Another Side, Another Story von _Kima_ (The Traitor's Tale) ================================================================================ Kapitel 12: Prioritäten ----------------------- Tsai fluchte, als Riou und Jowy an ihm und Rikimaru vorbeirannten, doch die beiden Männer holten die Jungen erst am Waldrand ein, wo sie ungläubig stehen geblieben waren. Das Dorf Ryube brannte lichterloh. Doch damit nicht genug – es war voller Highland-Soldaten, die mit erhobenen Schwertern schreiende Dörfler verfolgten. Mit weit aufgerissenen Augen beobachtete Jowy, wie einer der Soldaten eine junge Frau hinterrücks erschlug und ihr mit dem Schwert den Schädel spaltete, während ein anderer einen alten Mann durchbohrte. Übelkeit stieg in ihm hoch, widerlich und kalt schwappte alles in seinem Inneren hin und her. Seine Organe schienen zu verkrampfen, er schnappte verzweifelt nach Luft. Das konnte nicht wahr sein. „Seid ihr von allen guten Geistern verlassen?!“ Tsais Stimme drang wie aus weiter Ferne zu ihm, als er am Arm gepackt und zur Seite gerissen wurde. Die beiden Krieger hatten die Jungen aus dem Weg gezogen, in die zweifelhafte Sicherheit eines riesigen Busches, der von einer Gruppe eng beieinander stehender Bäume umgeben war. „Sie hätten euch sehen können!“, zischte Rikimaru ernst, „Das ist gefährlich!“ Jowy starrte ihn dumpf an, während in seinem Kopf die Gedanken im Kreis rasten, doch er konnte keinen davon fassen. Er befand sich in einem Schockzustand. Im nächsten Moment spürte Jowy einen beißenden Schmerz in seiner rechten Gesichtshälfte und er hob eine Hand an seine schmerzende Wange, ehe er Tsai anstarrte. „Was… was…?!“ „Tut mir leid“, erwiderte der Speeträger kopfschüttelnd, „aber wir können es uns jetzt nicht leisten, den Kopf zu verlieren!“ Neben ihm stieß Riou einen verzweifelten Laut aus und Jowy sah ihn besorgt an. „Was ist los…?“ „Er.“ Jowy sah durch das Gestrüpp, hinter dem sie sich verbargen, zurück zum Dorf und erstarrte wieder. Von ihrem Versteck aus hatten sie Sicht auf den Dorfplatz – und was er dort sah, brannte sich in diesem Moment für alle Zeiten in seine Erinnerung ein. Luca Blight stand inmitten eines Haufens von Leichen und hatte den Kopf in den Nacken gelegt, während sein Körper von einem Lachanfall geschüttelt wurde. Irres Gelächter hallte über den Lärm hinweg, dann hörten sie ihn rufen: „Töten! Verbrennen! Sterbt, ihr dreckigen Würmer!!“ In diesem Moment wurden von einigen Soldaten zwei Dörfler an die Seite des Prinzen gezerrt, eine junge Frau und ein Mann mittleren Alters. „Bitte“, flehte der Mann, „bitte! Verschont mich…!“ Der glühende Blick des wahnsinnigen Highland-Prinzen bohrte sich in die Augen seines Opfers. „Bring mich nicht zum Lachen!“, blaffte der Blight-Erbe, „Dein Leben ist es nicht wert, verschont zu werden!!“ „Ihr… Ihr seid… grausam!“ Der Mann brach in Tränen aus, doch im selben Moment wurde er von Lucas Schwert durchbohrt. Leblos sackte der Mann zu Boden, woraufhin die verbliebene junge Frau sich beide Hände auf den Mund presste, um einen Schrei zu unterdrücken. Doch die Tränen, die wie Sturzbäche ihre blassen Wangen hinunterliefen, konnte sie nicht aufhalten. „Bitte“, schluchzte sie laut, „hört auf!“ „Alles, was ihr Würmer tun könnt, ist, um euer Leben zu betteln!“, schnappte der Prinz fast schon genervt, „Hängt ihr wirklich so verzweifelt an euren mickrigen Existenzen?!“ „J-Ja“, heulte die Frau, „Bitte! Ich… ich tue alles! Nur… nur tötet mich nicht!“ „Ist das so?“ Der Kronprinz wirkte auf absurde Weise begeistert. „Dann mach mal wie ein Schwein!“ Sein Opfer starrte ihn verwirrt an. „W-Wie… bitte…?“ „Ich sagte, benimm dich wie ein Schwein!!“, brüllte Luca Blight auf und die Frau zuckte entsetzt zusammen, ehe sie sich eilig nickend auf die Knie fallen ließ und leise grunzend auf dem blutüberströmten Boden herumkroch. Bei diesem Anblick brach der Kronprinz von Highland wieder in Gelächter aus und Jowy wurde übel. Der Anblick der über den Boden kriechenden Frau war erniedrigend. „Sehr gut!“, jubelte Luca Blight, als die junge Frau noch immer weinend, aber mit einem Funken Hoffnung in den vor Tränen glänzenden Augen zu ihm aufsah. „Dann… dann bedeutet das…?“ Jäh fuhr die Hand des Prinzen samt seinem Schwert nach oben und sauste dann unaufhaltsam auf die Frau hinab. „Stirb, Schwein!!“ Enthauptet fiel der Körper um, während der Kopf mit den vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen zur Seite rollte und liegen blieb. Während Luca Blight wieder hysterisch zu lachen begann, trat ein Mann zu ihm. Er hatte eine Glatze, obwohl er höchstens Mitte 40 war, und trug eine Rüstung mit rotem Umhang. Ganz ohne Frage war dies ein General. „Lord Luca“, sprach der General seinen Oberbefehlshaber an, „sind wir nun fertig?“ In seinen Augen spiegelte sich Abscheu, als wenn er die Taten seiner Männer nicht guthieß... und die seines befehlshabenden Offiziers gleich drei Mal nicht. „Genug?!“, echote der Kronprinz schrill und starrte den General an, „Mein Schwert dürstet immer noch nach Blut!!“ Der General blieb stumm und wartete ab. Doch an der Art, wie sich seine rechte Hand zur Faust ballte, erkannte Jowy, dass der ältere Mann seine Wut unterdrücken müsste. Luca wandte den Kopf hin und her und betrachtete das Ausmaß der Zerstörung im Dorf, dann ergriff er wahllos einen der umstehenden Soldaten am Kragen und blaffte: „Du! Zünde diesen Ort an! Lass alles niederbrennen!!“ Der Mann nickte überrumpelt und rannte dann davon, um Verstärkung für diese neue Aufgabe anzufordern. Verborgen hinter Gestrüpp und Bäumen biss sich Jowy so heftig auf die Lippe, dass sich der metallische Geschmack von Blut in seinem Mund ausbreitete und unangenehm zur Übelkeit beitrug. „Luca Blight“, hörte er Tsai neben sich murmeln, „Er ist… ein Monster…“ „Er wird das büßen“, presste Jowy hervor und machte Anstalten sich zu erheben, um loszustürmen und diesem Irren wenigstens irgendwie Einhalt zu gebieten, doch der eiserne Griff Rikimarus hielt ihn zurück. „Warte“, flüsterte Tsai, „Du oder ich haben gegen Luca Blight keine Chance, er besitzt Kraft, die nicht von dieser Welt ist! Die Zeit wird kommen, in der du ihm all das zurückzahlen kannst, aber sie ist nicht jetzt!!“ „Aber wir können doch nicht einfach hier sitzen und zusehen!“, wandte Riou ein und Jowy sah ihn überrascht, aber dankbar an. „Das stimmt, Riou! Ich werde nicht zulassen, dass es noch mehr Opfer wie Pilika gibt!!“ „Das kann ich nicht zulassen, tut mir leid“, entgegnete Rikimaru, während er nun auch Riou am Arm ergriff, „Ich habe Viktor versprochen, auf euch aufzupassen.“ „Wir haben keine Zeit für dieses Gerede!“, knurrte Jowy und wollte sich bereits losreißen, doch da traf ihn etwas in der Magengegend. Bevor ihm schwarz vor Augen wurde, hörte er Tsais bedauernde Stimme: „Ich fürchte, wir haben keine andere Wahl.“ Als er endlich zu sich gekommen war, war es späte Nacht gewesen. Rikimaru und Tsai hatten die Jungen zurück zur Berghütte gebracht und dort darauf gewartet, dass sie wieder aufwachten. Zunächst war Jowy wütend gewesen, doch dann hatte sich sein gesunder Menschenverstand eingeschaltet. Tsai hatte Recht gehabt. Kopflos ins Geschehen zu stürzen hätte höchstens mit ihrem Tod geendet, helfen hätten sie ohnehin nicht können. Dennoch halfen sie den wenigen Überlebenden in Ryube, die letzten Flammenherde zu löschen und die Toten, deren Leichen nicht verbrannt waren, anständig zu bestatten. Es tat gut, sich in Arbeit zu stürzen – so konnte er sich auf etwas konzentrieren und musste nicht nachdenken. Die Dörfler bedankten sich, doch sie weigerten sich, das zerstörte Dorf zu verlassen. „Egal, was passiert ist“, hatte ein Mann ihnen erklärt, „das hier bleibt unser Zuhause.“ Als sie Ryube hinter sich ließen, war der Morgen schon lange angebrochen und Jowy fühlte sich wie gerädert. Er hatte nicht geschlafen – die Ohnmacht galt wohl kaum als Schlaf – und die ganze Nacht durchgearbeitet, doch er wusste, dass sie sich keine Rast erlauben durften, sie mussten zurück ins Fort, damit Tsai so schnell wie möglich seine Arbeit an den Feuerspeeren beginnen konnte. Sie erreichten das Söldnerfort gegen Mittag und wurden prompt von Pilika begrüßt. Sie umarmte Jowy überschwänglich und rief: „Onkel Jowy!! Da bist du ja wieder. Alle haben auf dich und Onkel Riou gewartet! Der Mann, der aussieht wie ein Bär, hat sich Sorgen gemacht!“ Er stutzte kurz und sah verwirrt, auf das kleine Mädchen hinunter, bis sich sein Gehirn doch in der Lage sah, das Gesagte zu verarbeiten. Bär… Sie meinte Viktor. „Dann sollten wir ihn besser schnell suchen, richtig?“ Er zwang sich zu einem Lächeln und strich seinem Schützling durchs Haar. Pilika strahlte ihn an und nickte, dann winkte sie auch Riou zu, der ihre Begrüßung erwiderte. Jowy sah ihm an, dass er am liebsten ins Bett gefallen wäre, doch der Jüngere riss sich zusammen, lächelte das kleine Mädchen breit an und fragte: „Hast du denn eine gute Zeit hier gehabt?“ Pilika nickte und erzählte ihnen den ganzen Weg zum Konferenzraum über, wie sie mit Nanami, Millie und Bonaparte gespielt hatte und was für Blumen sie wo im Hof gefunden hatte. „Und Onkel Pohl hat mir eine Puppe geschenkt! Sie sieht aus wie ein kleiner Bär, schau mal, Onkel Jowy!“ Mit glänzenden Augen holte sie aus einer der Taschen ihres pinken Kleides ein kleines Stofftier in Form eines Bären. Jowy lächelte schwach. Er musste dieses Kind schützen, egal um welchen Preis. Er konnte nicht zulassen, dass sie litt. Es war dieser Moment, indem er in Pilikas Augen blickte, an Joanna und Marx dachte und sich und ihnen schwor, die Kleine zu beschützen. Und wenn es das Letzte war, was er tat. „Hübsch“, kommentierte er den Stoffbären mit einem schwachen Lächeln, dann blickte er die geschlossene Tür des Konferenzraumes an und sah dann Rikimaru an: „Kannst du sie bitte zu Nanami bringen? Ich möchte nicht…“ Er nickte vielsagend auf die Tür und war froh, als Rikimaru verstand. „Aber sicher. Nun, kleine Lady!“, sprach er Pilika an, die den Krieger aufmerksam ansah, „Dann lass uns mal dein Tantchen suchen!“ Er hob das vor Vergnügen quietschende Mädchen auf seine Schultern und verschwand aus Jowys Sicht. Tsai fixierte nachdenklich das Gesicht des jungen Aristokraten und sagte dann: „Ich glaube, jetzt verstehe ich.“ Was genau er verstand, führte er jedoch nicht aus und bevor Jowy ihn danach fragen konnte, hatte Riou bereits angeklopft. Nur Augenblicke später öffnete sich die Tür und ein nervös und besorgt dreinblickender Viktor starrte sie an. „Ihr seid zurück!“, stellte er erleichtert fest, als er die Jungen erkannt hatte, „Bei den Runen, bin ich froh.“ Er winkte sie hinein und schloss die Tür. Flik, Apple und die zwei Söldneroffiziere, die ebenfalls mit im Raum waren, erhoben sich von ihren Stühlen und wirkten ebenso froh, die drei Neuankömmlinge zu sehen, wie Viktor. „Wir haben gehört, dass das Dorf Ryube angegriffen wurde“, sagte Flik angespannt, „Stimmt das?“ Jowy öffnete den Mund, um zu antworten, schloss ihn jedoch wieder. Wenn er jetzt alles rekapitulierte, was in den vergangenen zwölf Stunden geschehen war, würde er in Tränen ausbrechen, dessen war er sich sicher. Umso dankbarer war er, als Tsai diese Aufgabe übernahm und den Söldnern von den Geschehnissen in Ryube berichtete. Nachdem er geendet hatte, fluchte einer der Offiziere laut, ansonsten herrschte bedrückte Stille. Jowy beobachtete die vier Männer und die junge Strategin schweigend und fragte sich, ob sie sich tatsächlich eine Chance gegen Luca Blight errechneten oder ob man sich hier auf ein Selbstmordkommando vorbereitete. „Gut, dass du hier bist, Tsai“, seufzte Viktor schließlich. „Nicht der Rede wert“, winkte der Speerträger ab, „wir haben nicht viel Zeit. Ich sollte gleich mit der Arbeit an den Feuerspeeren beginnen.“ Viktor nickte. „Danke. Wollen wir hoffen, dass man sie noch reparieren kann.“ Er bat einen der Offiziere, Tsai ins Lager zu bringen und ihm ein paar Helfer zur Seite zu stellen, dann wandte er sich an die beiden Jungen. „Gute Arbeit, ihr beiden“, lobte er sie, „Ihr habt jetzt genug für uns getan… Macht euch bereit, gemeinsam mit Leona und Barbara nach Muse aufzubrechen. Wir werden das Fort evakuieren. Diese Schlacht betrifft euch nicht.“ Ungläubig starrte Jowy den Söldneranführer an. Er wollte sie weg schicken? Er konnte hier nicht weg! Er musste kämpfen! Kämpfen und Luca Blight büßen lassen für das, was er Joanna, Marx und all den anderen angetan hatte!! Er öffnete den Mund, um zu protestieren, doch da ertönte auch schon Rious Stimme: „Wir werden an eurer Seite kämpfen.“ Jowy fuhr herum zu seinem besten Freund und sah ihn an, hin- und hergerissen zwischen Erleichterung und Erstaunen. Doch Riou blickte entschlossen in Viktors Augen, der verblüfft zurück sah. „Ihr wollt was?“ Der Söldneranführer runzelte zweifelnd die Stirn. „Das ist ja ganz nett, aber…“ „Seid ihr euch da völlig sicher?“, unterbrach Flik seinen Kollegen. Er hatte nach Tsais Bericht schweigend, mit düsterem Blick und verschränkten Armen an der Wand gelehnt. Nun stieß er sich davon ab und fixierte beide Jungen mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck. „Ja, sind wir“, bestätigte Jowy, ohne weiter nachzudenken, „Wir können nicht einfach weglaufen!“ Riou nickte und Fliks Gesichtsausdruck verdüsterte sich leicht. „Wir können niemanden gebrauchen, der uns aufhält“, verkündete er, „also werde ich euch auf die Probe stellen. Wenn es euch gelingt, mir das Schwert aus der Hand zu schlagen, könnt ihr hier bleiben. Was sagt ihr dazu?“ Die blauen Augen des Söldners fixierten die Jungen ernst und Jowy zögerte nicht eine Sekunde lang, ehe er seinen Stab in die Hand nahm. Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie Riou im gleichen Moment seine Tonfa zog. Die Müdigkeit spielte keine Rolle. „Doch nicht hier drin!“, protestierte Apple entsetzt, doch Viktor und der verbliebene Offizier schoben bereits den großen Tisch beiseite und ignorierten sie. Flik zog sein Schwert und nahm eine abwartende Kampfposition ein, dann rief er: „Na los! Zeigt mir, was ihr könnt!“ Zeitgleich setzten sich die Jungen in Bewegung in dem Moment, in dem Adrenalin durch Jowys Adern zu peitschen begann, fühlte er sich plötzlich wach und so stark wie nie zuvor, obwohl er die Nacht nicht geschlafen hatte. Rious rechter Tonfa traf zuerst auf Fliks Klinge, die plötzlich aus dem Nichts hervorzuschnellen schien, dann schlug der Söldner auch den zweiten Tonfa zurück, ehe er herumwirbelte und das Schwert auf Jowy zuraste. Der Aristokrat stieß überrascht die Luft aus seinen Lungen – warum war Flik so schnell?! – und riss seinen Stab in einer Abwehrhaltung nach oben, was dem Söldner lediglich ein amüsiertes Schnauben entlockte. Er wirbelte herum und tauchte unter Rious Angriffen hindurch, dann stieß er mit dem Ellenbogen – wann war er ihm so nahe gekommen? – in Jowys Magengegend. Mit einem leisen Ächzen stolperte Jowy zurück, Riou verharrte ebenfalls kurz. Sie fixierten den blaugekleideten Mann, der sie seinerseits abwartend ansah, dann wechselten sie einen Blick und griffen erneut an. Jowy erinnerte sich plötzlich an etwas, dass Meister Genkaku ihnen einmal gesagt hatte. Es war ein anstrengender Tag gewesen, viel zu heiß, und sie hatten beim Training noch nie zuvor derart jämmerlich versagt. „Ihr habt nichts gelernt!“, hörte er die Stimme seines alten Lehrmeisters durch seine Gedanken rufen, „Nur gemeinsam seid ihr stark!“ Das war immer der Schlüssel gewesen… warum nicht dieses Mal auch? Rious Tonfa knallten auf das erhobene Schwert und im selben Moment brach Jowys Stab durch Fliks Deckung. Dem Söldner entwich ein überraschter Laut, dann schlug Riou ihm auch schon die Klinge aus der Hand, die dumpf auf dem Teppich aufschlug, der auf dem Holzfußboden ausgebreitet war. Einen kurzen Augenblick blinzelte Flik verblüfft, dann grinste er und meinte: „Hey, Viktor! Die beiden kämpfen gar nicht schlecht. Ich bürge für sie.“ „Vielleicht bist du aus der Übung?“, erwiderte Viktor mit vor der Brust verschränkten Armen, doch das Grinsen auf seinem Gesicht verriet, dass er die Worte nicht ernst meinte. Das hinderte Flik jedoch nicht daran, vor Wut rot anzulaufen und zu zischen: „Was hast du gesagt?!“ Der Bär – irgendwie erinnerte er Jowy mehr denn je an einen – brach in lautes Gelächter aus, während Apple neben ihm nur seufzte und etwas zu murmeln schien. Flik warf seinem Kollegen einen mürrischen Blick zu und sammelte sein Schwert auf, Viktor jedoch ignorierte ihn geflissentlich – irgendwie schien Ignoranz ein wesentlicher Bestandteil ihrer Freundschaft zu sein – und sagte: „Okay, Jungs, das habt ihr gut gemacht. Ihr könnt hier bleiben und mitkämpfen.“ Die Jungen wechselten einen Blick und Jowy fiel auf, dass Riou erleichtert wirkte. War er selbst es auch? Er hörte Viktor noch etwas hinzufügen, doch seine Gedanken waren ganz woanders. Erst jetzt, wo er seinen Stab sinken ließ und zur Ruhe kam, wurde ihm die Tragweite seiner Tat bewusst. Er hatte sich gerade dazu entschieden, sein Heimatland wirklich zu verraten. „Bleibt in meiner Nähe, wenn der Kampf beginnt“, drang Fliks Stimme langsam in sein Bewusstsein und im nächsten Augenblick spürte er die Hand des Söldners auf seiner Schulter. „Der Feind wird sich nicht zurückhalten wie ich.“ Also hatte er sich zurückgehalten… Natürlich, Jowy war kein Idiot – ihm war klar, dass Flik nicht umsonst der Blaue Blitz genannt wurde, zwei übermüdete Jungsoldaten konnten ihn unmöglich einfach so schlagen. Der Feind würde sich nicht zurückhalten. Das war es also? Highland war zum Feind geworden? Jowy fühlte sich bei diesem Gedanken überhaupt nicht wohl. Plötzlich wollte er nur noch ins Bett. „Du hast dich also doch zurückgehalten!“, triumphierte Viktor, doch Flik schenkte ihm keinerlei Beachtung. Dennoch grinste der Bär zufrieden weiter, ehe er sich an die Jungen wandte. „Was soll’s, ein Versprechen ist ein Versprechen. Ruht euch aus, ihr beiden, ihr seht aus, als ob ihr jeden Moment umkippt.“ So fühlte sich Jowy auch. Er tauschte einen Blick mit Riou, der ihm aufmunternd zulächelte. Dann nickte er müde. Der Feind wird sich nicht zurückhalten wie ich. Nein, wohl nicht. Irgendwie hatte Jowy das Gefühl, als müsste er dringend seine Prioritäten klären. Denn Pilika und seine Heimat unter einen Hut zu bekommen – das war wohl gerade unmöglich geworden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)