Liebe, Betrug und andere Dramen von kono ================================================================================ Kapitel 5: Ungeliebte Nachrichten --------------------------------- Immer wieder sitze ich vor diesem Gerät. Warte und warte, bis jemand sich erbarmt. Lächerlich ist es fast. Denn draußen läuft das Leben vorbei und ich sitze hier, voller Angst, voller Hoffnung und manchmal sogar mit Mut. Hoffnung, dass es einmal funktioniert. Angst, abgewiesen zu werden. Mut, nur dazu hier etwas zu tun, doch raus in die Welt trau ich mich nicht. Das ist meine Ironie. Aber irgendwann, schafft es jemand, der mich raus zerrt, mit schleift und ich stehe im Sonnenlicht. Geblendet und froh, nicht mehr allein zu sein, stampfe ich durch die Welt. Wo das Sonnenlicht ist, fällt auch bald der Schatten. Und so holt er mich ein, der Schatten meines Lebens und wirft mich wieder zurück in meine Einsamkeit. Wer mir geholfen hat, tat dies meist nur einmal. Warum sollte man auch ein zweites Mal es versuchen? Denn nur das erste Mal ist gratis. Die Zeit vergeht. Wunden vernarben. Alles dreht sich, genauso wie sich alles hier um meine Gerätschaft dreht. Der Mensch ist frei. Frei in seiner eigenen Gefangenschaft. Frei von anderen, die ebenso frei isoliert sind. Sollte dem Wort nicht die Tat folgen? Sollte ich nicht, nachdem ich doch weiß, was ich will, raus in die Welt und anfangen zu leben? Wie oft stellte ich mir die Frage, wie oft sprang ich raus und lies den Blecheimer, was sich Vergangenheit nennt, zurück. Doch machte mich das nicht glücklich. Es war anders, als der Versuch zu zweit. Denn es war einsam, nichts macht Einsamkeit mehr bewusst, als inmitten einer Schlange von Menschen zu stehen. Nah dem was man sucht und so fern dem, was man will. Dass dies Paradoxon einen das Herz spaltet. So zieht es mich wieder heimwärts. Zurück in vertraute Gefilde und schon, dort wo ich niemanden habe, fühle ich mich nicht mehr so leer, wo ich doch aus dieser Fülle komme. Hier in meiner Leere, ist es gut, einsam zu sein. Hier in meiner Leere, wird mir nicht auf einem Schlag bewusst, wie nah ich das Ziel bin und wie viel Weg noch vor mir liegt. Es dauert nicht lang, da wird mir wieder klar, dass ich wieder vor ihm sitze. Blinkend und tönend sagt er mir, sie haben Nachrichten. Wie sehr mich das freut, nachdem ich doch aus der Einsamkeit ein Lichtfleck erkenne, dass jemand an mich denkt. Ist aber nur eine kurze Freude, denn bald ist jede Zeile gelesen, die Antwort geschrieben und der Kreis geht wieder von vorne los. Ich warte. Ich sitze vor meinen Kasten und warte. Manchmal glaub ich, mein Schrotthaufen ist, der Einzige der mich versteht. Er stellt kaum fragen und wenig Ansprüche. Er spendet Trost und Zuversicht. Oft habe ich versucht, ihn mehr zu entlocken, ein Lächeln oder Vergleichbares. Nichts half, ein zusammengewürfeltes technisches Spielzeug kann nicht lächeln. Es denkt auch nur soweit, wie man ihm es sagt. Also nicht viel anders, als manche Menschen. Meist vergeht viel Zeit. Zwischen zwei Nachrichten. Oft frage ich mich, was ich da tuen soll. Fast immer sitze ich nur da und warte, wie ein kleines Kind, auf eine Antwort. Selten nur beschäftige ich mich mit anderen Dingen. Kein Wunder, dass mir meine Zeit als verschwendet vorkommt. Aber es ist auch so spannend, in die eigentlich leeren Augen meines Gerätes zu schauen, die mir farbenfroh die Zeit stehlen. Da, wieder eine Nachricht. Vielleicht wieder ein Fluchtversuch aus diesem Trott, vielleicht wieder eine Möglichkeit, in der menschenvollen Welt, nicht ein verlorener Punkt zu sein. Alle Hoffnung ruht auf die nächsten Zeilen und willig zeigt mir mein Kasten, was da steht. Nur verblasste Liebesmüh kommt zum Vorschein. Eine, wie fast jedes Mal erscheint, wenn ich eine Botschaft, aus der Ferne, der Fremde erhalte. Manchmal glaube ich, er macht es mit Absicht, mein Apparat. Dass er mich quälen will, mich leiden sehen will, ich wette, dass macht ihn Freude. Vielleicht hofft er heimlich, dass ich ewig wie ein Magnet vor ihn hafte und verflucht jeden, der es schafft, mich von ihm weg zu lotsen. Was für ein eifersüchtiger Geliebter, ein heimlicher, ein Stummer und Tauber, denn sonst würde er ja erkennen, dass wenn er mehr nur könnte, als Rattern und Piepen, vielleicht wirklich was wäre. Ach, wie oft wollte ich zu jemandem sagen, hör auf zu rattern und zu piepen, sag frei was dich bedrückt, denn dich mag ich auch so, ohne viel Geratter um die Dinge, dich mag ich auch so, dass du nicht zu jeden Piep sagen musst. Doch keiner versteht es, niemand hat es verstanden, nicht einmal mein Gerät. Niemand versteht, dass hinter meinen Wörtern, meinen Zeichen die ich ihnen Schicke der Wunsch steckt, jemanden auch ohne Worte zu verstehen, nur ein Augenschlag, ein kurzer Gruß ausreicht, um zu erkennen, was in dem anderen vorgeht. Und ich warte weiter. Bald, bald bin ich Leid zu warten. Denn der Gedanke, dass nie jemand erkennt, was ich mir wünsche, ist so stark. Dass er mich verführt, verführt zu schlimmen Dingen. Nur mein Apparat wird es verstehen, nur mein Apparat, mein Kasten, mein Gerät und Schrotthaufen wird nachvollziehen können, dass ich nicht mehr warten will. So schließe ich meine Bilanz. Stoße ab meine Aktiva. Reiße aus meinem Zwang. Und wenn die Antwort aufblinkt, werde ich nicht mehr schreiben. Nie wieder schreiben. Es wird keiner mehr mich entführen von meinen eifersüchtigen Geliebten und ich werde nie wieder die Einsamkeit in der Unnahbarkeit der Welt fühlen. Denn vor meinen elektronischem Tor zur Welt liege ich, einsam geküsst vom Stechapfel und werde nicht wieder erwachen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)