Deepening Friendships von Ninjagirl (Auf einem Ausflug der jungen Pros bilden und vertiefen sich Freundschaften [HikaAki]) ================================================================================ Kapitel 7: Ein unerwarteter Zug ------------------------------- Ich habe übrigens eine englische HnG-Fic übersetzt, seht euch doch bei Interesse 'Es ist nie zu spät' (Never Too Late) an. LG, NiN --- Das Feuerwerk hatte eine Viertelstunde angedauert und als schließlich keine Lichter mehr vor den Sternen explodierten, setzten die Pros sich langsam in Richtung der Touya-Residenz in Bewegung. Sie plauderten aufgeregt über das Fest, die Lichter, die Straßen, die Menschen. Hikarus Lächeln war wie festgeklebt, so glückselig war er zwischen der Gruppe munter redender Menschen, die ihn mit sich fort trug. Vor dem Haus wartete schon ein Auto auf Ochi. Sein Großvater hatte ihm einen Chauffeur geschickt. Auch wenn er es nicht zugeben wollte, verließ er die anderen nur schweren Herzens. Trotz des vielen Sake am Vorabend und trotz seiner unsozialen Persönlichkeit hatte er die Euphorie der wenigen Tage genossen. Er entschuldigte sich ehrlich bei Touya und umarmte diesen dann. Die anderen warfen sich befremdete Blicke zu, doch Ochi bemerkte es nicht. Auch Yashiro umarmte er, bei den anderen verabschiedete er sich förmlich und ließ sich schließlich von dem Chauffeur zum Einsteigen überreden. "Wir scheinen ihm ja echt ans Herz gewachsen zu sein", meinte Waya, während sie dem sich entfernenden Auto nachsahen. Hikaru lächelte bei der Feststellung. Es war unmöglich, die anderen nicht zu mögen, dachte er. Er stand noch eine Weile vor dem Haus und sah in die Sterne. Die anderen waren längst gegangen, nur Asumi blieb bei ihm und leistete ihm Gesellschaft. Er hätte auch gut alleine bleiben können, aber ihre Anwesenheit war ihm nicht unangenehm. "Kein Wunder, dass es Ochi so schwergefallen ist, zu gehen. Die anderen sind toll. Es ist so einfach mit euch, besonders Waya und Yashiro. Und Le Ping. Man muss sie einfach mögen, oder?" "Vergisst du da nicht jemanden?" Sie lächelte ihn an und er wurde etwas rot. "Tut mir leid, du natürlich auch." "Nein, das meine ich nicht. Ich meine dich." Er schaute verwundert auf. "Hm?" "Du bist es, der uns alle zusammenhält. Auch dich muss man einfach mögen. Ohne dich wären weder Yashiro noch Touya hier - dann wären wir auch nicht hier." Hikaru dachte kurz darüber nach, schüttelte dann aber den Kopf und meinte: "Hättet ihr die beiden gefragt, hätten sie sicher auch zugesagt." Asumi beharrte auf ihrem Standpunkt und setzte hinzu: "Ohne dich würde hier eindeutig etwas von dem Frohsinn abgehen. Du bist genau das, was diesen Urlaub perfekt macht." Hikaru war gerührt. Er spürte Tränen aufsteigen und nahm Asumi in den Arm, um sein Gesicht zwischen ihren Haaren vergraben zu können. 'Sai', dachte er und kämpfte gegen das vertraute Brennen in den Augen. 'Ich wünschte, du hättest das gehört. Ich bin nicht mehr das Kind von damals, ich weiß andere zu schätzen, ich... ich wüsste dich zu schätzen, Sai. Jetzt wo du weg bist weiß ich dich zu schätzen.' Er schniefte leise, doch Asumi sagte nichts und legte nur ihre Arme um seinen Körper, der sie fast unter sich begrub. Sie hatte gar nicht bemerkt, wie er sich seit dem Beginn seiner Insei-Zeit verändert hatte. Damals war er noch ein Junge gewesen, doch jetzt hatte er die breiten Schultern eines jungen Mannes, in die er noch nicht ganz hineingewachsen war. Hikaru brauchte eine Weile, bis er seinen an Sai gerichteten inneren Monolog beendete. 'Ich vermisse dich.' "Danke, Asumi." "Immer wieder gern." Sie gingen in friedlicher Eintracht hinein. Im Go-Zimmer schlief Le Ping bereits quer über seinem Futon ausgebreitet. Yashiro und Isumi spielten, Touya sah ihnen zu und Waya wartete vor seinem Goban. "Shindo, komm, eine Partie Speed-Go noch!" Asumi wünschte ihnen eine gute Nacht und Hikaru setzte sich vor das Goban. Nach der Hälfte der Zeit kam Touya dazu, um nun ihnen zuzusehen. Hikaru dominierte die Partie, Waya würde bald aufgeben müssen, wenn er nicht noch ein geniales Comeback schaffte. Touya sah eine Stelle, die ihn noch retten könnte, doch Waya blieb ahnungslos und tappte so in die von Hikaru gestellte Falle. Als Touya das sah, stand er auf und ging zur Tür. "Ich gebe auf", hörte er von Waya. Hikaru redete kurz und aufgeregt, während er die Steine zusammenschob. "Kommst du dann?" fragte Touya und deutete auf den Flur. "Jaja, bin gleich da, geh ruhig schon vor", rief er herüber, während er das Brett mit Waya gemeinsam aufräumte. Waya schob seinen Futon zu den anderen und legte sich hin, während Hikaru ihm zusah. "Soll ich dir noch eine Gutenachtgeschichte erzählen?" Er grinste. Waya winkte ab und gähnte herzhaft. "Ich schlafe schnell ein, wenn Yashiro nicht schnarcht, keine Sorge." Damit ließ er sich umfallen. Hikaru zuckte mit den Schultern, erhob sich und ging rüber. Hikaru kam in Touyas Zimmer und wurde sofort überwältigt. Touya hatte eine Hand an seinen Kiefer und die andere auf seinen Oberkörper gelegt und schob ihn so einen Meter nach hinten gegen die Wand. Sein Kopf knallte dagegen und er stöhnte schmerzerfüllt auf. Erst als der Schmerz nachließ, merkte er, dass Touyas Lippen auf seinen lagen. Touyas Lippen. Sie fühlten sich an wie die eines Mädchens, dachte er. Nicht dass er das aus eigener Erfahrung wusste. Oh Gott, das war sein erster Kuss. So viel strömte auf ihn ein, dass es schon vorbei war, als er es gerade zu realisieren begann. Touya stand vor ihm, leicht keuchend. "Touya...?" "Hikaru..." Er erschauderte. Warum nannte Touya ihn beim Vornamen? Es musste das erste Mal sein, und er fand es fast etwas gruselig. "Ich verstehe nicht..." Touya verdrehte erst die Augen und lächelte dann nervös. "Ich fand mein Argument recht eindeutig." Hikaru sank an der Wand entlang auf den Boden und Touya kniete sich vor ihn. "Aber... ich... hää??" "Oh Shindo... Es ist doch offensichtlich, oder? Ich würde mal sagen... ich kann dich gut leiden." Hikaru schüttelte den Kopf. Er wollte das nicht hören. Warum Touya, warum er? Konnte nicht alles bleiben, wie es war? Konnten sie nicht einfach ihr ganzes Leben Go spielen, ohne über etwas anderes nachzudenken? Doch dafür war es jetzt sowieso zu spät. Touya beobachtete ihn reglos mit sorgenvollen Augen. Langsam fing er an, auf seiner Unterlippe herumzukauen. "Tut mir leid, wenn ich dich in die Enge treibe. Ich dachte, ich hätte die Zeichen richtig gedeutet." "ZEICHEN?!" Hatte er das etwa selbst hervorgerufen?! Er war sich keiner Schuld bewusst. "Naja... Immerhin sehen wir uns mehrmals die Woche, und immer kommst du zu mir. Wenn wir nicht gerade streiten sind wir auf einer Wellenlänge und bei dem Straßenfest hast du immer nur von meinen Sachen gekostet." "Hab ich?" rutschte ihm raus, bevor er nachdenken konnte. Touya lächelte schwach. "Ja." Sie waren eine Weile still. Die Situation schien Hikaru zu bizarr, wie Touya ihm eben praktisch seine Liebe gestanden hatte und jetzt unsicher abwartend vor ihm kniete. "Ich schätze mal, das heißt nein?" fragte Touya und verzog den Mund. Es sah fast aus wie ein Lächeln und es deprimierte Hikaru. Oh man, das war sein erster Korb, den er ausgab, und dann auch noch an einen Jungen. Einen Jungen, der seit Jahren in seinem Kopf war, weil er ihm nachgejagt war. In all den Jahren hatte er nie auf diese andere Art an ihn gedacht. "Ich weiß nicht... es tut mir leid, ich sehe dich einfach nicht so, Touya." "Hm... Naja, wenigstens ist es jetzt raus. Geteiltes Leid ist halbes Leid oder so." "Wieso Leid, sollte so etwas nicht etwas Schönes sein?" "Geteilte Freude ist doppelte Freude? Du willst mir doch nicht sagen, dass du jetzt doppelte Freude empfindest?" Hikaru schaute betreten. "Punkt für dich." "Oh Shindo, so macht es keinen Spaß, wenn du nicht mehr mitstreitest. Komm schon, wir sind beide erwachsen genug, um darüber hinwegzusehen, oder?" "Das heißt, du bist so einfach darüber hinweg?" "Mach dir keine Hoffnungen." Touya grinste. Oh Gott, warum grinste er? Es sah so ungewohnt aus, dass Hikaru wieder schaudern musste. "So einfach gebe ich schon nicht auf. Du weißt doch, attackieren ist meine Stärke." Hikaru verdrehte die Augen. "Ich hoffe bloß, du gehst nicht vor wie im Go." "À propos, lass uns spielen - wenn ich gewinne, darf ich dich küssen." "Waaaas? Das kannst du nicht einfach so entscheiden!!" Hikaru warf eine auf dem Boden liegende Socke nach Touya. "Wenn ich gewinne, darfst du nicht nochmal solche Regeln aufstellen!" Die Partie wurde ihre bisher beste. Hikaru war überrascht, wie viel besser er spielen konnte, wenn er unter Druck stand. Als sie vorbei war saßen die Jungen erst ein paar Minuten sprachlos da. "Zu schade, dass es ein Unentschieden ist, im Moment hätte ich wirklich große Lust, über dich herzufallen. Dieses Spiel war einfach zu... aufreibend. Und gut." Hikaru kicherte. "Bei dir geht es wirklich nur um Go, Touya!" Der andere verbesserte ihn nicht, denn er wusste, dass Hikaru es nicht hören wollte. Der Blonde war fast erschlagen von der Monumentalität ihres Spiels. Er ließ sich auf den Rücken fallen und spielte es mehrere Male im Kopf durch. Beide Seiten hatten Züge gespielt, die von erheblicher Brillianz zeugten und sie brachten es einfach nicht über sich, die Diskussion zu starten. "Das war wirklich toll, Touya. Wirklich, wirklich toll." "Jep." Touya ließ sich auf der Seite nieder, stützte sich auf seinen Ellenbogen und betrachtete verträumt das Goban. "Wieso ich, Touya?" "Hm?" "Das mit der Liebe... oder was es ist." "Ach so... keine Ahnung. Weißt du, ich habe seit unserer ersten Begegnung immer an dich denken müssen, wie gern ich wieder gegen dich spielen wollte, wie ich im Go-Salon jeden Tag auf dich gewartet habe, unsere Partien, jede einzelne war immer wieder in meinem Kopf. Und bevor ich mich versah, war es nicht nur unsere Partie, sondern auch dein Gesicht. Deine sanften Hände, wie du die Steine greifst und ablegst, sogar unsere Streits, Herrgott." Hikaru schwieg. Verdammt, Touya hatte es wohl wirklich erwischt. Er wollte das nicht hören, aber irgendwie doch. Es war das erste Mal, dass ihn jemand so sehr mochte. Er wusste nicht, wie er damit umzugehen hatte. "Es tut mir leid, dass ich es bin. Die Mädchen würden sich wahrscheinlich um dich reißen." "Du bist der einzige, der mir im Go das Wasser reichen kann. Eine bessere Eigenschaft habe ich noch an keinem Mädchen gefunden." Hikaru lachte bitter. Sie lagen eine Weile dort auf dem Boden. Hikaru dachte an ihre letzte Partie. Gab es irgendeinen Zug, der besser hätte sein können? Ihm fiel keiner ein. Hatten sie schon die Hand Gottes erreicht? Nach einer halben Ewigkeit stand Touya auf und ging zum Schreibtisch, um darin herumzukramen. Als er das Gesuchte gefunden hatte, kam er wieder zurück und setzte sich neben Hikaru. "Was tust du da?" nuschelte der Blonde. Warum wurde er so verdammt müde, wenn er nur die Augen schloss? Wie spät war es denn nun schon wieder? Die letzten Nächte hatten sie offensichtlich immer zu lange gespielt. "Ich schreibe das Kifu. Ich glaube, das Institut würde dieses Spiel gerne sehen." Hikaru drehte sich auf den Bauch und robbte zu Touya, um ihm zuzusehen. Mit sicherer Hand zeichnete er das Spiel aus dem Gedächtnis auf, prüfte es nach Vollendung nochmal und drehte es dann zu dem anderen. Hikaru überflog es nur kurz, denn eigentlich war es unmöglich, dass Touya einen Fehler gemacht hatte. "Die Partie war wirklich fantastisch", stellte er noch einmal fest, bevor er endgültig die Augen schloss. "Touya?" "Hm?" "Erzählst du mir irgendwas, bis ich einschlafe?" "Hm..." Hikaru war kurz still und setzte dann hinzu: "Aber ohne mich anzustarren." "Hmm... entweder beides oder nichts." "Dann halt die Klappe und guck weg." Viel mehr konnte er nicht mehr sagen, bevor er auch schon einschlief. Touya holte Hikarus Decke aus dem Go-Zimmer und legte sie ihm über. Schon am Vorabend hatte er überlegt, ihn rüber auf seinen Futon zu tragen, zweifelte aber daran, dass er den anderen überhaupt hochbekommen würde. Also ließ er ihn dort neben dem Goban liegen und kuschelte sich in seinen eigenen Futon. Er rückte ein paar Zentimeter in die Richtung des anderen Pros, wagte jedoch nicht mehr, weil es sonst wohl auffällig wäre. Doch er bildete sich ein, selbst von dort den Geruch des anderen leicht wahrzunehmen. Er befürchtete, in dieser Nacht kein Auge zutun zu können. Immerhin hatte er Shindo irgendwie seine Liebe gestanden... ohne auf Gegenliebe zu stoßen. Er vermutete auch, dass dies unmöglich war, aber sollte er es deswegen unversucht lassen? Und nicht nur sein Geständnis, hinzu kam auch noch die atemberaubendste Partie, die sie beide je gespielt hatten. Nur wenige Dinge konnten ihn so erregen wie eine wirklich gute Partie Go. Verdammt, warum hatte Shindo ihm nicht einfach seine unsterbliche Liebe geschworen? Dann hätten sie danach gepflegt rummachen können. Er verdrehte die Augen und schloss sie danach. Es war erstaunlich einfach, mit Shindos Geruch in der Nase einzuschlafen. Noch als er das dachte träumte er auch schon. ~x~ Als Akira am nächsten Morgen die Augen aufschlug, saß Shindo vor dem Goban und betrachtete es gedankenversunken. Da er den anderen nicht aus seiner Starre erwecken wollte blieb er still liegen und schloss wieder die Augen. Ab und zu hörte er das Setzen eines Steins auf dem Brett und ein paar vor sich hin geflüsterte Worte Shindos. Verrückt, dachte er, wie nah sie einander plötzlich waren. Wäre es nicht auf diesem Ausflug würde ihr einziger Kontakt sich auf den Go-Salon beschränken. Nicht, dass er das so schlimm fand, denn Go verband sie nun einmal am meisten. Aber er schätzte auch die Zeit, die er hier an Shindos Seite verbringen konnte. Die anderen interessierten ihn nicht allzu sehr. Sie lieferten ihm zwar ab und zu interessante Partien, aber keiner konnte ihm das Wasser reichen. Bis auf Shindo. Als er das nächste Mal die Augen öffnete, war Shindo weg. War er nochmal eingeschlafen? Beleidigt stützte Akira sein Kinn auf eine Hand und starrte die Tür an. Schließlich rappelte er sich auf, zog sich an und ging zu den anderen. Er fand sie im Go-Zimmer, Shindo in ihrer Mitte vor dem Goban. Akira warf einen Blick auf das Brett und erkannte ihr gestriges Spiel. Als sie ihn begrüßten drehte Shindo sich zu ihm um. Er winkte euphorisch, bevor er auf halber Höhe den Arm sinken ließ. Akira seufzte innerlich. Hätte er es ihm lieber nicht gesagt... "Du zeigst ihnen unsere Partie?" Er setzte sich demonstrativ neben Shindo - als Kampfansage, mehr für sich selbst als für den anderen Jungen. "Ja. Ich habe sogar davon geträumt. Ein paar Ideen für bessere Züge hätte ich, aber bisher keine, die das Ergebnis wirklich beeinflusst hätte." Akira half ihm, die Partie zu Ende zu simulieren und hörte dann zu, wie die anderen sie besprachen. Shindo war der Einzige unter ihnen, der ihm ebenbürtig war, er wusste, dass sie keine besseren Züge hervorbringen würden, als er es getan hatte. Neben Shindo zu sitzen war eine gewisse Geduldsprobe für ihn. Der Arm des anderen streifte ihn ab und zu, als er bei der Diskussion auf verschiedene Steine und Punkte zeigte, Shindo selbst schien das gar nicht mitzubekommen. Akira überlegte, ob der andere ihn überhaupt ernst nahm. Schon seit längerer Zeit hatte er überlegt, was dieses Gefühl war, das der andere Go-Pro in ihm hervorrief. Er hatte vieles überlegt - väterlicher Stolz, kleinliche Eifersucht, Neid auf sein Talent, Anerkennung, kindliche Bewunderung, brüderliches Wohlwollen, Lust. Als er Letzteres einmal gedacht hatte, war er erschrocken gewesen. Er hatte es in der hintersten Ecke seiner Erinnerungen verschlossen und sich darauf beschränkt, einfach nicht mehr über seine Gefühle nachzudenken. Bis er gemerkt hatte, dass er nach ihren Partien manchmal zitternd zurückblieb, nachdem Shindo schon längst nach einem neuerlichen Streit nach Hause gestürmt war. Er hatte es auf die Wut geschoben. Bis er gemerkt hatte, dass er noch während der Spiele zitterte. Je besser das Spiel, desto mehr musste er sich konzentrieren, um seine Finger ruhig zu halten. Er hatte es auf die Intensität ihrer Partien geschoben. Doch auch das musste er irgendwann revidieren, denn auch gegen seinen Vater spielte er intensive Partien, ohne in ein emotionales Loch zu fallen. Er brauchte über ein Jahr, um sich darüber klar zu werden, dass einzig sein Gegner der Grund für seine körperliche Reaktion war. Naja, und vermutlich die Pubertät. Als er es schließlich erkannt hatte, hatte er Shindo zuerst gemieden, doch er hatte sich nach den Spielen gesehnt, nach dem Nervenkitzel... nach Shindo. Er hatte wieder gegen ihn gespielt und das Zittern hatte mit jedem Mal nachgelassen, während er sich immer klarer darüber wurde, dass er hinter dem anderen her lechzte. Akira hatte es unter Verschluss gehalten, doch es hatte nicht aufgehört. Als Shindo ihn schließlich zu dem Ausflug eingeladen hatte, sah er seine Chance. Er wollte nicht weiter im Ungewissen bleiben. Nunja, alles danach wollte er jetzt lieber vergessen. Doch er würde sein Wort halten und nicht aufgeben. Shindo war offensichtlich an niemandem interessiert, warum also diese Lücke nicht schließen? ~x~ Hikaru wurde fast verrückt. Touya folgte ihm wie ein Welpe auf Schritt und Tritt. Es wirkte, als wolle er Wort halten. Nach dem Frühstück griff Hikaru sich Asumi und erklärte, er wolle einen kurzen Spaziergang mit ihr machen. Mit Blick auf Touya setzte er hinzu: "Allein." Asumi war überrascht, folgte ihm aber auf die Dorfstraße. Sie schlenderten eine Weile nebeneinander her, bevor sie die Neugier nicht mehr aushalten konnte. "Was sollte das? Was ist denn los?" "Hast du es nicht bemerkt? Ich meine, Touya..." "Naja... ein bisschen seltsam ist er schon. Wieso, hat er etwas gesagt?" "Etwas gesagt ist untertrieben", seufzte Hikaru. Er rieb nervös Mittel- und Zeigefinger, an denen er die Hornhaut spüren konnte. "Er liebt mich." Er sah Asumi an und sie erschrak. Hikarus Augen waren weit aufgerissen, in ihnen stand Verwirrung und ein gewisser Schock. "Ganz ruhig, Hikaru." Sie strich ihm über die Hand. "So schlimm ist das doch nicht, oder?" "Findest du? Ich meine... Ich weiß nicht. Ich kenne ihn nichtmal gut genug und... ich... könnte so nie an Touya denken." "Weißt du, manchmal kann man einfach nicht alle Möglichkeiten in Betracht ziehen." "Wie? Das verstehe ich nicht." "Es ist wie im Go. Dein Gegner macht plötzlich einen Zug, an den du gar nicht gedacht hattest. Er ist einfach da, ohne Vorwarnung. Und du merkst: er ist besser als alles, was du dir überlegt hattest. Es ist einfach und natürlich, aber du wärst nie im Leben drauf gekommen." Hikaru nickte. Sollte es so sein mit Touya und ihm? Einfach, natürlich, besser als jetzt? Er schüttelte den Kopf. Unmöglich, oder? "Was meinst du soll ich tun?" fragte er verzweifelt. Asumi schüttelte den Kopf und hielt weiter seine Hand. "Du kannst vieles tun. Je nachdem, was du darüber denkst. Zum einen könntest du die Drama Queen spielen, eure Freundschaft kündigen und dich von nun an von ihm fernhalten." Auch unmöglich, dachte er. Touya war der einzige Weg für ihn zur Hand Gottes. Wenn sie nicht mehr Go spielen konnten wüsste er nicht, was er sonst tun sollte. "Oder du lässt einfach alles beim Alten, was ihn nach einiger Zeit vermutlich sehr frustrieren wird. Oder aber du gibst ihm eine Chance." Hikaru schüttelte den Kopf. Als ob das je passieren würde. "Jedenfalls solltest du erstmal mit ihm reden. Du weißt ja selbst gar nicht, was du wirklich willst." Oh doch, dachte er, sagte aber nichts. Es würde Touya nicht gefallen. Natürlich würde es das nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)