Heldenzeit von Ur (Spiegelverkehrt & Kryptonit & Vulkado | Oneshot- Sammlung) ================================================================================ Kapitel 21: Begeistert ---------------------- Für Steffi _____________________ Es war ein ganz normaler Tag gewesen. Felix hatte Frühstück gemacht – zugegebenermaßen, Pfannkuchen mit Ahornsyrup unter der Woche waren etwas ungewöhnlich, aber Leon wollte sich natürlich nicht beschweren – und war dann zur Uni verschwunden. Leon hatte im Bett gelegen, ferngesehen und sich widerwillig Gedanken darüber gemacht, dass Felix wahrscheinlich Recht hatte, wenn er sagte, dass Leon mit seinem Studium nicht glücklich war und daher wohl auch später in seinem Job nicht zufrieden sein würde. Also musste er darüber nachdenken, was er stattdessen mit seinem Leben anfangen wollte. Er hatte keinerlei Ahnung und beneidete Felix um seine Begeisterung für das, was er studierte. Leon hingegen war alle zwei Tage damit beschäftigt, die Veranstaltungen zu schwänzen, die er besuchen musste, um sein viertes Semester abzuschließen. Wie hatte er es geschafft, zwei Jahre seines Lebens mit einem Studium zu vergeuden, das ihn kein bisschen erfreute und ihn in den Wahnsinn trieb? »Wer soll denn auch mit zwanzig schon genau wissen, was man später mal machen will? Ist doch Mist«, hatte Benni mal einer seiner Nachhilfestunden bei Felix gesagt und Leon hatte beschlossen, dass er Recht hatte. Der normale Tag war weitergegangen, als Leon versucht hatte, für Felix Mittag zu kochen und glorreich dabei gescheitert war. Er hatte sich an Reis mit Huhn und Curry versucht und das Kochbuch hatte ihm versichert, dass es einfach war und lediglich zwanzig Minuten dauern würde. Aber am Ende war der Reis verkocht, die Soße schmeckte nach nichts und das Gemüse in der Soße war nicht so gut durch, wie es hätte sein sollen. Felix beklagte sich nicht, sondern aß seinen ganzen Teller widerstandslos auf. Er bedankte sich sogar für Leons Mühe. Manchmal war Felix so gutmütig und nett zu ihm, dass Leon sich unweigerlich wie der mieseste Freund unter der Sonne vorkam. »Ich könnte noch Schokopudding machen«, schlug Felix strahlend vor und Leon runzelte die Stirn. »Ist irgendwas? Du hast heute Morgen schon Pfannkuchen gemacht«, meinte Leon verwirrt und etwas Unglaubliches geschah. Auf Felix‘ Wangen bildete sich ein leichter Rotschimmer und er begann ein wenig nervös auf seiner Unterlippe herum zu kauen. Leon setzte sich unweigerlich ein wenig gerader hin und schob seinen Teller, von dem er nur drei Gabeln gegessen hatte, von sich weg. »Was ist los?«, fragte er gespannt und musterte beeindruckt den rötlichen Farbton auf Felix‘ Wangen. So etwas kam nie vor. Felix war nicht nervös und verlegen. Er war selbstbewusst und unbeschwert und mäkelig und bestimmend. »Willst du Schokopudding oder nicht?«, fragte Felix und erhob sich, um sehr enthusiastisch den Tisch abzuräumen und das Geschirr in die Spüle zu stellen. »Ja, schon, aber erstmal will ich wiss–« »Ok!«, flötete Felix beschwingt und begann im Kühlschrank zu kramen. Leon starrte empört den Rücken seines Freundes an. Felix konnte nicht erst entzückend und verräterisch rot werden und dann Schokopudding machen, als wäre nichts passiert! Er hatte praktisch zugegeben, dass irgendetwas los war und jetzt hockte Leon hier am Küchentisch und wartete hibbelig darauf zu erfahren, was denn nun eigentlich im Busch war. »Nun erzähl schon, was los ist!«, forderte er Felix brummig auf und verschränkte unzufrieden die Arme vor der Brust. Felix warf ihm einen Blick über die Schulter zu und als er Leons grummelige Miene sah, nahm sein Ausdruck einen zärtlichen Zug an, der Leon das Blut in die Wangen schießen ließ. Wieso schaffte Felix es nach all der Zeit immer noch, ihn so aus der Fassung zu bringen? Er wollte gar nicht darüber nachdenken, wie sein Magen jedes Mal kribbelte und schlingerte, wenn Felix ›Ich liebe dich, Noel‹ sagte. Aber er musste hart bleiben. Er wollte es wissen, was auch immer ›es‹ sein mochte. »Schau mich nicht so an! Ich will wissen, was los ist«, verlangte er mit möglichst viel Nachdruck. Doch Felix kramte nur nach seinem Mixer und begann mit der Zubereitung des Desserts. Gegen den Lärm des Mixers kam Leon kaum an, also beschloss er mit seinem weiteren Verhör bis zum Essen zu warten und stierte Felix über seine Schale mit dunkelbrauner Creme vorwurfsvoll an. »Ich hab nachgedacht«, begann Felix und leckte bedächtig seinen Löffel ab. Leon musste alles an geistiger Willenskraft aufbringen, um die Zunge seines Freundes nicht zu eindringlich anzugaffen und am Ende noch ein Rohr unter dem Tisch zu kriegen, was seine Konzentrationsfähigkeit eindeutig schwächen würde. »Also, eigentlich hat Benni mich drauf gebracht…«, fuhr Felix fort und Leon runzelte die Stirn. Was für geheime, wichtige Dinge konnte es geben, die Benni Felix in den Kopf gesetzt hatte? Leon zermarterte sich das Hirn nach etwas, das Felix so in Verlegenheit bringen konnte. Hatte es etwas mit Sex zu tun? Wohl kaum. Soweit Leon wusste, hatte Benni noch nie Sex gehabt und überhaupt, die Vorstellung, dass Benni und Felix über Sex sprachen – wenn sie das täten, dann würde Felix Benni ausquetschen wie eine Zitrone und Benni würde verlegen in der Gegend herum stammeln – war lächerlich. Außerdem brachte nichts, das mit Sex zu tun hatte, Felix in Verlegenheit, das hatte Leon schon mehrmals – und oftmals zu seinem Leidwesen – feststellen dürfen. »Es geht um meine Wohnung«, sagte Felix und wedelte ziellos mit seinem Löffel in der Luft herum. Leon runzelte verwirrt die Stirn. »Naja, also, auch um deine Wohnung«, fügte er hinzu, was Leon nicht wirklich dabei half, der Ursache für Felix‘ Verlegenheit auf die Spur zu kommen. »Was ist damit? Ist es dir wieder zu unordentlich bei mir?«, wollte er wissen. Aber auch das machte keinen Sinn. Wieso sollte Felix verlegen sein, nur weil es bei Leon unordentlich war? Seine Pornosammlung kannte Felix auch, es konnte also nicht sein, dass sein Freund sie entdeckt hatte und jetzt empört war. Außerdem wusste Leon, dass Benni nichts von Leons Pornosammlung wusste, das hieß, dass Benni Felix auf nichts gebracht haben konnte. Leon verstand wieder einmal nur Bahnhof und schnaubte frustriert, weil Felix nicht mit der Sprache herausrückte. »Nein. Also, ja, schon. Es ist immer unordentlich bei dir«, sagte Felix und musste lachen. Leon fand das überhaupt nicht witzig und wollte Felix gern schütteln. Allerdings schien Leons Verwirrung Felix ein wenig Selbstbewusstsein zurückzugeben, was Leon ausgesprochen unfair fand. »Ok…«, sagte Felix und holte tief Luft. Leon ertappte sich dabei, wie er einen Wimpernschlag aufhörte zu atmen. »Wollen wir nicht vielleicht zusammen ziehen?« Leon blinzelte. Einen Moment lang starrten sie sich schweigend über den Tisch hinweg an, während Leon versuchte zu verarbeiten, was Felix gefragt hatte. Benni hatte ihn darauf? Leon hatte ein paar Sekunden lang den Wunsch, Benni sehr fest zu umarmen. Das würde er selbstredend keiner Menschenseele erzählen und einen Herzschlag später wurde ihm klar, dass er Benni umarmen wollte, weil er Felix darauf gebracht hatte, weil Leon sehr gerne und unbedingt mit seinem Freund in eine gemeinsame Wohnung ziehen wollte. Und ein Blick in Felix‘ Gesicht sagte ihm, dass der andere immer noch nervös darauf wartete, dass Leon etwas sagte. Er räusperte sich und spürte, wie ihm Hitze in die Wangen stieg. »Ok«, sagte er. Gut, er hätte es etwas überschwänglicher formulieren können, aber vermutlich sagten sein hochroter Kopf und seine zuckenden Mundwinkel Felix mehr als ein Freudenschrei. Auf seinem Gesicht breitete sich ein Strahlen aus und er unterdrückte ein jubilierendes Geräusch, das stattdessen zu einem Ton verkam, der Leon ein wenig an Luft erinnerte, die aus einem Luftballon gelassen wurde. Dann sprang er von seinem Stuhl auf, zog Leon auf die Beine – wobei er sich den Fuß am Tischbein stieß und unterdrückt fluchte – und küsste ihn stürmisch und voller Begeisterung auf den Mund. Leon war sich eigentlich immer sicher, dass es mit Felix nicht noch besser werden konnte, als es ohnehin schon war. Aber offensichtlich hatte er sich damit geirrt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)