Hidden Flowers III von june-flower (Die letzte Reise) ================================================================================ Kapitel 15: 6. Nacht - Nonverbale Kommunikation ----------------------------------------------- „Habt ihr es schon gehört? Rin Hayashino ist zurück!“ „Rin Wer?“ „Rin Hayashino! Die Rin – die dritte Schülerin des Vierten Hokage! Die mit...“ „Ah, die mit Hatake und dem Uchiha in einem Team war? DIE Rin? Ich dachte, die sei tot!“ „Das dachten alle. Aber sie soll gestern einfach so durch das Tor spaziert sein...“ „Wo war die denn die ganzen Jahre? Sie soll eine klasse Ärztin gewesen sein, wir hätten sie sicher brauchen können!“ „Naja, das weiß niemand. Aber sie muss wirklich gut gewesen sein!“ -V- Es war, als sei sie nie fort gewesen. Graue Augen trafen auf Graue. Sie hatten nie Worte gebraucht, um sich zu verständigen, hatten immer gewusst, was der andere sagen wollte, auch ohne es auszusprechen. Immer. Sie hatten ihre eigene Art der Verständigung, und das war gut so. Mit Worten konnte man Lügen. Mit Worten konnte man Verletzen. Mit Worten war es unmöglich, sich der Realität nicht zu stellen. Also schwiegen sie. Für Kakashi war es nie schwer gewesen, zu wissen, was Rin dachte. Es war ihr Gesicht – ihre eindrucksvollen, grauen Augen, ihre Lippen, ihr Ausdruck, sogar ihre Haltung. Aber auch alles, was sie tat, und die Art, wie sie es tat. Wie sie ihn las, wusste er nicht, dazu kam, dass sein Gesicht sowohl von der Maske als auch von seinem Stirnband verdeckt war. Aber sie konnte es. Das war es, was zählte. -V- Irgendwann hatten sie aufgehört, miteinander zu sprechen. Es war nicht nötig. Sie verstanden sich ohne Worte. Er brauchte keine Angst zu haben, dass sie die Dinge, die in ihm schwelten, sehen würde, denn sie kannte sie und wusste um ihre Anwesenheit. So wie er von ihrer Trauer, ihrem Schmerz und ihren Schuldgefühlen wusste. Aber wissen bedeutete nichts, erst es auszusprechen hätte Stärke erfordert. Und deshalb schwiegen sie und sprachen schweigend. Es hatte nur zwei Menschen gegeben, in deren Anwesenheit sie auf ihre stumme Kommunikation verzichtet hatten. Der eine war ihr bester Freund, ihr Teamgefährte, vielleicht sogar mehr, gewesen. Obito Uchiha war tot. Der andere war ebenfalls ihr Freund, ihr Mentor, ihr Lehrer – und der Hokage der Vierten Generation. Auch er war tot. Seitdem gab es keinen Grund, nicht nicht zu reden. Was kümmerten sie die anderen Leute. -V- „Hayashino Rin.“ Die ehrwürdige Hokage der Fünften Generation sah die Frau freundlich über ihren Schreibtisch hinweg an, ihre Ellenbogen auf die Holzplatte des Tisches gestützt, ihre Hände vor dem Kinn verschränkt. „Ich freue mich aufrichtig, dich wiederzusehen. Dein Weggang war ein großer Verlust für Konoha. Was hat dich dazu bewogen, zurückzukehren, jetzt, wo alle glaubten, du seiest tot?“ Tsunade konnte nur wenig von dem Mädchen, welches Jiraiyas Schüler vor so vielen Jahren so erfolgversprechend trainiert hatte, in der Frau vor ihr sehen. Sie war jung gewesen, natürlich, noch nicht völlig geformt, wie ungebrannter Ton. Ein Mädchen, das Großes hätte erreichen können – und das sich entschlossen hatte, ihre Heimat zu verlassen, mit 14 Jahren. Die Frau vor ihr war schlank und durchtrainiert – stolz und hart, in bestimmten Aspekten, aber der Zug um ihre Lippen wirkte noch immer weich und kindlich. Ihre Augen zeigten den Schmerz, den sie in der Welt gesehen hatte – er hatte sich in ihre Seele gebrannt. Interessiert beobachtete sie nun, wie Rin sich versteifte und ihre rechte Schulter leicht vorschob. Im Laufe ihrer Jahre als Hokage – und bereits zuvor – hatte Tsunade viel über Körpersprache gelernt. Auch nun deutete sie die Geste richtig – Rin hatte sich zu Kakashi umdrehen wollen, der nur wenige Schritte hinter ihr stand, hatte sich aber davon abgehalten. Für eine Sekunde blieb es still. Dann antwortete Rin: „Ich hatte Sehnsucht nach meiner Heimat, ehrwürdige Hokage.“ „So?“, antwortete Tsunade und zog die Brauen hoch. Rin blickte sie direkt an, doch dan schweiften ihre Augen zu dem großen Fenster hinter ihr. „Es gibt keine bessere Erklärung.“ „Nun gut“, sagte Tsunade und richtete ihren Blick auf einen Stapel Akten vor ihr auf dem Tisch. „Da es keinen uns bekannten Grund gibt, aus dem du eine Gefahr für das Dorf darstellen könntest, und weil wir in den letzten 16 Jahren nichts von dir gehört haben und davon ausgehen, dass du wirklich nur auf Reisen warst, wie du darlegst, werden wir deinen Antrag um die Aufnahme in den aktiven Dienst Konohas statt geben. Der Ältestenrat jedoch stellt eine Bedingung.“ Rin und Kakashi zogen beide die Brauen hoch, eine so dermaßen ähnliche Geste, dass sie noch überrascht vom einen zum anderen starrte, während sie fortfuhr: „Allerdings wirst du nicht sofort wieder als vollwertige Kunoichi aufgenommen, sondern wirst zuvor eine Probezeit absolvieren, bis sich die Ältesten deiner Loyalität vollkommen sicher sein können.“ „Probezeit?“, fuhr Rin auf. „Ich habe immer...“ Sie stockte und wandte sich nun wirklich vollständig zu Kakashi um. Als sie das Gesicht wieder Tsunade zudrehte, wirkte sie resigniert. „Ich akzeptiere die Bedingungen.“ „Sehr schön.“ Ohne hinzusehen, warf die Hokage der Frau vor ihr eine der Pergamentrollen zu, durch die sie gerade gegraben hatte. Rin fing sie und starrte sie an. „Was...“ „Euer erster Auftrag. C-Ranking – fürs erste.“ „“Euer“?“, echote Rin. Tsunade lächelte freundlich. „Deiner und Kakashis. Ich erwarte, dass ihr mir beweist, dass ihr die Fähigkeit zur Zusammenarbeit nicht verloren habt. Sucht euch ein drittes Teammitglied aus gerade verfügbaren Shinobi aus und meldet euch bei Shizune ab. Das war es dann.“ Kakashi und Rin beugten die Köpfe und schon befand sich niemand mehr im Raum außer der Fünften Hokage. Die schüttelte den Kopf und ging zurück an die Arbeit. Diese Beiden... diese Beiden. -V- Das war kurz. – Und schmerzlos. Du hättest es schlimmer treffen können. – C-Ranking. Wie peinlich. Wir sind beide JouNin, sogar trainierte ANBU. – Du bist diejenige, die nach dem Krieg verschwunden ist. Es ist ihre Pflicht, dir zu misstrauen. – Sie hätte uns wenigstens noch einen dritten Mann zuteilen können. – Keine Sorge. Ich kenne jemanden, den wir mitnehmen können. -V- „Naruto!“ Der blonde Shinobi sah von der Suppe auf, die er gerade genüsslich schlüfte, und sah seinen ehemaligen Mentor auf sich zukommen. „Iruka-Sensei!“ Der ältere Mann mit der Narbe liess sich neben seinen Schützling auf einen Hocker fallen. „Gerade zurück von einer Mission?“ Zu seiner Überraschung verdunkelte sich Narutos Gesicht. „Allen Kages sei Dank.“ „Nanu?“ Iruka unterdrückte ein Lächeln. Naruto sah wirklich so aus, als sei er höchst erleichtert, wieder zurückzusein. „Ist etwas passiert?“ „Es war nur eine C-Ranking Mission, insofern... Begleitschutz für eine Kronzeugin in einem Prozess gegen den korrupten Fürsten von Sonstewie. Einmal Hin und Zurück. Nicht weiter schwer, einige Attentate, sonst keine Vorkommnisse...“ „Wo lag das Problem?“ Narutos Gesicht verdüsterte sich. „Kakashi- Sensei und Rin-San“, sagte er wortkarg und schaufelte die restlichen Nudeln in sich hinein. Sein ehemaliger Lehrer schaute verdutzt. „Was soll mit ihnen sein?“ „Du hast sie noch nicht erlebt!“, stöhnte Naruto und stellte die Schüssel klappernd zurück auf die Theke. „Es ist ja noch ganz okay, wenn du sie ein paar Mal am Tag siehst. Einen ganzen Tag mit ihnen zu verbringen ist eine Herausforderung, aber keine Unüberwindbare. Aber 7 Tage am Stück ist eine Hölle!“ Besorgt fragte Iruka sich, was wohl geschehen sein mochte. „Red nicht um den heißen Brei herum – sag es endlich!“ „Sie sprechen nicht miteinander – und auch nicht mit dir. Das ist es. Dabei merkt man, dass sie keine Worte brauchen, um sich zu verstehen, aber es ist die Hölle für Außenstehende!“ „Sie verstehen sich gut“, fasste Iruka zusammen. „Dabei ist doch nichts. Übertreibst du nicht ein bisschen, Naruto?“ „Iruka-Sensei.“ Naruto sah ihn an, und aus seinem Gesicht war der ermüdete und genervte Ausdruck gewichen und nur bitterer Ernst zurückgeblieben. „Es ist sehr schön, wenn zwei Menschen sich ohne Worte verstehen. Das gebe ich zu. Aber bestimmte Dinge müssen ausgesprochen werden, verstehst du? Mit den beiden zusammenzuarbeiten ist die Hölle, weil alles, was sie sich nicht sagen, zwischen ihnen steht wie eine Wand. Die Atmosphäre ist so angespannt, dass du Angst hast, dich zwischen ihnen zu bewegen, weil sonst alles, was zwischen ihnen ist, explodiert. Und sie wollen das nicht, also kesseln sie sich von dir ab, aber die Mauer bleibt trotzdem. Und dann reden sie nicht miteinander, also auch nicht mit dir, und es ist, als wärst du nur ein Anhängsel, während diese beiden den Auftrag erfüllen... Dieses Mal war es nicht so schlimm, weil diese Zeugin ihre Familie dabei hatte und das für Ausgleich sorgte. Aber wenn sie in einer anderen Mission unterwegs sind... „Sich wortlos verstehen“ – so kann man es nennen. Ich würde eher sagen, sie schweigen sich an!“ Sprachlos starrte Iruka seinen erwachsen gewordenen Schüler an. „Naruto...“ „Ja?“ Du hast es als Einziger gemerkt, wollte er ihm sagen. Du hast als einziger bemerkt, was es wirklich ist. Wir anderen sind nur davon ausgegangen, dass sie einfach keine Worte brauchen... „Ich bin stolz auf dich“, sagte er stattdessen. „Was?“ „Komm, ich lade dich ein.“ -V- Du willst die Tür nicht öffnen. Erschrocken riss Naruto die Hand von der Klinke zurück, die er gerade hatte drehen wollen, um dem drängenden Klopfen auf der anderen Seite endlich Einhalt zu gebieten. Er schob seine Vorahnung beiseite und öffnete die Tür. Wie er erwartet hatte. „Kakashi-Sensei... Rin-San“, sagte er und beugte respektvoll den Kopf. Sein ehemaliger Lehrer schien ihn von unter seiner Maske anzugrinsen. Hinter ihm stand dessen Partnerin und schaute interessiert an ihm vorbei in die Wohnung. Naruto wusste, es gab nicht viel zu sehen. Er besaß quasi nichts. „Komm schon – wir müssen los!“ -V- Zwei Tage später erschien der Gedanke an seine leere, dunkle und stille Wohnung ihm wie ein Paradies. Selbst wenn er zuvor noch seine unangenehme Aufgabe bei Tsunade-Sama würde beenden müssen. -V- „Wie bitte?“ Rin und Kakashi sprachen beide gleichzeitig, beide mit dem selben Ausdruck von Unglaube auf dem Gesicht, beide mit dem selben Maß an Irritation in der Stimme. Zufrieden registrierte die Fünfte Hokage diese Tatsache, die Narutos Vermutungen bestätigte. „Das Problem liegt in der Zusammenarbeit.“ Rin und Kakashi tauschten einen verständnislosen Blick. „Meines Wissens arbeiten wir sehr gut zusammen“, sagte Rin steif. Kakashi bestätigte seine Partnerin durch Schweigen. Der Blick der Hokage wurde hart. Sie stützte ihre Hände auf den Schreibtisch, hinter dem sie stand. „Oh ja. Ihr arbeit hervorragend zusammen, keine Frage.“ Ihre Stimme war kalt und ausdruckslos. „Ihr seid ein perfekt aufeinander abgestimmtes Team, sogar nach 18 Jahren noch. Ohne offensichtliche Absprache reagiert ihr im Einklang. Ihr ergänzt euch im Kampf. Selbst in einer Überraschungssituation seid ihr in der Lage, diese schnell und wirksam zu euren Gunsten zu wenden – aber eine Sache könnt ihr nicht. Und wie es der Zufall will, ist dies die Eigenschaft, die ich bei meinen Shinobi als am Wichtigsten überhaupt einschätze.“ Ihr Blick wanderte zwischen ihnen hin und her und fand nur Unverständnis. „Keine Frage“, sagte sie leise. „Ihr wisst es nicht.“ Sie sah Naruto an, der im Schatten hinter seinen Teamkollegen stand und ruhig zusah. „Rin. Kakashi. Ihr seid einfach nicht in der Lage, einen Dritten in euer Team zu integrieren.“ „Das ist absoluter Schwachsinn!“, platzte Rin heraus, während Kakashi nur dastand und seine Vorgesetzte anstarrte. Ebenso entschlossen starrte diese zurück. „Und dabei ist es das, was der Vierte euch so nahegelegt hat“, sagte Tsunade leise. „Ich schlage vor, dass ihr versucht, dieses Problem möglichst schnell aus der Welt zu schaffen. Bis ihr dazu in der Lage seid, auch mit einem Dritten im Bunde eine Mission anzugehen, seid ihr vom aktiven Dienst entbunden. Ich weiß, du, Kakashi, hast bisher Missionen vorwiegend allein ausgeführt. Aber auch du musst im Team arbeiten können – mit gleichwertigen Mitgliedern, nicht mit GenNin.“ Entsetzen stand in die Gesichter beider JouNin geschrieben. Dass schliesslich Kakashi sprach, zeigte der Hokage, dass ihn diese Eröffnung genauso getroffen haben musste wie seine Teamkollegin. „Was sollen wir Ihrer Meinung nach tun?“ Das Lächeln, welches sie mit Naruto austauschte, zeigte Stolz. Auch er grinste. „Ich schlage vor, ihr redet einmal miteinander“, sagte sie leicht und wandte ihnen den Rücken zu, um einige Rollen Pergament auf einen anderen Stapel zu verschieben. „Und damit meine ich: richtig reden. Kommunizieren – verbal. Aussprechen, was gedacht wird.“ -V- Reden. Was will sie bloß von uns? – Können wir wirklich nicht mit einem dritten Shinobi zusammenarbeiten? – Frag mich was besseres. Ich habe genausowenig bemerkt wie du. – Du hattest ja deine ANBU-Missionen. Da brauchtest du mit niemandem zusammenzuarbeiten. – Und du bist für 18 Jahre allein durch die Weltgeschichte gereist. Auch nicht besser. -V- „Also reden wir“, sagte Kakashi zögernd, als sie die Straße entlanggingen. Egal in welche Richtung, nur weg vom Haupthaus. „Worüber?“ „Ich weiß nicht.“ Sie blieben stehen und sahen sich kurz an. Kakashi zuckte die Schultern. Rin grinste. Nachdem der erste Moment der Überraschung vergangen war, fühlten sich beide unwohl. Sie nahmen das Laufen wieder auf. „Und? Was hast du in den letzten Jahren so gemacht?“ Rin schluckte. „Warum interessiert dich das?“ „Einfach so.“ Zu viel Misstrauen. Worte konnten so viel bedeuten. Sie kannten sich nicht aus in dieser Welt. „Wie gesagt – ich bin durch die Gegend gereist. Habe geholfen, wo man mich brauchte – gute MedicNin waren rar nach dem Krieg, das weißt du.“ Sie zögerte und beschloss, dass sie ihm entgegenkommen musste. „Und du?“ „Missionen. ANBU. Team 7, Naruto. Das Übliche eben.“ „Wer war noch in deinem Team?“ „Sakura Haruno, Sasuke Uchiha.“ „Was ist mit ihnen...“ Kakashi deutete mit einem Kopf vorwärts. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wohin sie gingen. Im warmen Sommersonnenlicht des Abends leuchtete der Gedenkstein grünlich. Rin zuckte zurück. „Nein. Kakashi.“ „Sieh nach unten“, sagte er und sie gehorchte. Sasuke Uchiha. Sakura Uchiha, geb. Haruno. “Oh Gott, Kakashi, das… Wie…” Er schüttelte den Kopf. „Wie es immer passiert. Viele Kämpfen. Einer gewinnt. Die anderen verlieren. Du weißt, wie das abläuft.“ Ihre Fingernägel bohrten sich in seinen Arm, wo sie sich an ihm festklammerte. „Kakashi. Lass uns weiter. Ich will nicht hierbleiben.“ Die Stimme ihres Teamkollegen war plötzlich hart. „Warum, Rin? Willst du wieder weglaufen? So wie damals?“ Rin schlang ihre Arme um sich selbst und verfluchte Worte. So schmerzhaft. So wahr. „Ich laufe nicht davon.“ Und gleichzeitig – solche Lügen. Weil Gedanken nicht logen, hatten sie Themen wie dieses immer beiseitegeschoben. Ihr war nie aufgefallen, dass das eine solch hohe Mauer zwischen ihnen errichtet hatte. „Ach nein?“ Kakashi klang bitter. Mit wenigen Schritten überbrückte er die letzten Schritte zum Monument. Du bist direkt nach seinem Tod aus Konoha verschwunden. Eigentlich wollte ich es nicht wissen. Niemals. Aber du hast gesehen – es geht nicht anders. Also frage ich dich jetzt: Warum?“ Es war dieser Grund gewesen. Dieses Thema war die Ursache dafür, dass sie verschwunden war, dass sie ihn allein zurückgelassen hatte und alle Brücken hinter sich abgebrochen hatte. Sie hatten Schuld auf sich geladen, große Schuld – und darüber zu sprechen brachte diese letzte Verbindung zwischen ihnen zum Zerreissen. Sie biss die Zähne zusammen und sprach es aus. „Hätten wir es nicht getan, wäre Obito noch am Leben. Diese gesamte verfluchte Sache vom „Sich-ohne-Worte-verstehen-können – Sie hat ihn umgebracht. Es ist unsere Schuld, allein unsere.“ Dass es in der Hitze des Gefechts passiert war, war keine Ausrede. Sie hatten niemals – niemals – in Obitos Gegenwart auf ihre Verbindung zurückgegriffen. Niemals – bis auf das eine Mal, bei dem Rin lautlos aufgeschrien hatte, weil der Anblick so überraschend war. Das eine Mal, bei dem Kakashi ihre Hand ergriffen und sie weggezogen hatte, mit einer ebenso lautlosen Warnung an Obito – und er hatte sie nicht gehört. Hatte sie nicht hören können. Er war dem tödlichen Steinhagel nicht entkommen. Sie schon. „Ja“, entgegnete Kakashi ebenso leise. „Ich hätte ihn warnen müssen. Es ist meine Schuld.“ „Es ist nicht nur deine Schuld!“, fuhr sie auf. „Ich hätte auch etwas sagen müssen! Ich hatte die ganze Zeit ein schlechtes Gefühl, und dann stehe ich nur da wie eine Puppe und schaue zu, wie...“ Ihre Stimme brach. „Also komm nicht auf den Gedanken, dir allein die Schuld zu geben, Kakashi Hatake, denn ich trage sie ebenso!“ „Er hat dich geliebt!“ Kakashis Lippen waren ein einziger, dünner Strich, das sah man sogar hinter seiner Maske, und sein sichtbares Auge funkelte wütend. „Na und?“, schrie sie zurück. „Das macht es doch nicht besser! Das macht es sogar noch schlimmer! Er hat mich geliebt, und ich habe ihn allein gelassen! Und sieh mich gefälligst richtig an, wenn ich mit dir rede!“ Wutentbrannt riss sie ihm sein Stirnband aus dem Gesicht und die Maske hinunter. Das Sharingan blitzte sie rot an. Kakashi packte ihre Hand und drängte sie rückwärts, bis sie mit dem Rücken an einen Baum gelehnt dastand. „Er hat dich geliebt und mich gehasst – na und? Wir waren ein Team! Von uns dreien ist aber nur er tot!“ „Also hätten wir alle da sterben sollen, oder was?“, kreischte sie fast. Tränen liefen ihr über das Gesicht. „Er hat dich ebenso geliebt – ihr wart Freunde, auch, wenn du zu dickköpfig warst, um das zu verstehen! Wir waren ein Team und wir haben gegen die Regeln verstoßen! Er hätte mich nicht lieben dürfen! Ich hätte dich nicht lieben dürfen, vielleicht hätten wir uns dann so arrangieren können, dass alles perfekt gewesen wäre!“ Wortlos starrte er sie an, zu wütend, um Worte zu finden. „Er ist tot, sieh es endlich ein, Kakashi! Du kommst jeden Tag hierher und sprichst mit ihm, ich laufe davon, aber das ändert nichts! Wir haben beide Schuld auf uns geladen, vielleicht ist das ja der Grund, warum wir beide unfähig sind, mit irgendwem als uns beiden zu arbeiten! Aber das macht Obito nicht wieder lebendig!“ „Was soll ich sonst tun?“, fragte er, müde und voll Schmerz. „Was soll ich tun, damit es wieder wie früher wird? Du und er und ich?“ Ihre Augen waren schwarz vor Wut. „Wenn du immernoch nicht verstanden hast, dass es keine Möglichkeit gibt, dass alles wieder wie früher wird, dann bist du ein hoffnungssloser Fall! Gott, und ich kann nicht glauben, dass ich einmal in dich ver---“ Er küsste sie. Seine Fingernägel gruben sich in ihre Oberarme und er drückte sie fester gegen den Baum hinter ihr als notwendig gewesen wäre. Der Kuss war nicht zärtlich oder weich oder liebevoll – er war hart und fordernd und flehend. Rin gab den Gedanken an eine Ohrfeige auf und erwiderte den Kuss ebenso hungrig. Ihre Lippen öffneten sich ohne Aufforderung und sie brachen erst auseinander, als der Luftmangel zu bedrohlich wurde. Ihr Herz schlug rasend schnell und schmerzhaft in ihrer Brust und ihr Atem kam in Stößen. Kakashi war ebenso atemlos. „Das...“, sagte er und bewegte sich dabei nicht, seine Lippen noch immer einige Zentimeter von ihren entfernt. „Das war...“ „Das war... nicht schlecht“, sagte Rin leise und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Sie konnte ihn noch immer schmecken, spüren, wie er sie küsste, wie sein Körper den ihren berührte... „Genau.“ Eine Zeit lang war nur ihr schwerer Atem zu hören. „Vielleicht...“ Kakashi zögerte. „Hm?“, antwortete sie, abgelenkt durch die Art und Weise, wie sich seine Lippen bewegten. Ihr Kopf war leer. „Vielleicht sollten wir das öfter machen?“ „Was? Reden?“ Seine Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. Als er sie diesmal küsste, reagierte ihr Körper sofort, ihre Hände flochten sich in sein silbernes Haar, ihr Körper presste sich so hart an ihn wie nur möglich. Er brach wieder ab, küsste stattdessen ihren Hals. Rin schloss die Augen,. „Nein. Das hier.“ -V- Zwei Tage – und sehr viele Gespräche später – standen sie wieder vor der Hokage, die sie erfreut anlächelte. „Gute Arbeit, ihr zwei. Haltet euch bereit für eure nächste Mission.“ Kaum waren die beiden verschwunden, tauchte Shizune aus dem Schatten hinter der Tür auf. „Scheint so, als hätte sich die Spannung zwischen den beiden schlagartig gelegt“, wunderte sie sich. Worüber sie wohl gesprochen haben?“ „Liebste Shizune“, sagte die Fünfte Hokage lächelnd und sah aus dem Fenster. „Über manche Dinge kann nicht gesprochen werden.“ „Nein?“, fragte Shizune mit hochgezogener Braue.Tsunade grinste in sich hinein. „Nein. Manche Dinge muss man demonstrieren.“ Arbeit. Meine Fresse. * * * Ende des Kapitels * * Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)