Sag mir die Wahrheit... von -Alec- ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Wie siehst du denn aus?“ Hotsuma betrat Shuseis Zimmer. Natürlich ohne anzuklopfen. Das hatte er gar nicht nötig. Außerdem musste Shusei immer damit rechnen, dass er ohne zu klopfen in dessen Zimmer kam – Das war eben so. Shusei knöpfte sein Hemd zu und drehte sich zu seinem Partner um. „Ich habe ein Date“, antwortete er nüchtern und beobachtete Hotsumas Reaktion ganz genau. Heute hatte er aus irgendeinem Grund – denn normalerweise war er nicht so – seinen sadistischen Tag. Und obwohl er wusste, dass er für Hotsuma der wichtigste Mensch auf diesem Planeten war, hatte er heute Lust gehabt ihn zu ärgern. Nein, er wusste wirklich nicht, warum. Natürlich hatte er nicht vor, wirklich eine tiefergehende Beziehung mit diesem Mädchen einzugehen. Das durfte er auch gar nicht, nicht auszudenken, wenn sie von seinen Fähigkeiten Wind bekam. Außerdem interessierte sie ihn auch gar nicht. Aber sie hatte ihn gefragt und Shusei war nunmal nicht der Typ, der Frauen einfach stehen ließ, nur weil sie ihn fragten, ob er mit ihnen essen gehen würde. Vielleicht war er manchmal auch einfach zu nett... Hotsumas Reaktion amüsierte ihn. Er versuchte zwar krampfhaft, gleichgültig zu gucken, vergaß dabei aber, dass Shusei ihn einfach zu gut kannte. Hotsumas Gedanken und Gefühle waren für ihn ein offenes Buch, auch wenn er es Hotsuma niemals sagte. Er sollte von selbst auf ihn zukommen, wenn ihm etwas nicht passte. Und so wie Shusei ihn einschätzte, passte ihm diese Neuigkeit ganz und gar nicht. Im Gegenteil, in Hotsuma brodelte es regelrecht. Wirklich amüsant. „Ein Date?“, fragte dieser schließlich. Shusei nickte. „Ja, ein Date. Männlein trifft Weiblein, du weißt ja, wie sowas abläuft.“ Shusei konnte sich ein Grinsen beinahe nicht verkneifen, aber Hotsuma war gerade zu aufgeregt, um das auch nur im Entferntesten mitzubekommen. „Aber... aber... mit wem denn?“ „Sayori-chan. Sie hat gefragt, ob ich nicht mal mit ihr Essen gehen würde. Ist nichts dabei, oder?“ „Aber du kannst doch nicht... ich meine...!!!“ „Ich werd ihr schon nichts über mich erzählen.“ „Das mein ich nicht, ich... ach, vergiss es.“ Hotsuma drehte sich um und ging. Shusei schmunzelte und packte seine Tasche. Er war selbst gespannt, wie lange er noch ernst bleiben konnte. Hotsuma war wütend. Er wusste selber nicht, warum. Shusei ging mit einem Mädchen aus, na und? Warum störte ihn das so? Schlecht gelaunt trat er gegen einen Mülleimer, der es gewagt hatte, sich ihm in den Weg zu stellen. „Was ist denn mit dir los? So aufgeregt warst du ja schon ewig nicht mehr.“ Tsukomo. Na toll! Konnte diese Empathenwurst nicht jemand anderen nerven? Andererseits... vielleicht konnte der ihm ja weiterhelfen. Hotsuma grinste diabolisch. „Tsukomo, ich brauche deine Hilfe.“ Tsukomo sah ihn fragend an, während er seine Cracker mit einem Vogel teilte, der auf seine Schulter geflattert war. „Du musst mir sagen, wo Shusei ist.“ „Ha? Hat er dir das nicht gesagt?“ „Nein. Er hat ein Date und ich will wissen, was er da macht.“ „Weißt du... eigentlich interessiert mich das nicht.“ „Mich aber, du Trottel!“ „Also so schonmal gar nicht. Und sei etwas leiser, du erschreckst die Tiere...“ Gnah. Tsukomo machte ihn wahnsinnig. Wie konnte jemand so... SO sein? Das war nicht zum Aushalten! „Ach komm schon! Vielleicht ist sein Date von einem Duras besessen! Kannst du das wirklich mit deinem Gewissen vereinbaren?“ Tsukomo seufzte. Er hielt Hotsumas Panik für ein klein wenig übertrieben... Es war doch nur ein Date, oder? Allerdings würde Hotsuma ihn sowieso so lange nerven, bis er sein okay gab, also kürzte er das Ganze etwas ab, damit er seine Ruhe hatte. „Komm mit. Und wenn Shusei fragt, ich bin nur unter höchstem Protest und Androhung von Folter mitgekommen, verstanden?“ Hotsuma nickte. Ihm war es egal, was Tsukomo sich für eine Ausrede einfallen ließ, er wollte nur wissen, wo Shusei sich aufhielt. Tsukomo führte ihn in ein kleines Restaurant. Hotsuma sah Shusei sofort, sah aber nur kurz zu ihm, damit der nicht merkte, dass er hier war. Shusei saß an einem Zweiertisch mit einem – zugegeben sehr nett aussehendem – Mädchen und unterhielt sich mit ihr. Hotsuma ballte die Fäuste und griff nach Tsukomo, der im Begriff war, wieder zu gehen. „Was denn? Ich hab dich hergebracht, ist meine Arbeit jetzt nicht erledigt?“ „Komm, wir essen was.“ Tsukomo schüttelte den Kopf, ging aber hinter Hotsuma her, der sich einen Tisch aussuchte, von dem aus er Shusei beobachten konnte, ohne, dass er sie selbst sehen konnte. Toll, waren sie neuerdings Stalker oder was? Warum ging Hotsuma nicht zu Shusei, wo es ihm doch offensichtlich nicht passte, dass sein Partner ein Date hatte? Normalerweise teilte Hotsuma schließlich immer seine Ansichten mit, egal, ob er Menschen damit vor den Kopf stieß oder nicht. Sie bestellten sich am Ende doch nur etwas zum Trinken. „Und jetzt?“, fragte Tsukomo leise. „Pscht! Sonst hör ich nichts!“ Tsukomo zuckte die Schultern und nuckelte an seiner Cola. Sollte der Spinner doch machen, was er wollte. Hotsuma konnte seine Augen nicht von Shusei lösen. Warum sah der bitte so gut gelaunt aus? Hatte er das Mädchen gerade etwa mit seinem strahlendsten Lächeln angelächelt? Und das, wo er in seiner, Hotsumas Gegenwart neuerdings immer deprimiert wirkte? Warum schaffte diese Göre es, Shusei zum Lachen zu bringen? Es machte Hotsuma wahnsinnig, dass er nicht verstand, was bei den beiden gerade so witzig war. Lachten sie womöglich über ihn? Nein, das würde Shusei nicht bringen, da war er sich sicher. Aber warum sah er dann so glücklich aus? War Shusei etwa froh, dass er seine Zeit mal nicht mit ihm verbringen musste? Hotsuma war gerade dabei, eine Serviette in ihre Einzelteile zu zerlegen, als Shusei den Kellner nach der Rechnung fragte. In Hotsuma brodelte es. Hatte dieses Weibstück etwa kein eigenes Geld zum bezahlen? Tsukomo versuchte, ihn abzulenken, aber Hotsuma war gerade überhaupt nicht in Stimmung, sich Geschichten über Tiere anzuhören. Oder über Yuki. Oder über die Tatsache, dass Yuki gut mit Tieren auskam. Er wollte eigentlich nur aufstehen und Shusei fragen, wann er angefangen hatte, sich in seiner Gegenwart unwohl zu fühlen. Er spürte, dass er beinahe den Tisch in Brand setzte, als Shusei aufstand und diesem Mädchen die Jacke umlegte, konnte einen verheerenden Restaurantbrand aber so gerade eben noch verhindern... gut, die Tischdecke kokelte etwas vor sich hin – dann war eben die nicht vorhandene Kerze umgefallen. Als Shusei samt Begleitung das Lokal verlassen hatte, sprang Hotsuma auf und lief den beiden hinterher. Tsukomo blieb zurück. Super, Hotsuma kam auf dumme Schnapsideen und er musste die Zeche zahlen... das Geld würde er sich definitiv wiederholen. Shusei lief alleine die Straße hinab. Er hatte Sayori nach Hause gebracht und war nun selbst auf dem Heimweg. Vor der Barriere zu ihrem Gebiet blieb er stehen und drehte sich um. „Hotsuma!“ Er hatte seinen Partner schon im Restaurant bemerkt und auch die Tatsache, dass er ihn schon seit einer halben Stunde verfolgte und sich immer in den Häuserecken versteckt hatte, war von ihm nicht unbemerkt geblieben. Allerdings hatte er damit auch gerechnet, alleine schon, weil er Hotsuma nicht gesagt hatte, wo er sich mit Sayori treffen wollte. Hotsuma tat ihm immerhin den Gefallen, sich zu erschrecken und schuldbewusst auszusehen. „Du hast mich verfolgt.“ Shusei formulierte den Satz ganz bewusst nicht als Frage. „Ähmm...“ Am liebsten hätte Shusei gelacht. Es war faszinierend, wie schnell man Hotsuma aus dem Konzept bringen konnte. „Tut mit Leid“, sagte Hotsuma schließlich gepresst. Shusei lächelte. Er war nicht mal wirklich sauer, aber dennoch... seine sadistische Ader war heute wirklich extrem ausgeprägt. „Warum hast du das gemacht?“, fragte er, wohlwissend, dass Hotsuma deswegen noch mehr vor sich hinstottern würde. Hotsuma schluckte. „Weil... ähm... du hättest in Gefahr sein können... und...“ „Hotsuma... Sei bitte einmal ehrlich, warum hast du mich wirklich verfolgt?“ Er beobachtete die Reaktionen seines Partner genau. In dessen Gesicht spiegelten sich Panik, Verwirrung und vielleicht auch ein bisschen Angst wider. Ob es Hotsuma gar nicht bewusst war, warum er ihn verfolgt hatte? Shusei hatte beinahe Mitleid mit ihm, aber das durfte er nicht zeigen. Nicht, wenn er wollte, dass Hotsuma einmal ehrlich zu ihm war und nicht versuchte, den großen Macho zu machen, der alles mit dahergelaufener Lockerheit abtat. „Ich...“, setzte Hotsuma an, „Ich hab den Gedanken nicht ertragen, dass du wirklich Interesse an diesem Mädchen haben könntest“, erklärte er, schaffte es dabei aber nicht, Shusei in die Augen zu sehen. Aber das machte diesem auch nichts aus. Er kam einen Schritt näher, nahm Hotsumas Gesicht in seine Hände und zwang ihn so, ihm in die Augen zu sehen. „War das jetzt so schwer?“, fragte er, platzierte einen sanften Kuss auf Hotsumas Mund, ließ diesen los und verschwand hinter der Barriere. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)