Mission: Schmetterling von ahkullerkeks (Der Freiheit ein Stück näher.) ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Er lief in dem großen Raum hin und her, eine Hand ums Kinn gelegt, als würde er nachdenken, was er vielleicht auch tat. Er ließ die kleine Antenne an seiner Brille rein- und rausfahren und setzte sich dann auf das Sofa dem Mädchen mit den langen rotbraunen Haaren gegenüber. Sie blätterte durch eine Zeitschrift. Auf dem Titelblatt war ein junger Schauspieler, dem nachgesagt wurde, seine berühmte Frau betrogen zu haben. Sie sah über den Rand ihres Magazins zu dem Jungen hinüber, ihr Blick gelangweilt. „Was tust du da?“, fragte sie ihn, ohne jegliche Neugier in der Stimme. „Ich sitze.“ Er hob eine Augenbraue. „Und du?“ Sie schüttelte leicht die Zeitschrift, das Papier knisterte. „Lesen also“, sagte er und nickte bedächtig. „Falsch“, erwiderte sie. „Warten.“ Er schmunzelte und strich sich durch die Haare. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt, er fragte sich, wie sie nur so ruhig bleiben konnte, während er hier herum lief wie ein aufgescheuchtes Huhn. Conan Edogawa und Ai Haibara waren nun schon seit ganzen neun Jahren in ihren Kinderkörpern gefangen gewesen. Immer wieder bekamen sie Nachricht vom FBI, dass sie eine neue Lagerhalle gefunden hatten, wo vermeintliche Mitglieder der Schwarzen Organisation irgendwelche Projekte und Experimente durchführten. Jodie und Shuichi hatten ihnen jedes Mal Bescheid gegeben, damit sie mitkommen konnten, da Conan unbedingt dabei sein wollte. Ai ging einfach mit, weil sie ihn nicht alleine lassen wollte. Sie war sich sicher, dass er sich in den Tod stürzen würde, um die Organisation in den Ruin zu stürzen, wenn sie ihn nicht begleitete, um ihn zurück zu halten. Gestern hatte Jodie Conan gesagt, dass sie auf ein Fabrikgelände aufmerksam geworden waren, welches eigentlich seit Jahren leer stehen sollte, wo einige Passanten jedoch ständig Autos rein- und rausfahren sahen. Deswegen saßen der Detektiv und die Wissenschaftlerin im Erdgeschoss von Professor Agasas Haus und warteten auf einen weiteren Anruf, wobei es sich bei dieser Lagerhalle um ein weiteres Versteck handeln könnte. Das FBI wollte erst einmal eine Truppe Agenten schicken, damit sie die Lage checkten, ob es sich dabei wirklich um Organisationsmitglieder handelte oder einfach um eine kleine Gruppe krimineller Idioten, wie Ai sie genannt hätte. Es erschien ihr seltsam, dass sich die Organisation so wenig Mühe machte, sich versteckt zu halten. Vielleicht wollten sie entdeckt werden? „Wieso bist du so ruhig?“, platzte es aus Conan raus und er sah das Mädchen misstrauisch an. Erneut sah Ai von ihrem Heft auf. „Was meinst du?“ „Wir sind ganz kurz davor, die Schwarze Organisation zu kriegen und unsere alten Körper wieder zu bekommen und du sitzt hier, total ruhig und ließt über unwichtige Menschen, die jeder kennt!“ „Sie werden VIP genannt, weil sie jeder kennt“, informierte sie ihn. „Und oft werden sie auch als wichtigste Menschen angesehen.“ „Das tut doch auch nichts zur Sache.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust. Die Tür, die nach unten ins Labor führte, flog auf und der Professor kam heraus. Überrascht schaute er die beiden Jugendlichen an. „Shinichi, Ai-kun“, seine Stimme klang überrascht. „Ihr seid ja immer noch da. Ich dachte, ihr würdet zu diesem Fabrikgelände gehen, nach dem das FBI es etwas erkundet hat.“ Conan erhob sich und ging zu Agasa, der sich eine Tasse Kaffee machte. „Jodie-sensei hat sich noch nicht gemeldet. Hoffentlich sind es dieses Mal die ganzen hohen Tiere, die sie da entdeckt haben. Ich kann es kaum erwarten, Gin und Vodka gegenüber zu stehen.“ „Du bist doch verrückt“, sagte Ai, legte die Zeitschrift zur Seite und ging ebenfalls zum Professor hinüber. „Gegen Vodka hättest du womöglich eine Chance, er ist zu dämlich, um sich irgendeine Taktik oder dergleichen auszudenken. Gegen Gin kommst du nicht an. Hoffe lieber, dass du ihm in diesem Leben nicht noch einmal begegnest, während er eine Waffe bei sich hat.“ „Ich schaffe das schon“, meinte Conan selbstsicher. „Egal, wie clever und gewieft Gin auch ist.“ Er verzog angewidert das Gesicht. „Was ist los?“, fragte Agasa und runzelte die faltige Stirn. Der geschrumpfte Junge sah zu dem alten Mann und zog die Nase kraus. „Es ist komisch etwas positives über den Kerl zu sagen, der mich umbringen wollte.“ „Deswegen brauchst du dich noch immer nicht geschmeichelt fühlen, Kudo-kun“, erwiderte Ai und verschränkte die Arme vor der Brust. „Er hat dir das Gift nur eingeflößt, um es zu testen, es hätte jeder andere sein können.“ „Gut, für dich, dass ich es doch war, was?“ Er grinste sie verschmitzt an. „Was hättest du nur getan, wenn nicht ich derjenige gewesen wäre, der als erstes geschrumpft ist.“ Ai runzelte die Stirn. „Ich wäre trotzdem zu demjenigen gegangen, den Gin umbringen wollte. Demnach bist du, was das angeht, wirklich keine Besonderheit.“ Sie griff nach der Kaffeekanne und holte sich ebenfalls eine Tasse, während sich der Professor auf den Stuhl setzte, der vor seinem Computer stand. „Hey, verletzte nicht meine Individualität, ja?“ Conan sah ihr hinterher. „Ohne mich wärst du aufgeschmissen gewesen.“ „Falsch“, sagte sie und sah ihn über ihre Tasse hinweg an. „Ohne den Professor wäre ich aufgeschmissen gewesen, ohne dich, wäre ich nicht schon tausend Mal nur knapp mit dem Leben davon gekommen. Du ziehst Unglück magisch an.“ Conan schnaubte, wollte gerade etwas erwidern, wurde jedoch von dem Klingeln seines Handys unterbrochen. Plötzlich total aufgeregt sah er Ai an. Auf ihrem Gesicht war das kleinste Bisschen Erregung zu erkennen, als sie zu ihm ging und ihr Ohr an sein Handy hielt, damit sie das Gespräch mithören konnte. „Hallo?“, antwortete Conan seltsam atemlos den Anruf. „Conan-kun!“, rief Ayumis helle Stimme freudig. Mit einem Seufzer entfernte Ai ihr Ohr vom Hörer und setzte sich auf die Armlehne des Sofas. Ihr Blick ruhte trotz allem auf Conan. „Ah, Ayumi-chan“, lachte er etwas enttäuscht. „Was gibt es?“ „Du und Ai-chan sind so schnell nach der Schule verschwunden, dass wir gar nicht mehr fragen konnten, ob ihr heute nicht was mit Mitzuhiko, Genta, Momoko und mir unternehmen wollt. Und, willst du? Wir wollten Ai-chan dann besuchen, der Professor hat ja genug Platz für uns alle, dann rufe ich sie gleich noch an.“ „Das wird nicht nötig sein.“ Conan grinste Ai an. „Ach, nein?“ Die Stimme des jungen Mädchens klang vorsichtig durch den Hörer. „Wieso denn nicht?“ „Ich befinde mich gerade beim Professor. Er sagt, es macht ihm nichts aus, wenn ihr kommt und Haibara freut sich auch schon auf euch alle.“ „Du bist also bei Ai-chan?“, fragte Ayumi vorsichtig. „Ja, sicher.“ Conan lächelte etwas verwirrt. „Wo sollte ich sonst sein?“ Ai verdrehte die Augen. „Zu Hause vielleicht?“ „Ist egal, Conan-kun, vergiss es, ja? Wir sind gleich bei euch.“ Damit legte seine Klassenkameradin auf. Conan sah auf und begegnete Ais vorwurfsvollen Blick. Er hob fragend die Schultern. „Was denn?“ Sie schüttelte den Kopf und sagte: „Du bist unmöglich.“ „Wieso denn jetzt schon wieder? Hey, Haibara!“, rief er hinterher, als sie die Stufen zu ihrem Zimmer hochging. „Wohin gehst du?“ „Keine Angst, ich hole mir nur eine Jacke. Es ist kalt hier unten.“ Sie hob abschweifend eine Hand. Conan vernahm ein Räuspern und drehte sich um. Der Professor saß immer noch dort auf dem Stuhl und schien sich ein amüsiertes Grinsen zu verkneifen. „Sag mal, Shinichi“, sagte er. „Wer kommt denn überhaupt alles? So, wie du es gesagt hast, hat es sich angehört, als würde eure gesamte Klasse hier auftauchen. Soll ich etwa etwas zum Knabbern holen?“ „Das würden Sie tun, Professor?“, lachte Conan und ließ sich aufs Sofa sinken. Sein Blick huschte zum Display seines Handys. Keine weiteren Anrufe. Natürlich nicht. „Es kommen eben die Detective Boys und Momoko, Gentas neue Freundin.“ „Aha.“ Agasa erhob sich und ging in die Küche. „Weißt du, Shinichi, ich wundere mich immer wieder, wieso nur Genta feste Bindungen eingeht. Soweit ich weiß, hatten Ayumi-kun und Mitzuhiko-kun noch nie einen festen Freund oder Freundin. Geschweige denn du oder Ai-kun.“ „Ich bitte Sie.“ Conan folgte ihm. „Wieso Haibara und ich nie mit jemandem zusammen waren, können Sie sich doch sicher denken.“ „Und was ist der Grund?“ Ai kam gerade durch die Tür, eine dünne Strickjacke über den Schultern. „Wieso haben wir alle noch nie eine feste Bindung gehabt?“ Conan schaute sie mit gehobener Augenbraue an. „Wieso du und ich nie auf so was eingegangen sind müsstest du doch eigentlich wissen. Bei Ayumi habe ich keine Ahnung, sie hat schon mehrere Einladungen bekommen, hat Genta gesagt. Und bei Mitzuhiko ist es wohl mehr als offensichtlich.“ „Halt die Klappe“, erwiderte Ai und spitzte die Lippen. „Das ist Jahre her, er müsste schon über mich hinweg sein.“ Die Türklingel schrillte laut. Die Kinder kamen wirklich schnell, sie waren anscheinend schon auf dem Weg hierher, anders konnte Conan sich ihr schnelles Auftauchen nicht erklären. „Genau das ist es“, erwiderte er und ging zur Tür. Als er direkt neben Ai war, sagte er noch: „Müsste.“ Er hörte Ai hinter sich herkommen, als er die Tür öffnete. Die lachenden Gesichter seiner Freunde strahlten ihm entgegen, nur Momoko, Gentas Freundin, lächelte ihn schüchtern an. Genta war erst seit einigen Wochen mit ihr zusammen. Sie war etwas schüchterner, als Gentas sonstiges Beuteschema, doch sie war ein nettes Mädchen. Er hatte sie an einer ‚Aal auf Reis‘-Bude kennen gelernt, wie Genta es genannt hatte. Natürlich musste das Mädchen, in das er sich verliebte, mit seinen Essgewohnheiten einverstanden sein. Conan trat einen Schritt zur Seite und ließ die jugendliche Truppe hereinkommen. Ai winkte ihnen zu, und setzte sich mit ihnen auf die Sofas. Conan nahm neben Momoko Platz, die neben Genta saß. Die anderen drei saßen auf der gegenüberliegenden Sitzgelegenheit. „Ihr seid heute so schnell abgehauen“, sagte Genta. „Hattet ihr es so eilig?“ Er grinste und zwinkerte Conan zu. Der verdrehte die Augen. „Nicht das, was du wieder denkst, du Perversling“, erwiderte er und sah zu Ai hinüber. Sie blätterte wieder in ihrer Zeitschrift, blickte ihn über den Rand hinweg jedoch an. Sie sah aus, als würde ihr die Anwesenheit der Jünglinge nicht gefallen. Conan konnte das nachvollziehen, schließlich war er noch aufgeregter wegen der Sache mit dem Fabrikgelände, als die Wissenschaftlerin. „Haibara-san und Edogawa-kun sind nur Freunde, Genta“, sagte Mitzuhiko, der neben Ai saß, mit seltsamem Nachdruck. „Nur Freunde.“ „Mach dich nicht lächerlich.“ Ai sagte dies, ohne ihren Blick von ihrem Magazin zu wenden. Mitzuhiko sah sie so bestürzt an, als hätte sie ihm gestanden, ein Mann zu sein. „Er hat keinerlei Anziehung auf mich, daran solltet ihr nicht mal denken. Lasst uns das Thema wechseln.“ Genta lachte, sein Arm bebte auf Momokos Schulter. „Ist es dir unangenehm darüber zu reden, Haibara? Wenn das mal kein Zeichen ist.“ Das rotbrünette Mädchen sagte nichts dazu und Conans Handy klingelte genau in die aufkommende Stille herein. Er zuckte leicht zusammen bei dem überraschenden Geräusch und aus den Augenwinkeln sah er, wie Ai die Zeitschrift erneut zur Seite legte und erstarrte. Er sah auf den Display und seine Fingerspitzen fingen an zu kribbeln. Er sah wieder zu Ai. Sie erhob sich. „Ich hole eben was zu Knabbern. Hilf mir mal dabei.“ Beim Vorbeigehen packte sie Conan am Arm, das klingelnde Handy immer noch in der Hand. Ihre Freunde sahen ihnen verwirrt hinterher, doch dann verschwanden die Gesichter hinter der geschlossenen Tür. Sie standen auf dem Treppenabsatz, der hinunter in das Labor führte. Sie mussten sich eng aneinander drücken, damit niemand hinunter geschubst wurde. „Mach schon“, drängte Ai den Detektiv. Er schmunzelte über ihre Unruhe und drückte auf den grünen Knopf seines Handys. Sie steckten ihre Köpfe zusammen. „Hallo?“ „Ah, Conan-kun, super, dass ich dich so schnell erwische“, erklang die aufgeweckte Stimme Rans Ex-Englischlehrerin. „Ich dachte schon, ich müsste öfter anrufen. Da hätte mir aber große Sorgen gemacht.“ „Kommen Sie zur Sache“, erwiderte Conan. „Bitte.“ „Wie du schon weißt, haben wir zwei Agenten losgeschickt, damit sie das Fabrikgelände absuchen, mehr Personen konnten wir nicht entbehren. Sie sind nicht wieder aufgetaucht.“ Geschockt wechselten Ai und Conan einen Blick. „Wann wurden sie losgeschickt?“, fragte er. „Vor etwa einer Woche“, erwiderte Jodie. „Wir sind uns ziemlich sicher, dass sie tot sind. Nun haben wir keine Wahl mehr, wir müssen das Gebäude stürmen oder sie hauen uns schon wieder ab. Natürlich ist ihnen nun schon bekannt, wer sich dahinter verbirgt, deswegen müssen wir schnell handeln.“ „Hatten die Agenten eure FBI-Uniformen an?“ „Nein, so weit ich weiß, nicht. Aber, was tut das denn zur Sache? Trotz allem müssten sie doch wissen, dass wir dahinter stecken.“ „Das muss nicht unbedingt sein“, sagte Ai in die Muschel. „Sie sagten doch, dass einige Passanten entdeckt hatten, dass das Fabrikgelände nicht verlassen war. Es besteht die Möglichkeit, dass es auch nur neugierige Menschen waren, die sich nicht aus Dingen heraushalten konnten, die sie nichts angingen.“ „Ah, Haibara-chan, du auch da?“ Ihre Stimme klang gedämpft. „Dann möchtest du wohl auch dazu stoßen, nicht wahr?“ „Da habe ich keine Wahl, Jodie-sensei.“ Ai grinste Conan an, der verdrehte die Augen. „Wann soll die ganze Sache denn starten?“, fragte der Detektiv. „Es dauert noch ein wenig, wahrscheinlich. Auf jeden Fall eine Woche. Mizunashi versucht noch einige Informationen zu bekommen, ob sie wieder verschwinden wollen, oder ob sie denken, dass das FBI hinter den Eindringlingen steckt. Wir geben euch dann Bescheid. Und tut nichts Waghalsiges, bevor ihr nicht unseren Anruf bekommen habt, alles klar? Hast du mich verstanden, Conan-kun?“ Ihre Stimme wurde drängend. Schmollend schob Conan die Unterlippe hervor, auch, wenn die Frau am anderen Ende der Leitung es nicht sehen konnte. „Ja, ja. Wir tun nichts, was Sie nicht auch tun würden.“ „Super. Dann habt noch viel Spaß und denkt nicht zu viel an die Mission. Ihr solltet euch entspannen, bevor es losgeht.“ Damit endete der Anruf. Seufzend legte Conan auf und steckte das Handy in die Hosentasche. Ai musterte ihn mit seltsamem Ausdruck. „Wir tun nichts Unüberlegtes, Kudo-kun.“ „Natürlich nicht.“ Conan schüttelte den Kopf, Ai flüsterte, doch er verstand sie prächtig, so nah beieinander waren sie. „Nichts Unüberlegtes.“ Sie seufzte. „Es bringt nichts, zu versuchen, dich davon abzubringen, oder?“ „Nein. Ich gehe, besser ohne dich, als mit dir.“ „Wieso das denn?“ Sie hob eine Augenbraue. „Die Wahrscheinlichkeit, dass ich umgebracht werde, ist um Längen niedriger als die, dass du umgebracht wirst.“ „Was?“, fragte Conan und sah sie verständnislos an. „Wieso?“ „Die Mitglieder der Organisation würden alles mit mir tun, außer mich umbringen oder vergewaltigen.“ Conan sah sie geschockt an. Dass sie so locker über etwas Derartiges redete, schockierte ihn doch ungemein. Doch, um es nicht allzu sehr zu zeigen, runzelte er die Stirn. „Wie kommst du darauf?“ Ai verdrehte die Augen. „Wenn sie mich töten, dauert es nicht besonders lange, bis sie selbst das Zeitliche segnen. Gin hat meinen Tod patentieren lassen, da bin ich mir sicher.“ „Wieso ist er so verrückt nach dir?“, fragte er und senkte das Kinn, um ihr besser in die Augen sehen zu können, doch sie wich seinem Blick aus. „Was lief damals zwischen euch?“ Ai schwieg. Sie drängte sich vorsichtig an Conan vorbei, um ihn nicht die Treppe hinunter zu werfen und wollte gerade die Tür öffnen, als ihr der Knauf aus der Hand gerissen wurde. Licht strahlte in den dunkeln Treppenabgang und es dauerte einige Sekunden, bis sich die beiden an das Licht gewöhnt hatten. Vor ihnen stand Agasa und sah sie überrascht an. „Was tut ihr denn hier?“ Ai schubste Conan aus der Tür und sagte: „Das erzähle ich Ihnen später, Professor, warten wir erst mal, bis die Kinder weg sind. Jodie-sensei hat sich gerade gemeldet.“ Der Professor nickte und sah den beiden geschrumpften Jugendlichen hinterher, die sich beeilten, etwas zum Knabbern zusammen zu suchen und zu ihren Freunden zu gelangen. Sie waren schon zu lange weg gewesen, sicher fragten sie sich schon, wo sie so lange steckten. Genta lachte lauthals, als die beiden aus der Küchentür kamen, Ayumi und Mitzuhiko sahen sie beide etwas bedrückt an, die Augenbrauen zusammen gezogen. Conan verdrehte nur seine Augen und betrat mit Ai die Kugel der Sorglosigkeit, in der diese jungen Oberschüler steckten. Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Conan verabschiedete sich gemeinsam mit Mitzuhiko und Ayumi von dem Professor und Ai. Genta und Momoko waren schon vor einigen Stunden gegangen, deswegen mussten sie ihren Heimweg zu dritt antreten. Der geschrumpfte Detektiv hatte ein schlechtes Gefühl mit gerade den beiden zu gehen. Mitzuhiko hatte ihn die ganze Zeit über seltsam angestarrt und Ayumi wagte nicht ihren Blick zu heben und das schon seit er und Ai nach dem Anruf wiedergekommen waren. Den ganzen Weg über herrschte drückende Stille, deswegen war Conan ziemlich froh, als er sich von den beiden verabschiedete und den Weg zur Detektei alleine fortsetzte. Er war schon ganz aufgeregt wegen der Sache, die er und Ai da durchziehen wollten. Das würde sicher ein riesen Spaß werden. Wenn sie nun heile aus dem Ding herauskamen. Gins Besessenheit nach zu urteilen, hatte Ai wahrscheinlich die Wahrheit gesagt, dass er sie umbringen wollte und jeden ermorden würde, der ihm dieses Recht nahm. Das gab jedoch keine Sicherheit, dass sie sich nicht verletzte. Conan interessierte es brennend, wie die Beziehung zwischen Ai und Gin gewesen war, bevor sie die Organisation verraten hatte. Was konnte vorgefallen sein, dass er derartig von ihrem Tod gelenkt wurde? So ein Hass konnte nur aus einer Sache entstehen, hatte Conan von seiner Mutter einmal gehört: Liebe. Abgrundtiefer Hass entstand aus dem Gefühl, dem nachgesagt wurde, das schönste der Welt zu sein. Doch es war seltsam sich vorzustellen, dass Ai eine Beziehung mit Gin geführt hatte, eine Beziehung dieser Art. Eine romantische Beziehung. Nie. Im. Leben. Mit gruseligen Gedanken in seinem Kopf, trat Conan in die Wohnung der Moris ein. Es war schon dunkel draußen und es roch nach Curry im ganzen Raum. „Ich bin wieder zu Hause!“, rief er und zog sich die Schuhe aus. Ran kam aus der Küche gestürzt. „Conan!“ Sie seufzte erleichtert. „Endlich bist du zu Hause, ich habe mir schon Sorgen gemacht.“ Verwirrt schaute Conan auf die Uhr, die über dem Türrahmen hing. Kurz nach Neun. „Wieso?“, fragte er und sah an ihr vorbei in die Küche. Auf dem Tisch stand ein einziger Teller mit Reis und Curry. „Ach.“ Ran winkte lächelnd ab. „Vergiss es. Iss etwas, ich sehe mir die Hausaufgaben einiger Schüler an.“ Die erwachsene Frau war nun Lehrerin, zwar konnte Conan sich nie merken, welche Fächer sie unterrichtete, doch er war mächtig stolz auf sie. Im letzten Jahr der Oberschule stand sie in einem Zwiespalt, da sie nicht wusste, was sie weiter tun sollte. Entweder wollte sie ihrem Vater in der Detektei helfen, schließlich hatte sie schon ziemlich viele ‚Praktika‘ gehabt, mit den ganzen Ereignissen, die Conan immer anzog. Doch dann hatte sie sich doch für einen Beruf entschieden, wo sie Grundschulkindern etwas beibringen konnte. Das war richtig so, nach Conans Meinung. Ran war nie gut damit klargekommen, wenn sie eine Leiche gesehen hatte. Conan sah die nun Sechsundzwanzig-jährige mit misstrauischem Blick an. War etwas vorgefallen? Eilig aß er sein Abendessen, auch, wenn er schon mit Ai und den anderen etwas gegessen hatte. Er steckte mitten im Wachstum, da musste er schließlich viel essen und, wenn er die Sache mit Ai nun wirklich durchzog, was er auf jeden Fall vorhatte, dann würde er sowieso so viel Kraft brauchen, wie er bekommen konnte. Nachdem er den leeren Teller in die Spüle gelegt hatte, lief er nach unten in die Detektei. Als er durch die Tür trat überraschten ihn die Gesichter des Inspektors und Takagis. Verwirrt sah Conan die beiden an, die auf dem Sofa saßen, Kogoro gegenüber. „Was tun Sie denn hier?“ Er ging um das erste Sofa herum und setzte sich zu Rans Vater. „Es wurde eine Leiche in einem Wald entdeckt“, erzählte Takagi. „Sie ist bis zur Unkenntlichkeit verbrannt und alle Gliedmaßen wurden abgehackt. Die Leiche befindet sich gerade in der Autopsie, um herauszufinden, um wen es sich handelt, deswegen können wir nicht mehr über den Fall sagen, doch wir wollten Mori-san Bescheid sagen, damit wir uns seiner Hilfe sicher sein können, sobald wir wissen, wer das Opfer ist.“ Conan zog die Augenbrauen zusammen. Verbrannt und zerstückelt? Seine Gedanken glitten sofort zu der Schwarzen Organisation, doch er war sich sicher, dass sie nicht einen derartigen Fehler begehen würden, dass die Leiche entdeckt wurde. Und außerdem waren die Mitglieder der Organisation eher auf Schusswaffen spezialisiert, was auch Ais Können mit einer Pistole erklärte. Die drei Männer erhoben sich. „Nun, ich danke Ihnen für die Information“, bedankte Kogoro sich. „Melden Sie sich, wenn Sie genauere Dinge wissen.“ „Das machen wir sicher, Mori-san“, sagte Takagi, verbeugte sich und verschwand auch schon mit dem Inspektor aus der Tür, nachdem der sich auch verabschiedet hatte. Rans Vater sah Conan von oben her an. „Wieso bist du erst so spät zurück?“, fragte er in hartem Tonfall. „Wegen dir hat Ran sich das ganze Abendessen über Gedanken gemacht. Die Sache mit der unerkenntlichen Leiche hat sie echt mitgenommen.“ „Was?“ Überrascht sah Conan auf. „Ran weiß davon?“ „Ja, sie hat es zuerst von Sonoko erfahren. Frag‘ mich nicht, woher die das weiß. Ich hau‘ ab.“ Damit winkte Kogoro noch einmal und folgte Takagis und Megures Beispiel, die Detektei zu verlassen. Der Gedanke, dass die Männer in Schwarz hinter dem allen steckten, ließ den jungen Detektiv einfach nicht los. Das war nicht ihr Stil, sie waren sehr viel vorsichtiger, sie hinterließen nie irgendwelche Spuren. Trotz allem hatte er das Gefühl, dass sie es doch gewesen sein könnten. Vielleicht wollten sie nur jeglichen Verdacht von sich nehmen und machten ihre Arbeit extra mies, damit das FBI nicht aufmerksam wurde. Das machte doch alles keinen Sinn. Er strich sich durch die Haare und stützte die Ellbogen auf die Knie. Ai könnte ihm da auch nicht wirklich weiter helfen. Sie würde sowieso sagen, dass Gin niemals solche Fehler machen würde. Doch wer garantierte, dass Gin so eine Macht in der Organisation hatte? Wer sagte, dass sich andere Mitglieder nicht trauten sie umzubringen, wenn sie in ihrem Versteck auftauchte? Er hatte am nächsten Tag noch Schule, danach war Wochenende. Das war perfekt. Dann konnte er morgen los, seine Fingerkuppen kribbelten wieder. Das würde zwar gefährlich werden, doch noch interessanter. Er war noch in keinem Versteck der Schwarzen Organisation gewesen. Conan schien dort unten auf dem Sofa eingeschlafen zu sein, denn, als ihn das helle Sonnenlicht weckte, befand er sich noch immer in der Detektei. Das erste, was er spürte war seltsamer Schock darüber, dass er zu spät zur Schule kommen könnte. Das nächste war Erleichterung, als er auf die Uhr schaute und sogar noch Zeit zum Duschen hatte. Als er sauber war und seine letzte ordentliche Schuluniform trug, sein Frühstück hinter sich gebracht und die Schultasche gepackt hatte, hörte er auch schon Ais Klopfen an der Tür. Er rief einen Abschiedsgruß an Ran und eilte aus der Wohnung. Das rotbrünette Mädchen, dessen lange, wellige Haare zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden waren, stand schon auf den Stufen und sah ungeduldig zu ihm hoch. „Morgen“, begrüßte sie ihn. Conan hob eine Augenbraue. Wer wünschte sich nicht so eine enthusiastische Begrüßung? Genau, jeder. Doch das machte ihm mittlerweile nichts aus, er hatte sich an ihre wenig liebevollen Worte und Gesten gewöhnt. „Wie wäre es, wenn wir heute loslegen?“, fragte er, nicht lange um den Brei herum redend. Ai sah ihn an, die Hände in den Taschen ihres blauen Rockes. „Du willst heute schon los? Ich wusste ja, dass du suizidgefährdet bist, doch dass es so schlimm ist, hatte ich nicht erwartet.“ Conan musste lächeln. Natürlich hatte sie sofort gewusst, worüber er redete. „Kudo-kun, du musst dir den Ausmaßen deiner“, sie schien nach dem richtigen Wort zu suchen, „Gehirnlosigkeit doch mal im Klaren sein! Die könnten dich da erschießen, weißt du? Dann wärst du tot. Und soweit ich weiß, hast du keine Ahnung, wie man mit Schusswaffen umgeht.“ „Hey, hey“, erwiderte er, leicht beleidigt. „Ich habe noch meine Power-Kick-Boots. Die sind auch eine Art Schusswaffe.“ „Nur nicht halb so tödlich.“ Ai sah ihn skeptisch an. „Du kannst von mir nicht erwarten, dass ich die ganze Zeit mit ausgestreckten Armen vor dir herumlaufe, nur damit du nicht umgebracht wirst.“ Hörte sich ja vielversprechend an. „Ich bin mir nicht sicher, ob sie das wirklich davon abhalten würde dich nicht umzubringen. Auch, wenn du sagst, dass Gin deinen Tod für sich gepachtet hat, heißt das nicht, dass er nicht da ist oder, dass andere dich deswegen nicht trotzdem erschießen.“ „Und? Was wäre denn so schrecklich daran?“, erwiderte Ai düster. „Mein Leben ist nicht mal halb so viel wert, wie deins oder das eines anderen. Mein Tod wäre kein besonders großer Verlust.“ Conan verdrehte die Augen. „Hör endlich auf irgendeinen Mist zu verzapfen, das glaubt dir eh keiner mehr, Haibara. Zeig doch mal ein bisschen Dankbarkeit. Das FBI hat alles Mögliche in Bewegung gesetzt um dein kleines, wertloses Käfer-Leben zu retten und dich nicht Gin auszuliefern. Wirf das nicht alles weg, nur weil du mal wieder deine Probleme hast.“ Ai verzog das Gesicht und hielt Conan am Arm fest, so dass sie beide stehen blieben. „Wie hast du mich gerade genannt?“ Sie zog die Augenbrauen zusammen. „Käfer? Du hast mich echt Käfer genannt?“ „Nein, das habe ich nicht.“ Er setzte sich wieder in Bewegung, befreite seinen Arm jedoch nicht aus ihrem Griff. „Ich habe dein Leben so genannt. Das ist ein Unterschied. Also wirklich, und du schimpfst dich siebenundzwanzig Jahre alt.“ „Siebenundzwanzig?“, war eine junge, helle Stimme zu hören. Ai und Conan wandten sich überrascht um, nur um Genta, Mitzuhiko und Ayumi hinter sich stehen zu sehen. Conans Augen weiteten sich. Das war nicht gut. Stockend lachend winkte er ab. „Siebenundzwanzig, habe ich Siebenundzwanzig gesagt?“ „Ja, hast du“, antwortete, zu seiner größten Überraschung, Ai. Sie sah ihn mit vor der Brust verschränkten Armen an. „Gestern meintest du, so wie ich mich benehme, müsste ich mindestens Siebenundzwanzig sein und dann meinte ich, dass du dann noch Zwölf bist. Du müsstest dich eigentlich daran erinnern, wenn du schon davon redest.“ Die Gesichter ihrer jungen Klassenkameraden sahen nicht zufrieden aus, doch sie harkten nicht weiter nach. Schon immer war es so gewesen, dass Ai und Conan miteinander tuschelten, so dass sonst niemand sie verstand. Selbst, wenn sie in normaler Lautstärke redeten, verstand sie niemand, deswegen dachten wohl auch viele, dass zwischen den beiden etwas Romantisches laufen würde. Bis jetzt hatte Conan den Gerüchten leicht aus dem Weg gehen können, doch Mitzuhiko starrte ihn schon wieder so düster an, als wollte er dem geschrumpften Detektiv an die Gurgel. „Gehen wir“, sagte Ai locker und führte ihren Weg fort. Sofort war Ayumi an ihrer Seite, ihre Hände traten weiß hervor, so fest hielt sie ihre Tasche vor der Brust. Sie sah aus, als würde sie etwas sagen wollen, fände aber nicht die richtigen Worte dafür. Ihre braunen Haare fielen ihr zerzaust über den Rücken und in die Augen, was daraus schließen ließ, dass sie nicht genug Zeit hatte sich zu kämmen. Auch ihr Gesicht war weniger geschminkt als sonst, wodurch man sehen konnte, wie blass sie war und wie dunkel die Halbmonde unter ihren Augen. Conan runzelte die Stirn, als er beobachtete, wie sie mit sich kämpfte etwas zu sagen. Ai war ihr dabei keine große Hilfe, sie schaute nur vorwärts, als würde sie Ayumis Anwesenheit überhaupt nicht bemerken. „Haibara-san ist wirklich sehr erwachsen“, hörte er jemanden neben sich plötzlich sagen und wandte seinen Kopf etwas zur Seite. Mitzuhiko sah ihn verstohlen an, als erwarte er eine besondere Antwort oder etwas in dieser Art. „Das nehme ich an“, antwortete er, nur ein kleines bisschen verwirrt. Natürlich war sie erwachsen. Das war sie auch schon vor neun Jahren gewesen. „Ob sie uns alle für kindisch hält?“, fuhr Mitzuhiko fort, als hätte er Conan gar nicht gehört. Natürlich, hätte Conan am liebsten gesagt, Im Gegensatz zu ihr bin sogar ich kindisch. „Wie kommst du darauf?“ Conan sah nach vorne und bemerkte, wie Ai kurz den Kopf umwandte und ihm ein Grinsen zuwarf. Er konnte nicht anders, als es zu erwidern, als wäre es eine Art automatischer Reflex. „Keine Ahnung.“ Mitzuhikos Gesicht verfinsterte sich. „Wieso redet sie dann nicht mit uns so wie mit dir?“ „Weil wir uns, eh-“ „Mitzuhiko“, unterbrach Genta und schmiss sich förmlich gegen den sommersprossigen Jungen. „Sieh es endlich ein, Haibara und Conan ziehen sich sexuell an. Oder“ er grinste dreckig „besser gesagt aus!“ Mitzuhikos Wangen verfärbten sich zu einem dunklen Rot, während Genta lauthals auflachte. Er hatte sich in eine zweite Version Rans Vaters verwandelt, über die Jahre. Conan verdrehte nur die Augen und verdoppelte seine Laufgeschwindigkeit, um Ayumi und Ai aufzuholen. Ai begrüßte ihn mit einem verschmitzten Grinsen, während Ayumi ihren Blick gesenkt hielt. „Hast du gehört?“, fragte er, konnte nicht verhindern, dass sich sein Mund ebenfalls verzog. „Da ich nicht taub bin, vermute ich schon, dass ich es gehört habe“, gab sie zurück. „Genta ist nur ein perverser Idiot, den niemand ranlassen will, weil er zu aufdringlich ist. Irgendwo muss er seine schmutzigen Gedanken ja hinpacken, warum also nicht in perverse Vorstellungen von Freunden.“ „Das hab ich gehört!“, erklang Gentas Protest. Ai schaute zu ihm zurück. „Das solltest du auch.“ Conan verdrehte die Augen und legte, ohne weiter darüber nachzudenken, einen Arm auf Ais Schulter. Er schüttelte lächelnd den Kopf, wie es Eltern bei ihren Kindern taten, wenn sie sich albern und niedlich benahmen. „Du bist unmöglich.“ „Nein, ich bin realistisch“, zischte sie, sodass nur er sie hören konnte. Ihre Gesichter waren nur Zentimeter voneinander entfernt. „Du bist geisteskrank, dass du das heute wirklich machen willst. Wir könnten dabei ehrlich draufgehen.“ „Ich habe nicht gesagt, dass ich dich dabei haben will, oder?“ Conan kniff sie leicht in die Wange. Sie schubste seine Hand weg, sah ihm jedoch fest in die Augen. „Doch, das hast du. Du willst mich immer dabei haben, sonst hättest du mir nicht Bescheid gesagt.“ Den Rest des Weges wurde nichts mehr zu diesem Thema gesagt. Conan musste an Ais Worte denken und stellte fest, dass sie Recht hatte. Egal, was er tat, er wollte sie dabei haben. Immer. Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- „Okay“, krächzte Conan gedämpft, den Ärmel seines Hemdes im Mund, um die Manschette leichter zu öffnen und die Ärmel hoch zu krempeln. „Gehen wir’s an.“ „Stop, Vollidiot.“ Ai zog ihn an der Schulter zurück an die Mauer, wodurch er unsanft gegen die harten Betonsteine. Ein warmer Luftschwall presste sich aus seiner Kehle, als er dort mit den Schulterblättern auftraf. Er funkelte die Wissenschaftlerin böse an. „Wir können nicht einfach reingehen. So wissen sie doch, dass wir hier sind.“ Schon seit über einer halben Stunde war die Schule vorbei und die beiden Oberschüler waren sofort losgelaufen, um zu dem Fabrikgelände zu gelangen, wo die schwarze Organisation sich heimlich gemacht haben könnte. Der Platz vor dem Gelände war menschenleer und der angenehme Sommerwind blies einige Staubwolken auf. Sie hatten schon aus dieser Entfernung eine kleine Tür im Boden entdeckt, ähnlich einer Falltür, die womöglich in den Keller führte. Dadurch wollten sie gehen, doch wussten sie nicht, ob sie dort vielleicht sofort einem der schwarzen Männer in die Arme liefen. Doch genau das machte diese Mission aus, und genau das ließ Conan Adrenalin durch den Körper jagen und sein Herz zum Schlagen bringen. „Tja, das müssen wir wohl auf uns nehmen. Los geht’s“, erwiderte Conan und erhob sich erneut, während er wie selbstverständlich nach Ais blasser Hand griff. Als sie sich nicht rührte wandte er sich wieder um und musterte sie. „Alles okay?“ Sie biss sich auf die Unterlippe und Conan spürte seinen Mundwinkel zu einem Lächeln zucken. Irgendwie war sie unglaublich süß geworden, in den vergangenen Jahren. „Das ist gefährlich. Vielleicht sollten wir wieder gehen und das FBI seinen Job erledigen lassen.“ „Haibara, du wusstest, dass diese Mission ein gewisses Risiko mit sich bringt“, erklärte er. „Du musst nicht mitkommen.“ Sie machte ihre Augen zu Schlitzen und entließ ein seltsam zischendes Geräusch zwischen ihren Lippen. „Und zulassen, dass du dich selbst umbringst? Niemals. Wenn ich dabei bin, kann ich dich wenigstens noch davon abhalten, Selbstmord zu begehen.“ Conan lachte ungewollt auf und zog Ai in eine einarmige Umarmung. Er wusste nicht genau, seit wann er und Ai auf dieser Ebene ihrer Beziehung angelangt waren. Damals hatten sie sich niemals berührt, Umarmungen waren Tabu, und wenn doch, dann nur im Falle eines Mordes oder beim Auftauchen eines schwarzen Organisationsmitglieds. Doch seit einigen, was waren es Wochen? Monate? Jahre? Conan war sich nicht sicher, doch seit einer längeren Zeit schon kam es dazu, dass sie, oder eher gesagt er, einen Arm um die Schulter legten oder dass sie beide sich nah nebeneinander stellten. Conan hatte sich schon an diese Art des Kontaktes gewohnt, auch jetzt, kurz davor in das Loch des Feindes einzudringen, blieben diese Berührungen nicht aus. „Dann komm schon“, meinte Conan und nahm wieder ihre Hand und zog sie hinter sich her. Sie liefen in einem seltsamen Zick-Zack über den verlassenen Hof, versteckten sich hin und wieder hinter einem Baum oder einem Busch und schauten wie paranoide Hühner über die Schultern, ob sie nicht irgendwo jemanden entdeckten. Es war beunruhigend, wie ruhig es hier war. Sollten hier wirklich Organisationsmitglieder sein, müssten sie dann nicht irgendwelche Experimente dort drinnen durchführen? Solche Dinge sollten doch Geräusche machen, oder taten sie das nicht? Conan spürte Ais Hand, die er nicht in seiner hielt, an seinen Rücken geklammert, als hätte sie Angst. Vermutlich hatte sie das auch, auch wenn sie das niemals zugeben würde. Immer wenn es zu ihrer Vergangenheit kam, packte sie die pure Panik, das wusste Conan. Bei der schmalen Falltür angekommen, kniete er sich auf den trockenen, staubigen Boden, während Ai über ihm stand und den Blick über das Fabrikgelände fahren ließ, ihre Augen zu schmalen Schlitzen verengt. „Niemand“, wisperte sie, eine kleine Falte erschien zwischen ihren Augenbrauen. „Niemand ist hier. Etwas stimmt hier nicht, Kudo.“ „Na ja.“ Conan hievte grunzend die Falltür hoch, darauf bedacht, sie leise an die Betonwände zu lehnen. „So oder so, es gibt kein Zurück mehr, Haibara. Keine Sorge, ich beschütz dich schon.“ Ai schnaubte und ergriff Conans ausgestreckte Hand, um ihm die Treppen hinunter in die Dunkelheit zu folgen. „Um mich mach ich mir keine Sorgen, Vollidiot“, zischte sie in sein Ohr. „Deine Zurechnungsfähigkeit, um die mach ich mir Sorgen!“ Conan schmunzelte und erwiderte leise: „Wir sind kurz davor in den Bau der kriminellsten Organisation der Welt zu schleichen und du findest es noch immer angebracht, mich und meine geistige Gesundheit anzufahren.“ „Es bleibt immer noch die Hoffnung, dass dein dickes Gehirn endlich mal wieder zu arbeiten anfängt.“ Ihr Atem war warm an seiner Haut. Seine Nackenhaare sträubten sich. „Du bist sonst immer so ein kluger Kerl, der beste Detektiv und trotz allem suchst du immer wieder nach einem anderem Weg, dich umbringen zu lassen!“ „Ruhig Blut, Haibara.“ Conan blieb kurz stehen und versuchte Ais Konturen in der Dunkelheit auszumachen. Je länger er in dem Schwarz stehen blieb, desto besser konnte er ihren angespannten Kiefer erkennen. „Seit wann fängst du an zu faseln, wenn du Panik bekommst?“ Ai murmelte etwas Unverständliches und senkte den Blick, während Conan sich schmunzelnd wieder umdrehte und die Treppe weiter hinunter schritt. Sehr viel schneller, als er erwartet hatte, kamen sie unten an, vor ihnen eine morsche Holztür. Conan betastete das Rechteck, er wusste selber nicht genau, wieso er es tat, dann lehnte er sein Ohr daran, versuchte zu horchen. Hinter ihm konnte er spüren, wie Ai sich auf die Zehenspitzen stellte und sich auf seinen Rücken stützte, um ihren Kopf wenigstens etwas in die Nähe der Tür zu bringen. Die Treppe war eng, sie beide passten nebeneinander nicht hinein. Conan linste seitlich zu Ai, die ihn mit gerunzelter Stirn musterte, ihn jedoch nur anzusehen schien, um sich besser auf jegliche Art von Geräuschen konzentrieren zu können. Er schüttelte den Kopf und griff nach dem Henkel. Er zog daran, betend, dass die Tür nicht verschlossen war. Und tatsächlich! Sie öffnete sich leise knirschend und Ai und Conan traten langsam so weit nach hinten, dass sie durch den Spalt zwischen Tür und Rahmen in einen unbeleuchteten Raum starren konnten. Nur kleine Oberlichter an der linken Wand ließen schwaches Licht in einem senkrechten Strahl durch den Raum gleiten. In dem Lichtstrahl tanzten Staubkörnchen und funkelten wie Sterne, während sie auf mit Plastik überbedeckten Möbel fielen und dort zu stumpfen, grauen Schichten wurden. In dem Raum befanden sich ansonsten noch einige Holzregale, wo lauter weitere Staubfänger aufgestellt wurden. Conan nickte Ai zu und schlüpfte durch den Spalt in den recht großen Kellerraum. Eine weitere Tür befand sich noch in dem Raum und Conan starb beinahe vor Aufregung, bei dem Gedanken, was sich dahinter befinden könnte. „Was ist das hier?“, fragte Ai leise, jedoch klang es, als wäre es an niemanden gerichtet. Sie sah sich in dem spärlich beleuchteten Raum um und runzelte die Stirn, als sie an den Regalen ankam und ihr die vielen Buddha-Statuen und Götter-Gebilde in die Augen vielen. „Das muss hier gewesen sein, bevor Gin und seine Leute angekommen sind.“ Conan öffnete währenddessen die zweite Tür einen winzigen Spalt und spähte hindurch. „Hey, Haibara“, wisperte er und winkte sie zu sich. Bevor Conan nur Zwinkern konnte, war sie schon hinter ihm und atmete wieder auf seinen Nacken. „Hier ist so was wie ein Flur.“ Anstatt etwas zu antworten, spürte Conan wieder die zittrigen Hände des Mädchens an seinem Rücken und sie schlüpften durch die Tür in den dunklen Flur, wo sie sich gegen die Wand pressten. Conan kam sich vor, als wäre er in einem dieser unglaublich schlechten Action-Filme. Er wollte sich gerade Ai zuwenden und ihr sagen, dass sie den Flur hinunter gehen sollten, waren Schritte zu hören. Er erstarrte und sein Herz begann wieder an in einer unglaublichen Geschwindigkeit zu schlagen. Er starrte die Wissenschaftlerin mit großen Augen an, dessen Schultern sich versteiften und der Kiefer wieder anspannte. Die Schritte schienen noch etwas weiter entfernt zu sein, doch es fiel Conan schwer zu denken, mit dem Stillstand seines Blutkreislaufes. Er spürte Ais Hand an seinem Arm und sah zu ihr hinunter. Sie formte mit den Lippen die Worte ‚Wir müssen verschwinden‘. Sie deutete mit dem Kopf auf die Tür, aus der sie gerade gekommen waren, packte den Detektiven fester am Arm und schubste ihn leise, jedoch unsanft zurück in den staubigen Kellerraum. Die Schritte wurden lauter, Stimmen mischten sich noch zu den Geräuschen, als Ai die Tür hinter sich schloss. „Wann wollen die denn noch mehr schicken?“ Die Stimme war tief und ließ von Intelligenz nur träumen. Conan unterdrückte ein Keuchen, als sich die Nägel des rotbrünetten Mädchens in seine Haut bohrten. Er hatte auch Vodkas Stimme erkannt und wo Vodka war, konnte Gin nicht weit sein. „Glaubst du wirklich, die schicken noch mehr, du Vollidiot.“ Eilig schaute Conan Ai an, die wie erstarrt an der Tür stand, als wäre ihr Ohr daran festgefroren. Was es vermutlich auch war, nachdem sie die eiskalte Stimme ihres schlimmsten Alptraumes gehört hatte, so nah, dass er nur die Hand ausstrecken müsste, um sie zu berühren, wäre nicht eine Wand im Weg gewesen. „Besser wär’s“, brummte Vodka erneut. Sie waren anscheinend stehen geblieben. „Es macht Spaß die Arbeit mal nicht im Hintergrund erledigen zu müssen, sondern alles zu tun, damit das dumme Opfer entdeckt wird.“ „Halt du besser die Klappe, wenn es um Dummheit geht“, zischte Gin. „Das ist die Stelle. Na los, mess die Wand aus, ob alles passt.“ Conan griff nach Ais Schultern, als diese zusammenzuckte und beinahe gegen eines der vollgestellten Regale gestoßen wäre. Leise drückte er sie an die Wand neben der Tür und deutete ihr mit einem Finger an den Lippen und einem strengen Blick in den Augen an, vorsichtiger zu sein. Sie sah ihn nur aus ihren ozeanblauen Augen an und presste die Lippen fest aufeinander. „Wieso machen wir das überhaupt? Ich denke nicht, dass diese Frau noch einen Fuß in unsere Nähe setzen wird.“ Ein dumpfes Geräusch war zu hören, als wäre etwas auf den Boden gefallen. „Nicht aus freien Stücken“, meinte Gin und Conan konnte spüren, wie sich Ais gesamter Körper an seinem versteifte. „Jedoch wird sie kommen, sei es nur, um diesen lächerlichen Detektiven zu beschützen. Ich hab gesehen, wie viel ihr an ihm liegt.“ Wären die beiden nicht in einer unglaublich unangenehmen Lage, kurz davor entdeckt zu werden, wäre Conans Gesicht wahrscheinlich rot angelaufen. Jedoch sah er Ai nicht mehr an, sondern konzentrierte sich so sehr auf die Geräusche im Flur, dass er die Augen schloss. „Das wagt sie nicht.“ Ein Surren war zu vernehmen. „Oder?“ „Natürlich wagt sie das. Sie denkt, dass wir nicht dazu im Stande wären, ihn zu verletzen, ohne sie dabei umzubringen. Ich habe ihre Einfältigkeit immer verabscheut.“ „Aber dafür fandest du ihre anderen Seiten alle ganz reizvoll, nicht wahr?“ Gin schien wütend zu zischen und Conan runzelte die Stirn. Reizvoll? „Dafür wird sie büßen. Ich werde ihr Blut noch auf meinen Händen spüren, darauf kann sie ihre tote Familie verwetten.“ „Weiß das FBI denn von ihr?“ „Da bin ich mir sogar ziemlich sicher, wie sonst konnte sie solange versteckt bleiben. Vermutlich haben die sie ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen. Es sei denn, sie hat sich dagegen entschieden, um mit dieser Beleidigung der menschlichen Existenz zusammen zu sein.“ Vodka schien zu grunzen, nachdem er einige Sekunden nichts gesagt hatte. „Damit meinst du den Detektiv, richtig?“ „Natürlich, meine ich den Detektiv.“ „Tut mir leid, Aniki.“ „Deine Geburt war ein großer Beitrag zur Umweltverschmutzung“, zischte Gin, völlig nicht zu der vorherigen Konversation passend. „Bist du fertig?“ Weiter wollte Conan nicht hören. Als er auf Ais erstarrte Gesichtszüge schaute, entschied er, dass er es doch zu weit getrieben hatte, mit seiner überaus spontanen Aktion. Es war zwar nicht so gefährlich gewesen, wie Ai ihn gewarnt hatte, wobei sie auch nicht gerade weit gekommen waren, doch es war genug gewesen, um sie in das kleine, ängstliche, suizidgefährdete Mädchen zu verwandeln, dass sie bei dem Bombenanschlag auf diesen Bus geworden war, mit dem sie vor einigen Jahren zu einem Skiurlaub fahren wollten. Leise und darauf bedacht an wirklich nichts zu stoßen, schob er Ai vor sich her zu der Kellertreppe, während sich die Stimmen der beiden Organisationsmitglieder immer weiter entfernten, so wie es ihre Schritte ebenfalls taten. Viel schneller, als Conan jemals gedacht hatte, möglich wäre, hatte er die kleine Halb-Engländerin über seine Schulter geworfen und war mit ihr bis hinter die Betonmauer gelaufen, dort, wo sie sich versteckt hatten, bevor sie sich auf die unnütze Erkundungstour begeben hatten. Er ließ Ai dort auf den Boden und machte ein überraschtes Geräusch, als sie beinahe rücklings gegen die Mauer fiel. Er packte sie an den Schultern und schüttelte sie. Ihre Augen fielen auf ihn, etwas Seltsames war in ihnen, etwas, das Conan nirgendwo einordnen konnte. „Erzählst du mir jetzt was zwischen dir und Gin lief?“ Erneut erschien eine Falte zwischen ihren Augenbrauen. „Du hast mich nie gefragt, was zwischen mir und ihm lief, Kudo“, krächzte sie, anscheinend immer noch ein wenig neben sich. „Na ja“, erwiderte Conan, während er einen Arm um ihre Schultern legte, um sie besser neben sich herziehen zu können. Mit einem letzten Blick auf die Fabrik, setzten sich die beiden geschrumpften Jugendlichen in Bewegung. „Aber ich hab oft genug dran gedacht, dich das zu fragen.“ ~ Hi erstmal. Falls noch irgendwer diese Geschichte lesen sollte, tut es mir wohl sehr leid, dass ich so lange nicht geschrieben hab. Ehm, es war nicht geplant, dass dieses Kapitel so seltsam wird und tut mir auch leid, falls etwas unrealistisch wirkt oder jemand denkt bestimmte Personen würden anders reagieren oder das jemand OOC ist oder was auch immer. Wenn jemand bis hierhin gelesen hat, danke ich um die Aufmerksamtkeit. Und jetzt geh ich schlafen, es ist spät und ich bin müde. xD Hoffentlich hat jemandem dieses späte Kapitel ein wenig gefallen, falls es jemand gelesen hat. xD Nachti. Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Das Geräusch des hochfliegenden und wieder fallenden Balles hallte durch das ganze Zimmer, nur unterbrochen durch das gelegentliche Klicken und Tippen der Computermaus- oder Tastatur. Ansonsten herrschte tiefe Stille. Der geschrumpfte Detektiv lag auf dem Bett der Wissenschaftlerin, einen Arm hinter dem Kopf verschränkt, die andere warf und fing den Ball immer und immer wieder. Seine Augen folgten der kleinen grünen Kugel, die mit vielen Körnern gefüllt war. „Was machst du denn jetzt?“, fragte er nach einer Weile, hörte auf den Ball zu werfen und blickte zu Ai hinüber, die an ihrem Schreibtisch vor dem Computer saß. „Ich durchsuche noch einmal die Festplatte, ob ich noch irgendwelche Dateien finde, die mir bei der Entwicklung des Gegengiftes helfen können“, erwiderte sie, den Kopf nicht umwendend. Conan setzte sich auf und hob eine Augenbraue, auch wenn Ai das nicht sehen konnte, da sie ihm den Rücken zugewandt hatte. „Weißt du“, sagte er schließlich, „ich denke irgendwie nicht, dass sich in den letzten zehn Jahren irgendetwas verändert hat.“ „Halt die Klappe, Kudo“, keifte sie und wandte sich schließlich doch etwas um, eine Hand noch immer auf der Maus. „Es besteht die Möglichkeit, dass ich etwas übersehen habe.“ „Denkst du das? Wirklich?“ Conan schwang die Beine über den Rand des Bettes und stützte die Ellbogen auf den Knien ab, den Ball in den Händen knetend. Ai machte ihre Augen zu Schlitzen. Und doch ließ sie die Maus los und wandte sich in dem Drehstuhl ganz ihrem Leidensgenossen zu. Es überraschte Conan beinahe, wie gut sie aussah, obwohl sie in Sporthose und einem weiten Sweatshirt vor ihm saß. Ihre rotblonden Haare waren zu einem lockeren Zopf gebunden. Sie waren durcheinander und doch blieb Conan für einen Moment der Atem stocken. Er konnte nicht sagen, woran das alles lag, doch er versuchte nicht einmal sich gegen das Gefühl zu wehren. Er ließ es geschehen. „Wieso versuchst du überhaupt so krampfhaft etwas fürs Gegengift zu finden?“, fragte er. „Wir sind schon so lange in diesen Körpern, ich dachte du hättest dich damit abgefunden, Ai Haibara zu bleiben.“ Sie runzelte die Stirn. „Ich hab mich damit abgefunden. Aber du wolltest doch unbedingt wieder Shinichi sein.“ „Was?“ Beinahe hätte Conan aufgelacht bei Ais seltsamem Gesichtsausdruck. „Wann hab ich mich das letzte Mal beschwert? Vor Jahren. Niemand denkt mehr an Shinichi Kudo, er ist verschwunden und das ist, glaube ich, auch ganz gut so.“ Überrascht hoben sich Ais Augenbrauen und in ihren ozeanblauen Augen erschien ein kurzes, helles Funkeln. „Das hätte ich nicht erwartet. Jedenfalls nicht von dir.“ Er zuckte die Achseln, ein Grinsen zog an seinem Mundwinkel. „Tja, auch ich sollte irgendwann erwachsen werden, nicht?“ Ai verdrehte die Augen und erhob sich vom Stuhl. „Dazu sage ich jetzt mal gar nichts.“ Conan gab ein lautloses „ha, ha“ von sich, erwiderte ansonsten jedoch nichts. Er folgte dem Mädchen mit den Augen, während sie zu ihrem Schrank ging und ihn öffnete. Er mochte es seltsamerweise, sie einfach nur zu beobachten. Wie ihre nun langen Haare in sanften Wellen über ihre Schultern fielen, wie sie nervös mit ihrem rechten Bein auf den Boden tippte, eine Angewohnheit, die sie nie wirklich abgelegt hatte. Schon öfter war ihm aufgefallen, wie ihr Körper sich mit den Jahren verändert hatte. Ran war immer schon dünn gewesen, hatte nicht wirklich eine Figur, war eher wie ein Junge, wenn man von ihrer Oberweite abgesehen hatte. Darin unterschied Ai sich von Ran. Ai war unglaublich weiblich. Und genau das ließ Conans Gedanken in der letzten Zeit oft abschweifen, öfter als es ihm lieb war. „Was machst du da?“, fragte er, nachdem ihm die Unwissenheit zu viel wurde. „Gucken, was ich heute Abend anziehen will.“ Sie warf einen Blick über die Schulter. „Weißt du noch? Ayumi wollte uns doch diesen neuen Club zeigen?“ Conan runzelte die Stirn. „Glaubst du wirklich, wir haben Zeit für sowas? Wir haben gestern erfahren, dass die schwarze Organisation wirklich auf diesem Fabrikgelände ist und du willst heute Abend tanzen gehen?“ Ai drehte sich um und stemmte die Hände in die Hüften. Ihr Blick war hart. „Und was genau willst du jetzt dagegen unternehmen? Noch einmal einbrechen und, der harte Kerl, der du natürlich bist, alle mit deinen super gefährlichen Kick-Boots außer Gefecht setzen?“ Zwar erwiderte er nichts, doch er erwiderte ihren Blick ebenso böse, wie ihrer war. „Alleine kannst du nichts gegen diese Kerle ausrichten, Kudo. Krieg das endlich in deinen verdammten Dickschädel“, schalt Ai ihn und drehte sich wieder dem Schrank zu. „Lass das FBI darüber nachdenken, ohne sie wirst du sicher nicht am Leben bleiben, wenn du dich zu sehr in diese Sache steigerst. Hab heute noch ein wenig Spaß und kümmer dich danach um die Art, wie du sterben willst.“ Trotz ihrem vorwurfsvollen Ton, wusste Conan, dass sie das alles nur sagte, weil sie sich Sorgen um ihn machte. Er kannte sie und wusste, dass sie sich dem FBI nur anschloss, weil er es tat und weil sie ihn nicht alleine lassen wollte. Irgendwie war es ja schon süß, wie sie sich so um ihn kümmerte, ohne es wirklich zugeben zu wollen. Conan erhob sich, ging zu Ai und lehnte sich dort mit vor der Brust verschränkten Armen gegen die Schranktür. Zwar war das rotblonde Mädchen grade mit dem Kopf zwischen den Klamotten verschwunden, doch er vergnügte sich dabei, ihren Rücken anzusehen. „Ich bin überrascht, so etwas von gerade dir zu hören“, schmunzelte er. „Bedeutet das etwa, dass du langsam Gefallen am Leben findest, Haibara? Kann es wirklich sein, dass du Spaß daran hast, eine Oberstufenschülerin zu sein?“ Er konnte Ais gedämpftes Lachen hören und im nächsten Moment erschien sie schon wieder, Haare noch zerzauster als vorher und einige Kleidungsstücke in den Händen. „Auf jeden Fall mehr, als jemand zu sein, die einer geheimen Organisation angehört hat und nun vor ihnen davonlaufen muss“, meinte sie, während sie die Kleider auf ihr Bett legte und sich jedes Stück einzeln betrachtete. Augenblicklich wurde Conan wieder ernst und folgte Ai zum Bett, setzte sich darauf und rückte so weit nach hinten, dass er sich an die Wand lehnen konnte. Er musterte Ais Gesicht. „Du hast mir noch immer nicht erzählt, was genau zwischen dir und Gin lief. Du hast es versprochen.“ „Das ist eine Lüge“, meinte Ai schulterzuckend. „Versprochen habe ich erstmal gar nichts. Ich hab nicht mal etwas dazu gesagt.“ „Aber du musst es mir sagen.“ Es wurmte Conan ziemlich, wie flehend er sich anhörte, doch er ignorierte es einfach mal. „Ich hab ein Recht, es zu erfahren. Er ist auch hinter mir her.“ „Und was hat das bitte mit mir und Gin zu tun?“, fragte sie, ein Lächeln bildete sich auf ihren Lippen. „Na ja“, Conan zuckte die Schultern. „Wahrscheinlich gibt es uns nur noch im Doppelpack.“ Er beobachtete, wie Ai in jeglicher Bewegung stockte. Einen Moment schaute sie auf das schwarze Kleid in ihren Händen, doch dann sah sie Conan an. „Wie meinst du das?“, fragte sie langsam. „Na ja“, widerholte er, den Blick senkend. „Du bist gestern mit mir zum Fabrikgelände gekommen, damit ich mich nicht in Lebensgefahr bringe. Das wirst du wahrscheinlich auch tun, wenn Jodi anruft, um zu sagen, dass sie einen Plan haben. Das gleiche würde ich auch für dich tun.“ Verlegen zupfte er an einem kurzen Faden seiner Jeans. Erst nach einer Weile Schweigen, wagte er es, den Blick zu heben und Ai anzusehen. Er hatte zwar nichts wirklich Schlimmes oder übermäßig Romantisches gesagt, doch Aussagen wie diese waren nicht üblich zwischen ihnen. Berührungen kamen zwar immer öfter vor, doch durch Worte war so etwas noch nie passiert. Doch, als er den Blick hob, sah er etwas äußerst erfreuliches: Ein winziges Lächeln hatte sich auf Ais Lippen gestohlen, während sie den Blick auf das Kleid in ihren Händen geheftet hatte. Und noch dazu waren ihre Wangen einen winzigen Ticken dunkler. Conans Augen weiteten sich bei dem Anblick und er spürte etwas Seltsames in seinem Bauch. „Was hältst du davon?“, fragte Ai schließlich und hielt das Kleid, das sie die ganze Zeit beäugt hatte, vor ihren Körper. Es war beinahe wie ein T-Shirt, nur etwas länger. Es war etwas kürzer als die Hälfte der Oberschenkel. „Schlicht“, erwiderte Conan, erwähnte jedoch nicht, dass es an ihr vermutlich außergewöhnlich aussehen würde. Ai verdrehte die Augen. „Was frage ich dich überhaupt? Du hast doch eh keine Ahnung von sowas.“ Conan zuckte die Schultern. „Ich weiß, was mir gefällt.“ „Zum Anziehen?“, schmunzelte Ai und legte das Kleid an die Seite, sie zog es wahrscheinlich in die nähere Auswahl. „Nein“, meinte Conan und schubste sie leicht mit dem Fuß. „An Mädchen.“ Ai hob eine Augenbraue, ein Grinsen im Gesicht. „So, so“, sagte sie. „Du hast also Gefallen an Mädchen gefunden. Ist es denn moralisch annehmbar von einem erwachsenen Mann, Gefallen an Schulmädchen zu finden?“ Conan lachte auf. „Es kommt auf das Schulmädchen an, nicht wahr?“ Dazu erwiderte Ai erneut nichts. Sie nahm nur schnell den unangesehenen Packen Kleidung in die Arme und ging zum Schrank. Ihr Rücken war Conan zugewandt und er fragte sich, wie ihr Gesicht nach seinem Beinahe-Flirtversuch aussehen mochte. Es war seltsam, wie natürlich ihm diese Frage vorgekommen war und wie niedlich er ihre Reaktion darauf fand. Die Musik war laut, das Licht bis zum Untersten gedämpft, nur ab und zu schossen einige bunte Strahlen durch die Menge von tanzenden und schwitzenden Jugendlichen. Conan stand mit Mitzuhiko an der Bar, ein Glas Eistee in der Hand. Er war sich nicht sicher, ob die Barkeeperin ihm irgendetwas anderes noch dazu eingegossen hatte, doch daran verschwendete er nicht einen Gedanken. Seine Augen waren auf Ais ungenaue Silhouette fixiert, die neben Ayumi stand, die wiederum von einigen Jungs umschwärmt wurde. Ai hatte sich wirklich für das schwarze Kleid entschieden, dass Conan vorgeschlagen hatte. Jedoch hatte sie es durch viele bunte Armbänder ‚aufgepeppt‘, wie Genta es genannt hatte, und trug dazu seltsame Strümpfe, die über die Knie reichten und flache Sneakers. Ihre Locken waren zu einem Zopf hochgebunden, wo die untere Hälfte noch über die Schultern fiel und nur die obere Schicht der Haare zusammengebunden wurde. Conan konnte seinen Blick nicht wirklich von ihr abwenden. Zwei von den Jungs, die um Ayumi herumstanden, hatten sich nun zu ihr gesellt und versuchten anscheinend ein Gespräch anzufangen. Conan konnte sogar ein winziges Lächeln auf ihren Lippen ausmachen, als ein grünes Licht sie für einen Moment traf. Und doch wusste er ganz sicher, dass diese beiden Jungen nicht weiter wichtig für sie waren. Sie hatte keine anderen Freunde gehabt, als die ehemaligen Detective Boys und ihn, seit zehn Jahren nicht. Auch, wenn die anderen viele neue Freundschaften geschlossen hatten. Es war, als hätte Ai alles, was sie benötigte. „Sag mal, Edogawa“, erklang plötzlich Mitzuhikos Stimme und Conan musste sich zusammenreißen, sein Glas nicht aus seinen Fingern gleiten zu lassen, so erschreckt hatte ihn die Anrede. Conan schaute zu Mitzuhiko hinüber, der, genau wie Conan selber, gegen die Bar gelehnt war, ein Glas in der Hand und den Blick auf Ayumi und Ai gerichtet. „Was gibt’s?“, fragte Conan, trank eilig den letzten Schluck ‚Eistee‘ und stellte das Gefäß zurück auf die Bar. „Wie genau macht man das?“, fragte Mitzuhiko, eine gleichgültige Miene aufgesetzt. Doch Conan konnte sehen, dass ihn etwas wirklich beschäftigte. Verständnislos schüttelte der geschrumpfte Detektiv den Kopf. „Ich weiß nicht, was du meinst.“ Mitzuhiko schaute ihn nun an, sein Gesicht lag im Dunkeln. „Wie machst du das, dass so viele Mädchen auf dich stehen? Ich meine, selbst hier, wo du keinem weiblichen Geschöpf wirklich Aufmerksamkeit schenkst, schauen sie zu dir hinüber und kichern.“ Conans Wangen wurden warm. Dieses Thema war ihm schon immer etwas peinlich gewesen. „Keine Ahnung“, sagte er ehrlich. „Vielleicht…ich weiß nicht…“ Er suchte nach den richtigen Worten, schüttelte dann jedoch wieder den Kopf und runzelte die Stirn. „Ist es Kerlen überhaupt erlaubt offen über sowas zu reden?“ „Wenn es um dich geht“, ertönte eine hohe Stimme vor ihnen, „dann gelten diese Kodexe nicht.“ Ohne es verhindern zu können, bildete sich schon ein Grinsen auf Conans Mund, bevor er Ai den Kopf ganz zugewendet hatte. „Willst du damit sagen, ich bin kein richtiger Kerl?“, fragte er und klang dabei nur halb so empört, wie er eigentlich vorgehabt hatte. Ai hob beinahe beeindruckt die Augenbrauen. „Wir haben einen Sieger.“ Damit schaute sie zu Mitzuhiko, der sie mit leicht offenem Mund anstarrte. Er sah nicht wirklich überrascht aus, sie hier zu sehen, jedoch ein wenig von der Rolle geworfen, als würde ihre Anwesenheit ihn ungemein ablenken. „Haibara-san“, murmelte er leise. Als er sich etwas vorbeugte, klirrte das Eis in seinem beinahe leeren Glas. Ai verengte ihre Augen. „Was ist da drin?“, fragte sie und nahm ihm das Glas aus der Hand. Sie schnupperte daran und warf Conan einen bösen Blick zu, als dieser zu schmunzeln begann. Conan nahm ihr das Gefäß aus der Hand, nachdem sie eine Augenbraue so hoch gehoben hatte, dass sie unter ihren Haaren verschwunden war. Er roch ebenfalls daran. Seine Augen weiteten sich überrascht. „Wow, das riecht nach verdammt hartem Zeug“, meinte er und stellte das Glas auf die Theke hinter sich. „Mitzuhiko, hast du das bestellt?“ Der große, schlaksige Junge mit den Sommersprossen zuckte nur mit den Achseln. „Keine Ahnung. Glaube nicht.“ Beinahe hätte Conan aufgelacht darüber, dass ihm nicht vorher schon aufgefallen war, wie seltsam Mitzuhiko sich benommen hatte. Er hatte gleichgültig ausgesehen. Wirklich, wie oft sah Mitzuhiko schon gleichgültig aus? So gut wie nie! „Lass uns Genta suchen“, sagte Ai und nahm den Oberstufenschüler am Arm. „Die beiden sind zusammen hergekommen, vielleicht lässt er sich überreden den Idioten hier nach Hause zu bringen.“ „Ah“, machte Conan und stellte sich in Ais Weg, die Hände einige Millimeter über ihren Schultern schwebend. „Das ist vielleicht nicht ganz so eine gute Idee.“ Ai verzog das Gesicht. „Wieso nicht?“ „Na ja.“ Er hob eine Schulter und grinste beinahe verlegen. Ais Blick wurde misstrauisch. „Gentas Eltern sind die ganze Nacht weg und Momoko wollte bei ihm…na ja…schlafen.“ Er musterte ihr Gesicht, als ihre Lippen sich das winzigste Bisschen öffneten und sie die Stirn runzelte. „Du weißt schon“, sagte er, schon spürend, wie sein Nacken warm wurde. „Zum Schlafen.“ „Ich weiß, was du damit meinst“, zischte sie und schob Conan mit einer Hand an seiner Brust zurück. „Glaub mir, ich bin nicht völlig unwissend, was das angeht.“ Und da war es dann. Ganz plötzlich und ohne jegliche Vorwarnung. Ein Stich. Ein kleiner, fieser Stich direkt in seinen Magen. Doch nicht etwa Eifersucht? Nun war es an Conan sich in Ais Weg zu stellen, während sie sich mit Mitzuhiko darauf machen wollte, jemanden zu suchen, der ihn nach Hause bringen könnte. „Moment mal“, sagte Conan und senkte seine Stimme so sehr, dass Ai ihn gerade eben noch über die laute Musik hören konnte. „Heißt das, du und Gin-?“ Im nächsten Moment presste sich schon Ais Faust unangenehm hart in seine Schulter und er keuchte mitten im Satz auf. „Hast du sie denn noch alle?“, zischte sie. „Ist das ein ‚Nein‘?“, krächzte er und rieb sich die schmerzende Schulter, während Ai Mitzuhiko auf einen Stuhl dirigierte. Sie hatte ihm de Rücken zugedreht, weswegen er ihr Gesicht nicht sehen konnte. Doch das brauchte er nicht. Selbst in dem schwachen Schein der Lampen, konnte er ganz genau sehen, wie sich ihre Schultern anspannten und sie in ihrer Bewegung innehielt, auch wenn es sich dabei nur um eine Millisekunde handelte. „Sei nicht albern“, sagte sie. Doch Conan wusste schon Bescheid, Ais langes Zögern hatte ihm seine Frage von selber beantwortet. Und an diesem Punkt spürte er erneut dieses fiese Pieksen in seinem Bauch. Er hatte Ai nicht noch einmal auf Gin angesprochen, seitdem sie am vorherigen Tag vom Fabrikgelände gegangen waren, doch er entschied sich, es zu tun, sobald sie alleine waren. „Wir können Mitzuhiko auch einfach zum Professor bringen“, schlug Conan vor, seltsam gepresst. „Du kannst ihn ins Gästezimmer verfrachten, ihr habt doch genug Betten bei euch.“ Ai streckte den Rücken durch und wandte sich halb zu Conan um. Sie hatte die Stirn gerunzelt und musterte ihn einige Sekunden gründlich, bevor sie Mitzuhiko an die Hand nahm und ihm aufhalf. „Du wirst es dieses Mal nicht vergessen, hab ich Recht?“, fragte sie beinahe resigniert, als die drei auf den Ausgang des Clubs zugingen. „Dieses Mal nicht“, erwiderte Conan. „Darauf kannst du wetten.“ Denn das stechende Gefühl in seinem Magen erinnerte ihn nur zu gut daran. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)