In den Fängen der Raubkatze von marioeoeoeh ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Es war wieder einmal soweit, Pia musste zur Siedlung fahren, den ganzen Morgen über hatte sie sich überlegt, wie sie es schaffen sollte, ihr Angebot endlich einmal vorzutragen, doch ihr viel nichts gutes ein. Außer… ja, außer sie würde auf jemand anderen stoßen, als Lukas. Doch sie beschlich das Gefühl, dass dies nicht passieren würde. Warum auch immer, es schien so, als wären die anderen Bewohner stets ausgeflogen, wenn sie kam. Vielleicht sollte sie einfach zu einer anderen Zeit kommen, nicht mehr morgens sondern nachmittags oder am frühen Abend. Irgendwann mussten die anderen schließlich auch einmal zu Hause sein. Leider war es heute für solch eine Umdisponierung zu spät, denn sie war bereits fast bei der Siedlung angekommen. Seufzend bog sie von der Landstraße ab und fuhr den schmalen, sandigen Pfad entlang, der sie zu den Häusern brachte. Es war später Vormittag, die Sonne schien bereits hoch am Himmel, jedoch hatte sie zu dieser Zeit des Jahres noch nicht so viel Kraft und konnte nicht so wärmen, wie sie es in ein oder zwei Monaten können würde. Zu ihrer Linken erstreckten sich die Felder, gelbe Ähren wuchsen hoch, der Sonne entgegen, Kilometer lang begleiteten sie den Weg, während zu ihrer Rechten dicke Büsche und Bäume Schatten spendeten und die Sicht auf alles, was dahinter lag verwehrten. Die Ansicht der Natur um sie herum brachte Pia zum Träumen, sie verringerte das Tempo, machte keine Anstalten sich zu beeilen, wollte ja am Liebsten sogar umdrehen und so weit weg von der Siedlung fahren, wie möglich. Völlig in Gedanken, nahm sie plötzlich etwas wahr. Für eine Sekunde oder noch weniger hatte sich etwas in den Büschen bewegt. Pia reduzierte ihr Tempo erneut und beobachtete mit einem Auge das Geschehen im Dickicht. Da war es wieder, doch dieses Mal konnte sie einen Blick von dem erhaschen, dass die Bewegungen machte. Ungläubig versuchte sie ihren Blick wieder auf die Straße zu richten, sich aufs Fahren zu konzentrieren. „Mach dich nicht lächerlich Pia, du hast da eben nicht schon wieder eine Wildkatze gesehen…“ Ein unwohles Gefühl beschlich sie, auch wenn sie es nicht richtig einordnen konnte. Weshalb hatte sie innerhalb von 12 Stunden gleich zwei Wildkatzen gesehen? Sie war sich sicher, dass es im Umkreis von Berlin schon seit mehr als 100 Jahren keine Wildkatzen in der freien Laufbahn gegeben hat und auch kam im Radio keine Meldung von zwei ausgebrochenen Tieren aus dem Zoo. Kopfschüttelnd beschleunigte sie wieder, plötzlich wollte sie die ganze Begegnung mit Lukas und auch die Landschaft hier einfach nur schnell hinter sich bringen. Vielleicht war es auch besser, den Job einfach an den Nagel zu hängen, dachte sie. Denn so wie es momentan aussah, würde sie die Siedlung eben so wenig in den Besitz ihres Chefs bringen, wie ihr Vorgänger. Und warum sollte sie 6 Monate damit vergeuden, hinter einem verdammt gefährlichen… verdammt gut aussehenden… Mann hinter her zu laufen, der sich nicht einmal ihr Angebot anhören wollte. Tief ein- und ausatmend fuhr sie durch das Tor und parkte erneut auf dem Innenhof der Siedlung. Noch war keine Spur von Lukas zu sehen, doch das sollte nichts heißen. Beim ersten Mal war er auch aus dem Nichts aufgetaucht – oder sie war einfach zu aufgeregt gewesen, um ihn zu bemerken. Wie dem auch sei, auch als sie ausstieg, war er noch nirgends zu sehen. Erleichtert machte sie sich auf, um bei einem der sechs Häuser zu klingeln, doch irgendwie machte sich ein unwohles Gefühl bei ihr breit. Was, wenn die anderen noch gefährlicher waren als Lukas? Sie versuchte den Gedanken zu verdrängen, als sie die Klingel des ersten Hauses drückte. Pia wartete einen Moment, doch niemand öffnete. Anscheinend war morgens wirklich niemand da. Sie wollte sich umdrehen, auf zum nächsten Haus machen, da erstarrte sie. „Lukas.“ Mit großen Augen sah sie ihn an, hatte nicht bemerkt, wie er sich ihr genähert hatte. „Warum klingelst du nicht bei mir? Hast du vergessen in welchem Haus ich wohne?“ Seine Augen verrieten ihr, dass er heute nicht zum Scherzen aufgelegt war und dass sie ihn lieber nicht herausfordern sollte. „Ich habe gehofft, auch die anderen Bewohner der Siedlung anzutreffen, da sie sich vielleicht mein Angebot anhören, im Gegensatz zu dir.“ Bereits nachdem ihr die Worte entwichen waren, wusste sie dass sie lieber ihren Mund hätte halten sollen. Wütende Augen sahen sie an, sie konnte hören, wie er begann tief zu atmen, wohl um sich unter Kontrolle zu behalten. Er war genau so, wie sie es sich gedacht hatte. Gefährlich, wild und zugleich so gut aussehend, dass viele Frauen ihm ohne zu zögern jeden Wunsch von seinen grünen, katzenartigen Augen ablesen würden. Doch sie würde das nicht tun. Pia Carstensen wusste genau, dass solch ein Mann eine Frau nur ins Unglück stürzen würde. Für einen kurzen Augenblick schloss sie ihre Augen, versuchte die Schatten der Vergangenheit zu verdrängen. „Sie haben nicht die alleinige Vollmacht, dem Angebot zuzustimmen, nicht wahr? Also wäre es am Besten, wenn auch die anderen Bewohner dem Angebot zustimmen, beziehungsweise immerhin ihre Meinung dazu äußern.“ „Ich habe die Vollmacht das Angebot alleine an- oder abzulehnen.“ Sein Ausdruck war todernst, sie wusste, dass er meinte was er sagte. Weshalb er allein dies entscheiden konnte, war ihr ein Rätsel, aber es erschien ihr so, als würden weitere Diskussionen sie nicht voranbringen. „Warum wollen sie sich dann das Angebot nicht wenigstens einmal anhören?“ Es war ein kläglicher Versuch und sie war sich darüber im Klaren, dass er sich ihr Angebot nicht ansehen würde, doch langsam hatte sie genug davon. Ihre Zukunft hatte sie sich so nicht vorgestellt. Sie wolle als Maklerin arbeiten und nicht verkaufsunwilligen Leuten hinterher laufen und zusätzlich viele Überstunden schieben. Als Lukas nach einigen Sekunden noch immer nicht geantwortet hatte, wusste Pia ganz sicher, dass nichts mehr kommen würde. Sie machte einen Schritt zur Seite und ging an ihm vorbei, auf ihr Auto zu. „Wohin gehst du?“, fragte er sie plötzlich mit ruhiger, beherrschter Stimme. „Zurück in die Firma. Ich sehe es nicht ein, weiterhin meine Zeit hier zu vergeuden, wenn sie es noch nicht einmal als notwendig empfinden, sich mein Angebot anzusehen.“ Pia wusste, dass die Wut über ihn in ihrer Stimme zu hören war und konnte nur hoffen, dass er deswegen nicht die Kontrolle verlieren würde. Gerade als sie ihr Auto erreicht hatte und die Tür per Knopfdruck geöffnet hatte, packte er sie am Arm und drehte sie herum. Er presste sie gegen das Auto und stützte sich am Dach ab. Die ganze Situation kam ihr bekannt vor, doch dieses Mal war sein Blick Angst einflößend. „Ich habe dich nicht gebeten, hier aufzutauchen. Ich habe von Anfang an deutlich gemacht, dass wir nicht verkaufen wollen. Auch deinem Vorgänger haben wir das zu verstehen gegeben.“ Die Worte kamen zwischen seinen zusammengepressten Zähnen undeutlich hervor, zu sehr musste er sich zurück halten, sein Temperament kontrollieren. Er wusste, dass es gefährlich war, sie so in die Enge zu treiben, dass es einen Teil von ihm, den er vor ihr verbergen musste, noch stärker machen würde, dass dieser Teil noch weiter an die Oberfläche dringen wollen würde, doch er konnte sich einfach nicht zurück halten. „Lass mich gehen.“ Die Angst war Pia ins Gesicht geschrieben, doch nicht nur das, Lukas konnte sie förmlich riechen. Auch ihr sich beschleunigender Herzschlag hallte in seinem Kopf wieder. Der Jäger in ihm wollte raus, wollte seine Beute noch mehr in die Enge treiben, doch der menschliche Teil von ihm wusste, dass es das völlig falsche war. Mit solch einem Handeln würde er genau das Gegenteil von dem erreichen, was er eigentlich wollte. „Pia“ Er versuchte langsam zu Atmen, seinen Puls zu senken und sich wieder unter Kontrolle zu halten. „Hab keine Angst.“ Der Blick in seinen Augen veränderte sich innerhalb weniger Sekunden. Die katzenartigen Augen, sie sahen sie einfach nur an. Abwartend, jedoch nicht gefährlich. Für einen kurzen Moment musste sie an die letzte Nacht denken, an die Wildkatze, die auf dem Baum gegenüber ihres Fensters gesessen hatte. Der Blick, den die Katze ihr entgegen gebracht hatte, war genauso abwartend gewesen. Langsam ließ Lukas Pia wieder genug Luft zum Atmen, seine Arme lösten sich vom Dach des Fahrzeugs und er trat einen Schritt zurück, wollte so noch deutlicher machen, dass sie ihn nicht zu fürchten brauchte. Doch genau in diesem Moment tat Pia genau das Gegenteil. Sie drehte sich blitzschnell um, riss die Autotür auf, sprang hinein, knallte die Tür wieder zu und noch bevor sie ihren Gurt umgelegt hatte, war das Auto in Bewegung und fuhr unter laut aufheulendem Motor aus dem Innenhof der Siedlung. Lukas hätte mehr als genügend Zeit gehabt, um sie aufzuhalten. Die Schnelligkeit eines Menschen und deren Reflexe waren nichts im Vergleich zu seinen, doch er hatte es nicht getan. Noch eine ganze Weile stand er im Innenhof und bewegte sich nicht von der Stelle, betrachtete die Reifenspuren auf dem sandigen Boden, auf dem noch vor kurzem Pias Auto gestanden hatte. Er wusste nicht, was genau er tun musste. Doch in einem war er sich sicher: Sie eben fort fahren zu lassen, war richtig gewesen. * * * * * * * * Pia raste den Feldweg entlang, ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie wusste, dass es nur eine einzige Sache gab, die sie heute unbedingt erledigen musste – diesen Auftrag loswerden. Nicht noch einmal wollte sie zu dieser Siedlung fahren, nicht noch einmal wollte sie Lukas gegenüber stehen müssen. Was, wenn er das nächste Mal die Beherrschung verlieren würde? Pia hatte genau bemerkt, dass er keinerlei Widersprüche duldete, dass ihre Antworten ihn zornig machten und er Probleme hatte, sich zu beruhigen. Bei vielen anderen Männern hätte Pia dies nicht gestört, doch Lukas… Die Gefahr, die von ihm ausging war einfach so groß, so unübersehbar, dass sie nichts dagegen ausrichten konnte. Die Art, mit der er sie gepackt und gegen das Auto gedrückt hatte, war so grob gewesen, wie sie es noch nie erlebt hatte. Er war außerdem so schnell und lautlos an sie heran geschlichen, dass sie es nicht einmal kommen sehen hatte. Ihr erster Halt war bei ihrer Wohnung. Ohne ihre Schuhe auszuziehen marschierte sie direkt in ihr Arbeitszimmer und schrieb ein Dokument – ihre Kündigung. Gerade als ihr Drucker die letzten Buchstaben gedruckt hatte, riss sie das Papier an sich und floh förmlich aus ihrer Wohnung. Sie konnte nicht schnell genug bei ihrer Firma ankommen und das Schreiben einreichen. Natürlich war Pia sich dessen bewusst, dass sie nur mit einer Kündigung den Fall loswerden würde – entweder von sich aus oder weil sie erfolglos blieb. Letztere Möglichkeit wollte Pia nicht abwarten, 6 Monate waren einfach zu lang. Sie würde schon etwas anderes finden, die Hauptsache war, dass sie nicht mehr, nie wieder, in die Siedlung fahren musste und ihm gegenüber stehen musste. „Pia“ Das überraschte Gesicht von Mortimer, als sie ohne anzuklopfen in sein Büro trat, war das erste was sie wahrnahm. Erst als sie den Raum betreten hatte, fiel ihr auf, dass noch eine zweite Person anwesend war. Im Stuhl gegenüber von ihrem Chef, der Hoch und mit seitlichen Lehnen war, sodass man von hinten jemanden nur anhand der Beine sehen konnte, saß ein älterer Herr mit grauem, lichter werdendem Haar. „Es tut mir leid, dass ich störe…“, stammelte sie. Ihr unprofessionelles Verhalten wurde ihr gerade bewusst, doch die Angst hatte sie völlig irrational handeln lassen. „Das macht nichts.“, winkte Mortimer ab. „ Was für ein Anliegen hast du denn? Wie geht es mit deinem Auftrag voran?“ Sein Gegenüber schenkte ihm einen wissenden Blick und der Fremde Mann wandte sich nun Pia zu und lächelte sie an. „Ich werde nicht weiter an dem Fall arbeiten. Hier ist meine Kündigung.“ Mit zittrigen Händen reichte Pia ihrem Chef das Schreiben und verließ so schnell wie möglich, ohne die Reaktionen der beiden Männer abzuwarten den Raum. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)