Hide your face von RedSky ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Der blaue Himmel strahlte über das ganze Land, verziert mit vereinzelten Schäfchenwolken die sanft, vom lauem Frühlingswind vorangetrieben, daherzogen. Die Luft war erfüllt von lebendigem Vogelgezwitscher und betörenden Düften. Weit und breit versprühte die Natur Harmonie, alles und jeder schien im Einklang miteinander zu leben. In dieser sanften Idylle herrschte ein König über sein Volk. Seine Anhängerschaft war nicht riesig, eher überschaubar, aber waren in diesem Teil des Landes sowieso nicht so viele Menschen angesiedelt. Der König, sein Name war Katsuro, herrschte allein. Es gab an seiner Seite keine Gemahlin, doch das störte den jungen König nicht – ganz im Gegenteil. Er genoss seine alleinige Macht und hätte es nie geduldet, Diese mit jemand anderem zu teilen. Jedoch käme dafür auch fast niemand in Frage, denn seine Eltern waren nicht mehr am leben, waren sowohl seine Mutter als auch sein Vater recht früh gestorben. Einziger Verwandter war sein Bruder Kazuya. Dieser erhob jedoch nie den Anspruch auf den Thron. Denn im Gegensatz zu dem herrschsüchtigen, selbstgefälligen und egoistischen König war Kazuya sehr genügsam, bescheiden und zurückhaltend. Er diente seinem Bruder als treuer Ritter. Mit dieser Aufgabe war er vollkommen zufrieden. Nie hätte er mehr verlangt, nie wäre er auf die Idee gekommen, seinem Bruder den Titel als König streitig zu machen. Kazuya liebte Katsuro, liebte ihn als Bruder und war ihm stets zu Diensten, ausnahmslos. Er war sein treuester Untertan. Doch selbst dieser aufopferungsvollen Treue misstraute Katsuro, so wie er jedem misstraute der ihm zu nahe kam. In seinem selbstsüchtigem Wahn bildete er sich ein, sein Bruder würde ihm nur diese Treue entgegen bringen weil er sich somit sein Vertrauen erschleichen und ihn schließlich vom Thron stürzen wollte. Nein, nein, das durfte nicht sein! Soweit durfte er es auf gar keinen Fall kommen lassen, spukte es Katsuro nur immer wieder durch den Kopf. Es kamen Nächte in denen er nicht schlafen konnte, aus Angst sein Bruder würde nur auf einen unachtsamen Augenblick seinerseits warten...! So konnte es auf Dauer nicht weiter gehen, er musste etwas unternehmen bevor es zu spät war. Er musste dafür Sorge tragen, seinen Bruder, seinen treusten Untergebenen, zu züchtigen. Und so entschied er sich für die Maske. Die Maske war ein Folterinstrument die sich das Opfer unmöglich selbst abnehmen konnte. Sie bedeckte nicht nur das Gesicht sondern den gesamten Kopf und war gespickt mit langen, spitzen Dornen. Zudem konnte man nur durch ein einziges kleines Loch hindurch schauen. Sprechen war unter dem schwerem Gebilde unmöglich. Um der Person Flüssigkeit oder kleine Mengen von Nahrung einzuflößen musste man eine ebenfalls sehr kleine Öffnung in der Mundregion öffnen, wozu der Gefangene ebenfalls nicht selbst im Stande war. Zudem hielt sich das Gerücht, dass dieser Maske ein unheimlicher Fluch auferlegt war, doch was das genau für ein Fluch war, darüber mochte keiner reden. An dem Tag als Katsuro seinem Bruder die Maske mit hasserfülltem Blick anlegte, sah er das Gesicht des Anderen zum letzten Mal. „Du weißt, ich muss das tun“, erklärte Katsuro dem Ritter mit beinahe butterweicher Stimme, doch erklang im Unterton eine unüberhörbare Spur des Wahnsinns. „Wer weiß was du mir sonst noch antun könntest... Ich muss sicher gehen, dass du nicht die geringste Gefahr für mich darstellst.“ Kazuya erwiderte auf diese Worte nichts, er nahm sein Schicksal stillschweigend hin. Sah seinem Bruder das letzte Mal uneingeschränkt in sein narzistisches Gesicht. Dann spürte er auch schon das schwere Leder, das sich eng um seinen Kopf schlang, ihm zuerst fast den Atem rauben wollte. Er spürte ganz genau die gesicherten Endungen der Dornen, die an der Innenseite befestigt waren und von der Aussenseite der Maske in alle Richtungen abstanden. Mit diesem Foltergerät um den Kopf fühlte sich sein Schädel gleich doppelt so schwer an. Dann wurde er von seinem Bruder höchstpersönlich in eine der Zellen gesperrt. Sie war dunkel, feucht und modrig. Von hier aus hatte man keinerlei Kontakt zur Aussenwelt, man war komplett abgeschnitten. Kazuya hörte, wie Katsuro die Zelle verließ und die Tür hinter sich zuschloß. Doch er verließ diesen Ort nicht sofort. Nein, Kazuya konnte hören, wie sein Bruder mit einer Hand eines der Gitterstäbe des kleinen Fensters umfasste. Und obwohl er mit dem Rücken zu besagtem Fenster stand, spürte der Ritter regelrecht die Blicke des Anderen auf seinem Körper. Er misstraut mir noch immer, dachte er sich. Und damit sollte er nicht ganz Unrecht haben. Katsuro betrachtete sich noch einmal seinen gefangenen Bruder mit missmutigem Blick, bevor er das Kellergewölbe schließlich verließ. Kazuya blieb alleine zurück. Ohne sich zu beschweren. Auch wenn er die Tat seines Bruders nicht verstand und auch wenn er traurig war. Traurig weil er spürte, dass er hier so bald nicht wieder raus kommen würde. Traurig weil sein Bruder nicht über seinen eigenen Verfolgungswahn hinweg kam. Er liebte ihn, auch jetzt noch, doch er kannte ihn auch schon sein ganzes Leben lang und wusste, dass Katsuro schon immer andere Wege gegangen war als er. Katsuro wollte immer Macht, wollte immer Bestätigung zu seiner Person, wollte Zustimmung zu seinem Handeln und seiner Taten. Alles Sachen, die Kazuya nie verlangt hatte. Von niemandem. Obwohl Kazuya schon früh sein ergebener Ritter wurde und jede Gefahr für seinen Bruder aufnahm, war er doch der der wirklich frei war. In seinen Gedanken, in seinem Kopf. Katsuro jedoch war Sklave seines eigenen Wahnsinns. Und dieser Wahnsinn schien trotz der Gefangennahme Kazuya's nicht eingedämmt worden zu sein, denn der König züchtete seinen Bruder weiter indem er damit begann Abend für Abend in dessen Zelle seinen abendlichen Wein zu genießen. Hierfür musste Kazuya auf allen Vieren knien und Katsuro als lebendem Tisch dienen. Eine große Kerze auf einem kleinem Holztisch erhellte dann immer den Raum und vermittelte mit ihrem Licht fast schon eine heimelige Atmosphäre – wenn die Umstände Andere gewesen wären. Doch Kazuya beschwerte sich auch hierbei nicht, ließ es zu dass sein Bruder ihn quälte. Liebte er ihn doch noch immer. „Du weißt, es muss so sein“, wiederholte der König an fast jedem Abend, wenn er seinen gefangenen Ritter vor sich zu knien hatte und er sein Weinglas auf dessen Rücken abstellte. Kazuya schwieg. Etwas anderes war ihm auch gar nicht möglich da er aufgrund der Maske gar nicht sprechen konnte, selbst wenn er gewollt hätte. Dieses abendliche Ritual sollte sich noch viele Male wiederholen und es schien kein Ende in Sicht zu sein. Der König hatte auch gar nicht vor, diese Situation jemals wieder aufzuheben. Er fühlte sich sicher. Sicher in seiner Position, sicher als König. Er wusste sehr wohl um die Stärken seines Bruders. Er hatte ihn dafür heimlich immer bewundert. Um seine Ausdauer, um seine Willenskraft, um seine Bereitschaft, Unannehmlichkeiten auf sich zu nehmen. Und genau aus diesen Gründen konnte Katsuro einfach nicht riskieren, dass es sein Bruder doch irgendwann mal auf den Thron schaffen könnte. Ebensowenig konnte er riskieren, dass seine Untertanen ihn eines Tages als König ablehnten und Kazuya als König verlangten. Denn auch das Volk, war es auch nicht groß, schätzte Kazuya's Eigenschaften sehr. Manchmal, wenn der König seine Gedanken schweifen ließ, erinnerte er sich an früher zurück, an seine und Kazuya's Kindheit. Er hatte seinen Bruder geliebt, genauso wie Dieser ihn, doch auch schon damals keimte in Katsuro die Angst, sein Bruder würde eines Tages über ihm stehen, würde besser sein als er. Kazuya hatte ihn immer beschützt wenn Gefahr drohte, hatte ihn immer in den Arm genommen wenn er Angst hatte... Kazuya war immer für ihn da gewesen... Der gefangene Ritter verbrachte Tag für Tag abgeschottet in seiner einsamen Zelle. Wenn man ihn so sah mochte man sich kaum vorstellen, dass diese Kreatur wirklich mal der tapfere und aufopferungsvolle Ritter Kazuya war. Das Einzige, was bei diesem Wesen mit den Dornen am Kopf noch an ihn erinnerte war der lange, geflochtene Zopf aus rotem Haar, der am Nacken unter der Maske herausschaute. Ansonsten unterschied er sich äusserlich nicht mehr von den anderen Gefangenen. Und war er sich in den ersten Tagen doch noch so sicher gewesen, dass sein derzeitiger Zustand nur vorübergehend sei und sein Bruder ihn bald schon wieder frei lassen würde, schwindete diese Hoffnung mit der Zeit immer mehr, bis er irgendwann fast keine Hoffnung mehr hatte. Er hätte seinem Bruder alles verziehen, er hätte ihn trotz allem noch geliebt. Er war kein nachtragender Mensch. Doch all das schien vergebens zu sein, er sollte hier nie mehr raus kommen. Gerade als das erste Mal in seinem Leben Zweifel und Hoffnungslosigkeit aufzuflimmern begannen, vernahm er eine Stimme: „Halte durch; du bist nicht allein.“ Woher kam diese Stimme? Kazuya blinzelte mit einem Auge durch die einzige Öffnung, die ihm diese Maske gewährte. Er sah sich in der Dunkelheit seines Gefängnisses um. Doch er erkannte niemanden der zu ihm gesprochen haben konnte. Und da fiel ihm auch erst auf, dass er diese Stimme gar nicht wirklich mit den Ohren gehört hatte, sondern dass sie direkt in seinen Kopf eingedrungen war. Als hätte ihm jemand etwas mitgeteilt und ihm diese Mitteilung geradewegs in den Kopf gesand. Dem kleinem Volk war es natürlich irgendwann aufgefallen, dass der treueste Ritter des Königreichs spurlos verschwunden war. Sie fragten den König immer wieder nach seinem Verbleib, aber der König schwieg. Doch eines Tages erschien dem König eine engelsgleiche Gestalt. Ein kleiner, schlanker Junge mit gelocktem Haar und hellem Gewand. In der Hand hielt er einen Pfeil. Der Junge tauchte direkt vor Katsuro auf, wie aus dem Nichts, und war von einem warmen Licht umgeben. Der König erschrak fürchterlich, hatte er solch eine Erscheinung doch noch nie gesehen! „Wer bist du? Was willst du?“, fragte er sofort hektisch und hob zum Schutz die Hand. „Willst du meinen Thron? Niemand bekommt meinen Thron!“ Er war sichtlich nervös. „Senk deine Hand, König. Ich will gar nicht deinen Thron einnehmen“, entgegnete der gelockte Junge mit glasklarer Stimme. „Ich bin hier um dir von deinem Bruder zu erzählen.“ Da machte der König große Augen! Ein fremdes Wesen wollte ihm von seinem Bruder erzählen? Seinem Bruder, den er doch schon sein Leben lang kannte? Seinem Bruder, den er doch eigenhändig weggesperrt hatte? „Was gibt es da zu erzählen? Glaubst du ich kenne ihn nicht? Ich kenne ihn bedeutend besser als du!“ Der Missmut im König ließ nicht nach. „Du kennst ihn so wie du ihn kennen willst“, antwortete nun wieder das Lichtwesen. „Du siehst ihn so wie du ihn sehen willst. Als Konkurrenten. So wie du jeden um dich herum als Konkurrenten siehst. Doch du siehst nur mit deinen Augen, mit deinen blinden Augen. Du musst lernen mit deinem Herzen zu sehen.“ Der König sah den Jungen nur perplex an. Mit dem Herzen sehen...? Was redete das Wesen nur für wirres Zeug? „Lass mich in Frieden“, knurrte er und langte mit der Hand nach der Engelserscheinung. Doch er erhaschte ihn nicht; es war als würde seine Hand durch Luft fahren! Er konnte ihn nicht anfassen. Verwirrt blickte er zuerst auf seine Hand, dann zu dem Jungen. „Du wirst erst in Frieden leben können, wenn du Frieden mit deinem Bruder findest.“ Mit diesen Worten verließ der Knabe den König und verschwand in dem Licht, das ihn die ganze Zeit umgab. Den König ließ er verblüfft zurück. Doch der König war nicht der Einzige, dem solch eine Erscheinung widerfahren sollte. Denn auch in Kazuya's dunklem Kerker veränderte sich mit einem Mal etwas. Kazuya merkte es zuerst gar nicht, aber irgendwann nahm er dann doch das gleißend weiße Licht wahr, das den dunklen Raum flutete! Er drehte sich um, blinzelte – und traute seinem Auge nicht als ihm plötzlich ein Wesen in diesem Licht erschien das mit engelhaftem Gesicht auf ihn herab sah. Vor lauter Schreck stürzte Kazuya und blieb wie erstarrt auf dem kalten Steinboden sitzen. Sein eingeschränkter Blick war geradeaus auf die Erscheinung gerichtet. „Hab keine Angst, mein Junge“, sprach das schöne Gesicht mit der sanftesten Stimme, die der Ritter je in seinem Leben vernommen hatte. „Deine Qual soll bald der Vergangenheit angehören. Du wirst bald befreit sein, das verspreche ich dir.“ Und noch bevor Kazuya etwas erwidern konnte, hatte sich diese seltsame Erscheinung, die trotz ihrer Rätsel doch so schön war, in Luft aufgelöst. Alles ging so schnell dass Kazuya sich wenige Momente später fragte, ob er das nicht alles nur geträumt hatte. Doch das Engelsbild sollte Recht behalten, denn nur wenige Tage später erschien Katsuro mitten am Tag in der Zelle seines Bruders – weit vor dem allabendlichem Weinritual. Er vergaß sogar, die Tür hinter sich zu schließen, wie er es sonst immer tat damit Kazuya nicht fliehen konnte. Direkt und ohne zu zögern trat er auf seinen Bruder zu der vor der einzigen Holzbank saß, die es in diesem Raum gab. Er beugte sich hinunter und schlang seine Arme um den bereits stark geschwächten Körper des Anderen. „Kazuya, mein Bruder...“, wisperte er leise und seine Stimme klang voller Mitgefühl. Kazuya, der inzwischen durch seine Gefangenschaft seine körperlichen Grenzen erreicht hatte, war zu schwach um diese Geste zu erwidern. Sein müdes Auge blinzelte halb geschlossen durch die winzige Öffnung. Er sah den König nicht, da dieser hinter ihm stand. Doch er spürte ihn. Spürte die vertrauten Arme die sich um seinen ausgelaugten Körper gelegt hatten. Wie gerne hätte er jetzt Katsuro's Namen ausgesprochen, doch selbst wenn er nicht die Foltermaske aufgehabt hätte, wäre ihm dies nicht mehr möglich gewesen. Er war einfach schon zu schwach. Katsuro zog den entkräfteten Körper des geliebten Bruders fester an sich, schmiegte sich an ihn wie Dieser es früher bei ihm gemacht hatte wenn er Angst hatte. „Kazuya......was habe ich nur getan?“ Es war, als hätte jemand im Kopf des Königs einen Schalter umgelegt und als begriffe er erst jetzt, was er seinem eigenem Bruder für eine Strafe auferlegt hatte. Er verstand plötzlich seine eigene Tat nicht mehr. Wie war es nur soweit gekommen? Was hatte ihn dazu getrieben? Er schmiegte sein Gesicht an die Maske und einer der Dornen stach ihm in die weiche Wange. Doch das merkte er nicht, auch nicht wie sein Blut auf die Maske tropfte. Er hatte nur noch Kazuya im Kopf, seinen Kazuya, dem er Unrecht getan hatte. „Ich liebe dich, Bruder. Ich liebe dich.....“ Das waren die letzten Worte die Kazuya vernahm, bevor sein Körper der eigenen Schwäche erlag. Der Ritter starb in den Armen seines Königs und begann anschließend sich langsam aufzulösen. Katsuro realisierte den Tod nicht sofort, erst als die Kleidung Kazuya's immer lascher wurde hob er seinen Kopf und sah gerade noch, wie eine nebelartige Substanz aus der Kleidung seines Bruders hinausglitt, bevor er nur noch ein leeres, unförmiges altes Lederhemd in den Armen hielt. „Kazuya...“, wisperte der König mit rauer Stimme und starrte fassungslos auf das leblose Hemd. Sein Bruder hatte ihn verlassen. Er war gegangen. Das erste Mal, dass sein Bruder gegangen war und ihn alleine zurück ließ. Über des König's Gesicht flossen seit langer, langer Zeit das erste Mal wieder Tränen. Heisse, salzige Tränen. Und diese Tränen vernebelten ihm so sehr die Sicht, dass er erst viel zu spät realisierte was um ihn herum geschah. Denn die Maske hatte sich derweil selbstständig gemacht und ließ sich nicht mehr von den Händen Katsuro's abschütteln. Sie ging sogar noch weiter und platzierte sich, scheinbar völlig ohne fremde Hilfe, auf das Gesicht des Königs! Dieser keuchte vor Schreck auf und rüttelte an dem schweren Ledergebilde, doch Selbiges schlang sich um seinen ganzen Kopf und nahm ihn gänzlich gefangen! Der König hatte keine Chance. Er warf sich schreiend auf den Boden und wälzte sich, versuchte mit all seiner Kraft sich das Ungetüm wieder vom Kopf abzustreifen. Doch es saß bombenfest. Und niemand, der die Maske aufhatte, konnte sich eigenständig wieder von ihr befreien... Die Angst und Panik in Katsuro wuchs bis ins Unermessliche. „Kazuya, hilf mir! Hilf deinem Bruder!“, schrie er vor lauter Verzweiflung. Doch Kazuya kam nicht um ihm zu helfen. Niemand kam. Der König lag gefangen in seinem eigenem Kerker. Irgendwann, Katsuro wusste nicht ob bloß ein paar Minuten oder gar schon mehrere Stunden vergangen waren, berührten seine Finger auf dem Boden etwas kaltes, hartes. Er tastete es ab und erkannte darin sein Weinglas aus welchem er jeden Abend getrunken hatte und welches er mehrmals bei den jeweiligen abendlichen Ritualen auf den Rücken seines Bruders abgestellt hatte. Er hatte ihn verraten. Er hatte seinen treuesten Untergebenen und geliebten Bruder verraten. Er wollte weinen, er wollte schreien, doch all das ließ die Maske nicht zu und so blieben seine Lippen verschlossen. Nur seine Gedanken blieben ihm, um die Entschuldigung an seinen Bruder zu formulieren. 'Es tut mir Leid!' Dieser Gedanke kam vom tiefsten Herzen und kaum hatte er ihn zu Ende gedacht, löste sich mit einem Mal der eiserne Klammergriff der Maske. Katsuro griff sofort wieder mit beiden Händen nach dem Ledergebilde, stach sich an ihm die Finger blutig und riss es sich mit größter Mühe vom Kopf. Doch in dem Moment, als er seine Gefangenschaft verlor, verlor er auch sein Leben. Denn Dieses entwich Stück für Stück aus seinem Körper und ließ sein Innerstes langsam empor steigen, stieg höher und immer höher. Zurück blieb nur der Körper, gekleidet in voller Montur in der er als König voller Angst und Misstrauen sein Land regiert hatte. Seine Seele jedoch war nun frei und flog seinem Bruder nach, der bereits an einem wunderschönem Ort war. Einem Ort an dem es hell und ruhig war, an dem es keine Sorgen gab, dafür aber unendlich viel Harmonie. Ein Ort, an dem er seinen geliebten Bruder bald wieder sehen würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)