The Bitter & the Sweet von Asketenherz ================================================================================ Kapitel 6: Ungeplant. --------------------- Hallo, meine Lieben... ... ich entschuldige mich in aller Form für diese unerhörte Verspätung dieses Updates. Doch ich hoffe ihr seht mir nach, dass ich keine Vollzeitautorin bin und nebenbei noch studiere. Trotzdem habe ich mich bemüht und die Story geht voran. Mich beschleicht das Gefühl, dass dieses Kapiteln einigen von euch gefallen könnte. :) Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und hoffe, ihr hinterlasst mir was, nachdem ihr euch durch die 14 Seiten (zumindest in OpenOffice) geschmökert habt. Liebe Grüße und einen herzlichen Dank an meine Beta-Fee (*holt die Glitzer-Kanone und richtet sie auf die bezaubernde *) Kapitel 6 - Ungeplant. - Rose flocht sich ihr rotes Haar zu zwei dicken Zöpfen, die sie über ihre Schultern fallen ließ. Dazu trug sie eine einfache Jeans und ein T-Shirt, auf dem der Name ihrer Lieblingsband stand: „Verlorene Propheten“. Heute wollte sie nicht kokettieren und nicht gefallen, heute wollte sie sie selbst sein. Auch wenn sie Malfoy dafür hasste, hatte er recht – es wäre unfair noch jemand anderen darunter leiden zu lassen, worunter sie nun schon seit Jahren litt. Sie würde einfach nur tanzen gehen, denn Zabini war für seinen wirklich guten Musikgeschmack bekannt. Und weil seine Eltern reich waren, spielte sogar eine Band für ihn zu seinem achtzehnten Geburtstag. Denn nun war er auch in der Muggelwelt volljährig. Er würde in der alten Lagerhalle des Honigtopfs feiern – ein großer Raum in Hogsmeade. Und nur die geladenen Gäste hatten für diesen Abend Ausgang ins Dorf. Schließlich war es kein offizielles Wochenende. Deswegen hatte Zabini sich die Mühe gemacht, alle Schüler ab der fünften Klasse aufzulisten und zu seinen geladenen Gästen zu zählen. Das war wirklich sehr sozial von ihm, denn wenn auch nicht alle erscheinen würden, hatten zumindest alle die Chance auf eine tolle Feier. Alice hatte sich endlich wieder aus dem selbst geschaufelten Loch befreit und sich hübsch gemacht. Dass Albus sie auch diesmal nicht gefragt hatte, ob sie ihn begleiten wolle, hatte sie mit Würde getragen und trotzdem jeden anderen Jungen abgewiesen, mit dem Hinweis, mit ihren Freundinnen gehen zu wollen. „Wer braucht schon Männer“, grummelte sie und band sich ihre Haare zu einem strengen Zopf. Rose mochte es, wenn sie die Haare so trug – da wirkte ihr äußeres feenhaft, mit den zarten Wangenknochen und der zierlichen Figur. Sie schlüpfte ebenfalls in ihr Lieblingsoutfit. Ein dunkelrotes T-Shirt mit einem schwarzen Pik-Ass darauf und eine enge Jeans, die sie schon Ewigkeiten hatte, zumindest kam es Rose so vor. Diesmal hatte sogar Lily darauf verzichtet, ein betörendes Aussehen zu wählen und kam in einem schlichten kurzen Kleid. Rose fand den Anblick ungewöhnlich, denn es war lange her, dass sie sie das letzte Mal darin gesehen hatte. „Heute Abend rocken wir“, nickte Rose bestätigend und hakte sich bei ihren Freundinnen unter. Gemeinsam gingen sie bester Laune hinunter in die Eingangshalle und stellten sich in die Reihe Partygäste, die durch Filchs Kontrolle mussten, wenn sie feiern wollten. „Lily Potter, Rose Weasley und Alice Longbottom“, sagte Alice rasch, als hätte sie keine Zeit, sich länger als eine Minute zu dem grimmigen Hausmeister zu gesellen. „Schönen Abend, wünsch' ich“, meinte er nur, doch er ließ Zweifel an der Ernsthaftigkeit und entließ sie in die Freiheit. „Hast du schon eine Ahnung, wer heute Abend spielen soll?“, fragte Lily. Rose schüttelte den Kopf, sie hatte sich sogar extra in der Gerüchteküche umgehört, doch nichts herausgefunden. Zabini schien sich gründlich darüber auszuschweigen. Ein wirklich guter Trick, um möglichst viele Gäste anzulocken. „Bist du sicher, dass wir ihm heute einen Streich spielen sollten? Schließlich ist das seine Geburtstagsfeier“, gab Lily zu bedenken und kaute auf ihrer Unterlippe. Das war das erste Mal, dass Rose bedenken von ihrer Cousine vernahm. Doch Alice schüttelte nur ihren Zopf, ihr Blick verriet, dass sie keinerlei Skrupel hatte. „Das ist doch ganz harmlos. Ich lasse ihn schließlich nicht mit einer Kloschüssel durch den Raum fliegen“, antwortete sie, als sie bei der Lagerhalle ankamen. Gedämpfte Musik drang nach draußen und einige Schüler standen vor der Tür und rauchten. Unter ihnen waren auch Albus, Scorpius und das Geburtstagskind höchstpersönlich. „Hey, Alice...“, meinte Albus. Skeptisch zog die Professorentochter eine Augenbraue hoch, sich nicht bewusst, weshalb sie plötzlich so viel Aufmerksamkeit bekam, dass Albus sie auch noch bei ihrem Vornamen nannte. Sie kamen vor den Jungs zum Stehen und sahen alle viel zu verwegen aus, als dass man glauben könnte, sie seien noch vor ein paar Jahren die größten Mauerblümchen Hogwarts gewesen. „Hey“, sagte sie bemüht cool und Rose musste sich das Lachen verkneifen. Lily fragte sich ebenfalls, was das Getue sollte, deswegen bemühte sie sich, möglichst interessiert irgendwo anders hinzusehen. Ihr Blick fiel auf Zabini, der ihn kurz erwiderte, doch sobald Albus zu ihnen sah, wandte er sich einem vorübergehenden Rock zu. „Alles Gute, Zabini“, beeilte sich Rose zu sagen, die von diesem Spektakel nichts mitbekommen hatte. „Albus und Malfoy haben uns verraten, worüber du dich freuen würdest“, ergänzte sie rasch und drückte ihm eine Tüte Pfeifenkraut in die Hand, an dem ein armseliges Schleifchen befestigt war. Erstaunt riss der Slytherin die Augen auf und ließ es schnell in seinen Hosentaschen verschwinden, bevor es jemand zu Gesicht bekam. Rose musste grinsen. „Danke, Wies... Weasley“, antwortete er nur. Rose nickte zufrieden, dann sah sie auf die schwere Eisentür der Lagerhalle. Wieder fiel ihr Blick auf Zabini, der immer noch etwas panisch war und Angst hatte, dass jemand das Tütchen gesehen hatte. Dass es zu ihrem bitterbösen rosaroten Plan gehörte, wusste er ja nicht. Die Mädchen hatten eigentlich etwas viel gemeineres mit ihm vorgehabt, doch da er so sozial gewesen war, was seine Gästeliste anging und es auch sein Geburtstag war, hatten sich die Mädchen entschieden, das Kraut etwas zu verhexen. Er würde etwas mehr abheben, wenn er es rauchte und er würde denken, er habe Brüste und einen Elefantenrüssel an der Stelle seines besten Stücks. Nach einer Stunde wäre der Trip vorbei, doch sie freute sich schon, wenn Zabini sich bemühte cool zu bleiben, obwohl er gerade große Halluzinationen ausstand. Worauf sich die Mädchen aber am meisten freuten, waren Parkinson und Lucy Weasley. Diesen Mädchen hatten sie heute beim Mittagessen ein paar der berühmten „Verräter-Pillen“ untergemischt, die Rose aus dem Versuchslabor ihres Vaters hatte mitgehen lassen. Eigentlich waren die Pillen dazu gedacht, bei betreffender Person einen schnellen Haarwuchs hervorzurufen und ihr Vater wollte sie eigentlich „Werwolf-Pillen“ nennen, doch leider klappte es nicht ganz. Die einzige Wirkung, die eintrat, war im Zusammenhang mit Alkohol zu erkennen. Deswegen waren es Verräter-Pillen. „Viel Spaß damit“, meinte Rose nur und nickte Zabini zu. Dann gingen die Mädchen in die Halle. Musik empfing sie beim Eintreten und begeistert blieben ihnen die Münder offen stehen. Man hatte eine angemessen große Bühne aufgebaut, der Charme einer alten Lagerhalle wirkte wie Rock'n'Roll. Das einzige, das nicht passte, waren die ganzen aufgeplusterten Mädchen in ihren Abendkleidern. Rose hasste es, wie sehr sie sich von ihnen unterschied. Während diese Mädchen auf der Suche nach einem Verehrer waren, würden sie keinen Spaß an der Musik und den Menschen haben. Es war viel wahrscheinlicher, dass Alice, Rose und Lily Komplimente bekamen. Denn wenn sie die Blicke, die ihnen zugeworfen wurden, beurteilte, kam sie genau zu diesem Ergebnis. Rose sah sich um – die Bar war an der gegenüberliegenden Seite des Raumes. Sie schlenderte dorthin und bestellte drei Butterbiere für sich und ihre Freundinnen. In der Wartezeit sah sie sich weiter um. Ein paar Slytherins starrten Alice schon gierig an – Rose würde jeden einzelnen verprügeln, wenn Albus ihr nicht zuvorkam. Soviel stand fest. Alice schien es gar nicht mitzubekommen. Offensichtlich rechnete sie nicht damit, angesprochen zu werden, wenn sie sich nicht gerade aufgebrezelt hatte, als ginge sie zu einem Ball. „Hier“, meinte Rose und reichte ihr eine Flasche Bier. Die Mädchen hatten sich auf ein paar leere Fässer gesetzt und warteten biertrinkend auf die Band, während immer mehr Gäste erschienen. „Rosie...“, merkte eine Stimme neben ihr an. Rose sah sich erschrocken um und erkannte ihren kleinen Bruder. Sie lächelte, doch sie fragte sich gleichermaßen, was er von ihr wollte. Eigentlich sprachen sie nicht sehr viel miteinander, wenn sie in der Schule waren. „Hallo. Was ist denn los?“, fragte sie und sprang vom Fass. Hugo errötete und dann nickte er in Richtung Alice. „Da gibt es eine Wette“, sagte er. Rose schüttelte ihre Mähne und gebot ihm, nicht weiter zu sprechen. Davon sollte Alice nichts erfahren, schließlich sollte Albus die Chance haben, sich als großer Held aufzuspielen. „Ich weiß, mach dir keine Sorgen. Ich passe schon auf“, beruhigte sie ihn. „Okay.“ Mit diesen Worten verschwand er wieder zu einer Gruppe Mädchen, die ihm offensichtlich gerade davon erzählt hatten und nun Rose zulächelten. Sie war froh darüber, dass es tatsächlich noch anständige Mädchen an dieser Schule gab, die sich nicht diebisch freuten, wenn jede Woche eine andere dran glauben musste, was die Gerüchte anging und die Streiche. Endlich kam eine Band auf die Bühne und stimmte ihre Instrumente. Rose zog überrascht beide Augenbrauen hoch und ihr Mund blieb offen stehen. Das war doch nicht möglich! „Das sind... die Voodoopriester!“, rief Alice aus und war mit einem Satz von der Tonne gesprungen. Einige begannen zu jubeln, andere waren noch immer sprachlos. Konzertkarten kosteten ein Vermögen und jetzt spielten sie auf Zabinis Geburtstag. „Der Frontmann ist Zabinis Bruder Daren“, flüsterte Lily. Rose hatte das gar nicht gewusst. Schon jetzt wollte sie vor Freude auf und ab hüpfen und tanzen, bis sie eine Gehirnerschütterung bekam. Die anderen waren vollkommen vergessen – keine Jungs, keine Versprechungen, keine Streite. Endlich einmal wieder ein Abend mit ihren Freundinnen. „Das ist Wahnsinn!“, schrie Alice gegen den Soundcheck und ihre Augen leuchteten vor Aufregung. Ungeduldig hüpfte sie auf und ab. Dann reichte ihr eine Hand ein zweites Bier. Ohne nachzudenken, nahm sie es. Erst als sie einen Schluck getrunken hatte, wandte sie sich um bemerkte überrascht Albus Anwesenheit. Erschrocken machte sie einen Schritt zurück. „Danke, Potter“, sagte sie stockend. Er zwinkerte ihr auf diese äußerst charmante Art und Weise zu und lächelte verschmitzt. Dies war das berühmte Potter'sche Grinsen, das die Mädchen reihenweise in Ohnmacht fallen ließ, wenn man heutzutage noch so schnell in Ohnmacht fallen würde. Rose konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, doch anstandshalber drehte sie sich dazu weg. Dabei erkannte sie Scorpius in einer anderen Ecke des Raumes. Nachdenklich versuchte sie sich daran zu erinnern, wann sie ihn das letzte Mal in ganz normaler Kleidung gesehen hatte. Er trug eine Jeans und ein schwarzes T-Shirt. Diesmal waren die sonst so geordneten Haare nicht an Ort und Stelle, sondern lagen kreuz und quer, als sei er gerade erst seinem Bett entstiegen. Das schien Armanda Parkinson und einige andere Mädchen so sehr zu beeindrucken, dass sie sich in einer großen Traube um ihn versammelten und anhimmelten. Aber Malfoy interessierte sich natürlich nicht dafür. Sein Blick lag auf etwas anderem. Rose folgte seinem grimmigen Blick und landete direkt bei David Jordan, der sich den Weg zu ihr frei bahnte. Rose sah sich rasch nach einem Fluchtweg um, doch zu spät. „Rose!“, rief er und rang sich ein fröhliches Lachen ab. Die Weasley konnte nicht anders, als mit einem Lächeln reagieren, denn wenn David Jordan lachte, dann erhellte es den ganzen Raum, soviel stand fest. Lily sah Rose erstaunt an, dann David Jordan. Sogar Alice löste sich für einen Moment von der Unterhaltung mit Albus und sah David verträumt an. „David...“, erwiderte Rose, als er vor ihr zum Stehen kam und erwartungsvoll ansah. Erwartete er einen Kuss? Da musste sie ihn leider enttäuschen, denn heute Abend waren ihr die Jungs egal und eigentlich hatte sie gedacht, dass es ihre Freundinnen genauso halten würden, doch Alice hatte als erste ihr Vorhaben abgeblasen und wandte sich wieder an Albus, der ihr endlich die ersehnte Aufmerksamkeit zukommen ließ, die sie ihrer Meinung nach verdient hatte. „Wie geht es dir?“, wollte er wissen. Rose lächelte und sah sich panisch im Raum um. Es kam noch schlimmer – offensichtlich war Malfoy jetzt endlich der Kragen geplatzt, als er David Jordan ihn bei ihr stehen sah. Denn langsam schlich er sich durch die Menge und kam auf sie zu. Hilfesuchend sah sie zu Lily, die wortlos zu verstehen schien. Schnell hatte sie David am Handgelenk gepackt. „Lass uns für alle etwas Zutrinken holen“, sagte sie schnell. Verwirrt ließ er sich hinter der Gryffindor herziehen und warf Rose einen kurzen Blick zu. Was seinerseits zur Folge hatte, dass Zabini, der sich dieses Schauspiel zunächst amüsiert angesehen hatte, nun mit einer grimmigen Miene die Bar ansteuerte. Langsam fragte sich Rose, was hier eigentlich vor sich ging. Doch sie war noch zu froh über Lilys schnelles Handeln. Erleichtert wandte sich Rose um, um Malfoy zu begrüßen. Für ihren Geschmack hatten sie in letzter Zeit zu viel miteinander zu tun, doch sie ließ sich nicht beirren. Was ihn im Moment störte, war, dass David sich an dem vergriff, das ihm zustand. Rose wollte sich nicht für seine Gebietsansprüche hergeben, soviel stand fest – sie würde ihm nicht erlauben, jetzt eifersüchtig zu werden, sofern man es so nennen konnte, denn worum es ihm dabei ging, war nur er selbst. „Malfoy, scheint als könntest du nicht genug von mir bekommen“, begrüßte sie ihn erneut und kniff ihre Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Sie verschränkte ihre Hände hinter ihrem Rücken, als habe sie wirklich nichts zu verstecken. „Ich habe dich gewarnt, was Jordan angeht, Wieselbee“, sagte er ruhig. Fast so als schäme er sich, so sehr aus der Haut gefahren zu sein, dass ihn sich hatte hinreißen lassen, unüberlegt zu handeln. Er senkte den Blick, doch Rose ließ sich von seinem Mienenspiel nicht beeindrucken, denn dessen war er Meister. „Dabei scheinst du aber eines vergessen zu haben, Malfoy: noch entscheide ich über mein Leben“, entgegnete sie und hatte Lust, ihn zu ohrfeigen. Doch stattdessen schenkte sie ihm ein hinreißendes Lächeln. Sie vergrub die Hände in den Hosentaschen und sah ihn von unten in die Augen. Mit den Zöpfen wirkte sie viel zu unschuldig um wahr zu sein. Scorpius zog eine Augenbraue hoch. Er hatte sich noch nie von dieser Masche beeindrucken lassen. Er atmete gefährlich langsam ein, dann wieder aus und machte ein Gesicht, als hätte er ein Kleinkind vor sich. Beim besten Willen konnte er sich nicht vorstellen, weswegen sie sich so stur stellte – er wollte ihr wirklich nur dabei helfen. „Na gut, Rose. Dann tu, was du nicht lassen kannst, trage die Konsequenzen aber selbst.“ Albus sah seinen besten Freund an. Nur er schien zu wissen, dass Scorpius innerlich kochte und Rose ihn am besten nicht weiter reizte, denn dann würde der Vulkan ausbrechen und wer am meisten darunter zu leiden hatte, wäre sie. „Heute Abend interessieren mich sowieso keine Jungs, Malfoy. Also mach dir nicht in die Hose und genieße den Abend“, rief sie ihm nach, als er sich umgewandt hatte, um wütend davon zu stapfen. Ratlos sah sie ihm nach, hob die Schultern und wandte sich wieder der Bühne zu, wo nun das erste Lied angestimmt wurde. Die harten Klänge der E-Gitarren schepperten durch die Halle, unterstützt vom tiefen Grollen des Basses. Als die Stimme des Sängers, und offensichtlich Zabinis Bruder, einsetzt, hielt Rose nichts mehr auf ihrem Platz. Die Welt um sich herum vergessend, nicht einmal mehr an David Jordan denkend, kämpfte sie sich auf die hüpfende, wogende Tanzfläche. Rose schloss die Augen und ließ sich von der Musik mitreißen, rempelte andere an, fiel hin, ihr wurde aufgeholfen und sie hüpfte weiter. Sie grölte die Lieder mit, die sie kannte und hielt so bis zur ersten Pause durch. Vollkommen verschwitzt und nach Wasser lechzend, entschlüpfte sie der Menge, wie einer zu groß geratenen Gummimasse. Doch das Lächeln auf ihrem Gesicht, war pures Glück und pure Leichtigkeit. Alice empfing sie mit einem Glas Kürbissaft und einem Zwinkern. Offensichtlich suchte Albus gerade die Herrentoilette auf, denn Alice zog sie zur Seite und meinte: „Er weicht mir nicht mehr von der Seite und stiert jeden böse an, der mich ansieht“, kicherte sie. Ihre Wangen waren vor Freude gerötet. Rose bekam ein schlechtes Gewissen, denn wenn sie wüsste, weswegen Albus es wirklich tat, würde sie sich nicht mehr so sehr freuen. Doch Rose würde schweigen wie ein Grab und die Zeit für sich arbeiten lassen. David kam erneut auf sie zu, doch Rose tat so, als sehe sie ihn nicht und verschwand nach draußen. Sie bog ungesehen um eine Ecke und versteckte sich in einer dunklen Nische. Mit einem Seufzen zündete sie sich eine Zigarette an und zog genüsslich daran. Fieberhaft überlegte sie, wie sie sich aus dem Dilemma befreien sollte, in dem sie sich befand. „Bei Merlin!“, rief jemand. Rose sah neugierig um die Ecke und entdecke Armanda Parkinson, die vollkommen grün im Gesicht war. Energisch rieb sie sich über die Wange um die Farbe wegzuwischen, doch es funktionierte nicht. Mit Erschrecken bemerkte sie, dass auch ihre Hand grün anlief. Rose verkniff sich ein lautes Lachen, um sich nicht zu verraten. Ein zweites Mal wurde die Tür aufgestoßen und Lucy Weasley kam mit einer Schar gackernder Mädchen hinaus. Ein paar lachten, ein paar waren auch schockiert und Lucy selbst begann zu weinen. Sie war im Gegensatz zu Armanda Parkinson hellrot angelaufen. Es biss sich herrlich mit ihren dunklen Haaren, denn nun sah sie wirklich so aus, wie sie war: der Teufel höchstpersönlich. Rose zog an ihrer Zigarette, dann trat sie sie aus. Ohne die Mädchen eines Blickes zu würdigen, ging sie wieder hinein. Alice kam ihr mit einem Lächeln entgegen und deutete auf die Tür. „Hast du sie gesehen?“, fragte sie. Rose nickte und lächelte breit. „Rot und Grün, wie eine Weihnachtsbeleuchtung. Sie werden noch zwei Tage so rumlaufen müssen, wenn Madam Poppins nichts einfällt“, kicherte Lily. Alice sah Rose eindringlich an. „Hast du schon alles für Malfoy vorbereitet?“, fragte sie. Rose nickte, dann zwinkerte sie. Sie würde sich heute Nacht in die Schulsprecherräume schleichen und Malfoy den Streich seines Lebens spielen. „Ja, deswegen werde ich auch gleich nach dem Auftritt verschwinden. Ich schätze mal, dass er sich noch um die passende Bettgesellschaft kümmern will. Also habe ich ein bisschen Vorsprung“, meinte Rose. Für den Rest des Abends hielt sie sich von David und von Scorpius fern, der einzige Mensch in ihrer Nähe, war Albus und den hielt sie für ungefährlich, hatte er doch nur Augen für Alice, die er zu beschützen geschworen hatte. Rose hatte leichtes Spiel, sich direkt nach dem Konzert ungesehen zu verdrücken. Malfoy würde ihr Meisterstück werden, wenn alles so klappte, wie sie es hoffte. Wahrscheinlich war sie die erste, die von der Feier zurückkehrte. Sie trug sich auf einer Liste, die Filch aufgehangen hatte, aus. Dann schlich sie dich in den geheimen Clubraum. Schnell holte sie die Schuhe aus ihrem Versteck und nahm ihren Zauberstab in die Hand. Sie ärgerte sich, dass Alice zur Zeit die Karte des Herumtreibers hatte, doch sie hatte immerhin die Schuhe und wenn sie vorsichtig war, würde sie Filch auf nicht auffallen. Vorfreude schlich sich in ihr Gesicht, als sie die Gänge entlang schlich und sich auf den Weg in die Schulsprecherräume machte. Von Alice hatte sie das Passwort bekommen. Die Gänge waren wie ausgestorben, nicht einmal einen Geist bekam Rose zu Gesicht. Sie kam bei einem überlebensgroßen Portrait eines Ritters in eiserner Rüstung und einer bedrohlich wirkenden Lanze an. Dahinter lagen die Räume der Schulsprecher. „Passwort?“, fragte er müde und sein Pferd trampelte ungeduldig auf dem Boden. Es schnaubte, er wirkte gelangweilt. „Succubus.“ Das Portrait schwang ohne ein weiteres Wort auf. Sie trat leise ein und war überrascht, dass das Licht noch brannte und der Kamin prasselte. Egal, wie oft sie diese Räumlichkeiten sah, sie versetzten sie immer wieder in Staunen. Hier konnte man wirklich leben – ein Sofa stand vor dem Kamin und an den Wänden waren Schreibtische, auf denen sich schon Dokumente und Unterlagen stapelten. Sie nahm die linke der beiden nebeneinander liegenden Türen und trat ein. Rose war erfreut, dass auch hier noch Licht brannte, das machte ihr Vorhaben bedeutend leichter. Gerade als sie sich an seinem Kleiderschrank zu schaffen machte, schwang die Tür auf. Rose hielt in ihrer Bewegung inne und drehte sich langsam um. Ihre Miene sah ertappt aus, sie wagte sich nicht zu rühren. Dann erinnerte sie sich wieder, dass sie ja unsichtbar war und gerade glücklicher Weise im Schatten stand und damit keinen werfen konnte. Sie sah sich um. Es war Malfoy, um seine Hüften hatte er nur ein Handtuch geschlungen, auf seiner Haut glänzten noch ein paar Wasserperlen, wie kleine Diamanten. Seine Haare sahen ungewöhnlich dunkel aus, wenn sie nass waren und Rose war erstaunt über die veränderte Erscheinung, wenn etwas mehr Kontrast in seinem Gesicht zu finden war. Er pfiff irgendein Lied und warf das Handtuch auf das Bett. Wenn man Rose hätte sehen und hören können, hatte man ihr zischendes Einatmen zwischen die Zähne gehört und auch ihre Röte in ihrem Gesicht gesehen. So sah der grande Malfoy also aus, wenn er sich nicht hinter seiner teuren Markenkleidung verstecken konnte. Rose war überrascht, dass er gar nicht so dünn war, wie sie immer gedacht hatte. Irgendwie sah er vor ihrem geistigen Auge nackt aus, wie ein kleiner Junge: schlaksig und lasch. Aber er hatte ein paar Muskeln. Hauptsächlich sah man die, die er auf dem Besen trainierte. Er flog für Slytherin als Jäger und das sah man seiner Statur auch an. Die Mädchen in den Gemeinschaftsbadezimmern hatten also nicht gelogen mit ihren Schilderungen, wie Scorpius Malfoy nackt aussah. Auch wenn Rose es lachhaft gefunden hatte, wie sie versuchten sich in ihren Beschreibungen zu übertreffen, war ein Großteil tatsächlich zutreffend. Scorpius kam ihr gefährlich nahe und sie befürchtete schon, dass er sie erkannt hatte, als er mit der Hand ausholte. Doch er griff neben sie und öffnete eine Kommode und holte seine Unterwäsche heraus. Rose fragte sich ernsthaft, weswegen er schon heimgekehrt war und weswegen ohne Begleitung. Es sprach ganz und gar nicht für seine Art, sich für das Wochenende keine Beschäftigung zu suchen. Rose war irritiert und überlegte nun fieberhaft, wie sie sich aus dieser brenzligen Situation heraus manövrieren sollte, ohne dass er etwas mitbekam. Mist, die Aktion musste verschoben werden auf einen sichereren Zeitpunkt. Rose legte sich einen Plan zurecht: sie würde warten, bis er eingeschlafen war und sich dann aus dem Raum schleichen. Scorpius seines Zeichens, hatte ein komisches Gefühl in der Magengegend. Deswegen war er auch früher von der Party seines Freundes verschwunden, zumal er nicht mit ansehen konnte, wie sehr sich dieser elende David Jordan um Rose bemühte und wie unvorsichtig Rose gewesen war, als sie sich diesen Spinner angelacht hatte. Und ja, es ärgerte ihn, dass es ausgerechnet Jordan war, sein ärgster Erzfeind seit der ersten Klasse. Hinzu kam, dass er sich ohnehin überflüssig fühlte. Nathan kümmerte sich um seine Gäste, hatte dabei aber nur eine Person im Sinn und Albus war mit seiner Retterrolle beschäftigt; seine Hoffnung auf Longbottom hatte er über die Jahre nicht begraben können. Seufzend setzte er sich auf sein Bett und betrachtete nachdenkend die Wand, an dem ein Poster von Lynnie Owen hing, einer sehr anziehenden Schauspielerin, die sich auf einem Besen räkelte als sei es... etwas anderes. Irgendwie war er unruhig und er konnte sich nicht erklären, wieso. Er legte die Stirn in Falten und legte sich in sein Bett. Er griff nach dem erstbesten Buch, das ihm in die Quere kam und setzte seine Brille auf. Diese trug er nur, wenn er allein war. Nicht einmal Albus wusste, dass er eigentlich eine Brille tragen musste. Zudem war es auch noch eine ungeheure Streberbrille mit Horn und Ecken. Als Rose das sah, musste sie sich das Lachen verkneifen. Sie hatte gar nicht gewusst, dass Malfoy eine Brille trug. Damit sah er aus, wie ein Streber und so alles andere, als verführerisch und attraktiv. Es war kein Wunder, dass sie ihn noch nie damit gesehen hatte. Ein solches Nasenfahrrad, würde nicht einmal sie tragen. Sie legte den Kopf schief, um herauszufinden, was er las. Natürlich war sie nicht überrascht, dass es eine Biografie über Albus Dumbledore war, dem ehemaligen Schulleiter Hogwarts und ein bedeutender Voldemort-Gegner. Rose verlagerte ihr Gewicht, um bequemer zu stehen, als Scorpius seine Brille von der Nase rutschte. Mit einem Satz war er aufgesprungen, hatte das Buch vom Bett gefegt und stand nach zwei großen Schritten vor ihr. Sie gab einen entsetzten Schrei von sich, den er nicht hören konnte, machte kehrt und wollte davon laufen, als er sie an den Hüften zurück in den Raum zog und anschließend auf das Bett schleuderte. Sofort hatte er sich auf sie geschmissen und hielt ihr den Zauberstab unter das Kinn. Zumindest vermutete er, dass es sich dort befand. „Rose, Rose, Rose. Ich hätte etwas mehr Vorsicht von dir erwartet“, seufzte er. Er war sich seiner Sache noch etwas sicherer, als er ihren Geruch wahrnahm. Er war nichts Besonderes und glich keiner Blume. Es war einfach Roses Geruch, er konnte es einfach nicht erklären. Scorpius spürte, wie schnell sich ihr Brustkorb hob und senkte und genoss es für einen Augenblick, dass er sie in seiner Gewalt hatte. Es schlich sich sogar ein Lächeln in seine sonst so gleichgültigen Züge. „Lass mal sehen... was wird es sein, das dich unsichtbar macht. Potters Umhang kann es nicht sein, den hat Albus in seinem Schrank. Vielleicht sind es die roten Stiefel, die du seit Wochen in deinem kleinen Raum versteckst...“ Seine Hand fuhr langsam ihre Seiten hinab, während ihr Atem noch schneller ging und er sich nicht sicher war, ob es die Aufregung war, oder seine Berührung. Schließlich ertastete er den Schaft ihrer Stiefel und zog kräftig daran. Kaum, dass der rechte Stiefel angefallen war, löste sich der Zauber der Schuhe und Rose nahm unter ihm Gestalt an. Schwer schnaufend lag sie auf seinem Bett – mit geröteten Wangen und einem entschlossenen Blick in den Augen, der ihn abwartend musterte. „Ich dachte mir schon, dass ich auch auf eurer Liste stehe“, sagte er schließlich und nahm den Zauberstab von ihr, machte allerdings keine Anstalten von ihr herunter zu gehen. Rose starrte ihm mit ihren braunen Augen in seine und er kannte den Hass schon, der ihn darin erwartete. Deswegen sah er über einen Punkt knapp unter ihrer Augenbraue – ein kleiner Leberfleck, der wahrscheinlich noch nie jemandem aufgefallen war. „Woher wusstest du es?“, fragte sie ruhig, aber atemlos. Scorpius zuckte so gut es ging mit seinen Schultern und nahm einen amüsierten Ausdruck an. „Es war nicht schwer zu erraten, wenn man sich die Opfer ansieht. Irgendeine von euch fehlt auf mysteriöse Art und Weise immer, wenn ein solcher Streich stattfindet. Allerdings hätte ich nicht gedacht, dass du dich so leicht erwischen lässt“, erklärte er. Er versuchte sich zu konzentrieren, auch wenn er ihre Brüste unter sich spürte und ihr schweres Atmen ihn an etwas ganz anderes erinnerte, als genau diese Situation. Es war paradox, dass die Frau, die er nun unter sich hatte, seine Verlobte war und sie ihn so sehr hasste, wie keinen anderen Mann in ihrem Leben. Rose Weasley war ihm so fremd – er konnte sich keine Persönlichkeit unter diesem Namen vorstellen, obwohl er sie bald zu einer Malfoy machen würde. Dies war befremdlich. Ruckartig löste er sich von ihr, als sei sie brennend heiß oder hoch ansteckend und setzte sich neben sie auf den Bettrand. Sie schien noch immer wie versteinert zu sein. Ihre Augen waren weit aufgerissen und sie betrachtete ihn, als sei er ein wildes Tier, dessen Reaktion sie nicht einschätzen konnte. „Du brichst unser Abkommen, Malfoy“, sagte sie schließlich tonlos und drehte ihren Kopf, sodass sie ihn sehen konnte. Ein Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. „Wodurch?“, wollte er wissen – sich keiner Schuld bewusst. Rose zwinkerte und musste ihn angrinsen, weil es so offensichtlich war. „Ich sollte dir egal sein, wenn wir in Hogwarts sind“, sagte sie schließlich und ihr Blick wanderte an ihm herab und mit jedem Zentimeter wurde ihr Grinsen breiter. Scorpius hörte auf, ihrem Blick zu folgen, denn er wusste schon, worauf sie anspielte. Doch anstatt sich zu schämen sah er ihr direkt in die Augen, sodass sie errötete. „Schande über mich, Weasley, habe ich es doch tatsächlich geschafft, dich als Frau wahrzunehmen.“ Er wirkte amüsiert und von oben herab. Rose bekam rote Flecken im Gesicht, weil sie wütend wurde, vielleicht auch, weil es ihr peinlich war. Sie kniff die Augenbrauen zusammen und stierte ihn an, als würde er von allein in Flammen aufgehen, wenn sie nur genügend Hass in ihren Blick legte. „Denk bloß nicht über mich, als wäre ich irgendein Mädchen, dass dir jeden Tag über den Weg läuft und das du eines Tages vernaschst. Deine Hure werde ich nie, Malfoy“, spuckte sie ihm entgegen. Nun wurde Scorpius Gesichtsausdruck ärgerlich. Rose schreckte zurück, denn so hatte den sonst so beherrschten Malfoy nie gesehen. Unwillkürlich rückte sie ein Stück von ihm fort und versuchte sich aufzurichten, als er sie mit der flachen Hand schnell zurück auf den Rücken drückte. Rose atmete unter dem Druck seiner Hand rasch aus und sah ihn erschrocken an. „Rühre mich nicht an, Scorpius“, bebte sie wütend. Und schubste ihn von sich weg. Versuchte es zumindest, denn irgendwie brachte sie ihn so wenig in Bewegung, wie einen zwanzig Tonnen schweren Stein. „Ich muss mir nur Mühe geben, Rosie. Dann stöhnst du genau wie die anderen unter mir“, flüsterte er dich an ihrem Ohr. Nun atmete Rose merkbar schneller. Sie schien fieberhaft ihre Flucht zu planen, oder ihn zu schlagen, Scorpius war sich nicht hundertprozentig sicher. „Sei nicht so selbstverliebt, ich will dich doch gar nicht“, sagte sie schließlich und es war an ihr, ihn verächtlich anzusehen. Doch anstatt aufzustehen und zu gehen, blieb sie liegen und besiegelte ihren Fluch, denn Scorpius streckte nur die Hand aus und berührte die Haut an ihrem Hals. Langsam strichen seine Finger entlang der feinen silbernen Kette hinab zu ihrem Ausschnitt. Rose atmete nur noch stoßartig, doch unternahm nichts, sondern sah ihm nur herausfordernd in die Augen. „Was versteckst du bloß seit Jahren?“, fragte er und sah in ihre Augen. Rose – verwirrt über seine unpassende Reaktion – besann sich ihrer Position und sah an sich herab. Er war ihren Brüsten gefährlich nah und sie wusste nicht, was sie unternehmen sollte, weil sie sich nicht einmal sicher war, wie es hatte dazu kommen können. War sie noch sie selbst? Was tat sie hier? Was tat er hier? Es war sein Zimmer. Sie war der Eindringling. Also: was tat sie hier nur? Scorpius fischte mit der feinen Silberkette den Anhänger hervor, bevor Rose etwas dagegen unternehmen konnte. Sie ließ den Kopf auf die Matratze fallen und sah ihm dabei zu, wie er den schmalen Ring erstaunt wieder erkannte und ihn in den Händen drehte. „Den hast du noch?“, fragte er überrascht. Es war wirklich ein billig aussehender Ring mit einem Glassteinchen, der einen Edelstein imitieren sollte. Er war nicht einmal aus echtem Silber – die Kette war mehr wert als der Anhänger, das wusste Rose schon seit Jahren. „Natürlich“, sagte sie, als sei es ihr peinlich und wollte schnell das Thema wechseln. „Aber weshalb?“ Er schien es nicht ganz durchdringen zu können und sah sie fragend an, als könne er sich tatsächlich keinen Reim darauf machen, weswegen sie ihn schon seit fünf Jahren zu jeder Tages- und Nachtzeit trug und es nie jemandem zu sehen gestattete. „Du hast ihn mir geschenkt.“ Er sah ihr in die Augen als suche er nach irgendwas. „Aber er ist Schrott.“ Rose zog die Augenbrauen zusammen und nahm ihm den Ring aus der Hand, als habe er ihn entweiht. Und tatsächlich hatte er das, als er es als Schrott bezeichnete. „Ist er nicht. Das war das einzige Mal, dass aus freien Stücken nett zu mir warst. Das bedeutet mir was, okay?“, fauchte sie ihn an und wurde zugleich rot. Scorpius sah sie an, als hätte er sie noch nie gesehen und das gefiel ihr nicht. Sie hatte ihn überrascht und verwundert, irgendwie hatte sie sich selbst auch bloß gestellt und blamiert, aber nichts rechtfertigte den Blick. Es war, als hätte sie ihn gerade ins Gesicht geschlagen. „Bild dir nichts drauf ein“, hauchte sie. Er grinste und schüttelte den Kopf. „Nein, tu ich nicht. Es wundert mich nur, dass du so sentimental bist.“ In seiner Stimme schwang Verachtung. „Einmal, will ich es tun“, sagte er schließlich. Rose zog eine Augenbraue hoch. Wovon redete er da? Doch sein Gesicht kam ihrem nicht langsam näher, plötzlich war es einfach da. Er küsste sie stürmisch, unbeholfen, hart. Rose riss die Augen auf und wusste nicht, wie ihr geschah, da setzte er schon ab. Er atmete schwer und sah in ihr Gesicht, dann traf sein Blick ihren. Und ehe sie sich versah, wurde aus einem Mal ein zweites. Sie war so perplex, dass sie gar nicht bemerkte, dass sie ihm beim zweiten Kuss, der eigentlich nie geplant war, ein Stück entgegen kam. Sie schloss die Augen, als sie merkte, dass seine Lippen wunderbar warm und weich waren. Sie genoss es, dass sie eine seltsame Wärme umgab und sie sich sicher vorkam. Rose öffnete ihre Lippen ein Stück weit und drängte sich an seinen Körper, der genau diese Wärme auszustrahlen schien, die durch ihre Sachen sickerte und direkt auf ihrer Haut einen öligen Film zu hinterlassen schien. Doch irgendwann war der Kuss aufgeküsst und sie setzten mit Schnaufen ab. Rose kam langsam zu sich rekapitulierte, dass sie sich gerade hatte gehen lassen, dass sie ihn gerade geküsst hatte, nachdem er sie geküsst hatte und eigentlich war der zweite Kuss nie geplant gewesen. Ein Unfall. Ein wirklicher Unfall. Sie stieß ihn von sich und sprang auf ihre Beine. Malfoy folgte ihr und stand ihr einen kurzen Moment gegenüber, in dem sie ihn verständnislos und verzweifelt ansah, als hätte er gerade ihr kleines perfektes Weltbild zum Einsturz gebracht. Scorpius fiel es wie Schuppen von den Augen, als er sie so vor sich stehen sah, mit dem entsetzten Blick, den roten Wangen und den schnellen Atem. Rose war unschuldig – mit jeder Faser ihres Körpers eine Jungfrau. „Rose...“, sagte er leise. Doch im nächsten Moment hatte sie schon ausgeholt und ihm eine schallende Ohrfeige gegeben, sodass sein Gesicht herumfuhr und sich binnen zweier Sekunden ein roter Abdruck auf seiner Wange bildete. Er hielt den Kopf zur Seite und sagte, als Rose nichts sagte, sondern nur schwer atmete: „Die habe ich nicht verdient, Rose. Das weißt du“, sagte er leise. Im selben Moment machte sie auf dem Absatz kehrt und stürmte aus dem Raum. Scorpius sah ihr nach und versuchte nachzustellen, was in den letzten zehn Minuten in diesem Raum passiert war und er wusste immer noch nicht, welche guten Geister ihn verlassen hatten, so eine Aktion zu bringen. Das Schlimme war nicht sein Kuss, das wusste er. Das wahrhaft Schlimme war der nie geplant gewesene zweite Kuss, den Rose so innig erwidert hatte. Er hätte es nie für möglich gehalten, dass er sie zu so etwas hinreißen konnte und dass er sich selbst zu so etwas hinreißen ließ. „Verfluchter Mist“, entfuhr es ihm, doch das Lächeln kam ihm trotzdem über den Lippen, auch wenn er es verhindern wollte. Endlich konnte er sich einen Reim darauf machen, weswegen Rose es so kurz vorm Ende ihrer Freiheit noch einmal richtig wissen wollte – weswegen es ihr so wichtig gewesen war, mit David Jordan auszugehen und ihn zu küssen. Und er konnte sie verstehen – wahrscheinlich hätte er nicht anders gehandelt in ihrer Situation. Schweigend lief Alice neben Albus her. Verlegen sah sie sich bemüht genau ihre Umgebung an, die sie bereits kannte, wie ihre Westentasche. Ab und zu warf sie Albus einen schüchternen Blick zu, denn nun, da sie seine ersehnte Aufmerksamkeit hatte, wusste sie nichts mehr damit anzufangen. Er hatte seine linke Hand in der Jackentasche, mit der rechten rauchte er eine selbstgedrehte Zigarette. Zigaretten war ebenfalls eine Sache, die mit der Enthüllung der magischen Welt rasch Einzug erhielt. Seine Haare lagen wirr auf seinem Kopf, bis vor kurzen hatte er sich noch total verausgabt beim Tanzen. Albus Augen huschten rastlos von einer Sache zur anderen, so als suche er in der Dunkelheit rechts und links des Weges nach einem Angreifer. Eigentlich suchte er aber nach Morgana, von der er befürchtete, sie würde ihn beobachten. Es gefiel ihr mit Sicherheit nicht, dass er ausgerechnet mit Alice Longbottom durch die Gegend lief, auch wenn sie keinen Anspruch auf ihn erheben konnte. Es war ja nur ein Date gewesen. Als sie in Hogwarts ankamen und Alice den geheimen Clubraum ansteuerte, während sie verzweifelt versuchte zu einer Kräuterpfeife zum Abschluss zu überreden, blieb Albus stehen. Er war ihr eine Weile gedankenverloren gefolgt und nun fragte er sich ernsthaft, was er hier eigentlich tat. Er in den letzten Jahren nichts mehr begehrt, als einen solchen Abend mit ihr. Doch nun, da es so weit war und Alice ihn unter dubiosen Umständen in den Clubraum bringen wollte – wahrscheinlich hatte sie vor, ihn zu verführen und wenn schon nicht das, dann zumindest den einen oder anderen Kuss zu bekommen – wurde ihm eines klar: das hatte er nicht mehr nötig. Er konnte andere Mädchen haben, die sich wirklich für ihn interessierten und das nicht nur dann, wenn er sie abwies. Scorpius hatte verzweifelt versucht, ihm genau das deutlich zu machen, war aber immer an der Blindheit seiner Verliebtheit gescheitert. Nun musste sich Albus wohl oder übel eingestehen. Jetzt, wo er sie hätte haben können – wollte er sie nicht mehr. Alice blieb mit erröteten Wangen vor dem Eingang des Raumes stehen und wartete auf eine Antwort. Albus (wieder zur Besinnung gekommen) traf in diesem Moment seine Entscheidung. „Gute Nacht, Alice“, sagte er nur und wandte sich zum Gehen um. Man hörte, wie ihr der Kiefer herunter klappte und sie wie ein Fisch nach Luft, in ihrem Falle nach Worten suchte. „Willst du mich denn nicht küssen?“ Albus blieb stehen und war versucht, sein ganzes Vorhaben in den Wind zu schlagen, nur um endlich zu erfahren, wie es war, sie zu küssen. Er wandte sich um, doch als er sie wieder ansah, sah er nur ihre Empörung, nicht ihre Enttäuschung. Für sie war der Fall klar gewesen: jetzt folgte der Kuss. So lief es immer. Und er war sich sicher, dass sie sich seiner sicher war. Genau das ließ ihn schief grinsen – nicht über sie, er war im höchsten Maße selbstironisch. Hätte er vor ein paar Jahren von diesem Abend gewusst, hätte er sich selbst einen Idioten gescholten. „Vor ein paar Monaten hätte ich mich darum geprügelt. Aber um ehrlich zu sein, will ich das nicht“, sagte er, auch wenn es ihm schwerfiel. Alice war kein Mädchen für ihn. Vielleicht war das einzige Reizvolle an ihr nur, dass sie die einzige war, die sich nicht liebend gern bei erstbester Gelegenheit an seinen Hals geworfen hat. Vielleicht war er genau in diesem Punkt keinen Deut besser als sie. „Und warum?“, wollte sie wissen. Und endlich hörte Albus die ersehnte Enttäuschung – der Punkt, der sein Herz jubeln ließ, weil es ihr etwas bedeutete. Doch es gab kein Zurück mehr. „Ich bin dir fast sechs Jahre lang nachgelaufen, Alice. Aber nach diesen sechs Jahren muss ich erkennen, dass ich offensichtlich nicht dein Typ bin. Du hast mir mal was bedeutet – nur aus diesem Grund habe ich dir den Gefallen getan, heute auf dich aufzupassen“, erklärte er bemüht knapp, um konsequent zu bleiben. Alice stand der Schock ins Gesicht geschrieben. Jetzt war der Punkt, an dem er gehen sollte. Und er tat es. Doch im Davongehen rief er ihr noch zu: „Übrigens: die Alice, die ich mochte, musste anderen keinen Schaden zufügen um sich selbst etwas besser zu fühlen. Das mit den Pralinen nehme ich dir übel.“ Rose stolperte gehetzt die Flure entlang auf den Weg zum geheimen Clubraum, um sich mit Alice zu treffen. Sie war verwirrt, in ihrem Kopf schwirrten die Stimmen ihres Gewissens. Sie rieb sich energisch die Schläfen und versuchte den Gedanken zu vertreiben, dass es sich vor zwei Minuten noch so warm angefühlt hatte und ihr nun, so sehr sie es leugnete, ohne ihn kalt war. Verflucht, was war nur in sie gefahren? Wieso war sie nicht einfach abgehauen? Wieso hatte sie ihn ein zweites Mal geküsst – es war doch nie geplant gewesen. Es war nie so gedacht gewesen. Rose schlang ihre eigenen Oberarme um ihren Körper und schlich die Gänge entlang, darauf bedacht, Filch nicht in die Arme zu laufen. Denn das konnte sie nun schon gar nicht gebrauchen. Sie drückte, an besagter Wand angekommen, die Steine nach hinten und schob die Tür, die sich preisgab, zur Seite. Sie sah Alice schon auf dem Sofa hocken. „Alice, du glaubst nicht, was mir -“, setzte Rose an, doch dann sah sie die schwarzen Striemen in Alices Gesicht, die der verlaufene Mascara hinterlassen hatte. Ihre Augen wirkten entsetzlich Rot vor dem dunklen Hintergrund der Schatten, die unter ihnen lagen. „Alice! Was ist passiert?“ Rose kam hinüber an das Sofa und sie kniete sich davor, um zu ihrer besten Freundin aufsehen zu können. Sie schniefte und sah sie an. „Wieso will er mich denn nicht mehr?“, schluchzte sie und presste ein zerfetztes Taschentuch an ihren Mund, als könne sie auf diese Weise verhindern, dass sie weiter schluchzte. „Oh, Alice...“, seufzte Rose und begann ihr Knie zu tätscheln. „Er hat sich doch die ganze Zeit mit dir unterhalten...“, meinte Rose, als suche sie nach einer Erklärung dafür, das Albus wieder einmal seine Meinung geändert hatte. Sie nickte und schniefte erneut. Alice begann schluchzend zu erzählen, was passiert war und weswegen sie nun weinte. Rose hatte Mühe ihre Worte zu verstehen, so erstickt waren sie manchmal, doch immer tätschelte sie unablässig ihr Knie, während Alice am ganzen Leib zitterte. Danach sah Alice Rose in die Augen, als habe sie einen Geist erblickt. Ihre Haare hingen ihr wirr im Gesicht und sie sah aus wie eine Vogelscheuche, wenn Rose ehrlich war. „Wovor hat er mich denn beschützt?“, wollte sie wissen, ihre Tränen waren wie weg gewischt. Auch wenn sie vermutete, eine rhetorische Frage zu stellen, machte Rose den Mund auf, um zu antworten: „Greengrass hat eine Wette auf dich angesetzt. Derjenige, der dich heute zuerst flachgelegt hätte, hätte die Einsätze der anderen bekommen. Damit wollte sie beweisen, dass du eine verklemmte Jungfer bist.“ Alice zog beide Augenbrauen hoch und schien nicht zu verstehen, wie Albus sie hatte davor beschützen wollen, dass man sie auf diese Art und Weise beleidigte und sie trotzdem nicht küssen wollte. Ihr Mund verzerrte sich vor inneren Schmerzen und ihr Blick verdunkelte sich. „Diese Greengrass kriegt den Hals einfach nicht voll“, fauchte sie und ballte ihre Hand zu einer Faust. „Du solltest sie in Ruhe lassen. Offensichtlich hast du mit deinem Streich an ihr mehr kaputt gemacht, als ganz“, warnte Rose und Alice Blick änderte sich. Sie sah ihre beste Freundin weich an, als habe sie soeben eine Erkenntnis gewonnen, die ihr Rose zwischen den Zeilen transportiert hatte. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, auch wenn es mit dem restlichen Aussehen eher aussah, wie das Gesicht einer Wahnsinnigen. „Du denkst, dass ich noch eine Chance habe, ihn von mir zu überzeugen“, stellte sie fest. Rose konnte nicht widersprechen, weil sie sich nicht sicher war, ob sie das nicht tatsächlich transportiert hatte. Sie hoffte inständig, dass sie sich nicht irrte, als sie schließlich nickte. Alice Blick wurde entschlossen, ihre Lippen schmal auf einander gepresst – sie sah durch Rose hindurch auf einen Plan, den die Welt noch nicht gesehen hatte. „Bevor du versuchst ihn zu erobern solltest du dich fragen, was du gewinnen willst“, warnte Rose. Schließlich hatte sie Albus sechs Jahre lang abgewiesen und nun wollte sie ihn plötzlich so sehr wie nichts anderes auf der Welt. Es kam ihr schon so vor, als sei der einzige Reiz, der Alice antrieb, der, dass sie ihn nicht haben konnte. Deswegen wollte sie ihn. Das schien Alice etwas auszubremsen und schließlich nickte sie. „Du hast Recht. Ich sollte darüber nachdenken.“ Rose nickte. „Was wolltest du mir eigentlich erzählen?“, fragte Alice, die sich an Roses Eintritt erinnerte. Doch die Rothaarige winkte ab. „Nicht so wichtig“, behauptete sie schnell und lächelte. Was Alice nicht gebrauchen konnte, war, dass Rose die zwei Küsse bekommen hatte, die sie verdient hatte, ohne sie wirklich zu wollen. Rose hätte liebend gern die Küsse abgegeben, wenn man sie gefragt hätte, was mit den zwei Küssen, die in der Luft lagen, geschehen sollte. Außerdem war es wirklich nicht so wichtig, wenn sie es nicht erst dazu machte, indem sie unnötige viele Worte darüber verlor. Sie wollte dem Spektakel keine Bedeutung beimessen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)