Vergessen zu vergessen von abgemeldet (ReitaxAoi) ================================================================================ Kapitel 1: Vergessen zu vergessen --------------------------------- Kommentar: Hallo. Um es nochmal klar zu stellen: Unerreicht und Kunstblut sind MEINE Fanfictions. Das hier ist ein Oneshot für jemanden, den ich wirklich sehr lieb gewonnen habe. Disclaimer: Keiner der hier aufgeführten und missbrauchten Charaktere gehört mir, nur die Idee ist meine eigene und der ganz okaye Schreibstil. Pairing: ReitaxAoi Dedication: Dedication goes to~ Rei-! Der Oneshot liegt mir sehr am Herzen, weil es zwar eine Liebesgeschichte ist, aber die Freundschaft, die Uruha und Aoi zelebrieren ist mir wichtig und das Uruha andere Gefühle entwickelt hat nichts mit mir zu tun, sondern es ist einfach so gekommen. Vielleicht, weil ich Uruha so mag. Achso, ja... Widmung. Ich kann nicht so für dich da sein, wie ich es gerne hätte. Das wäre wirklich ideal, wenn du mir erlaubst, für dich da zu sein, aber an dir ist es noch nie wirklich gescheitert. Das weiß ich. Ich hab dich wirklich unheimlich lieb und bin froh, dich als Freundin bezeichnen zu dürfen! Du warst sooft geduldig mit mir, dafür möchte ich dir danken und ich habe ihn zu der Zeit geschrieben, in der es dir sehr schlecht ging. Als dein Leben ein Chaos war. Weil ich nicht für dich da sein konnte, will ich dir mit diesem Oneshot helfen. Du bedeutest mir viel, genauso wie jeder einzelne meiner Freunde auch. So. und jetzt wird der Oneshot gelesen! Vergessen zu vergessen Phantomgedanken waren vor ihm auf der Flucht. Nicht mal er konnte durch seine Gedanken starren, so unklar und unvollendet waren sie. Gedanken die durch Türen waberten und nichts hinterließen, außer Gedankenmüll. Zerstörten und konstruierten. Strähnen fielen ihm ins blasse, mit blutunterlaufenden Augen geschminkte Gesicht. Ein Lächeln fiel hinunter und wurde im verfilzten Teppich aufgesogen. Der Gitarrist starrte in die grüne Flüssigkeit, seine Hände zitterten merklich. "Was willst du noch von mir?", schleuderte der Schwarzhaarige mit einer solchen Monotonie heraus, dass es den Bassisten regelrecht erschaudern ließ und legte seine Hände langsam auf den Oberschenkel des Schwarzhaarigen. Entsetzten in den braunen Augen des Gitarristen, ob dieser gefühlten Emotionsvergewaltigung. Er wollte ihn berühren doch das war alles zu viel, viel zu explosiv. Aoi versuchte sich mit der rechten Hand eine Distanz zu ihm zu schaffen, während die linke Hand eine Faust schaffte,- als Filter für unausgesprochenen Hass- der eigentlich sein Gesicht bewohnen sollte, aber nur auf den neben stehenden Tisch knallte. Plektrums, Saitenstimmer, heißer Tee auf schmerzenden Oberschenkeln. Von Aoi. Dieser schaute trübe, machte böse Miene zum guten Spiel. "Es tut mir leid, dass ich dich betrogen...-" Bestandlos. Resistent. Prallte auf Ignorierungsgeträller. "Ich will dein fadscheiniges Entschuldigungsgewimmer nicht mehr hören! Ich wäre damit klar gekommen, wenn du mir einmal fremd gegenangen wärst. Aber du hast mich zweimal betrogen. Seelisch und körperlich. Ich habe selbst gehört, dass du ihm eine Liebeserklärung ins Ohr gestöhnt hast! Also komm nicht mit der verfickten Scheiße an, dass du mich noch lieben würdest! Deine Pseudoromantik hilft dir bei mir nicht mehr.", sprach der Verletzte und in seinen Augen funkelte reine Provokation der polarisierenden Art. Aoi gefiel sich in der Rolle des freudig drauf los stichelnden und war somit ein besserer Mensch als Reita. Wehmütig senkte der Jüngere den Kopf, sagte nichts mehr, sondern schwieg nur. Trank Kaffee, rauchte seine Filterzigaretten. "Also... liebst du mich nicht mehr?" Was für eine monströs dämliche Frage, so war sie doch völlig überflüssig. Der Schwarzhaarige fühlte nichts und sagte: "Es gab mal eine Zeit in der ich dich einfach nur im Arm halten wollte. Aber ich fühle nichts mehr." Drei Wochen. Drei Wochen, in denen nichts geschah außer Routinemenschen, schallendes Gelächter, hinreißende Arbeit und noch mehr dahin geraffter Schlaf. Das Leben konnte sich auf Aoi stürzen wie eine ausgehungerte Riesenschlange. Verschlingen. Knochen brechen. Und dann verballkackend so tun, als wäre weniger als ein Nichts gewesen und mit leisen Schritten und stolpernder Stimme schleichte es sich weiter, wohin auch immer, aber ohne Licht, nur in Dunkelheit. Das alte, subtile Leben. "Ruki! Hilf mir mal mit den Kartons.", forderte Aoi den blonden Sänger auf und ließ ein ungeduldiges Knurren verlauten. "Ich bin ja schon da...", nuschelte Ruki in seinen Wollkragenpullover herein und bekam vom Gitarristen das gnädige Geschenk, Uruhas verdammte Sake, Sekt und Billigkorn Bestellung in den Proberaum zu schleppen. "Warum macht dieser Sklaventreiber das eigentlich nicht selbst?", murrte der Sänger trotzig im Kleinkinddialekt daher. Hätte man ihm in ein Teddybäroutfit gesteckt, wäre sein Ego maximal dezimiert. Noch ein passender Schnuller dazu und er würde seine gottverdammte Fresse halten. Abspannmusik in Aois Kopf. Schön. "Weil Uruha sich das Bein verstaucht hat und schlecht mit seinen Krücken hierher humpeln kann." "Aha." Die soziale Sportlichkeit der beiden zahlte sich aus, indem Uruha ein Sympathiegrinsen lächelte und die Kisten freudig aufriss. Ruki hatte unterdessen begonnen, planlos im Kreis herum zu laufen und hatte begonnen sich über Uruhas starken Alkoholkonsum zu echauffieren. Reita war ins verzerrte Bild des fröhlichen Uruhas getreten, berührte zufällig dessen Hand und grinste ihn über beide Wangen selten dämlich an. Es wollte nicht in seinen Kopf, pure Eifersucht schlich sich durch alle Poren und Aoi glich einem Individuum aus Schmach. Aoi kam sich dumm und fett vor, fühlte sich alleingelassen. Tausend Warums drangen nicht zu seinen Gehirnwindungen vor und stachen fast schon wie ein Schwarm voller Mücken in seine Brust ein unf sein ganzer Körper blieb im Widerstand, Enttäuschung vermochten dampfend und zischend aus seinen Adern zu dringen. "Bist du eifersüchtig?" Aoi irritierte sich selbst, Schatten vor Eniedrigung und Demütigung tanzten in seinen Augen, wenngleich ein Grinsen seine Lippen strapazierte und dieses animierte nicht zum mitmachen. "Du weißt doch warum. Also frag nicht so unwissend Takanori." Seine Stimme klang trotzig, fast wie ein Vorwurf. "Was hälst du von mir? Ich habe nicht das Taktgefühl eines toten Tiers. Möchtest du darüber reden?" Der Schwarzhaarige fand sich bescheuert in der Rolle des Opfers, deshalb fiel nur ein kraftloses Nicken von seinen Schultern und er folgte dem Sänger wortlos nach draußen. Sensibler Regen. Es prasselte, als ob ihn jemand zur Eile trieb, taktlos dreschte er auf die Häuser der lautlosen Stadt ein, doch schien die Nässe auf Aois Schultern zu verdunsten. Es gab keine fluroreszierende Ampel, kein Kinderlachen, kein Geräusch, keine Farbe. Grau in Grau. Der Rauch von Rukis Zigarette kreiste um die Atmosphäre wie das leidige Thema in seinem Herzen, haftete sich klangheimlich an diese Unbehaglichkeit. "Alles was ich je von Akira gedacht habe war falsch." Der Jüngere starrte ihn an, versuchte die Stärke in Aois Gesicht wiederzufinden, die seinen Blick so widerstandsfähig machte, doch jetzt erinnerten sie ihn an nackte Ekstase. "Was willst du dagegen tun? Du bist single. Er ist single. Alles was ihr miteinander geteilt habt, ist hinfällig. Du kannst ihm nicht verbieten, weiterhin seinen Spaß zu haben. Ich stehe auf keiner Seite sondern ich bin neutral. Auch wenn ich dir nicht die erhofften Worte entgegen bringen kann, so ist es. Alles was war, ist Vergangenheit. Das spielt keine Rolle mehr. Für dich, nicht für ihn." Stich. Aoi brauchte nur drei Minuten, auch wenn ihm die Zeit viel länger vorkam. Zeit, in der er seine Sinne durch die Trauer waten ließ und er fiel für eine Sekunde in devoter Schwäche zurück. Hinfällig. Die Augen, auch jetzt vermied er es, Ruki direkt in die Augen zu schauen. Reita hatte ihn gewollt, hatte sich auf eine Zukunft gefreut, nicht zwanghaft einen Bindungstermin errechnet, aber alle Liebe eingestellt. "Takanori?" "Ja?" "Es ist nur... Ich fühle mich so verarscht." "Ich weiß. Reita nimmt sich was er will. Aber das macht ihm nicht zu einem schlechten Menschen. Es ist seine Lebensweise die man respektieren sollte. Das du auf ihn herein gefallen bist ist schmerzhaft, aber relevant dafür, dass du ein starker Mann bist. Wenn man ein starkes Gefühl fühlt, sollte man es auch nach allen Möglichkeiten hin ausleben. Sonst wird man nur noch trauriger. Und ich will dich nicht traurig sehen, Yuu." Eine Drehung und ein paar Schritte auf Takanori zu war Aoi schon in einer Umarmung gefangen. Nicht eine, die um Mitleid kicherte. Sondern eine die, die Aufforderung, er solle sich seine Gefühle nicht verbieten. Tränen. Durchsichtig und unscheinbar schlängelten sie sich über die Wangen des Gitarristen und zerprallten auf dem Boden. In der Nässe der Lautlosigkeit blieb sie unentdeckt, die hoffnungsvolle Träne. Aoi zog Kreise mit dem linken Fuß und seine Zähne knabberten ungeduldig am Radiergummi herum. Fast schon hungrig hielten sie sich daran fest. Der Schwarzhaarige radierte, tauchte unter in Radiergummifetzen und unausgebrütete Ideen lagen unter Tischen, in Mülleimern. Er wollte etwas schreiben. Lyrik. Für die Band. Der Schwarzhaarige wusste, dass er Ruki schlecht übertrumpfen konnte, das war auch nicht seine Absicht. Er wollte fühlen. Durch diese Worte. Kartzender Bleistift, beschwangen mit neuen Worten, die sich nicht so recht aus seinem Herzen verziehen und auf dieses Blatt fallen wollten. Der Gitarrist seufzte verloren, drehte die Digitaluhr zwischen seinen Fingern hin und her - wollte den roten Ziffern nicht glauben. Sechs Uhr. Selbst nach Tagen taten sich immer mehr gemütliche Verausgabungen in Gefilden seines Charakters auf, die er gar nicht ergründen wollte. Tagen, in denen er sich in die Arbeit stürzte und intensiv verendete. In Einsamkeit? In Wut? In Enttäuschung? Klarheit war für ihn nicht mehr greifbar. Wie viele Tage es waren, wollte er nicht wissen. Es war auch völlig bescheuert die Tage zu zählen, in denen er nichts geben konnte außer Schweiß, Blut und Tränen. Trotzdem wob sich ein starkes Netz von dominanter Distanz um ihn, schirmte ihn ab für den Rest der Welt. Mit kaputten Vorderzähnen lächelte sie ihn an, die verquerte Welt. Geschrieben, Getextet, komponiert und Teile von Kais Aufgaben hatte er übernommen und sich zum Gipfel der Erschöpfung hin gearbeitet. Genau das war er, total erschöpft, wenngleich er sich lieber die Zunge abgebissen hätte, als irgendetwas verlauten zu lassen. " Aoi?" Angesprochener schreckte auf und fast wäre der Bleistift aus seinen Händen geglitten. Uruha. Er stand nur da. Lächelte dieses undurchsichtige Sympathiegrinsen. Der Schwarzhaarige griente verbittert, bekam Bauchschmerzen von dieser Scheißsympathie und vor unausgesprochener Abneigung. Es war wie Magnetismus. Zwei Pole, die sich abstießen. Die Selbstverwaltung von Aois Gedanken litt unter dieser plakativen Grundstimmung. Uruha legte seine Sweatshirtjacke auf den Stuhl, dicht gefolgt ob der stechenden Augen des Schwarzhaarigen. Der Honigblonde trat näher, legte eine Hand auf Aois Schulter. Empathiegesocks und Ejakulat aus gepresstem Mitleid plumpste aus den Augen des Jüngeren. Schulterklopfen tat mehr weh als Fressehauen. "Aoi... Ich muss mit dir reden." "Ich habe zwei gesunde Ohren. Also erzähl." "Du hast seit Wochen nichts mehr gemacht, außer gearbeitet. Das ist objektiv gesehen auch richtig so und lukrativ für uns als Band. Aber für mich als Freund ist es schmerzhaft und es macht mich traurig. Selbst in deinen freien Monat im Jahr arbeitest du hinein, kennst kein Schlafen mehr, kein Essen mehr und auch keine Kontaktpflege mehr. Ich mache mir Sorgen um dich und möchte dich etwas mit einer Bitte aufheitern." Der Schwarzhaarige schaute auf, frontal in Uruhas Augen. Seine Augen starrten gleichzeitig befriedigt und flehend. Aoi seufzte. "Gut, lass hören." "Ich dachte das dir Ablenkung tut täte. Und da dachte ich mir... Du kennst doch den Privatstrand meiner Mutter mitsamt Apartment, oder?" Bescheuerte Frage. Bescheuerte Antwort. "Klar." "Ich habe jedes Jahr jemanden aus der Band mitgenommen, nur dich noch nicht. Ich dachte mir einfach ein bisschen frische Luft würde dir gut tun." Gott! Dieser Mann kleckste Marmelade in die offene Wunde seines Herzens und schlug die Köpfe seiner Antipathie einfach so ab. That's Uruha, baby. Das Geräusch das die abwartende Haltung Uruhas zwischen seinen Augen machte, ekelte ihn massiv an. Tat es aber nicht. Realität hatte das letzte bisschen Eifersucht einfach aufgegessen und schon verdaut. Aoi nickte nur schwach. "Aber wehe deine Eltern statten uns einen Besuch ab! Ich möchte deine Familie nicht kennenlernen, so gut befreundet sind wir auch wieder nicht." "Ist gut." Uruha lachte. Das Lachen seines Freundes hickste sich wie kleine Glückstropfen in Aois Verstand. Widerstand zwecklos. "Woah, was ist das schön hier!" Der Schwarzhaarige wurde sogleich von einer Wärme und Behaglichkeit ummantelt, fast schon so wie Reita als er Aois Kopf auf den Bauch legte, sodass er ihn in seine Arme schließen und Aoi ihn spüren konnte. Stich. Hier draußen schien die Sonne wie damals. "Lass uns die Sonne genießen, die klare Luft und das Rauschen des Meeres.", flüsterte Uruha daher und lächelte dieses Lächeln, dass ihn stark an eine Katze erinnern ließ. Dieser nahm Aoi den Koffer ab und stiefelte prophylaktisch zum Apartment. Dabei hinterließ er Spuren im heißen Sand und der Schwarzhaarige seufzte, inhalierte die Meeresluft - als gäbe es in seinen Lungen nicht mehr genug Sauerstoff - und pustete sie nebst geformten Schrei wieder hinaus. Probleme starben klangheimlich und der Kummer in seinem Herzen klang gähnend ab - ein emanzipiertes Debüt zurück ins Leben. Aoi lächelte, legte sein Ohr an den warmen Sand und konnte das rauschende Meer nicht nur hören, sondern intensiv riechen. Eine salzige Briese Freiheit klopfte an seine Nasenwände und feuerte auf seiner Zunge einen erleichterten Seufzer ab. "Vielleicht kann ich dich auch irgendwann vergessen. Aber ich habe vergessen zu vergessen. Vielleicht kann ich dir verzeihen. Es stünde zuviel auf dem Spiel und... ich werde die Würfel kein zweites Mal rollen." Braune Augen flogen über das klare, aderblaue Meer wie zwei Vögel die sich in der Mitte des Horizonts trafen. In der Mitte des Spätsommers hatte Uruha einen Bernstein ausgegraben, funkelnd reflektierte dieser versnobte Stein die Gelassenheit, die seinen Verstand rotieren ließ und alles schien ihm so fern. "Yuu! Zieh deine Sachen aus und lass dich ins Wasser fallen!", rief Uruha grinsend, rannte an ihm vorbei und seine Leichtigkeit sprang auf Aoi über, zog ihn magnetisch an, stieß ihn ein bisschen ab, nur, um sein T-Shirt über den Kopf zu stülpen und den Jüngeren lauthals schreiend unter Wasser zu drücken. "Weißt du eigentlich, dass du gut mit Worten umgehen kannst?", fragte der Schwarzhaarige zögerlich, als Uruha glucksend aufgetaucht und sich von Aois dominanten Griff befreit hatte. "Ich denke, was ich sage. Aber gleichzeitig sage ich auch, was ich denke. Egal wie verquert das nun klingen mag, aber du bist nicht der Einzige, der Songtexte schreiben kann." Kalte Nässe. Warme Geborgenheit traf die Mitte seines Gesichts so unbekümmert, dass der Schwarzhaarige eine Liebenswürdigkeit zelebrierte, dass ihn wieder grinsen ließ. "Uruha, du bist einzigartig.", lachte Aoi leise. Eklatanter Rotschimmer expandierte sich in zärtlicher Befangenheit auf Uruhas Wangen, wurde aber nicht vom Älteren fixiert, fiel nichtssagend unter den Tisch. "Ich bin froh, dass du mitgekommen bist.", lispelte Uruha fast schon ein wenig heiser. Zeit verging, Zeit verkam und nach zwei Samstagen taten sich Gefilde auf, die Wochen autonom am Zeitzoll vorbei schleusten, wissend, dass alles so verboten war. Aoi hatte seine Bettdecke fest um seinen bebenden Körper geschlungen, konnte und wollte nichts verweigern, Uruha nicht die Freude nehmen und doch zelebrierte er genau das. Der Schwarzhaarige umklammerte die glühende Zigarette so fest, dass sie allmählich in seinen Händen zu bröckeln drohte. Asche fiel auf die nackte Haut seines Oberkörpers, aber diese Glut war jämmerlich, nur ein Kitzeln. Sein Herz loderte, aber nicht vor Freude, sondern vor unteraphierbarer Sehnsucht. "Gott, Aoi. Was machst du da?" Uruhas Stimme, so stoisch und so besorgt, aber er kratzte lediglich an Aois Wahrnehmungskraft. Verquert und verzerrt dieser Zustand, der ein endloses Fallen bedeutete. Durch ein Universum voller blauer Finsternis, blöder, Fresse hauender Einsamkeit. Arme schlossen sich um ihn. Sorgsam. Uruha redete, sprach die Worte der Einfachheit halber und verlockte den Älteren zum Aufheulen. "Du hast diesen Kampf nicht allein zu bestreiten. Fahr nicht immer deine Krallen aus und weise die Menschen ab, denen du lieb und teuer bist. Geh ruhig zu Boden. Selbst dann werde ich bei dir sein.", frohlockte Uruha fast schon mütterlich und schlich sich in sein Herz. Uruha war da, Uruha war hier. Wann war Reita jemals für ihn da gewesen? Tränen, so klein, durchsichtig und unscheinbar sie auch waren, ebenso leichtsinnig atmend wurden sie ignoriert, als übertrieben abgeschrieben und regierte dort droben seine Egowelt, der Reita. Ganz egal, wie tief Aoi auch gefallen war, hatte der Blonde seine Position ums verrecken nicht geändert. "Hör auf zu heulen, Aoi. Du bist ein Mann. Männer heulen nicht.", suggerierte Reita augenverdrehend und trank bitter schmeckenden Kaffee, rauchte stillschweigend seine beschissenen Filterzigaretten. Die Tränen des Älteren verebbten nicht, wollten nicht von der Personality Show ablassen, denen diese sterbende Liebe zuweil nicht abließ. "Aber... Ich weine wegen dir.", stotterte er. Reita hatte nur gelacht, sein Blick verlief zwischen Sportartikel und Witzen. Nur war das nicht lustig, sondern listig. " Du bist eine Heulsuse. Ich hab mir keinen Kerl gesucht, um weiterhin von nem Emotionscocktail zu nippen, das kotzt mich an. Du bist doch sonst nicht so." Leichte Schritte plumpsten trampelnd in seine Egowiese ein, riss die letzte Nelke aus dem kahlen Boden und sähte neues, beschissenes Unkraut. Wind verwehte die Worte, die nicht mehr in ein Machohirn zu etablieren waren. Was er Beziehung nannte, war doch ewig auf der Flucht vor ihm. Irgendwo hatte er sich vergessen, zwischen aufkeimender Wut und glühendem Zorn hatte Aoi sich einfach stehengelassen, während er gelaufen war - hinter ihm her. Wie ein altes Telefon klingelten die ureigensten Erinnerungen und zitierten seine Gefühle - zerissen, nervtötend und laut. " Ich komme mir so dämlich vor... Kouyou." Angesprochener beugte sich ein bisschen vor, hauchte einen stillen Kuss wider der Unverständnis auf seine Haare und es ging ihm schlagartig gut. Der Jüngere hielt ihn nicht für weinerlich, die Freundschaftsquittung mit Rabatt. " Du fühlst gerade. Aber hör auf an diesen Idioten zu denken, nun bist du bei mir und ich schwöre dir, ich werde dich wieder zum lächeln bringen.", flüsterte der Andere, wenngleich diese Worte, so zart und fein in sein Bewusstsein eindrangen wie eine schreiende Begrüßung. Fast wie ein schreiendes Neugeborenes. Müdigkeit spazierte durch seine Netzhaut und winkte kurz, aber Aoi sog Uruhas Duft nach Hoffnung ein. Aoi begann zu leuchten, dass ausgelaugte Leben in ihm griente zufrieden. "Wieso hab ich mich damals nicht in dich verliebt? Reita ist kein schlechter Mensch, aber er hat sich so stark verändert...", nuschelte der Schwarzhaarige schlaftrunken. Vermengende Seufzer wehte in geformten, lauen Wind über die Zenerie und irgendwo summte nervtötend die Pein aus kindlicher Verzweiflung und gerissenem Seelenstrip. Es tat doch so weh. " Das frage ich mich auch..." Uruha seufzte. Unglücklich. Aoi stand zu zweit, es gab zwei Menschen. Ab und zu gesellte sich die Melancholie in die Fallgrube seines löchrigen Selbstwertgefühls, aber der Blonde brauchte nur zu lächeln, so friedlich und gelassen, und der Schwarzhaarige fragte sich mehr und mehr, wie er denn nur den erneuten Fehler machen konnte, sich auf jemanden einzulassen, den er wirklich liebte? Das Desaster war eine Metzgerei der Herzen. Uruha brauchte nichts sagen und nichts tun, sondern er war bei ihm. Eine Hornisse, die sich summend in sein Leben gesellt hatte - wollte er auch nicht mehr missen. "Yuu, du hast Eiscreme an der Nase.", meinte Uruha hämisch grinsend, ganz sicher lachte er sich krumm über das Bild, dass sich ihn gar nicht verpixelt und voll in Farbe bot. Aoi grummelte spielerisch, wandte dem Anderen den Rücken zu. Eine Woche voller Schicksalhaftigkeit, nicht immer lustig, aber kein Muster aus purer Enttäuschung wollte aufkommen, war vergangen. Die Woche voller Lachen. Nie wurde ihm etwas zu viel. Uruha strahlte, als er sich über den Schwarzhaarigen beugte und ihm einen Kuss gab. Uruha. So zart, so weich, so liebevoll. Bitte was?! "Was ist denn? Das war doch nur ein Bussi!", lachte der Jüngere. Wie konnte er so dominant, ausgelaugt und zugleich so schüchtern wirken? Er saß da, auf dem blauen Handtuch das sie unter einer Palme ausgebreitet hatten und horchte auf, als der Wellengang an Intensität gewann. Ein nasses, blaues Gewitter donnerte auf Uruhas Herzlichkeit ein. "Schau, du grinst wieder!" Der Schwarzhaarige strich sich über die Lippen. Das berührte Fleisch brannte wie ein ganzes Brennesselfeld. Er tat sich selbst leid. "Aber damit du nicht wieder Trübsal bläst, habe ich dir eine kleine Überraschung gemacht." Uruha sagte, Uruha zog ihn auf die Beine und Aoi folgte ihm. Wie ein Hündchen, aber so aufgeregt und unwissend wie ein Kleinkind. Als wüsste er die Umrisse dieser dekadenten Welt nicht, als müsse er alles mit seinen Händen erkunden und begreifen. Der Ältere spürte den heißen Sand unter seinen nackten Füßen, aber ihm war auch so gehörig warm. Uruha umklammerte eisern seine Hand, wollte sie anscheinend nicht loslassen, aus dem Instinkt herraus, dass Aoi ohne diesen Halt endlos fallen würde. Aoi fiel nicht. Selbst nicht, als der blonde Bassist so dezimiert und kühl mitten im Raum stand, doch für den Schwarzhaarigen füllte dieser Mensch die gesamte Aura des Ferienhauses aus. Etwas zerbrach derweil in ihm, seine gepflegte Gesundheitsnelke verwelkte rasant und so aprubt, dass Aoi auf ihn zulief und ihm in die Arme fiel. Tageslicht war keine Lüge, nach einem Monat, den er im Keller gelebt hatte. " Es tut mir so leid...", fiepste Reita und degradierte sich selbst von der Ratte zum leisen Mäuschen. Zarte Worte, an dem Ort, wo Herzenkrieg die Erde aufgrubd und man darunter keinen Strand, sondern weitere Leichen fand. Aoi trug ein Massengrab im Herzen, damit war er nicht allein, so war er nicht einsam. Zerknittert von der Zeit, weil Reita ihm niemals ein Bügeleisen gewesen war, war der Bassist genauso störend wie eine Sachbearbeiterin vom Amt. Hatte Hass. Im Halbdunkeln war auch die Helligkeit halbiert. Lieblich schwelgte er in gemeinsamen Erinnerungen, der Aoi. War das, das Ziel? Reita und Aoi waren verliebt ineinander gewesen, produzierten Kooperation ein Gefühl, dass sich wie Kopfoperation anfühlte. Aoi fiel langsam, auch wenn er schon längst am Abgrund tand. Verständnis war vorbei, hippieartige Toleranz konnte sich dieser Möchtegern Punk in den Enddarm schieben, zugehörig zu ihm war dieser blonde Kerl nicht mehr. Der Schwarzhaarige löste sich - Sekundenbruchteile Lächeln. Es rastete nur kurz das Gehirn aus, das Herz spendete hüpfenden Applaus. Die Unerkenntnis in Gestalt einer Zweierbeziehung. Das machte Aoi fertig und große Löcher in sein Bewusstsein. Lebendigkeit im Kummerkasten. Er schaute Reita an, als sei dieser ein überquellender Briefkasten voller Mahnungen und Beschwerden der Einsamkeit, der eingebüßten Lebhaftigkeit. Alles immer ins verseuche Herz des Schwarzhaarigen. Aoi erschrak. Sein schwarzer Pullover saugte Tränen auf. Er stieß Reita sanft von sich und schaute ihm in die verquollenen, rotgeheulten Augen und trat in eine erbärmliche Stimmung. Reita weinte. "Ich kann dir nur sagen, dass es mir unheimlich leid tut. Ich weiß nicht, was ich noch sagen soll. Außer, dass ich ein totales Arschloch war." "Korrekt", nickte Aoi. "Ich wollte dich nie verletzen, weißt du...ich würde es gern nochmal versuchen. Ich liebe dich so sehr, leider habe ich das zu spät begriffen. Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf. "Du hast mich zu sehr verletzt, hast sogar Hand an Uruha angelegt. Er ist mein bester Freund, das wusstest du. Aber du... hast meine Gefühle schamlos ausgenutzt. Die Reue kommt zu spät." Er machte alles falsch. Mal wieder. Aber da kamen Erinnerungen, vermehrten sich im Kopf. Der Gitarisst saß auf seinem Standpunkt, der noch in minimalen Nuancen nach... dem anderen Gitarristen roch. Sie aßen, rissen die Zweisamkeit an sich und verdauten sie auf nimmerwiedersehen. Aoi provozierte das Drama, focht das Feuer der Tragödie an. "Wirklich?", fragte Reita. Angesprochener nickte, tränenlos, während sich seine Augen mit diesem Wasser füllten, an dem Menschen erblinden konnten. Aoi stand nur da und guckte, zog an dem Motivationsschub, während der Bassist keine Luft mehr bekam. Der Schwarzhaarige fühlte einen Dreck für ihn. " Aber... Aber.. Wir sind noch Freunde, oder?" " Wenn du mein Vertrauen nicht missbrauchst, könntest du sogar mein zweiter, bester Freund werden.", grinste Aoi. Es kam eine Stille geflogen, so leise und paradox, dass sich die Luft in zwei Teile zerteilte. Alles schien nur noch Zeitlupe und Aois Blick verdrehte sich, betrunkene, geschwängerte Erbärmlichkeit. Aoi ging. Die Tür fiel ins Schloss und bestätigte sein Dahinschleichen. Sein Wegflattern. Aoi war wie ein Flugblatt, schwerstens beschriftet mit guten Worten, die von Liebe und Hoffnung auf kuschelige Zukunft handelten. In Reitas Kopf tanzten Tränen. Benetzten seine Wangen. Der Männerstolz war futsch, machte platsch und zerschellte am Boden der Tatsachen - Aoi war weg. Er ging einen Weg, der nicht seiner war. Den Weg weg in Unbestimmtheit. Mariuhana machte ihn für gewöhnlich stark, Nikotin vertrieb das entsetzliche Espenlaubzittern als Aoi nicht in stummen Morgenstunden bei ihm war. Es gab nur weitere Tage, mindestens zehn Fragen ohne Antwort und irgendwann hieß es : » Scheiße, dein bester Freund hilft dir und du nimmst sie jetzt an!« Der Bassist sprintete wie ein Marathonläufer nach draußen, lief auf den Älteren zu und beschlagnahmte so dreist wie er war den Sitz seiner Seele, küsste ihn vor nasser Sehnsucht den letzten Kummer weg. Aoi musste kein Sieger sein um zu verzeihen, denn am Ende der Mauer stand ein perfekter Reita an irgendeinem zugemüllten, zugepissten, bemalten Bahnhof und hatte keinen ach so perfekten Rosenstrauß in der Hand, sondern ein Gemälde des Abfahrtsschmerzes. Hochgeschwindigkeitsgedanken entschwanden gen Horizont und Aoi krallte sich an schlecht gefplegter Liebe fest. Die Serenade No. 10. Aoi schlang die Arme um Reita, spielte mit seinen blondierten Haaren und engelsgleich kurbelte Uruha das Fenster hinunter. Er hatte genug gesehen, die Linie zum personifizierten Selbstmord war hauchdünn. Sein Schritt, die Tür in Richtung Reita. Uruhas Blick flog noch im Himmel umher und malte gemeinsam mit Aois Duft ein Gemälde in die Atmosphäre, das zu Begreifen über seinen Verstand hinausging. Schönheit verloren, Sentimentalität aufgegeben, kein Zurück. Es war aus. Uruhas Bewusstsein schrie auf vor Schmerz und war so schwer wie Blei, so müde, will sich zum Schlafen hilegen, war aber so wach wie nach einem Proteinshake. Uruha schlang die Arme fest um sich, sagte sich selbst, es werde wieder gut, sang den Zynikerblues vom Fallenlassen und Verlassenwerden. Der Hoffnungsschimmer hielt ihn fest. So schwach Uruha auch war, auf seinen Lippen stand ein einsames Lächeln. Er lächelte voller Scheinheiligkeit. Uruha so jubelnd, so fröhlich, so liebevoll. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)