Aus dem Leben eines Taugenichts von BlackGentleman ================================================================================ Prolog: In der Nacht -------------------- Da sitze ich nun wieder. Es ist mitten in der Nacht und die Buchstaben haben mich wieder nicht losgelassen. Momentan nehme ich nur das Ticken der Uhr war, sonst herrscht eine drückende Stille. Mein Zimmer ist dunkel und nur die kleine Nachttischlampe spendet ein wenig Licht, damit ich überhaupt noch die Tasten sehen kann. Ein Blick aus dem Fenster erübrigt sich. Die Nacht hat ihre dunklen Schleier fest um die Umgebung gewickelt und nirgendwo kann ich ein Licht ausmachen, dass mir sagen könnte: „Du bist um diese Zeit nicht allein.“ Ich vermisse jetzt schon das Klicken der Tasten, die unter meinen Fingern die Buchstaben auf dem Papier zum Leben erwecken und Geschichte bilden, die sich sonst niemand erdenken kann. Neben mir steht nur einsam die leere Tasse Tee, die ich mir vor ein paar Stunden gemacht habe. Eigentlich wollte ich sie über meinem verendeten Kapitel genüsslich trinken, aber es hat mich einfach so gepackt… Beim erneuten Lesen meines Anfangskapitels überkam mich dieses Gefühl. Das Gefühl der Unvollkommenheit, welches mich einfach nicht mehr loslassen wollte und mich unerbittlich umklammerte, bis ich die Hälfte des Kapitels nochmal neu geschrieben habe. Und nun sitze ich hier, zwischen Müdigkeit und vollkommenem Wachseins, eigentlich auch auf der Schwelle zwischen Muse und Wahnsinn, aber das will ich mir momentan selbst nicht eingestehen. Ich sitze noch eine Weile so da und starre die leeren Blätter neben meiner Schreibmaschine an. Plötzlich gebe ich mir einen Ruck und beschließe, dass ich für heute, schweren Herzens, lieber das Bett aufsuche. Schließlich will das auch mal wieder benutzt sein und nicht bald nur noch von allerlei Kriechzeug besiedelt werden, welches sich vermeintlich in meinem kleinen Zimmer auszubreiten droht. Ich sammle die zerknüllten Entwürfe vom Boden auf, es ist leider eine schlechte Angewohnheit von mir, dass ich die Blätter zerknülle und hinter mich werfe, wenn mir die Zeilen darauf wirklich überhaupt nicht zusagen. Leider muss ich auch dazu sagen, dass diese dann meist auch mehrere Tage liegen bleiben und keines Blickes gewürdigt werden, aber gerade heute stört mich diese Unordnung. Leider sehe ich dadurch auch, was sich über die letzten Nächte angesiedelt hat. Viele Gedanken, die meinen Kopf verlassen haben, aber einfach nicht gut genug waren, um weitergedacht zu werden. Naja, man nenne sie nun eben Brennstoffe, für etwas anderes sind diese Sätze einfach nichts mehr nütze. Diese Blätteranzahl könnte locker die Seiten eines meiner Kapitel füllen. Seufzend werfe ich die Seiten und damit auch einen Teil meiner Selbst in meinen kleinen Ofen, dessen Feuer sowieso fast heruntergebrannt war. „Jedenfalls hab ich es heute Nacht mal wieder warm.“, denke ich mir so und muss schmunzeln. Obwohl ich das Ticken der Uhr schon über den ganzen Zeitraum klar wahrnehme, hab ich bis jetzt noch nicht wirklich auf sie geschaut. Nachdem ich mich bettfertig gemacht habe, nehme ich den alten Wecker aus dem Regal und halte ihn unter das Licht der Nachttischlampe. Es ist 4 Uhr früh. Genau die richtige Zeit für mich ins Bett zu gehen. Es ist nicht mehr Nacht und fast wieder Tag. Ich muss zugeben, dass mir gerade nachts die besten Ideen kommen. Leider musste ich mich in letzter Zeit mit einer Schreibblockade quälen, welche mir also nicht nur die Tage, sondern auch die Nächte unerträglich gemacht hat. Meine letzten Nächte in den Bars waren aber leider auch nicht sehr ergiebig, da meine Geschichte nicht von Trunkenbolden und Prostituierten handeln soll, jedenfalls bis jetzt nicht. Wer weiß, vielleicht habe ich ja noch eine spontane Eingebung meinen Protagonisten zu einer Frau zu machen und auf den Strich zu schicken. Meine Gedanken kreisen weiterhin um meinen Roman, während ich die Bettdecke zurückschlage. Ich fühle mich in Versuchung mich noch einmal an die Schreibmaschine zu setzen, aber ich spüre langsam, wie mich die Müdigkeit übermannt und die Kopfschmerzen anfangen. Meine Erfahrungen haben mir gezeigt, dass es nicht sehr ratsam ist, den Kopfschmerzen Raum zu geben, also entschließe ich mich, mir einen Stift und ein Stück Papier neben das Bett zu legen. So besänftige ich den überehrgeizigen Autor in mir, der versucht den faulen innerlich zu erwürgen. Ich blase die Flamme meiner Nachttischlampe aus und versuche endlich ins Land der Träume zu gleiten. Es bleibt leider erst mal bei dem Versuch, denn schon nach zehn Minuten grabsche ich im Dunkeln nach dem Stift und dem Papier. Da ich nicht davon ausgehe, dass meine Idee sich bis zum Morgen in meinem Kopf hält, muss ich sie einfach aufschreiben. Egal, ob ich die Schrift am Morgen noch entziffern kann. Diese Eingebung muss auf Papier und das sofort. Aber noch immer ist das Blatt und nicht voll und wer weiß, was mir heute Nacht noch einfallen wird… Kapitel 1: Es sei, wie es sei ----------------------------- Ich erwache durch Lärm. Etwas scheint zu hämmern. Es könnte mein Kopf sein, aber diese Idee verwerfe ich schnell wieder, als es vor meiner Tür anfängt zu schreien. „SIE! IHRE POST!“, poltert es von draußen. Ich ziehe mir die Decke vom Kopf und reibe mir die Augen. Die Sonne steht schon hoch am Himmel und scheint unerbittlich durch mein Fenster. Vor meiner Tür jedoch ist es schon wieder ruhig geworden. „Ich hab heute ein Glück...“, denk ich mir und decke mich wieder genüsslich zu. Gerade als ich wieder drauf und dran bin noch ein weiteres Mal einzuschlafen, höre ich es wieder auf dem Flur poltern. Super, das war’s. Nun kann ich wirklich nicht mehr einschlafen. Wie soll man bei diesem Lärm nachts nur arbeiten, wenn man tags nicht schlafen kann? Kein Wunder, dass mich die Muse schon lange nicht mehr geküsst hat, die kommt eben auch nicht gern in so ein lautes Drecksloch in dem ich hier lebe. Ich entschließe mich aufzustehen. Was bleibt mir auch anderes übrig? Schlafen kann ich jedenfalls nicht mehr. Ich werfe einen kurzen Blick auf meine Schreibmaschine. Soll ich oder soll ich nicht? Ich setze mich kurz davor und denke nach, worüber ich schreiben könnte. Dann fällt mir wieder der Zettel von heute Nacht ein! Wo hab ich den denn nur hingeworfen? Ich suche überall, bis ich ihn irgendwann unter dem Bett finde. Etwas irritiert halte ich ihn gegens Licht und versuch zu entziffern, was ich da wohl zu Papier bringen wollte. Leider schaffe ich es gerade nicht. Es ist sicherlich noch zu früh. Ich entschließe mich die Schreibmaschine noch etwas ruhen zu lassen und stattdessen einen Kaffee trinken zu gehen. Also wasche ich mich kurz und versuche mich anzuziehen. Meine Sachen liegen leider überall im Zimmer verteilt herum und so gestaltet sich die Suche schwer etwas Sauberes zu finden. Von überall ziehe ich Klamotten her. Während ich an ein paar Socken schnuppere, die ich im nächsten Moment in einen Korb werfe und angeekelt schaue, finde ich ein sauberes weißes Hemd. Hey, wenigstens etwas, aber nur im Hemd kann ich wohl eher nicht auf die Straße gehen und so suche ich weiter. Schlussendlich hab ich als Ausbeute: Socken – und wirklich noch sauber, das waren wohl dann die letzten -, ein sauberes Hemd, eine Hose – die nicht mehr ganz so sauber ist, aber das geht schon. Mein Korb hat sich aber auch gefüllt. Ja, es ist wirklich der Waschkorb und ich nehme mir ganz fest vor bald mal wieder zu waschen. Vielleicht morgen oder so… Etwas Parfum aufgelegt, noch den Hut aufgesetzt und schon geht es nach draußen. Der Hausflur ist dreckig, wie immer und die Dielen knarren schrecklich, als ich nach unten gehe. Die ältere Dame aus dem dritten Stock muss mich schon von weitem gehört haben, denn sie streckt neugierig den Kopf aus der Haustür. Ich gehe mit einem fröhlichen „Hallo“ vorbei und sie verzieht sich wieder, etwas peinlich berührt, in ihre Wohnung zurück. Ich muss grinsen, während ich durch die Haustür nach draußen gehe. Die Sonne brennt gerade zu herunter. Ich fühle mich sofort großartig. Ich liebe den Sommer hier in Italien. Ich kann mir einfach nichts Schöneres vorstellen. Ich schlendere also die kleine Straße mit den kleinen Pflastersteinen herunter und halte gerade auf die Piazza mit meinem Lieblingscafé zu. Da fällt mir ein, dass ich im schlimmsten Falle ja auch Geld brauchen werde und such meine Taschen durch. Verdammt, mein Portemonnaie liegt natürlich noch in meiner Dachwohnung. Was für ein Glück ich doch heute wieder habe. Aber ich lasse mich gar nicht entmutigen und renne so schnell es geht die Treppen nach oben und hole meine Geldbörse. Doch ohne wäre es wohl auch gegangen. Als ich ihn sie hineinschaue, merke ich, dass auch dort gähnende Leere herrscht. Bis auf ein paar Lira, für die ich mir wahrscheinlich einen kleinen Kaffee leisten könnte, also gehe ich erst mal ins Café. Besser als nichts und den Weg zur Bank will ich mir vorerst sparen. Dafür ist das Wetter einfach zu gut. Die Piazza ist einfach wunderschön heute. Ich hole mir also meinen Kaffee im Laden und setzte mich draußen hin. Ich liebe es die Menschen zu beobachten. Dabei kommen mir einfach immer die besten Ideen. Ich riskiere nochmal schnell einen Blick in meinen Geldbeutel, aber der gähnt mich nun wirklich an. Ich werde dann wohl doch an der Bank vorbei müssen und schauen, ob sich nicht ein bisschen Geld auf meinem Konto einsam fühlt. Aber jetzt lasse ich es mir gut gehen. So sitze ich also da und beschaue mir die Leute. Die Turmuhr in der Nähe schlägt 12 und ich realisiere, dass ich aber heute wirklich früh aufgestanden bin. Dieser blöde Typ mit seiner Post kann mir wirklich gestohlen bleiben. Geöffnet hab ich die Briefe sowieso noch nicht. Es interessiert mich nicht sonderlich. Es schreibt niemand von dem ich es erwarten würde und die, von denen ich es mir wünschen würde, schreiben gleich gar nicht. Aber ich bin nicht viel besser. Ich denke zwar immer dran, aber irgendwie setzt es sich nicht in die Tat um, was mir schon irgendwie leid tut. Naja, so ist eben das Leben. So sitze ich hier nun eben, schlürfe meinen Kaffee und genieße die Sonne. Nichts könnte diesen Moment besser machen. Na gut, eigentlich würde meine Schreibmaschine das Ganze noch perfekt machen. Dank der Sonnenstrahlen spüre ich endlich wieder Ideen in mir. Zwar noch nichts Ausgereiftes, aber immerhin ein Anfang der genutzt sein möchte. Da ich aber davon ausgehe, dass mir diese Gedanken nicht so schnell abhandenkommen werden, wie die von letzter Nacht, mach ich mir auch nicht die Mühe sie aufzuschreiben. Gerade als ich die Tasse nochmal ansetzen möchte, um einen Schluck zu trinken, muss ich mit Bedauern feststellen, dass ich sie schon leer getrunken haben. Dann muss ich eben weiter. Ich lasse die Tasse auf dem kleinen Tischchen stehen und gehe über die Piazza und am Brunnen vorbei, fast bin ich doch wirklich verführt gewesen mir ein kleines Fußbad zu gönnen, hinüber, um auf die Hauptstraße zu gelangen. Bis zur Bank ist es ein kleines Stück, aber heute werd ich das wohl ertragen können. So schlender ich also die Straßen entlang und sehe ein paar Kindern, die in einem Hinterhof mit Stöcken kämpfen. Ich schau ihnen einen kurzen Moment zu und beobachte, wie sie ins Mittelalter abdriften. Ein Mädchen ist sogar das holde Burgfräulein und die beiden Jungen kämpfen um ihre Gunst. Grinsend gehe ich weiter und komme nach ein paar Metern auf die Hauptstraße. Hier rattern die Autos unaufhörlich an mir vorbei, aber die Gebäude spenden etwas Schatten und so lässt sich selbst die verpestete Luft irgendwie ertragen. Außerdem ist es der kürzeste Weg und ich will ja nicht gerade Umwege gehen. Endlich komme ich an der Bank an und gehe in die große Halle zu den Schaltern. Ein Mann Mitte vierzig schaut mich durch seine Brillengläser an und händigt mir nach Abfrage von Formalitäten ein bisschen Geld aus. Mein Konto scheint leider auch schon total ausgetrocknet zu sein von der Wärme. Naja, immerhin werde ich mit dem Geld mindestens eine Woche auskommen können. So verlasse ich die Bank wieder, als mir der Gedanke kommt, dass nicht unweit von hier ja einer meiner Lieblingsbuchläden liegt. Wenn ich schon mal den Weg gegangen bin, dann sollte ich dort einfach mal vorbeischauen. Ich bin schon lange nicht mehr dazu gekommen, also gönne ich mir den Luxus heute. Ich hab ja auch genug Zeit. Also gehe ich die paar Straßen weiter, als ich endlich vor der Tür des Ladens stehe. Voller Vorfreude drücke die Klinke herunter – Mittagspause. Ach, ich Trottel, das hätte ich mir doch denken können? Ich habe keine Ahnung, wie ich jetzt sonst meine Zeit um die Ecke bringen könnte und so setze ich mich vor den Laden und warte. Es sieht sicher sehr lustig aus, wie ich da sitze, aber das stört mich und so beobachte ich eben mal wieder die Leute ein wenig. Während ich zusehe, wie sich eine dickere Mama auf den Weg zum Markt macht, schaue ich auch gespannt auf den Maler, der am Straßenrand sitzt und ganz vertieft in seine Landschaft ist. Die Mittagssonne scheint vielen Leute nichts auszumachen. Der Strom aus Menschen will heute gar nicht abreißen und so bemerke ich erst gar nicht, wie Juliette mich entdeckt hat und auf mich zukommt. Freudig strahlend kommt sie mir entgegen. „Ach ja, die üblichen Verdächtigen wieder.“, lacht sie mich an. „Juliette, ich hab dich gleich gar nicht gesehen. Wie geht es dir?“, erhebe ich mich und umarme sie. „Das ist wirklich eine Überraschung!“- „Das muss ich allerdings auch sagen, du Trottel.“, schaut sie mich etwas scheltend an. „Sitzt hier nur wieder faul rum, statt mal vorbei zu kommen. Die anderen haben auch nichts von dir gehört!“ Ich muss leider zugeben, dass sie recht hat. Die letzten Tage hab ich mich bei niemandem gemeldet, also versuche ich es zu erklären, aber ich brauch gar nicht ansetzen. „Kino, heute Abend!“, sagt sie zu mir und geht lachend davon. Von weiten ruft sie mir noch zu: „Wir treffen uns um 19 Uhr, denk dran!“ Ich freu mich wirklich, vielleicht brauche ich einfach mal wieder so einen Abend, um meine Geister wieder auf Vordermann zu bringen. Ich warte noch ungefähr eine Stunde. Na gut, sagen wir ich liege im Schatten und verscheuche die Zeit indem ich immer noch die Leute beobachte. Irgendwann kommt schließlich der Besitzer und deutet mir mit einem Klopfen an die Scheibe an, dass ich von der Tür aufstehen soll. Ich tue es und schließt die Tür auf und fragt: „Warten Sie etwa darauf, dass ich öffne?“ Ich kann seine Frage nicht wirklich nachvollziehen und antworte ohne Umschweife: „Natürlich!“ Mit einem Lächeln öffnet er mir. Ich bin im Paradies und fange sofort an mich durch die Regale zu wühlen. „Suchen sie etwas Bestimmtes?“, fragt er mich. Doch ich bin mir nicht sicher und antworte: „Eigentlich etwas, was mich auf andere Gedanken bringt. Etwas Leichtes, Schönes.“ Gleich ist er meinem Wunsch Befehl und drückt mir ein Buch in die Hand. Doch ich lehne ab. „Danke, ich schaue mich selbst etwas um.“ Und so gehe ich durch die Reihen und streiche mit den Fingerkuppen über die Buchrücken. Mit den Augen nach einem interessanten Titel spähend gehe ich alle Bücher durch. Immer und immer wieder. Ich ziehe Bücher hinaus, blättere eine Weile, lese ein paar Zeilen, aber keins will mir wirklich zusagen. Dann endlich hab ich es gefunden. Leicht, Romantisch und es passt irgendwie zu mir. Der Ladenbesitzer sieht hinter der Kasse schon etwas mürrischer aus. Er hat wohl gedacht, dass ich Gefahr laufe ihn zu beklauen. Ich zahle also wortlos und gehe wieder hinaus, wo der Nachmittag noch immer mit Sonne auf mich wartet. Ich beschließe mit meiner Errungenschaft nach Hause zu gehen. So gehe ich wieder durch die Straßen und Gassen, bis ich endlich wieder an der großen Piazza angekommen bin. Nur noch ein paar Meter und ich bin daheim. Kaum in meinem Zimmerchen wieder angekommen, werfe ich alles aufs Bett inklusive mir und fange an ein wenig zu blättern und zu lesen. Auf meiner Uhr ist es gerade mal 17:30, also bleibt mir noch genug Zeit… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)