Erwachen im Frühling von nataschl91 ================================================================================ Kapitel 3: Fragen über Fragen ----------------------------- "...und er hat erste Hilfe geleistet? Find ich ja mal total süß!", quitschte Daniela, als sie mit mir und Melinarés am Montag nach der Schule einen Kakao trinken ging. Ich hatte den beiden gerade von meinen kleinen "Unfall" am Samstag morgen erzählt und nun wollte Dani natürlich Details. "Und, wie ist der 'falsche Engel' denn so?" Ich merkte, wie mein Gesicht heiß wurde und zögerte ein wenig, doch als auch Melinarés drängelte spuckte ich es dochendlich aus: "Er...er riecht gut." Die beiden tauschten einen vielsagenden Blick. "Jetzt mal ehrlich, Mädels! Ich finde es ausschlaggebend, wenn er gut riecht!", konterte ich geschickt. "Nach was roch er denn? Ich denke kaum, dass ein Mann gut riechen kann, wenn er gerade beim Joggen war...", fragte Daniela und sah mich über den Rand ihrer Tasse hinweg an. "Hm...er roch nach Wald." "Tse...die lassen sich immer wieder was neues einfallen!" "Jetzt hör doch auf, Dani...ich finde es klasse, dass sich Clarissa gleich nach knapp einen Monat verknallt!" "Ich habe mich nicht in Gabriell verknallt!" "Nein!", gaben die zwei langgezogen im Chor zurück. "Hört auf!" Ich schlug die Hände vor's Gesicht um meine Röte nicht zu zeigen, doch Melinarés und Daniela wussten bescheid und kicherten. "Ich sie nicht süß...wie sie es jetzt noch abstreitet?" Melinarés grinste nur weiter und nickte eifrig. Genau in diesem Moment trat Julien mit ein paar lachenden Kumpels in das Lokal, alle hatten ihre Krawatten gelockert, was ihenen jetzt einen kleinen Badboy Touch verlieh. Mein Freund aus Kindertagen erkannte mich natürlich sofort, auch wenn ich mit dem Rücken zu ihm saß. Er schien seinen Kumpels zu sagen, dass er nachkäme und schlenderte gemütlich zu uns rüber. "Ladys...", grüßte er charmant und lächelte dabei. "Hi Julien!", grüßten Melinarés und ich gleichzeitig. Der Junge schaute zu der Dritten im Bunde und seufzte:" Daniela..." "Julien..." Die zwei nickten sich kurz zu und Julien widmete sich wieder zu uns: "Ich mach dieses Wochenende einen kleinen DVD Abend bei mir zu Hause und wollte fragen, ob ihr nicht Lust hättet auch zu kommen?" "Sind deine Eltern wieder mal im Ausland?", stichelte Daniela und schlürfte an ihrem Cappuccino. "Das auch, außerdem hatte ich am Samstag meinen 18." Julien verdrehte die Augen, beachtete sie jedoch nicht weiter. "Ach, du hattest auch wieder mal Geburtstag?" "Stell dir vor, alle 365 Tage." "Gibt es auch Alkohol an diesem Abend?", fragte Daniela ziemlich gleichgültig, immer noch ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. "Ich werde was besorgen, für die die nicht ohne können..." "Ich werde da sein!", versichterte Daniela und grinste ihn gehässig an. Der Junge widmete sich noch mal Melinarés und mir zu und verdrehte spaßhalber die Augen. "Wie gesagt, für die die nicht ohne ihn können besorge ich ein zwei Bierchen..." "Bier?", kam geschockt von Daniela, "Junge du veranstaltest einen DVD Abend und kein Saufgelagere!" Julien schlug eine Hand vor die Augen und stöhnte aus lauter Verzweiflung: " Bordeaux Chateau Maynard? Oder ziehst du lieber einen lieblichen Banyuls Mas Cornet vor?" "Hm...den zweiten bitte...und damit du's weißt: nicht wegen des Preisunterschieds von fast fünf Euro, sondern weil du mich gerade so gut beraten hast", zwinkerte sie dem Jungen zu. "Ich stell ihn schon mal kühl...", versprach Julien und sah zu mir, "kann ich auch mit deiner Anwesenheit rechnen? Es gibt nicht nur Action- und Horrorfilme!" "Diesen Samstag...ich denke, da kann ich was für dich freihalten, Julien", lächelte ich. Er erwiederte es und mir flatterten wieder die Schmetterlinge von Samstag Abend im Bauch herum. Der Junge brachte Eisberge zum schmälzen... "Also ich geh dann wieder mal, die Jungs warten auf mich...Melinarés, Clarissa", Julien schielte wieder zu unserer bekennenden Weintrinkerin, "Daniela..." "Julien...", erwiderte diese und hob ihm die Tasse entgegen. "Tse", seufzte er, doch noch so laut, dass es Daniela noch hören konnte und deswegen eine lustige Grimasse zog. "Der is soooo goldig! Und nicht wegen seiner Haarfarbe die im übrigen von den alten Germanen als 'golden' bezeichnet wurde..." "Geschichtsprüfung...?", fragte Melinarés halbherzig nach und aß einen Keks. "Am Donnerstag. Vier Seiten. Vier! Seiten!" "Du wirst es überleben..." Melianrés linste zu mir, "meinst du, dass du mit dem Stoff in Grammatik alleine zurecht kommst? Ich habe jetzt drei mal die Woche Training." "Ja, ich habe mir genügend Notizen gemacht." "Denk dran, dass wir am Freitag eine Arbeit in Mathe schreiben, wegen der Weihnachtsferien!" "On man...ich hasse Mathe...und ich hasse diese Lehrerin! Wie kann man den Stoff nur so trocken vermitteln!", beschwerte ich mich und schob mir ebenfalls einen Keks in den Mund. "Du wirst es überleben...", wiederholte sich Melinarés. "Hm...meint ihr ich sollte unser Goldlöckchen mal anknabbern, jetzt wo er 18 ist?", grinste Daniela. "Ich dachte, er wäre dir zu jung?" "Nein, ich sagte dir damals, er wäre mir zu bubimäßig. Keine Muskeln...du siehst ja nicht mal sie Sehnen am Arm!" Ich grinste. Julien war nicht muskulös, mehr schlaksig und doch hatte er eine tolle Figur. Doch irgendwo versetzte es mir einen Stich, als Daniela solche Scherze machte. Eigentlich sollte es mir egal sein, doch dafür kannte ich Julien schon zu lange. "Und?", fragte Daniela plötzlich und schaute zu mir. "Was ist?" "Was machen wir jetzt mit dir und deinem 'falschen Engel'?" "Was soll ich da schon machen? Ich kenne Gabriell nicht einmal richtig." "Er hat dich heimgetragen ganze zwei Kilometer, Mädchen!", beschwerte sich Dani und reichte der Bedienung ihre leere Tasse, "und außerdem schwärmst du so von seinem Körpergeruch und das er so nett zu dir war!" "Ja schon, aber auf der anderen Seite macht er ständig blöde Bemerkungen...er scheint nicht ernst bei der Sache zu sein..." "So sind Jungs eben! Sie schaun zuerst wie weit sie bei dir gehen können und dann zeigen sie ihr 'wahres Ich'." "Meinst du?", fragte ich sie unglaubwürdig. "Ich weiß es." Icch sah zu Melinarés. "Sie weiß es, glaub mir...Mädels ich muss los, mein Coach hat mich schon zwei mal angeklingelt. Wir sehen uns morgen!" "Ciao!" "Tschüssi!" Wir sahen Melinarés solange hinterher, bis sie in den nächsten Bus eingestiegen und fortgefahren war. Daniela fuhr fort: "Und? Meinst du nicht, ihr zwei solltet mal anbandeln?" "Vielleicht macht er sich nur einen Spaß daraus, mich auf die Kippe zu nehmen und gleichzeitig den braven Nachbarsjungen zu spielen? Vielleicht bin ich gar nicht sein Typ?" "Um Himmels Willen, du machst dir ja wirklich Gedanken darüber! Hattest du überhaupt schon mal einen Freund?" "Dani!", ermahnte ich sie, "frag mich vielleicht noch lauter, die da hinten haben es nicht mitbekommen!" "Oh-mein-Gott...dann bist du ja noch völlig unschuldig!" "Daniela!" Das Mädchen mir gegenüber lachte munter auf und hielt sich den Bauch vor lauter Seitenstechen, während ich nur da saß und die Blicke der Passanten abbekam. "Sie fühlt sich nicht gut...", erwiderte ich als ein älterer Mann an uns vorbei ging und große Augen machte. Zehn Minuten später hatte sie sich wieder einigermaßen im Griff und wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. "Sorry...das...oh man!" Daniela schnappte nach Luft, "es geht wieder...denke ich..." Sie lächelte mich an und musste wieder grunzen. Die Woche verging wie im Flug... Daniela schreib ihre Geschichtsarbeit, während ich zusammen mit Anna oder Melinarés für Mathe büffelte und mir keinen Spaß erlaubte. Am Freitag nach der Schule stand ich neben Gabriell im Bus, Melinarés hatte wieder Training und Daniela hielt nicht viel vom Bus. Sie fuhr lieber mit ihrem Auto... "Und, wie fandest du Mathe? Ich liebe Gleichungen mit Brüchen und Wurzel und was man da noch reinbauen kann!" "Ich hoffe, dass sich das stundenlange lernen bezahlt gemacht hat", erwiderte ich tonlos. Ich war vom Sportunterricht total gerädert und Volleyball schaffte mich sowieso. "Hab...ich was falsches gesagt?", fragte Gabriell vorsichtig nach. "Nein, warum?" "Weil du sonst nie so kurz antwortest." "Ach so...ich bin total fertig wegen Sport." "Solltest wieder mit dem Fahrradfahren anfangen", grinste er breit. "Damit du wieder Retter in der Not spielen kannst?", warf ich ihn an den Kopf und zwickte ihn in die Seite. "Hm...mir hat es besser gefallen als du deinem Onkel gesagt hast, dass ich erste Hilfe geleistet habe." "So?" Er grinste nur und sah kurz aus dem Fenster bevor er fragte: "Wieso lebst du eigentlich bei Onkel und Tante? Ich habe gehört, dass du vorher an einem privatem Gymnasium warst..." Ich starrte Gabriell groß und erschrocken an. "Wer hat dir...?" "Ach weißt du, Shane kann ihre Klappe nicht halten und schon gar nicht, wenn du ihr Kaffee zum Frühstück gibst..." "Shane?", fragte ich scharf nach. Jetzt war Gabriell dran mit groß gucken. "Gell ihr zwei könnt nicht miteinander?" "Ich habe mich bisher noch nicht mit ihr unterhalten...woher weiß sie das?" Stille machte sich zwischen uns breit, wir hörten nur die Stimmen der anderen Businsassen um uns herum, bis Gabriell nachhakte. "Willst du nicht darüber reden?" "Meine Eltern lassen sich scheiden...mein Bruder hat es schlau gemacht und studiert Naturwissenschaft im Ausland, während ich nur die beiden Optionen dableiben oder zu Onkel gehen hatte." "Sie wollten dich zwingen, dass du dich für einen von beiden entscheidest, richtig?" "So in der Art..." "So haben es meine Eltern zumindest gemacht", erklährte Gabriell und wippte mit dem Kopf hin und her, "und ich durfte noch nicht mal entscheiden..." "Oh...das tut mir leid..." Wir stiegen aus und liefen an ein paar Einkaufhäusern vorbei. "Muss es nicht. Mein Großvater hat mich zu sich genommen und mich dann aufgezogen, nachdem meine Eltern beide das Sorgerecht für mich verloren hatten und ins Ausland gingen..." "Du bist bei deinem Großvater aufgewachsen?" "Hm...ja, ich war acht Jahre alt damals..." Er blickte zu mir und fragte ungläubig warum ich ihn verfolgte. Blitzschnell sah ich mich um und erkannte, dass wir vor einer Turnhalle standen, wo ich noch nie vorher war. Shit!, dachte ich. Ich war so in das Gespräch mit Gabriell verwickelt gewesen, dass ich eine Haltestelle zu früh ausgestiegen war. "Oh..." "Oh? Das ist alles was dir einfällt?", lachte er und schüttelte den Kopf, "ehrlich Mädchen...du bist mir eine." Da kam mir der Satz von Daniela wieder in den Sinn. Sollte ich es versuchen, es aus ihm herauszukitzeln? Ich seufzte, was könnte ich schon verlieren? "Was bin ich denn für eine?", fragte ich und versuchte süß zu lächeln. "Naja...", begann Gabriell und hielt anscheinend inne, um seine Worte genau zu überlegen, "du bist ein weibliches Wesen mit braunen langen Haaren, dunkelgrünen Augen und einem Stockmaß von eins sechzig." "Eins fünfundsechzig!", verbesserte ich ihn. "Gut, dann eben so." "Mehr...nicht?" Gabriell musterte mich mit großen Augen, anscheinend wusste er nicht so genau, worauf ich hinaus wollte. Dann nach zwanzig Sekunden machte es "klick" bei ihm. "Oh...", machte jetzt er und stemmte die Arme in die Hüfte, "verstehe! Das meinst du bist du für mich?" "Wenn du das meinst, was ich grade denke dass du meinst liegst du falsch!", erwiderte ich und nahm einen Schritt zur Seite Sicherheitsabstand. "Was sollte ich denn denken? Meinst du etwa ich steh auf dich?" Der Schlag hatte gesessen. Ich hielt inne und überlegte ob ich ihn eine knallen oder einfach nur weglaufen sollte. Oder gab es eine dritte Option für mich? Während sich die Temperatur in meinem Gesicht dramatisch steigerte holte ich tief Luft, welche in meiner Lunge brannte, da es eisigkalt war. "Weißt du was, Gabriell...ich dachte wir wären einigermaßen gute Kumpels und ich könnte Blödsinn mit dir machen oder was mit dir unternehmen, aber du hast mir bewießen, dass es nicht so ist." Jetzt starrte er mich an und öffnete den Mund um zu protestieren, ließ es jedoch sein. Ich erwiderte eine Zeit lang seinen Blick, bis ich etwas hinter mir hupen hörte. Der Bus fuhr gerade wieder an die Haltestelle und der Fahrer zeigte auf mich, ob ich mitfahren wollte. "Also...man sieht sich Gabriell", verabschiedete ich mich und stieg ein. "W...warte mal...Clarissa!", rief er mir hinterher, "was machst du morgen Abend? Wir...wir könnten ein Bier zusammen trinken gehen?" Ich war überrascht, dass ich ihn mal ratlos vor mir haben würde. "Ich bin morgen bei Julien eingeladen." "Eingeladen? Bei Julien?", hakte er nach und ich sah ihm an, dass er leicht verärgert war, "wieso bei dem?" "Er feiert seinen 18. nach...wenn du ganz lieb bist läd er dich vielleicht auch noch ein", lächelte ich und zeigte dem Busfahrer meine Karte. Anna war als einzige zu Hause gewesen und grinste mich breit an. "Was ist? Hab ich was ausgefressen?", fragte ich nach und hing meine Jacke auf. "Nein, ich habe hier etwas für dich, da du ja die ganze Zeit kaum was für dich tun konntest...sieh es als Belohnung für deine guten Noten." Sie überreichte mir einen Umschlag, in dem zwei Zettel waren, ein hellblauer und ein gelber. "Gutscheine? Für mich? Oh, Tante du bist super!" "Einer ist für die Wellnessoase in der Stadt. Jetzt hast du ja Ferien und ich denke kaum, dass du in der Zeit lernen möchtest. Also habe ich mir gedacht, dass es dir auch mal gut tun wird, mal abzuschalten." "Und der zweite...oh? Für einen Haarschnitt", las ich und sah dann zu Anna. "Falls du mal auch dein äußeres verändern möchtest, da du jetzt ein anderes Inneres hast." "Vielen Dank, Anna!", lachte ich und umarmte sie, "den für die Oase werde ich morgen gleich einlösen...ich denke, wenn ich früh hingehe schaffe ich es noch rechtzeitig zu Julien!" "So? Ihr habt was ausgemacht?" "Er gibt morgen einen DVD Abend und hat ein paar Freunde eingeladen." "Dann wünsch ich euch viel Spaß dabei. Wirst du bei ihm übernachten, oder wie kommst du wieder heim?" "Ich werde von einer Freundin mitgenommen", grinste ich und hatte sofort ein schlechtes Gewissen. Ich hatte null Ahnung, wie ich heimkommen würde, zum Laufen war es zu weit und um die Zeit fuhr auch kein Bus... "Cool, ein Wellnessgutschein...ich bin morgen auch da, mit meinem Freund!", lachte Daniela noch am selben Abend am Telefon. Ich war überrascht, sie hatte mir noch nie von ihm erzählt. "Schämst du dich so sehr für ihn, dass du ihn uns noch nicht vorgestellt hast?" "Nein nein...wir sind erst seit zwei Wochen zusammen...er hat mich morgen auf einen Chilltag in diese Oase eingeladen...ist das nicht süß?" Sie qutischte vergnügt am Telefon, wie ein kleines Kind, dass ein neues Spielzeug bekommen hatte. "Dann sehen wir uns morgen...ach Dani?" "Hm...was ist?" "Du kommst morgen sicher mit dem Auto, oder?", fragte ich vorsichtig an, in der Hoffnung sie könnte mich mitnehmen. "Hm...ich werde von Jackie gefahren. Meinem Freund." "Ach so...holt er dich auch wieder?" "Ich geh mal stark davon aus, dass er da bleibt. Julien hat nichts dagegen nachdem ich ihm versprochen habe, dass wir ganz brav bleiben." Sie lachte wieder. "Ihr...übernachtet dort?" "Ja...wieso? Traust du dich nicht?" "Doch schon. Aber...ich weiß nicht..." "Du traust dich doch nicht!" "Verdammt, ich weiß nicht!", fluchte ich und rannte in meinem Zimmer herum, sammelte Klamotten auf und schmiss diese ein paar Meter wieder auf den Boden, "ich bin so durch den Wind deswegen!" "Frag doch Gabriell ob er dich heimfahren kann?" "Ich dachte er kommt nicht?" "Tut er auch nicht. Noch nicht!", meinte Daniela und fuhr fort, "ich habe Julien auch noch mal gefragt ob es ihm was ausmacht, dass Jackie mitkommt...frag du ihn doch auch, ob Gabriell mitkommen kann?" "Ist nur der große Unterschied, dass Jackie dein Freund ist. Und Gabriell...er..." "Ihr habt euch gestritten, stimmt's? Und das noch bevor ihr überhaupt zusammen wart..." "Nicht unbedingt gestritten...", erwiderte ich und überlegte für ein anderes Wort, "sagen wir lieber, dass wir aneinander vorbei gesprochen haben..." "Also doch gestritten." "Dani!" "Hör zu, ich weiß von Jackie- der im Übrigen ein guter Kumpel von Gabriell ist- dass dieser immer nach dem Training noch mal ein paar Bahnen schwimmen geht. Und jetzt rate mal, was die beiden morgen haben!" "Training?" "Frag ihn er wird sicher nicht nein sagen!", meinte Daniela und verabschiedete sich. Nun stand ich da und überlegte...sollte ich Gabriell morgen mitnehmen oder sollte ich auf gut Glück bei Julien übernachten? Ich schüttelte nur den Kopf und wählte Juliens Nummer in das Telefon. Was sollte schon in beiden Fällen großartig passieren? Julien war ein guter Freund und was Gabriell betraf, er hatte mir heute bewiesen, dass er doch nichts für mich empfand... "Minuaré?", meldete sich Sean am anderen Ende. "Hallo, hier ist Clarissa. Ist Julien gerade in der Nähe?" "Oh, hallo Clarissa, natürlich er steht schon neben mir...sag einen schönen Gruß an Frederik und Anna!" "Mach ich..." Zwei Sekunden später hörte ich Juliens Stimme am Hörer, er fragte besorgt ob etwas passiert sei, oder ob ich mich umentschieden hätte. "N...nein, alles in Ordnung. Hör mal, ich habe gehört, dass Dani ihren Freund mitbringt..." "Jackie, ja...ich werde wohl doch die Couch ausziehen und das Luftbett aufblasen müssen...", meinte Julien und kicherte, "willst du auch noch jemanden mitbringen? Jetzt macht es eh nichts mehr aus ob einer mehr oder weniger kommt..." Ich strahlte förmlich und machte einen halben Freudentanz in meinem Zimmer. Dann hatte sich diese Situation erledigt. "Ja, ich wollte Gabriell noch mitbringen...wenn es geht?" "Gabriell? Der große mit den gelben Augen?" "Bernsteinfarben", berichtigte ich Julien. "Hm...ja von mir aus." "Oh danke Julien! Du bist super!" "Wenn du es sagst", lachte er. Das warme Massageöl fühlte sich super an, als es von der Frau auf meinen Rücken verteilt und einmassiert wurde. Ich spürte wie mein verspannter Rücken und meine Schultern unter ihren Händen weichgeknetet wurden und wie eine zweite Frau sich an meinen Füßen abreagierte. Ich würde Anna abknutschen. So etwas hatte ich dringend nötig jetzt nach der langen und stressigen Lernperiode. Das Niveau hatte ich einigermaßen erreicht und war auch mit der ersten Englischarbeit ziemlich zufrieden gewesen. Auch mein Lehrer Herr Belbadarie hatte mich gelobt, dass ich in so kurzer Zeit so gut mitkam. Dafür hatte ich Melinarés einen Drink ausgegeben als Dank, dass sie so viele Nerven für mich aufgeopfert hatte. "Hab ich doch gern gemacht, Süße...", hatte sie mir entgegengelächelt und mich umarmt. "Ich hätte echt nicht gedacht, dass ich es so schnell schaffe! Das habe ich nur dir zu verdanken!" Daniela räusperte sich und ich umarmte sie: "Dir natürlich auch mein Schatz!" "Möchten Sie auch von Vorne massiert werden Mademaoiselle?", fragte die erste Frau leise. "Oh...wenn dann schon richtig, oder?", döste ich schon fast. Ich drehte mich auf den Rücken und merkte, wie die Frau an meinen Oberschenkeln begann. Irgendwie schoß die Röte in mein Gesicht obwohl sie auch nur eine Frau war. Ich lag nicht jeden Tag oben ohne vor einer fremden Frau und wurde auch noch von ihr massiert... Nach einer Stunde wurde die Massage beendet und man sagte mir ein kurzer Abstecher ins Thermobecken wäre nach so einer Massage ein Muss! Als zog ich mein Bikinioberteil wieder ein und marschierte Richtung Thermobecken. "Hey, Clarissa!" Ich blieb apprupt stehen und kniff die Augen zusammen. Nein! Den hatte ich volkommen vergessen! Ich drehte mich in der Hüfte um und versuchte unschuldig zu grinsen. "Hallo Gabriell...was geht ab?", grüßte ich verlegen, "verfolgst du mich?" Er grinste schief da ich die gleichen Worte wie er gestern benutzte und kam mir mit einem Handtuch entgegen. "Naja ich schwimm nach dem Training immer ein paar Runden hier...ist auf dem Weg zu mir nach Hause und eine gute Methode mich abzureagieren. Und du? Ist...das ...Öl?", fragte er schon fast begeistert und strich über meinen Arm. "Ja. Ich hatte einen Gutschein für eine Massage und gehe jetzt ins Thermbecken...hey lass das!" Er grinste nur und hörte auf seinen Arm an meinen zu reiben und fragte: "Was...dagegen, wenn ich mitkomme? In Becken meine ich." "Wieso fragst du mich das?" "Naja, nach der Ansage von gestern..." "Schau mich nicht so an! Der Dackelblick zieht bei mir nicht!", zischte ich, "von mir aus..." Gabriell zwinkerte mir nur zu und rubbelte seine kurzen Haare trocken. Während das Handtuch seinen Blick vor mir verbarg konnte ich seinen angedeuteten Sixpack begutachten. Verdammt sieht der Kerl gut aus, dachte ich und begutachtete ihn weiter. Was mir nicht auffiel war, dass er seit zehn Sekunden meinen Blick erwiderte. "Dir...gefällt anscheinend was du da siehst?", grinste er. Ich zuckte zusammen, weil er mich auf frischer Tat ertappt hatte und lief knallrot an. "W...wie kommst du darauf? Einbildung ist auch Bildung, wusstest du das?" Gabriell grinste noch breiter:" Es gefällt mir, wie du dich immer so künstlich aufregst." "W...w...Was?" Jetzt lachte er und hielt sich den Bauch. Ich stand da und wäre am liebsten im Erdboden versunken. "Siehst du, genau das meine ich!" "Oh du! Hör auf damit Gabriell!" Er kicherte noch ein bisschen vor sich her, während wir zusammen zum Thermobecken gingen. Von dort kam gerade Daniela mit ihrem Freund, guckte zu mir, dann zu Gabriell. Ihr Mund wurde ein breites Grinsen und sie streckte mir beide Daumen nach oben entgegen, während Jackie seinen Arm um ihre Hüfte legte und ihr einen Kuss auf die Stirn gab. So viel zu "wir sind erst seit zwei Wochen ein Paar"... "Eine Freundin von dir?", fragte der falsche Engel und hielt mir die Tür auf. "Hm? Oh ja, Dani is eine sehr gute Freundin aus der Oberstufe." Gabriell ging vor mir ins Becken und drehte sich gleich wieder zu mir um. "Oberstufe? Die is doch nicht älter wie ich!" "Sie wird neunzehn." Seine Miene verzerrte sich zu einer Grimasse und er schlug spaßhalber mit der Faust auf die Wasseroberfläche. Ich grinste ihn breit an und meinte: "Sie ist sowieso vergeben." Aha, zwei Wochen!, dachte ich und grinste breit. Gabriell blickte zu mir auf, da ich noch auf der Treppe ins Thermobecken stand und schien eine ernste Miene zu machen. "Wer sagt denn, dass ich was von ihr will?" "Naja...deine Reaktion von gerade", meinte ich zögerlich und zuckte mit den Schultern. Nicht schon wieder die selbe Situation von gestern, bitte nicht!, dachte ich und verpasste mir innerlich einen Maulkorb. Er zog eine Augenbraue hoch und schwamm eine kleine Runde, während ich mich auf meine Treppe hockte, so dass das Wasser mir fast bis zum Hals ging. Was sage ich ihm jetzt?, dachte ich schon fast verzweifelt. Eigentlich war er ja ganz nett und er konnte Kontra geben...Wieso machte ich es mir mit ihm bloß so schwer...? Als Gabriell von seiner Schwimmübung zurückkam sah er mein bedrücktes Gesicht und fragte: "Alles okay?" Ich schreckte abermals hoch und nickte nur. "Alles okay..." "Du hast ein schlechtes Gewissen wegen gestern?", lächelte er und schwamm ganz nah zu mir hin, nur den Kopf aus dem Wasser ragend. "Und wie kommst du auf die Idee?" "Deine bekümmernde Miene von gerade, du läufst rot an...das sind alles Anzeichen...!", grinste er, doch ich tauchte seinen Kopf unter, sodass er den Satz nicht zuende sagen konnte. Als er wieder auftauchte lachte Gabriell und fügte hinzu: "Diese Aktion!" "Nervensäge..." Er schwamm wieder zu mir her, nahm aber dieses Mal einen gebührenden Sicherheitsabstand von zwanzig Zentimetern ein und fragte erneut: "Willst du mir nicht vielleicht doch sagen was dich bedrückt, oder ist das so eine Mädchensache?" "Wieso willst du das überhaupt wissen?" "Wieso ist das für dich so schwer zu verstehen?", warf er mir an den Kopf und zwinkerte erneut. Ich öffnete meinen Mund, um irgendetwas ironisches zu sagen, doch erst da wurde mir bewusst, was Gabriell gerade eigentlich wirklich gesagt hatte. Ich sah in seine bernsteinfarbenen Augen und er hielt meinem Blick stand ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Oh mein Gott... "I...ich muss los!", rief ich plötzlich und sprang aus dem Becken. "Was? Warte mal!" Ich hastete in die Schwimmhalle und suchte nach meiner Tasche, holte den Schlüssel heraus und lief so schnell es mir die glatten Fliesen erlaubten zu meinem Spint. "Ich bin so dumm, ich bin so dumm, ich bin so dumm...verdammt!", raunte ich vor mir her, als ich versuchte den Schrank aufzuschließen und mir der Schlüssel herunterfiel. Als ich mich bückte um diesen aufzuheben stieß ich mit Gabriell zusammen, der anscheinend dasselbe vorhatte. "Autsch!" "Wieso haust du jetzt plötzlich ab?", fragte er stand aber ganz brav neben mir und rieb sich die Stirn, "hab ich was falsch gemacht?" "N...nein es hat nichts mit dir zu tun...", stammelte ich und schmiss die Klamotten in eine Kabine, "ich muss mich noch zu Hause fertig machen für heute Abend und meiner Tante noch helfen..." "Ich könnte dich heimfahren?" Das überhörte ich ellegant und schloss die Tür zur Kabine. Dort verschnaufte ich erst mal kurz und zog mich dann an, meinte Finger zitterten, sodass ich mich unheimlich blöd anstellte beim Schuhezubinden. Ich löste das Haarband und meine braune Mähne fiel über die Schultern, während ich zum Ausgang schlenderte und die Fahrkarte für den Bus suchte. "Gerade eben hattest du's noch eiliger..." Gabriell saß bereits im Eingangsbereich, das eine Bein über das andere geschlagen und wartete grinsend auf mich. Ich seufzte nur und ging durch die Drehtür. "Du verfolgst mich wirklich, habe ich Recht?" "Aber nur, weil du mir meine Frage nicht beantwortet hast...und weil ich dich heimfahre." "Über den zweiten Punkt habe ich mich noch nicht geäußert..." "Komm schon, ich habe es doch nicht böse gemeint...Clarissa! Warte!" Ich blieb so plötzlich stehen, dass mir Gabriell ins Kreuz lief, stolperte und zu Boden ging. Ich grinste nur und meinte: "Ich weiß ich bin umwerfend!" Er sah zu mir auf, blieb jedoch liegen und verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich bleibe solange hier liegen, bis du mir erlaubst dich heimfahren zu dürfen!" "Dann hoffe ich aber, dass du eine warme Decke dabei hast, es soll heute Nacht ziemlich kalt werden", kicherte ich und winkte ihm nach unten, "bye!" An der Bushaltestelle las ich den Plan und stöhnte. Natürlich hatte ich ihn um Haaresbreite verpasst und nun musste ich eine Stunde warten bis der Nächste kam. Ich hockte mich auf die Bank und sah auf mein Handy. Eine neue Nachricht...diese war von Melinarés, welche mir schrieb dass sie doch nicht kommen würde sie hatte sich eine Grippe eingefangen. Toll! Jetzt war ich der hungrigen Meute ausgeliefert, während Daniela mit ihrem Freund wahrscheinlich kuschelte und nicht auf mich aufpassen konnte. Gerade noch überlegte ich Julien anzurufen um ihm auch abzusagen als eine Mutter mit Kind zu meiner Haltestelle kamen. "Mutti da liegt ein Junge auf der Straße!" "Geh ja weiter! Du weißt nicht, zu was diese Menschen fähig sind!" "Er sieht traurig aus, Mutti..." "Lass ihn liegen, wahrscheinlich ein Säufer, der es nicht rechtzeitig in seinen Karton unter die Brücke geschafft hat!" "Wird er sich nicht erkälten, Mutti?" "Lass das mal deine Sorge sein...komm mit, ich mache dir eine heiße Schokolade zu Hause..." Während das Kind jubelnd neben seiner Mutter herlief sah ich den Gehweg zurück, den ich vom Schwimmbad gekommen war. Ich seufzte abermals und schüttelte den Kopf. "Hat dich das Mittleid gepackt oder wolltest du nur sehen ob ich schon festgefroren bin?", fragte Gabriell zu mir als ich mich neben ihn in die Hocke begab. "Hm...was wäre dir denn lieber?" "Ich brauche kein Mittleid...", grinste er, "schon gar nicht von einem Mädchen wie dir, das wegen einer einfachen Frage davonläuft!" "Ich bin bei Julien zum DVD Abend eingeladen..." "Das hast du mir schon gestern gesagt." "Ich...ich wollte dich fragen ob du nicht Lust hättest...mit...mir dorthin zu gehen?" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)