Moon and the Memories von Kiru (Wer verwaltet seinen Nachlass - seine Lover? Seine Freunde? Oder alle zusammen?) ================================================================================ and to the end. --------------- Kapiteltitel: ein Lied von –OZ– ♥ Wörterzahl: 3.404 Beta'd: zufriedenstellend & zufriedengestellt von (Danke, dass du bis zum Ende durchgehalten hast!) Rating: PG |-|=|-| „Um das noch mal klar zu kriegen – du hast dich jetzt ernsthaft, mit voller Absicht und durchaus mit einigen Hintergedanken mit diesem Kerl verabredet?“, fragte Hakuei mit hochgezogenen Augenbrauen und ungläubiger Stimme und sah zu dem Weißhaarigen neben sich. „Genau“, nickte Kaya mit einem Lächeln. „Aber sag es nicht so, als hätte ich ihn dazu gedrängt – er hat mich überredet.“ „Ich glaube nicht, dass du dabei vollkommen unschuldig warst“, gab der Sänger trocken zurück. „Es wirkte, als wärst du ihm am liebsten gleich auf den Arm gesprungen.“ Kaya kicherte leise. „Er gefällt mir. Gut, ein bisschen mag ich vielleicht geflirtet haben, aber eigentlich kam das meiste von ihm aus.“ „Ich bin immer noch der Meinung, dass du dich nicht mit solchen Typen einlassen solltest“, beharrte Hakuei auf seinem Standpunkt. „Er ist Yakuza. Du weißt nicht, womit er sich sonst sein Geld verdient, er kann schon Menschen umgebracht haben, außerdem ist er ein Dealer. Er ist kriminell, um alles in der Welt!“ „Das ist doch spannend! Das ist doch genau das, was mir so an ihm gefällt. Aber dabei ist er nicht so... stillos, so roh. Er hat irgendetwas an sich. Ich kann es dir nicht erklären, ich bezweifle, dass du es verstehen würdest.“ „Nein, das würde ich wahrscheinlich wirklich nicht.“ „Er hat ein niedliches Lächeln. Und er wirkt wie jemand, der zwar eigentlich sehr brutal und draufgängerisch ist, aber wenn er etwas gefunden hat, das er beschützen will, wird er unheimlich fürsorglich und lieb. Ich wäre froh, wenn ich diese Seite an ihm zum Vorschein bringen könnte, und es scheint, als würde es mir gelingen. Wenn ich ihn näher kennen würde, dann könnte ich vielleicht sogar versuchen, ihn wieder zurück auf die legale Seite des Gesetzes zu bringen. Dann hätte ich auch ein Ziel!“ Kaya wirkte vollends begeistert. „Du hast recht, ich verstehe es ganz ehrlich nicht. Du willst also versuchen, ihm das Yakuzasein auszutreiben, wenn du ihn dir gekrallt hast? Und du meinst, das funktioniert?“ „Ich hoffe es. Ich kenne ihn natürlich noch nicht allzu gut, aber einen Versuch ist es doch wert.“ „Und es ist dir vollkommen egal, dass er ein Yakuza ist?!“ „Bei ihm schon“, antwortete Kaya aufrichtig und lächelte. „Natürlich kann sich meine Meinung noch ändern.“ „Ich verstehe dich nicht! Sonst gehst du lieber auf Nummer sicher, und jetzt willst du dich in eine Romanze mit einem Kriminellen stürzen! Glaubst du nicht, dass das auch für dich gefährlich werden könnte??“ „Doch, das ist mir schon bewusst. Aber mein Leben war bis vor Kurzem so unspektakulär...“ „Und wenn er dich nun stattdessen mit auf die schiefe Bahn bringt?“ „Dann-“ Kaya hielt inne und musterte den Fahrer neben sich erstaunt. „Sag mal, weshalb regst du dich eigentlich gerade so sehr auf? Ich meine – ohne das böse zu meinen, wirklich –, ich bin doch alt genug, dass ich mir meine Partner selbst aussuchen kann, oder nicht? Und so sehr es mich auch freut, dass du dich um mich sorgst, dein Gefühlsausbruch geht über gut gemeinte Sorge hinaus.“ Hakuei war einen sehr langen Augenblick still. „Ich mach mir wirklich nur Sorgen um dich. Und die ganzen Ereignisse haben mich, glaube ich, ziemlich mitgenommen. Ich meine... Jetzt haben wir nicht nur erfahren, dass Lay mit Drogen gedealt hat, sondern auch, dass er außer Kamijo und Juka noch jemand anderes hatte... Ich muss wahrscheinlich nur eine Nacht darüber schlafen.“ „Das heißt, du lässt deine Überforderung gerade an mir aus?“, schlussfolgerte Kaya mit sanfter Stimme. „Nein! Das meinte ich nicht...“ „Was denn dann?“ „Ich weiß es nicht! Ich weiß es wirklich nicht!“ Aber irgendetwas stört dich ganz offensichtlich an der Tatsache, dass Kaya sich mit einem anderen trifft, dachte Kamijo und musste lächeln, ehe er seine Lippen zum x-ten Mal für Jukas Zunge öffnete und den anderen etwas enger an sich drückte. Der Blonde hatte sich extra in die Mitte gesetzt, um näher bei ihm zu sein. „Ich meine nur... warum ausgerechnet er?“, fuhr Hakuei fort. Als würde das irgendetwas besser machen, meinte Kamijo innerlich und schadenfroh, Du weißt genau wie wir alle hier, dass es dich bei jedem anderen genauso sehr stören würde. Kurz löste er sich von dem Blonden neben sich, um einzuwerfen: „Weil Taka sexy ist. Im Gegensatz zu dir.“ „Das habe ich nicht gesagt!“, protestierte Kaya auf der Stelle. „Also ist Haku auch sexy?“, fragte der Braunhaarige interessiert. „Das habe ich auch nicht gesagt“, gab Kaya zurück und lief rot an. „Findest du ihn denn sexy?“ „Na ja...“ Der Angesprochene warf kurz einen Blick auf Hakueis Körper neben sich. „Warum fragst du ihn dann nicht, ob er mit dir ausgeht?“ „Weil er nicht an Männern interessiert ist, ganz einfach, ich habe damit schon genug schlechte Erfahrungen gemacht“, erwiderte Kaya brüsk. „Ach so. Na dann...“ Kamijo ließ im Raum stehen, was er damit meinte, und wandte sich wieder seinem Nebenmann zu. Bitteschön, sprach er Hakuei in Gedanken an, Jetzt ist es an dir – die Fronten sind geklärt. Kneifst du? „Seid ihr beiden da hinten eigentlich mal langsam fertig?“, meldete der Sänger sich zu Wort, leicht genervt klingend. Kamijo ließ wieder für einen Augenblick von Juka ab, womit der allerdings nicht zufrieden war und weiter am Hals des anderen knabberte. „Mach, was du willst, Haku, aber bitte – lass deinen Frust nicht an uns aus, ja? Freu dich doch einfach mit uns und sei optimistisch.“ „Das muss ich mir von dir nicht sagen lassen“, entgegnete der Schwarzhaarige finster. „Du hättest da gerade eben rechts abbiegen müssen“, bemerkte Juka kleinlaut. Begleitet von einem mehrfarbigen Fluch, der ihm einen empörten Blick von Kaya einbrachte, wendete Hakuei und stand nach kurzer Zeit endlich vor Kamijos Haus. „Da. Bitteschön.“ „Danke.“ Kamijo lächelte und lehnte sich ein wenig vor. „Haku? Dienstag?“ Der Sänger runzelte leicht die Stirn. „Mittwoch?“, fragte er. Kamijo schaute den Blonden neben sich an. „Mittwoch?“, wiederholte er. Juka nickte. „Mittwoch, Kaya?“ Der Angesprochene schürzte für einen Augenblick die Lippen, um nachzudenken. „Ja, kein Problem!“, antwortete er dann. „Alles klar. Ich ruf euch an. Kurz scheint das Leben dem Glücklichen, doch wer im Elend, dem scheint selbst eine Nacht unendlich lange zu währen“, fügte der Schauspieler noch hinzu und klopfte Hakuei kurz auf die Schulter, ehe er Juka an der Hand mit sich zog. Sie waren nicht einmal an der Haustür angekommen, da hatten ihre Lippen schon wieder zueinander gefunden, sie zogen sich an wie zwei Magneten, hatten beide das Gefühl. Kamijo fummelte ein wenig mit dem Schlüssel herum, sie stolperten in die Wohnung und schlossen die Tür wieder hinter sich. Anschließend schlang der Braunhaarige seine Arme um den anderen und drückte ihn fest an sich. „Juka, ich glaube, ich habe mich in dich verliebt“, wisperte er dem Blonden ins Ohr. „Und zwar ziemlich heftig. Ich will dich nicht hergeben, ich will, dass du mir gehörst, aber ich habe Angst, dich zu erdrücken. Ich will dich beschützen und dafür sorgen, dass du wieder einen Sinn in deinem Leben siehst, aber ich habe Angst, dass ich das nicht schaffe...“ „Das hast du schon“, gab Juka leise zurück. „Am Anfang hast du so unnahbar gewirkt, so, als würdest du über uns allen stehen, als wären wir nicht auf einer Stufe mit dir... aber an dem Tag, an dem ich... du weißt schon. Da bist du eine Stufe zu uns runtergekommen. Und jetzt stehen wir zusammen auf einer. Oder so. Und ich will nicht, dass du wieder nach oben gehst. Weißt du, an dem Tag... da hatte es alles wirklich keinen Sinn mehr für mich. Ich hab da oben gestanden und mich gefragt, wie es wohl wäre, fliegen zu können, ohne sich über die Folgen Sorgen machen zu müssen. Und dann hast du meinen Namen gesagt und sahst so verloren aus, dass ich angefangen hab zu zweifeln. Was hätte ich zum Beispiel gedacht, wenn... Hakuei sich umgebracht hätte? Ich hätte mich furchtbar gefühlt, weil ich ihm nicht helfen konnte. Und... das wollte ich dir nicht antun. Und dann hab ich noch gedacht, ob du vielleicht nicht nur gerade so Tränen in den Augen hast, sondern dass du wirklich nicht willst, dass ich springe, und da wollte ich mir noch eine Chance geben. Ich hätte mich vor der Beerdigung umbringen müssen, da hatte ich keinen, den ich mit meinem Tod unglücklich gemacht hätte. Aber so...“ „Oh mein Gott, Juka...“ Kamijo schüttelte den Kopf und biss sich fest auf die Lippe, um seine Tränen zurückzuhalten. „Mach so was nicht noch mal. Versprich es mir. Versprich es mir ehrlich, dass du so was nie wieder machst...“ „Ich versprech’s dir.“ Der Blonde lehnte sich etwas zurück und schenkte Kamijo ein Lächeln. „Ich versprech’s dir wirklich.“ Und schon lagen ihre Lippen wieder aufeinander. Kamijo schlug die Augen auf. Sein Zimmer war hell, die Decke über ihm ebenfalls, er fühlte sich ausgeschlafen und dennoch angenehm erschöpft, Jukas regelmäßiger Atem beruhigte ihn. Das hier müsste eigentlich das Happy End sein, dachte er bei sich, Hier könnte es aufhören. Er lag da, blinzelte immer mal wieder, zog den Blonden neben sich näher an sich heran und versuchte, nicht an das zu denken, was sich ihm die ganze Zeit aufzudrängen versuchte. Er drehte den Kopf zur Seite, musterte Jukas friedliches Engelsgesicht und fragte sich ‚Warum eigentlich nicht?’. Und dann ließ er es zu. ‚Yo. Lust auf ein bisschen Gesellschaft? Und wenn’s nur für die Nacht ist?’ ‚Seh ich aus, als würde ich mich für halbstarke Jugendliche interessieren?’ ‚Man weiß ja nie. Die komischsten Leute interessieren sich für mich. Ich hatte schon einen Schlagzeuger, einen Maurer und einen begeisterten Leserbriefschreiber. Was bist du?’ ‚Schauspieler.’ ‚Du würdest dich gut in meiner Sammlung machen. Willst du’s nicht vielleicht doch mal ausprobieren? Erotik ist Überwindung von Hindernissen. Das verlockendste und populärste Hindernis ist die Moral.’ ‚Wenn ich ehrlich sein soll – auf mich wirkst du nicht wie ein ganz normaler Stricher...’ ‚Schon Erfahrung, hm? Aber du hast schon Recht, eigentlich studiere ich noch.’ ‚Aufschlussreich zu sehen, mit was die Jugend sich heute ihr Studium finanziert.’ ‚Deshalb geh ich nicht auf den Strich.’ ‚Ah?’ ‚Nervenkitzel. Ich will alles mal ausprobiert haben. Drogen und diesen ganzen Mist hab ich hinter mir, jetzt widme ich mich anderen Dingen.’ ‚Und du meinst, dass man seinen Körper unbedingt einmal verkauft haben muss?’ ‚Nein, das denke ich nicht. Aber ich wollte mal ausprobieren, wie es ist. Ich bin allerdings noch recht vorsichtig, ich nehm nicht jeden, ich hab einen bestimmten Preis und Absicherungen und so weiter – ans richtig harte Geschäft traue ich mich nicht ran.’ ‚Sollte ich mich jetzt geschmeichelt fühlen, dass du ausgerechnet mich angesprochen hast?’ ‚Solltest du durchaus, ja. Du gefällst mir und das will was heißen. Und wer weiß, vielleicht wirst du ja mein „Stammkunde“, wenn du verstehst, was ich meine... Dann würde ich auch mit dem Ganzen hier aufhören. Auf Dauer ist es nämlich echt anstrengend – aber ich wollte mir noch ein paar Nächte geben, um eventuell jemanden zu finden, mit dem ich zusammen sein kann. Vielleicht bist du ja der, nach dem ich gesucht habe.’ ‚Wir werden sehen.’ ‚Das heißt, du lässt dich auf mich ein? Gute Wahl, sag ich dir, gute Wahl...’ ... ... ... ... ‚Wenn ich dir jetzt das sage, was ich vorhatte, dir zu sagen, und was auch eigentlich die Wahrheit wäre, dann würdest du es als Anlass nehmen, dich noch toller zu finden, deshalb schluck ich es runter und versuch, es zu ignorieren.’ ‚Was?’ ‚Ich liebe dich.’ ‚..... Was?’ ‚Sag ich ja – tief in deinem Inneren belächelst du mich müde und fügst mich einer Liste hinzu, von Leuten, die sich in deine wunderbare Erscheinung verliebt haben, die du mit deinen falschen blauen Augen hattest blenden können, die von dir überwältigt waren, die dich nur so gesehen haben, wie du sie hattest sehen lassen... Aber ich sag’s dir: Mich kannst du nicht täuschen. Ich kann an der Schale vorbei sehen, ich sehe, dass du von Grund auf verdorben bist. Und ich liebe dich dafür. Du wirst wenige Menschen treffen, die so über dich denken.’ ‚Ich...’ ‚Und jetzt weißt du nicht, was du sagen sollst, nicht wahr?’ ‚Genau.... Ich kann dich nicht lieben. Nicht so. Du bist... ich weiß nicht. Ich kann es nicht.’ ‚Ich weiß. Und dafür liebe ich dich auch.’ ‚Ich...’ ‚Sieh’s ein: Du kannst mich nicht verscheuchen. Im Gegenteil. Ich will mit dir durchbrennen.’ ‚Was??’ ‚Ich mein’s ernst. Ich schmeiß alles. Ich will mit dir zusammen sein, ich will mit dir irgendwohin durchbrennen, wo uns keiner kennt.’ ‚Das kann ich nicht. Ich...’ ‚Ich weiß. Das weiß ich auch. Es war auch keine Aufforderung, sondern ein Wunsch. Aber du kannst und willst ihn mir nicht erfüllen. Deshalb werde ich wohl alleine abhauen.’ ‚Du...’ Kamijo hatte nicht einmal bemerkt, dass er angefangen hatte zu weinen oder dass Juka aufgewacht war oder dass er es gewusst hatte. Der Blonde betrachtete ihn vollends besorgt, hatte ihn offensichtlich bereits mehrere Male angesprochen und wischte ihm vorsichtig die Tränen von den Wangen. „Rede mit mir“, murmelte der andere leise. „Bitte...“ „Ich liebe dich“, wisperte der Braunhaarige zurück und schlang seine Arme um Juka, klammerte sich beinahe an ihm fest. „Ich dich auch, Kamijo. Ich dich auch.“ „Schade, dass Kaya heute nicht kommen konnte“, seufzte Kamijo in einem bedauernden Tonfall und warf Hakuei einen Blick zu. „Aber offensichtlich war ihm sein drittes Date mit Taka wichtiger...“ „Ja, scheint so“, gab der Sänger knapp zurück und zündete sich eine Zigarette an. Sie saßen zu zweit in seinem Wohnzimmer, hatten sich bis vor Kurzem lange über Lay unterhalten und Erinnerungen ausgetauscht. „Aber über den Grund, aus dem Juka nicht hier sein kann, sollten wir uns freuen“, fügte der Braunhaarige noch lächelnd hinzu. „Noch mal danke, dass du ihm diesen Job besorgt hast.“ Hakuei zuckte mit den Achseln. „Kein Thema. Wir können sowieso immer noch Stylisten gebrauchen, und Juka hat gute Ideen. Außerdem ist er jung, das ist nie ein Nachteil. Und bei euch läuft alles gut?“ Kamijo nickte. „Tut es, ja. Es geht ihm auf jeden Fall besser, er wirkt glücklich. Ich bin so froh, dass er... dass er noch lebt. Er hat mir versprochen, dass er... es nie wieder versuchen wird, und so gutmütig, wie er ist, hat er das hundertprozentig ernst gemeint.“ „Das ist schön.“ „Und was ist mit dir und Kaya?“, warf der Schauspieler betont beiläufig in den Raum. Hakuei verzog keine Miene. „Was soll mit uns sein?“ „Ach... ich meine nur, dass es dich merklich gestört hat, dass Kaya sich mit diesem Typen verabredet hat.“ Er widerstand dem Drang, gelangweilt seine Fingernägel zu begutachten. „Wie ich da schon betont habe – ich habe mir Sorgen um ihn gemacht. Ich meine – er ist ein Yakuza!“ „Natürlich. Wer hätte sich da keine Sorgen gemacht?“, bemerkte Kamijo verständnisvoll nickend. „Du, zum Beispiel. Du und Juka, ihr habt nicht gewirkt, als würde es euch groß stören“, entgegnete der Schwarzhaarige leicht gereizt. „Warum wirst du eigentlich gleich immer so offensiv, wenn man dich auf Kaya anspricht?“, wollte Kamijo wissen und hob erstaunt die Augenbrauen. „Ist er etwa dein wunder Punkt?“ „Warum sollte er?“ „Und warum antwortest du auf Fragen häufig mit Gegenfragen?“ „Weil ich deine Fragen überflüssig und nicht berechtigt finde, deshalb muss ich dir auch keine Antwort geben.“ „MIR musst du die Antworten auch nicht geben, es reicht, wenn du sie dir selbst gibst.“ Der Braunhaarige lächelte leicht. Manchmal hatte er das Gefühl, dass das wahre Leben auch ein Theaterstück war. Die Reaktionen konnten vorhersehbar oder unerwartet sein, aber meistens wusste er, in welche Richtung es gehen würde. Manchmal konnte man Menschen manipulieren, als würde man auf einem Instrument spielen, manchmal überraschten sie einen so mit ihren Gefühlsausbrüchen, dass man nur noch reagieren konnte, ohne nachzudenken. „Hör mir mal zu, Kamijo. Wir kennen uns jetzt ein paar Wochen, okay. Wir haben einige Sachen gemeinsam durchgestanden, wir haben uns gegenseitig geholfen, wir haben Zeit miteinander verbracht und wir sind durch Lay sowieso verbunden. Aber das gibt dir nicht das Recht, dich auf diese Weise in mein Leben einzumischen.“ Ja, das kannte er auch. Als-ich-dich-noch-brauchte-warst-du-ganz-hilfreich-aber-jetzt-verschwinde-endlich. „Du stehst auf ihn, oder?“ Hakuei schwieg. „Hättest du einen Ton Kaya gegenüber gesagt, dann hätte er sich sofort mit dir eingelassen. Also, warum hast du nichts-“ „Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du nicht Gott bist? Dass du keine Gedanken und noch weniger in den Gefühlen anderer Leute lesen kannst? Das magst du dir einbilden, bitteschön, da kann dich keiner aufhalten, aber dann behalte es doch bitte für dich. Ich habe kein solches Interesse an Kaya, und er auch nicht an mir. Und selbst wenn, dann würden wir das Ganze schon alleine hinbekommen, ohne, dass du uns irgendwie verkuppeln musst.“ „Warum bezeichnest du mich eigentlich ständig – offen oder unterschwellig – als arrogant?“ „Vielleicht weil du’s bist – hast du dir darüber schon mal Gedanken gemacht?“ „Arroganz ist die Perücke geistiger Kahlheit – ich finde nicht, dass ich eine Perücke brauche.“ Kamijo lächelte wieder. „Aber so leid es mir auch tut, ich muss jetzt leider schon gehen. Ich hab mich mit Juka für die Mittagspause verabredet.“ „Mach ihn nicht unglücklich.“ „Werde ich nicht.“ |-|=|-| Das nächste Mal treffen sie sich auf einer weiteren Beerdigung. Er schaut sich das Spektakel an, mustert die trauernden Gesichter und freut sich. Es ist pure Schadenfreude, warum, das kann er selbst nicht so genau sagen. So ist er einfach – selbst jetzt noch. Er findet es allerdings schade, dass es Kaya getroffen hat. Er hat es eigentlich nicht verdient, er war lieb und nett – obwohl er ihm die gleiche Antwort auf seine Frage gegeben hat wie die anderen drei. Bei Kamijo hat er es voraussehen können, bei Hakuei hat er es geahnt, bei Kaya war es lediglich eine Interessensfrage und bei Juka hat es ihn ehrlich überrascht. Ihn hat er als letztes gefragt, aber auch seine Antwort war dieselbe wie die der anderen. Er hat darauf gewettet, dass Juka als nächster dran ist – es war auf jeden Fall am wahrscheinlichsten. Schließlich hat er sich ausgerechnet auf Kamijo eingelassen, den egozentrischen, nichts-auf-die-Reihe-bekommenden und genusssüchtigen Kamijo, der nur das Theater mehr liebt als sich selbst. Er hat gewettet, dass Kamijo den Blonden enttäuscht, ihn schwer innerlich verletzt und der andere sich doch umbringt. Es hat ihn überrascht zu sehen, dass sie nur wenige und auch nur kleinere Streits erlebten, aber offenbar hat Kamijo sich wirklich verändert – wenigstens Juka gegenüber. Er trinkt nicht mehr so viel. Rauchen tut er zwar immer noch, aber er isst regelmäßig, säuft sich nicht mehr in den Schlaf und hat etwas, für das es sich zu leben lohnt neben seinem Job. Wahrscheinlich hält er Juka für ein kleines Vögelchen, das er gefunden hat und nun versorgt. Die Frage ist allerdings – was tut er, wenn das Vögelchen beschließt, das Nest zu verlassen? Nein, das wird nicht passieren. Juka wird ein Vögelchen bleiben, bis ans Ende seines Lebens. Das macht ihn so liebenswert, und es macht ihn gleichzeitig so verletzlich. Er und Kamijo sind händchenhaltend bei der Bestattung aufgetaucht, haben angemessen getrauert und einige der Gäste kennen gelernt. Hakuei geht zur Beerdigung und anschließend gleich nach Hause. Es bereitet ihm sichtlich Unbehagen, sich in Kamijos und Jukas Gegenwart zu befinden, gegen Juka hat er nichts, aber zwischen ihm und Kamijo sind gewisse Spannungen. Es ist, als würde er denken, dass seine Präsenz bei dieser Veranstaltung Beweis genug für sein Interesse für Kaya ist. Und dabei war Kaya ja nur einer unter drei – Hakuei hat auf sie alle ein bisschen gestanden. Auf Kaya, weil er eben Kaya war, auf Kamijo, weil er so selbstbewusst war, dass man ihm am liebsten eine scheuern würde, und Juka, weil er so hilflos war. Er hat Hakuei nicht komplett dazu gebracht, auf Männer zu stehen, aber er hat gute Arbeit geleistet, findet er. Es ist niedlich mit anzusehen, wie der Sänger sich einreden muss, dass er gerade eine neue Freundin gefunden hat. Sie wird ihn nicht glücklich machen. Sie ist zu einfältig, zu ungebildet, zu blond für ihn. Juka ist auch blond, aber er hat noch Moralvorstellungen. Er fühlt sich gut, während er drei Menschen beobachtet, die er gut kennt, von denen er immer mehr kennen gelernt hat, von denen er unheimlich viel weiß. Sie interagieren miteinander, aber sie kennen sich nicht so gut wie er sie. Er möchte ihnen mitteilen, dass er sie alle geliebt hat, auf seine Weise. Aber er hat sein eigenes Theaterstück inszeniert, hat sein eigenes geschrieben, hat es in die Wege geleitet und beobachtet. Er ist ein Zuschauer, und die drei, vormals vier, sind seine Schauspieler. Seine ganz persönlichen. Er wartet auf den Tag, an dem er sie wiedersieht, an dem er ihnen sagen kann, was das Ganze soll. Auf Kaya muss er nicht mehr warten. |-|=|-| the end. A/N: Geschafft. Was sagt ihr? Ist es ein angemessenes Ende oder zu fröhlich/traurig? Ich hoffe, es wird klar, dass eine Geschichte nicht 'einfach zuende geht'. Mir hat das Schreiben sehr viel Freude bereitet, hoffentlich war das Leseerlebnis genauso =) Auch an euch danke, dass ihr es bis zum Ende geschafft habt! Mein ganz besonderer Dank gilt vor allem (die sich durch die ersten Kapitel durchgebissen hat) - danke für alle Ratschläge und fürs beta'n! Wo wär ich ohne dich Und dann noch ein großes Danke an , , und , die ihr auch bis zum Schluss durchgehalten und kommentiert habt! ^^ [shameless self-plug]Wenn's euch gefallen habt, lest doch auch meine anderen FFs |D[/shameless self-plug] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)