A fateful Encounter von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 5: ----------- Kapitel 5 3. Mai 1885 “Was hast gefühlt, als du erfahren hast, was du bist?“ Ohne nachdenken hatten sich diese Worte über meine Lippen geschlichen. Ich starrte immer noch auf meine Notizen, meinen Stift fest umklammert. Als würde mich irgendetwas in ein riesiges Loch ziehen, wenn ich diesen losließ. Mein Herz raste, als würde es jeden Moment aus meiner Brust springen. In meinem Hals hatte sich ein dicker Kloß gebildet, der mir das Schlucken erschwerte und mir regelrecht die Atemwege zuschnürte. Auf meiner Stirn hatten sich bereits Schweißperlen gebildet, die nun von meinem Gesicht tropften. Ich konnte aus den Augenwinkeln erkennen, wie mein Schützling leichtfüßig von der Fensterbank sprang und, als würde sie schweben, zu ihrem Bett lief. “Sie sind der Psychologe, Doktor Jenkins. Sagen sie es mir.“, meinte Sophie in einem ernsten Ton und sah mich nun aus feurigen Augen an. “Du glaubst also, du bist ein…Vampir.“, ich hatte mir diese Worte bewusst zurechtgelegt. Während meiner Laufbahn hier im Fairfox Arrows Hospital hatte ich schon einige Fälle erlebt, in denen junge Mädchen mit einem Trauma eingeliefert wurden. Während unserer Gespräche haben sie mir ihre Lebensgeschichte erzählt, die, wie ich später herausfand, alle nur ausgedacht und ein erstes Anzeichen für ein Aufmerksamkeitssyndrom darstellte. Sophie antwortete nicht gleich. Sie blieb starr auf ihrem Bett sitzen und beobachtete mich, als würde sie warten, ob ich noch weitere Fragen stellen würde. “Könnte es sein, dass du dir das nur einbildest?“, fragte ich vorsichtig. Ich konnte meinen Augen nicht trauen, als die junge, zerbrechlich wirkende Frau, mit einer übermenschlichen Geschwindigkeit von ihrem Bett aufstand und im selben Moment direkt neben mir stand. Sie ergriff meine Hand und hielt sie mit einer, für ein Mädchen eher unmenschlichen, Stärke und hielt sie an ihre Brust. “Was spüren sie?“, fragte sie spielerisch und sah mich aus funkelnden Augen an. Meine Nerven schienen mir einen Streich zu spielen. Denn ich spürte…nichts. Keinen Herzschlag. “Das ist unmöglich.“, stotterte ich hysterisch und riss mich reflexartig von ihr los. Was dann geschah konnte ich mir nicht erklären. Ich hatte ihr eine kleine Wunde am Handgelenk zugefügt, für jeden normalen Menschen vermutlich lebensgefährlich. Hastig sprang ich von meinem Stuhl auf. Alles in mir wollte nur weg. Raus aus diesem Zimmer und am besten nie wieder in diese Klinik. Ich war gerade an der Tür angekommen, als sie mich an der Schulter packte und zu sich umdrehte. “Aua. Diese Wunde ist nicht nur tödlich…sie juckt auch.“, sagte Sophie im verspielten Ton, besah sich die Wunde, wie das Blut heraustropfte. Doch mit einem Mal war die Wunde verschwunden. Aus schreckensgeweiteten Augen sah ich sie an, eine Hand bereits am Türknauf. Reflexartig hastete ich aus der Tür, schlug diese hinter mir zu und sagte davor zusammen. Unzählige Fragen schwirrten in meinem Kopf herum. Doktor Jenkins kam an diesem Tag nicht wieder. Stattdessen hatte er veranlasst, mich mit Gurten an den Händen, ans Bett zu fesseln. Vermutlich als Schutz vor sich selbst. Hin und wieder kam eine Schwester in mein Zimmer. Sie war neu, das wusste ich. Während ich in dieser kleinen Zelle steckte, kamen drei verschiedene zu mir. Die, die jetzt in meinem Zimmer stand um mir etwas zu Essen zu bringen, war nie dabei gewesen. Sie stellte mir einen Teller mit einer Scheibe Brot und etwas Belag auf den Tisch. Nicht gerade meine Traumvorstellung von einer ordentlichen Mahlzeit. Sie hatte sich neben mich gesetzt, um mir das Brot zu schmieren und mich zu füttern. Ich sah sie mit meinem unschuldigsten Blick, den ich draufhatte an. Dieser Blick hat bisher immer funktioniert. Selbst mein Vater, der sonst immer zu den harten Schalen gehörte, konnte mir bei diesem Blick keinen Wunsch abschlagen. “Die Gurte sind so eng.“, jammerte ich gespielt. Sie war ein leichtes Opfer. Mit einem Ausdruck von Mitleid auf dem Gesicht, beugte sie sich zu mir, um die Fesseln zu lösen. Das war meine Chance. Noch bevor sie meine Hände von den Gurten befreit hatte, fuhr ich meine Vampirzähne aus, um sie ihr in die weiche, glatte Haut des Halses zu schlagen. 4. Mail 1885 aus der Sicht des Arztes Ich saß eine ganze Weile im Aufenthaltsraum, der extra in unserer Etage eingerichtet wurde. Ich war zum Glück allein. Genügend Ruhe also, um meinen eigenen Gedanken nachzuhängen. Ich erinnerte mich an den Tag zurück, als ich hier in der Klinik angefangen hatte. Ich hatte mein Studium gerade beendet. Ich war noch ein Jungspund, mit blonden, wuscheligen Haar, dass ich im Laufe der Zeit nach hinten gekämmt hatte, da ich feststellte, dass dies besser bei meinen Patienten ankam. Mein Mentor hatte mich viel gelehrt. Das wichtigste war, dass wir, die Psychologen, über keine wirklich wissenschaftliche Lösung für die Probleme der menschlichen Seele verfügen. Ich sage nicht, wir hätten überhaupt keine Lösungen für psychische Probleme. Was wir tun, unsere Arbeit, ist keine Wissenschaft. Es ist eine Ansammlung von Methoden, die man ausprobieren kann und von denen die meisten auch in früheren Fällen schon mehr als einmal funktioniert haben. Und weil das so ist, lohnt es sich, sie erneut anzuwenden. Das ist aber auch schon alles. Doch wir heilen nicht jeden Patienten. Nicht einmal die Hälfte. Das wurde mir, nach dem Zwischenfall mit Sophie Cherrington, mehr als bewusst. Ich begann zu zweifeln. War ich dem Druck gewachsen? Sagte sie die Wahrheit? Nein, das konnte nicht sein. ’Glaube nur an das, was du durch Fakten belegen kannst’ war die erste Lektion, die mein Mentor mir eingebläut hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)