electric feel von kiks (rose & scorpius) ================================================================================ Kapitel 9: nichts zu verlieren ------------------------------ »Bell«, sagte der Weasley laut und kam schnell auf sie zu. Leslie verdrehte die Augen und legte einen Arm um Cathlen, die schon wieder dieses wissende Lächeln aufgesetzt hatte. Sein Freund war zu einem der Trottel geworden, die der Sklaventreiberin Gryffindors verfallen waren. Dabei war er neben ihm selbst immer derjenige gewesen, der gesagt hatte, dass Bell gar nicht so bezaubernd war, wie alle sagten. Eben jene wandte Hugo nun gelangweilt den Kopf zu. »Ich hab da vielleicht eine Strategie für das nächste Quidditchspiel«, meinte er und der Blick der Blonden wurde interessierter. Es war das perfekte Schauspiel, welches man nicht durchschauen konnte, wenn man nicht eingeweiht war. Leslie wusste, dass sie nun mit seinem besten Freund in irgendeiner geheimen Ecke verschwinden würde um ›Pläne zu besprechen‹. Tatsächlich deutete die junge Frau dem Fünftklässler an, ihr in einen Seitengang zu folgen. »Lass mal hören, Weasley«, war das letzte, was der Quidditchspieler von seinen Teamkollegen hörte, ehe sie hinter einer Geheimtür verschwanden. Sie bog in einen Gang ein und im nächsten Moment hatte sie eine Tür geöffnet. »Strategien sollte man doch nicht vor dem Feind besprechen«, meinte Theresa und lächelte den Jüngeren süffisant an. Er erwiderte das Lächeln kurz, ehe er mit ihr zusammen in den kleinen Raum trat. »Du kennst wohl jeden Geheimgang Hogwarts', nicht wahr?«, fragte er, als sie ihren Umhang auszog und über einen kleinen Stuhl hing. »Ich war mal James Potters rechte Hand, da muss man alle Geheimgänge kennen«, murmelte sie und schon hatte sie ihn zu sich gezogen und ihre Lippen auf seine gelegt. Dieses Spiel spielten sie nun schon seitdem er sie am ersten Tag der Ferien zur Rede gestellt und klargestellt hatte, dass er sie, wenn es sein musste, auch nur im Geheimen küssen würde. Einzig und allein Gryffindors Hüter Leslie Grey und ihre beste Freundin Cathlen Brooks - die ironischer Weise ein Paar waren - wussten darüber Bescheid und während sein Freund nur die Augen verdrehte, wenn Hugo von ihr sprach, schien die andere Gryffindor das Versteckspiel absolut niedlich zu finden. Sie trafen sich also heimlich nachts und verschwanden manchmal tagsüber in irgendwelchen Geheimgängen, während sie so taten, als würden sie über Quidditch sprechen. Dabei lagen ihre Lippen immer sofort auf seinen und er konnte nicht gerade sagen, dass er abgeneigt davon war. Je öfter er in den Genuss ihres Geschmacks kam, umso angenehmer wurde auch ihre Gesellschaft. Sie unterhielten sich meistens stundenlang über Quidditch, ihre Familien, oder einfach nur über Schüler und Lehrer, die sie nervten - und davon gab es ja allein in Ravenclaw genug. »Die Karte des Rumtreibers«, sagte er andächtig, als sie sich voneinander lösten. »Wunderwerk der Technik«, antwortete sie schlicht und ließ sich auf eine schmale Couch fallen. Sein Onkel hatte ihm oft von der Karte erzählt und dass sie äußerst vorteilhaft war, wenn man sich aus dem Schloss schleichen wollte. Leider aber hatte seine Mutter ihm verboten sie auch nur anzusehen und James selbst musste sie vom Schreibtisch seines Vaters klauen. Er seufzte angestrengt. »Was ist los?«, fragte die Blonde und kaute an einem Lakritz-Zauberstab herum. Hugo ließ sich neben ihr nieder und legte einen Arm um sie. »Wie kannst du nur ständig essen?«, erwiderte er und sie lachte leise. »Es ist lecker«, murmelte Theresa und steckte ihm einen der süßen Zauberstäbe in den Mund. »Schon, aber du isst das Zeug dauernd. Wenn du nicht so quidditchverrückt wärst, würdest du vermutlich schon durch die Gegend rollen.« Sie legte ihren Kopf schief und hob eine Augenbraue. »Dann hab ich ja dem Sport mehr als nur deine reizende Anwesenheit zu verdanken«, neckte sie und er schnitt eine Grimasse, ehe er sich zu ihr lehnte und ihr einen Kuss aufdrückte. »Ich bin mal so frei und sag, ich bin froh, dass du nicht dauernd mit Sirupbonbons rumrennst. Die sind beim Küssen echt die Hölle«, sagte er angewidert und die Bell lachte wieder. Er hatte sie nie für einen Mensch gehalten, der so fröhlich und ausgelassen sein konnte, doch scheinbar war die Sklaventreiber-Persönlichkeit wahrhaft nur eine Fassade. »Ob du es glaubst oder nicht, aber du hast recht«, meinte sie und hatte dabei erneut einen höhnischen Tonfall aufgesetzt. »Sehr nett, danke«, antwortete der Weasley und zog sie zu sich. Ihre Gesellschaft war angenehm entspannend und nicht so bedrückend wie die von Lily und auch nicht so anstrengend, wie sie es in der letzten Zeit mit Louis gewesen war. Wahrscheinlich lag das daran, dass sie sich einfach nur belanglos küssten und sich nebenbei wie Freunde unterhielten. Hugo war es nur recht, dass sie keine Klette war, die gleich alles, was man zusammen tat, definieren musste und keine zehn Minuten still sitzen konnte. Er genoss ihre Ruhe, so wie er ihre gemeinsame Zeit genoss. Denn wenn man sich auf nichts Festes einließ, konnte man schließlich auch nichts verlieren. - Rose trank das Glas mit dem heißen Alkohol in einem Zug runter, sodass Albus begeistert in die Hände klatschte. »Wow, manchmal vergesse ich wirklich, dass du neben deiner Unschuldsmiene auch noch mehr kannst«, sagte er und die Rothaarige lachte erheitert. Sie hatten beide schon einiges getrunken, dennoch konnte man sagen, dass Albus sich das weniger anmerken ließ, während seine Cousine in einem Zustand war, in dem sie alles furchtbar komisch fand. »Soll ich dir ein echt witziges Geheimnis verraten?«, fragte sie dann und wedelte mit ihrem Glas vor seinem Gesicht herum. Der Potter nahm es ihr ab und goss etwas Feuerwhiskey hinein. »Klar, schieß los«, meinte er schließlich und trank sogleich aus der Flasche. »Ich schätze, ich liebe Scorpius, aber so richtig«, sagte sie ehrlich und betrachtete die Flüssigkeit genau. »Das wusste ich schon«, antwortete der Schwarzhaarige und lachte. »Ich nicht. Ich kann ihn eigentlich nicht ausstehen, habe keine Ahnung und wieso ich wegen ihm mit Christopher Schluss gemacht habe«, rätselte sie und schwenkte ihr Glas. »Das mit Wood ist aus?«, fragte der junge Mann und hob eine Augenbraue. Er hatte sich so etwas in der Art schon gedacht, aber wahrlich daran geglaubt, hatte er nicht. »Ja. Damit hab ich mich komplett zum Idioten gemacht, weil Scorpius jetzt schön seine Eleanor flachlegt und ich nur hier rumsitze und ihn wie verrückt vermisse«, murmelte Rose. »Du liebst ihn wohl wirklich, oder?«, fragte er und erhielt als Antwort lediglich ein Schulterzucken. »Die Wahrheit ist, dass ich keine Ahnung habe, was Liebe wirklich ist. Aber er geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich will ständig wissen, was er tut, wenn er nicht da ist und überhaupt will ich immer, dass er da ist. Sollte er dann da sein, tue ich verrückte Dinge und um das zu verbergen, lüge ich, weil mein Herz immer höher schlägt. So ein bescheuertes Gefühl!« Die Rothaarige verschränkte die Arme trotzig vor der Brust. »Wenn es das ist, was die Liebe ausmacht, dann hat’s mich wohl auch erwischt«, gestand der Potter und prostete auf seine Worte. In einem Zug hatte er das letzte Viertel der Flasche ausgetrunken. »Alice!«, rief Rose begeistert und Albus legte ihr einen Finger auf die Lippen. »Tut mir leid«, murmelte sie leise. »Ich hab das irgendwie die ganze Zeit gehofft. Ich meine du und Dominique? Das ist ja noch verkorkster als die Lily-Hugo-Louis-Triangel«, erklärte sie und legte ihren Kopf schief. »Dominique und ich - das stand nie zur Debatte. Das wusstest du. Das einzige, was mir an dem ganzen zu schaffen macht ist die Tatsache, dass Alice die einzige zu sein scheint, die absolut nichts von mir will«, murmelte der Potter bitter. Es war eine Ironie, dass er die schönste Frau, die ihn über alles begehrte nicht haben wollte und stattdessen in das kleine fluchende Monster verknallt war. »Für einen Slytherin bist du ganz schön weich«, lachte die Weasley und er verdrehte seine Augen. »Auch Slytherins haben Gefühle«, meinte er dann und sein Blick fiel auf den Balkon, an dem Alice stand. Rose seufzte leicht. »Geh schon!«, sagte sie und der Schwarzhaarige legte seinen Kopf schief. »Geh zu ihr und mach sie glücklich! Wir wissen doch alle, dass James nichts für sie ist und wenn du da jetzt hochgehst und die richtigen Worte verwendest, bin ich mir sicher, dass sie das auch irgendwann kapiert«, erklärte sie und nahm ihm die neue Flasche Feuerwhiskey aus der Hand. »Du bist schon verrückt, Cousine«, behauptete der Potter und stützte sein Kinn auf seine Handfläche. »Entweder, du gehst zu ihr und bringst sie dazu, dass sie sich mal wieder richtig über dich aufregt, oder ich gehe zu ihr und erzähl ihr, dass du sie liebst!« Sie lächelte unschuldig. »Würdest du nicht«, gab Albus von sich und die Weasley sah ungeduldig zu Alice. »Du willst es nicht ausprobieren«, meinte sie dann und er knuffte sie in die Seite, bevor er sich langsam erhob. »Gute Nacht, Rosie«, meinte er und drückte ihr einen leichten Kuss auf die Stirn. »Nacht und viel Spaß«, meinte sie und lächelte süffisant. - Er vermisste sie. Ein schlichtes, dummes und nerviges Gefühl machte sich jedes Mal aufs Neue in seinem Bauch breit, wenn er an sie dachte - also, so gut wie immer. Es war eine seltsame und irgendwie auch beschämende Art so an sie zu denken. Er war ein stolzer Malfoy und sie eine nervige Weasley. Die beste Freundin und Cousine seines besten Freundes. Seine Schulsprecherpartnerin. Und außerdem so gar nicht sein Typ! Zudem hatte er eine Freundin, die gerade mit seinen Eltern im Wohnzimmer saß, seinem Vater eine äußerste Freude bereitete und seiner Mutter nur einen skeptischen Gesichtsausdruck bescherte. Also, wieso konnte er nicht aufhören an Weasley zu denken, um sich stattdessen voll und ganz Eleanor zu widmen? »Kommst du heute noch mal runter?«, fragte eine ruhige besonnene Stimme, als die Tür leicht aufging. Scorpius sah auf und betrachtete die junge Frau genau. Sie war schön, keine Frage. Ihr Haar war rabenschwarz, ihre Augen waren durchdringend grün und ihr Körper konnte sogar mit dem einer Veela mithalten. Dennoch bemängelte er irrelevante Dinge, wie das viele Make-Up, das sie doch eigentlich gar nicht nötig hatte und ihre ständige Ruhe. Er wollte niemand, der sich ihm fügte. Selbst wenn sein Vater davon begeistert zu sein schien, dass Eleanor jegliche seiner Meinungen auch vertrat und ihm so gut wie immer zustimmte, musste er doch selbst schon einmal bemerkt haben, dass solch eine Verbindung keine Reize hatte. Denn sonst hätte er wohl kaum Astoria Greengrass geheiratet, die keine Probleme damit hatte ihm die Meinung zu sagen und seinem Vater anfangs äußerste Kopfschmerzen bereitet hatte. »Scorpius?«, fragte die Schwarzhaarige und legte ihren Kopf schief. »Ich denke nicht, dass ich noch mal runterkomme«, meinte er schlicht und sie kam geschmeidig auf ihn zu. Ihr Gang war elegant, wie alles, was sie tat. Ohne etwas zu sagen, ließ sie sich auf seinem Schoß nieder und schlag ihre Arme um seinen Hals. »Willst du mir nicht sagen, was los ist?« Das Schlimme an einer Frau ihres Standes war, dass sie nicht einfach so nur mit ihm schlief. Sie war eine Trophäe, der absolut nichts entging. So hatte sie zum Beispiel vor wenigen Tagen einfach so in den Raum geworfen, dass es, entgegen seiner Meinung, nach diesem Treffen mit seinen Eltern - bei dem sie jene als perfekte Freundin beruhigen sollte - nichts weiteres zwischen ihnen geben würde und als er nicht geantwortet hatte, hatte sie ihm einfach ein Stück Kuchen in den Mund geschoben und gelacht. Eleanor wusste alles und doch hatte sie keine Ahnung, weswegen er keinen Augenblick mit ihr genießen konnte. Er drückte seine Lippen auf ihre, um die Gedanken zu vertreiben und lehnte sich mit ihr zusammen zurück auf sein Bett. Jede ihrer Berührungen verglich er mit der einer gewissen Weasley und ehe er sich versah war die Eifersucht gegenüber Wood, der all das einfach so mit ihr tun durfte, wieder da. Er wusste inzwischen genau, wenn Wood nicht wäre, hätte er schon längst zu effektiveren Mitteln gegriffen um Rose die seine nennen zu können. Eleanor löste sich überraschender Weise von ihm und setzte sich aufrecht auf seinem Schoß. »Du weißt, du kannst es mir sagen«, meinte sie. Das wusste er. Immerhin kannte er sie schon ewig und sie waren sowas wie Freunde. »Es ist nichts«, behauptete der Blonde und wusste genau, dass sie ihm keinen Glauben schenkte. Sanft strich ihre Hand durch sein Haar, ehe sie ihre Lippen wieder auf seine senkte. »Wenn du dich dazu entschließt es mir zu sagen, werde ich zuhören«, murmelte sie gegen seine Haut, als sie seinen Hals küsste. Dieses Spiel was er hier spielte, war beinahe schon zu einfach und dann doch zu untypisch für ihn. Seine Hand versank in ihrem Haar, als sie ihre Lippen wieder auf seine drückte und langsam verschwanden auch all die nichtsnutzigen Gedanken und die seltsamen Gefühle für die Weasley landeten wieder im Hintergrund. - Dominique lag ausgestreckt auf ihrem Bett und starrte an die Decke. In der halben Stunde hatte sie sich zirka fünfzehn Mal gedreht und fand noch immer keine halbwegs passable Position, die ihr half einzuschlafen. Seitdem sie wieder Zuhause war, fand sie einfach keinen Schlaf, weil ihre Gedanken um so viele andere Dinge kreisten. Zum einen musste sie sich fragen, wieso sie rein gar nicht an Albus dachte, sondern viel mehr darüber spekulierte, wie es nun zwischen ihr und Lorcan weiterlaufen würde. Die Nacht vor den Ferien hatte für sie damit geendet, dass sie sich am Abfahrtsmorgen leise aus seinem Zimmer schlich und dann hatte sie Zuhause erst einmal versucht sich zu beruhigen und zu verdrängen, was passiert war. Das hatte recht gut funktioniert, bis Victoire sie gefragt hatte, wieso sie denn so blass war und all die Gefühle wieder überhandnahmen. Sie hatte ihrer Schwester alles genau erzählt und dafür einen mitleidigen Blick und eine nutzlose Antwort erhalten. Sie solle auf ihr Herz hören und sich nicht einfach nach dem Alltag richten. Ein wirklich toller Rat. Das Seltsame war, dass sich mit dieser Nacht einfach alles verändert hatte. Da war auf der einen Seite Albus, der sie rein gar nicht mehr wahrzunehmen schien, weil er ständig dieser Longbottom nachlief und auf der anderen Seite war sie rein gar nicht mehr bedrückt deswegen. Es war ihr vollkommen egal, dass er sie nicht mehr so leidenschaftlich ansah, denn stattdessen machte sie sich Gedanken darüber, wieso ihr bester Freund ihr noch keinen einzigen Brief geschrieben hatte. Normalerweise flogen die Eulen bei ihr täglich dreimal ein und aus, wenn er nicht hier war. Doch das blieb diesmal aus und selbst konnte sie ihm nichts schreiben, weil sie nicht wusste, was sie sagen sollte. Sie wusste überhaupt rein gar nichts. Weder, was sie fühlen, noch was sie wollte oder tun sollte. Und was noch kommen würde, war ihr ebenfalls ein Rätsel. Aus solchen Gründen und um Spannungen zu vermeiden hatte die Weasley eine eiserne Regel aufgestellt - Lorcan Scamander war tabu. Er war seit dem ersten Jahr ihr bester Freund, weswegen sie vermeiden wollte, dass Sex - ausgesprochen guter Sex - all das veränderte. Sie wollte nicht, dass er wie all die anderen Kerle, einfach aus ihrem Leben verschwand, wenn er sie erst einmal gehabt hatte. Sie wollte weiterhin wissen, dass sie immer zu ihm kommen konnte und dass er sie immer festhalten würde, vollkommen egal, was sie getan hatte und ohne, dass er davon ausging, ein paar Bonusleistungen würden für ihn rausspringen. Ein mulmiges Gefühl machte sich in ihrem Bauch breit, als sie wieder einmal daran dachte, dass er sie nun vielleicht gar nicht mehr als seine beste Freundin haben wollte. Was war, wenn es dabei nur darum ging, sie zu bekommen und nun, wo er sie hatte, wollte er sie nicht mehr? Dominique drehte sich unruhig zur Seite und verdrängte jeglichen missmutigen Gedanken. Nur langsam wurde ihr klar, dass diese Nacht ein Fehler war, der alles verändern würde. - Der Potter marschierte vorsichtig durch das große Wohnzimmer der Weasleys und hatte große Mühe nicht gegen irgendetwas zu stoßen. Seine Tante liebte es scheinbar, alles neu zu dekorieren und deswegen konnte man sich nie sicher sein, ob die Möbel noch immer dort standen, wo sie am Morgen vorzufinden waren. Leise tapste er die Treppe hoch und blieb vor dem kleinen Gästezimmer der Longbottom stehen. Er holte tief Luft und öffnete dann ohne zu Klopfen die Tür. Im Zimmer war es dunkel, einzig das Balkonlicht spendete ihm ausreichend Helligkeit, um sie zu sehen. Ohne ihn großartig zu beachten saß sie auf ihrem Bett und schwankte die Flasche Feuerwhiskey, die Rose ihr zuvor gegeben hatte, hin und her. »Betrinkst du dich ganz alleine?«, fragte Albus und kam langsam auf die Braunhaarige zu. »Besser als Rose abzufüllen, um Informationen für Scorpius zu bekommen«, erwiderte jene rau. Er hatte sie kaum gesehen seitdem das mit James rausgekommen war. Natürlich hatte er gewusst, dass sein Bruder auf Molly stand, doch hatte er gleichzeitig auch gedacht, dass die Absichten der Longbottom so offensichtlich waren, dass er ihr das nicht einfach so nebenbei erzählen würde. »Ah, du bist wieder ganz die alte«, scherzte er und sie erhob sich rasch. »Als ob es dich interessieren würde«, erwiderte sie, als sie den Alkohol auf einen kleinen Tisch stellte. Sie hatte keine Ahnung, was er hier wollte und eigentlich wäre sie lieber alleine geblieben. »Weißt du was? Das tut es, wirklich. Und ich hab keine Ahnung warum«, murmelte Albus und strich sich lässig durchs Haar. »Wenn du betrunken bist, redest du komisches Zeug, Potter«, antwortete die Braunhaarige und musterte ihn kurz. Zum ersten Mal bemerkte sie, dass er rein gar nicht aussah wie James. Seine Haare waren dunkler und zerzauster. Sein lässiger Kleidungsstil hob sich sehr von dem eleganten seines Bruders ab und außerdem wirkte er in seinem weißen Hemd viel durchtrainierter. Alice schloss die Augen, um sich selbst die Peinlichkeit des Gedankens zu ersparen, dass er wahrlich gut aussah, auch wenn er nicht James war. »Wenn ich betrunken bin, rede ich die Wahrheit, Longbottom«, sagte der Potter und als sie ihre Augen wieder öffnete, lächelte er ungewohnt. »Und was ist die Wahrheit?«, forschte sie und strich sich ihre Haare hinter die Schulter. Albus kam näher auf sie zu und sah ihr direkt in die Augen. Seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. »Er verdient dich nicht, hat er nie.« Die Augen der Braunhaarigen weiteten sich einen Moment, ehe sie sich auf die Unterlippe biss. »Du hast doch keine Ahnung«, murmelte sie und wich seinem Blick aus, in dem reine Ehrlichkeit lag. »Ich hab vielleicht wenig Ahnung von Gefühlskram, aber das hier weiß ich genau. Keine Ahnung, wieso du denkst, dass James deine Gefühle verdient, denn er tut es nicht. Mach die Augen auf, Alice. Er hat dich nie als mehr angesehen und wird es auch nie tun«, entgegnete er ihr ausdruckslos. Er nahm wie immer kein Blatt vor dem Mund und auch wenn seine Worte schmerzten, so tat es dennoch gut, nicht immer nur tröstende Worte, wie die von Roxanne und Rose, hören zu müssen. »Das ändert absolut nichts an meinen Gefühlen«, sprach Alice leise und der Blick ihres Gegenübers wurde wieder weicher. »Dann such nach jemand, der etwas an ihnen ändert, denn das was du im Moment tust, ist nicht gesund.« Alice wandte ihren Blick wieder von seinem Gesicht ab und stöhnte denn genervt auf. »Scher dich zum Teufel, Potter«, meinte sie und trat einen Schritt zurück. Widererwartend machte er dafür einen Schritt nach vorne, sodass der Abstand zwischen ihnen wieder derselbe war. »Nein, das werde ich nicht tun. Was du jetzt brauchst ist jemand, der dir die Wahrheit sagt, ohne dich mit Samthandschuhen anzufassen«, behauptete er und kam noch näher. »Du hast keine Ahnung, was ich brauche«, antwortete Alice verbissen und drehte ihr Gesicht von seinem weg. »Dann sag es mir«, verlangte er und sie presste zuerst die Lippen aufeinander, bis sie sich klar machte, dass sie es einfach sagen musste und er dann wahrscheinlich gehen würde. Denjenigen, den sie brauchte, den gab es für sie nicht. »Jemand, der mich fühlen lässt, dass ich gut genug bin«, antwortete die Longbottom. »Da stell ich mich glatt zur Verfügung«, meinte er und Alice musste ihm in die Augen sehen, um nachzuforschen, ob er es ernst meinte. Was hielt sie davon ab, ihm zu glauben? Soweit sie sich erinnern konnte, war Albus immer in ihrem Leben - ob sie sich nun hassten, stritten, oder einfach nur böse Blicke zuwarfen - Fakt war, dass er in jeder Lage anwesend war, während James nach seinem letzten Schuljahr kein Wort mehr von sich hören ließ. Und das, obwohl sie gedacht hatte, dass er sie wenigstens als gute Freundin betrachtete. »Ich glaube nicht, dass du gut dafür wärst«, meinte die Braunhaarige, als das Gefühl der Taubheit wieder überhandnahm. »Wieso nicht?«, fragte der Potter und brachte sie somit dazu, ihn wieder anzusehen. Wollte er wirklich, dass sie es aussprach? Dass sie ihm sagte, dass sie ihn hasste, weil er all diese Zweifel in ihr auslöste? Das hatte sie bisher nicht einmal Rose gegenüber erwähnt, denn eigentlich war es belanglos. Albus gehört nicht direkt in ihr Leben und damit sollte er auch keinen solchen Einfluss auf sie haben. Aber dennoch hatte er ihn. Und dennoch konnte sie in den letzten Tagen nicht darum hinwegkommen, sich auszumalen, ob es nicht besser gewesen wäre ihre Gefühle diesem Potterjungen zu schenken. »Du willst es ehrlich wissen?«, erkundigte sie sich und strich sich durch die Haare, als er leicht nickte. Seine grünen Augen waren so forschend, dass sie kaum lügen konnte. »Weil du der Grund dafür bist, dass ich mich so fühle. Halte mich für erbärmlich, aber dieses ewige Pudelfrisurgerede und die Lästereien über meine Figur haben mich erst dazu gebracht, mich so zu fühlen«, meinte sie und presste dann ihre Lippen fest aufeinander, als sein Gesichtsausdruck hart und ausdruckslos wurde. Mit ihm zu streiten und ihn dabei zu beleidigen war eine Sache, doch ihm persönliche Dinge zu verraten, brachte sie immer wieder zu dem Abend ihres ersten Kuss mit ihm zurück. Sie durfte sich nicht erlauben, ihn zu nah an sich heranzulassen, denn sie zweifelte immer noch an seiner Ehrlichkeit und wollte verhindern, dass bald die ganze Schule von ihren Problemen wusste. Albus kam noch einen Schritt auf sie zu und als nur mehr wenige Zentimeter zwischen ihnen waren, wechselte seine Mimik wieder und ein trügerisches Lächeln lag auf seinem Gesicht. Sie erwartete schon eine abfällige Bemerkung, ein Lachen, oder irgendeine Art des Hohns, doch zu ihrer Verblüffung blieb das alles aus. »Du bist doch eigentlich nicht so ein törichtes Mädchen, dass all das Gerede eines kleinen dummen Jungen ernst nimmt. Also ignorier alles, was ich jemals über dich gesagt habe, denn es war dumm und ist belanglos«, murmelte er, bevor er seine Finger unter ihr Kinn legte, es anhob und seine Lippen auf ihre legte. Mit sanfter Gewalt drückte er sie gegen die Wand und ließ seine Hände an ihren Seiten entlang wandern. Nachdem die Überraschung des Moments verflogen war - und sie sich erstaunlicherweise auch nicht wehren wollte - schlossen sich ihre Augen automatisch, als seine Zunge leicht über ihre Lippen strich und seine taten es ihren gleich, als sie ihm den gewünschten Einlass gewährte. Leicht stieß er mit seiner Zunge gegen ihre, was sie in den Kuss lächeln ließ. Ob sie später bereuen würde, was sie jetzt tat? Vermutlich. Aber in diesem Moment war diese Geste alles was zählte. Die Zärtlichkeit mit der er seine Lippen auf ihren schmiegte und der leichte Druck seiner Hände an ihren Hüften schien sie aus ihrer Trance zu holen. Die Verwirrtheit über die Gefühle zu den Potterbrüdern machte langsam einem Gefühl der Leidenschaft und Lust Platz. Mit einem Ruck hatte der Potter die junge Frau hochgehoben, sodass sie ihre Beine nun um seine Hüften schlang, während seine Lippen sich von ihren lösten und den Weg zu ihrem Hals suchten. Währenddessen wanderten ihre Finger von seinem Haar zu seinem Hemd und knöpften es geschickt auf. Sie seufzte wohlig, als seine Zunge über ihre Haut strich. Vielleicht war das wirklich einer der größten Fehler, die sie jemals begangen hatte und je begehen würde. Doch konnte sich etwas, was so falsch sein sollte, wirklich so gut anfühlen? Allein für die kurzen Momente, in denen sie nun keine Zweifel plagten, ließ sie sich auf mehr ein. Was hatte sie denn schon großartiges zu verlieren? - Louis seufzte, als er ein weiteres Stück Pergament auf einen Stapel legte und fuhr sich dann leicht verzweifelt durchs Haar. So konnte es einfach nicht mehr weiter gehen. Gerade hatte er Briefe seiner beiden besten Freunde gelesen, die sie sich über Jahre hinweg geschrieben hatten, wenn sie in den Ferien getrennt waren. Über die kindliche Unschuld und die übermäßige Freundschaft konnte er nun nur lachen. Lily hatte damals immer beteuert, dass sie niemals etwas tun wollte, um die Freundschaft zu gefährden, während Hugo auf der anderen Seite langsam sichtliche Gefühle für sie entwickelt hatte und Louis um Rat bat. Nun war es so weit gekommen, dass er mit Lily nicht mehr als nötig sprach und Hugo sogar wegen ihm die Ferien in Hogwarts verbrachte. Der Weasley hatte in der vorherigen Woche oft darüber nachgedacht, ob vielleicht alles anders gewesen wäre, wenn er von Anfang an ehrlich zu seinem besten Freund gewesen wäre. Schon als Hugo zum ersten Mal von seinen Gefühlen für Lily gesprochen hatte, war etwas zwischen Louis und ihr gelaufen, auch wenn das keiner von ihnen jemals wieder angesprochen hatte. Es war einer ihrer ersten Partyabenden gewesen, irgendwann in den ersten Schuljahren - er wusste es nicht mehr genau, weil es damals nicht wichtig gewesen war. Während Hugo und Louis ihren Spaß mit ihren Freundinnen hatten, saß Lily am Rand und rührte nicht einmal ihr Butterbier an. Das war alles, was ihm zu diesem Zeitpunkt aufgefallen war, denn dann verlor er sie aus den Augen und sah sie erst draußen wieder. Sie wirkte bedrückt, deswegen ließ er Marina Brown, seine damalige Freundin, stehen und wandte sich ihr zu. Die Potter hatte gelächelt, doch er konnte schon immer hinter ihre Fassade sehen und fragte sie ohne jeglichen Smalltalk, was mit ihr los sei. »Ich hasse es, dass meine besten Freunde jedes Mal Dates haben und scheinbar spielend leicht irgendwelche Mädchen aufreißen, während ich noch nicht einmal geküsst worden bin«, hatte sie gesagt und Louis hatte mit einem Seufzer geantwortet. »Es ist doch nur ein Kuss, Lily. Bald stehen die Kerle bei dir Schlange und dann ist es dir egal, dass wir schon vorher Erfahrungen gemacht haben«, antwortete er unbekümmert - zu seiner Verteidigung musste er nun zugeben, dass er damals kaum eine Ahnung von Mädchen hatte. Einen Moment lang hatte ihn die Potter stumm angesehen, dann hatte sie eine Augenbraue hochgehoben, als wollte sie ihn fragen, ob er das nun wirklich ernst meinte. Ohne zu Zögern, oder wirklich darüber nachzudenken, hatte Louis sich vorgebeugt und seine Lippen hauchzart auf die ihren gelegt. Es dauerte nicht mehr als einige Sekunden, bis er sich wieder von ihr gelöst hatte und ihr ein aufmunterndes Lächeln schenkte. »Siehst du«, hatte er gesagt, »nur ein Kuss.« Sie hatte geblinzelt und scheinbar nicht wirklich realisiert, was er meinte. Wenn er heute darüber nachdachte, dann verstand er auch nicht, was er damals gemeint hatte. Es war nie nur ein Kuss gewesen. Solch eine Geste hatte immer irgendeine Bedeutung. Damals schon, genauso wie die folgenden Male. Das nächste Mal hatte er sie geküsst, als sie in den Ferien herumalberten. Er war sich nicht mehr sicher, worum es eigentlich ging, Fakt war nur, dass sie irgendwann aufgehört hatten zu lachen und sich dann einfach nur ansahen. Wie auch schon beim ersten Mal, hatte er einfach reagiert ohne zu denken und sie geküsst. Diesmal etwas länger, da sie den Kuss bereitwillig erwidert hatte. Als sie sich voneinander lösten, entschuldigte sich Louis bei ihr. Sie taten das damit ab, dass Lily ihren Freund und Louis seine Freundin vermisste. Würde ihm das heute passieren, würde er wissen, dass es nicht so einfach zu erklären war. Danach folgte eine Zeit lang nichts weiter, als der normale freundschaftliche Umgang. Erst auf einer Party vor kurzem war es wieder zu solch einem Aussetzer gekommen, diesmal redeten sie sich auf den Alkohol raus. Dass er nicht bemerkt hatte, dass sie inzwischen ihre Gefühle für ihn zuließ, wurmt ihn bis heute. Er war sich sicher, dass alles anders gelaufen wäre, wenn er Hugo von den Zwischenfällen erzählt hätte. Es war falsch ihm ein okay zu dieser Beziehung zu geben, denn wenn Louis ganz ehrlich mit sich war, wusste er, dass all seine Behauptungen gegen das Nichtvorhandensein seiner Gefühle für die Potter gelogen waren. Sie bedeutete ihm etwas. So viel sogar, dass er sich sicher war, wäre Hugo nicht sein bester Freund und wäre er nicht in sie verknallt, dann wäre sie schon längst seine Freundin. - Der Körper der Braunhaarigen entspannte sich, als Albus seine Hand noch einmal sanft über ihren Bauch gleiten ließ. All die Gerüchte, alles was sie gehört hatte, über seine Verführungskünste war vollkommen vergessen - es war alles gelogen gewesen, wenn man behauptete, dass er einfach nur gut war. »Unglaublich«, sprach sie aus, was sie sich die ganze Zeit schon dachte und der Schwarzhaarige, der bis eben noch über ihr gelehnt hatte, rollte sich nun neben sie und musterte sie einen Moment. Es war seltsam so etwas aus ihrem Mund zu hören, aber vermutlich sollte ihm die gesamte letzte Stunde der Liebkosungen grotesk vorkommen. Er hatte sie genommen, wie er es noch selten bei einer Frau gemacht hatte - zärtlich, nicht nur auf das eigene Wohl bedacht. Heute kam es nur darauf an, sie von ihren trüben Gefühlen zu begreifen. Dass er dabei überraschenderweise ebenfalls sehr auf seine Kosten gekommen war, war nur ein kleiner Bonus gewesen. Die Longbottom blinzelte leicht, als seine grünen Augen erneut ihre fanden. Sie war sich nicht mehr sicher, was sie fühlen oder glauben sollte. Einerseits hatte es gut getan, scheinbar gewollt zu werden und andererseits hegte sie tiefe Zweifel gegenüber den Absichten des Potters. Sie wusste nicht, ob das, was sie eben getan hatten nun das war, was sie wollte, oder was sie brauchte. Fakt war nur, dass sie hier mit Albus Potter in einem Bett lag, ihren Kopf auf seiner Brust gebettet hatte, seinem ruhigen Herzschlag lauschte und sich keinen angenehmeren Moment vorstellen konnte. »Das ändert so einiges, nicht wahr?«, fragte Albus, als er ihr gedankenverloren übers Haar strich. Genüsslich schloss die junge Frau ihre Augen und drückte sich enger an ihn. Zu befreiend war dieser Moment, um an ein nachher zu denken. Dennoch konnte sie nicht anders, als die Antwort leise preiszugeben. »Nein, es ändert alles, Albus.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)