Hidden Flowers III von june-flower (Die letzte Reise) ================================================================================ Kapitel 7: Analyse ------------------ Xefua, Norden des Feuerreiches, Zeit seit Aufbruch aus Konoha: 74h05min Die alte, leere Hütte war staubig und dunkel. Und leer. Ino liess sich leise seufzend mit dem Rücken zur kalten Wand auf dem Boden nieder und schloss die Augen. Ihre Chakrareserven waren vollständig aufgebraucht und der seit Wochen in ihrem Kopf pochende Schmerz hatte eine neue Intensität erreicht. Langsam bohrte er sich ihr Rückgrat hinunter... Ein Rumoren liess sie aufblicken. Yukatsuki hatte eine der Lampen, die Camille ihnen gegeben hatte, entzündet, und nachdem die Flamme sich beruhigt hatte, brannte sie mit einem stetigen Schein. Das unermüdliche Mädchen liess sich ebenfalls auf dem Boden nieder und begann, aus ihren Vorräten eine Mahlzeit zuzubereiten. Nach einer Weile öffnete sich die Tür mit einem Quietschen und Shikaru kam herein, die Arme voller Holzscheite. Er häufte sie kunstgerecht in dem Kamin an der anderen Wand auf, schob ein wenig Papier in die Ritzen und entzündete es. Dann liess er sich neben Yuka auf den Boden sinken und beobachtete ihre Bewegungen. Schliesslich drehte sich das Mädchen zu Ino um. „Kommen Sie, Ino-San“, sagte sie sanft. „Sie müssen etwas essen.“ Aufseufzend quälte Ino sich an der Wand hoch, liess sich neben ihren Sohn sinken und versuchte die Übelkeit zu ignorieren, die durch ihren Körper schoss. Ich bin so etwas einfach nicht mehr gewöhnt, sagte sie sich leise und anklagend. Der warme Tee tat gut, aber mehr als ein Stück Brot brachte sie nicht hinunter. Shikaru und auch Yukatsuki aßen mit Appetit. In einvernehmendem Schweigen beendeten sie ihre Abendmahlzeit und unterhielten sich nur über Blicke. Es hatte auch für Ino eindeutig den Anschein, als verbände die Beiden mehr als nur eine lange Partnerschaft – aber sie würde sich hüten, auch nur ein Wort zu sagen. Schliesslich, nachdem Shikaru gedankenverloren für mehrere Minuten in seine Tasse gestarrt hatte, beendete er das Schweigen. „Ein merkwürdiges Dorf, nicht wahr?“ Yuka nickte zustimmend. „Es gibt hier anscheinend nur noch ältere Leute, Menschen zwischen 28 und 70 Jahren. Aber keine Kinder.“ „Ja“, nickte der braunhaarige Shinobi zustimmend. „Ob es diese Krankheit war?“ „Das muss nicht sein“, sagte Ino leise. „Es ist ein zunächst langsam fortschreitendes, dann schnell entwickelndes Virus. Alle Patienten besitzen die selben Symptome: Fieber, Schmerzen und langsames Versagen der Muskeln. Wenn ich eine Prognose machen müsste“ – sie setzte kurz aus und dachte nach – „Dann würde ich sagen, die Menschen fällen im nächsten Stadium der Krankheit entweder in ein Koma, oder...“ „Oder es gibt kein nächstes Stadium“, sagte Yukatsuki. Ino nickte schwer. „Was bedeutet das?“, fragte Shikaru. „Das bedeutet, diese Krankheit kann nur den Tod nach sich ziehen.“ Sie alle schwiegen einen Moment lang. Merkwürdig, dachte Yuka, wie sehr die Ohnmacht der Menschen in solchen Momenten deutlich wurde. „Ich habe die Wasserversorgung und die Lebensmittel geprüft“, sagte Shikaru schliesslich und brach das unangenehme Schweigen. „Ich müsste sie in einem Labor untersuchen. Da wir hier keines haben, werde ich die Proben mit Urchin nach Konoha schicken. Je schneller sie dort sind, desto besser. Das Wasser zeigt eine hohe Konzentration von Schwermetallen. Eine solche Vergiftung kann tödlich sein, sie setzt die Signalweiterleitung im Körper teilweise oder ganz außer Kraft und blockiert die Muskeln. Das würde die Gliederschwäche der Patienten erklären, und den unregelmäßigen Puls. Aber das Fieber deutet darauf hin, dass es sich nur um eine simple Vergiftung handelt... Da steckt mehr dahinter.“ „Fieber tritt immer dann auf, wenn der Körper versucht, sich von Giftstoffen oder Viren zu befreien“, widersprach Ino-San. „Aber im Großen und Ganzen hast du Recht. Auch die Tatsache, dass diese Menschen unvorstellbare Schmerzen leiden... Was können wir tun?“ Zum ersten Mal in ihrem Leben sah Yuka Shikaru Nara nicht nur hilf- sondern auch völlig ideenlos. „Ich weiß es nicht“, sagte er und hob die Hände in einer Geste der Hilflosigkeit. „Ich weiß einfach nicht mehr weiter.“ „Wir sollten Camille auf jeden Fall fragen, wie sich die Krankheit ausgebreitet hat“, sagte sie. „Dann finden wir mit Sicherheit heraus, wie und wo sie begonnen hat.“ Shikaru stand auf. „Ich bitte sie darum, herzukommen. Wartet eben.“ Während der Shinobi aus dem Haus verschwand, stand Yuka auf und entnahm ihrem Reisebündel eine Rolle Pergament und Kohlestifte. Dann liess sie sich wieder neben Ino-San nieder und sah die Frau durchdringend an. „Geht es Ihnen gut?“ Bisher hatte sie Shikarus Mutter nur vom Sehen gekannt. Allerdings gehörte Ino-San zu den wenigen Kunoichi, die eigentlich jeder in Konoha kannte: sie gehörte zur Generation des Hokage, war mit ihm aufgewachsen und hatte an seiner Seite gegen die Akatsuki gekämpft. Sie war, wie auch Haruno Sakura, von der Fünften Generation unterrichtet worden. Sie war einige Jahre lang Mitglied der Anbu gewesen, hatte viel Zeit als Agentin und Assistentin des Leiters der Spezialeinheit gedient und war nebenbei eine der wichtigsten Ärzte des Dorfes. Das alles half Yuka jedoch nicht, sie so gut einzuschätzen, wie es ihr normalerweise bei Menschen gelang, mit denen sie einige Zeit zusammenarbeitete. So konnte sie zum Beispiel auch nicht sagen, was genau es war, das sie bei Ino Yamanaka-Nara störte, aber irgendetwas war... falsch. Ein schwaches Lächeln überzog das eigentlich sehr schöne Gesicht der Ärztin und sie blickte auf. „Ich bin etwas erschöpft. Aber es geht mir gut, Yukatsuki, keine Sorge.“ Die Hand, die sie auf Yukas Schulter gelegt hatte, sank langsam zu Boden, und sie schloss die Augen wieder. Besorgt legte Yuka ihre Hand auf Ino-Sans Stirn, aber sie war angenehm kühl, Kein Fieber, dachte sie erleichtert und streckte ihr Chakra aus, um tiefer zu fühlen. Doch plötzlich schoss Ino-Sans Hand nach oben und umklammerte ihr Handgelenk wie ein Schraubstock. „Nein!“, zischte die Frau sie wütend an und unter ihren blonden Haaren schimmerten ihre blauen Augen zornig. Erschrocken fuhr Yuka zurück, aber ihre Hand liess sich nicht befreien. „Ent... Entschuldigen Sie“, stammelte sie. „Ich wollte nur...“ Ino-Sans Blick wurde von einer Sekunde auf die Nächste wieder sanft. „Nein, Yuka, mir tut es aufrichtig leid. Aber wie ich schon sagte – mir geht es gut. Kein Grund zur Sorge.“ Yuka nickte, einen Kloß im Hals, sodass sie nichts hätte sagen können, selbst dann nicht, wenn sie gewusst hätte, was man in solchen Situationen sagte. Denn die kurze Berührung der Hand der Ärztin hatte gereicht, um ihr zu zeigen, was sie hatte sehen wollen – oder besser, nicht hatte sehen wollen. Was sie gehofft hatte nicht sehen zu müssen: Ino Yamanaka war unheilbar krank. ~*~ „Kommen Sie doch herein“, ertönte Shikarus Stimme aus dem dunklen Durchgang des Hauses und nach einigen Sekunden erschienen er und Camille von Xefua im Lichtschein des behaglichen Kaminfeuers. Damit war die Stille, die Yuka als höchst unbehaglich empfunden hatte, gebrochen, und erleichtert liess sich Yuka wieder auf ihren Platz sinken. Langsam kam Camille näher. Ihr schwartes Kleid hatte sie gegen ein gemustertes Nachthemd ausgetauscht, darüber trug sie einen abgewetzten roten Morgenmantel. Missbilligend blickte sie über den Rand ihrer Brille hinweg Ino an. „Die Nacht ist zum Schlafen da. Habt ihr das in Konoha nicht so gelernt?“ Dennoch liess sie sich ächzend auf dem einzigen Hocker im Raum nieder, den Shikaru ihr höflich hinschob. Ino lächelte, eine Mischung aus Ingrimm und Verlegenheit. „Wir haben leider nicht viel Zeit zum Schlafen“, erinnerte sie vor allem ihre jüngeren Teamkollegen an das Ultimatum, welches ihnen der Hokage gestellt hatte. Camille seufzte und zog den Morgenmantel enger um sich. „Nun ja. Was wollt ihr wissen?“ „Wir werden ein Schema erstellen“, antwortete Ino. Yuka neben ihr griff zu Papier und Stiften, bereit, alles mitzuschreiben. „Wir müssen herausfinden, wann und wie sich diese Krankheit ausgebreitet hat. Wer wurde zuerst krank? Was war diese Person von Beruf? Wen von den anderen Erkrankten kannte sie ebenfalls? All solche Dinge. Die kleinste Information könnte wichtig sein.“ „Mein Gedächtnis ist leider nicht mehr so gut wie früher“, seufzte Camille. „Aber ich werde mich bemühen. Wie begann es... Das war an einem normalen Nachmittag. Da war...“ ~*~ Konoha-Gakure, Dritter und letzter Tag des Erntefestes, Abend, 43h nach Ankunft der Botschaft Heimkehr, glückliche Heimkehr. Die Zeilen eines alten Kinderliedes spukten Shikamaru Nara im Kopf herum, als er die Mauern des ehrwürdigen Dorfes Konoha-Gakure endlich wieder vor sich aufragen sah. Oh Heimkehr... Sanft schob sich der Mond hinter einer Wolke hervor und zeichnete weiche Silhouetten auf die Gebäude. Im Büro des Hokage brannte noch Licht. Shikamaru sehnte sich danach, nach Hause zu gehen, endlich wieder im eigenen Bett schlafen zu können – und seine Familie wiederzusehen. Aber das Pflichtgefühl liess ihn die Gegenrichtung einschlagen. Er wusste, Naruto war oft noch bis spät in die Nacht im Haupthaus, und Sunas Nachricht war wichtig. ~*~ „Nanu? Ashuria? Du bist ja noch da!“ Hinata kam zum abrupten Halt, als das Licht hinter den langen Fenstern zum Laborkomplex sah. Ashuria, die Assistentin des Hokage, sah vom Mikroskop auf. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, wirkte allerdings nicht so, als ob sie vor Müdigkeit umfallen würde. Manchmal fragte Hinata sich, ob diese Frau wirklich ein Mensch war: sie sprach so viele Sprachen, dass die Ärztin längst aufgehört hatte, sie zu zählen, hatte einen Abschluss in Biologie, Physik, Biochemie und Medizinwissenschaften, war eine Meisterin im Nah- und im Schwertkampf und eine der besten Anbu des Dorfes – und fand nebenbei noch Zeit, dem Hokage mit all dem Schriftkram zur Hand zu gehen, der sich im Laufe der Wochen vor ihm aufstaute. Ashuria lächelte ihr zu, und plötzlich war Müdigkeit in ihrem Blick. „Ich bin gleich fertig. Ich will nur noch herausfinden, was der Virusbestandteil im Gift ist.“ „Gift?“ Das Lächeln wurde freudlos. „Entschuldigen Sie bitte, ich präsentiere lieber vollständige Ergebnisse. Aber ja, es ist eine Mischung aus einem Gift und einem Virus, zu einer Art Immunotoxin verschmolzen, das darauf schliessen lässt, dass es künstlich synthetisiert wurde. Virenphagen haben das Toxin auf eine nie gesehene Weise in ihre eigene DNA integriert und damit auch in die DNA des Jungen. Dem Hokage muss ich es auch noch mitteilen.“ Ich bin unterwegs zu ihm, ich kann ihm darüber berichten“, schlug Hinata vor. „Gut“, willigte Ashuria ein und zog sich gedankenverloren die Handschuhe von ihren Händen. Hinata unterdrückte das Gefühl, dass es der Assistentin nicht zu gefallen schien, wenn sie Naruto noch so spät abends aufsuchte. Abgesehen davon, dass es unter normalen Umständen wirklich nicht angebracht war, hatte sie jedoch schon genug Zeit vertan... Sie musste endlich mit ihm über Ino sprechen. „Du solltest trotzdem bald Feierabend machen“, wies sie sie nichtsdestotrotz freundlich an. „Müde und Überarbeitet hilfst du uns überhaupt nicht, weißt du.“ Tatsächlich lächelte Ashuria ihr zu. „Ich werde daran denken.“ Damit drehte sie sich um, warf die gebrauchten Handschuhe in den dafür vorgesehenen Abfallbehälter und nahm sich ein Paar Neuer. „Oh, oh“, murmelte Hinata besorgt und sah zu, wie sie hinter den Laborgeräten und Utensilien verschwand. Sie hätte härter durchgreifen müssen, sowohl als Kollegin als auch als Leiterin des Krankenhauses. Sie hätte ihr befehlen sollen, nach Hause zu gehen... Allerdings hörte Ashuria nur auf die Befehle einer Person. Und zu der war sie gerade unterwegs. * * * Ende des Kapitels * * Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)