwindelig wurde. Die Anderen lagen bewusstlos neben mir. Es war richtig gruselig. Ihre Elementsteine waren verblasst. Sie leuchteten nicht mehr in all diesen bunten Farben, nein, sie waren trist und grau wie die Hölle. Ich stöhnte leise. Meine Arme konnten meinen Oberkörper kaum tragen, doch ich versuchte mich aufzurichten. Schwach lehnte ich mich über die Betontrümmer und ließ mich wieder kraftlos absinken.

Wieder versuchte ich es und konnte diesmal meinen Kopf höher richten. Ich sah, wie vier Engel gegen Sacred Feye kämpften. Sie schien sich gut gegen sie zu halten. Diese Frau war ein Dämon und kämpfte mit schier unendlichen Kräften. Sie würden sie wohl niemals töten können.

Reeza und Luzifer kämpften mit ihrer Dunkelheit perfekt im Einklang mit dem Licht, das von den anderen beiden ausströmte. Wer waren sie? Ich versuchte genauer hinzuschauen und sah Lumen. Wo kam sie plötzlich her? Angestrengt drehte ich den Kopf zurück zu den Anderen und suchte nach Seraphina, die nicht bei ihnen war. Es schien einen Sinn zu ergeben... Waren Lumen und Seraphina womöglich ein und die selbe Person? Das würde die Ähnlichkeit erklären, das Element und die Tatsache, dass Seraphina sehr selten zu Stelle war.

Ihre mysteriöse Aura schien fast identisch zu sein mit der von Seraphina. Es gab keinen Zweifel mehr. Die ganze Zeit war es mir nicht aufgefallen... Wie dumm ich war.

Wieder bebte die Brücke so sehr, dass ich zu Boden geschleudert wurde und auf dem Rücken lag. Man sagte, ich würde die Erlösung bringen. Sollte das die Erlösung sein!? Ich, das schwache Mädchen, das resigniert und sich nicht mehr bewegen kann? Wo sollte da die Erlösung sein?

Vielleicht würden am Ende ja Luzifer, Reeza und die beiden Engel den Kampf für sich entscheiden, doch was wäre danach? Luzifer würde niemals von seinen Plänen ablassen. In diesem Moment jedoch, war Sacred Feye der gefährlichste Feind und damit hatte keiner von uns je gerechnet. Luzifer und Reeza kämpften wie Verbündete an unserer Seite.

Nun war es an der Zeit etwas zu unternehmen. Es müsste endlich enden... Ich müsste endlich stark genug werden um diesen Kräften stand zu halten. Unter schmerzen hob ich meine Hand und umgriff meinen schwarzen Stein damit.

„Du hast... Mich damals gefunden und mich als deine Besitzerin auserwählt. Warum gibst du mir dann nicht deine Kraft? Bitte, gib mir die Kraft, die ich benötige um dieses Monster zu stoppen. Dunkelheit, sei mein Verbündeter und beweise mir, dass Seraphina's, nein, Lumen's Worte wahr waren. Beweise mir, dass Dunkelheit auch gut sein kann und... Menschen retten kann...“

Mein Stein begann zu leuchten... Er schien auf meine Worte zu reagieren, was mich wirklich überraschte, denn ich hatte nicht mehr daran geglaubt. Mein Kampfgeist wuchs und schien fast so groß wie die Macht von Sacred Feye. Ich versuchte nicht auf die Schmerzen zu hören, die mir befehlen wollten liegen zu bleiben. Mit aller Kraft zog ich mich an dem Trümmerteil herauf und stellte mich hin. Mein Arm schmerzte sehr und meine Schulter blutete. Ich konnte meinen Arm kaum bewegen vor Schmerzen, doch ich schleppte mich weiter vor auf das Kampffeld.

Ich konzentrierte mich auf das Monster. Töten könnte ich sie nicht. Niemand könnte sie töten, doch ich könnte sie wieder in meinen Geist einschließen. Ich wusste nun, dass meine Kraft stark genug wäre sie aufzuhalten.

„Sacred Feye, es ist Zeit nach Hause zu kommen“, murmelte ich leise und ergriff meinen Stein erneut.

Als hätte sie mich gehört, wanderte ihr Blick sofort auf mich. Es war der Blick von Widerstand. Wir kämpften nur im Geiste gegeneinander, doch sie hatte einen schwachen Geist und war zudem von den Anderen geschwächt. Sie war derartig abgelenkt von mir, dass Luzifer ihr von hinten eins überschlug, wodurch sie mir vor die Füße fiel. Die Engel und auch Luzifer und Reeza landeten leichtfüßig bei mir. Reeza rannte sofort zu mir und stützte mich.

Wieder bebte die Brücke, sodass ich mich kaum auf den Füßen halten konnte.

„Es muss zu Ende gebracht werden... Du wirst niemandem mehr Schaden zufügen! NIEMANDEM!!! Weder meinen Freunden, noch meiner Familie... Und auch nicht Reeza und nicht dem Mann, den ich liebe!“ „Wie kannst du dieses Ekel nur lieben!?“, fragte sie mich mit ihrer schrillen und wahnsinnigen Stimme. Ihre Pupillen waren eng vor Wut.

„Er hat schreckliche Dinge getan, doch du übertriffst das bei Weitem. Du bist weitaus schrecklicher als er! Wahrscheinlich würdest du noch viel grausamere Dinge tun! Es ist vorbei!“

Wieder kniff ich die Augen zusammen und versuchte meine gesamte Kraft aus meinem Stein herauszuholen. Sie konnte sich kaum noch wehren und ihr ganzer Körper fing an zu rauchen, als ich meine Augen wieder öffnete. Sie schien sich aufzulösen...

„NEEEEEEEEEEEEEIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIN!!! ICH WERDE ZURÜCK KOMMEN!!! ICH WERDE MEINE RACHE BEKOMMEN!!!“ „Du wirst in meinem Geiste versiegelt sein, für ewig!“

Sie hatte sich komplett in Rauch aufgelöst. Der meiste Rauch schimmerte bunt in den Farben der Elemente. Er schwebte leicht über den Boden, hin zu den Assistants, die ihr Bewusstsein wieder erlangten. Der restliche Teil des Rauchs kam zu mir und wurde von meinem Stein förmlich aufgesogen als wäre er ein Schwamm.

Endlich war dieses Gefühl wieder da. Ich war wieder ein Ganzes, doch immernoch sehr schwach.

„Wir müssen hier runter!“, sagte Reeza, noch bevor wir einen eventuellen Sieg feiern konnten. „Was ist hier überhaupt los?“, fragte Oma ganz benommen und guckte sich um. Auch die Anderen schienen Kopfschmerzen zu haben und wirkten müde. Lumen lächelte und lief zu ihnen.

„Ihr bekommt alles erklärt, aber jetzt Marsch, Marsch!“ „Was geht hier!?“, beschwerte sich Jenn und wurde von Lumen etwas geschoben, weil sie sich nicht bewegen wollte. Als die Brücke erneut bebte begriffen sie und wir gingen so schnell es möglich war herunter.

„Pew!“, sagte Maiko und schoss eine kleine Windkugel zur Brücke, die auf der Stelle zusammenbrach. „Alter, du Assi!“, schimpfte Shinji und musste lachen. In Reeza's Armen guckte ich nach meinem Dad, der zwar offensichtlich noch Schmerzen hatte, aber ansonsten recht lebendig aussah. Hailey kümmerte sich sofort um ihn und drängte ihn dazu sich irgendwo hinzusetzen.

„Sacred Feye ist wieder bei Feye und dort hoffentlich versiegelt. Sag, Feye, wirst du es schaffen sie gefangen zu halten?“, fragte Lumen ernst. „Ja, mein Geist und meine Kraft überragen sie. Mein Stein und die Dunkelheit werden mir helfen.“ Sie und der Engel, der bei ihr stand nickten zufrieden. Hinter uns hörte ich meine Familie jubeln.

Nun sahen wir zu Luzifer, der alleine etwas abseits stand.

Es war noch nicht zu ende, dachte ich und stand auf. In Kampfposition stellte ich mich ihm gegenüber und ging in Kampfstellung, was ihn offensichtlich überraschte.

„Möchtest du weiter kämpfen!? Ich werde meine Familie beschützen und sollte es mein Leben kosten! Also, komm nur!“

Schweigend starrte er mich an. Er schien mit sich selbst zu kämpfen. Demonstrativ stellten sich Lumen, der andere Engel und Reeza neben mich. Sie würden zu mir halten, würde Luzifer erneut angreifen. Schließlich schnaufte er und kam langsam auf mich zu. Ich wusste nicht was er vor hatte, also wich ich einen Schritt zurück und auch die Anderen waren bereit sofort anzugreifen. Doch es kam anders... Er legte seine Arme um mich und drückte mich fest.

„Ich hatte solche Angst dich zu verlieren... Ich hasse diese Gefühle, kann aber nichts gegen sie tun. Es tut mir weh dich so zu sehen und ich will so etwas nie wieder erleben. Verzeih mir... Bitte verzeih mir alles was ich dir angetan habe“, sagte er leise und für die anderen unverständlich. Er vergrub seinen Kopf an meinen Hals und in seinen Armen, weil er nicht wollte, dass die Anderen seine Tränen sahen. Ich spürte sie und legte auch meine Arme um ihn, so sehr sie auch schmerzten. Ruhig schloss ich meine Augen und genoss diesen Augenblick.

„Ich verzeihe dir unter einer Bedingung“, sagte ich leise. „Lass endlich von deinen makabren Racheplänen gegen Gott ab. Du siehst wo das hin führt.“ „Ich verspreche es dir“, antwortete er und sah mir in die Augen ehe er mich küsste. Aus dem Hintergrund hörte ich das Entsetzen meiner Familie und Nagas Gelächter. Nach unserem Kuss ließ ich von ihm ab und wandte mich zu meiner Familie. Ihre geschockten Gesichter sprachen Bände.

„Also, mir tun jetzt alle Knochen weh. Pia, komm, wir gehen!“, sagte Naga und schnappte ihre Tochter einfach um zu gehen. Nun, mit ihnen hatte ich sowieso wenig zu tun. Sie würden ihren Weg gehen.

„Ich weiß, ihr seid jetzt schockiert weil ihr die Wahrheit über Luzifer und mich erfahren habt. Ich liebe ihn und war dennoch bereit gegen ihn zu kämpfen. Und ich würde es jederzeit wieder tun – für euch. Meine Freunde, meine Familie... Ich danke euch für euer Vertrauen und für eure Liebe, die ihr mir die letzten acht Jahre gegeben habt.“

Jenn erhob sich und sah blass aus: „Feye! Du bist unsere Freundin. Auch wenn wir uns in letzter Zeit weniger gut verstanden haben! Aber das was du da sagst klingt fast als würdest du jetzt gehen!“ „Ja, da hat Jenn recht!“, sagte Rick. Auch die Anderen stimmten zu, jedoch weniger so laut und offensiv.

„Ihr habt recht. Meine Zeit auf der Erde ist vorbei. Das Gleichgewicht muss wieder hergestellt werden und ich muss zurück in mein, nein, unser Reich und dort regieren und meine Aufgaben erfüllen.“

Alle blickten schockiert auf. Hailey und Oma schlugen sich wieder die Hand vor den Mund und brachen gleich darauf in Tränen aus. Ich lief zu ihnen und umarmte beide.

„Es muss sein“, sagte ich leise.

Ich blickte zu Dad, der gefasster reagierte. Er wusste immerhin bereits von meinem Schicksal. Und ich wusste auch, dass er gleich gehen müsste. Lumen und er waren hier an einem Ort. Sie würde diesen Ort nicht ohne ihn verlassen.

Ruhig lief ich zu Jenn, Maiko und Jayden. Wir alle umarmten uns ein letztes mal mit traurigen Blicken und gesenkten Köpfen. „Ihr wart meine besten Freunde. Euch werde ich niemals vergessen.“

Jenn wischte sich eine Träne von der Wange und verfluchte sich selbst für ihre Schwäche und dass sie nun weinen musste. Auch Maiko, der von Maya Trost gespendet bekam, konnte sich kaum zurückhalten. Unser Schweigen wurde von Lumen unterbrochen, die das Wort ergriff und zu uns kam. Sie nahm meine Hände und lächelte.

„Weißt du noch, was ich dir über die Dunkelheit beigebracht habe, als wir uns das letzte mal sahen?“ „Du sagtest, sie sei nichts Böses und ein starker Verbündeter.“ „Ja. Richtig. Luzifer und seine Tochter haben heute tapfer für das Gute gekämpft und sich mit uns verbündet. Du siehst, wir gehören alle zusammen, egal ob Licht oder Dunkelheit. Egal ob Wasser, Feuer, Erde oder Wind. Ihr alle habt heute euer Bestes gegeben und werdet belohnt mit der Erlösung vor der Angst vor der Zerstörung und den Schmerzen.“

Meine Familie war so hingerissen von ihren Worten, dass ihnen nichts einfiel, das sie sagen könnten. Die Blicke blieben weiterhin auf Lumen haften, als sie vor Luzifer trat und sich vor ihm verneigte.

„Mein ehemaliger König, mein Freund, ich bedaure sehr, was damals geschehen ist und dass es so kommen musste. Leider kann und darf ich dir keine Rückkehr in deine Heimat versprechen, trotz deines Mutes und den Einsatz, den du für die Menschen gegeben hast.“ Er lachte kläglich auf und grinste: „Das hab ich nicht für diese Würmer getan, du doofe Kuh!“ Sie lachte und tätschelte ihn auf die Wange. Dann lief sie zu Reeza.

„Ich freue mich, dass mein Bruder dir etwas über Liebe und Glück beibringen konnte.“ „DEIN BRUDER!?“ Unsere Blicke fielen schlagartig auf Kite, der beschämt lächelte. „Ich muss mir noch überlegen ob ich deine Taten nicht als Grund dich zu verbannen betrachten sollte.“ „Ach Lumen, verbanne mich ruhig. Hauptsache ich kann bei Reeza sein“, entgegnete er ihr frech und ich musste feststellen, dass Engelsgeschwister kaum anders waren als Menschen. Auch sie schienen sich ab und zu aufzuziehen und zu streiten.

Der Moment, vor dem ich mich am meisten fürchtete kam nun. Lumen blickte auf meinen Dad, der ja schon förmlich darauf wartete.

„Wir beide haben ja bereits Bekanntschaft miteinander gemacht.“ „Deine Bekanntschaft bedeutet nur Chaos!“, warf Marisha ein und versteckte sich hinter Rick, als Lumen sie überrascht anguckte. Mir fiel ein, dass ja auch Marisha einen Pakt mit Lumen geschlossen hatte um ihr Leben zu retten und die Gefangenschaft von Forschern zu beenden.

Auch Lumen schien es wieder in Erinnerung getreten zu sein, wovon sie leise kichern musste. Hailey schlang ihre Arme um Dad und warf Lumen giftige Blicke zu.

„Was hast du mit ihm vor, Engel!?“ Dad stand auf und drehte sich zu seiner Frau: „Hailey... Damals, nachdem ich dir sagte, dass ich dich liebe... Nachdem ich wütend davon gelaufen war, weil ich wusste, dass wir niemals glücklich werden könnten in den zwei Jahren die ich noch zu leben hatte... Da erschien Lumen vor mir. Sie bot mir an mein Leben zu verlängern. Mein Leben war für meine Umstände lang und erfüllt...“

Sie griff seine Hände und schüttelte verzweifelt den Kopf, während sie immer wieder nein sagte. Diese Szene nahm uns alle derart mit, dass wir kaum noch hinschauen konnten. Sie war so aufgeregt, dass sie auf die Knie rutschte und bitterlich weinte. Im festen Griff umklammerte sie weiterhin seine Hände.

Auch Oma weinte nun wieder und noch mehr als zuvor. Rick hielt sie in den Armen und versuchte seine eigene Trauer durch Stärke zu ersetzen. Jenn und Jill denen der Atem stockte klammerten sich nun auch an ihren Bruder.

„Lumen!!! Bitte, lass ihn hier!!! Wir brauchen ihn! Was sollen wir ohne Clyde tun!?“ „Es tut mir leid, wenn der Pakt besiegelt ist, dann kann er nicht mehr rückgängig gemacht werden.“ „Ihr müsst mich gehen lassen. Ich habe mich so entschieden...“, sagte Dad ruhig und umarmte alle noch einmal.

„Verabschiedet euch, wir müssen nun los.“ Er küsste Hailey, die zusammenbrach und von ihrer Mutter und ihrem Bruder getröstet wurde. Dann gab er seinen beiden Schwestern jeweils einen Kuss auf die Stirn. Jill, als seine Zwillingsschwester, umarmte er besonders lange.

Auch ihre Knie zitterten und sie musste sich erstmal hinsetzen. Es folgten seine Eltern, denen er auch eine Umarmung schenkte. Rick und Dad umarmten sich wie es für Vater und Sohn typisch war. Oma dagegen bekam auch noch einen Kuss auf die Stirn. Er verabschiedete sich von jedem von ihnen. Shin, als sein bester Freund. Maya, als seine beste Freundin... Und alle zogen lange Gesichter oder kämpften bereits mit den Tränen.

Dann kam er zu mir.

„Ich wusste, dass du das schaffst. Ich habe nie an dir gezweifelt.“ „Oh, Dad! Ich werde dich so vermissen“, sagte ich und stürzte mich in seine Arme.

Lumen hob ihre Hand und Dad fing an golden zu schimmern: „Dein Einsatz war das Leben in der Ewigkeit. Kein Pakt bleibt ohne schmerzhafte Folgen! Die Ewigkeit schmerzt, denn du wirst deine Familie nie wieder sehen, jedoch jeden einzelnen Moment an sie denken.“

„So hübsch und doch so grausam, dieser Engel des Lichts“, sagte Luzifer gelassen und verschränkte die Arme.

Dad, der nun fast durchsichtig schimmerte winkte uns mit seinem typischen und optimistischen Grinsen zu: „Ich liebe euch!“

Dann breitete Lumen ihre riesigen weißen Flügel aus und flog mit Dad als leuchtende Lichtkugel davon.

„Wir müssen auch gehen“, sagte Luzifer leise und betrachtete die Gesichter meiner Familie. „Du hast recht. Wir gehen und versiegeln die Tore zur Erde, damit so ein Monster wie sie hier nie wieder etwas anrichten kann.“

Ich lief noch schnell zu Hailey, die laut und kläglich weinte. Ihre Augen waren bereits rot und angeschwollen, doch sie schaffte es nicht sich zu beruhigen. Tröstend blickte ich ihr ins Gesicht.

„Ich hab dich zwar nie so bezeichnet, aber du warst wie eine Mutter für mich, danke... Mum. Ich werde immer da sein, auch wenn ihr mich nicht mehr sehen könnt. Die Jahre bei euch waren Wunderbar. Sie haben mich zu einem Menschen gemacht. Ich wünsche euch noch viel Erfolg und Glück im Leben. Jetzt müsst ihr zumindest keine Angst mehr vor ihm hier haben, haha.“ „Na das überlege ich mir noch“, sagte Luzifer spöttisch. „Du hast mir dein Wort gegeben!“

Auch mir trauerten sie hinterher als ich mit Luzifer, Reeza und Kite zurück in die Hölle kehrte. Luzifer verschloss das Weltentor und nur er hatte die Macht es wieder zu öffnen. Angst hatte ich jedoch keine.

Ich fühlte mich nicht wie eine Gefangene. Eher hatte ich eine neue Familie gefunden, die meine Alte zwar nicht ersetzen konnte, mir jedoch auch viel Liebe schenken würde.

Reeza ergriff meine Hände. Sie sah glücklich aus. „Willkommen zu Hause! Ich freue mich so, endlich eine Freundin hier zu haben! Hahaha! Und hübsch siehst du aus. Ich sehe dich heute zum ersten mal richtig. Wirklich hübsch. Zu unschuldig für den Mistkerl!“ „Halt die Klappe, Kind! Und Feye ist nicht deine Freundin, sondern deine Stiefmutter!“ „Tzz! Mit Sicherheit werde ich sie nicht so nennen!“ Luzifer grinste sie typisch charmant an, worüber sie sich aufregte und fluchend zu ihrem Freund, Lumens Bruder, lief.

„Kite! Warum sagst du mir eigentlich nicht, dass diese Mega Engelstussi deine Schwester ist!?!“ „Weil es ich es nicht als erwähnenswert empfand.“

Sich künstlich beschwerend schlug sie ihn mehrmals auf den Arm und sie verschwanden in der Festung.

Luzifer und ich waren nun alleine und er blickte zu mir herab.

„Was ein verdammter beschissener Tag. Aber er hatte ja wenigstens etwas gutes. Bist du sehr traurig wegen deiner Familie?“ „Ja, schon... aber ich weiß, dass sie nun außer Gefahr sind. Sie werden sich in ihrem Leben wieder zurechtfinden und den Schmerz verarbeiten. Zeit dazu haben sie ja...“, sagte ich und lachte weil sie immerhin ein ewiges Leben besaßen.

„Ich versuche jetzt meine Trauer zu vergessen und mich an mein neues Leben mit dir zu gewöhnen.“ „An meine Anwesenheit muss man sich nicht gewöhnen, man muss sie genießen“, antwortete er frech und schlang seine Arme um mich, ehe er mich etwas anhob und küsste. Unsere Blicke trafen sich, als ich zu ihm herab blickte und er sah ernst aus.

„Ich liebe dich...“, sagte er. „Ich liebe dich auch.“
 

~ Lumen ~
 

Es war spät in der Nacht und Dunkelheit bedeckte den Himmel des Reiches der Dunkelheit und Elemente. Zum ersten mal erleuchteten Sterne den Himmel dort. Luzifer kam wie verabredet zu mir.

„Was gibt es wichtiges zu besprechen, dass du dich hier her wagst?“, fragte er mich entspannt. „Luzifer, das was heute mit Sacred Feye geschah soll sich nie wieder wiederholen. In keinster Weise.“ „Feye hat sich gut unter Kontrolle.“ „Ich rede nicht von Feye“, sagte ich und guckte ihn ernst an. Er schien zu überlegen und fragte sich offensichtlich wovon ich redete.

„Ich helfe dir auf die Sprünge. Wir waren vier... Du und ich, wir stehen jetzt hier. Sacred Feye ist dem Wahnsinn verfallen. Chamuel... Ich hoffe dir ist nicht entfallen was du ihm angetan hast.“ „Ich habe in Gottes Auftrag gehandelt weil Chamuel sich nicht an die Regeln des Reiches gehalten hatte. Ich habe damit nichts zu tun.“ „Vielleicht sieht er es anders... Wir sollten auf der Hut sein. Er ist irgendwo dort Draußen... Und ich wette er hat dir nicht verziehen und Gott ebenso nicht.“ „Ach, entweder hat er sich selbst um die Ecke gebracht oder er sitzt in einer Ecke und heult, das Weichei. Was soll schon passieren?“

Hoffentlich behielt er recht. Doch ich hatte nicht umsonst die Macht des Schicksals in mir. Ich spürte deutlich, dass etwas ins rollen kam. Der Tag würde kommen, an dem wir unseren vierten Freund wieder sehen würden. Aber nicht so, wie wir ihn kannten.

Ich kehrte zurück in unser Reich, das in dieser Nacht so friedlich schien. Angekommen an meinem Tempel stellte ich mich vor den Glassarg, den ich vor etlichen Jahren selbst erschuf.

Der junge Mann ,der dort drinnen ruhte, sah friedlich aus, ganz anders als zu seinen Lebzeiten. Sanft strich ich mit meinen Händen über das Glas: „Nur Geduld, Elohim, mein geliebter Junge, es dauert nicht mehr lange, bis du wieder frei sein darfst. Was sind schon drei Jahre im Vergleich zu der Ewigkeit“, sagte ich leise und begann ihm ein Lied des Himmels vorzusingen.
 


 

~ Elementary Light & Darkness ~ Ende ~


 


 

Juhuuu!!! Es ist vollbracht x) Findet ihr das Ende unerwartet? Ja, mein Freund hat sich gewundert... Er hatte auch mit etwas Anderem gerechnet. Aber hey! Es gibt ja noch den dritten Teil und ich kann so viel versprechen: Er ist actionreicher, spannender, lustiger und einfach viel toller als die vorigen beiden Teile xD Von daher lohnt es sich jetzt noch schnell zu lesen, was zu lesen ist, oder sich einfach schon auf Kapitel 1 von „Elementary Angels“ zu freuen, das in ca. 30 Tagen erscheinen wird :D Ich wünsche euch viel Spaß und einen angenehmen Juli! Bis dahin! Lg, eure Kiro <3



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  Rakushina
2010-09-06T21:06:00+00:00 06.09.2010 23:06
Ach, Scheiß auf das krafttief, hauptsache etwas mal wieder Q^Q

Als ich den Titel las wusste ich gleich, dass Debbie auftaucht, aber mit Feye ha ich wohl doch nicht gerechnet. Ich hatte sie später erwartet.

Und Maya ist in Clyde verschossen, oder? Ich bin mir sicher, es kommt nämlich so rüber. Und irgendwie kommt es mir vor, als würde Clyder ersuchen sich Hailey schlechtzureden. Einerseits sagt er immer wieder wie naiv und kindlich sie ist, aber dann schwärmt er rum l3

Aber warum war sein Arm plötzlich geschwollen? Nebenwirkungen o.o


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