Seeking von Nifen (BWxDM) ================================================================================ Kapitel 13: XIII ---------------- Draco war nervös, da biss der Niffler keinen Goldfaden ab. Den ganzen Tag über hatte er versucht, sich abzulenken, und doch waren seine Gedanken immer wieder zum gestrigen Abend zurückgekehrt. Ja, er hatte sich an Bill für den Hufflepuff-Kommentar gerächt und seine Rache hatte gar fürchterlich ausgesehen: Er hatte Bill geküsst. Lange, ausgiebig und genießend. Mit allem, was dazu gehörte. Und Bill hatte, nach einem kurzen Moment anfänglicher Überraschung, den Kuss erwidert. Mit lockender Nachgiebigkeit und berauschender Dominanz. Nur, dass Draco jetzt nicht wusste, was dieser Kuss für den Rotschopf bedeutet hatte, ob sich dadurch die Dynamik zwischen ihnen geändert hatte und wenn ja, in welche Richtung? Wie sollte er Bill heute begegnen? So tun, als sei nichts gewesen? Das wäre gelogen und schließlich bereute er den Kuss kein bisschen. Auch hätte er nichts gegen eine Wiederholung einzuwenden. Aber er konnte nicht hellsehen oder Gedanken lesen und somit wusste er nicht, wie Bill dazu stand. Das würde er frühestens am Abend herausfinden, wenn sie sich zum Training trafen. Weshalb ihm bis dahin nichts anderes übrig blieb, als nervös zu sein und darauf zu warten, dass die Zeit verging. Wie so oft, wenn man auf ein bestimmtes Ereignis mit einer gewissen Portion unbewusster Ungeduld wartete, schien die Zeit dahinzukriechen, doch Zeit an sich ist unbestechlich und vergeht Sekunde für Sekunde, so dass auch der längste Tag ein Ende findet. Umso größer war dann die Enttäuschung, als Draco dann am Quidditchfeld stand und weit und breit keine Spur von Bill war. Er wartete fünf Minuten, dann zehn und schließlich eine halbe Stunde, doch vergeblich. Seine erste Regung war Verärgerung, doch schnell gewann der logische Teil seiner Selbst wieder die Oberhand. Bill war ein ehemaliger Gryffindor und als solcher hätte er bestimmt nicht den Weg eines Feiglings gewählt, einfach ohne Nachricht nicht zu einer Verabredung zu erscheinen. Weitaus typischer wäre gewesen, Draco direkt zu sagen, dass er kein derartiges Interesse an ihm habe und es daher für besser halte, wenn sie sich auch nicht mehr zum Training träfen. Und wenn ihm eine weitere Begegnung mit Draco dermaßen zuwider gewesen wäre, hätte er ihm zumindest einen kurzen Brief geschickt, um dem ganzen ein unmissverständliches Ende zu bereiten. Je länger er darüber nachdachte, desto mehr schlug seine Verärgerung in Besorgnis um, so dass er schließlich beschloss, dem Ausgrabungslager, wo der Rotschopf arbeitete, einen Besuch abzustatten. Die genaue Position des Lagers kannte er zwar nicht, aber Bill hatte auf die Frage nach dem Anblick der großen Pyramiden von Gizeh beim Sonnenauf- oder -untergang belustigt erklärt, er könne diese Frage nicht beantworten, weil die Pyramiden im Norden lägen und somit nie vom Lager aus betrachtet in irgendeiner Weise spektakulär von der Sonne angestrahlt würden. Wenn er also von den weltberühmten Wahrzeichen auf dem Besen nach Süden flog, folgerte Draco, würde er früher oder später auf das Gringotts-Lager stoßen müssen. Kurz verzog er das Gesicht, als er einen höchst effektiven Unsichtbarkeitszauber über sich legte. Es war einer der Zauber, die er als Todesser gelernt hatte, aber er war nun mal wirksamer als der übliche Verschleierungszauber, der immer noch ein sichtbares Schimmern erkennen ließ. Dann apparierte er zu den Pyramiden und schwang sich auf seinen Besen. Es dauerte fast eine viertel Stunde, ehe er das Ausgrabungslager erspähte. Und was er sah, stimmte ihn nicht gerade freudig. Um keine unliebsame Bekanntschaft mit dem ein oder anderen Zauberstab oder gar einem Koboldfluch zu machen, landete er etwas abseits und hob den Unsichtbarkeitszauber auf. Dann erst näherte er sich dem Lager. Dort herrschte hektische Betriebsamkeit, die deutlich von einem ungeplanten Vorfall zeugte. Vor allem aber schienen alle Mitarbeiter, egal ob Kobold oder Mensch, in ein und dieselbe Richtung zu eilen. Instinktiv folgte Draco ihnen und holte schließlich eine junge Frau ein. „Wissen Sie wo ich Bill Weasley finde?“ Offenbar sprach die Frau kein Englisch, verstand aber den Namen und fing wild gestikulierend an, ihm etwas zu erklären. Als sie erkannte, dass ihr Gegenüber nicht begriff, was sie sagte, zerrte sie ihn einfach mit sich zu dem Pulk, der sich in der Lagermitte versammelt hatte. Dort stand ein ziemlich grimmig dreinblickender Kobold auf einer Holzplattform, von wo aus er die versammelten Lagerbewohner überblicken konnte. Wind und Wüstensonne hatten seiner Haut das Aussehen von schlecht gegerbtem Leder verliehen und doch strahlte er die Autorität und Würde eines angesehenen Kobolds aus. Seine knorrige Hand hob sich und der Menschenpulk verstummte. Es waren ein paar Silben Koboldogack zu hören, dann spürte Draco, wie ein Zauber sich auf sie senkte und auf einmal konnte er den Kobold verstehen, obwohl er sicher war, dass dieser nach wie vor in der dieser höchst eigentümlichen Sprache seiner Rasse redete. „Wir haben vor etwa zehn Minuten erfahren, dass es in Pyramide 2637a zu einem Einsturz gekommen ist. Das dort tätige Fluchbrecherteam ist in der Grabkammer eingeschlossen. Soviel steht jetzt schon fest: Es war Sabotage!“ Ein kollektives Keuchen und Erbleichen ging durch die Menge. Sabotage konnte alles mögliche bedeuten… Bewusste Aktivierung altertümlicher Fallen, Flüche oder auch nur physische Zerstörung. Da aber fuhr der Kobold schon fort: „Dank des Geschicks des Teamleiters gelang es, mit uns in Kontakt zu kommen. Eine der polierten Schalen dient derzeit ersatzweise als Zweiwegespiegel. Dennoch ist die Situation kritisch. Die Besen wurden gestohlen, so dass sie nicht über den Seelenschacht einen Versuch wagen könnten und die nächtliche Versieglung senkt sich in weniger als vier Stunden über die Pyramide. Die Sauerstoffvorräte werden nicht bis zum Morgen reichen. Die Frage ist jetzt: Wie schnell können wir einen zweiten Zugang zu der Grabkammer schaffen, um das Team zu retten?“ In Draco, der aufmerksam zugehört hatte, war mit jedem Wort des Kobolds und mit jedem Gesicht der Lagerbewohner, das er ansah und das sich nicht als das von Bill entpuppte, die Gewissheit gewachsen, dass es das Team des Gringotts-Suchers war, welches in der Pyramide verschüttet war. Und was hatte es mit dieser Versiegelung auf sich? Bill hatte so etwas nie erwähnt. Allerdings... ein neuer Zugangstunnel? Schon wurden um ihn herum Argumente laut, die von Statik, unbekannten Flüchen und überraschend auftretendem Felsgestein redeten. Auf seltsam distanzierte Weise fasziniert, hörte er den Reden der anderen zu und wunderte sich, weshalb man das Offensichtlichste übersah. Schließlich konnte er nicht länger an sich halten. „Weshalb fliegt nicht einfach jemand durch den Seelenschacht zu ihnen hinein und bringt dem Team neue Besen?“ Der strafende Blick des Kobolds schien deutlich zu sagen, dass er für derlei dumme Kommentare nun wirklich keine Zeit hatte. Und auch die anderen Ausgrabungsmitarbeiter sahen Draco an, als hätte er die dümmste Frage des Jahrtausends gestellt. Überhaupt schien ihnen erst jetzt aufzufallen, dass sich ein Fremder in ihrer Mitte befand. Doch Draco ließ sich nicht beirren. Er wusste, dass es möglich war. Schließlich hatte er seit fast zwei Wochen jeden Abend nichts anderes getan. Als er Dracos hartnäckigen Gesichtsausdruck erkannte, erwiderte der Kobold nur barsch: „Wir haben keinen Flieger hier im Lager, der dies könnte. Aus einer Pyramide durch den Seelenschacht hinauszufliegen, ist eine Sache, dadurch hineinzufliegen eine ganz andere. Denn die Fallen im Seelenschacht sind alle nach außen gerichtet. Weasley wäre der einzige gewesen, der dazu in der Lage gewesen wäre. Und einen ähnlich qualifizierten Flieger zu finden, dazu haben wir nicht die Zeit.“ Noch ehe er den Gedanken bewusst gefasst hatte, hörte sich Draco sagen: „Ich könnte es!“ Er wusste nicht, woher er die Gewissheit nahm, doch er zweifelte keinen Moment daran, dass er es schaffen könnte. Der Kobold musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen. „Sie sind nicht zufällig der Freund, mit dem Weasley zur Zeit jeden Abend bei den Pyramiden trainiert?“, fragte er schließlich. Draco nickte überrascht und trat dann, auf ein Winken des Kobolds näher zu diesem an die Plattform. „Und Sie glauben, dass Sie es tatsächlich schaffen könnten?“ Abermals nickte Draco. „Bill Weasley wäre vermutlich schneller als ich in der Grabkammer, aber ich weiß, worauf ich zu achten habe.“ Ein wenig umständlich kletterte der Kobold von der Plattform hinunter. „Ich bin Gobhood. Kommen Sie mit. Sie werden einen Vertrag unterschreiben und dann können Sie einen Versuch starten. Wenn ich allerdings binnen einer Stunde keine positive Antwort vom Team bekommen habe, dass Sie es in die Grabkammer geschafft haben, werden wir uns wohl einen zweiten Zugang sprengen müssen.“ Man sah dem Vorarbeiter an, dass ihm diese Option gar nicht gefiel, war doch bei einer Sprengung immer damit zu rechnen, dass Wertgegenstände zu schaden kamen und dadurch der Gewinn der Bank geschmälert wurde. Von der eigenen Provision ganz zu schweigen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)